Was wäre wenn... von Zion2nd ================================================================================ Kapitel 12: Kapitel 12 ---------------------- Kapitel 12 Natürlich konnte es kein Traum sein. Dazu war es viel zu detailreich und realistisch gewesen. Aber Steve glaubte mir und das war zuerst einmal alles, was wichtig war. Er hatte in den letzten paar Wochen wahrlich genug... ‚Dramen’ gehabt und ich war der Meinung, dass es langsam mal genug sein könnte. Ein für mich seltsamer Gedanke, schließlich hatte ich ihm früher jahrelang eben so ein Leben gewünscht. Aber irgendwie hatte sich das allmählich geändert. Während ich mir also prinzipiell fast jeden Tag Gedanken über Steves Traum von seiner Vergangenheit machte, taute dieser immer mehr und mehr auf. Dauernd war er auf Achse und so aufgekratzt, dass es mich manchmal fast schon nervte. Andererseits wieder freute ich mich darüber. Es war wirklich lange her, dass ich ihn das letzte Mal so gesehen hatte. Wir wanderten weiter, nicht unbedingt in eine bestimmte Richtung, mehr auf der Suche nach einem geeigneten Platz, wo wir den langsam fühlbaren Winter verbringen und gleichzeitig unsere Zehen und Finger behalten konnten. Ich hatte wenig Ahnung, was die Geographie von Deutschland betraf, dafür hatte ich mich definitiv zu wenig dort aufgehalten, aber ein bisschen wusste ich noch. Dieses Bisschen reichte für uns alles zu meiden, was einem Gebirge auch nur nahe kam. In den Tälern glich der Waldbestand je weiter wir aus dem Nord-Osten in den Süd-Westen kamen immer mehr einem Urwald. Das störte uns nicht wirklich, war es doch merklich wärmer ohne den Wind, der uns zu verfolgen schien. Die Bäume sahen auch anders aus. Es gab wesentlich weniger Nadelbäume und dafür viel mehr großblättrige Gewächse. Fast wie in einem Urwald eben. Und die Blätter erwiesen sich als einiges regendichter als die Nadeln der Nadelbäume... *** Steve ‚träumte’ immer wieder seine alten Erinnerungen. Er glaubte, es seihen seine Ängste, die er immer noch vor dem ‚Vampir’ in ihm hatte. Aber ich war schlicht und einfach froh, dass ich noch nicht in ihnen vorgekommen war. Spätestens dann würde Steve sicher darauf kommen, dass es Erinnerungen waren, die ihn in den Nächten so quälten, dass er oft zitternd und oft auch weinend aufwachte. Das waren die Nächte, in denen er zu mir kam und sich so dicht er konnte an mich schmiegte, den Kopf auf meinen Arm gelegt und meistens noch eine Weile schniefend. Es war schön warm, ihn so nahe bei mir zu haben, und seltsamerweise machte es mir gar nichts aus. Meistens erzählte er mir am nächsten Tag, was er geträumt hatte. Es war interessant zu hören, was die Vampyre die ganzen Jahre über getrieben hatten, was ihre Gewohnheiten waren, wie sie sich untereinander verhielten, ... Sie waren nicht so, wie die Prinzen sie dargestellt hatten, eher zivilisierter (wenn man das Töten von Menschen einmal außer acht ließ) und genauso umgänglich, wie wir Vampire es in unseren Hallen gewesen waren. Trotz dieser ab und zu sogar positiven‚ Träume’ machte es es nicht besser, dass ich langsam merkte, dass ich bald Blut brauchen würde. Ich war mir sicher, dass Steve jetzt um nichts in der Welt noch einmal einen anderen Menschen anrühren wollen würde. Ich selbst hatte seeehr lange gebraucht, um mich dazu durchzuringen und ich hatte weder davor versehentlich einen Menschen umgebracht noch musste ich es tun, um meinen Durst überhaupt stillen zu können. Es stellte sich außerdem die Frage, wo wir einen oder zwei Menschen herbekommen sollten. Schon seit mindestens drei Wochen waren wir nicht mehr an einem Dorf oder einer Siedlung vorbeigekommen. Eigentlich seltsam, schließlich war hier das Klima noch besser als im Norden, und die Bäume trugen auch jetzt noch Früchte, die sich gut als Nahrung eigneten. Jedenfalls war ich mir sicher, dass wir unseren Durst nicht so schnell würden löschen können. Und ich hatte recht. Inzwischen waren wir, wenn ich richtig schätzte, irgendwo an der Deutschen Grenze an Frankreich. Es ließ sich wörtlich keine Menschenseele blicken. Nur ein paar wenige Dörfer hatten wir gesehen, jedoch waren sie alle verlassen. Auch der Wald war stiller, als ich es sowohl von früher als auch von meinem jetzigen Leben gewohnt war. Ich beobachtete auch weniger Tiere mit Ausnahme von kleinen Nagetieren, Reptilien und Vögeln. An sich war das nicht schlimm, zumindest nicht für uns. Aber es war wirklich seltsam, schließlich fehlte hier ein relativ breites Spektrum der Nahrungskette. Nach den Kleintieren kam direkt... nichts. Kein Rotwild, keine Füchse, keine Wölfe, keine anderen Jäger, kein gar nichts oder zumindest sehr wenig. Einfach merkwürdig. Warum das so wahr, merkten wir eher durch Zufall. Es war einer der Tage, an denen wir auf eins der Dörfer trafen, die so verlassen auf einer kleinen Lichtung im Wald standen. Es war ein wirklich kleines Dorf. Ich hatte seit ein paar Tagen das Gefühl, als ob uns etwas folgen würde. Ich konnte beim besten Willen nicht benennen, was es war, nur, dass es definitiv kein Mensch sein konnte. Also beschlossen wir, uns einfach eine Hütte auszusuchen, bei der das Dach noch vollständig war, und darin zu übernachten. Wie legten beide unser Gepäck darin ab und machten uns dann daran, die übrigen Hütten eine nach der anderen zu durchsuchen, die kreisförmig um den zugegeben ziemlich kleinen Dorfplatz gruppiert waren. Manchmal fanden sich noch brauchbare Dinge darin. Wir gingen getrennt. Es war ja nicht so, als ob wir beide hilflos ohne den anderen wären. Steve hatte in den letzten Wochen einiges seiner früheren Geschicklichkeit wieder zurückgewonnen. Ich war zwar immer noch ein wenig besser als er, aber wann immer wir kämpften kam es doch immer häufiger vor, dass er gewann. Ich hatte schon ein paar Hütten hinter mir, als ich Steve laut rufen hörte. Das an sich war kein Zeichen der Aufregung, es war eher, wie er es tat: Ein wenig erschrocken und ungläubig. Auf jeden Fall nichts weswegen ich Panik bekommen würde. „Darren!“, schallte es ein zweites Mal schon ein wenig ungeduldiger. „Ich komm ja schon!“, schrie ich zurück und verließ die Hütte. Der Dorfplatz war schnell überquert. Ich betrat die Hütte, in der Steve sich gerade befand. Er stand mitten im Raum, ein großes, gesplittertes Stück Holz in der Hand, dass er fasziniert anstarrte. Es war allem Anschein nach die zweite Hälfte des halbierten, massiven und sicher auch schweren Tisches, der unbeachtet hinter Steve auf dem Fußboden lag. „Guck mal, Darren!”, hielt er mir die Platte hin. Ich nahm sie ihm ab. In dem Moment, als Steve sie losließ wurde mir das Gewicht der Platte erst wirklich bewusst. Ein normaler Mensch hätte die Platte niemals einfach so heben können, geschweige denn den ganzen Tisch. Und trotzdem lag er hier, in der Mitte durchgebrochen. Das war das erst, was mir auffiel. Das Zweite waren die großen Bissspuren und die langen Kratzer, die tief in das massive Holz eingegraben waren. Und mit groß meine ich groß. Die Spuren des Gebisses hatten etwa die Ausmaße meines Kopfes. Der Rest des Schädels dürfte also noch ein bisschen größer sein, genauso wie der Körper, der an dem Kopf dranhing. Das einzige was mit einfiel und diese Größe und vor allem Stärke hatte, war ein Bär. Aber es gab hier keine Bären und außerdem stimmten die Spuren sowieso nicht mit denen eines Bären überein. Die Eckzähne und die Backenzähne waren zu ausgeprägt dafür, da hätte ich eher auf ein katzenartiges Raubtier getippt. Ihr wundert euch jetzt sicher, woher ich das weiß, aber glaubt mir, wenn ihr einem Bären mal so nah wart, dass ihr sein Gebiss derartig gut beobachten konntet, dann würdet ihr das auch nicht wieder vergessen. Aber was es sonst sein könnte... da war ich ratlos. „Darren...! Und, was hältst du davon? Jetzt sag schon!“ Steve war schon ganz ungeduldig ob meines langen Schweigens. „Das, was das hier gemacht hat, war sicher ganz schön groß.“, war das beste, was mir in diesem Moment einfiel. Nicht besonders geistreich. „Das ist mir auch klar, Darren.“, rollte Steve mit den Augen. „Aber WAS ist es? Könnte es sein, dass es deswegen so wenig Tiere hier im Wald gibt und dass die Dörfer so verlassen sind?“ Denselben Schluss hatte ich gerade auch gezogen. Und das war der Moment, in dem bei mir alle Jagdinstinkte ansprangen. Gab es etwas besseres, als die Herausforderung, ein wirklich gefährliches Raubtier zu jagen? „Steve, lass uns auf die Jagd gehen, was meinst du?“, sagte ich nur, mit einem breiten Grinsen im Gesicht. *** Wir machten das Dorf zu unserer Basis. Obwohl, ‚Basis’ ist eigentlich zuviel gesagt. Wir hielten uns nur zum Schlafen und ab uns zu für die Mahlzeiten dort auf, sonst durchkämmten wir den Wald, um irgendeine Spur des riesenhaften Biests zu finden. Das gestaltete sich ein wenig schwierig. Auf dem Boden fanden sich selten Spuren, außer in großen Abständen an dem kleinen Fluss, den wir schon am ersten Tag entdeckt hatten. Dafür erspähten wir hoch oben in den Bäumen immer wieder abgerissene Äste, abgerissene Fellhaare, die im Übrigen schwarz waren, oder Kratzspuren in der Rinde. Aber diese Spuren gab es überall, wahllos verteilt im ganzen Gebiet. Natürlich musste es einen Ort geben, an dem das Tier schlief, aber noch hatten wir dahingehend keine Spuren gefunden. Überhaupt hatten wir das Vieh noch kein einziges Mal zu Gesicht bekommen. Oder es gehört. Es schien schlicht unsichtbar zu sein. Und nach anderthalb Wochen fruchtloser Suche waren wir schon fast geneigt, die Jagd abzublasen. Das waren wir so lange, bis wir am Abend zum Fluss gingen, um uns endlich mal wieder den ganzen Dreck der Suche abzuwaschen. Das Wasser war kalt, aber für den Luxus der Sauberkeit konnte man das schon ein paar Minuten in Kauf nehmen. Zumindest war das der Plan. Was dass wirklich passierte, was etwas anderes. Es war schon längst Nacht, als wir an dem Wasserlauf ankamen, der sich still durch den Wald wand. Wir waren beide müde und wechselten wenige Worte auf dem Weg hierher. Im nachhinein muss ich sagen, dass das wohl ein glücklicher Umstand war, denn sonst hätte das Tier uns wohl gehört. Aber so stand es seelenruhig am Ufer und beugte seinen großen Schädel wieder und wieder ins Wasser um zu trinken. In der Dunkelheit war es wirklich fast nicht zu sehen, wenn es nicht im hellen Mond einen blassen Schatten geworfen und das Kräuseln des Wassers es nicht verraten hätten, denn es war so schwarz wie die Nacht selbst. Sobald wir es sahen, hielten wir in unseren Bewegungen inne, um es auf keinen Fall aufzuschrecken, auch wenn ich nicht glauben konnte, dass es uns nicht bemerkt hatte. Dafür war es uns in der letzten Woche einfach zu gut aus dem Weg gegangen. Es war ein wirklich schönes Tier mit glänzendem Fell, elegant geschwungenem Schwanz und im Dunkeln leuchtenden Augen, mit denen es uns kurz anblitzte, bevor es mit einem gewaltigen Satz in einen der umliegenden Bäume sprang und ins Dickicht verschwand. Ein paar Sekunden blieben wir beide stumm und regungslos stehen, den Blick gebannt auf die Stelle gerichtet, in der das Tier so plötzlich verschwunden war. „Wow... Was war denn das?“, durchbrach Steves Flüstern zuerst die Stille. „Wenn ich das wüsste...“, erwiderte ich schwach. „Aber es hat mich irgendwie an eine Katze erinnert.“ „Stimmt, irgendwie...“ „... ... ...“ „Komm, wir sollten uns jetzt waschen.“ In diesem Moment war der Bann gebrochen, den das Tier so gekonnt über uns ausgeworfen hatte. Ohne weiter zu zögern entkleideten wir uns und stiegen in den Fluss, um endlich das zu erledigen, weshalb wir eigentlich hierher gekommen waren. Und in der Dunkelheit bemerkte ich Steves rote Wangen und sein Starren auf meinen Rücken und Hintern nicht, zu sehr war ich in Gedanken bei dem wilden und doch so eleganten Biest, das sich uns so provokant offenbart hatte. *** Am nächsten Tag waren wir wieder mit vollem Elan bei der Sache. Wie hätten wir das auch nicht sein können. Die Begegnung war schließlich fast wie ein Wink des Schicksals. Und das war sie wohl auch... Wirklich neue Anhaltspunkte hatten wir nicht, bis auf die Vermutung, dass das Tier ein Katzenwesen war. Aber allein schon das war schon ein Fortschritt. Katzen hatten einen festen ‚Wohnsitz’, einen Platz, an dem sie sich gerne Aufhielten. Außerdem hatten sie, obwohl sie sehr liberale Tiere waren, doch einen Hang zu Bequemlichkeit. Das grenzte die Suche ein wenig ein. Ein klein wenig. Außerdem hatten wir jetzt einen konkreten Ansatz. Die Spuren am Fluss. Wenn wir ein wenig Glück hatten und ein bisschen Geschick bewiesen, dann hatten wir jetzt eine reale Chance, das Tier zu fangen und zu überwältigen. So war es schließlich auch. Wir folgten der Spur durch die Bäume, was ganz schön anstrengend und nicht sehr spannend war, auch ohne die ganzen Sackgassen und Kreise, die das Viech für uns ausgelegt hatte. Es musste ein sehr intelligentes Tier sein und ein sehr guter Jäger noch dazu. Die Spur endete ziemlich abrupt auf einem niedrig hängenden Ast. Wir wollten schon umkehren, und den Punkt suchen, auf dem wir anscheinend wieder einmal auf einen falschen Weg gekommen waren, als unter uns ein tiefes, vibrierendes Knurren uns innehalten ließ. Ich sah Steve an, er sah mich an. Dann sahen wir beide am Stamm hinunter. Unten unter der Wurzel hervor leuchtete uns ein großes Augenpaar an. Augenblicke lang regte sich weder das Tier noch bewegten wir uns, bis wir uns langsam und vorsichtig weiter auf den Ast hinaus tasteten, um einen besseren Blick und Winkel zu haben. Auch das Tier pirschte sich Zentimeter um Zentimeter aus seiner Höhle hervor. Mein Hirn blendete alle Geräusche des Waldes aus, außer denen des schwarzen Biestes, welchem wir jetzt so gegenüber standen. Meine Konzentration galt allein dem Wesen, von dem ich bis jetzt nur die Augen und den schwarzen Schatten kannte. Und wie auf Kommando schossen wir alle drei los. Kraftvoll sprang der schwarze Schatten mit ausgefahrenen Krallen an den großen Pranken und gebleckten Zähnen unter dem Baum hervor, direkt auf uns zu. Steve sprang ebenfalls, um das Tier noch im Sprung zu erwischen, während ich auf dem Ast blieb und in Angriffsposition ging. Aber Steve war schneller und krallte sich in den Rücken des Wesens, das mit einem lauten Knurren den Kopf nach hinten warf, um seine Fangzähne in Steves Arme zu schlagen. Es wurde aus seiner Flugbahn geschleudert und flog Richtung Boden. Steve löste sich vom dem Tier und landete auf den Füßen. Was wir beide nicht erwartet hatten, was, dass das Tier ebenfalls auf seinen vier Pfoten landete, kurz inne hielt, knurrte und sofort wieder in die Offensive ging. Es sprang erneut, diesmal direkt auf Steve zu. Ich stand immer noch auf dem Ast, doch dieses Mal aus einem anderen Grund. Das Schicksal hatte wieder zugeschlagen. Ich suchte nach einer Erklärung für das, was ich hier sah, denn es war einfach nicht möglich. Eins jedoch war mir klar! „Steve, halt, STOPP!!! Du darfst es nicht umbringen! STEVE!“, brüllte ich so laut ich konnte. Wenn er das Tier umbrachte, dann würde das Konsequenzen haben, die keiner von uns vorhersehen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)