Nullpunkt von Memphis ================================================================================ Kapitel 10: Ein Buch oder auch ein Film sind behütete Orte. ----------------------------------------------------------- Nico war nicht mehr da, als ich aufstand. Was aber daran lag, dass er zu ersten Stunde hatte und ich erst zur vierten und ich würde ganz bestimmt nicht ihm zu liebe früher aufstehen. Es war auch diesmal nicht weiter schlimm in einer leeren Wohnung aufzuwachen. Ich war zu viel beschäftigt damit, nicht zu spät zu kommen, um über mein Leben zu lamentieren. Frau Lindner nahm es mir auch nicht übel, dass ich erst fünf Minuten nach Unterrichtsbeginn in den GeschichtsLK reinstolperte. Sie mochte mich oder zumindest hielt sich mich vermutlich als einzige Lehrerin, für einen motivierten, intelligenten Schüler. Was wohl daran lag, dass mir Geschichte ziemlich leicht fiel. Mein Opa hatte mir immer gerne historische Ereignisse erzählt und ich meinte, damit nicht die ganze Zweite Weltkrieg-Scheiße, sondern einfach allgemein über alles mögliche. Somit war ich mit Geschichte eigentlich groß geworden und fand es auch irgendwo interessant. Deswegen hatte ich auch den GeschichtsLK gewählt. Manchmal hatte ich den leisen Verdacht, dass es eigentlich nur Frau Lindner zur verdanken war, dass ich nicht schon ein paar Mal durchgefallen war. Sie war von der achten bis zur zehnten meine Klassenlehrerin gewesen und in der Zeit war ich wirklich nicht der allerbeste Schüler gewesen. Allerdings nahmen wir in Geschichte gerade Weimarer Republik durch und dieses Thema hatten wir schon so oft durchgekaut, dass es wirklich nicht mehr sonderlich spannend war. So saß ich etwas gelangweilt in der letzten Reihe, kaute auf meinen Fingernägeln herum und wippte mit meinen Stuhl auf und ab. Nico saß in der ersten Reihe und notierte sich irgendwas, was bestimmt nichts mit dem Unterricht zu tun hatte, da Frau Lindern gerade nichts weiter relevantes erzählte. Mir war es aber eigentlich ziemlich egal was Nico tat. Ich fand es nur ziemlich unfair, dass er so frisch und munter und kein Stück müde aussah und ich eigentlich im Moment einfach auf meinem Tisch einschlafen könnte. Ich hatte in der Nacht nicht wirklich Schlaf bekommen. Nico schien wohl eine kleine Sex-Durststrecke durch gemacht zu haben, anders konnte ich mir das nicht erklären. Biologie und Mathe waren ähnlich motivierend wie Geschichte heute, also gar nicht. Ja, ja, man lernte fürs Leben und nicht für die Schule. Aber man musste als Künstler nicht wissen, wie die Anatomie eines Baumes war. Warum sollte man sowas überhaupt wissen wollen? Ich wusste das man aus Bäumen Blätter machen konnte, alles andere war mir egal. Ich hatte meinen Kram zusammen gepackt, als mich Nico antippte. Ich war etwas zusammen gezuckt, weil ich das nicht erwartet hatte und war auch irritiert. Irgendwie dachte ich ja, dass wir irgendwelchen Kontakt in der Schule mieden, einfach nur, weil wir uns nicht wirklich mochten und uns auch nicht viel zu sagen hatten. „Kannst du kurz warten? Ich muss etwas mit Herr Werters besprechen“, fragte er mich und ich nickte nur. Es würde mich nicht umbringen hier noch ein paar Minuten stehen zu bleiben und es wäre dumm ohne ihn vorzugehen. Ich betrachtete gelangweilt, die häßlichen Schulplakate im Flur, während ich darauf wartete, dass Nico endlich aus dem Klassenraum kam. Was verstand er denn unter „Kurz warten“?! Ich stand hier sicher schon - ich schaute mich nach einer der vielen Schuluhren um – naja, drei Minuten. Immerhin, in drei Minuten konnten andere die Welt retten und so. Naja, eigentlich hasste ich es einfach, auf Leute warten zu müssen. Egal war es war. Ich guckte auch dementsprechend genervt, als Nico endlich aus dem Klassenraum kam. „Was hälst du heute von...“, fing er an zu reden, aber ich ging einfach weiter. Ich wollte jetzt heim. „Dann eben nicht.“ Wahrscheinlich hatte er gerade auch einfach nur die Augen verdreht, aber ich konnte es nicht sehen, weil ich ihm den Rücken zu gewandt hatte. Er schloss mit mir auf und zusammen verließen wir die Schule, war ja mittlerweile nichts neues mehr. Ob es den anderen in der Stufe auch schon aufgefallen war? Hm, eigentlich interessierte mich das kein Stück. Ich hatte andere Probleme. Und eines stand jetzt genau vor mir, hatte dieses absolut hinreißende Lächeln und schien auf mich gewartet zu haben. Ich blieb stehen und starrte Sophie mit einer gewissen Fassungslosigkeit an. Sie stand am Schultor und winkte mir jetzt zu, so dass ich sie in keinem Fall übersehen konnte. Ich spielte mit dem Gedanken einfach wieder umzudrehen oder sie zu verprügeln. Nico hielt mich von beidem ab. Er brauchte nicht zu wissen, dass ich gerade irgendeinen Stress hatte. Ich hätte ihn wegschicken können, aber vielleicht war es besser, wenn ich nicht alleine mit ihr war. Eventuell würde das nämlich zu einer Straftat führen. Und diese Straftat hatten nichts damit zu tun, irgendwelche Jugendschutzgesetze mit Sophie zu übertreten. „Was willst du?“ Begrüßungen waren in diesem Fall überflüssige Floskeln. Ich wollte sie so schnell wie möglich los werden und ich hatte so den Verdacht, dass sie die Art von Mädchen war, die man nur los wurde, wenn sie bekamen was sie wollten. „Ich würde gerne mit dir reden.“ Sie schaute mich mit einem ernsten Blick an. Keine Spur von Verunsicherung. Wäre sie keine Schlampe, wäre ich beeindruckt von ihr. „Da bin ich aber mal gespannt.“ Ich hoffte, sie hatte eine verdammt gute Erklärung für diese ganze Scheiße hier, ansonsten sah ich mich gezwungen sie zu erschießen. Dumme Filmphrasen. Ich war wirklich wütend. „Geht das nicht allein?“, fragte sie schließlich direkt und wir schauten beide zu Nico, der uns die ganze Zeit interessiert beobachtet hatte. Gott, der geilte sich doch daran auf, dass ich Stress hatte. Wichser. „Soll ich gehen?“ Er schaute überrascht. Sah er hier sonst noch jemand, der zuhörte?! „Nein.“ Ich wollte mit Sophie definitiv nie wieder alleine sein. Am Ende hing sie mir eine Vergewaltigung und ein daraus resultierendes Kind an und zwar ohne das ich sie angerührt hatte. Sophie konnte sowas. Sie war das pure Böse! „Bist du sicher?“ Sie schaute Nico skeptisch an, der sie selbstzufrieden angrinste. Verdammt, jetzt bildete er sich auch noch was drauf an. Ich fühlte mich nur noch absolut genervt. „Ja, ja. Also was willst du?“, wiederholte ich nochmal meine Frage. Sophie warf dem unliebsamen Zuhörer noch einen kurzen Blick zu, schien ihn dann aber für unwichtig zu erklären und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich. Sie holte tief Luft und schien etwas mit sich zu hadern. „Ich möchte mich bei dir entschuldigen“, sagte sie schließlich in einem ernsten Tonfall. „Keine Chance.“ Was dachte die sich eigentlich? Entschuldigen?! Sie knutscht mich ab, erzählt Eddy irgendeinen Scheiß, so dass er sauer auf mich ist und kommt jetzt einfach so daher, als wäre das etwas, was man mit einer dummen Entschuldigung aus der Welt räumen konnte. Bei anderen ging das vielleicht, wenn sie einen mit ihren großen, braunen Rehaugen flehentlich ansah. Hier war sie aber an der falschen Adresse. „Aber...“ Sie wirkte ehrlich entsetzt. Passierte ihr wohl nicht oft, auf Widerspruch zu stoßen. „Nein, verpiss dich.“ Man sollte ja nicht gemein sein zu Mädchen, aber Sophie hatte das verdient. „Enni, das ist alles ein totales Missverständnis, glaub mir. Ich war total berunken und ich weiß auch nicht... Du hast mich so angesehen und irgendwie...“ „Du hast doch voll einen an der Klatsche! Hast du dabei irgendwann mal an Eddy gedacht? du... du... dumme Kuh!“ Toll, Ennoah, jetzt hast du es ihr aber gezeigt! Gleich weint sie bestimmt, weil du so böse Kraftausdrücke verwendest. Böser Schmetterling. Scheiße, regte mich das alles auf. Ein Missverständnis. Bla Bla Bla. Ich bin ausversehen auf deinen Mund gefallen! Schon klar. Und wie zur Hölle schaffte sie es, mir da irgendwas in die Schuhe zu schieben. Ich hab sie genervt angesehen, nichts anders. Selbst wenn alles anders gewesen wäre, war sie immer noch die Freundin von Eddy. Eddy, der einfach nur beste Kerl auf Erden war. Die hatte doch keine Ahnung, Schlampe. Ja, Schlampe wäre das Wort gewesen, verdammt. „Natürlich hab ich das!Was glaubst du, warum ich mit ihm darüber geredet habe?!“ Sie schien sich wirklich vor mir rechtfertigen zu wollen und machte damit alles noch viel schlimmer, wenn das überhaupt ging. „Was zur Hölle hast du zu ihm gesagt?“ Ich packte sie hart an den Schultern, sollte sie nicht antworten, würde ich sie schütteln. Immerhin wollte Eddy mir nichts sagen und das schien mir eigentlich die einzige Möglichkeit, überhaupt noch mal etwas zu erfahren. Sophie starrte mich mit schreckensweiten Augen an und ich sollte mich eigentlich fühlen wie ein Psychopath. Aber verdammt, ich war nun mal im Recht! „Naja, nicht viel... nur das du mir... irgendwie gefällst, glaub ich und dann ist Eddy einfach... äh … weg.“ Sophie war gerade völlig überfordert mit mir. Ihr war hoffentlich klar, dass sie mich besser gefunden hatte, als Eddy. Dumme Kuh. Mensch, so wie ich, so waren Männer. Wenn sie jemand wie mich ihm vorzog, war sie so selbst Schuld. Ich hatte unbewusst den Griff um ihre Schulter verstärkt, was mir erst klar wurde, als sich ihr Gesicht schmerzlich verzog. „Hey, Enno, komm wieder runter.“ Nico fand wohl, dass er nun genug Theater hatte und berührte mich leicht am Arm. Ich ließ sofort von Sophie ab, die sich über die schmerzende Schulter fuhr und beunruhigt zu mir rüber sah. Sie machte mich wahnsinnig und bevor ich sie noch ernsthaft verletzte, drehte ich mich einfach um und ging. Ich hörte, wie mir schlurfende Schritte folgten. Nico, der es nicht eilig hatte. Hoffte er auf Sex? Ich war viel zu aufgebracht dafür. Eddy hat das alles einfach in den falschen Hals bekommen und dachte jetzt, ich hätte ihm die Freundin ausgespannt. Super, toll. Warum war die Bitch auch so bekloppt und erzählt ihm sowas?! „Hm, da ist ja jemand heiß begehrt“, kam es von Nico, der immer noch ein paar Schritte hinter mir ging, sich aber nicht zu Schade war, um sich über die Situation lustig zu machen. Ich wusste gerade echt nicht, ob ich noch Bock auf ihn hatte. „Halt die Fresse!“, fuhr ich ihn schlecht gelaunt an. Ich wusste immer noch nicht, wie ich Eddy erreichen sollte, um ihm klar zu machen, dass alles Sophies Schuld war. Vielleicht sollte ich noch mal bei ihm vorbei gehen? Ich schaute zu Nico, der sich ziemlich unbeeindruckt von meiner miesen Stimmung zeigte. Er bemerkte meinen Blick und grinste plötzlich anzüglich. „Ich steh drauf, wenn du so abgefuckt wütend bist.“ Verdammt, ich würde Eddy einfach morgen von der Berufsschule abfangen. Seine Berufsschule lag am Stadtrand und ich musste mit dem Bus fahren, um zu ihm zu kommen, da ich keine Lust hatte nach zwei Stunden Sport tatsächlich noch eine dreiviertel Stunde dahin zu laufen. Bus fahren war noch so unangenehm, wie ich es in Erinnerung hatte. Er war relativ voll, so dass ich die zwanzig Minuten zur Schule stehen musste und der Busfahrer hatte ganz offensichtlich einen Fahrstil entwickelt, der darauf abzielte die stehenden Insassen besonders durch zu schütteln. Echt zum Kotze und dafür hatte ich mir eine Fahrkarte gekauft... Wenn es nicht für Eddy gewesen wäre, hätte ich so eine Aktion nicht mal im Ansatz in Erwägung gezogen. Ich konnte aber auch nicht sagen, dass ich froh war, als ich aus dem Bus aussteigen musste, das bedeutete nämlich, dass ich bei der Schule war und ich fühlte mich ehrlich gesagt ziemlich angespannt. Ich wüsste nicht, was ich tun sollte, wenn Eddy mich schon wieder abblocken würde. Allein bei dem Gedanken wurde es mir flau im Magen. Er musste mir einfach zuhören. Zum Glück hatte seine Schule, genau wie unsere, nur einen großen Haupteingang und es war nicht schwer jemand dort abzufangen. Ich stellte mich an das Tor und beobachtete die Schülermengen, die aus den Gebäude strömte. Vielleicht war es Einbildung, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, als würden die Schüler hier völlig anders aussehen, als von meiner Schule. Ich würde sogar so weit gehen und sagen, ich hätte auf der Straße sofort erkannt, wer von welcher Schulform kam. Ich wusste, solche Gedanken sollte man definitiv nicht weiterverfolgen und auch nicht laut aussprechen. Aber ich konnte ja auch nichts dafür, dass sich in meiner Schule die Leute anders kleideten und andere Frisuren hatte, als die Leute hier. Als würde man mit jeder Faser klar machen, woher man kam. Und ich lenkte mich mit diesem Gedanken nur von Eddy und seiner möglichen Reaktion ab. Ich hasste es wegen etwas nervös zu sein und neigte dazu mich mit unwichtigen Dingen von meiner Nervösität abzulenken. Ich überblickte die Menge und hoffte, dass ich Eddy erkennen würde. Aber er musste einfach aus dieser gleichaussehenden Schülermenge hervorstechen. Ich wusste, dass er anders aussah, wie die meisten Leute, die hier rumliefen. Tatsächlicherweise erkannte ich ihn nach kurzer Zeit, wie er mit zwei Mädels und noch anderen Typen in der Nähe des Haupteingangs stand und sich unterhielt. Ich war mir nicht sicher, ob er nicht gerade erst rausgekommen war oder schon eine Weile dort stand und ich ihn nicht bemerkt hatte. Ich merkte wie mein Herz schneller schlug. Fuck, ich hatte echt Panik, dass er mich zurückweisen wurde und ich wusste, dass es irgendwo lächerlich war. Immerhin waren wir beste Freunde, es gab kein Mensch, der mich so gut kannte, wie er. Also gab es wirklich keinen Grund für mich, sich wie ein dummes, kleines Mädchen aufzuführen. Trotzdem musste ich noch einmal tief durchatmen und mir gut zu sprechen, um dann tatsächlich auf ihn zu zugehen. Er sah mich nicht, weil er mit dem Rücken zu mir stand. Aber ihn würde ich immer erkennen, selbst wenn ich ihn nur von hinten sah. Auch wenn ich wusste, dass es auf andere im Moment nicht so wirkte, mir war gerade echt mulmig zu mute, wie ich auf die Gruppe von Eddy zu ging. „Hey“, grüßte ich in die Runde und es drehten sich alle irritiert zu mir um. Ich fühlte mich dumm und ich fühlte mich wirklich furchtbar, als mich Eddys Blick traf. Es lag pure Verachtung drin und es zog sich alles in mir zusammen. „Hey, Enni.“ Er klang wirklich nicht begeistert, schien mich aber nicht vor seinen Schulkameraden bloßstellen zu wollen. Ich lächelte ihn zaghaft an, er erwiderte es nicht. Er sagte auch sonst nichts mehr und ich stand wie ein Idiot neben den anderen, die wohl nicht ganz wussten, was sie mit mir anfangen sollten. Ich hatte ja eigentlich gehofft, dass er von alleine verstand, dass ich mit ihm reden wollte und nicht, dass er mich einfach nur komplett ignorierte. Scheiße, so hätte das nicht laufen sollen. Erst als einer aus der Gruppe meinte, er müsste jetzt auch heim zu seiner Freundin, verteilten sie sich und ich stand mit Eddy allein auf dem Schulhof. Er wandte sich auch zum Gehen und schien sich wirklich zu weigern, mit mir zu reden. Gott, wir waren doch keine fünf mehr und schmollten uns an, bis man vergessen hatte, was passiert war! „Hey, Eddy“, begrüßte ich ihn nochmals und er schnaubte nur. Warum musste eigentlich ich wie der reuige Hund angekrochen kommen, wenn es doch Sophie verbockt hatte? Könnte er es mir nicht leichter machen. „Können wir reden?“ „Ich wüsste nicht worüber.“ Eddy klang verletzt und sein verbissenes Gesicht zeigte, dass er es auch definitiv wach. Er dachte wirklich, ich wollte ihm seine Freundin ausspannen? „Ich wusste nicht, dass Sophie sowas abziehen würde und ehrlich, ich hatte damit nichts zu tun! Ich will nichts von ihr, wirklich!“, beteuerte ich ihm, er ging allerdings einfach an mir vorbei und hatte auf Durchzug gestellt. Was sollte ich denn noch machen? Musste ich vor ihm auf den Knien rutschen, dass er mir überhaupt zuhörte. „Eddy, hör mir doch zu!“, rief ich ihm nach und fühlte mich wirklich armselig dabei und es wurde noch schlimmer, als er sich einfach nicht umdrehte. Es war, als würde man gegen eine Wand reden und dieses übermäßige Gefühl der Machtlosigkeit schnürte mir den Hals zu. Es fühlte sich an, als würde ich keine Luft mehr bekommen und ich müsste jeden Moment sterben, weil er sich einfach immer weiter von mir entfernte. Es war wie in einem schlechten Alptraum, in den man rannte und rannte und das eigentliche Ziel immer weiter weg war und man eigentlich nur scheitern konnte. Ging es darum? Dass ich mich der Grausamkeit des Lebens einfach geschlagen gab. Drauf geschissen. Ich rannte hinter ihm her und erwischte ihn gerade noch, wie er in den Bus einstieg. Ich ließ mich neben ihm auf dem Zweiersitz fallen. Er schaute nicht mal zu mir herüber. „Sophie hat mich im Su Casa einfach so geküsst. Sie war betrunken, oder so. Keine Ahnung. Naja, deswegen war ich auch den Abend dann nicht mehr bei euch. Ich wollte schon am Sonntag mit dir darüber reden, aber nicht am Telefon... und ach, was weiß ich. Ich hätte einfach nicht gedacht, dass Sophie so eine dumme Schlampe ist. Und ich hatte nie vor, sie dir irgendwie auszuspannen.“ „Nenn sie nie wieder so!“ Ich hatte plötzlich seine ungeteilte, wütende Aufmerksamkeit. Er schaute mich wieder so an, als wäre ich der reinste Abschaum. Das war doch nicht fair! „Du nimmst sie auch noch in Schutz?!“ Ich verstand es einfach nicht. Warum zum Henker glaubte er dieser dummen Kuh und nicht mir? Verdammt noch mal, ich war sein bester Freund seit immer und jetzt tat er so, als wäre ich einfach irgendein Arschloch, das sich wie das letzte Schwein aufführte! „Ich kenn dich doch! Du vögelst doch alles, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist!“ Uff, das war hart. Ich hätte nie gedacht, dass Eddy so über mich dachte. Eigentlich hatte ich immer angenommen, dass es okay für ihn war, dass ich nicht so auf Beziehungen stand und ab und zu One-Night-Stands hatte. „Hey, mach mal halb lang. Ich hab keinen Finger an Sophie gelegt. Die hat mich angemacht, okay?!“ Also bei allem was recht war, egal, ob ich jetzt mit vielen Mädchen geschlafen hatte oder nicht, Sophie wollte ich definitiv nicht. „Gott, sie ist doch erst fünfzehn. Wenn du ihr von deiner eigenen Wohnung erzählst und das du sie malst würdest, ist doch klar, dass sie dich toll findet!“, wurde mir vorgeworfen und ich verstand es wirklich nicht. „Du hast ihr doch erzählt, das ich alleine wohne und zeichne!“, stellte ich klar. Ich hätte ihr sowas bestimmt nicht gesagt, ich hätte sowieso nicht mit ihr gesprochen! „Es war doch so klar, dass du das für dich nutzst! Du hast selbst gesagt, dass du sie hübsch findest!“ Ey, jetzt wollte er mir einen Strick aus meiner Notlüge drehen, oder was?! „Ich hab das nur gesagt, weil ich keinen Bock hatte dir sagen zu müssen, dass ich sie für viel zu jung halte. Was dachtest du dir überhaupt bei einer Fünfzehnjährigen?!“ Jetzt musste ich ja auch nicht mehr so tun, als wäre es in Ordnung, dass sie noch ein halbes Kind war. „Du spinnst doch!“ Eddy sprang wütend auf und stürmte einfach aus dem Bus raus, der gerade an einer Haltestelle stand, die aber definitiv nicht seine war. Ich hätte ihm noch folgen können, war aber ehrlich gesagt viel zu geflasht von dem Streit. Er war immer noch auf ihrer Seite... Ich mein, sie hatte aus fadenscheinigen Gründen mit ihm Schluss gemacht und seinen besten Freund geküsst und auf wen war er sauer? Da stimmte doch echt was nicht. Irgendwie fühlte ich mich gerade maßlos enttäuscht von Eddy und dieses Gefühl brannte unangenehm in meinem Hals. Hosted by Animexx e.V. 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