Dunkelheit, die meine Tränen versteckt von MarySae ([Ran/Shinichi] Oneshot) ================================================================================ Kapitel 1: Dunkelheit, die meine Tränen versteckt ------------------------------------------------- Dunkelheit, die meine Tränen versteckt Das Zimmer liegt im Dunkeln dar. Die kalte, schwarze Nacht war schon vor einigen Stunden über die ganze Stadt herein gebrochen. Sie hatten den strahlend, blauen Himmel abgelöst, und diesen in ein dunkles Grau umgewandelt. Wolken waren aufgezogen und bedeckten die Welt mit ihren tausenden, kleinen Regentropfen. Ich hörte, wie der starke Sturm an den Bäumen und Häusern wackelte und sein Heulen klang wie das Geräusch eines wilden Tieres. Ich war im Moment sehr froh über die undurchsichtige Dunkelheit. Sie überzog mein Zimmer mit einer ungewöhnlichen Ruhe. Nur meine gelegentlichen Schluchzer und die Regentropfen, die gegen mein Fenster schlugen, unterbrachen die Ruhe der Nacht. Schon seit Stunden saß ich auf meinem Bett, starrte an die im Schatten liegende Wand mir gegenüber und ließ meinen Tränen freien lauf. Hier würde es sowieso niemand bemerken. Es war niemand hier, der sie sehen konnte. Den ganzen Tag lachte ich und war fröhlich. Man sah mich selten ohne ein Lächeln im Gesicht. Ran, das freundliche Mädchen von der Ecke. Oft mit ihren Freundinnen unterwegs, eine berühmt, berüchtigte Karatekämpferin und mit einem Vater, der berühmt war für seine Art, Mordfälle zu lösen. Doch niemand schien zu merken, dass das nur eine gute Maske war. In Wahrheit beherrschten Einsamkeit und Trauer meine Gedanken. Die Farben, die ich früher einmal gesehen habe, waren verblasst und glichen eher einem dunklen grau. Seit ER weg ist, hat sich mein Leben komplett verändert… Damals hatte ich es nicht bemerkt. Mir war nicht klar, wie viel ER mir bedeutete. Erst an diesem schicksalhaften Tag vor einer gefühlten Ewigkeit… Ich wusste es genau… Als Shinichi diesen Männern hinterher gerannt war, hatte ich sofort ein schlechtes Gefühl. Ich wusste, dass ich ihn lange Zeit nicht sehen würde. Doch ich hätte nie damit gerechnet, dass es wirklich eintreten würde… Shinichi… Er ist schon so lange weg. Und immer, wenn mal er kurz auftaucht, löst er irgendeinen Mordfall und verschwindet dann wieder spurlos. Und jedes Mal bleibe ich alleine zurück. Er hat mich immer wieder verlassen. Alleine zurückgelassen. Stört ihn das gar nicht mehr? Ist es ihm egal, was ich mache und wie es mir geht? Früher hat ihn das immer interessiert. Liegt es an mir? Habe ich mich so verändert? Habe ich ihn zu oft geärgert mit seinem geliebten Sherlock Holmes? Bin ich Schuld, dass er gegangen ist…? Immer wieder stelle ich mir diese Frage, doch ich schaffe es nicht, eine Antwort darauf zu kriegen. Und jetzt sitze ich hier. Allein in meinem Zimmer, in dem alles so trostlos wirkt. Irgendwo in den Nebenzimmern liegen mein Vater und der kleine Conan. Er hat mir so viel gegeben. Conan war immer für mich da. Ohne ihn wäre ich nach Shinichis Verschwinden an meiner Trauer zerbrochen… Aber er ist noch so ein kleines Kind! Ich kann ihm nicht sagen, was in mir vorgeht! Es würde ihm zu sehr wehtun. Und verstehen würde er es auch nicht. Ich muss ihn davor beschützen. Ihm zeigen, dass die Welt schön ist! Bis er vielleicht selbst das Gegenteil erkennt… Warum liebt man? Warum verliebt man sich, wenn es so sehr wehtut? Was ist die Liebe? Gibt es vielleicht keine Liebe für die Ewigkeit? Sind wir Menschen einfach nicht dafür geschaffen jemanden sein ganzes Leben lang zu lieben? Ist das unser Schicksal? Immer mehr heiße, salzige Tränen rennen über mein Gesicht und ich spüre, wie sie langsam meine Bettdecke befeuchten. Doch ich halte sie nicht zurück. Nachts ist die einzige Tageszeit, in der ich zeigen kann, was ich fühle. Nur ich und die Dunkelheit… Shinichi… Warum bist du nur gegangen? Warum hast du mir das angetan? Wenn ich dir wenigstens sagen könnte, was ich für dich empfinde! Wie würdest du reagieren? Mit Freude oder Abneigung? Ich möchte so gern wissen, was du über mich denkst… Bin ich nur deine Sandkastenfreundin? Hast du nur mit mir so viel Zeit verbracht, weil wir so viel als Kinder zusammen gemacht haben? Ich habe immer gesehen, wie du es genossen hast, von vielen Mädchen umschwärmt zu sein… Hast du… vielleicht jemand anderes getroffen, den du… lieber magst? Ich spüre, wie sich meine Eingeweide unangenehm verkrampften und ein heftiger Stich im Herzen, ließ mich kurz zusammen zucken. Hatte ich Recht? Wollte er nichts mehr mit mir zu tun haben, weil er ein anderes Mädchen gefunden hat? Hatte er deshalb Angst mit mir zu reden…? Mit einem lauten Schluchzen ließ ich mich zurück auf das Bett fallen und vergrub mein Gesicht in dem weichen Kissen. Einige Minuten lang unterdrückte ich meine Gefühle nicht. Die Angst, und auch etwas Wut, zerriss innerlich mein Herz. Warum musste ich mich in so einen Typ verlieben? Leise trommelte der Regen gegen das Fenster. Ein sachtes Donnergrollen ließ mich aufhorchen. Es schien sich ein Gewitter zu nähern. Helle Blitze erleuchteten die Stadt. Langsam hob ich meinen Kopf ein Stück, drehte ihn zur Seite, um die Zahlen auf meinem Wecker zu lesen. 4.23 Uhr. In wenigen Stunden beginnt der neue Tag und ich muss wieder zur Schule. Wie immer sollte ich mich langsam beruhigen. Es wird Zeit meine fröhliche Maske wieder aufzusetzen. Die fröhliche Ran zu spielen. Das Mädchen, welches stark und mutig ist und sich von niemandem runtermachen lässt. Genau so mussten mich die anderen sehen. Und auch mein Vater. Mit ihm brauche ich gar nicht reden. Er würde mich sowieso nicht verstehen. Das ist mir schon lange klar. Er hatte es selber nicht geschafft, seine große Liebe zu halten… Ich weiß nicht, wie lange ich diesen Schmerz noch aushalten kann. Man kann nicht jahrelang mit einer einzigen Lüge leben. Menschen waren so einem Druck nicht gewachsen. Früher oder später zerbrach jeder an so einem Leben. Was also sollte ich tun? Eine plötzliche, laute Melodie riss mich aus den Gedanken und ich schreckte auf. Mein Blick fiel auf das Handy, welches auf meinem Nachtschrank klingelte. Wer ruft mich um diese späte Uhrzeit an? Schüchtern nahm ich das Handy und blickte auf das leuchtende Display. Shinichi. Wie bitte? Shinichi ruft mich um diese Uhrzeit an? Ich zögerte. Wollte ich wirklich JETZT mit ihm reden? Jetzt nachdem ich mir so viele Gedanken gemacht habe? War ich wirklich in der Lage normal mit ihm zu reden? Schnell wischte ich meine Tränen ab und räusperte mich, um wieder eine klare Stimme zu bekommen. Ich drückte auf den Kopf und sagte „Hallo?“ in das Telefon. „Hey Ran! Tut mir echt leid, dass ich so spät noch anrufe…“, meinte ein gut gelaunter Junge in mein Telefon. Ich versuchte mich so normal wie möglich zu benehmen. „Shinichi! Weißt du eigentlich wie spät es ist?“, zischte ich wütend in mein Handy. Ich hoffte jedenfalls, dass es wütend klang. „Sorry! Bei euch ist es ja mitten in der Nacht! Ah, ich bin so ein Trottel!“ Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. „Ja, das bist du echt!“, konterte ich. „Aber du scheinst noch nicht geschlafen zu haben.“ Das verwirrte mich etwas. Wie kam er jetzt darauf? „Man hört an der Stimme von Menschen, ob sie geschlafen haben und bei dir klingt es so, als wärst du noch immer wach.“ Ich hasse es, wenn er das tut. Seine enorme Menschenkenntnis brachte mich schon oft in verzwickte Lagen. Wie sollte ich da wieder rauskommen? „Ach, was du wieder hörst… Es ist halb fünf Uhr morgens! Natürlich habe ich schon geschlafen!“ Ich hasste es, ihn anzulügen, doch er sollte nichts von meinem inneren Kampf wissen. Er würde das wahrscheinlich nicht verstehen. Doch es trat eine kurze Pause ein. Ich wusste, dass er mir nicht glaubte. „Geht es dir gut?“ Seine Stimme klang leise und besorgt. Ich hatte ihm wehgetan. „Ja klar, alles in Ordnung.“, meinte ich ebenso leise und wischte mir noch ein paar Reste der Tränen weg. Auch wenn er mich nicht sehen konnte, war es mir lieber, wenn ich so normal aussehe, wie ich versuche mich zu geben. Keine Ahnung, ob er mir das abkaufen wird. Aber was sollte ich machen? Er konnte sowieso nicht her kommen und irgendwas unternehmen… Dafür war er einfach zu beschäftigt. „Ich weiß nicht, was bei euch da los ist, “, begann er leise, „aber ich möchte, dass du weißt, dass du immer mit mir reden kannst.“ Ach, jetzt kam er mit der Tour? Wie wollte er mit mir reden, wenn er am Ende der Welt ist und tagsüber nur am Mordfälle lösen ist? „Verdreh jetzt nicht die Augen.“ Ich zuckte zusammen. Wie konnte er das schon wieder wissen? Und das über das Telefon… „Pah.“ , kam es von mir. So einfach würde er mich nicht zum Reden bringen. „Ran. Es tut mir Leid. Ich weiß, dass du sauer bist, weil ich mich so selten melde und nicht vorbei kommen kann.“ Ich nickte gegen das Telefon. Ja. Er hatte Recht. „Aber bitte vertrau mir! Es ist besser für uns alle.“ Ach ja? Das wüsste ich aber. Besser für ihn vielleicht. Aber für mich garantiert nicht… „Das siehst du vielleicht so! Aber mir wäre es schon lieb mit meinem besten Freund mehr als ein Telefonat im Monat zu führen!“, meinte ich wütend und musste mich zusammenreißen, um nicht das Handy gegen die Wand zu schmeißen. „Ran…“, fing Shinichi an, doch ich ließ ihn nicht zu Wort kommen. „Es ist spät, ich gehe jetzt ins Bett. Gute Nacht.“, waren meine letzten Worte, ehe ich das Handy vom Ohr nahm und auf den „Auflegen“- Knopf drückte. Es dauerte einige Sekunden, ehe ich begriff, was ich da eben getan hatte: Ich hatte ihn einfach abgewürgt. Das Gespräch beendet, ohne mich richtig zu verabschieden! Es war kein Wunder, dass er mich nicht mehr ertragen konnte… Erneut wallten die Tränen in mir hoch und ich legte das Telefon zurück auf den Nachttisch. Schnell huschte ich unter die Bettdecke und schlief irgendwann mit feuchten Augen ein. +++++++++++ Der nächste Morgen kam unterwartet schnell. Die Sonne schien in mein Gesicht, als ich die Augen öffnete. Das Gewitter hatte sich also verzogen. Der helle Tag ließ nichts mehr von der stürmischen Nacht ahnen. Die Welt war wieder im Einklang. Nur leider klappte das mit meinen Gefühlen nicht so einfach… Ich sprang auf und huschte unter die Dusche, um die Reste der salzigen Tränen und der dunklen Nacht, abzuspülen. Das warme Wasser tat unheimlich gut. Es ließ mich meine Sorgen wenigstens für ein paar Minuten vergessen. Nach einer ausgiebigen Dusche ging ich in die Küche, um mein Frühstück zu machen. Doch noch ehe ich den Raum betrat, stockte ich. Ein riesiger Strauß roter Rosen zierte den Küchentisch und eine kleine Karte hing daran. Vorsichtig trat ich ein paar Schritte an den Tisch heran… „Das hat Shinichi geschickt. Du warst im Bad, als die Blumen kamen. Der nette Mann vom Lieferdienst hat sie dort hingestellt.“ Leicht erschrocken drehte ich mich um. Conan war wie aus dem Nichts in der Küchentür aufgetaucht. Noch verschlafen rieb er sich die Augen, während er im Schlafanzug mich ansah. „Was?“, fragte ich, wie taub. Er hatte WAS? „Da ist eine Karte dran, vielleicht weißt du dann mehr.“, meinte der kleine und verschwand im Badezimmer. Ich drehte erneut meinen Kopf starrte wie taub auf die Blumen. Nur langsam gaben meine Gedanken wieder einen Sinn und ich wagte mich noch näher an den Blumenstrauß heran. Eine kleine, rosafarbene Karte zierte den Stängel einer der roten Rosen und langsam machte ich diese ab. Eine Wasserlilie zierte das Cover und mit zitternden Händen öffnete ich das gefaltete Papier so, als würde es jeden Moment zerbrechen. In einer sauberen Schrift und schwarzer Tinte standen einige Worte auf der rechten Seite. „Ran. Es tut mir Leid. Alles. Aber bitte, vertrau mir und warte auf mich! Shinichi“ Erneut sammelten sich Tränen in meinen Augen, doch ich unterdrückte sie. Ja, vielleicht konnte ich ihm noch eine Chance geben. Ich WOLLTE ihm noch eine Chance geben. Und wenn er wirklich wegen einer anderen weggegangen war, war das noch kein Grund zum Aufgeben. Ich konnte ihn immer noch für mich gewinnen. Es war Zeit für mich, etwas für meine Zukunft zu tun. Ich würde warten. Solange, wie es dauern würde… „Ran?“ Ich drehte mich zu der Stimme im Hintergrund um. Conan sah mich mit großen Augen an. Er war inzwischen umgezogen und trug seinen Rucksack für die Schule. Ich lächelte ihn an. „Hier dein Essen!“, meinte ich, und holte eine Box aus dem Kühlschrank. Zum Glück hatte ich sein Obento (Lunchbox) schon in der Nacht zubereitet, als ich nicht schlafen konnte. „Danke!“, meinte er, ebenfalls lächelnd. „Komm! Lass uns los! Sonst kommen wir noch zu spät.“, meinte ich, streckte meine Hand nach ihm aus und wartete, bis er sie nahm. Gemeinsam verließen wir das Haus und machten uns auf den Weg. Eine kleine, rosafarbene Karte ruhte in meiner Rocktasche. Ich werde auf dich warten, versprochen… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)