Ray Ban von Kai-Leng (FF zur Buchreihe S.T.A.L.K.E.R.) ================================================================================ Kapitel 14: Kapitel 14 ---------------------- Ort: die Zone Gebiet: Militärbasis Kontrolliert von: Freedom Fraktion Ein ganzes Stück von der Basis entfernt fing David an, sich unter Igels Griff heftig zu winden. „Lass mich los, Igel!“ fluchte er. Der Sniper grinste nur und liess ihn dann gnädigerweise los. „Deine Aktion, den Superhelden zu spielen, war vollkommen für die Katz’. Jetzt stehen wir wieder da, wo wir angefangen haben.“ sagte Igel ernst als er die Gegend nach Gefahren sondierte. Zumindest versuchte er es. Durch den Blowout wurde die Natur erhitzt und dampfte nun durch den kühlen Regen. Riesige Schwaden aus Dampf und Nebel durchtränkten das gesamte Gebiet. David allerdings war das herzlich egal, er brummte und vermied es seinen Begleiter anzuschauen. „Ist ja gut Igel. Hör auf, das noch breit zu treten.“ Der Schwarzhaarige hingegen schien ihn nicht zu hören und hakte noch weiter. „Weisst du, als ich aus dem Lager gerannt bin, hab ich Alexander gesehen, der von den Wächtern aufgehalten wurde. Er wollte sich wohl auch auf die Suche nach dir machen. Junge, da wirst du sicher ne nette Standpauke zu hören bekommen, wenn wir wieder dort sind.“ David blieb stehen und starrte Igel scharf an. „Alexander ist nicht mein Vater. Ich lasse mir von keinem vorschreiben, was ich zu tun habe. Ich habe euch nie darum gebeten, mich zu begleiten. Wenn dir oder Alexander etwas nicht passt, ist das nicht mein Problem. Ihr könnt jederzeit eurer eigenen Wege gehen.“ Igel trat ein paar Schritte zurück. Entweder wollte er seine Ohren durch Davids Gebrüll schützen oder er wollte sich einer eventuell anbahnenden Schlägerei entziehen. Der Scharfschütze fuhr mit der rechten Hand durch sein Haar, das durch den Regen den Igellook verloren hatte und nun tropfend herabhing. „Ist ja gut… Hab keine Lust mit dir zu streiten. Besonders nicht - .“ Weiter kam er nicht. Igel wurde brutal von etwas auf den Boden gerissen und nun, wie durch eine unsichtbare Hand, mit rasender Geschwindigkeit über den Boden fort geschleift. David erstarrte nur für einen Sekundenbruchteil, aber allein das reichte schon aus, dass auch er zu Boden ging. Sein Sturmgewehr flog dabei im hohen Bogen davon. Doch im Gegensatz zu Igel, dessen Gebrüll noch in der Nähe zu hören war, wurde er nicht fortgezerrt. Rothe griff nach seinem Kampfmesser und stach in die Luft, die merkwürdig vor ihm flimmerte. Das Messer traf auf einen Widerstand und bohrte sich in etwas. Kurz darauf hörte er ein grauenvolles Fauchen, dass durch ein kräftiges Gewitterdonnern untermalt wurde, und starrte unmittelbar darauf in zwei milchige Augen. An der Stelle, in der das Messer steckte, materialisierte sich langsam eine unansehnliche, mit Narben übersäte, lederartige braune Haut. Ein Bloodsucker. Eines der grauenvollsten Wesen, dass in der Zone umherstreifte. Dieser hier befand sich wohl zusammen mit seinem Artgenossen auf der Jagd. Unmittelbar nach einem Blowout befand sich das gesamte Sperrgebiet in einem Ausnahmezustand. Viele Lebewesen, Menschen als auch Mutationen, kamen aus ihren Verstecken heraus um nach Aas, bzw. Vermissten zu suchen. Im Prinzip war diese Situation für die gefährlicheren Fleischfresser nichts weiter als eine gigantische Anrichte. Sowohl Aas als auch Frischfleisch tummelte sich gerade zu auf dem Gelände. Heute war es für sie sogar noch einfacher and Beute heranzukommen. Der dichte Regen, der aufsteigende Dampf und das grollende Donnern des Gewitters sorgten für eine ideale Atmosphäre für Jäger. David wurde, ausgelöst von abscheulichem Mundgeruch, von schierer Übelkeit überwältigt, als das Wesen seinen eierförmigen Kopf zu ihm herabbeugte und ihn mit wahnsinnigen Augen anfunkelte. Die vier Tentakel, die die Lippen ersetzten, klatschen bedrohlich gegeneinander. Der Stalker schaute zur Seite und suchte nach seinem Gewehr. Dieses lag allerdings zu weit von ihm entfernt, als dass er es hätte benutzen können. Selbst wenn, hätte er nur geringe Chancen, den Bloodsucker zu töten. Das Wesen schien das zu wissen, es liess sich Zeit und töte ihn nicht sofort. Es schien fast so, als ob es sich daran ergötzen würde, dass seine Beute verzweifelt nach einem Ausweg suchte. Der Sauger riss David an seinen Armen nach oben, sodass dieser ein paar Zentimeter über der Erde baumelte. Das Messer, das er in Bauch des Monsters gerammt hatte, sorgte zwar dafür, dass eine ansehnliche Menge dunklen Blutes aus der Wunde floss, aber es war bei Weitem nicht genug um den Sauger ernsthaft zu verletzen. David konnte Igel inzwischen nicht mehr hören. Auch hörte er keine Schüsse fallen. Der Scharfschütze hatte nur seine SVDm2 im Gepäck. Dieses Gewehr war bei Nahkämpfen absolut untauglich. Rothe konnte nur hoffen, dass Igel sich was einfallen liess. Doch im Moment war die Sorge um seinen Freund zweitrangig, sein eigenes Leben ging vor. Es konnte hier noch nicht zu Ende sein. Schliesslich hatte er noch eine Mission zu erfüllen. Verzweifelte Tritte gegen den Rumpf des Blutsaugers brachten das Wesen nur noch mehr in Rage. David fühlte, wie sich die Tentakel langsam um seinen Hals schlangen, während die glasigen Augen ihn nur aus ein paar Zentimeter Entfernung fixierten. Das schwere Schnauben wich einem geradezu sanften Klicken, als das Wesen anfing ihm das Blut auszusaugen. Rothe spürte förmlich wie ihm seine Kraft verlies und ihm kalt wurde. ‚Nein! Nicht jetzt! Das darf nicht sein!’ Davids Gedanken überschlugen sich und er versuchte, gegen die aufsteigende Panik anzukämpfen. Doch was sollte er jetzt tun? ‚Lass los! Verdammt noch mal LASS LOS!’. Fast wie ein Mantra dachte der Deutsche nur noch an diese Wörter. Alle anderen Gedanken waren auf einmal verschwunden. Er fühlte auch keine Todesangst mehr. David fühlte einfach gar nichts. Er konnte auch seine Umwelt nicht mehr wahrnehmen. Es war fast so, als ob sich alles um ihn herum in Nichts auflösen würde. Es gab nur noch ihn und den Bloodsucker. War es denn nun soweit? Fühlte es sich so an, wenn man stirbt? Völlige Ruhe? Davids Wahrnehmung veränderte sich schlagartig. Dort, wo sich noch vor ein paar Sekunden der Kopf des Saugers befand, hatte sich ein merkwürdiges humanoides Geflecht aus Nervenleit- und Blutbahnen aufgebaut. Schlagartig erinnerte sich der Deutsche wieder. Damals, als ihn das Militär als 16 Jährigen unmittelbar nach dem Busunglück halb tot im Sperrgebiet fand und in ein Militärkrankenhaus brachte, hatte er so etwas schon einmal erlebt. Mit seinem behandelnden Arzt. Doktor Getman. So brachte er ihn dazu, geheime Dinge herauszuplaudern, über die Getman nicht mit ihm reden wollte. So bekam er raus, dass der leitende Arzt des Krankhauses David als Versuchskaninchen behalten wollte. Erweiterten sich seine telepathischen Fähigkeiten nur, wenn er einen gewissen Stresspegel erreichte? ‚LASS LOS! LASS LOS! LASS LOS! Schmerz! Ich will dass du Schmerzen spürst und mich loslässt!’ schrie David in Gedanken und seine Sinne fixierten das pulsierende Nervengeflecht vor seinen Augen. Sein Kopf fing an erneut zu schmerzen. Es fühlte sich an, als ob tausende Stacheln sich in sein Hirn bohrten. Doch galt seine ganze Konzentration dem Monster vor ihm. Dann geschah das Unfassbare. Der Bloodsucker liess ihn wie jemand, der sich die Finger verbrannt hatte, los. David fiel auf seine Knie und stützte sich auf seinen Händen hab. Dabei hielt er aber stets Blickkontakt zu dem Monster und schrie innerlich, dass der Sauger Schmerzen erleiden soll. Das Wesen schrie gequält auf, krümmte sich immer wieder und hielt sich mit seinen bekrallten Händen den Kopf um ihn vor dem ungebetenen mentalen Eindringling zu schützen. ‚Ich will, dass du verschwindest. Auf der Stelle’ befahl David, während er aufstand und seinen Angreifer anstarrte. ‚Sofort! Und lass das Messer fallen!’ Das Monster drehte sich zu ihm. Wenn es in der Lage gewesen wäre, einen ängstlichen Gesichtsausdruck zu mimen, hätte es dies wohl getan. David spürte die Angst, die es ausströmte. Sein Überlebensinstinkt war grösser als sein Verlangen zu fressen. Mit leisen Klickgeräuschen trat der Bloodsucker mit langsamen Rückwärtsschritten den Rückzug an. Mit einer Pranke riss es sich Davids Messer aus dem Bauch und warf es auf den Boden. Das Wesen, das Rothe noch immer als pulsierendes Geflecht wahrnahm, verschwand langsam hinter dem dichten Regenschleier. David starrte noch ein paar Minuten lang konzentriert in die Richtung, in die sich der Sauger zurück gezogen hat. Plötzlich sackte er in sich zusammen und fing an zu zittern. Entweder hatte das Monster bereits zuviel Blut ausgesaugt oder er hatte sich mit dieser Aktion überanstrengt. Seine Sinne fingen an, sich wieder zu normalisieren und er begann jetzt auch, seine Umgebung wieder wahr zu nehmen. Rothe krallte seine Finger förmlich ins nasse, ungesund aussehende Gras um das Erdreich zu fühlen. Er konnte noch immer nicht richtig begreifen, was gerade passiert war. Auf alle Fälle war die Gefahr gebannt und er war am Leben. Doch irgendetwas… Igel! David rappelte sich auf und stolperte, immer noch überwältigt von dem eben Geschehenen, in die Richtung in die Igel gezerrt wurde. Er konnte nur hoffen, dass sich sein Begleiter noch in der Nähe befand, da er seine Präsenz nicht spüren konnte. Der Regen peitschte ihm in das Gesicht und verwischte etwaige Schleifspuren, die Igel hinterlassen haben könnte. Rothe hatte nach einiger Zeit das Gefühl, dass er sich im Kreis bewegte. Was wenn Igel bereits tot war? Als er über den nächsten Hügel Richtung Norden lief, stiess er gegen etwas Metallisches. Sein Herz setzte für ein paar Sekunden aus. Im Gras lagen Igels Scharfschützengewehr und seine Ray Ban Sonnenbrille. David konnte durch den Matsch nicht erkennen, ob das Blut, das an beiden Gegenständen klebte, Igels oder dem zweiten Bloodsucker gehörte. Er steckte die Sonnenbrille in seine Brusttasche, warf sich das Gewehr über die Schultern und setzte sich wieder in Bewegung. David konnte nicht nach ihm rufen. Das würde andere Jäger so sicher anlocken, wie das Amen in der Kirche. Falls es einen Gott gäbe, würde er hier im Sperrgebiet auf alle Fälle wegschauen. Hier herrschte allenfalls der Teufel. Die Zone wurde nicht um sonst ‚Vorhof zur Hölle’ genannt. Jeder, der sich hier aufhielt, sprang früher oder später von seinem Glauben ab. So war das hier. Hier galt nur ‚Fressen oder gefressen werden’. Davids Schritte wurden immer langsamer bis er schliesslich ganz stehen blieb. Es war vollkommen sinnlos nach Igel zu suchen. Er ballte seine Hände zu Fäusten, kniete sich hin und hämmerte auf den Boden. In ihm machte sich ein Schuldgefühl breit. Wenn er sich nicht mit Igel gestritten hätte, wäre er nicht abgelenkt gewesen und hätte die Bloodsucker gespürt als sie sich näherten. Er konnte sich nicht einmal bei Igel entschuldigen geschweige denn verabschieden. Dabei hatte Igel ihm zuvor gesagt, dass er immer bei ihm blieb. Was für eine erbärmliche Lüge. Schmerzhaft erinnerte er sich an seine Eltern. Auch mit ihnen hatte er sich gestritten; kurz bevor sie verschwanden. Er war einfach zu dickköpfig und angesäuert gewesen, als dass er sich entschuldigen wollte. Seine Eltern, dann Kim, von der er sich ebenfalls nicht verabschieden konnte, und jetzt Igel. Menschen, die er liebte. Damals, als David sich für das Leben in der Zone entschied, schwor er sich, sein Dasein als Einzelgänger zu fristen. Zumindest solange, bis er Licht in die vermutlich grösste Verschwörung der Welt gebracht und seine Eltern gefunden hatte. Schon damals versuchte er, Alexander auf emotionaler Distanz zu halten. Aus Angst, dass er sich an den todkranken Kriminologen binden könnte. Doch war es bei einem kläglich gescheiterten Versuch geblieben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)