Es ist, was es ist.... von SabakunoYoru ================================================================================ Kapitel 5: Langes Warten ------------------------ Langes Warten Bucho saß allein in dem kleinen Wohnzimmer ihrer Unterkunft. Das Buch, was er eigentlich lesen wollte, hatte er beiseite gelegt. Er hatte einfach keine Kontrolle über seine Gedanken. Immer wieder schweiften sie ab. Wollten herausbekommen, was Meitoku gerade tat. Er gab es ungern zu, aber das der andere noch ein Tag zuvor hohes Fieber hatte und nun im strömenden Regen stand, machte ihn unruhig. Sie konnten sich keinen Ausfall leisten. Es würde nur unnötig ihre Mission in die Länge ziehen. Bucho hatte keinen Nerv mehr diesen Dieb und diesen unfähigen Bürgerlichen zu ertragen. Aber auf der anderen Seite gefiel ihm die Welt außerhalb des Palastes. Sie war interessant. Man traf nie dieselben Menschen, jeder Tag schien ein kleines Abenteuer zu sein. Er fand es ausgesprochen faszinierend, wie sich die einfachen Leute durch ihr Leben kämpften und dabei aber niemals ihre Zuversicht und ihr Lachen verloren. Der Beamte hatte immer wieder den Drang einige Männer zu einem Kampf herauszufordern, aber er wusste, dass die Waffe des Pöbels nicht das Schwert war, sondern ihre Erfahrung mit dem wahren Leben. Dagegen kam er nicht an. Es war das erste Mal, dass er außerhalb der Palastmauern war. Bucho dachte immer, er wüsste alles von der Welt draußen, aber jeden Tag erfuhr er immer mehr. Er stellte sogar fest, das nicht jeder das Glück hatte mit guter Bildung in Schrift und Zahl ausgestattet worden zu sein. Wie er es erlernte. Auch wenn er schon oft feststellen musste, dass selbst einige Hofbeamte, egal ob bürgerlich oder nicht, so ihre leichten Probleme mit der chinesischen Schrift hatten. Am Anfang hatte anscheinend auch Meitoku so einige harte Nüsse zu knacken, doch er lernte schnell und nun hatte er selbst den Respekt vom Minister und auch vom Kaiser höchstpersönlich inne. Es war beeindruckend, wie ein Bürgerlicher in so kurzer Zeit so viel Ehre anhäufen konnte. Doch Bucho wusste, dass Meitoku sich nicht nur nach bloßem Respekt oder Anerkennung sehnte. Er war aus seiner Heimat der einzige, der in den Palast kommen durfte. Der Jüngere war damals wie heute komplett auf sich gestellt, doch irgendwann waren er und Bucho sich begegnet und danach hatten sie sich immer wieder miteinander gemessen. Der Ältere war überrascht gewesen über die Entschlossenheit, doch er wollte, dass Meitoku mehr kämpfte. Denn das musste er, wenn er im Palast überleben wollte. Seit der Mission hatte er durchaus neue Seiten an seinem jungen Kollegen kennengelernt. Er hatte zuvor nie wirklich gesehen, wie gut Meitoku mit anderen Menschen umging. Doch wurde er immer wieder aufmerksam, dass der andere auch etwas besonderes außerhalb der schützenden Mauern war. Die einfachen Leute waren fasziniert von Meitokus femininer Erscheinung. Egal wo sie waren, zog er die Aufmerksamkeit auf sich und Bucho hatte Mühe, nicht einfach auf die Gaffer loszugehen und sie zu vertreiben. Der Ältere kannte diese Art von Ärger nicht. Im Palast war es ihm vollkommen egal gewesen, wenn sich jemand nach dem jungen Bürgerlichen umgedreht hatte. Und nun war er nahe eines Ausrasters, wenn nur ein flüchtiger neugieriger Blick auf dem anderen ruhte. Wie kam das? War Meitoku nicht so oder so unter seiner Aufsicht? Was war anders im Palast? Bucho dachte kurz über eine Antwort nach. Es war zu einfach, zu offensichtlich. Im Palast kannte er so gut wie jeden. Hier außerhalb der Palastmauern sah es schon ganz anders aus. Er konnte nicht einschätzen welche Gedanken hinter dem Lächeln der einfachen Leute steckte. Die Maske war perfekt über die Jahre erschaffen worden und leistete bei den Meisten gute Dienste in Bezug auf ihre Geschäfte. Und anscheinend betrachteten sie Meitoku als einen Vorboten auf einen sehr guten Handel. Wenn Bucho nur daran dachte, stieg der Ärger erneut in ihm auf. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Er würde am liebsten aufstehen und dem anderen hinterherlaufen. Doch wusste er auch, dass er Meitoku damit kränken würde und er vermuten würde, dass Bucho ihm nicht traute. Seufzend glitt Meitoku währenddessen in das heiße Wasser des kleinen Onsen. Die Dienstmädchen hatten ihn schnell allein gelassen. Nun genoss er die Stille des Badehauses. Er füllte sich noch immer ausgelaugt. Müdigkeit kroch langsam seine Glieder empor. Der junge Mann schloss für einen kurzen Augenblick seine Augen. Er hatte definitiv nicht vor sich so schnell von seinem Bad zu trennen. Doch er wusste ebenfalls, dass er in diesem Zustand nicht viel für ihre Mission ausrichten konnte. Noch einmal entfuhr ihm ein tiefer Seufzer. Hier schien jeder mit den Vorbereitungen des bevorstehenden Umzugs beschäftigt zu sein. Er sollte Yako kontaktieren und ihn in dieses Haus lassen. Es würde sicherlich niemand bemerken, denn dazu war das Anwesen zu weitläufig und die Dienerschaft zu beschäftigt. Meitoku richtete sich ein wenig auf und glitt in einer fließenden Bewegung durch das heiße Wasser. Damit verließ er den überdachten Bereich des Onsen. „Yako-san, bist du da?“ Meitoku nahm ein leises Rascheln in den Ästen über sich wahr. „Wurde auch langsam Zeit, dass du dich meldest.“, kam es spöttisch von oben herab. Der junge Hofbeamte verzog seinen Mund zu einem Schmollen. Yako lachte nur. Bucho erhob sich von seinem Sitzplatz und löschte die Lampe. Wenn man allein war, war dieser Raum zu groß und zu kalt. Er wandte sich der Treppe zu und machte sich langsam auf den Weg in Meitokus und sein Schlafzimmer. Mit jedem Schritt, den er hinauf ging, wanderten dunkelgraue Schatten als bizarre Gestalten über Fußboden und Wände. Er hatte das Gefühl von allen Seiten beobachtet zu werden, auch wenn er genau wusste, dass dies nun wirklich nicht der Fall sein konnte. Bucho seufzte innerlich. Er war bei weitem kein Feigling, aber auch er hatte seine Grenzen. Und er merkte immer mehr, wie sehr sich zu einem Schwächling entwickelte. Seine Gedanken und Gefühle versperrten ihm zeitweise die Sicht auf wesentliche Dinge und zu logischen Schlussfolgerungen. Er fragte sich immer wieder, warum. Warum konnte er seit Neusten nicht mehr klar denken. Hatte er zu viel Zeit mit Meitoku verbracht? Hatte dieser auf ihn abgefärbt? Nun, er wusste es nicht genau, aber es interessierte ihn auch nicht wirklich. Es hatte sich etwas verändert. Meitoku hatte sich verändert. - Nein. Er hatte sich verändert. „Meinst du, du kannst unauffällig das Haus durchsuchen?“ Meitoku forschte in Yakos Gesicht nach einer Antwort. Ihm war immer noch unglaublich heiß und er füllte sich immer müder. Der junge Dieb wandte sich zu dem hellhaarigen Hofbeamten um. Sein Mund verzog sich zu einem leicht schiefen Lächeln. „Sicher. Aber du solltest dich vollkommen da raus halten, falls irgendetwas schief gehen sollte.“ Meitoku sah den anderen verwundert an. „Du kennst mich nicht. Hast mich nie zuvor gesehen. Das ist die beste Strategie bei solchen Fällen. Außerdem würdest du das sowieso nicht lange durchhalten, wenn wir flüchten müssten.“, setzte er hinzu. Erneut verzog Meitoku das Gesicht. „Mir geht es prima. Warum sollte ich also eine eventuelle Flucht nicht überstehen?“ Seine Stirn legte sich in kritische Falten. Yako baute sich vor dem Älteren auf. Eine seiner Augenbrauen zog sich elegant in die Höhe. „Du wirst es nicht überstehen können. Also, verhalt dich jetzt so unauffällig wie möglich und lass mich meine Arbeit machen. Ich will endlich weg aus diesem dämlichen Kaff.“, beleidigt verzog er den Mund. Dann wandte er sich ohne jedes weitere Wort von Meitoku ab und ging direkt auf den Ausgang des Onsen zu. Meitoku hatte sich währenddessen bereits angekleidet und stand nun in einem blauen Yukata unschlüssig im Bad, bis auch er sich entschloss, dieses endlich zu verlassen. Draußen herrschte noch immer ein reges Treiben und niemand bemerkte, dass sich Yako zwischen den Angestellten hindurch stahl. Der junge Hofbeamte sah ihn sich noch zwischen zwei Bediensteten vorbei schlängeln. Ein kleines Lächeln umspielte Meitokus Lippen bei diesem Anblick. Es hatte ihn schon immer interessiert, wie Yako sein Geld verdiente und auch sonst über die Runden kam. Hier hatte er die einmalige Chance dazu. Meitoku fühlte sich plötzlich müde und ausgelaugt. Sein Blick verschwamm und seine Beine gaben langsam nach. Es drehte sich alles um ihn herum, bis seine Augenlider nach gaben und er vollkommen das Bewusstsein verlor. Ein Aufruhr entstand als der junge Mann auf dem Gang zusammenbrach. Man brachte ihn auf sein Zimmer und ließ einen Arzt rufen. Einer der Diener wurde zum Hausverwalter geschickt, um ihm Bescheid zu geben, was passiert war. Yako stand währenddessen in einem der Seitenflure und beobachtete das Treiben von Weitem. Ihm kam es sehr gelegen, dass der Hofbeamte die gesamte Aufmerksamkeit auf sich zog. Selbst der Hausverwalter hatte sich mittlerweile zu dem jungen Mann begeben. Er wusste, die Unruhe würde nicht mehr lange anhalten und er könnte dann entdeckt werden. Deshalb wandte er sich ab um so schnell wie möglich einen Anhaltspunkt auf den Schatz zu finden. „Du schleichst wohl gerne hinter den Leuten her, wenn es dunkel ist, nicht Liling-Po?“ Buchos Stimme klang gereizt. Er blieb mitten in seinem Zimmer stehen. Den Rücken hatte er dem Dieb zugewandt. Ein kurzes Lachen drang an sein Ohr. „Ich wollte nur mal nachsehen, wer um diese Zeit noch durch das Haus geistert. Hätte mir ja denken können, dass du es nur bist. Aber es hätte auch Meitoku mit dem Schatz sein können.“, grinste er. Nun drehte sich der Ältere doch zu Liling-Po um. Eine Augenbraue skeptisch in die Höhe gezogen. „Ach, na ja. Ich hätte es mir ja gleich denken können, dass die beiden ewig brauchen werden.“ Der junge Dieb verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und wandte sich langsam von dem anderen ab. Buchos Blick verfinsterte sich. „Dann hättest du ja die Aufgabe übernehmen können.“, versetzte er verärgert. „Ich? Nein, so gut wie Meitoku kann ich bei weitem Niemanden etwas vormachen.“ Sein Grinsen wurde immer breiter. Doch Buchos Blick schien heute keine Sonne zu sehen. Im Gegenteil. Immer mehr dunkle Schatten legten sich auf seinem Gesicht. „Schon gut, schon gut.“, wehrte er ab. „Du brauchst mich nicht gleich so giftig anzusehen. Die beiden werden das Kind schon schaukeln.“ Überzeugt war Bucho davon nicht. Sein Körper zeigte ihm deutlich, dass er Schlaf benötigte. Er hatte in letzter Zeit zu häufig wachgelegen. Seine Sorge galt im Moment Meitoku. Er hegte nicht dieselbe Hoffnung wie Liling-Po. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)