Was wäre wenn... von Zion2nd ================================================================================ Kapitel 15: Kapitel 15 ---------------------- Kapitel 15 Wir begegneten weder in dieser noch in den darauf folgenden Nächten weiteren Fröschen oder anderen ‚ekligen’ Tieren, die Steve so sehr verabscheute. Trotzdem bestand Steve vehement darauf, dass wir unser Lager in Zukunft nicht mehr in der Nähe der heißen Quellen aufschlugen. Ich hingegen wusste nicht so recht, ob ich das gut fand oder nicht. Erst am nächsten Morgen war mir klar geworden, dass die Begegnung mit dem Frosch, oder war es doch eine Kröte gewesen?, vielleicht der nächste Hinweis auf meine Aufgabe gewesen war. Natürlich, ich war müde gewesen, und nach dem Schreck auch vollgepumpt mit Adrenalin, aber trotzdem hätte ich die seltsame Parallele doch bemerken müssen. Jetzt jedenfalls musste ich entscheiden, was ich tun sollte. Steve wäre sicher nicht begeistert, wann ich ihm eröffnen würde, dass wir ab jetzt eine Kröte jagen würden, und dazu noch die größte und ‚ekligste’ Kröte überhaupt. Aber einfach nichts tun konnte ich auch nicht. Dazu kam das Problem, dass ich absolut nicht wusste, wo ich mit der Suche anfangen sollte. Hätte ich die Kröte in dieser Nacht verfolgt (Klingt das nicht bescheuert? Eine Kröte verfolgen...), hätte sich das vermutlich erledigt, aber das war ja keine Option mehr. Mein bester Hinweis war also, in der Nähe der Quellen zu bleiben und nach weiteren Fröschen, Kröten und dem ganzen Getier Ausschau zu halten. Wohin ich die Kröte bringen musste, wusste ich immerhin schon. Oder zumindest wusste ich, wie es dort in Zukunft aussehen würde – ein Sumpf mit einer Insel in der Mitte. So viele Möglichkeiten blieben also nicht übrig. Wenn es in Zukunft ein Sumpf war, dann musste es heute entweder schon ein Sumpf sein, was ich nicht glaubte, dafür war es zu trocken, oder erst noch einer werden. Und wenn es noch einer werden sollte, dann war es jetzt ein See. Wenn meine Erinnerung gut genug war, dann konnte ich allein durch die Maße, die der Sumpf haben würde, in etwa bestimmten, wie groß der See war. Und solche See gab es nicht viele. Vor allem nicht mit einer Insel in der Mitte. Ich war richtiggehend stolz auf mich selbst, auf diese Lösung gekommen zu sein. Und das beste war, dass, wenn ich den See erst einmal gefunden hatte, ich einfach nur den Weg noch einmal gehen musste, den ich damals gegangen war, um automatisch alle anderen Punkte zu finden. Auch den Berg der Vampire. *** „Darren, wie lange bleiben wir denn noch hier? Ich glaube nicht, dass wir hier noch einen geeigneten Platz finden.“, fragte Steve fast schon ein wenig wie ein trotziges Kind. Und ich konnte ihn verstehen. So angenehm die Quellen auch waren, hier gab es schlicht nichts, was einen zum Bleiben bewegen konnte. Und obwohl dem so war hatten wir jetzt fast schon drei Wochen hier verbracht. Mir kam es so vor, als hätte ich jeden verdammten Stein in dieser Gegend umgedreht, nur um diese Kröte zu finden. „Glaube ich auch nicht.“, seufzte ich nur resigniert. Nein, ich war mir sicher, dass wir hier weder irgendwelche Kröten noch einen geeigneten Unterschlupf finden würden. Zumindest nicht, wenn nicht irgend etwas Unvorhergesehenes geschehen würde. Es war Zeit, weiter zu ziehen. *** Nach meiner Zeitrechnung müsste es langsam aber sicher Winter werden. Seltsam ist nur, dass es schon seit Wochen nicht mehr kälter geworden ist. Manchmal hat es zwar Frost, aber mehr auch nicht. Kein Schnee, kein Eis, kein schneidender Wind. Es ist, als wäre die Zeit bei Mitte Herbst stehen geblieben. Im Gegenteil, ich habe das Gefühl, als würde es schon wieder wärmer werden. Gibt es hier denn keinen Winter? Klar, ich hab gewusst, dass sich die Erde in der Zukunft ordentlich verändert haben würde, aber so sehr? Nicht nur die Tiere und die Pflanzen, sondern alles? Natürlich würde es einiges erklären. Zum Beispiel, wie Harkat und ich vom Berg der Vampire zum See der Seelen reisen konnten (auch wenn wir es damals nicht wussten), ohne über den Kanal schwimmen zu müssen, der England vom Rest des Kontinents trennt. Oder warum die Wälder ein tropischer Dschungel sind. Oder warum es immer so heiß war. Die Drachen erklärt es allerdings nicht. Drachen sind wir schon seit einer Weile nicht mehr begegnet. Über den Wäldern und in den Bergen scheinen sie sich selten aufzuhalten, aber schon in den großen Ebenen. Vermutlich können sie dort besser jagen, aber wer weiß, was in den Köpfen dieser Wesen vorgeht. Es gruselt mich immer noch, wenn ich mich an seine Augen erinnere, intelligent und böse. Momentan sind Steve und ich wieder auf dem Weg in die Täler, runter von den Bergen. Ich habe die Hoffnung, dass es bei den Seen in den Ebenen ein paar Hinweise gibt. *** So vorsichtig ich konnte hob ich den Stock, an dessen Ende ich eines von den Netzen aus den verlassenen Dörfern gebunden hatte, von hinten über den Stein, auf dem die Kröte saß. Das Netz war groß und ich musste aufpassen, dass die Kröte nicht seinen Schatten sah, bevor ich überhaupt in ihre Nähe gekommen war. Die Erfahrung hatte ich bereits hinter mir. Es war ein warmer Tag und der Schweiß lief mir wörtlich aus allen Poren. Ich saß in der prallen Sonne am Rande eines Teichs. In einer Haltung, die im positivsten Falle als ziemlich anstrengend zu bezeichnen war. Ich hätte eher nervenzerfetzend anstrengend gesagt. Und das sagt ein Halb-Vampir. Der Schweiß brannte in den zwei Striemen, wo diese verdammte Kröte mich mit ihrer Zunge erwischt hatte, als sie mich zum ersten Mal bemerkt hatte. Aber ich wollte diese Kröte haben! Sie war größer als normal, hässlicher als normal und definitiv gemeiner als normal! Es konnte nur diese eine Kröte sein! Zumindest wenn sie in ein paar Jahren auf die Größe eines Hauses gewachsen war. Warum also war es so verdammt schwer, sie zu fangen?! Ein Muskel in meinem Handgelenk zuckte, als er sich verkrampfte. Die Bewegung übertrug sich auf den Stock, welcher natürlich, wie könnte es anders sein, in das Sichtfeld des blöden Viechs geriet. Mit einem lauten Platschen machte es einen Satz in das Wasser des Teichs, in dem es hauste. Mit einem ebenso lauten Platschen fiel ich hinterher, als mich ein Tritt in den Hintern traf. Prustend und ein paar Wasserpflanzen wieder hochwürgend tauschte ich wieder auf. „Steve!!!!“, kreischte ich, inzwischen so mit der Geduld am Ende, dass ich zum Abreagieren unbedingt etwas zum Kaputtmachen brauchte. „Du sahst aus, als würdest du eine Abkühlung brauchen. Oder wäre dir eine Abreibung lieber?“ Steve saß grinsend an genau der Stelle am Ufer, auf der ich Sekunden zuvor gekauert hatte. Ich knurrte und mit einem großen Sprung war ich aus dem Wasser heraus und auf Steve drauf. Wenn auch nicht lange. Ehe ich wusste, wie mir geschah, hatte sich Steve schon mit meinem Schwung herum gerollt und einfach unsere Positionen vertauscht. „Heute bist du ja ganz wild.“, neckte mich Steve. Inzwischen hatte er meine Arme effektiv über meinem Kopf festgeklammert und so sehr ich gerade auch einen richtigen Kampf wollte, in diesem Moment war ich schlicht zu überhitzt und erledigt, um mich wirklich wehren zu können. Vor allem nicht, als Steve seinen Kopf senkte und mir sanft in den Hals biss. „Ich glaube, du brauchst wirklich eine Abreibung, was?“ Sein Flüstern allein reichte, um bei mir eine Gänsehaut zu verursachen. Vor allem in Verbindung mit seiner Hand, die langsam ihren Weg über meine Brust in tiefere Regionen strich und seinem wunderbar muskulösem Körper auf mir. Steves Lippen fanden meine und schafften es innerhalb von Sekunden meine ganze Aufregung über die vergeblichen Versuche verschwinden zu lassen. Natürlich nicht, ohne sie mit einer ganz anderen Art der Aufregung zu ersetzen... *** „Was willst du überhaupt mit dem ekligen Viech?“, fragte mich Steve einige Zeit später, immer noch ziemlich unbekleidet am Seeufer sitzend. Die Sonne hatte sich inzwischen hinter die Bäume auf der anderen Seite der Lichtung um den Teich herum gesenkt. „Klar, du hast gesagt, dass du es zu einem anderen See bringen willst - was nebenbei eine irgendwie hirnrissige Idee ist – aber das würde doch so oder so nichts bringen. Kröten und Frösche kommen zum Laichen immer zu ihren, äh, Geburtsgewässern zurück.“ Ich war damit beschäftigt im umliegenden und mannshohen Schilf meine Kleider zusammenzusuchen. Steves Worte brachten sorgten allerdings dafür, dass meine Kleider erst einmal dort bleiben konnte, wo sie waren. „Was?“, fragte ich vollkommen entgeistert. Steve stand auf und begann sich ebenfalls anzuziehen. Seine Kleider waren mysteriöserweise nicht so sehr verstreut worden, wie meine es waren. „Sag bloß, das hast du nicht gewusst? Sowas lernt man doch schon ganz früh oder nicht?“ Dafür, dass Steve alles vergessen hatte, was sein früheres Leben ausmachte, wusste er manchmal erstaunliche Dinge. Andererseits war er auch viel länger in der Schule als ich, auch wenn ihm das nicht klar war. „Nein, das hab ich nicht gewusst...“, nuschelte ich. Warum sollte man so etwas auch wissen wollen? Außer natürlich, man versuchte Kröten zu entführen, dann brachte einem dieses Wissen tatsächlich etwas. „Hättest du das nicht ein bisschen früher sagen können. Ungefähr dann, als ich damit angefangen hab, die blöde Kröte zu fangen?“, fragte ich Steve ein kleines bisschen verärgert. „Aber Darren, dann wäre mir doch diese lustige Vorstellung entgangen. Vor allem mit dieser Zugabe.“, meinte Steve nur mit einem Grinsen auf den Lippen, das sein Gesicht hätte spalten können. Ich seufzte. Wenn man bedachte, wie schüchtern Steve bei unseren ersten Begegnungen gewesen war, und sein jetziges Verhalten damit verglich... Manchmal tat ich mir selber Leid. Andererseits waren seine schärferen Kommentare besser als das unsichere Schweigen, mit dem Steve mich am Anfang begleitet hatte. Ein lautes Gähnen ließ mich zu Steve herüberschauen. „Wir sollten uns langsam hinlegen. Der Tag war wirklich anstrengend.“ „Gute Idee. Ich schlaf gleich schon im Stehen ein.“ Steve ging auf die Bäume zu, neben denen wir unser heutiges Lager aufgeschlagen hatten. Ich hatte inzwischen alle meine Kleider gefunden. Wie Steve es geschafft hatte, sie so weit zu verteilen, war mir schleierhaft. Und vor allem, wann er es getan hatte. Ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern. Meine Gedanken schweiften ab, wieder zurück zu meinen missglückten Versuchen, an die Kröte heranzukommen. Ich war froh, dass ich das zumindest nicht mehr tun musste. Wenn die Kröte ohnehin wieder hierher, an ihren Geburtsort, zurückkehren würde, dann brauchte ich sie erst gar nicht zu fangen. Allerdings blieb dann die Frage, wie ich dann eine riesige Mutantenkröte zum See meiner Wahl kriegen sollte... Eine Weile saß ich einfach nur da, und versuchte irgendeine Idee zu bekommen, was ich jetzt tun sollte. Wenn Kröten immer wieder zum Laichen zurückkehrten... dann brachte es nichts, die Kröte zu bewegen. Ich bezweifelte, dass sich Kröten von Zäunen oder Käfigen auf Dauer festhalten ließen. Und ich hatte weder das eine noch das andere in der Zukunft gesehen. Im Gegenteil, der Kröte schien es auf ihrer Insel gut zu gefallen. Sie hatte ein Nest oder wie man das nannte und unser Auftrag war es gewesen, die Glitschkugeln einzusammeln, die sie gelegt hatte... Ich stutzte. Sie hatte Eier gelegt, oder in anderen Worten, gelaicht. Und wenn sie dafür immer wieder zurückkehrte, dann war sie dort geboren... Wenn ich also einfach die Eier dort hin brachte... Oh man, es war so einfach, dass es fast schon peinlich war, dass ich die Idee nicht früher gehabt hatte. Kopfschüttelnd stand ich auf und ging zu Steve hinüber. Um die Ausführung des neuen Plans konnte ich mich morgen kümmern. Jetzt war es wirklich Zeit, schlafen zu gehen. *** Vorsichtig schraubte ich das Glas auf, in dem ich die Kröteneier transportiert hatte, und ließ die Gallertkugeln ins Wasser flutschen. Steve stand mit leicht angeekeltem Gesichtsausdruck schräg hinter mir und sah zu. An den Laich der Kröte heranzukommen war weitaus weniger schwierig gewesen, als die Kröte selbst zu fangen. Dementsprechend schnell waren Steve und ich zu dem See aufgebrochen, den ich als den richtigen vermutete. Und genau hier waren wir jetzt. Es war ein schöner See und gleich doppelt so schön im Vergleich zu dem Sumpf, der er mal werden würde. Das Wasser war klar und am Ufer stand Schilf. Die Insel in der Mitte des See war mit Bäumen bewachsen, deren Äste teilweise weit in den See hineinragten. Auch um den See herum standen Bäume, die angenehmen Schatten spendeten. So ganz anders als in meiner Erinnerung. Mir schauderte bei dem Gedanken, dass es hier in Zukunft auch Krokodile geben würde. Die würde ich hier sicher nicht herbringen. Das letzte Ei glitt ins Wasser und trieb mit allen anderen an der Oberfläche. In Ihnen konnte man schon leicht die Formen erkennen, die sie einmal annehmen würden. In ein paar Wochen würden die Kaulquappen schlüpfen (Steve hatte gesagt, dass man sie so nannte) und dann war der Stamm der Mutantenkröten geboren. Ich war mir sicher, dass sich die riesigen Viecher gegenseitig ausrotten würden, wenn sie einmal zu groß waren, um sich den See zu teilen. Fies genug waren sie ja. „So, erledigt.“, meinte ich und betrachtete zufrieden mein Werk. Steve schüttelte sich. „Endlich. Ich kann die Teile langsam nicht mehr sehen. Aufzuwachen und als erstes auf einen Haufen sich bewegender Glitschkugeln zu starren ist sicher nicht meine Lieblingsaufwachmethode.“ „Ich kann auch nichts dafür, dass du es geschafft hast, dich im Schlaf mit dem Kopf zu den Füßen zu drehen.“ „Und was, wenn sie in der Nacht geschlüpft wären? Dann wären überall kleine, glitschige...“ Steve schüttelte sich erneut. Ich sah ihn an und fragte mich zum wiederholten Mal, wie Steve es in all den Jahren geschafft hatte, unserer Jagd auf dem Fürst der Vampyre zu entkommen. „Jetzt sind sie weg und du hast deine Ruhe.“, erwiderte ich schlicht. *** War der Panther auch noch kein Hinweis auf Steves und meine weitere Reiseroute gewesen (schließlich konnte er immer sein Revier ändern), so war der See doch ein deutlicher Wegweiser. Alle weiteren Stationen meiner Reise mit Harkat und Spit waren Orte gewesen, denen es deutlich schwer fallen würde, mal eben den Standort zu wechseln. In der Zukunft war der Tempel des Grotesken als nächstes an der Reihe. Das versprach auf jeden Fall interessant zu werden. Ich hatte mich damals schon gefragt, wie das Grotesk wohl entstanden war. Und vom Tempel führte der unterirdische Tunnel – ich hoffte sehr, dass wir den nicht selbst graben mussten – zu der Wohnung im Berg. Und von dort war es nicht mehr sehr weit bis zum See der Seelen. Schon seltsam. Unsere Flucht weg vom See führte uns am Ende genau dorthin zurück... Ich schloss mein Tagebuch und verstaute es wieder in meinem Bündel. Jetzt, da unser Kurs bestimmt war, wurde ich richtiggehend aufgeregt. Die ganze Zeit war ich ohne Aufgabe gewesen, ohne Ziel und das war etwas, das mich in den Wahnsinn treiben konnte. Natürlich hatte Steve mich oft davon abgelenkt, schon allein durch seine Anwesenheit, aber wenn ich Nachts wach lag, oder einfach meinen Gedanken nachhing, dann hatte ich immer ein nagendes Gefühl verspürt, dass ich etwas tun sollte, ohne genau zu wissen, was es war. Und jetzt... Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Jetzt hatte ich eine Aufgabe. „Komm Steve, lass uns gehen.“, rief ich fröhlich über meine Schulter und machte den ersten Schritt vorwärts. „Ja, ich komm gleich.“, antwortete Steve. Und so oft ich es mir später auch gewünscht habe, den bohrenden Blick in meinem Rücken bemerkte ich nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)