Nullpunkt von Memphis ================================================================================ Kapitel 23: Ich bin frei und mir ist schlecht. Warum sollte mir nicht schlecht sein? ------------------------------------------------------------------------------------ Au Mann, ich hab voll das schlechte Gewissen, dass euch das letzte Kapitel so deprimiert hat. ;_; Ich... ich... hab nichts zu meiner Rechtfertigung zu sagen, manchmal ist man einfach deprimiert und schreibt deprimierende Dinge. Übrigens ist das jetzt das Kapitel zu dem man sich schon durch die aktuellste Illustration hat spoilern können. -lach- Es ist nicht 1 zu 1 die gleiche Szene, kommt aber wohl nahe ran. Und wisst ihr, die Story geht auch nicht spurlos an mir vorbei. Ich hab mir gerade Fernsehen bestellt. Ich hab jetzt über ein Jahr keinen Kabelanschluss mehr, aber jetzt halt ich es nicht mehr aus. Ich brauch Fernsehen und Ennoah ist Schuld! Ich mein, ich werd es bereuen, dass ich jetzt fünf Euro mehr im Monat zahle für stupide Unterhaltung, aber Gott, es ist meine stupide Unterhaltung! Und ich hab was zu beichten, ich war als Kind früher schwer fernsehsüchtig und jetzt werd ich rückfällig. Egal... weiter mit dem nächsten Kapitel. Es kann ja nur besser werden, oder? ----------------------------- Mein Schädel dröhnte, als ich das Schulgebäude betrat. Überall waren laute Stimmen, die sich in mein Hirn bohrten, mich malträtierten. Ich hätte mir am liebsten die Ohren zu gehalten und geschrien. Aber das wäre nicht nur nutzlos, sondern würde mich auch komplett wahnsinnig aussehen lassen. Keine Schwäche anmerken lassen. Junge, die konnten deine Angst riechen. Ich hatte heute auch vorsorglich einen Longsleeve angezogen und ein Pflaster über meine Wunde geklebt, nur um sicher zu gehen. Ich schaute um mich und diese ganzen Gesichter, die ich sicher schon tausendmal gesehen hatte, kamen mir unendlich fremd vor. Alles verschwamm in Unkenntlichkeit und ich wollte nur noch weg. Cool, Mann. Komm wieder runter, Enno! Ich atmete tief durch. Alles bestens. Alles bestens. Ich kaute auf meiner Lippe und versuchte einfach die Menschen um mich herum auszublenden. Die beachteten mich noch nicht einmal, es störte mich einfach schon, dass sie hier waren. Irgendwann hatte ich es aber tatsächlich zu dem Raum geschafft, in dem wir Englisch hatten. Das Zimmer war noch abgesperrt und es tummelten sich schon ein paar Leute aus unserem Kurs davor. Automatisch suchte ich nach Nico und wusste nicht, ob ich enttäuscht oder erleichtert war, als ich ihn nicht entdeckte. Ich würde so oder so bald auf ihn treffen. Ich hatte keine Ahnung, wie ich auf ihn reagieren sollte. Allein wenn ich daran dachte, wurde ich unruhig. Naja, unruhiger, als ich sowieso schon war. Bevor ich mich in eine Panikattacke reinsteigern konnte, riss mich Robert zum Glück aus meiner Gedankenwelt. Er grüßte mich mit einem unsicheren Blick. Mensch, ich hatte mich gestern Abend extra noch rasiert. Warum musste er so schauen? „Na, wie geht’s so?“, leierte Robert ein kränkliches Gespräch an. „Naja, geht so...“ Ich zuckte mit der Schultern. Was hätte ich auch groß darauf antworten sollen, ohne ihm mein ganzes Seelenleben zu offenbaren. „Schön, dass du wieder da bist.“ Dem Satz schwang noch etwas nach und sagte mehr, als ich wollte. Schön, dass du dich noch nicht umgebracht hast. Hätte mich irgendjemand ernsthaft davon abgehalten? Natürlich, niemand wollte, dass ich starb, trotzdem würde auch niemand aktiv etwas dagegen unternehmen, oder? Glück für sie, dass ich nicht vor hatte zu sterben. Ich war armselig, aber auch ich hatte noch irgendwo meinen Stolz. „Und hab ich was verpasst?“ Nicht, dass ich vorhatte meinen Stoff nachzuholen, aber es war ein Gesprächsthema. „Naja, nicht viel. Die Arbeit halt. Die war ja so zum Kotzen! Sei froh, dass du nicht mit geschrieben hast.“ Ich wusste ja noch nicht mal in welchem Fach wir geschrieben hatten! Außerdem musste ich nachschreiben und in der Regel war man da immer angeschmiert, weil einem die Lehrer die extra Arbeit übel nahmen, die sie damit hatten. „Wie ist es bei den anderen so gelaufen?“ Bla Bla Bla. Seinen Soll erfüllen, Erwartungen zumindest im Minimum gerecht werden. „Weiß nicht, glaub auch nicht so gut. Außer vielleicht bei Nico, aber war ja klar.“ Robert verdrehte die Augen, weil wir das meistens taten, wenn wir über ihn redeten. Nico konnte alles, wusste alles und es war unverschämt, dass er dafür relativ wenig machte. Ich wusste das besser, als die meisten hier. Allerdings fand ich das Gesprächsthema nicht gut. Nico war also in der Schule gewesen, hatte seinen normalen Alltag, anstatt völlig durchzudrehen wie ich. Gut, seit der Oberstufe nahm er das ganze Schulding sowieso sehr ernst. Ich erinnerte mich noch an die Zehnte. Da gab es kaum eine Woche an der er nicht gefehlt hatte. Jetzt war er eigentlich sowas wie ein Streber, wenn man von seiner ganzen, vorlauten Art absah und seinem Aussehen. Okay, Nico war kein Streber, aber er hatte trotzdem gute Noten, was es nicht besser machte. „Wegen einem Nachschreibetermin weißt du nichts, oder?“ „Nee, ich denke, da musst du direkt fragen.“ „Hrm...“ Ich wusste ja noch nicht mal wen. Egal, es würde sich schon noch alles irgendwie regeln. Ich würde dem Englischdrachen gleich mein Attest geben und mich als anwesend eintragen lassen und dann war die Welt gleich schon mal ein Stück besser, weil ich etwas getan hatte. Ich musste dann nur noch den restlichen Schultag überleben und den darauf und den darauf und … Besser nicht dran denken, das demotivierte mich. Das zerknitterte Attest drückte ich der Englischlehrerin noch vor der Tür in die Hand, damit es den anderen nicht so auffiel. Wahrscheinlich bemerkten die meisten Leute aus dem Kurs nicht einmal, dass ich so selten da war. Die Lehrerin überflog es kurz und legte es dann ins Klassenbuch. Ihr war es ziemlich egal, wie oft ich ihren Unterricht besuchte. Ich war weder eine Bereicherung, noch so schlecht, dass es störte. Ich setzte mich neben Robert und fixierte den Platz, an dem Nico sitzen sollte. Er war nicht da und ich wüsste gerne, wieso. Verschlafen, krank oder hatte er gerochen, dass ich heute hier sein würde? Vielleicht mied er mich. Allerdings konnte ich mir nicht vorstellen, dass so etwas banales wie ein Streit mit mir ihn von der Schule fernhalten würde. Meine Gedanken waren verschwendet. Nico stolperte mit einem Brötchen im Mund und einer Tasse Kakao – Kaffee mochte er nicht sonderlich, dieser Kostverächter – in das Klassenzimmer. Er nuschelte eine Entschuldigung, versprach der Lehrerin, dass er ihr für diesen ungebührlichen Auftritt einen Kaffee spendieren würde und drehte sich nicht mal in meine Richtung um. Er hatte nicht mal zu meinem Platz herüber gelinst, als er den Raum betreten hatte. Wusste er überhaupt, dass ich hier war? Er musste es wissen. Wie konnte er so seelenruhig da sitzen, mit seinen Tischnachbar reden und mich nicht mal wahrnehmen?! Mein Blick haftete an ihm, wie eine Fliege an einer klebrigen Falle. Ungesund. Man sah ihm nichts an. Er sah zufrieden, glücklich und unbeschwert aus. So wie immer. War er einfach nur ein guter Schauspieler, oder war die Welt für ihn wieder in Ordnung? Jetzt wo er mich los war. Ich fühlte mich verraten. Wahrscheinlich war er wieder heim zu Mama gekrochen, hatte sich entschuldigt und bekam dann wieder das Essen vorgesetzt, die Wäsche gewaschen und musste sich keine Gedanken um sein Leben machen. Und was hatte ich? Ich konnte mir ja nicht einmal mehr Kaffee machen! Gott, ich hätte die Kaffeemaschine niemals getreten, wenn sie nicht dort auf den Boden gestanden hätte und ich nicht so verdammt wütend auf Nico gewesen wäre! „Ennoah!“ Ich zuckte zusammen und starrte konfus zur Lehrerin. Was wollte sie denn? An den Unterricht hatte ich gar nicht mehr gedacht. „Vorlesen!“ Jawohl, Sir! Jetzt musste ich nur rausfinden, was. Ich schaute hilfesuchend zu Robert, der unauffällig auf ein Blatt tippte, das vor mir lag und mir noch gar nicht aufgefallen war. Okay, das bekam ich hin. Ich begann den Text zu lesen, stolperte über einfache Wörter, kroch zum nächsten Satz, wurde von etwas Unaussprechlichen nieder gestreckt und verblutete beim letzten Abschnitt. Die Lehrerin hatte Mitleid und rief jemand anderen auf, um mich zu erlösen. Ich war noch nie gut gewesen im Vorlesen, aber das war gerade selbst für mich eine Schande gewesen. Aber hatte ich etwa angenommen, dass dieser Tag auch nur im entferntesten gut werden könnte? Ich heftete meinen Blick weiterhin auf das Blatt und vermied es aufzusehen. Nico wusste jetzt definitiv das ich hier und wahrscheinlich auch, dass es mir ziemlich bescheiden ging. Interessierte ihn das überhaupt? Eher nicht. Ich war doch nur der Idiot, bei dem er wohnen konnte und als Bonus gab es sogar noch Sex dazu. Kaum gab es etwas Stress ließ er mich hängen. Ich hatte doch von Anfang an gewusst, dass er für nichts taugt. Trotzdem brannte in mir die Enttäuschung. Mittlerweile war mir Nico wohl wichtiger geworden, als ich jemals erwartet hatte. Verdammte Scheiße! Er konnte sich doch nicht einfach so aus meinem Leben verpissen, wie es meine Mutter getan hatte. Ehrlich, das ging nicht! Arschloch! Ich beschloss, dass ich ihm das auch gleich am Ende der Stunde mitteilen würde. Was dachte er sich überhaupt? Erst so tun, als wäre ich ihm wichtig und dann nicht mal den Anstand haben, irgendwelche Verantwortung zu übernehmen! Als es dann zum Stundenende gongte, hatte ich mich so sehr in meine Wut und meinen Frust hineingesteigert, dass ich besser meine Klappe gehalten hätte. Tat ich leider Gottes nicht. Stattdessen ging ich mit grimmiger Miene zu Nico, der im Gang stehen geblieben war und sich dort mit Bennie unterhielt. Er stand mit dem Rücken zu mir und ignorierte mich. Ihm war nämlich definitiv klar, dass ich hinter ihm stand. Das er nicht mal in meine Richtung schauen konnte, brachte das Fass nicht zum Überlaufen. Es wurde einfach gesprengt! Ich packte ihn an der Schulter und drehte ihn mit einem harten Ruck zu mir um. Ich wurde entsetzt angestarrt, nicht nur von Nico. „Du bist so ein gottverdammtes Arschloch!“ Mich traf nur ein verwirrter Blick. Musste der so tun, als hätte er keine Ahnung von was ich redete, so, als wäre er unschuldig, unbeteiligt. „Scheiße, schau nich so bescheuert! Du weißt genau wovon ich rede. Du hast mich doch nur komplett verarscht und lässt mich jetzt in der Scheiße sitzen! Aber glaub bloß nicht, dass ich mir das gefallen lasse!“ Ich machte einen Schritt auf ihn zu, vielleicht um ihn zu schlagen oder einfach nur, um ihn zu schubsen. Er wich zurück. Die anderen starrten uns an wie ein fehlgeschlagenes Experiment, für das sich niemand verantwortlich fühlte. Nico schüttelte den Kopf, hatte dabei die Stirn gerunzelt, als könnte er mir nicht folgen. „Sag was!“, forderte ich und wusste einfach nicht mehr, was ich tun sollte. Irgendeine Reaktion, irgendwas! Er musste etwas sagen, sonst war ich verloren. „Du hast so einen Schaden, Enno“, kam es leise von ihm. Seine Stimme war nicht deswegen gesenkt, weil er Angst vor Zuhörern hatte. Er war müde von mir. Er hatte mich und alles an mir unendlich satt. „Ach, fick dich doch. Ich brauch so einen Flachwichser wie dich nicht!“ Warum musste gerade das eine Lüge sein?! Ich war ein Vollidiot, Nico auch und nun klebten meine Worte in dem peinlichen Netz des Schweigens fest und gleich würde die fette Spinne der totalen Schande kommen und mich fressen. Ich spürte der Blick der anderen auf mir. Sie wussten nicht was los war, es ging sie auch nichts an. Mein Leben war Sperrgebiet und ich hatte es nicht gut genug bewacht. Robert legte mir eine Hand auf die Schulter, erst jetzt merkte ich, dass ich am ganzen Körper zitterte. Ich schüttelte ihn ab. Die Berührung war mir unangenehm. Ich konnte keine Nähe ertragen, nicht im Moment. Ich wollte hier nur noch weg. Mein Kopf schmerzte. Mein Arm pochte. Alles dröhnte. An den Weg nach Hause konnte ich mich nicht mehr erinnern, nur an das Gefühl zu ersticken. Mein Leben steckte mir im Hals und ich konnte es einfach nicht herunterschlucken. In der Wohnung angekommen, konnte ich nur in den leeren Raum torkeln und mich dort auf die Matratze fallen lassen. Die verschandelten Wände starrten mich an. Im Zimmer hing noch Nicos Geruch und vielleicht bildete es mir nur ein, aber ich glaubte noch leicht den Duft meiner Großmutter wahrzunehmen. Es roch nach Verlust. Ich inhalierte ihn. Langsam bekam ich wieder Luft und mein Körper beruhigte sich. Meine Gedanken nicht, sie schwirrten um mich, macht mir Angst und ich war froh, dass ich sie nicht zu fassen bekam. Ich schlief ein. Mein Blick fiel auf die Farben, die immer noch hier im Zimmer lagen. Ich hatte sie erst vor knapp einer Woche gekauft. Wer hätte erwartet, dass dieses Ereignis soviel mit sich ziehen würde. Hätte ich diese überteuerten Farben nicht gekauft, hätte ich Eddys Anruf nicht verpasst, hätte ich mich nicht mit Nico gestritten und alles wäre irgendwie besser gewesen, als jetzt. Konnte es wirklich sein, dass so etwas Triviales so eine Scheiße verursachte?! Ich starrte die Farben an. Ich hatte noch nicht einmal etwas sinnvolles damit gemacht. Alles umsonst, oder? Ressourcenverschwendung, genau wie ich. Gott, in wie viel Selbstmitleid konnte man eigentlich versinken? Ich erhob mich von der Matratze, kickte einer der Farbtuben in die Ecke, die dort unbeeindruckt liegend blieb. Ich würde mir jetzt eine Tasse Tee machen, da ich nichts anderes zu trinken hier hatte und würde etwas malen. Etwas was es Gott verdammt noch mal wert war, das mein Leben ein Haufen Scheiße war. Ich hatte keine Lust mehr auf mein ewiges Gejammere. Es wurde ja doch nichts besser davon. Als ich mit meinem Tee wieder in dem Raum stand und das dämmrige Abendlicht durch das Fenster fiel, wusste ich sogar was ich malen wollte. Es würde vielleicht nicht das beste Bild meines Lebens werden, aber wenn hier schon keine echten Menschen waren, sollten zumindest gemalte das Zimmer beleben. Dann könnte ich mit den Malereien an den Wänden sprechen und ganz offiziell verrückt sein. Beschwingt durch diesen Gedanken blätterte ich meine Zeichnungen der vergangen Monate durch und blieb zu meiner Überraschung an einer Zeichnung von Nico hängen. Er wäre nicht der erste Mensch gewesen, an den ich gedacht hätte. Aber je längere ich meine Skizzenblöcke durchsah, desto größer war das Bedürfnis gerade ihn zu malen. Vielleicht lag es daran, dass ich das Gefühl hatte, jedes Detail seines Körpers zu kennen. Ich musste nur die Augen schließen und konnte ihn vor mir sehen, wie er in meinem Bett liegt mit einem frivolen Grinsen zu mir hochblickte. Ich schlug die Augen wieder auf. Ich würde Nico zeichnen, aber nicht so. Das würde ich nicht aushalten. Selbstmitleid hin oder her, man musste sich nicht auch noch selbst quälen. In meinem Skizzenblock fand ich dann schnell ein Motiv, mit dem ich sprechen würde. Immerhin war das das Hauptziel, oder? Wenn es schon kein echter Mensch mit mir aus hielt, dann sollten es doch wenigstens die gemalten schaffen. Auf der Skizze war Nico zu sehen, wie er nur mit Jeans begleitet die Pose des Denkers machte. Ich hatte es damals als lächerlich empfunden. Nico war der Meinung sie wäre klassisch und dennoch cool. Naja, egal. Ich betrachtete die Zeichnung eingehend, bevor ich sie beiseite legte und beschloss doch etwas eigenes zu zeichnen. Ich hatte ihn schon so oft gezeichnet, ich brauchte keine Vorlage mehr. Mit einem sehr weichen Bleistift setzte ich mich vor die Wand mit der zerfetzten Tapete. Vielleicht nicht der beste Untergrund fürs Malen, aber das war mir egal. Das war nur ein Ding für mich und es würde auch niemand zu Gesicht bekommen außer mir. Mit großen, weiten Strichen, die irgendwie ungewohnt für mich waren, nahm die Skizze an der Wand langsam Gestalt an. Nico lag auf seinen Ellenbogen gestützt da und starrte zur Tür, so als würde er nur darauf warten, dass jemand den Raum betrat. Ich lächelte leicht und fuhr die Konturen seines Gesichtes nach. Sah er wirklich so aus? Egal, nicht so wichtig. Ich öffnete einer Farbtuben, die neben mir lag, und griff zu einem der neuen Pinsel, drückte die Farbe direkt auf die Borsten und verteilte sie großzügig auf der Zeichnung an der Wand. Die Tapete und ihre Retro-Blümchen schimmerten an manchen Stellen durch. Der Bleistiftstrich vermischte sich leicht mit dem Weiß aus der Tube und gab dem ganzen einen schmutzigen Grauton. Ich suchte nach anderen Farben, rot, gelb, irgendwas, was dem Bild das gespenstische nahm. Nico sah aus wie ein an der Wand gefangener Geist, der hoffnungsvoll zur Türe sah. So, als würde er nur darauf warten, dass sie sich öffnete und er verschwinden konnte. Ich hätte nicht ihn zeichnen sollen. Mit ihm wollte ich nicht reden, er wollte nur weg von hier. Frustriert ließ ich den Pinsel sinken, starrte diesen gemalten Nico an. Ich erkannte ihn in den schmutzigen, hellen Tönen. Sein Blick von mir abgewandt. Das war er. Ich blieb auf dem kühlen Boden sitzen. Mittlerweile hatte ich nur noch Licht von der kleinen Nachttischlampe, die sich Nico hier rein gestellt hatte. Langsam verschwamm das Bild vor meinen Augen, der Pinsel fiel mit einem leisen Klack auf die Dielen und ich konnte mich nicht mehr rühren. Ich fühlte mich so unendlich erschöpft. Ich wusste nicht einmal, wie ich mich wieder erheben sollte. Die Kälte des Bodens zog sich durch meinen Körper und alles fühlte sich irgendwie taub an. Nullpunkt erreicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)