Star Seekers von Jughead (Are you still alive or already dead?) ================================================================================ Kapitel 4: Miura - What Am I Searching For? -------------------------------------------   Jetzt ist Lovelie knapp eine Woche bei mir. Eigentlich ziemlich toll. Ich habe, seit sie bei mir ist, nicht einen einzigen Alptraum gehabt. Ein Wunder! So ausgeschlafen, wie in der vergangen Woche, war ich schon ewig nicht mehr. Soll ich da Gott danken, dass ich Lovelie mehr oder weniger getroffen habe? Ach was soll’s, ist ja im Prinzip auch egal. Mir zumindest. Hauptsache ich kann wieder gut schlafen. Ziemlich egoistisch, oder? Aber trotzdem. Meine Gipse habe ich mir gestern von Hizumi abmachen lassen. Tat Weh, aber nach drei Stunden hatte er es geschafft. Lustig ist nur, dass Lovelie unsichtbar ist. Für alle anderen Besucher meiner Wohnung zumindest. Ist echt seltsam. Weder Len, Michiyo, noch Hizumi, Tsukasa, Zero oder Karyu können sie sehen. Obwohl… Len fragt immer nach Lovelie. Notgeiler Sack… Aber was soll’s, bringt ihm ja sowieso nichts.   Als ich aufwache und einen Blick aus meinem Fenster wage, sehe ich, wie es schneit.   »Wow…«, gebe ich leise von mir.   Schweigend betrachte ich, wie die Schneeflocken zu Boden fallen: hat was beruhigendes, so auf eine Art und Weise. Nur, was ich dann sehe ist mehr als nur beunruhigend. Da ist Long und der Typ ist tatsächlich auf dem Weg zu meiner Haustür. Ich find’ das nicht okay… Ich laufe in die Küche, schaue dort zum Fenster raus. Von da aus kann ich genau zur Haustür sehen. Keine Ahnung, was der Kerl sich denkt. Womöglich, dass er einfach durch meine Haustür gehen kann. Den Gedanken den ich mir also von ihm denke, setzt er sogar in die Tat um. Und BÄÄÄM! Er rennt voll gegen die Tür. Ich lache mich in diesem Moment krumm und dämlich.   »Was lachst du denn so?«, fragt Lovelie plötzlich, mit leicht verschlafener Stimme.   »Long ist gegen meine Haustür gerannt.«, antworte ich ihr, noch ein wenig lachend und wische mir die Tränen aus den Augen.   Sie sieht zum Fenster raus, nuschelt irgendetwas Unverständliches. Ich blinzle sie ein wenig an, begebe ich zur Haustür und öffne sie.   »Long.«, sage ich nur.   »Miura.«, erwidert er, »Was ist mit deiner verdammten Tür los? Wieso kommt jemand wie ich nicht da druch?«   »Schau’ dich um. Buddha-Statuen, Geisterglöckchen… Die Frage beantwortet sich von selbst, nicht wahr?«   »Schon… Ja. Darf ich rein?«   »Muss es sein?«   Long starrt mich mit diesem Ich-Bringe-Dich-Um-Wenn-Du-Weiter-Fragst-Blick an.   »O-okay… Tritt ein…«, murmle ich dann, gehe bei Seite.   »Danke.«, sagt er dann, »Wie geht’s deinen Armen?«   »Äh… Ganz gut. Danke der Nachfrage…«   Er nickt nur, sieht sich in meiner Wohnung um. Sie muss ihm irgendwie gefallen. Ich schiebe ihn, mehr oder weniger, in die Küche.   »Lovelie.«, grinst er breit.   »Hallo, Long.»Hallo, Long.«, lächelt Lovelie.   Ich beobachte die beiden kurz.   »Ihr erinnert mich an Mr. & Mrs. Smith. Irgendwie eben…«, sage ich dann.   Die beiden werfen mir kurz einen tödlichen Blick zu, der alles sagt. Ich drehe mich schief lächelnd um und verschwinde ins Wohnzimmer. Nebenbei lausche ich, was die beiden so in der Küche reden. Interessante Sätze sind beispielsweise: Du weißt, wie sehr ich dich hasse! oder Was wäre ich nur ohne dich? Zwei verschiedene Sachen und trotzdem das Gleiche. So… Irgendwie eben. Aber was soll’s. ich schweige einfach weiter. So lange, bis es an der Tür klingelt. Mein Blick schweift zur Uhr. Kurz vor zwölf. Das sind mit Sicherheit Hizumi und die Jungs. Ich gehe aufmachen und ja. Es sind die D’espas.   »Hi, Leute.«, sage ich.   »Hi, Ura-Chan!«   Ohne, dass ich es will, werde ich von allen vier durch geknuddelt. So richtig meine ich. Nach der brutalen Knuddelrunde, nehmen sie mich mit in meine Küche. Im Gegensatz zu mir können Hizumi und die anderen Lovelie und Long nicht sehen: Schon deprimierend, irgendwie. Meine Güte, irgendwie warte ich sehnsüchtig darauf, dass Long und Lovelie über Kinder reden. Keine Ahnung wieso, aber es wäre lustig. Zumindest ist das meine Vorstellung. Es ist nur recht schwer, den D'espas in ihrem Gerede, was auch noch völlig durcheinander ist, zuzuhören. Ich drehe bald durch. Zu viele Leute!!   »Hizumi?«, frage ich dann mal.   Anscheinend hört mich keiner.   »Jungs?«, sage ich etwas lauter.   Immer noch nichts.   »Hey Leute!?«, schreie ich nun.   Plötzlich ist alles still. Sogar Long und Lovelie. Ich schnaube ein wenig. Die Stille gerade ist irgendwie richtig schön. Wird aber auf Dauer nicht halten, weswegen ich kurz seufze.   »Ich wollte nur wissen, ob einer von euch vier Hunger hat.«, setze ich meine Frage von vorhin fort.   Hizumi, Tsukasa, Zero und Karyu blinzeln mich kurz schweigend an. Long und Lovelie schweigen einfach nur, verschwinden dann endlich aus der Küche.   »Also?«   Da mir keiner antwortet, frage ich eben noch einmal nach.   »Äh… Ja, doch! Klar!«, sagen sie dann, wieder völlig durcheinander.   Ich lächle schief und suche einige Zutaten zusammen, ehe ich mit dem Kochen beginne. Geht mittlerweile so ziemlich wieder. Manchmal etwas schwer oder schmerzlich, aber es ist auszuhalten. Ich stehe also schweigend am Herd, starre den Topf an und warte, bis das Wasser kocht. Irgendwie bin ich nicht wirklich ansprechbar, weswegen auch immer. Ich starre nur das Wasser an und irgendwo, ganz weit in der Ferne, so kommt’s mir vor, ruft irgendwer nach mir.   »MIURA!«   Als ich meinen Namen auf einmal so deutlich höre, schrecke ich auf und fahre etwas zusammen. Das Wasser kocht fast über und ich hab’s nicht gemerkt. Ich schalte den Herd aus, werf’ die Nudeln ins Wasser. Die Jungs müssen sich eben mit einer Ramenpackung zufrieden geben.   »Ura-Chan… Ist alles klar bei dir?«, fragt Hizumi mich.   »Ja, ja, alles bestens.«, murmle ich.   »Wir haben mindestens zwanzigmal nach dir gerufen und du antwortest gar nicht.«, meint Tsukasa nebenbei.   »Krieg’ ich Süßigkeiten?«   Alle, einschließlich mir, sehen Zero schweigend an. Irgendwie passte die Äußerung nicht ins Thema. Ich zucke mit den Schultern, zeige ins Wohnzimmer. Ohne auch nur kurz irgendetwas anderes zu tun, oder zu sagen, verschwindet Zero auch schon ins Wohnzimmer.   »Zero! Friss’ nicht so viel davon! Sonst wird dir noch schlecht. Außerdem gibt’s doch bald Mittagessen.«, ruft Tsukasa durch die Wohnung.   »Ja, ja.«, kommt es nur vom Wohnzimmer aus zurück.   Nachdem ich es geschafft habe, das Mittagessen auf den Tisch zu bringen und alle gegessen haben, schaue ich zu, wie Karyu und Zero den Abwasch erledigen. Eigentlich habe ich ja versucht, es den beiden auszureden. Aber die sind ja so stur, dass ich da keine Chance dagegen habe. Trotzdem schmunzel’ ich vor mich hin und beobachte weiterhin. Schon lustig irgendwie. Zero spült, Karyu trocknet ab. Und Hizumi und Tsukasa? Die beiden diskutieren über Kekse, wieder mal. Ich schaue kurz in Richtung Wohnzimmer, lausche so gut es geht Long und Lovelie. Ich meine… Long ist schon den ganzen Vormittag da und jetzt immer noch! Irgendwas stimmt da nicht und das gefällt mir gar nicht.   »Hey, Miura?«, fragt Tsukasa auf einmal.   »Hm?«   »Wann hast du eigentlich Geburtstag?«   »Äh… An Weihnachten.«, murmle ich.   »Das heißt? Am 24., 25., oder 26. Dezember?«   Ich grinse ein wenig. Tsukasas fragender Blick sieht richtig interessant aus.   »Sag’ schon! An welchem Tag? Los, spuck’s aus!«   »Nein, nein.«, lache ich, »Das kriegst du selber raus.«   Das Schnauben von ihm ist zwar alles andere als bedrohlich, aber trotzdem creepy. Ich lächle etwas schief, stütze meinen Kopf auf der linken Hand ab. Zieht ein wenig, aber egal. Die Kopfschmerzen, die ich gerade habe, sind irgendwie schlimmer. So schmerzlich, dass ich sehnlichst darauf warte, dass Hizumi, Tsukasa, Zero und Karyu gehen. Wirklich, sehnlichst!   Als Zero und Karyu dann endlich mit Geschirrspülen fertig sind, ziehen die vier ihre Jacken an.   »Also dann, Ura-Chan.«, sagt Hizumi und grinst breit, »Wir gehen dann, ja?»Wir gehen dann, ja?«   »Ja, bis dann. Danke für den Abwasch, Zero, Karyu.«, entgegne ich.   »Schon okay.«, meint Karyu.   »Japp.«, grinst Zero und nickt zustimmend, »Krieg’ ich dafür jetzt Süßigkeiten?«   Ich zeige wieder nur ins Wohnzimmer. Zero weiß ja, wo die Süßigkeiten sind. Mir fällt ein, dass ich vielleicht noch welche für ihn kaufen sollte, ehe der Kerl noch Depressionen wegen Zuckermangel bekommt.   »Ich krieg’ noch raus, wann du Geburtstag hast.«, murmelt Tsukasa, »Bis dann.«   »Droh’ ihm nicht, Tsukasa.«, meint Hizumi und zieht ihn mit sich.   »Ja, ja.«, murrt Tsukasa, winkt mir ein wenig.   Ich winke zurück, lache ein wenig schief. Karyu läuft den beiden nach, winkt mir ebenfalls.   »Zero! Die lassen dich gleich alleine… Nimm’ eben ein paar Süßigkeiten mit.«, rufe ich dann ins Wohnzimmer.   »WAS!? Die lassen mich alleine?«   Plötzlich kommt Zero aus dem Wohnzimmer gestürmt.   »Bis dann!«, ruft er noch, ehe er zur Haustür raus verschwindet.   »Bye…«   Ich murre ein klein wenig, gehe ins Wohnzimmer. Long ist noch immer da! Meine Güte, ich hab’ verdammte Kopfschmerzen und einen total aggressiven, mich hassenden Geist in der Wohnung. Gott, wieso hasst du mich!?   »Mr. & Mrs. Smith? Ist euer elend langes Gespräch bald beendet?«, frage ich murrend.   »Was hast du gesagt?«, fragt Long und sieht mich an.   »Hast du genau gehört!«, schnaube ich.   »Bist du mit dem falschen Fuß aufgestanden, oder wieso fährst du mich so an?«   »Deine Anwesenheit veranlasst mich dazu. Außerdem hab’ ich Kopfweh.«   Ich verschwinde einfach in mein Zimmer, haue mich auf mein Bett und stoße einen dumpfen Seufzer aus. Komischerweise starre ich auf meine Uhr. Keine Ahnung warum. Es ist fast so, als würde ich auf irgendetwas warten. Aber auf was? Das ich einschlafe, sicher nicht. Auf was aber denn dann? Ich weiß es nicht. Ich weiß noch nicht einmal, ob ich überhaupt auf irgendetwas warte… schon seltsam irgendwie, oder? Naja, dann warte ich eben… Und das muss ich noch nicht einmal lange. Plötzlich klingelt es an meiner Haustür. Ich blinzle ein wenig, stehe dann auf und laufe an die Tür. Long und Lovelie diskutieren noch immer. Einfach nervig… Ich öffne also die Tür und sehe ihn wieder. Den Typen, der mir vor ein paar Wochen im Traum das Messer in den Bauch gestoßen hat.   »D-das gibt’s nicht…«, murmle ich.   »Interessant… Du siehst mich also doch…«, grinst er breit, »Wenn ich mich vorstellen darf. Ich bin Guĭ, rechte Hand Luzifers und… Longs Vorgesetzter.«   Ich blinzle ihn schweigend an, betrachte die Hand, welche er mir reicht. Irgendwie habe ich bei der Sache ein komisches Gefühl, trotzdem reiche ich diesem Guǐ die Hand.   »Scheiße!«, ertönt es plötzlich aus dem Wohnzimmer.   »Nanu… Ich wusste ja nicht, dass Long und du so gut miteinander auskommt.«   »Tun wir auch nicht.«, murmle ich.   »Was macht er dann bei dir?«   Ich zucke mit den Schultern, zeige mit der linken Hand zum Wohnzimmer. Guǐ sieht mich kurz an, geht an mir vorbei. Ich folge sofort, schaue Guǐ über die Schulter. Geht zwar schwer, weil der Typ echt riesig ist. Ich muss mir gerade vorstellen, wie sich Hizumi, Tsukasa oder Zero fühlen würden, wenn sie neben dem Typ ständen.   »Interessant, du redest mit dem Feind. Nein… Du knutschst mit dem Feind!«, murrt Guǐ.   »Das… Ist mal richtig geil…«, sage ich und winke Long zu.   »Halt die Klappe, Miura!«   Wie im Chor schreien mich die beiden, also Long und Lovelie, an. Creepy.   »Lasst eure Wut nicht an dem Kurzen aus! Ab mit dir, Long. Oder ich erzähl’ Luzifer, was du in deiner Freizeit treibst.«   Von Long ist ein deutliches Knurren zu vernehmen, was Guǐ anscheinend nicht gefällt.   »Bis dann, Love…«, murmelt Long, geht an Guǐ vorbei und schlägt mir dabei in die Schulter.   Ich verkneife mir das Au und schlucke es einfach hinab. Guǐ verbeugt sich ein wenig vor Lovelie.   »Lovelie.«, sagt er, »Lang ist’s her.«   »Ja, schon sehr lange.«, meint sie.   »Schade, dass es so enden musste.«   »Beruht wohl auf Einseitigkeit.«   Guǐ grinst nur breit.   »Chef… Wollen wir jetzt gehen?«, fragt Long vom Hausgang aus.   »Ja, ja… Ich komme schon.«, gibt er leicht schmunzelnd von sich und sieht mich an, »Miura… Wir sehen uns noch.«   Ich nicke schweigend, sehe zu, wie Guǐ und Long das Haus verlassen. Schweigend und ganz breit grinsend schaue ich Lovelie nun an.   »>Du knutschst mit dem Feind!< Wie darf ich das nun verstehen, Lovelie?«, hake ich nach.   »Eh…«   »Da läuft was zwischen Engelchen und Teufelchen.«, lache ich, »Sehr interessant.«   Ich fange mir sofort den nächsten Schlag in die Schulter, aber ich lache weiter.   Und in der Tat. Da läuft ganz schön viel zwischen Engelchen und Teufelchen. Die Tage vergehen mal so ganz einfach. Nur eines stört mich. Long… Jeden Tag sitzt dieser Möchtegernteufel in meinem Haus und macht was weiß ich mit Lovelie. Gut, er stört mich nicht bei der Hausarbeit, oder so. Aber seine Anwesenheit geht mir tierisch auf den Senkel. Es reicht mir ja schon, dass Lovelie bei mir wohnt. Im Ernst, ich habe nichts gegen sie, aber die redet und redet. Fast wie ein Wasserfall! Echt wahr. Ununterbrochen Long dies, Long das. Guǐ dies, Guǐ das… Als ob mich einer der beiden wirklich interessiert. Gut… Ich will schon wissen, was die beiden so vorhaben und so, aber interessiert es mich wirklich, welcher von beiden besser küssen kann? Wohl kaum. Laut Lovelie sei es ein meilenweiter Unterschied, Long sei ja so viel zärtlicher. Warum auch immer… Das mit Guǐ und Lovelie war nämlich so viel ich weiß so:   Als Mensch hatte Lovelie in Ihren Träumen Guǐ gesehen und als sie dann wegen ihres schwachen Herzes und den Problemen mit den Nieren starb, hat Guǐ sie abgeholt. Knapp zwei Jahre waren sie zusammen. Dann waren zwei oder drei Jahre Pause und jetzt haben sich Long und Lovelie gefunden. Mal ehrlich… Guǐ ist mir um Ecken sympathischer als Long. Keine Ahnung an was das liegt. Vielleicht irre ich mich auch, aber egal. Naiv sein darf doch jeder.   Aber wie ich die Situation auch drehe und wende, so lange Lovelie bei mir wohnt, habe ich Long noch mehr am Hals als zuvor. Das heißt, ich, Miura Fujiwara, muss ernste Maßnahmen ergreifen!!!   »Lovelie?«, frage ich also, nachdem Long endlich gegangen ist.   »Was denn?«, entgegnet sie mir lächelnd.   Wie unfair!, denke ich mir bei ihrem Lächeln.   »Ehm…«, gebe ich dann nachdenklich von mir, »Wie lange hast du noch vor zu bleiben?«   Jetzt war’s draußen. Irgendwie ein erleichterndes Gefühl. Aber eben nur irgendwie.   »Wie lange? Hmm… Gute Frage.«, murmelt sie.   Ich schaue sie kurz schweigend an, blinzle ein wenig und seufzte anschließend etwas.   »Gehe ich dir etwa auf die Nerven?«   »Ein wenig…«, murmle ich.   Sie kichert etwas, tätschelt mir den Kopf.   »Dann hab ich’s ja bald geschafft.«   Kichernd huscht sie in die Küche und hantiert da drüben vor sich hin. Ich hasse es immer noch, wenn Leute in Rätseln mit mir reden… Und Rätsel hasse ich sowieso! Aaah! Es ist doch einfach zum Durchdrehen…   Nach diesem nicht siegreichen Gespräch setze ich mich ins Wohnzimmer, schalte den Fernseher ein und schaue durch die verschiedenen Sender. Irgendwie kommt da nichts Interessantes. Ich schalte also weiter und halte bei so einem Musiksender an. Das nenne ich nun mal echt interessant, da kommt das Musikvideo von Kamikaze. Ich hab mir ja noch nie ein Video von D’espairsRay angesehen, aber mir scheint, das es recht harmlos ist. Und nachdem ich das Video von Gärnet und Redeemer sehe, bin ich mir sicher, dass Kamikaze eines der harmlosesten ist. Wirklich. Und da ich kein Mensch von Gewalt bin… Ha!   Als mein Blick zufällig auf die Uhr fällt, bemerke ich, dass die D’espas ja noch gar nicht da waren. Irgendwie komisch. Kaum denke ich an die vier, schon klingelt es an der Tür. Ich stehe seufzend auf und gehe aufmachen.   »Hey, hey, Ura-Chan! Sexy Tsukasa und der Rest ist hier!«   »Und ich dachte schon, ihr kommt gar nicht mehr.«, sage ich und grinse dabei etwas.   Hizumi, Tsukasa, Zero und Karyu alachen und gehen in die Küche. Es herrscht ein kurzes Schweigen, weswegen ich ihnen nach nebenan folge.   »Was kochst du denn, Ura-Chan?«, fragt mich Zero.   »Äh…«, gebe ich kurz nachdenklich von mir und schaue mich nach Lovelie um.   »Ramen!«, ruft sie dann aus dem Wohnzimmer.   Die D'espas können sie ja nicht hören, weswegen ich einfach an den Herd laufe.   »Ramen… Ja, genau. Ramen.«, murmle ich dann.   »Echt? Kriegen wir auch was?«, fragt Karyu nach.   Ich schaue kurz in den Topf, nicke dann und stelle ihn auf den Tisch. Als ich allen was in die Schüssel gemacht habe, klingelt es schon wieder an der Tür. Kurz seufze ich, stelle den Topf wieder auf den Herd und schaue zum Fenster raus. Es ist Len. Irgendwie wusste ich das, keine Ahnung wieso. Ich schaue kurz zu Hizumi.   »Hizumi? Kannst du Len noch eine Schüssel rausstellen?«   »Klar.«   Ich lächel' zufrieden und gehe an die Tür.   »Hey, Miura und… Wuhu… Riecht ja super!«, sagt Len und geht plötzlich an mir vorbei.   Ich bleibe, leicht verwirrt, stehen und blinzle die Stelle an, auf welcher Len gerade noch stand.   »Ja, hi. Ich hoffe du hast Hunger. Geh’ ruhig rein, Essen steht auf dem Tisch.«, murmle ich und drehe mich um.   Schweigend laufe ich ins Wohnzimmer, schaue kurz zu Lovelie. Will mir jemand erklären, seit wann Geister schlafen? Ich schüttle nur den Kopf, gehe wieder zurück in die Küche und schnappe mir den Rest des Ramen. Wenigstens kriege ich noch etwas ab. Irgendwie ahne ich aber schon, dass die Sitzordnung nichts Gutes beschert. Len sitzt neben Tsukasa.   »Hey, hey, Len.«, sagt er auf einmal.   »Hm?«, entgegnet ihm Len.   »Wann hat Miura Geburtstag?«   Ich blicke auf. Es ist zwecklos, mit irgendeinem Zeichen Len zu sagen, dass er die Klappe halten soll, weswegen ich dumpf seufze. Len blinzelt mich kurz an, sieht dann zu Tsukasa.   »Morgen.«, meint er dann, »Genau… Deshalb wollte ich ja zu dir!«   Mit den Stäbchen im Mund schaue ich in die Runde. Irgendwie gruselig, wenn alle schweigen. Ich blinzle ein wenig, schaue mich kurz unschuldig und nichts wissend um.   »Ehm… Was ist los?«, frage ich schließlich.   »Wieso hast du uns nicht gesagt, dass du morgen Geburtstag hast!?«, fragen die D'espas dann.   »Weil… Ich meinen Geburtstag hasse?«   »Weswegen?«, harkt Hizumi nun nach.   Da ich nun wieder mit meinen Schultern zucken kann, tue ich das auch.   »Eh! Morgen ist doch auch Heilig Abend, oder!?«, bemerkt Zero.   »Ach ja… Deshalb ist es noch schlimmer…«, murmle ich.   Ich seufze wieder. Irgendwie glaube ich, dass ich verflucht bin. Nicht, weil ich sehe, was andere nicht können, oder wollen. Eher, weil ich am 24. Dezemer auf die Welt gekommen bin. Verdammt! Ich hab schon wieder meinen Sentimentalen… Ist doch zum kotzen…   »Ura-Chan… Ura-Chan… Miura!«   Tsukasa schnippt vor meinem Gesicht herum, sieht mich blinzelnd an.   »T-tut mir Leid…«, murmle ich leise.   »Ist dein Geburtstag denn so schlimm?«, fragt Hizumi nun nach.   Ich blinzle ihn kurz an, schiele zu Len.   »Ehm… Das liegt wohl daran, dass bis jetzt nur ich den Geburtstag und Weihnachten mit Ura gefeiert habe…«, meint Len, »Meine Eltern sind ja immer auf Achse und Miuras Familie interessiert sich nicht für ihn, weswegen ich ihn immer besuch’.«   Schweigend höre ich Len zu, nicke dann zustimmend.   »Genau.«   »Ach so… Interessant… Und grausam. Aber morgen seid ihr beiden da, ja?«   »Jaa-«   »Nein.«, unterbricht mich Len, »Ich nehm' Miura mit nach New York.«   »WAS!?«   In dem Moment, als das was durch meine Wohnung hallt, merke ich, dass nicht nur ich von Lens Idee zu Tode geschockt bin.   »Was denn?«, fragt Len nach langem Schweigen.   »Len, du willst uns im Ernst unseren Miura mit nach New York nehmen? Du willst uns Ura-Chan klauen?«, fragt Zero nach, »Wo soll ich denn da meine Süßigkeiten herkriegen?«   »Keine Ahnung, woher du die bekommst. Aber der Junge muss doch auch mal anders hinkommen. Nur Japan ist auf Dauer langweilig.«   »Stimmt auch wieder… Also ist's beschlossen. Ura-Chan, gib uns deine Schlüssel!«, grinst Tsukasa.   »Waaas!?«, frage ich erschrocken, »I-ihr wollt mich doch nicht im Ernst nach New York schicken, oder!? Das… Das wollt ihr mir nicht antun… Oder!? Ich… Ich hab' Flugangst!!«   »Gib' Schlüssel. Sei friedlich, dann passiert dir nichts. Flugzeuge sind außerdem nicht schlimm. Also, los!«   Gut, mein Gebettel Hizumi und Tsukasa gegenüber hat anscheinend keinen Sinn. Der einzige, der mich nicht loswerden will, ist Zero. Wahrscheinlich nur der Süßigkeiten wegen. Ich seufze dumpf, höre Lovelie im Wohnzimmer lachen, was ziemlich deprimierend ist. Kaum habe ich mein Ramen gegessen, werde ich von len in mein Zimmer geschleift und dazu genötigt, meinen Koffer zu packen. Lovelie sieht mir zu, sagt was ich vergessen habe. Vorausgesetzt Len tut das nicht…   Als ich alles fertig gepackt habe, verabschiede ich mich von den D'espas, drücke sie alle einmal und winke ihnen ewig lang nach. Sogar, als ich in Lens Auto sitze. Kurz schiele ich zur Uhr im Armaturenbrett. Len meint, dass wir um acht Uhr fliegen. Jetzt ist es kurz vor fünf. Ungefähr eine Stunde brauchen wir zum einchecken und nochmal eine Stunde bis wir überhaupt beim Flughafen ankommen. Völlig angespannt sitze ich also in Lens Karre, und die ist wirklich nicht klein oder so… Ich meine… Das Ding ist eine richtige Bonzenkarre. Okay, nicht verwunderlich, schließlich sind Lens Eltern stinkreich. Aber egal… Schweigend balle ich meine Fäuste, starre geradewegs auf die Straße und beiße mir hin und wieder auf die Lippen.   »Was ist los, Miura?«, fragt Len auf einmal.   »Naja, weiß nicht… Ich will nicht fliegen.«, murmle ich leise vor mich hin.   »Ach komm, das glaubst du doch selbst nicht.«, sagt eine Stimme auf einmal, welche sich deutlich nach Long anhört.   Ich schaue über meine Schulter und erblicke, ratet mal… Ganz genau. Mr. & Mrs. Smith.   »So schlimm ist das Fliegen doch gar nicht.«, sagt Len dann.   Ich schaue zu ihm, schweige aber. Blinzelnd schaue ich in den Rückspiegel und beobachte Longe und Lovelie. Wieso kann ich mir nicht erklären, warum es mir nicht gefällt, dass die beiden mit nach Amerika gehen? Hm… Schon doof. Nebenbei frage ich mich auch, wie ich eine Stunde mit Long und Lovelie im Rücken aushalten soll. Und dass, ohne mit ihnen zu reden. Es ist deprimierend…   »Len… Sind wir schon da?«, frage ich absichtlich und aus langeweile.   »Nein.«, antwortet er nur.   Zehn Minuten später   »Sind wir schon da?«   »Nein.«   Weitere zehn Minuten später   »Sind wir schon da?«   »Nein.«   Noch einmal zehn Minuten später   »Sind wir schon da?«   »Neiin…«   Langsam wird's mir zu doof…   »Sind wir schon da?«   »Neiiiiiiin…«   …   »Sind wir schon-»Sind wir schon-«   »Miura! Halt's Maul!«   »Okay…«   Gut, ich gebe es auf, Len weiter zu nerven. Außerdem schenkt er mir ja diesen tollen Urlaub. Nur, ob er wirklich so toll wird, ist fraglich. Ich seufze kurz leise, schließe meine Augen. Irgendwie bin ich auf einmal todmüde, weswegen ich gleich weg döse.   Dieses Mal wache ich nicht in meinem Traumland auf. Eher in einer Stadt. In New York, wenn ich mich nicht irre. In der Ferne sehe ich das Empire State Building. ich schaue mich ein wenig um. Einen Plan, wo ich bin und was ich hier soll habe ich nicht. Schon scheiße, wenn man so drüber nachdenkt. Naja, was soll's. ich drehe mich um und sehe den Eingang eines richtig fetten, teuren Hotels. Nochmal schaue ich mich um. Erst jetzt fällt mir auf, dass es noch mehr von den Geistern gibt, als in meiner Straße. Und da waren es auch schon viel… Schweigend und wie angewurzelt stehe ich vor dem Hotel, starre die Glastüren an.   »Miura… Kommst du jetzt endlich?«, fragt mich ein männlich klingender Tonfall.   Ich kenne die Stimme nicht, dennoch kommt sie mir so vertraut vor.   »Eh…«, gebe ich leise von mir.   »Ich will nicht wirklich, aber ich laufe auf die Hoteltür zu. Die Türen sind so sauber, dass man das eigene Spiegelbild darin sehen kann. Die Klamotten, die ich anhabe, schockieren mich aber irgendwie. Schwarze Jeans, ebenso schwarze Chucks und eine schwarze Jacke. Darunter ein weißes Hemd. Zudem habe ich zwei Nietengürtel die unter meinem Hintern hängen. Ich meine… So laufe ich doch sonst nie rum! Obwohl… Ich find's interessant. Sieht cool aus…   »Miura! Komm endlich!«   Wieder die unbekannte, dennoch vertraute, Stimme. Ich blinzle kurz, ehe ich schweigend das Hotel betrete. Während mein Blick durch die Eingangshalle schweift, höre ich Schritte hinter mir. Genau neben mir halten die Schritte und schweigend betrachte ich die Schuhe der Person links von mir. Schwarze Chucks, genau wie meine. Mein Blick wandert etwas hoch. Schwarze Hosen, schwarze, herabhängende Hosenträger, weißes Hemd und schwarzes offenstehendes Jackett. Kommt meinem Outfit sehr nahe. Was ich aber dann entdecke, lässt mich es eiskalt den Buckel hinab laufen. Das gleiche Gesicht wie ich. Na gut, fast gleich. Dem Kerl neben mir fehlt ein Muttermal, aber sonst…   »New York wird toll.«, grinst der Kerl, »Und wehe du kommst ohne schwarze Klamotten!«   »Äh… Okay…«   »Was ist?«   »Wer bist du?«   »Hideki. Hideki Fujiwara. Dein älterer Zwillingsbruder.«   Ich schweige. Irgendetwas muss ich in meinem erbärmlichen Leben verpasst haben. Aber ganz gewaltig… Zumindest ist mir neu, dass ich einen älteren Zwillingsbruder habe. Als ich mir meine verwirrende Fragen zu Ende gestellt habe, schaue ich diesen Hideki an.   »Bist du tot?«, frage ich ihn.   »Nein. Nicht das ich wüsste.«, entgegnet er mir, »Tja, ich gehe dann wieder… Oder du wachst jetzt einfach auf.«   Mit einem grinsen im Gesicht löst er sich langsam auf. Irgendwie ist der Kerl crazy. Keine Ahnung, wieso ich das glaube, ist eben so.   Seufzend werde ich wieder in Lens Auto wach. Gliederschmerzen sind und bleiben grausam… Ich schaue schweigend aus dem Seitenfenster und bemerke, dass der Flughafen schon zu sehen ist. Knappe fünf Minuten noch, denke ich. Der Traum gibt mir aber trotzdem zum denken. Hideki Fujiwara… Mein älterer Zwillingsbruder. So recht will ich das zwar immer noch nicht glaube, aber was soll's…   Als Len und ich dann am Flughafen ankommen, schaudert's mich übelst. Ja verdammt! Ich hab' scheiße Angst und will nach Hause! Und noch schlimmer… D'espas allein Zuhause! Ich will sterben… Jetzt sofort..! Aber klein Miura hat keine Chance sich gegen Len aufzulehnen. Recht deprimierend… Wie alles hier…     Nachdem unsere Koffer abtransportiert werden und wir fertig eingechekt haben, schweift mein Blick zur Uhr. Soviel ich erkennen kann, haben wir noch knapp eine halbe Stunde Zeit, bis wir ins Flugzeit einsteigen. Knapp eine halbe Stunde bleibe ich noch auf diesem geliebten Boden. Zu meinem Entsetzen höre ich neben Lens Geschwafel noch zwei andere, mir sehr bekannte Stimmen.   »Miura! Wie sieht's aus? Hast du schon Angst?«, fragt mich Long, als er plötzlich mit Lovelie vor mir steht.   »Ich mach mir fast in die Hose.«, murmle ich, sodass Len das nicht hören kann. »Ach Miura… Das ist doch nicht schlimm. Wir sind doch auch noch da.«, lächelt Lovelie.   »Genau das macht mir große Probleme.«, flüstere ich und klammer mich an Lens Arm, »Len! Ich will wieder nach Hause!«   »Ach was. Das willst du nicht!«   »Doch… Ganz sicher!«   »Nein.«   »Doch.«   »Nope.«   »Doch.«   »I can't hear you.«   »Len!«   »No, I'm not here. I'm in NY.«   »Aah! Len! Du machst mich fertig!«   »Oh, yes. I know!«, grinst er, »Haha, that's very funny.«   Schnaubend gebe ich auf. Sobald er wieder anfängt englisch zu reden, habe ich keine Chance mehr. Keine Ahnung, an was das liegt. Wieder sowas deprimierendes. Noch deprimierender ist allerdings die Diskussion von Long und Lovelie. Haben die zwei echt nix besseres zu tun, als über Desserts zu diskutieren. Ich meine… Hallo!? Die zwei sind Geister! Geister! Die schmecken doch gar nichts vom Dessert!!   Ich schüttle schweigend den Kopf, schaue mich seufzend um. Gerade, als ich denke, dass hier außer Long und Lovelie keine Geister mehr sind, wird mir das Gegenteil bewiesen. Auf einmal sehe ich in jeder Ecke einen von ihnen. Mindestens. Ein weiterer Grund, sterben zu wollen. Aber, weil ich so ein Glückspilz bin, kommt es noch schlimmer. Für mich zumindest… Len schnappt sich meinen Arm und schleift mich hinter sich her.   »Jetzt geht's los!«, ruft er.   »Oh Gott, nein…«   »Doch!«   »Hilfe…«   Wie auch schon vorher, bringt mir das natürlich nichts und ich sehe schon ganz groß Gate 6.   »Da fehlen zwei sechsen!«, protestiert Long.   Ich schüttle, wiedermal, seufzend den Kopf, ehe ich wieder von Len mitgezogen werde. Weiß der Kerl eigentlich, was für ein Glück er hat? Ich meine, er muss sich nicht dieses dumme Geschwafel von Long anhören. Das ist ein Segen!   Nach einer viertel Stunde haben es Len und noch so ein paar Typen geschafft, mich ins Flugzeug zu stecken. Ich hab' echt keinen Plan, weswegen ich so ein Drama mache, aber ich kacke echt gleich ab. Jetzt sitze ich da, anz schweigend, in einem Sitz und schaue zum Fenster raus.   »Len… Ich hab' Angst…«, murmle ich.   »Geht gleich wieder.«, meint er grinsend, »Wenn wir in der Luft sind, kriegst du 'ne Beruhigungsdroge.«   »Das macht mir noch mehr Angst…«   Er lacht herzhaft, worauf ich nur seufzen kann. Aber Len behält Recht. Als wir schon in der Luft sind, oder gerade in diese Richtung, schnallen sich alle, einschließlich mir, ab. Die Stewardess kommt mit dem Getränkewägelchen und sieht Len, sowie mich an.   »Was darf's für euch sein, Jungs?«, fragt sie lächelnd nach.   »Für den da eine Coke und die tollen Beruhigungstabletten und für mich… Ein Bierchen.«, entgegnet Len ihr grinsend.   »Bist du denn schon achtzehn?«   »Seit elf Monaten und siebzehn Tagen.«   »Also schon.«   Ich stuane nicht schlecht, als mir die Lady eine Tablettenschachtel hinhält. Mit einem leisen >danke<, nehme ich die Packung entgegen. Anschließend stellt sie mir die Coke und Len das Bier auf die ausgeklappten Tablettes. Meine Wenigkeit muss recht unbeholfen aussehen, denn ehe ich lesen kann, was auf der Packung steht, hat sie mir Len schon abgenommen und geöffnet. Grinsend hält er mir eine pinke Pille vor die Nase.   »Sieht doch voll süß aus.«, meint er.   »Du kennst mich… Ich hasse Süßigkeiten.«, murmle ich und schnappe mir das pinke Ding. Zusammen mit zwei oder drei Schlücken von der Coke haue ich das Ding runter, ich bin echt ein Fan von Tabletten und frage mich, wozu das Zeug gut sein soll. Da ich auch nicht erwarte, die Tablettenpackung von Len zurückzukriegen, mümmel ich mich schweigend in den Sitz. Ganz komischerweise werde ich schläfrig. Aber schlafen will ich jetzt nicht wirklich und gähne leise.   »Bist du müde?«, fragt Len auf einmal.   »Ein bisschen…«, murmle ich.   »Dann schlaf' doch.«   »Keine Lust…«   So ganz allmählich werde ich sogar ruhiger. Ist irgendwie lustig. Vor zehn Minuten wäre ich beinahe gestorben und jetzt kommt's mir so vor, als wäre ich High. Schockierend, aber lustig. Außerdem dauert es nicht lange, bis ich einschlafe.   Es gefällt mir nicht, aber ich bin wieder in meiner kleinen Traumwelt. Nur, sieht sie dieses mal wieder anders aus. Kein blauer Himmel der sich schwarz färbt, keine grüne Wiese. Eher eine Art Aula, in der der Himmel aufgemalt ist. Ich seufze lautstark, sehe mich kurz um. Irgendwie erinnert mich das an den Traum in Lens Auto, mit dem Hotel und diesem Hideki. Ob es wohl an den Tabletten liegt, dass ich die Gegend auskundschafte, oder führt mich meine Neugier? Ich weiß es nicht, aber es ist gruselig.   Es dauert nicht lange und ich finde eine Tür. Ohne groß darüber nachzudenken, öffne ich sie und gehe hindurch. Es liegt eindeutig an den Tabletten. Als ich in einem anderen Raum ankomme, schaue ich mich erneut um.   »Miura! Hey! Hier drüben sind wir!«   Hört sich ganz so wie der Kerl an, der behauptet, mein Zwillingsbruder zu sein. Kurz zucke ich dann mit den Schultern und folge Hidekis Stimme. Wahnsinn, was mich da auf einmal erwartet: Hideki, Maya, Aiji Golf, Mike und sogar Miyavi sitzen an einem Tisch. Ich bin verwirrt. Ich weiß nicht, woher ich auf einmal die ganzen Namen kenne, und wie ich überhaupt diese Namen den Kerlen da zuordnen kann. Und außerdem sitzt da noch so ein Typ, den ich nicht kenne. Ich meine… Ein Wunder, ich erkenne Miyavi! Gehört habe ich ja schon von ihm, alleine von Lovelie. Aber naja, kein weiteres Kommentar dazu. Ich schaue die Jungs also schweigend an. Mir fällt auf, dass ich grundsätzlich von Männern träume. Warum nur!? Irgendetwas stimmt definitiv nicht an mir… Ich will ja noch nicht mal von Frauen träumen…   »Hey! Miura! Los, komm schon!«, sagt Hideki auf einmal.   Ich schaue ihn kurz blinzelnd an, ehe ich zu ihnen an den Tisch gehe, schweigend hocke ich mich an diesen, auf den einzig noch freien Platz, zwischen Hideki und dem Typen, dessen Namen ich nicht kenne. Kurz schiele ich zu letzterem, ehe ich meinen Blick wieder Miyavi und dem Rest widme.   »Hey, Ura-Chan!«, grins Myv auf einmal, »Yuudai und Hideki haben heute … und wollten dich wiedersehen!«   »Bitte was?«, entgegne ich leise.   Ich weiß nicht, ob ich langsam schlecht höre, oder ob das gerade wirklich eine Art Mini-Filmriss war. Schön. Keiner wird mir darauf wohl eine Antwort geben können, aber was soll's. kurz schaue ich nochmal neben mich. Miyavi hat >Yuudai< gesagt. Ich nehme als an, der Kerl links neben mir heißt so. Schweigend betrachte ich in kurz. Wer auch immer der Kerl ist, er hat was Faszinierendes an sich. Keine Ahnung, was es ist, aber es ist so einladend, dass ich nur schwer den Blick von ihm entreißen kann.   »Miura!«   Als Hideki mich dann ruft, schaffe ich es doch von Yuudai wegzusehen. Nicht lange allerdings. Noch bevor ich Hideki fragen kann, was er will, spüre ich, wie Yuudai seine Hand auf meine rechte Wange legt, mich zu sich zieht und küsst. Das geht so schnell, dass ich das noch nicht mal richtig registriere. Und, das Schlimmste: Der kann verdammt gut küssen!   Mit dem Gedanken, wache ich schreckhaft auf. Kurz durchbohrt mich wieder so ein stechender Schmerz, der mich recht schwer atmen lässt. Ohne, dass ich es wirklich will, lege ich meine Finger auf die Lippen und schaue aus dem Fenster. Die Sonne geht gerade auf. Hat was Beruhigendes. Irgendwie eben. Ich schiele kurz zu Len. Der pennt wie ein Stein, wenn ich mich aber genauer umsehe, schlafen alle, außer mir. Irgendwie deprimierend. Ich seufze leise. Nach einer Weile sehe ich, wie die Stewardess anfängt, die ganzen Leute, oder Passagiere, wenn man so will, zu wecken. Dem nach schließe ich daraus, dass wir gleich landen werden. Ich schaue noch einmal aus dem Fenster und siehe da: Dort steht die Freiheitsstatue. Das Ding hat mich ja schon immer irgendwie fasziniert. Keine Ahnung, warum. Als ich mich weiter zum Fenster beuge, bemerke ich, dass ich meine Finger noch immer auf meinen Lippen liegen habe. Trotzdem sehe ich irgendwie keinen Grund, sie von da wegzunehmen. Klingt bescheuert, aber dieser Kuss war einfach zu Real für einen Traum…   Als Len langsam wach wird, und die Stewardess ist noch nicht einmal halbwegs in unserer Nähe, schaue ich ihn kurz schweigend an.   »Hast du dir wieder auf die Lippen gebissen?«, fragt er auf einmal und säuselt dabei etwas.   »Äh… Nein.«, sage ich murmelnd und lasse meine Hand schlussendlich doch langsam sinken.   »Hey, wir sind ja schon da!«, bemerkt er dann.   Ich nicke kurz zustimmend, seufze ein wenig.   Nach zwanzig Minuten, die ich wach im Flugzeug sitze und komischerweise an diesen Yuudai denke, betrete ich endlich wieder festen Boden unter den Füßen. Ich frage mich, ob ich nicht gleich vor Freude losheulen soll, was allerdings ziemlich peinlich wäre. Stattdessen, danke ich Long und Lovelie in Gedanken, dass ich sie die ganzen vierzehn Stunden nicht hören musste. Ein Segen!!! Aber kaum habe ich meine Koffer, werde ich von Len schon wieder mitgeschleift. Natürlich waren seine Koffer als erstes da, wie hätte es auch anders sein sollen? Naja, egal. Der Junge zieht mich also hinter sich her, steigt mit mir in eine Luxuslimousine. Ja, er hat Geld wie Dreck, zumindest seine Eltern. Muss ich echt nochmal erwähnen.   Es dauert keine zehn Minuten, bis wir an unserem Hotel ankommen. Eigentlich ein wunder, sonst bräuchte man halbe Stunde. Aber gut, ich will nicht darüber aufregen, dass ich schneller ankomme, als geplant. Nur, was ich außerhalb der Limo erblicke ist schockierend. Es ist genau das Selbe Hotel, wie das, wovon ich in Lens Auto geträumt hatte. Der Traum, in dem Hideki das erste Mal vorkam. Irgendwie gruselig… Viel Zeit zum nachdenken bleibt mir nicht, da Len mich schon wieder mitzieht. Das geht mir irgendwie langsam aber sicher auf den Sack…   Nachdem er die Schlüssel für unser Zimmer abgeholt hat, schleift er mich auch dort hin. Ich sage nichts dazu, was womöglich ein Fehler ist, aber egal. Als die Tür hinter mir zugeht, lässt Len mich endlih los und wirft sich aufs Bett.   »Dai! Beeil dich! Wir sind spät dran!«, ertönt es plötzlich.   Ich drehe mich schweigend zur geschlossenen Tür. Meine ich es nur, oder hat sich die Stimme, wie die Hidekis angehört?   »Ja, ja… Ich komm' schon. mach' mal halblang…«   Gut… Falls mich das jetzt wirklich schocken sollte, hat es das geschafft. Die Stimme des zweiten Typens, habe ich bisher noch nie gehört, aber ich schätze, dass sie… Wie hieß er..? Dass sie Yuudai gehört… Kurz schüttle ich den Kopf, haue meinen Koffer auf meine Bettseite und schnappe mir daraus meine Badehose.   »Hey, wo willst du jetzt hin?«, fragt Len leicht säuselnd.   »Ich geh' in den Hotelpool… Ein wenig chillen und so…«, sage ich dann und nicke bei dieser Aussage.   Kaum habe ich das gesagt, verschwinde ich auch schon aus dem Zimmer. Schweigend gehe ich den Gang entlang, in der Hoffnung, irgendwann den Pool zu erreichen. Das dauert noch nicht einmal so lange. Nach einer Halben Stunde, oder so, habe ich den Pool, samt Umkleidekabine gefunden.   »Love? Darf ich Miura ein wenig ärgern?«, fragt Long und grinst dabei fies.   Schweigend sehe ich aus der Kabine zu den beiden und blinzle.   »Solange er nicht stirbt, von mir aus.«, meint Lovelie dann eiskalt.   »Das ist nicht euer Ernst…«, murmle ich, »Engelchen und Teufelchen haben eine Beziehung und der unschuldige Miura Fujiwara soll dafür büßen… Ich hasse euch.«   Das Gelächter der beiden ist nicht auszuhalten. Seufzend, und fertig umgezogen versteht sich, komme ich aus der Umkleide und laufe Richtung Pool. Zu meinem wenigen Glück gibt's kostenlose Handtücher, weswegen ich mir gleich eines schnappe und es mir um den Hals hänge. Nichts Böses ahnend laufe ich an dem Becken entlang. Es würde ja nichts passieren. Wäre da nicht Long… Der Typ stellt mir doch echt den Fuß. Noch bevor ich darauf gefasst bin und ,ich anfangen kann, liege ich schon am Boden.   »Ah! Fuck!«, schreie ich und drehe mich auf den Rücken, während ich mir meine Hände auf das Gesicht, beziehungsweise die Nase lege.   »Yo, Dude. What happend? Are you okay?«, fragt mich der Typ und hilft mir mich aufzusetzen, »Oh shit… You're bleeding out of your nose…«   Japp… Ich blute aus der Nase. Und wie verrückt gleich. Nur schade, dass ich den Kerl neben mir so verschwommen sehe. Irgendwie kommt mir seine Stimme nämlich total bekannt vor. Außerdem… Long gehört windelweich verprügelt… Ich bin so damit beschäftigt, zu überlegen, wie ich ihn verprügel, dass ich noch nicht mal merke, wie mir der Kerl im weißen Hemd ein Taschentuch an die Nase hält. Als ich es dann doch irgendwann bemerke, schaue ich ihn an. Zumindest sein Hemd. »Verdammt… Ich hab' dein Hemd dreckig gemacht…«, murmle ich.   »Kein Ding, kann passieren.«, grinst er, »Aber hey… Du bist Japaner. Find' ich voll cool.«   Ich blinzle ein wenig.   »Eh… Japaner… Ja.«, murmle ich.   »Hehe… Ich bin Yuudai. Yuudai Kawasaki.«   Ich blinzle erneut ein wenig. Yuudai… Oh gottverdammte Scheiße. Schweigend schaue ich in sein Gesicht, so lange, bis es nicht mehr verschwommen ist. Als ich sein Gesicht dann erkennen kann, merke ich, wie ich rot anlaufe. Sitzt da doch derselbe Kerl, der mich in meinem Traum geküsst hat.   »Äh… Hast du auch 'nen Namen?«, fragt er grinsend.   Ich merk' schon, wie sich sein Gesichtsausdruck ändert. So, als hätte er mich schon mal gesehen. Irgendwie wird das immer schlimmer.   »Miura…«, sage ich dann ganz kleinlaut.   »Miura… Miura Fujiwara?«, hakt er nach.   Ich nicke nur schweigend und sehe ihn mit großen Augen an. Er lächelt zufrieden, wobei er mir noch immer das Taschentuch an die Nase hält.   »Eh… Danke… Geht schon, denke ich.«, sage ich dann leise.   »Bist du sicher?«   »Ja.«   Kurz nimmt Yuudai das Taschentuch von meiner Nase, hält es aber sofort wieder hin.   »Von wegen. Du blutest wie ein Schwein.«, sagt er, »Hoffentlich ist deine Nase nicht angeknackt.«   »Das würde mir gerade noch fehlen.«   »Und mir erst… Dein großer Bruder würde mir den Kopf abreißen.«   »Welcher? Aki, oder Shou?«   »Hideki.«   »Hideki?«   Yuudai nickt nur, lächelt dabei aber immer noch. Es scheint mir, als wüsste Yuudai mehr als ich… Schockierend und erschreckend!   Erneut nimmt er das Taschentuch von meiner Nase.   »Tut das weh?«, fragt er, während er mir über die Nase tupft.   »Geht…«, nuschle ich.   Wieder lächelt er so. Darf ich sagen, dass mich dieses Lächeln ganz kirre macht? Das letzte Mal, als mich ein Lächelt so verrückt gemacht hat, war, als ich Michiyo das erste Mal gesehen hab. Aber irgendwie verflog das nach einer Weile…   »Weißt du…«, fängt er auf einmal an, »Hideki hat von dir geträumt. Von dir, wie du in diesem Hotel bist und so. und jetzt haben wir hier kleine Mini-Jobs.«   »Von mir? Eh… Wow…«   »Was wow?«   »Na… Wow… Ich hab' von Hideki geträumt.«   »Ja? Cool.«   Ich nicke ein wenig. Noch immer lächelnd hilft mir Yuudai auf.   »Danke.«, murmle ich.   »Gern gescheh'n.«   Schmunzelnd schnappt er sich meine Hand und geht langsam los. Immer noch leicht rosé folge ich ihm.   »Äh… Du kennst Hideki nicht, stimmt's?«, fragt er nun.   Ich schüttle nur schweigend den Kopf, folge Yuudai weiter.   »Hehe… Ist auch cool… Pass auf… Ich denke, er ist das genaue Gegenteil von dir.«, sagt er dann.   »Ach ja? Also ist er faul, nervig, optimistisch und nur am pennen?«   »Hm.., Okay, fast dein Gegenteil. Nervig ist er schon manchmal. Und ja, optimistisch ist er auch. Faul… Naja, wie man's nimmt. Pennen… Ziemlich oft. Jede freie Minute.«, meint er grinsend und lacht etwas.   Irgendwie gruselig. Erst träume ich von Hideki, dann höre ich Hideki… Und jetzt sehe ich ihn wohl gleich. Während ich leicht in Gedanken versunken bin, schaue ich auf meine und Yuudais Hände. Seltsam, aber irgendwie auch schön. So auf eine Art und Weise. Gut… Der Gedanke war gerade erschreckend, aber es ist wohl wahr… Ich hab' mich verknallt. In einen Kerl…   Nachdem Yuudai mich durchs halbe Hotel gezogen hat, kommen wir im selben Gang an, in dem sich Lens und mein Zimmer befindet.   Ich gebe ein leises >eh< von mir, blinzle ein wenig. Erneut wirft mir Yuudai ein Lächeln entgegen, ehe er an die Tür gegenüber der meinen klopft. Während ich lausche, wie sich mehrere Schlösser hinter der Tür regen, schaue ich zu der meinen, hinter der Len normalerweise schläft.   »Dai-Chan? Bist du das?«, fragt der Kerl vor uns und sieht uns an.   Ich blinzle ein wenig. Weil die Tür nur einen Spalt weit auf ist, kann ich den Kerl nicht wirklich erkennen. Aber eigentlich müsste er uns doch sehen. Oder zumindest Yuudai erkennen.   »Ja, ich bin's.«, sagt Yuudai und schiebt den Schwarzhaarigen, soviel habe ich erkannt, zurück ins Zimmer, »Ich hab' sogar wen mitgebracht.«   »Ach ja? Wen denn?«   »Deinen kleinen Bruder.«   Ich schweige weiterhin. Hideki hört sich genauso an, wie in meinem Traum. Schon gruselig, wie ich finde. Als ich mich in dem Zimmer, der beiden umsehe, fällt mir auf, dass es hier recht düster ist.   »Hideki… Wieso hast du's hier so dunkel gemacht? Los, mach' die Rollläden hoch.«, meint Yuudai und zieht mich noch immer hinter sich her.   Was gleichzeitig heißt, dass er noch immer meine Hand hält. Ich wette, das macht er mit Absicht.   »Ja, ja… Ich mach' schon.«, murmelt Hideki und verschwindet ans Fenster.   »Immer wieder schaue ich von Hideki zu Yuudai und wieder zurück. Ich spüre förmlich, dass ich noch immer recht rot im Gesicht bin.   »Hey, Dai-Chan. Lass Miura los. Der ist doch schon völlig fertig.«, sagt Hideki, als er sich zu Yuudai und mir dreht.   Kurz sieht Yuudai zu mir, blinzelt kurz und grinst dann breit.   »Tut mir Leid, Miura.«, meint er dann.   »Sch-schon gut…«, nuschle ich, während ich leicht zu ihm schiele.   Auf einmal steht Hideki neben mir. Irgendwie genau wie in meinem Tram: Ich sehe Yuudai an und kann nicht wegschauen.   Trotzdem werde ich davon unterbrochen. Durch Hideki. Er umarmt mich plötzlich. Blinzelnd schaue ich ihn nun an.   »Nii… Nii-San…«, murmle ich.   Nickend und mit einem leisen >mh< entgegnet er mir. Mir entfährt ein lautloses, aber trotzdem vernehmbares, Schluchzen, ehe ich Hidekis Umarmung erwidere.   »Oh je… Wollt ihr 'n Taschentuch?«, fragt Yuudai beiläufig.   »Nein, geht schon.«, murmeln Hideki und ich recht synchron.   »Hehe… Okay. Ich geh' einfach runter in den Esssaal und helf' den Kellnern und so.«   »Geh' erst dein Hemd wechseln… Das Blut sticht so raus.«, meint Hideki.   »Das kannst du sehen? Eine Frechheit.«   Noch ehe ich zu Yuudai blinzeln kann, ist er schon aus der Tür verschwunden. Schweigend umarme ich meinen großen Bruder weiter, schaue dann zu ihm hoch.   »Hast du auch von mir geträumt?«, fragt er mich.   Ich nicke nur schweigend, mustere ihn ein wenig. Jetzt, wo ich ihn genauer betrachte, fällt mir auf, dass er hellgraue Augen hat. Hellgrau, fast weiß, aber dennoch ein Hauch von dunkelbraun.   »Sehen sie so schlimm aus?«, fragt Hideki auf einmal und grinst breit.   »Eh… Nein! Es… Ist nur weil… Ich habe solche Augen noch nie gesehen.«, antworte ich leise, fast flüsternd.   »Hast du Angst vor ihnen?«   Schweigend schüttle ich den Kopf. Ich meine… Zum fürchten sind diese Augen wirklich nicht. Da sind Longs Augen schon furchterregender.   »Hideki..?«, frage ich leise, »Wieso haben wir uns noch nie gesehen? Ich meine… Wir sind doch Zwillinge, oder?«   »Ehm… Soviel ich weiß, wollte mich unsere nicht, weil ich fast blind bin. Schon seit unserer Geburt, weißt du?«   »Und woher wussten die Ärzte und alle anderen das?«   Kurz zuckt Hideki mit den Schultern. Ehe er weiterredet: »Keine Ahnung. Angeblich hatte unser Mutter an meinen Augen gesehen, dass ich blind bin.«   »Wieso behauptest du, dass du blind bist? Du siehst doch was, oder?«   »Schon, aber… Weißt du, das ist schwierig.«, sagt er dann, »Ich sehe keine Farben. Und von dir, Yuudai, anderen Menschen oder Dingen sehe ich nur die Konturen der Figur. Geister sehe ich allerdings stechend scharf und in Farbe.«   »Du… Siehst nur schwarz und weiß?«   »Ungefähr, ja.«   »Also hast du auch keine Ahnung, wie rot aussieht?«   »Haha.«, lacht er dann auf einmal und lockert die Umarmung, »Doch. Ich kenne alle Farben. Aber, wenn ich hier so stehe, sehe ich sie nicht. Nur, wenn ich träume, kann ich Farben und Menschen richtig sehen. Cool, was?«   Hideki bringt mich echt zum Staunen. Ich meine… So einen Optimismus kenne ich bislang nur von Len.   »Okay… Nochmal, sodass ich das nicht falsch verstehe… Du kannst jetzt mein Gesicht nicht sehen, aber wenn du schläfst und träumst, dann schon? Jetzt bin ich nur ein dunkler, schwarzer Schatten?«, frage ich nach.   »Ja, nur ein Schatten, der sich hin und her bewegt. Schockiert?«   »Eh… Nur… Ein wenig.«   »Schon gut. Ich besuch' dich heute Nacht in deinem Traum, okay?«   »Wie willst du das denn anstellen?«   »Traumlenkung ist das Zauberwort.«, sagt er und zwinkert grinsend.   »Aha…«   »Ja.«   Ich blinzle ein wenig. Schmunzelnd löst Hideki dann die Umarmung.   »Los, komm. Ich zeig' dir das Hotel.«   Noch bevor ich was sagen kann, werde ich kurzerhand mitgezogen. Freaky. Aber sowas liegt wohl in der Familie. Ich meine ja nur, aber soviel ich weiß, ist Shou auch so aufgedreht, wie Hideki.   »Ich… Hab' noch eine Frage.«, sage ich dann, als wir im Aufzug stehen.   »Dann frag' einfach.«, entgegnet Hideki lächelnd.   »Was siehst du sonst noch so?«   »Wie meinst du das?«   »Na… Du siehst Menschen nur als schwarze Schatten und Geister ganz normal… Was ist mit Häusern, Räumen oder Wänden? Oder Flüsse?«   »Hehe… Von denen sehe ich nur was, wenn sie schwarz sind, oder die Sonne dagegen scheint. Sonst sind die Sachen… Schwarz. Die schwarzen Sachen selber, sehe ich aber heller. Und wenn es dämmerungsähnliches Licht im Raum oder so hat, sehe ich gar nichts.«   »Wow…«   Hideki lächelt nur und fängt sofort an, mir das Hotel zu zeigen. Wenigstens sehe ich Long und Lovelie vorerst nicht… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)