Gazetto Inn von Nizi-chan (Ein Tag wie jeder andere. Oder ...?) ================================================================================ Kapitel 14: Wie peinlich! ------------------------- In dieser Nacht träumte ich von meinen Eltern. Meine Mutter las ein Buch, mein Vater sah fern. Sie waren in unserem Haus in Deutschland, dann lächelten sie mich an. Da war sie, die Atmosphäre, die Familie, meine Eltern. Beide streckten die Hand nach mir aus. Meine Beine bewegten sich zu ihnen, doch plötzlich spürte ich ein zusätzliches Gewicht auf mir. Jemand umklammerte mich und hinderte mich daran, zu meinen Eltern zu gehen. Ich riss mich von ihm los und rannte zu ihnen – bis ich Schreie hinter mir hörte. Weit von mir weg erschien eine Klippe. Als ich zu ihm, Takanori, rannte sah ich, wie er sich daran festhielt. Ich reichte ihm die Hand und wir fielen zusammen in den Abgrund ... Ich riss die Augen auf und sah mich um. Ein Schlagzeug, eine Gitarre, ein Schreibtisch. Ich war im Proberaum – in Sicherheit. Mein Handy zeigte mir, dass es noch vier Uhr morgens war. Ich ging zum Fenster und öffnete sie weit. Die kühle Morgenluft strömte mir entgegen und ließ die tränenbedeckte Wangen kälter werden. Es fühlte sich gut an, die frische Luft einzuatmen. Ich spürte sie in den Lungen, sog sie ein und drängte mit jedem Atemzug die Gedanken an meinen Eltern zurück. Die Kälte konnte den Schmerz in meiner Brust nicht löschen, ich lehnte mich weiter hinaus. „Vorsicht!“ Erschrocken fuhr ich herum und erblickte einen kleinen Mann mit zerzaustem Haar und einem zerknitterten schwarzen Fußballtrikot. Takanori rieb sich die Augen, wobei er jünger aussah als er war. Mit einem Drehen wandte ich mich wieder der Luft zu, kurze Zeit später erschien er neben mir. Ich machte ihm Platz und beobachtete ihn. Seine Augen waren geschlossen, er atmete tief ein – und sah mich dann von der Seite an. Sein Blick kam unerwartet und war intensiv. Er schien mich anzuziehen. Ich wehrte mich nicht. „Ich habe ein lautes Geräusch gehört und bin dann zu dir gestoßen“, sagte er mit einer verschlafenen Stimme und hielt meine Hand. „Was hast du?“ Ich sah aus dem Fenster in die Ferne, wo das Zentrum der Stadt lag. „Du kannst mir vertrauen, Yasumi. Sag mir, was du auf dem Herzen hast.“ Etwas schnürte mir die Kehle zu. Er nahm mich in die Arme. Ein Gemisch aus Rauch, Parfüm und seinen Körpergeruch stieg mir in die Nase. „K... Kennst du das Gefühl, wenn du von schon toten Menschen träumst und es weißt, dass wenn du aufwachst, sie verschwinden werden?“ Er umarmte mich fester und nickte in mein Haar. „Hast du von deinen Eltern geträumt?“ Ich nickte. „War es schön?“ „D... du warst dabei. Ich hätte bei meinen Eltern bleiben können, war aber bei dir.“ „Dann müsste dein Traum wunderschön gewesen sein.“ Ich sah ihn an, er lächelte schief. „Ja wirklich. Was ich nicht alles dafür geben würde, nur einmal von dir zu träumen“, hörte ich mich ironisch sagen und wunderte mich zugleich: Ich war nicht mehr traurig. „Geht´s dir ein bisschen besser?“ „Ein klein wenig.“ „Und jetzt?“ Er schmiegte sich an mich. Ich entschied mich für den direkten Weg: „Pass auf, ich verliebe mich noch.“ „Noch? Bist du das noch nicht?“ „Oh! Schau mal! Die Sonne!“ Ich wies auf die Röte am Himmel hin und beantwortete seine Frage nicht. „Willst du den Sonnenaufgang sehen?“ Ohne eine Antwort zu erwarten, zog er mich vom Proberaum über dem Wohnzimmer in sein Schlafgemach. Uke, Yuu und Akira schliefen. Uke grinste. Takanori öffnete das Fenster über seinem Bett. „Sieh her, gleich wird der Himmel in ein Rot getaucht, danach kommt der Sonnenaufgang“, flüsterte er mir zu. Mit einem Kopfschütteln erwiderte ich ebenfalls flüsternd: „Wusstest du, dass das Wort Sonnenaufgang sich auf den menschlichen Betrachter bezieht. Im Sinne des heliozentrischen Weltbildes ist diese Bezeichnung falsch, denn nicht die Sonne geht auf, sonder der Standort des irdischen Beobachters dreht sich als Folge der Erdrotation der Sonne entgegen.“ Er sah mich mit seinem schiefen Lächeln an und drückte mich zu sich. Zusammen mit ihm sah ich hinaus. Was war das für ein Gefühl? Hatte ich das schon einmal gehabt? Ich bin … „...so glücklich ...“ Tränen kullerten mir die Wange herunter. Warum musste der Morgen mich immer auch so sentimental machen?! Seine warme Hand klaute mir die runter rollende Tränen, ich sah ihm in sein besorgtes Gesicht. „Mir geht’s gut, danke. Ich … fühle mich leicht. So leicht, dass ich fliegen könnte.“ Es war nicht gelogen. Ich befreite mich aus seiner Umarmung und lehnte mich weiter aus dem Fenster hinaus. „Hey, du Vogel! Warte bis dir die Flügel wachsen!“ Schnell zog er mich zu sich und sah mich fürsorglich an, dann lächelte er. „Du bleibst mitten auf der Straße stehen, kassierst Schläge ein, forderst größere Männer heraus und wärst wahrscheinlich aus dem fünften Stock gesprungen. Du lebst wirklich gefährlich, Yasumi.“ Pause. „Aber egal. Ich werde dich beschützen.“ „Hä? N...nein... Ich bin dein Bodyguard. I...ich ... werde ...“ Er nahm mein Gesicht in seine Hände, aber diesmal so zärtlich, dass es mir eine Gänsehaut bescherte. „Küsst euch jetzt endlich!“ Die Gestalten, die so taten, als ob sie schliefen, sprachen zu uns. Ich entfernte mich von Takanori. Wie peinlich! „Yuu, du Idiot! Jetzt werden sie es nicht tun! Wegen dir!“ „Seit wann seid ihr den wach?!“ Takanori schien aufgebracht zu sein. Akira richtete sich auf. „Wie gesagt, Taka-chan, du bist laut wie ein Elefant, wenn du aufwachst.“ Leise machte ich das Fenster zu und beugte mich über Uke. „Er schläft wirklich. Uke ist kein Morgenmensch." 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