Slytherin bewahren ihre Geheimnisse von Alabriss ================================================================================ Kapitel 20: ------------ Geschichte der Zauberei, Slytherins und Gryffindors, am Nachmittag. Versonnen knabberte Draco an seiner Feder und ließ den Blick aus dem Fenster des Klassenzimmers schweifen. Nachdenklich betrachtete er den hellblauen Himmel und die vereinzelten Schäfchenwolken, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Professor Binns Worte waren nur ein leises Gemurmel am Rande seines Bewusstseins, er dachte über ganz andere Dinge nach. Er konnte mit Harry kommunizieren. Einfach so, in ihren Köpfen, wie ein Flüstern. Es war unglaublich. Noch niemals hatte er von solch einer Begebenheit gehört, auch wenn er wohl einiges mehr gehört und gesehen hatte als Harry. Er runzelte unbewusst die Stirn. Sofort waren seine Gedanken wieder zu seinem großen Geheimnis abgedriftet. Er betrachtete seine Hände. Schlanke, helle Jungenhände. Vor seinem inneren Auge konnte er kräftige, gebogene Krallen sehen. Angsteinflößend. Tödlich. Er würde es Harry sagen müssen. Es ihm erklären. Sie kamen einander immer näher, dieses Geheimspracheding war ein sicheres Zeichen dafür, genauso wie die Tatsache, dass Harry ihn von seinen Schmerzen hatte erlösen können. Sie kamen sich näher, aber er würde sie der Gefahr aussetzen, dass sie sich wieder voneinander entfernten, ob er wollte oder nicht. Der Gedanke, wie Harry vielleicht reagieren würde, ließ sein Herz zusammenkrampfen. Er wusste, dass Harry offen und ehrlich war, tapfer und mutig, aber sein Geheimnis war keine Kleinigkeit. Es war so viel mehr als ein einfaches Schülergeheimnis. Und Harry hatte sowieso schon genug Probleme. Er litt noch immer unter dem Verlust von Sirius, er hatte erkennen müssen, dass sein Vertrauter ihm nicht die Wahrheit sagte und seine Freunde hatten sich in der letzten Zeit immer weiter von ihm entfernt. Und über alldem schwebte noch immer Voldemorts böse Präsenz. Mit seinem Geheimnis würde Draco Harrys Last nur noch erschweren, das wusste er. Aber genauso wusste er, dass er nicht darum herum kommen würde, Harry die Wahrheit zu sagen. Und dass es die Sache nicht besser machen würde, wenn er zu lange warten würde. Draco seufzte tief. Er nahm sich vor, noch heute mit Harry zu sprechen. Kurz schloss er die Augen und versuchte der Angst Herr zu werden, Harry womöglich zu verlieren. Harry saß schräg hinter Draco und warf ihm immer wieder besorgte Blicke zu. Nachdem sie am heutigen Morgen entdeckt hatten, dass sie miteinander in ihren Köpfen kommunizieren konnten, waren sie beide fröhlich gewesen und hatten einander dumme Witze erzählt, nur um zu testen, ob der Andere sich gut genug beherrschen konnte, damit ihre Mitschüler nichts bemerkten. Harry hatte sich die Lippe blutig gebissen, weil Draco fiese Bemerkungen über alles und jeden gemacht hatte und er nicht laut loslachen durfte. Aber in der zweiten Stunde, die sie nicht miteinander gehabt hatten, schien dann irgendetwas vorgefallen zu sein. Als sich Draco dann in Binns Unterricht gesetzt hatte, war er still gewesen und hatte in sich gekehrt gewirkt. Harry hatte sich nicht getraut, ihn gedanklich anzusprechen, er hatte ihn nicht stören wollen. Aber er machte sich Sorgen. War irgendetwas geschehen? Hatte Dumbledore wieder irgendetwas getan? Oder störte es Draco vielleicht dass Harry sich in seinem Kopf breit machte, wenn auch nur ein bisschen? Unruhig rutschte Harry auf seinem Stuhl herum. Am liebsten hätte er Draco angesprochen, aber er wollte nicht zu sehr in seine Privatsphäre eindringen. Dieses Stimme-im-Kopf-Ding war für sie beide neu und sie würden sich erst daran gewöhnen müssen. Vielleicht sollten sie Regeln aufstellen, um sicherzustellen, dass sie einander nicht störten oder auf die Nerven fielen. Nicht, dass Harry glaubte, das er Draco jemals auf die Nerven fallen könnte. Harry hielt sich die Hand vor den Mund um ein Lächeln zu verbergen. Bis vor kurzer Zeit war er ziemlich sicher gewesen, Draco immer auf die Nerven zu fallen, ganz egal was er tat. Woher kam plötzlich diese Sicherheit Draco betreffend? Nun war es an ihm, nachdenklich aus dem Fenster zu starren. Alles ging so schnell zwischen ihnen. In der einen Sekunde Feinde und in der anderen einander so nah. Ein Paar. Ron hatte es gesehen. Hermine auch. Snape hatte es wahrscheinlich schon viel früher gesehen. Ein Paar. Draco hatte ihn geküsst. Zwar nicht richtig, aber eindeutig nicht nur freundschaftlich. Sie waren sich so nah gewesen, wie er noch nie einem anderen Menschen gewesen war, auch wenn er Cho Chang damals intensiver geküsst hatte. Es war trotzdem vollkommen anders mit Draco Malfoy. Es war beinahe, als wären ihre Herzen miteinander verbunden. Harry wurde etwas rot, als er sich seiner eigenen Gedanken bewusst wurde. Er hörte sich an wie Rita Kimmkorn in ihren schlechtesten Zeiten mit seinen wildromantischen Worten! Bisher hatte er gar nicht gewusst, dass so etwas in ihm steckte. Wahrscheinlich würde er bald rosa tragen, Gedichte schreiben und ständig kichern, wenn das so weiter ging! Er rieb sich mit einer Hand über das Gesicht, als würde das seine Gedanken vertreiben. So war das also, wenn man verliebt war, dachte er, man benimmt sich wie ein Idiot! Er kicherte, bevor er sich zurückhalten konnte und sah aus dem Augenwinkel, wie Ron ihm einen fragenden Blick zuwarf und dann die Stirn runzelte. Sein bester Freund sah schnell wieder weg, anstatt ihn, wie er es sonst sicher getan hätte, zu fragen, was denn so witzig sei. Traurig fragte sich Harry, ob sich der Riss in ihrer Freundschaft wohl wieder kitten lassen würde. Er wusste nicht genau, ob es Ron störte, dass er sich gerade in Draco Malfoy verliebt hatte oder ob es ihn auch allgemein störte, dass es ein Mann war. Es gab einige gleichgeschlechtliche Paare in Hogwarts, allerdings hielten diese sich sehr zurück und es wurde größtenteils darüber geschwiegen. Im letzten Jahr hatte es in Ravenclaw einen kleinen Aufruhr gegeben, als ein allseits beliebter Schüler und sehr guter Quidditchspieler seinen Freund zum Ball hatte mitnehmen wollen. Harry hatte nur Gerüchte gehört, aber im Endeffekt war der Junge mit einem Mädchen zum Ball erschienen und niemand konnte genau sagen, ob an all dem Gerede überhaupt etwas dran gewesen war. Nicht alle Kommentare damals waren nett gewesen, auch wenn keine ernsthaften Beleidigungen geäußert wurden. Trotzdem fragte sich Harry, was die Tatsache, dass er sich in einen Jungen verliebt hatte, wohl für ihn ändern würde. Würde er deswegen Freunde verlieren? Neben Ron und Hermine waren ihm vor allem Ginny, Neville und Seamus wichtig, aber auch andere Schüler aus seinem Haus waren ihm sehr ans Herz gewachsen und der Gedanke dass sie ihn aufgrund seiner Beziehung zu Draco nicht mehr mögen würden, stimmte ihn traurig. Er hatte nicht vor, deswegen auf Draco zu verzichten, nicht im Geringsten, aber allein die Tatsache, dass er sich solche Gedanken machen musste, war traurig. Er dachte an Onkel Vernon, der gegen alles gewesen war, was er nicht kannte. Ab und zu hatte er auch Kommentare abgegeben, wenn ein Mann sich seiner Meinung nach irgendwie zu nachgiebig oder affektiert benahm. Harry dachte an die Worte und ließ sich jedes einzelne durch den Kopf gehen. Für einige Leute auf dieser Welt waren er und Draco wohl genau das, was Vernons Worte gemeint hatten. Ihre Beziehung würde anders gesehen werden als die zwischen einem Mädchen und einem Jungen. Harry fragte sich, ob das etwas für ihn änderte. Vor sein inneres Auge schob sich Dracos Gesicht, seine warmen Augen und er erinnerte sich an das Gefühl, das ihn durchströmt hatte, als Draco am Abend zuvor sein Gesicht geküsst hatte. Die Stirn, die Augen, die Wangen. Nicht die Lippen. Wie ein Versprechen für die Zukunft. Nein, dachte Harry, für mich ändert es nichts. Ich will mit ihm zusammen sein. Ganz egal, was das bedeutet, ich will mit ihm zusammen sein. Ich will mit ihm zusammen sein! Dachte Draco verbissen. Harry ist nicht der Typ Mensch, der bei der kleinsten Schwierigkeit davonläuft, das hat er erst vor kurzem wieder bewiesen, als Dumbledore mir diesen Trank eingeflösst hat. Er wird nicht einfach abhauen, wenn ich ihm von meinem Geheimnis erzähle. Draco versuchte, sich selbst zu überzeugen, scheiterte damit aber. Angst und Unsicherheit nagten an ihm. Harry war ihm wichtiger als alles andere und auf keinen Fall wollte er, dass der Gryffindor Angst oder Abscheu vor ihm empfand. Er dachte zurück an einen Moment in seiner Kindheit. Es war schon so viele Jahre her, aber der Moment war in seinem Gedächtnis eingebrannt, als wäre es erst gestern gewesen. Dieser Moment, in dem ihm klar geworden war, dass er anders war und dass die Menschen ihn fürchteten. Das in ihm etwas lauerte, etwas Böses und das er Andere davor schützen musste. Dieser Moment in dem er alles verloren hatte, was er bis dahin gekannt hatte. Draco schloss die Augen und versuchte, sich nicht von seinen Erinnerungen überwältigen zu lassen. Jetzt war nicht die Zeit, um sich unter der Decke zu verstecken, sich zusammenzurollen und zu weinen, wie er es als Kind oft getan hatte. Er musste stark sein und es durchstehen. Harry verdiente es, die Wahrheit von ihm zu erfahren! „Draco?“ Leise, unsicher, eine sanfte Stimme in seinem Kopf. Unwillkürlich hoben sich seine Mundwinkel und er fühlte sich schon besser. Die Schatten seiner Vergangenheit verblassten. „Ja, Harry?“ „Ist alles in Ordnung? Du siehst nicht so… nicht so gut aus? Soll ich dich vielleicht zu Madame Pomfrey bringen?“ „Nein, schon in Ordnung, danke, Harry. Ich bin einfach nur in Gedanken. Und um mich auf die Krankenstation zu bringen, ohne das wir auffallen, müsstest du mich wohl erstmal niederschlagen!“ „Ist irgendetwas passiert?“ fragte Harry besorgt. „Ich muss mit dir reden, Harry, aber nicht jetzt, nicht hier. Nachher, wenn wir uns in den Kerkern treffen, okay?“ Einen Moment herrschte Stille, dann erklang noch einmal Harrys Stimme, nun ernsthaft besorgt. „Das beruhigt mich nicht gerade. Irgendetwas stimmt doch nicht!“ „Nachher, Harry, okay?“ „Draco?“ „Ja?“ „Mit… mit uns ist doch alles in Ordnung?“ Jetzt konnte Draco ein strahlendes Lächeln nicht mehr unterdrücken und es war ihm egal, wer es sah und sich wunderte, warum er wohl in Binns langweiligem Unterricht so glücklich war. „Ja, Harry.“ Sagte er in seinen Gedanken und es verblüffte ihn selbst dass seine Stimme so klingen konnte, so sanft und liebevoll. „Mit uns ist alles in Ordnung.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)