Eragon - Kind des Mondes von Lawlya (Murtagh x OC) ================================================================================ Kapitel 9: Einsamkeit --------------------- Pünktlich zum Wochenende gibt es das neue Kapitel. Und ich bin mit dem nächsten nicht annähernd so weit gekommen, wie ich wollte ... Irgendwie wurde es länger und länger. Aber na ja, dann eben noch ein Kapitel, dann kommt das epische Geschehen (wer Vermutungen hat: Ich bin gespannt, was ihr denkt ^__^). Irgendwie scheine ich in letzter Zeit eine Schwäche für Ratespiele zu haben. Im nächsten Kapitel ist noch eines xDD Ähm … wo war es denn nochmal? Ach ja, da! Dieses Mal ist es Murtagh, den ihr erraten sollt. Ein kleiner Tipp: Es geht wie bei Araya um sein Selbstbild. Ignoriert mich, wenn ich nerve. Die Textstelle ist folgende: „Ich dachte, ich …“ Ist ziemlich am Ende :D Viel Spaß beim Raten und lesen. Auch diese Stelle wird aufgeklärt. Ich schreibe dann sicher, wann oder hebe es hervor ;) _________________________________________________________________________________ Sie starrte ihn an. Fassungslos. Ihr Kopf war leer. Selbst Trauer hatte keinen Platz mehr darin; sie wagte es nicht, zurückzukehren. Alles schien ihr durch die Finger zu gleiten, wenn sie versuchte, einen Gedanken zu fassen, wie Wasser, das sie mit ihren Händen nicht zu halten vermochte. Selbst Worte wollten ihr nicht in den Sinn kommen. Wenn schon keine Gefühle, dann doch wenigstens Worte! Doch Murtagh nahm ihr diese Entscheidung ab. Er füllte ihren leeren Geist mit etwas, dessen Grausamkeit sie sich nicht einmal hätte vorstellen können. „Saliha musste sterben, weil sie deine Freundin war. Das hast du sicher auch schon in Erwägung gezogen. Aber was ich dir an jenem Morgen verschwieg, als du meine Wunden versorgt hast, war, dass ich außer unserem Aufenthalt im Freien auch eure Beziehung zueinander nicht vor dem König verborgen halten konnte. Es tut mir leid. Er erfuhr durch mich von ihrer Bedeutung für dich.“ Araya bemerkte, wie ihr Atem schneller wurde. Doch sie starrte Murtagh immer noch ungerührt an. Er hatte nicht ein einziges Mal ihren Blick gescheut, hatte ihr bis zum Ende und darüber hinaus in die Augen gesehen. Und nun, da sie diesen seltsamen Blick deuten konnte, den er ihr immer wieder zugeworfen hatte, war es nahezu lächerlich offensichtlich: Er hatte Schuldgefühle verbergen wollen. Weil er Saliha verraten und in den Tod geschickt hatte. Er hatte es verdammt nochmal gewusst! In diesem Moment schrie ihr Geist laut auf. Als wäre eine Mauer in ihm zusammengebrochen, durchströmten Wut und Hass ihren Körper und mit den Gefühlen kehrten auch die Worte zurück. Araya begann unter dem Ansturm ihrer Gefühle zu zittern, doch als Murtagh sich bewegte, zuckte sie ohne ihr Zutun zurück. Was ihr nur recht war. Immer noch sahen sie sich in die Augen, doch an seinem Gesicht konnte sie keine Verwunderung ablesen, obwohl er ihre Gefühle sicher aus ihrer Miene lesen konnte. Er hatte anscheinend mit ihrer Wut gerechnet. Er kalkulierte wohl alles immer bis ins kleinste Detail ein. Selbst seine Zurückweisung ihrerseits. Doch in ihren Gedanken war kaum Platz für solche Überlegungen und Verbitterung. Alles wurde von der Wut und den drei Worten, die immer wieder in ihrem Kopf widerhallten, erstickt: Er hat schuld! Plötzlich hörte sie wieder Murtaghs Stimme, hörte die Worte, doch verstand sie nicht. So sehr sie sich auch bemüht hätte, ihr Geist funktionierte einfach nicht richtig. Ihre Sinne waren betäubt. Nicht, dass sie sich wirklich bemühte, ihn zu verstehen. „Hör zu, Araya. Ich bin mir sicher, Galbatorix wusste schon lange davon, dass Saliha deine Freundin war. Immerhin muss er ihren Geist durchsucht haben, wenn er sie in seinem Schloss leben lässt. Er hat nur darauf gewartet, es von mir zu erfahren. Um dich noch mehr zu verletzen. Hörst du?“ Murtaghs Stimme klang dringlich, beschwörend. Doch als sie den Mund öffnete, antwortete sie nicht auf das, was er ihr gesagt hatte. Ihr schwebte Salihas glückliches Gesicht in der Heimat vor, wenn sie etwas zusammen unternommen hatten, und war es nur, aufs Meer hinauszusehen. Sie würde ihre Stimme und das Lachen dieses Mädchens nie wieder hören und sehen können. Und daran war er schuld. „Raus“, hauchte Araya mehr, als dass sie sprach, die Stimme heiser und rau vom vielen Weinen und Schreien. Sie hatte ihren Kopf zur Seite gewandt und schaute nun kurz zu Murtagh. Seine Pupillen waren überrascht geweitet. „A-Araya?“, fragte er sichtlich schockiert, dass sie ihn aus dem Hort werfen wollte. Doch darauf ging sie nicht ein. Sie wurde lauter. „Raus! Du bist schuld!“, schrie sie ihm entgegen, schloss krampfhaft fest die Augen und krallte ihre Hände in die langen, schwarzen Haare. Zum Teil verdeckte Araya so ihre Ohren und hörte ihre eigene Stimme dadurch unnatürlich laut. Es konnte aber auch sein, dass sie tatsächlich so laut war. „Ohne dich wäre das nicht passiert. Verschwinde, ich will dich nicht mehr sehen. Mörder!!“ Ihre Augen waren trocken, doch trotzdem schluchzte sie. Weder hob sie den Kopf, noch öffnete sie die Augen. Die Dunkelheit war angenehm, spiegelte ihre Gefühle nur zugut wider. Leere. Erst als sie hörte, wie Murtagh sich erhob und an ihr vorbei zum Ausgang ging, öffnete sie die Augen und hob langsam den Kopf. Ausdruckslos sah sie ihm nach und erblickte noch einmal sein Gesicht. So hatte sie es noch nie gesehen. Nicht einmal, als er beim Verbinden seiner Wunden Schmerzen gelitten hatte. Es sah so viel gequälter aus. Doch sie konnte sich nicht um ihn kümmern. Sich nicht mit seinem Leid, das sie selbst ihm zugefügt hatte, auseinandersetzen. Denn in ihr selbst wütete ein Schmerz, der ihr das Herz herauszureißen drohte und alles um sie herum ausblendete. Als sie endlich vollkommen begriff, dass Saliha tot, sie nun wirklich allein und von Murtagh verraten war, brach sich in ihr der Schmerz frei, der Menschen dazu brachte, ihrem Leben ein Ende zu setzen, nur damit er aufhörte. Doch das konnte sie nicht. Aus rein praktischen Gründen. Und, weil sie ein Versprechen gegeben hatte. Es war lächerlich, daran festzuhalten, wenn Murtagh nicht mehr bei ihr war. Aber sie hatte immer daran geglaubt, dass gegebene Versprechen sich nicht änderten, nur weil es die Situation tat. Araya erhob sich schwerfällig, stolperte mehr, als dass sie lief, zu ihrem nun mit Decken ausgelegten Schlaflager und sank darauf nieder. Dann kugelte sie sich fest zusammen und vergrub ihr Gesicht in ihren eigenen Knien. Eigentlich hatte sie geglaubt, keine Kraft mehr zum Weinen zu haben, doch als sie endlich lag, fanden sie wieder ihren Weg über ihre Wangen. Dieses Mal leise, lautlos. Ihre Gedanken begannen bald, hin- und herzuwandern. Von Saliha zu Murtagh und wieder zurück. Ausschlaggebend waren die Decken und Dorn. Er war in den Drachenhort zurückgekehrt und strafte sie mit anklagenden Blicken. Wahrscheinlich, weil sie Murtagh beschimpft hatte. Dass es auch dem Drachenreiter und damit seinem Drachen schlecht gehen könnte, kam ihr erst spät in der Nacht in den Sinn. Doch bis dahin sann Araya über die Decken nach, die die beiden ihr besorgt hatten, damit sie sich wohler fühlte, über die viele Zeit, die sie bereits mit Murtagh verbracht hatte, die er ihr opferte. Doch als sie tatsächlich nachzählte, kam sie auf nicht ganz zwei Wochen. Mit dem heutigen Tag. Und als sie an heute dachte, wanderten ihre Gedanken zurück zu Saliha bis sie wieder eine Art Halt für Gedanken an Murtagh fand. Und ihr ständiger Begleiter war dieser Schmerz, der in ihr wütete, seit Murtagh gegangen war. Kurz verfluchte sie ihn dafür, dass er sie einfach allein gelassen hatte, doch dann erinnerte sie sich wieder, dass sie ihn vertrieben hatte. Und ihn an ihrem jetzigen Zustand keine Schuld traf. Und Schuld führte sie zurück zu Salihas Tod, an dem er ganz und gar nicht unschuldig war. Schließlich war sie vom Weinen und Nachdenken so erschöpft, dass sie wie Tod in den Schlaf fiel. Doch selbst hier war ihr die Ruhe nicht vergönnt. Es wurde kälter und die Luft blieb aus. Dann spürte Araya die mittlerweile schon fast vertraute Eisfläche über sich. Doch dieses Mal schien es ihr hier noch einsamer als zuvor zu sein. Und sie behielt recht: Es kam kein Fremder, der den Schnee beiseiteschob, um ihr Gesicht sehen zu können. Niemand kam und Araya wusste, sie würde ersticken und sterben … Am nächsten Morgen saß Araya immer noch zitternd in einem schattigeren Teil des Horts und hatte sich dort zusammengekugelt. Nach diesem Traum, der dieses Mal so unbedeutend von seiner Routine abgewichen war, ihr damit aber ausschlaggebend klar gemacht hatte, dass sie auf sich gestellt sterben würde, war ihr erst richtig bewusst geworden, was sie Murtagh da gesagt hatte. Ihr Verstand war immer noch von Trauer beherrscht, doch sie konnte wenigstens etwas objektiver darüber nachdenken. Wenn man beim Tod überhaupt objektiv bleiben konnte … Sie hatte erst nicht verstanden, warum ihre Worte Murtagh so verletzt haben sollten, doch dann war es ihr aufgegangen. Sie hatte ihn nicht nur mit Galbatorix, dem eigentlichen Mörder Salihas, gleichgesetzt, sondern ihn auch vollends von sich gestoßen. Er war nicht wie der König. Das wusste sie. Er war weder grausam noch willkürlich. Murtagh war sanft und einigermaßen berechenbar, wenn auch nicht unbedingt für sie selbst. Und er war kein Mörder. Vielleicht hatte er schon getötet, doch sicher nie zum Spaß oder aus Eigennutz. Das glaubte sie nicht. Wenn er tötete, gab es keinen anderen Ausweg. Es war notwendig oder Selbstschutz. Aber diese Erkenntnisse kamen zu spät. Murtagh würde bestimmt nicht noch einmal herkommen. Sie würde hier allein sein, bis der König hatte, was er wollte. Und dann würde ihr Leben wie das von Saliha durch seine Hand enden. Obwohl ihre Tränen gestern verbraucht gewesen waren, hatte ihr Körper die kurze Nacht wohl doch dazu genutzt, neue zu produzieren. Denn das salzige Nass rann ihr schon wieder die Wangen hinunter. Sie konnte gar nicht anders, der Schmerz in ihrer Brustgegend war so stark, dass er ihr unwillkürlich die Tränen in die Augen trieb. Sie würde sicher auch weinen, wenn ihr jemand einen Dolch ins Herz stoßen würde. Genauso hatte sie sich das immer vorgestellt. Araya hörte nicht das Geräusch, das beim Öffnen der Pforte entstand, und sie vernahm auch nicht die zögerlichen Schritte, die die Treppe hinabgingen. Erst, als der Neuankömmling neben ihr stehen blieb, bemerkte Araya ihn. An der Wärme, die sein Körper ausstrahlte, sie sich wahrscheinlich aber nur einbildete. Ihr war immer noch ein wenig kalt. Dass es sich bei ihrem Besucher nicht etwa um den seltsamen Diener handelte, begriff sie erst, als Murtagh zu reden begann. Und sie ihm dieses Mal auch zuhörte. „Entschuldige, dass ich noch einmal herkomme, aber ich dachte, du wärst hier vielleicht einsam.“ Araya konnte gar nicht anders, als aufzusehen. Er klang so unsicher, so schuldbewusst. Obwohl er nichts von beidem verdient hatte, das hatte sie dank ihrer pausenlos rasenden Gedanken und dem nächtlichen Albtraum begriffen. Als sie Murtagh ins Gesicht sah, meinte sie, Erschöpfung darauf zu lesen. Vielleicht hatte auch er schlecht geschlafen. Bei ihr schien das jedenfalls offensichtlich zu sein, denn kaum trafen sich ihre Blicke, sog Murtagh erschrocken die Luft ein. Aber vielleicht war es nicht nur der Schlafmangel, den er in ihrem Gesicht sah, sondern auch ihre vollständige Wurzellosigkeit und ihre innere Ermattung. Sie wandte den Kopf ab und blickte ziellos vor sich hin. Doch er ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. Araya kam es so vor, als hätte er sich die Worte, die er ihr nun sagte, lange zurechtgelegt, um nichts Falsches zu sagen. Vielleicht war er deshalb so erschöpft. Weil er wie sie die Nacht mit Gedanken zugebracht hatte. „Es tut mir leid, dass Saliha wegen mir verstorben ist. Es war meine Schuld, dass Galbatorix –“ Sie konnte nicht mehr ertragen. Er hatte sich ihre Worte wirklich zu Herzen genommen. Obwohl sie sie – wie er schon zuvor – in Wut gesagt hatte. Es war, als hätte er nur darauf gewartet, dass sie etwas so Grausames zu ihm sagte, um sich bestätigt zu fühlen. Das konnte sie nicht so stehen lassen. Sie schüttelte heftig den Kopf, was Murtagh verstummen ließ, und starrte auf ihre Knie. „Nein, ich muss mich entschuldigen. Es tut mir leid, was ich zu dir gesagt habe. Ich weiß, dass du nichts dafür kannst, aber ich war wütend. Verzeih mir“, flüsterte sie mit ihrer immer noch rauen Stimme. Weinen und Schreien. Beides Dinge, die dem Körper nicht unbedingt gut taten. Es sei denn, es brachte seelische Erleichterung. Was bei Araya nicht der Fall gewesen war; bei keinem von beidem. Als sie aufsah, verspürte sie einen Stich im Herzen. Sie hätte es wissen müssen – sie hatte bei ihm ja nicht anders reagiert –, doch dass Murtagh tatsächlich an ihren Worten zweifelte, verletzte sie trotzdem. Jetzt wusste sie wenigstens, wie er sich damals gefühlt hatte. Der junge Drachenreiter musterte sie nicht nur skeptisch, sondern auch zweifelnd. Er zog die Ehrlichkeit ihrer Worte in Frage. Doch nach einer Weile wandte er als Erster den Blick ab. Schuld. Er verspürte sie tatsächlich. Hatte er schon, bevor sie ihm diese Vorwürfe gemacht hatte. Und nun fühlte er sich bestätigt darin, dass er Schuld hatte. Durch sie. Araya fühlte sich als schrecklicher Mensch, ihm solch eine Bürde allein auf die Schultern zu legen. Mit ein paar wütenden, unbedachten Worten. Sie erhob sich, doch sie wagte sich nicht, sich Murtagh zu nähern. Sie wusste, wie man sich in einer solche Situation fühlte. Sie bezweifelte, dass er Nähe zulassen würde, bis er sicher war, dass sie die Wahrheit sprach. Und es auch selbst glaubte und nicht mehr in Frage stellte. „Murtagh?“ Araya wartete, bis er sich ihr halb zuwandte. Er hatte anscheinend Angst, Ablehnung in ihrem Blick zu sehen. Was verständlich war. Sie hatte ihn abgelehnt. Letzte Nacht. Weil ihre Freundin tot war. Bei diesem Gedanken und weil sie sich so schämte und schuldig fühlte, stiegen ihr Tränen in die Augen. Doch sie hielt sie zurück. „Du bist nicht er. Und du bist auch nicht sein Diener. Du bist wie ich ein Gefangener. Wie könnte ich dich fortstoßen.“ Es war die reine Wahrheit. Ihre Gedanken. Und Murtagh schien das zu spüren. Als er sich ihr zuwandte, konnte sie das Nass nicht mehr zurückhalten. Es hatte in den letzten Tagen zu freizügig geflossen, um sich jetzt einfach wieder einsperren zu lassen. Murtagh trat ein paar Schritte näher an sie heran, sodass sie sich hätten berühren können. Doch er hob nicht die Hand, und auch Araya machte nicht den ersten Schritt. Zu frisch waren die Wunden auf beiden Seiten. Dennoch beruhigte schon Murtaghs Nähe Arayas unregelmäßige Atmung ein wenig. „Du hast wirklich eine gute Freundin verloren, oder?“, fragte er leise, sie konnte ihn über ihre Tränen kaum hören. Araya versuchte, sich mit den eigenen Händen die Wangen zu trocknen, die salzige Flüssigkeit zurückzuhalten, doch als sie an die Antwort dachte, die sie ihm geben würde, hatte es keinen Sinn: „Meine beste. Meine einzige.“ Murtagh sah sie mitfühlend an. Sie sah, wie er seine Hände beschäftigte – sie zuckten beinahe unkontrolliert und er wischte sie immer wieder an seiner Hose ab oder spielte mit ihnen herum – und schloss daraus, dass er sich unbeholfen fühlte. Auch, dass er ihr nicht direkt ins Gesicht sah, sprach dafür. Das hatte er schon getan, als er sie das erste Mal zum Weinen gebracht hatte. Er übernahm auf seine Weise Verantwortung dafür. „Ich wünschte, ich könnte es dir leichter machen. Dir helfen“, hauchte er wie für sich selbst, doch sie hatte ihn verstanden und nahm ihn beim Wort. Er hatte den ersten Schritt auf sie zugetan, Araya machte den zweiten. Dieses Mal langsamer, um ihm die Chance zu geben, sich abzuwenden, näherte sie sich ihm und legte dem Drachenreiter leicht die Arme um den Hals. Als er sie nicht abwies und es geschehen ließ, verbarg sie ihr Gesicht in der Kuhle an seinem Hals, die den Übergang zur Schulter markierte. Araya öffnete den Mund, um besser Luft zu bekommen, denn Schluchzer schüttelten ihren Körper und ihre Atmung, als Murtagh sie tröstend in den Arm nahm. Dann gaben ihre Beine nach, doch anstatt unsanft sandigen Felsboden des Hortes zu fallen, hielt Murtagh sie fest und ging langsam mit ihr in die Knie. Während er einen Arm von ihr löste, klammerte sich Araya regelrecht an ihn, da sie dachte, er wolle sie hier am Boden absetzen. Sie wollte nicht allein sein. Doch er ließ sie nicht los. Im Gegenteil, Murtagh setzte sich langsam auf die Erde und zog sie, nachdem er wohl ein Bein unter das andere geschlagen hatte, auf seinen Schoß. Langsam lockerte sie ihren wahrscheinlich schmerzhaften Griff um seine Schultern und ließ den Tränen, die er jetzt nur noch fühlen und nicht mehr sehen konnte, freien Lauf. Kurze Zeit später spürte sie Murtaghs Hand über ihren Rücken streichen, um sie ein wenig zu beruhigen. Die zweite legte er ihr auf den Schopf. Doch diese tröstenden Bewegungen erinnerten Araya an Saliha, die immer versucht hatte, sie zu beschützen. Nicht nur vor allen Gefahren von außen, sondern auch stets vor sich selbst und ihren Tränen. Sie hatte es gehasst, wenn sie weinte, und es war nicht selten vorgekommen, dass Saliha ebenfalls zu weinen begonnen hatte. Was Araya wiederum so irritiert hatte, dass sie den Grund ihrer Trauer vergaß und über ihre beste Freundin lachte. Und dann war alles wieder sonnig geworden. Was jetzt nicht der Fall sein würde. Saliha würde nicht erscheinen und ihre Tränen trocknen. Nicht so, wie sie es bei ihrer ersten Begegnung getan hatte, als sie wie aus dem Nichts vor Araya gestanden hatte. Über die anbahnenden Erinnerungen hatte sie Murtagh völlig aus ihren Gedanken ausgeschlossen. Erst, als seine Bewegungen innehielten, tauchte sie wieder ein wenig auf. Sie spürte Bilder ihrer Kindheit näher rücken, doch noch konnte sie sich auf ihren Freund konzentrieren. Verwundert entfernte sich Araya ein Stück von seinem Hals und sah zu ihm nach oben, ohne den Kopf zu heben. Murtagh trug ein nachdenkliches Gesicht zur Schau. Und er starrte sie dabei an. Dann spürte sie plötzlich seine Hand an ihrer nassen Wange, die vergeblich versuchte, sie zu trocknen. Immer noch sah er fast entrückt aus, als wäre er gar nicht richtig hier und täte dies nur aus Reflex. Doch wenig später lächelte er sie an und brachte sein Gesicht nah neben ihres. Araya schloss die Augen, um ein Schluchzen zurückzuhalten und sich mehr auf die wärmende Nähe als auf seine augenscheinliche Abwesenheit zu konzentrieren. Murtagh senkte seinen Kopf noch ein wenig weiter, sodass seine Lippen fast ihre Wange und ihr Ohr berührten und sie seine geflüsterten Worte verstehen konnte. „Komm zu mir herein.“ Sie spürte, wie sich eine Barriere auflöste und verstand sofort, was Murtagh ihr da anbot. Er wollte sie in seinen Geist lassen, um ihr so besser helfen zu können. Er ließ ihr freien Zutritt zu dem, was sein Heiligtum war, wenn Araya das aus ihren Gesprächen richtig interpretiert hatte. Weitere Tränen rannen ihre Wangen hinab, doch dieses Mal nicht, weil sie traurig sondern gerührt war. Langsam, um ihn nicht zu erschrecken, da die Erinnerungsfetzen ihn sicher schon jetzt erreichten, glitt sie in sein Bewusstsein und ließ sich von ihm umfangen. Es war seltsam. Niemand schien in ihren Geist eindringen zu können, doch sobald sie mit Murtaghs Gedanken verschmolz, schien sich auch die Mauer um ihren Geist aufzulösen und alles durchsickern zu lassen. Murtagh korrigierte sie in Gedanken. Er erklärte ihr völlig ohne Worte, dass er nur sehen konnte, was sie ihn sehen lassen wollte. Und da sie nichts zurückhielt, kam es ihr so vor, als würde die Mauer verschwinden. Sehen lassen wollte. Plötzlich waren die Bilder von früher wieder in alter Schärfe und Klarheit vor ihren Augen. Und auch die Gefühle lebten von neuem auf. Während das Lachen glücklicher Kinder zu ihr herüberschallte, hockte Araya auf dem sandigen Boden der kleinen Schule ihres Dorfes, in der einen Hand einen trockenen kleinen Ast des Baumes neben dem Gebäude, die andere auf das Knie an ihrer Brust gelegt. Sie trug nur ein einfaches Kleid; mehr konnten sich ihre Eltern nicht leisten. Das siebenjährige Kind hob nach einem glücklichen Kreischen eines Mädchens kurz den Kopf, um zu sehen, was der Grund dafür war, doch als Araya sah, dass das Kind nur mit ein wenig Wasser bespritzt worden war, wandte sie ihren Blick wieder auf den Boden. Abermals versenkte sie das stumpfe Ende des Holzes ein wenig in der weichen Erde und zog ihn dann über den Boden. Langsam malte sie eine Schar Schmetterlinge vor sich. Araya zeichnete bereits den fünften. Das war meistens ihre Beschäftigung während den Pausen, in denen sie die frische Luft genießen sollten. Nicht etwa, weil es Araya Spaß gemacht hätte. Die anderen Kinder wollten sie einfach nicht bei sich haben. Und sie verstand auch völlig, warum. Sie war nun einmal anders. Allerdings verstand das Mädchen nicht, was es dagegen tun sollte. Ihre trübseligen Gedanken wurden unterbrochen, als ein Schatten auf ihre Zeichnungen fiel und ihr somit auch die Wärme der Sonnenstrahlen nahm. Araya hob nicht den Kopf. Bestimmt nur jemand, der bei einem Spiel gefangen werden musste. Oder sich verstecken sollte. Oder er wollte sie einfach nur anstarren, um sie zu ärgern. Das war alles schon vorgekommen. „Du bist doch das seltsame Mädchen, das keiner mag, oder?“, fragte auf einmal eine helle Stimme. Verwundert hob Araya den Kopf. Sie blickte auf ein hübsches, blondes Mädchen, das sie freundlich ansah. Das Mädchen musste nicht lange raten, um zu wissen, wer sie war. Zumindest wusste sie, aus welcher Familie es stammte. Und warum es sie ansprach. Sie war erst neulich in die Schule gekommen, obwohl sie sicher schon so alt war wie Araya selbst. Aber ihre Eltern hatten sich erst jetzt dazu entschlossen – das war es jedenfalls, was ihr Vater ihr gesagt hatte. Araya zog die Schultern zusammen und zog den Kopf ein. Dann senkte sie wieder den Blick und brachte nur ein Nicken zustande. Sie war es nicht gewohnt, angesprochen zu werden. Und wusste gar nicht, wie sie damit umgehen sollte. Nur mit ihrem vier Jahre jüngeren Bruder konnte sie unbeschwert spielen und lachen. „Mein Name ist Saliha, und wie heißt du?“, fragte das fremde Mädchen einfach weiter, achtete gar nicht auf Arayas abweisende und unsichere Körpersprache. Saliha. Ja, genau so hieß das neue Mädchen, mit dem jeder befreundet sein wollte. Araya hatte es nicht einmal versucht. Langsam hob sie wieder den Kopf und schaute in die blauen, kugelrunden Augen der Blonden. „Saliha … Das ist ein schöner Name.“ Araya meinte es so, wie sie es sagte. Aber eigentlich hatte sie auch noch keine unschönen Namen gehört, sah man einmal von denen ihrer Lehrer ab. Die hatten alle so seltsame Namen, aber das sollte wohl so sein, oder? „Meiner ist Araya.“ Mittlerweile ruhte der Stock in ihrer Hand. Zu sehr beanspruchte Saliha ihre Aufmerksamkeit. Sie lächelte Araya an, dann lief sie ihm Halbkreis um ihre in den Sand gemalten Figuren herum und hockte sich mit einem fröhlichen Gesichtsausdruck neben das schwarzhaarige Mädchen. Sie sah die Zeichnungen sehr konzentriert an. Araya warf einen Blick darauf und bemerkte zum wiederholten Male, dass sie einfach nicht zeichnen konnte. Obwohl sie schon sieben Jahre alt war, sahen ihre Zeichnungen immer noch wie diejenigen einer Dreijährigen aus. Aber sie hatte auf dem Hof ihrer Eltern auch anderes zu tun, als Zeichnen zu üben. Sie öffnete gerade den Mund, um Saliha von ihrem Ratespiel zu erlösen, als diese den Mund zu einem langgezogenen „Oh!“ öffnete und gleich ausrief: „Sind die schön.“ Trotz aller Zweifel an dem Wahrheitsgehalt ihrer Aussage konnte Araya Saliha bei diesem verzückten Gesichtsausdruck doch nicht wirklich misstrauen. „Danke“, flüsterte sie leise und ein Lächeln verzog ihren Mund. Saliha wandte ihr Gesicht dem Mädchen zu und lächelte ebenfalls, als sie Arayas glückliche Miene sah. „Sag mal, wollen wir nicht Freunde sein?“ Araya entgleisten die Gesichtszüge. Völlig verblüfft und überrascht starrte sie das hübsche Mädchen neben sich an und konnte nur langsam nicken. Murtagh war immer noch bei ihr. Er hatte ihr Trost gespendet, wenn die Bilder der Vergangenheit drohten, ihre Trauer und ihren Schmerz zurückzubringen. In diesen Augenblicken, die der Drachenreiter mit einer erstaunlichen Empathie erkannte, hüllte er sie in eine wohlige, wärmende Decke des Trostes und der Anteilnahme. Und des Gefühls, nicht allein zu sein. Dank dieser Gefühle hatten sogar die Tränen gestoppt. Sie waren einfach versiegt, doch trotzdem trennten sie nicht ihre Geister. Sie bezogen beide Kraft aus dieser Nähe. Murtaghs Geist war wie ein Kettenpanzer, der sie vor allen Gefahren und Verletzungen der Außenwelt schützte. Und plötzlich verstand sie: Auch er war einsam gewesen! Ein Apfel flog durch die Luft und wurde von der Hand eines Jungen aufgefangen. Er senkte sie neben sein Gesicht und biss breit grinsend davon ab. Wütend drehte Araya sich zu ihm um. „Und, bezahlst du den auch?“, fragte sie angriffslustig und streckte fordernd die Hand aus. Doch der blonde Junge beachtete sie gar nicht. Stattdessen zog ihr ein anderer von hinten an den Haaren und stahl sich aus dem Korb, der in ihrer Armbeuge hing, eine Kartoffel. „Hey!“, rief Araya wütend und wollte nach ihn mit der Hand abfangen. „Hört euch nur an, wie laut sie spricht!“, brüskierte sich eines der anwesenden Mädchen. Sie waren ungefähr in Arayas Alter – vierzehn Jahre alt –, doch sie hielten sich trotzdem für so viel besser. Sie hatte gerade ein paar geerntete Erträge bei einer Bekannten im Dorf vorbeibringen wollen, da diese sehr krank geworden war und somit nicht selbst kommen konnte. Ihre Mutter hatte Araya geschickt, weiß die Göttin, warum. Sie verfluchte sie gerade dafür. Die drei Jungen, die sich gerade über sie lustig machten, indem sie ihr immer wieder Feldfrüchte aus dem Korb stahlen, und die vier Mädchen, die das anscheinend wahnsinnig amüsierte, kannte Araya schon seit ihrer Kindheit. Trotzdem waren sie nie müde geworden, ihr klarzumachen, dass sie sich für etwas Besseres hielten. Sie ballte die Fäuste, als ein weiterer Junge auf sie zukam, und nahm schützend den Korb vor den Körper, um ihn besser verteidigen zu können. „Guckt, jetzt steht sie schon wie ein Junge da“, ertönte auch sogleich die Stimme des zweiten Mädchens. „Also mit dieser Haltung vertreibst du jeden Heiratskandidaten!“, rief die dritte. „Übst du schon dafür, falls mal jemand vor deiner Tür stehen sollte?“ Verärgert warf Araya den vier lachenden Mädchen einen Blick zu. Sie sollte so etwas schon gewohnt sein, doch richtig alltäglich wurde es nie. „Als ob das je geschehen würde!“, gackerte jetzt die vierte und Araya konnte gar nicht anders, als beschämt und verletzt auf den Boden zu schauen. Was prompt ausgenutzt wurde. Der Junge, der sich eben noch frontal genähert hatte, wich zur Seite aus und langte nach einer Karotte. Araya sah ihn noch rechtzeitig kommen, um seine Hand fortzuschlagen. „Au!“, beklagte er sich, doch er erntete von ihr keinen mitleidigen Blick. Theatralisch begann er, seine Hand vor seinem Körper zu schütteln. Sie hatte sie nicht einmal fest getroffen. „Also wirklich, du solltest lernen, dich ein wenig weiblicher zu geben!“, schaltete sich der Junge ein, der immer noch ihren Apfel verspeiste. „Bist ja so schon völlig reizlos!“ Wie auf ein geheimes Stichwort hin begannen auch die anderen beiden, zu lachen. „Ach, verschwindet doch endlich!“ So aufgebracht wie Araya war, bemerkte sie eines der Mädchen erst, als es schon zu spät war. Normalerweise trug sie ihren Geldbeutel in einem der Ärmel ihres Kleides – so taten es die meisten Leute –, aber heute hatte sie nicht mit Menschenmengen im Dorf gerechnet und deswegen ein bisschen weniger Vorsicht geübt. Blitzschnell hatte das Mädchen sich den ledernen Beutel geschnappt und rannte davon; die Erträge in dem Korb schienen keinen mehr zu kümmern, denn die Jungen rannten ihr hinterher. Hastig stellte Araya den Korb an den Wegrand und eilte ihnen nach. Das war das Geld für die ganze Woche. Was sollte sie ihrem Vater sagen, wenn er fragte, wo es geblieben war? Sie konnte ihm kaum sagen, dass sie es geschafft hatte, es sich abnehmen zu lassen. „Hey, wartet! Das ist nicht mehr lustig!“, rief Araya den sieben Jugendlichen hinterher. Einer der Jungen drehte sich um und rief zurück: „Stimmt, könnte lustiger sein!“ Und so gab er seinen beiden Freunden ein Zeichen. Sie drehten um und stellten sich hinter ihr auf, während er die Mädchen aufhielt. Als sie fertig waren, standen sie in einem Kreis um Araya. Sie ahnte, was auf sie zukommen würde. Der mit dem Apfel hielt ihren Geldbeutel in der Hand und schwenkte ihn an dem Lederband, mit dem sie ihn befestigte, hin und her. „Was ist? Willst du ihn dir nicht holen?“, fragte er provokativ. Obwohl sie es besser wusste, ging sie zu ihm und streckte die Hand aus. Kurz bevor sie ihn erreichte, warf er den Beutel über ihren Kopf hinweg zu einem seiner Freunde. Araya sah ihm hinterher. Auch, wenn das hier Zeitverschwendung war, es bestand eine geringe Chance, das Geld zurückzubekommen. Also hastete sie dem Beutel hinterher, doch sobald sie vor dem Knaben zum Stehen kam, warf er den Beutel weiter – dieses Mal zu einem Mädchen. So ging es eine Weile, Araya ging langsam der Atem aus. Vor allem, weil sie sich zusätzlich von den Mädchen noch Verbesserungsvorschläge ihrer Körperhaltung anhören musste. Sie solle doch nicht so gekrümmt dastehen, meinten sie. Oder so hastig laufen, das zerstöre die Eleganz. Wobei die nächste sich natürlich nicht zurückhalten konnte und meinte, dass das bei ihr aber auch egal sei. Schließlich blieb Araya in der Mitte des Kreises stehen. „Es reicht, ihr hattet euren Spaß. Jetzt gebt mir meinen Geldbeutel wieder!“ Einer der Blonden schaute in den Beutel. Und grinste zufrieden. „Ach, weißt du, ich glaube, wir kaufen uns was Schönes davon“, meinte er und holte aus. „Genau, wozu brauchst du schon eigenes Geld. Bei dir ist doch jegliche Liebesmüh verschenkt!“, fügte das zierlichste der Mädchen an. Dann flog ihr Geldbeutel durch die Luft zu dem Jungen, der mit der ganzen Blamage begonnen hatte. Doch gerade, als er ihn auffangen wollte, wurde er unsanft zur Seite gestoßen und eine weibliche Hand fing das lederne Stück auf. Eilig lief Saliha auf Araya zu, drückte ihr den Geldbeutel in die Hand und wandte sich mit wütend funkelnden Augen den Mädchen zu. „Verschwindet. Oder muss ich das zweimal sagen?“ Eiligst verzogen sich die vier und ließen die Jungen allein zurück. Zwei von ihnen schlichen sich schon auf Zehenspitzen davon, da rief Saliha ihre Namen. Sie stoppten sofort. Erst jetzt erkannte Araya ihren Korb in Salihas Hand. Sie musste ihn am Wegesrand gesehen und mitgenommen haben. „Ihr werdet den Schaden schön bezahlen. Und zwar von eurem eigenen Geld“, tadelte sie die drei, die mit betreten wirkender Miene den Boden musterten und sich nicht rührten. „Wird’s bald!“, herrschte ihre beste Freundin und wartete, bis die drei ihr ein paar Münzen in die Hand gedrückt hatten. Die gab sie Araya, zusammen mit dem Korb. „Das darfst du dir nicht immer gefallen lassen!“, meinte Saliha dabei. Araya sah sie missmutig an. „Ich bin nicht die Tochter des Bürgermeisters. Was soll ich schon machen?“, fragte sie gekränkt. Als würde ihr das Spaß machen. „Dich nicht drauf einlassen“, erklärte Saliha und hatte wahrscheinlich Recht. Hätte Araya sich nicht von den drei Jungen aufhalten lassen und wäre einfach weitergegangen, wäre wahrscheinlich gar nichts passiert. Aber sie hatten sie eben gerufen. Und so unhöflich war Araya dann doch nicht. Außerdem hatte sie nicht annähernd das autoritäre Auftreten ihrer Freundin. Das musste sie von ihrem Vater geerbt haben. „Ich merke es mir“, antwortete sie schließlich. Araya spürte, das trotz der vielen Emotionen, die sie mit diesen Erinnerungen verknüpfte, nichts davon nach außen trat. Das hatte sie Murtagh zu verdanken. Er schirmte das alles statt ihrer vor der Außenwelt ab, damit Galbatorix nichts davon bemerkte. Aber es fühlte sich seltsam an. Es war, als wären die innersten Gedanken von ihnen beiden hier zusammen und Murtaghs Mauer nur darum herum aufgespannt worden. Und doch reichte ihr Geist über diese Mauer hinweg und bildete einen Umriss um Murtaghs Barrikade. Sie rahmte in von allen Seiten ein, obwohl sie in seinem Geist war. Doch dieses Gedanken wurden durch einen anderen verdeckt. Saliha hatte immer nur das Beste für sie gewollt. Und Araya hatte es ihr gedankt, indem sie sie umbrachte. Vielleicht nicht mit ihren eigenen Händen, und vielleicht nicht absichtlich, aber es war ihre Schuld. Murtagh versuchte zwar, ihr diese Schuld abzunehmen, als er sie spürte, doch sie wusste, es war wahr. Im Gegensatz zu ihm war sie wirklich verantwortlich. Auch für seinen Schmerz, denn sie hatte ihn fortgestoßen, obwohl das das Letzte war, was sie tun konnte. Kurz machte sich ein beklemmendes Gefühl in ihrem Geist breit, als wolle er sie vor irgendetwas warnen, und ein leichter Kopfschmerz setzte ein, doch es war so plötzlich verschwunden, wie es gekommen war. Dann nahm Araya sich zusammen, um Murtagh die Frage zu stellen, die ihr schon im Kopf herumschwirrte, seit er den Hort wieder betreten hatte. Warum bist du hergekommen? Nachdem ich das zu dir gesagt habe, dachte ich …, sie konnte nicht weiter fragen. Bilder von Murtaghs verletztem Gesichtsausdruck traten wieder zum Vorschein und Araya verstand nicht, wie er das einfach hatte verzeihen können. Doch so verstand Murtagh auch sofort, wovon sie sprach. Ich dachte mir, du bist vielleicht einsam, so ganz ohne Bezugsperson. Es war so ein selbstloser Akt. Das hatte sie bei ihm schon einmal festgestellt. Als er ihr nicht die Schuld an seinen Wunden gegeben hatte. Ihr Blick wurde traurig, und das Gefühl durchflutete ihren Geist. Murtagh wollte es von ihr nehmen, doch sie ließ ihn nicht. Diese Bürde musste sie selbst tragen. Langsam drückte sie ihren Körper näher an Murtaghs und presste ihre Wange an seine. Ich habe zwar keine Familie mehr … aber ich bin nicht allein. Ich hab ja noch dich. Vielleicht war es selbstsüchtig, so etwas zu sagen, doch den Gedanken hatte sie schon gehabt, als sie ihn nach Salihas Tod im Drachenhort gesehen hatte. Es war die Wahrheit. Gut, antwortete Murtagh und vermittelte ihr seine ehrliche Freude darüber, dass sie ihn mit diesen Augen sah. Ich dachte, ich … Sie begriff schnell, dass er nicht weitersprechen würde, doch sie spürte seine Erleichterung. Araya verstand zwar nicht, ob er so erleichtert war, weil sie ihm verziehen hatte, aber sie glaubte nicht wirklich daran. Aber sie war sicher, sie würde es verstehen, wenn sie Murtagh noch besser kennenlernen würde. Wir sind nicht allein, Murtagh, begann Araya. 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