Zwielicht von JaeTee (Eine Begegnung der anderen Art) ================================================================================ Kapitel 13: Neujahrsspecial --------------------------- Neujahrsspecial Seit jener Nacht im Winter war alles anders. Yunho war da, wann immer Jaejoong den Raum mit dem Grand Piano betrat. Er schien regelrecht auf ihn zu warten. Manchmal wurde Jaejoong schon gefragt, ob es einen bestimmten Grund gab, dass er so viel übte, selbst wenn er ein Stück bereits im Schlaf meisterte. Darauf hatt er eine einfache Antwort. „Ja.“ Denn seitdem er für jemanden spielte war es viel angenehmer. Das Spielen fiel ihm leichter und selten nur war er selbst unzufrieden. Sobald er Zweifel an sich anmeldete war es stets Yunho, der ihn zurechtwies. „Du musst schon an dich glauben, wenn du willst, dass andere verstehen, was du ihnen vermitteln willst.“ Und damit hatte er Recht. Und zum ersten Mal lebte Jaejoong das, was ihn die Musik fühlen ließ. Selbst Yoochun fand diese Änderungen gruselig. Vom zurückgezogenen Musik-Genie zur weltoffenen Frohnatur. So etwas war dann doch eher selten. Vor allem, wenn es um Jaejoong ging. Gerade war er wieder auf dem Weg zu seinen allabendlichen Extrastunden mit Yunho. Er konnte sich nicht helfen, aber irgendwie fühlte es sich immer ein bisschen wie ein Date an. Als er die Tür öffnete, brannte die kleine Lampe über dem Notenhalter schon. „Joongie!“, rief der andere erfreut aus. „Hey, sorry. Ich musste noch was erledigen. Musstest du lange auf mich warten?“ Seit einer Weile war es immer einfacher geworden, sich dem anderen gegenüber zu öffnen. Es war fast schon ein wenig so wie mit Yoochun. Doch das durfte er nie erfahren. Er würde nur unnötig eifersüchtig werden. Und das musste nun wirklich nicht sein. Aber Jaejoong kam nicht umher, zuzugeben, dass er gerne Zeit mit Yunho verbrachte. Seine Präsenz gehörte einfach zur Musik. Genauso wie seine Stimme, wenn er die Melodien leise mitsummte. Er liebte dieses warme Gefühl, das ihn dabei überkam. „Nein, nein. Nicht so lange. Aber ich dachte schon, du magst mich nicht mehr.“, stichelte der andere. Ungewollt musste Jaejoong lachen. „Wie sollte das denn gehen? Hm? Dich nicht mehr mögen... das ist unmöglich.“, verischerte er strahlend, eh ihm auffiel, wie das wohl klingen musste. „Ich meine, hrm...also... ich-“ „Schon okay.“ Diesmal war es an Yunho zu lachen. „Setz dich erstmal.“ Verlegen nahm Jaejoong neben ihm Platz. Dann atmete er einmal tief durch. „Wir haben ein neues Stück.“ Eine Pause folgte darauf, in der keiner der beiden etwas tat. Bis Yunho es nicht mehr aushielt und fragte: „Ja und? Was ist damit? Brauchst du Hilfe?“ Jaejoong sah ihn an. „Sozusagen.“ „Und was soll das jetzt heißen?“ „Naja, es ist ein Stück für zwei. Ich kann es nicht alleine spielen.“ Wieder herrschte einen Moment Stille. Yunho schien etwas geschockt, doch dann füllte ein Strahlen Yunhos Augen, das Jaejoong nicht erwartet hätte. Als er sah, wie der andere sich so freute, kam er nicht umhin, selbst zu lächeln. „Was ist denn, Yunho?“ „Aaaach, nichts. Es ist nur so... ich hatte gehofft, dass ich mal eines Tages mit dir zusammen spielen könnte.“, meinte der andere offen wie immer. Jaejoong fiel fast vom Hocker. „W-Was? Haha, wirklich?“, nuschelte er etwas verlegen. Vollkommen enthusiastisch nickte Yunho. „Natürlich~ Zeig mir mal die Noten.“ Die Freude war noch immer unverkennbar in seiner Stimme. Wenn Jaejoong so überlegte hatte er Yunho in letzter Zeit nur selten spielen hören. Stattdessen hatte er meistens bloß zugehört. Nach ein paar Minuten hatten sie die Noten so angeordnet, dass sie sie beide gut sahen. „Na dann.“, grinste Yunho und zählte sie ein. Verwundert stellte Jaejoong fest, wie perfekt ihre Einsätze waren. Sie ergänzten sich genau. Jeder Ton klang genau gleich lang, gleich laut, mit der gleichen Betonung. Es war, als ob sie als ein Körper agierten. Ein paar mal streiften sich sanft ihre Hände. Nur eine federleichte Berührung, doch sie bedeutete Jaejoong so viel. Mehr, als sie vielleicht sollte. Oder doch nicht? Als der letzte Ton verklang nahm Yunho vorsichtig seine linke Hand. „Danke.“, sagte er leise. Damit hatte Jaejoong nicht gerechnet. „Wofür denn?“ „Dass du mir diesen Wunsch erfüllt hast, denn jetzt...“ Ihm schien es schwer zu fallen, weiter zu sprechen. Er schluckte. „Jetzt konnte ich noch einmal so spielen wie früher. Ich-“ Er umfasste die Hand etwas fester, als wollte er nicht loslassen. Zugleich löste er den Blick von Jaejoong. Dennoch bekam dieser sehr genau mit, dass Yunho versuchte, eine Träne wegzublinzeln. „Was ist? Yunho...“ Der andere biss sich auf die Lippen, als ob er es einfach nicht aussprechen könnte. So als ob es ihm zu schwer fallen würde, es je auszusprechen. Er atmete einmal durch, dann sah er Jaejoong wieder an. „Jae, ich... wie soll ich das erklären... ich... Ich weiß auch nicht warum, aber mein Gefühl hat mich noch nie betrogen. Nicht bei der Wahl meiner Freunde, denn du bist ein großartiger Freund geworden. Nicht bei der Wahl dieser Universität, denn sie hat mich den ganzen Weg bis hierher begleitet. Genauso wenig hat es mich je betrogen, wenn es um Musik ging, oder um irgendetwas anderes. Einfach nie... doch was mir mein Gefühl jetzt sagt, das will ich einfach nicht wahr haben. Denn es würde heißen, das alles hier für immer zu verlieren...“ Als er ausgesprochen hatte liefen ihm die Tränen ungehindert die Wangen herunter. Stumme Tränen, die einem das Herz zerrissen, wenn man sie erblickte. Jaejoong spürte, wie sich ihm ein Kloß im Hals formte. „Was meinst du?“, flüsterte er leise und unverständlich. „Jaejoong, ich will nicht, dass es vorbei ist.“ Erst jetzt konnte man die Verzweiflung in Yunhos Stimme hören. Er hatte es die ganze Zeit gewusst. Er hatte gewusst, was es hieße, sich auf den zerbrechlichen Musiker einzulassen. Dass er selbst einmal daran zerbrechen würde. Spätestens jedoch an jenem Tag. „Aber das muss es doch nicht.  Yunho. Ich versteh nicht-“ „Shht. Es ist okay. Es war von Anfang an so vorgesehen.  Es gibt nichts, was wir hätten ändern können. Rein gar nichts. Nichts...“ Mit jeder Silbe wurden seine Worte leiser. „Wovon redest du...?“ Behutsam zog Jaejoong den Größere an sich und umarmte ihn tröstend, auch wenn er rein gar nichts  mehr verstand. Wie an einem letzten Rettungsseil klammerte sich Yunho an ihm fest. „Du... du hast doch von meinem Unfall gehört, oder?“, begann er nach einer Weile wieder.  Jaejoong nickte bloß stumm. Ihm war nicht klar, was das damit zu tun haben sollte. Das war doch schon so lange her. „Damals... an dem Tag als ich sterben sollte... gab man mir einen letzten Wunsch. »Jemand, der so am Leben hängt und noch so viel vor sich hat, jemand, der noch nie wirklich  geliebt hat und nicht alle Freuden des Lebens kennt, so jemand kann nicht einfach sterben.« Ich erinnere mich genau an diese Worte.  Und so wurde mir gewährt zurückzukehren.  Doch nur unter einer Bedingung. Nur eine Person dürfte mich je sehen. Nur eine einzige Person. Und ich wählte, wer diese eine Person sein sollte...“ Zuerst glaubte der Musiker seinen Ohren nicht, doch warum sollte sich Yunho so etwas ausdenken?  Selbst die Medien hatten nie davon berichtet, dass er je aus dem Koma erwacht sei. „Und du wähltest mich...“ „Genau. Nur dich. Für mich gab es keinen anderen. Nicht einen einzigen Moment lang. Denn du bist der einzige, der die Musik so liebt wie ich.“ Zitternd atmete er ein, dann löste er sich zaghaft von Jaejoong. „Doch jetzt, Jaejoong, mein Joongie, Jae... Jetzt ist meine Zeit um.“ Noch immer strömten leise Tränen seine Wangen hinab. Und auch Jaejoong wurde bei diesen Worten fast übel. Er fühlte, wie jegliche Farbe aus seinem Gesicht wich. Nein, das konnte nicht sein. Nicht jetzt. Yunho konnte nicht einfach so gehen, ihn zurücklassen, als ob nie etwas gewesen wäre.  Erst jetzt spürte er, dass der Rand seines T-Shirts langsam nass wurde. Tonlos formte er die einzigen Worte, die noch in seinem Kopf kreisten. „Nein, geh nicht.“ Doch kaum hatte sich Yunho ganz von ihm gelöst, begann er eins zu werden mit dem Mondlicht,  das den Raum wie immer sanft durchflutete. „Nein... Yunho.“ Mehr gehaucht als gesprochen. „Nein...“ Verzweifelt wischte er sich über die Augen, um besser sehen zu können. „Lass mich nicht allein.“ Doch Yunho wurde immer blasser und durchscheinender. Jaejoong wollte nach seinem Arm greifen, doch seine Hand berührte nichts mehr als Luft. „Du bist nie allein, Jaejoong. Ich werde immer bei dir sein.“ „Yunho-yaaah.“ Mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen und getrockneten Tränen auf den Wangen verschwand  Yunho gänzlich in die Nacht. „Yunhoooooooo!“ Nach Atem ringend sackte der junge Musiker auf dem Boden zusammen.  „Yunhooo“, rief er wieder, diesmal leiser. „Jaejoong-ah... Danke für alles. Dank dir weiß ich, was es heißt, wahrhaftig zu lieben. Du hast mir das Leben beigebracht, als meines schon längst zuende war.“  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)