Gazetto Inn von Nizi-chan (Ein Tag wie jeder andere. Oder ...?) ================================================================================ Kapitel 8: Familie Takashima ---------------------------- „Ich verstehe meinen Vater einfach nicht. Wenn er mir wenigstens einen guten Grund nennen würde, dann...“ Uruha seufzte. „Meine Mutter kann es mir vielleicht erklären.“ Ich beugte mich zu ihm vor und nahm seine Hand. Wir saßen im Auto. Uruha wollte mich nach Hause fahren, weil am nächsten Tag – Montag - für mich die Schule angesagt war. Wir machten einen Zwischenstopp bei seinen Eltern, saßen jetzt im Auto in der Einfahrt des Hauses. Niemand war draußen, und wären da keine Kindergeschreie, welche aus den Häusern in der Umgebung dröhnten, hätte ich gedacht, dass die Straße eine Straße der Geister wäre. „Das wird schon wieder!“ Ich drückte seine Hand und schenkte ihm Optimismus. „Du hast Recht! Ich hoffe, es macht dir nichts aus, dass du warten musst...“ Ich nickte und sah ihm zu, wie er aus dem Auto stieg, mit großen Schritten die Verandatreppen hoch ging und vor der Tür stand. Kurze Zeit später verschwand er, eine kleine Frau umarmend, im Haus. Ich saß und hörte Musik. Meine Gedanken klopften an meinem Hirn wie an einer Tür. Ich drückte einen Knopf, die Musik ging aus. Jetzt saß ich und hörte meine Gedanken. Dass Uruha so etwas passiert, ist nicht unbedingt positiv. Was, wenn sein Vater... Was kann ich tun? Was ist, wenn... Ich schüttelte die Gedanken weg. Nein. So etwas durfte ich nicht denken. Ein Auto hielt mit einem Ruck ein paar Meter neben Uruhas an. Durch den Außenspiegel von Uruhas silbernen Opel sah ich einen älteren Mann mit einem drei-Tage-Bart aus dem Auto aussteigen. Seine Haare waren nicht komplett schwarz, hier und da waren weiße Strähnen. Seine Wangenknochen waren hoch, seine Nase flach. Sein Mund erinnerte mich an eine Ente. Uruhas Vater!, schoss es mir durch den Kopf. Der Mann ging gedankenverloren an mir vorbei. Ich riss die Tür auf. „Entschuldigen Sie. Sind Sie Takashima-san?“ Natürlich war er das! Jetzt wusste ich von wem Uruha die Lippen hat. Er blieb stehen und drehte sich um. „Ja, das bin ich. Wer bist du?“ Ich machte eine begrüßende Bewegung. „Kar, Yasumi. Freut mich Sie kennenzulernen.“ Ich sprach etwas lauter und hoffte nur, dass Uruha mich hörte. „Wie kann ich dir behilflich sein, Kar-san?“ Der ist ja ganz nett! Ich habe wirklich erwartet, dass er mich anschreien würde. Warum hat dann Uruha so überreagiert? „Takashima-san, es geht um ihren Sohn. Er...“ „Kouyou ist hier?“ Er ging mit großen Schritten zur Haustür, der noch offen stand. Ich folgte ihm bis ins Wohnzimmer. „Kouyou.“ Uruha schaute erschrocken zu seinem Vater, die Mutter, klein und zerbrechlich, unterbrach sich selbst. „Schatz, was machst du denn so früh hier?!“ Es klang eher wie eine Feststellung als eine Frage. „Hast du dich entschieden?“ Uruha sah zu Boden. „Ja, Vater... Die Antwort wird dir aber nicht gefallen...“ Takashima-san deutete mit dem Finger zur Tür. „Geh bitte!“ „Vater, hör mir doch mal zu...“ „Geh, habe ich gesagt!“ Diesmal klang Uruhas Vater strenger. „Komm erst wieder, wenn du eine anständige Arbeit hast!“ „Ich will die Band aber nicht verlassen!“ „Dann komm nie wieder hier her!“ Etwas in mir rührte sich. „Warum sagen sie so etwas?“, hörte ich mich leise sagen. „Wie kann ein Vater, der seinen Sohn dermaßen liebt, so etwas leicht über die Lippen bringen?“, sagte ich, diesmal lauter und strenger. Er schien verwirrt zu sein, mich zu sehen und so zu hören, sein Sohn ebenfalls. „Misch dich nicht ein, Fräulein.“ Ich ging zwischen Vater und Sohn. „Jeder Beobachter würde sich einmischen. Man erkennt auf dem Blick, dass das GEH, was sie soeben sagten, nicht vom Herzen kam. Wessen Meinung sagen sie da? Warum wollen sie ihren Sohn aus der erfolgreichen Band nehmen? Was ist der Grund?“ „Ich habe keinen Sohn, der wie eine Frau Strapsen trägt.“ Seine Blicke befanden sich irgendwo auf dem Boden. Ich interpretierte diese Mimik als Lüge. „Sie lügen. Da ist etwas anderes, nicht wahr?“ Überrascht sah er mich an. „Die Nachbarn!“, platzte er heraus. Na geht doch! „Kouyou, ich will nicht, dass die Nachbarn schlecht über dich reden! Das beschmutzt den Ruf unserer Familie!“ Ich stemmte die Hände an die Hüften. „Warum hören Sie auf das, was Ihnen die Nachbarn sagen? Das, was Sie denken, ist wichtiger! Seien Sie stolz. Wenn Sie stur alles bejahen, was der blöde Nachbar sagt, wird er sich irgendwann über Euch stellen. Zeigen Sie Stärke. Zeigen Sie, dass Sie stolz auf Eurem Sohn sind, denn dann werden Sie sehen, wie der Gegenüber versuchen wird, sich klein zu machen. Stehen Sie hinter Eurem Sohn. Das ist das mindeste, was Sie für ihn machen können.“ Ich trat weg und sah, wie sich die Blicke der beiden Männer trafen. Uruha sah seinem Vater wirklich ähnlich, selbst die Augen - die jetzt glänzten. Uruhas Vater nahm seinen Sohn in die Arme und entschuldigte sich. Ich verließ das Haus, ging zum Auto und lehnte mich daran. Wenn das so schnell ging, warum hat mir denn keiner damals geholfen? Schuldgefühle stiegen in mir hoch. „Hi.“ Ich zuckte zusammen und sah eine Frau mit einem Kind auf den Arm. „Ehm... Hallo.“ Ich lächelte sie an. „Ich bin Kouyous ältere Schwester. Danke, dass du unseren Familienkonflikt beendet hast.“ Sie sah mich einen Moment prüfend an, dann würde ihr Gesicht sanft. Whuaa! Seine Schwester und sein Neffe! „Ich bin Yasumi. Ehm...“ Ich lachte auf, als das Kind an den Haaren seiner Mutter zog. „Ich bin Kitsune und das ist mein Sohn Sota. Sag Hallo, Sota.“ Das Kind murmelte, immernoch an den Haaren der Mutter ziehend,: „Hallo“. Er war um die drei Jahre alt. Kitsune erzählte mir, wie ihre Familie sich untereinander stützte wie sie zusammenhielt. Ich hörte ihr aufmerksam zu. Irgendwann ging das Gespräch über Kouyou, Uruha. Sie erzählte mir, dass sie die zweite Tochter des Hauses war. Als sie und ihre ältere Schwester noch Kinder waren, hätten sie ihren jüngeren Bruder oft frisiert und geschminkt. Ich lachte auf und stellte mir ein kleines Uruha mit geschminktem Gesicht vor. Ich wusste nicht, wie lange wir draußen auf der Verandatreppe saßen und redeten, ich wusste nur, dass, als ich in ein Auto hineinblickte, das die Straße hoch fuhr, ich lachen musste. Ruki saß hinter dem Steuer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)