The Legend Of Zelda - Wenn ein Stern verglüht von David_Turman ================================================================================ Kapitel 33: TEIL 3 - Kapitel 3 ------------------------------ 3 „Ribeiro“, rief der falsche Link erleichtert. „So leicht lässt du dich also austricksen“, antwortete der weißhaarige muskulöse Kerl, der von dem Hylianer unbemerkt in den Seitengang geschlichen war und ihn mit dem Schwertgriff niedergeschlagen hatte. „Er hat mich überrascht“, verteidigte sich der Gefangene. „Blödsinn, wahrscheinlich bist du wieder eingeschlafen.“ „Das bin ich nicht.“ „So, und wo ist dann dein Schwert?“, wollte Ribeiro wissen. Der gefesselte Junge gab keine Antwort. Nach einer langen Zeit des Schweigens sagte er: „Schneidest du mich bitte los? Es wird langsam unbequem.“ Ribeiro kniete sich neben ihn und zog einen Dolch hervor. „Weißt du, dass ich eine ganze Zeit in eurer Nähe verbracht und euch zugehört habe?“ Der Doppelgänger starrte ihn an. „Du hast ihm alles erzählt. So etwas nennt man Verrat.“ „Ribeiro“, flüsterte das Double, „ich habe ihn abgelenkt, so dass du ihn niederschlagen konntest.“ Ribeiro nickte. „Dafür bin ich dir auch sehr dankbar. Auf ihn ist eine richtig dicke Belohnung ausgesetzt, die wir uns jetzt holen können. Aber ein Verrat von dir bleibt es dennoch.“ „Nein, bitte nicht“, flehte der Junge. „Außerdem hat jeder von uns wesentlich mehr von der Beute, wenn Mido und ich sie durch zwei teilen müssen und nicht durch drei.“ Mit einer blitzschnellen Bewegung stieß der große Mann in der Lederrüstung seinen Dolch in das Herz des vor ihm liegenden Jungen, der entsetzt die Augen aufriss und dann langsam zur Seite wegrutschte. Ribeiro schnitt dem Toten die Fesseln durch und ging mit diesen zum immer noch bewusstlosen Link. Dann machte er mit dem Hylianer genau dasselbe, was dieser mit seinem Double getan hatte. Er überprüfte, ob der Strick auch wirklich fest saß und knurrte zufrieden: „So, jetzt warte ich nur noch auf Mido und dann werden wir dich nach Hyrule bringen, dort den Wachen ausliefern und die fette Prämie kassieren, die es für deine Ergreifung gibt.“ „Habt ihr noch nicht genug an dem, was ihr erbeutet habt?“ Ribeiro fuhr herum, als er die unerwartete Stimme hörte und sah mit Verblüffung, dass ihm ein braunhaariges Mädchen in einem blauen Hemd und brauner Hose gegenüber stand. „Wer bist du denn?“ „Die Vereitelung deines Vorhabens“, sagte Katana und deutete auf den Hylianer. „Er ist bestimmt nicht mit dem einverstanden, was du mit ihm machen willst, daher stehe ich ihm bei.“ „Ach so, ihr gehört also zusammen? Das ist ja praktisch. Vielleicht springen noch mehr Rubine heraus, wenn ich dich als seine Komplizin gleich mit abliefere.“ Die Xylte zog ihr Schwert und hielt es ihm entgegen. „Das versuch nur.“ Auch Ribeiro holte seine Waffe hervor und grinste das Mädchen an. Er ging langsam auf sie zu. Spielerisch ließ er seine Klinge die ihre berühren, doch es steckte keinerlei Kraft hinter dem Hieb. „Du hast noch die Chance, dich anders zu entscheiden“, machte Ribeiro sie aufmerksam. „Dann musst du wenigstens nicht sterben.“ „Das kann schon sein“, erwiderte Katana. „Aber dann müsste ich mir für den Rest meines Lebens Vorwürfe machen, einem stinkenden Aufhocker wie dir nicht die Stirn geboten zu haben.“ Aufhocker waren Wesen, die einsamen Wanderern auflauerten und sich mit einem Sprung auf ihren Rücken setzten, um sich durch die Gegend tragen zu lassen. Der Wanderer kann sich nicht gegen sie wehren oder sie abschütteln. Sobald die Aufhocker merkten, dass ihr Opfer am Ende seiner Kräfte war, sprangen sie von dessen Rücken hinunter und liefen fort. Als Dankeschön für den Transport hinterließ die Begegnung mit so einem Wesen bei dem Opfer Krankheiten oder im schlimmsten Fall sogar den Tod. Niemand, noch nicht einmal andere magische Wesen, wollten etwas mit einem Aufhocker zu tun haben. Diese Spezies rangierte in der Beliebtheitsskala am untersten Rand. Dementsprechend fiel auch Ribeiros Reaktion aus. Sein Grinsen fror ein und machte einem wütenden Ausdruck Platz. Mit einem Aufschrei stürzte er nach vorn und schwang sein Schwert. Katana sprang zurück und die Klingen prallten so heftig gegeneinander, dass Funken nach allen Seiten sprühten. Das Mädchen stieß einen Schmerzenslaut aus. Fast hätte ihr der Schlag die Waffe aus der Hand geprellt, aber sie hielt das Schwert fest. Dem nächsten Hieb konnte sie nur knapp ausweichen, indem sie sich ein Stück zurück beugte. Dann zischte die Klinge von oben auf sie herunter. Sie warf sich zur Seite und das Stahlblatt donnerte mit einem hellen Klirren auf den Steinboden. Katana hörte Ribeiro aufschreien, bevor er die Waffe fallen ließ. Die Xylte kniete am Boden und ließ nun ihrerseits ihr Schwert schwingen, doch Ribeiro sprang in die Höhe und entging so einer Beinverletzung. Das braunhaarige Mädchen wurde vom Schwung der Waffe zu Boden gerissen und als sie ungeschützt auf der Erde lag, holte Ribeiro mit seinem Fuß aus und trat ihr mit aller Kraft gegen die linke Schulter. Katana riss die Augen auf, die sich sofort mit Tränen füllten. Der Schmerz kam so heftig und unerwartet, dass sie noch nicht einmal schreien konnte. Ihr gesamter Arm wurde in einem Sekundenbruchteil taub und das Schwert entglitt ihren Händen. Sie rollte sich auf den Rücken und sah, wie ihr Gegner seinen Dolch zog. Doch dann war Navi vor seinem Gesicht, flog hin und her und irritierte ihn auf diese Weise. Wild stach der kräftige Mann durch die Luft, aber die kleine Fee war zu flink für ihn. Als ihr Gegner kurz über der Xylte stand, nahm sich diese nicht viel Zeit zum Überlegen. Sie ließ ihr Bein hochschnellen und traf ihn genau an dem Punkt, an dem sie ihn treffen wollte. Ribeiro stoppte mitten in der Bewegung, riss den Mund auf und schnappte nach Luft. Der Dolch glitt ihm aus der Hand und fiel mit der Spitze genau auf Katanas Bauch. Doch die Kraft der Bewegung reichte nicht aus, um ihn in den Körper eindringen zu lassen und so fiel er zur Seite und rutschte seitlich an ihrem Hemd auf die Felsen. Im selben Augenblick ließ Ribeiro einen gellend abgehackten Schrei ertönen, der nicht so klang, als hätte ihn ein menschliches Wesen ausgestoßen. Katana setzte nach, indem sie ihr Bein anzog und den Fuß gegen Ribeiros Oberkörper schnellen ließ. Dieser stürzte nach hinten, überschlug sich und rollte über die Kante des Abgrunds. Kein Schrei war von ihm zu hören, doch die Geräusche, die Katana vernahm, als sein Körper gegen die Felsen prallte und von ihnen zurückgeworfen wurde, waren um ein vielfaches schrecklicher. Jetzt kamen die Schmerzen. Es fühlte sich an, als wäre ihr Arm in flüssige Lava getaucht. Das Mädchen hielt sich den Arm und schrie gellend. Sie glaubte, vor Schmerzen den Verstand zu verlieren und biss in ihrer Verzweiflung auf einen Stein. Animalische Laute drangen aus ihrer Kehle, während ihr die Tränen übers Gesicht liefen. Ihre stumme Bitte um eine Ohnmacht wurde nicht erhört. Allmählich ließen die Schmerzen nach. Vorsichtig bewegte Katana ihren Arm, wodurch neue Schmerzwellen durch ihren Körper jagten. Sie biss die Zähne zusammen und krabbelte auf den Knien zu Link. Navi war schon bei ihm und bemühte sich vergebens, ihn zum Aufwachen zu bewegen. Mit der Hand ihres unversehrten Armes rüttelte Katana an seiner Schulter und rief mehrmals seinen Namen. Sie schlug gegen seine Wangen und endlich kam Leben in ihn. Er stöhnte und versuchte seinen Kopf aus der Reichweite der Schläge zu bringen, was ihm aber nicht gelang. Langsam öffnete er die Augen, blinzelte und versuchte sich zu orientieren. Schmerzen schossen wie Blitze durch seinen Schädel und im selben Moment wurde ihm schlecht. Er drehte sich zur Seite und übergab sich. „Igitt“, rief Navi und brachte sich mit zwei Flügelschlägen in Sicherheit, damit sie nichts abbekam. Schnell stürmte Katana zu ihrer Tasche, die sie etwas entfernt abgestellt hatte. Sie kramte mit einer Hand darin herum und fand schließlich das, was sie suchte. „Hier, kau das“, forderte sie Link auf, als sie wieder bei ihm war und hielt ihm zwei lila Blätter entgegen. Der Junge nahm sie und steckte sie sich stöhnend in den Mund. Am liebsten hätte er sich, gereizt vom Geruch seines Erbrochenen, erneut übergeben. Er drehte den Kopf so weit wie möglich von der Lache weg und kaute mit angewidertem Gesichtsausdruck. Katana half ihm beim Versuch, sich aufzusetzen, wobei sie sehr genau darauf achtete, dass sie ihren geprellten Arm nur minimal bewegte. Als Link sich wieder einigermaßen beruhigt hatte und die Kopfschmerzen abgeklungen waren, sah er Katana an und fragte sie: „Was … was ist denn passiert?“ „Du wurdest von diesem Muskelprotz bewusstlos geschlagen. Ich habe das beobachtet und dann wollte er mich auch fertig machen. Aber dieser Plan ging nach hinten los.“ „Du hast das gesehen? Aber wieso?“ „Es hat mir da draußen zu lange gedauert. Deswegen bin ich dir mit Navi gefolgt. Der Kerl hat sich von hinten an dich heran geschlichen und dich außer Gefecht gesetzt. Aber er ist nicht an mir vorbei gekommen. Vielleicht hat er sich schon in der Höhle befunden.“ „Oder er ist durch den Hinterausgang gekommen“, klärte Link sie auf. „So einen gibt es nämlich. Dort stehen auch die Pferde dieser Bande.“ „Geht es dir wieder besser?“, erkundigte sich die Fee, die sich auf seine Schulter gesetzt hatte. „Ja, alles in Ordnung.“ „Ich frage nicht aus Sorge“, stellte Navi klar. „Ich wollte nur wissen, ob du vielleicht heute auf dein Frühstück verzichtest.“ „Es ist so schön, wenn man von allen gemocht wird“, seufzte Link. Dann blickte er sich um. „Wo ist mein Doppelgänger?“ Katana legte ihm die Hand auf die Schulter, worauf er sie ansah. Ihr Gesichtsausdruck war traurig. „Es tut mir so leid, aber der Kerl hat ihn erstochen.“ Der Ausdruck im Gesicht des Hylianers wurde starr. „Was?“ „Es ging alles blitzschnell. Ich war total geschockt, als er das Messer in seinen Körper stieß“, verteidigte sich die Xylte. Link schüttelte fassungslos den Kopf. Er stand auf, ging langsam zu dem toten Jungen, umfasste seine Schultern und drehte ihn auf den Rücken. Die linke Brustseite seiner Tunika hatte sich mit Blut voll gesogen. Seine offenen Augen blickten zur Decke. Der Hylianer schloss dem Jungen die Augen, drehte den Kopf und sah seine Begleiterin über die Schulter hinweg an. „Er … ich wollte ihn … mit nach Hyrule nehmen. Er sollte … er sollte dort erzählen … dass er … für alles verantwortlich war. Er war … die Hoffnung meinen Namen … reinzuwaschen.“ Katana ging auf ihn zu, kniete sich neben ihn und sagte leise: „Gibt es keine andere Möglichkeit, den Leuten die Wahrheit zu erzählen?“ Link nickte. „Schon, aber dafür muss ich auf den Anführer warten. Keine Ahnung, wo er sich momentan herumtreibt. Aber ich denke, dass er früher oder später wieder hierher zurückkommen muss.“ „Na also. Dann reitest du mit ihm nach Hyrule und er muss den Bürgern alles erklären. Und zum Beweis nimmst du deinen Doppelgänger mit.“ „Gute Idee.“ Link riss sich vom Anblick des toten Jungen los und stand auf. „Danke, dass du nicht draußen geblieben, sondern in die Höhle gekommen bist, um nach mir zu sehen.“ Katana lächelte den Hylianer an. „Genau, ich bin immer noch draußen und kümmere mich gar nicht um dich. Dafür erwarte ich auch gar keinen Dank“, beschwerte sich Navi. „Wollen wir mal den Hinterausgang suchen und nach den Pferden gucken?“, schlug Link vor. „Ist gut“, meinte Katana. „Aber lass uns vorsichtig sein. Wer weiß, vielleicht taucht plötzlich irgendwo ihr Anführer auf.“ „Navi, du fliegst bitte voraus und sagst uns Bescheid, falls uns jemand entgegen kommt. Und teile uns auch mit, wenn du den Ausgang gefunden hast.“ „Als Botschafter tauge ich gerade genug. Das hätte ich mir ja denken können.“ Protestierend flog Navi in die Dunkelheit. Das Mädchen griff sich ihre Tasche und biss mit schmerzverzerrtem Gesicht die Zähne zusammen, als sie ihren linken Arm bewegte. Dann ging sie tapfer neben Link, der sich in der Zwischenzeit seine immer noch auf dem Boden stehende brennende Lampe gegriffen hatte, dem zweiten Ausgang entgegen. Der Weg führte leicht schräg nach unten, so dass sie vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzten. „Sag mal, weißt du, wie viel Beute die Kerle bei ihren Überfällen gemacht haben?“ Link zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, doch bei sieben Überfällen könnte einiges zusammen kommen.“ „Aber weder dein Doppelgänger noch der Muskelprotz hatten etwas bei sich. Und hier haben wir auch nichts gefunden. Die haben ihre Schätze sicherlich irgendwo versteckt, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass sie in der kurzen Zeit schon alles zu Rubinen gemacht haben.“ „Damit könntest du Recht haben. Nur wo ist ihr Versteck? Hier in der Höhle? Außerhalb?“ „Ich weiß es nicht, Link. Aber der Anführer wird es dir sicherlich verraten können.“ Bei der Erwähnung wanderten Links Gedanken abermals zu Mido. Bisher hatte er sich noch nicht blicken lassen, aber der Hylianer war sich sicher, dass er irgendwann wieder zur Höhle kommen würde. Wahrscheinlich war er gerade damit beschäftigt, letzte Vorbereitungen für den Überfall auf Prinzessin Zelda zu treffen, der noch an diesem Tag stattfinden sollte. Doch dieser Überfall würde garantiert nicht stattfinden. Mido wusste es noch nicht, aber er war allein. Seine Komplizen waren tot und Link wollte nicht glauben, dass es noch weitere Mittäter gab. Allein würde sich Mido niemals an so ein heikles Unterfangen wagen. Trotzdem musste Link sich vergewissern, dass keinerlei Gefahr für die Prinzessin mehr bestand. Wer konnte schon wissen, ob die drei nicht irgendwelche Fallen aufgestellt hatten? Navi kam ihnen aufgeregt entgegen. „Was ist los?“, erkundigte sich Link. „Wildschweine“, keuchte Navi. „Jede Menge Wildschweine.“ Link kniff die Augen zusammen. „Wildschweine? Hier in der Höhle? Das glaubst du doch wohl selber nicht.“ „Na gut“, meinte Navi. „Hätte ja klappen können, dass ich euch damit reinlegen kann. Nein, ich habe den Ausgang gefunden.“ Link verdrehte die Augen. Offenbar gab es keine Situation, in der Navi nicht versuchte, witzig zu sein. Manchmal konnte es wirklich nerven. „Das ist ja toll“, lobte Katana die Fee. „Wo ist er denn?“ „Wenigstens eine, die meine Bemühungen zu würdigen weiß“, stellte Navi fest. „Etwas weiter müsst ihr schon noch laufen. Dann klettert ihr ein paar Felsen hoch. Das ist aber nicht allzu schwer.“ „Vor allem nicht für dich, denn du kannst ja fliegen“, knurrte Link, doch Navi ignorierte den Hylianer. „Und die Pferde habe ich auch schon gesehen. Aber die müsst ihr selber sehen, sonst glaubt ihr nicht, wo sie stehen.“ „Wie viele Tiere sind es denn?“, erkundigte sich Katana. „Für dich und mich reichen sie. Link muss leider laufen“, kicherte Navi. „Ich krieg kaum noch Luft vor Lachen“, meinte der Junge sarkastisch. „Jetzt sei doch nicht so grummelig.“ Katana knuffte ihn in die Seite. „Sag deiner Fee lieber mal, was für gute Arbeit sie geleistet hat. So etwas kriegt sie bestimmt nicht oft von dir zu hören, oder?“ „Nie“, tönte Navi. „Das macht sie bloß noch eingebildeter“, antwortete Link, worauf Navi ihm die Zunge herausstreckte und wieder zum Ausgang flog. Katana hakte sich bei Link unter und stöhnte leise, als sie ihren verletzten Arm leicht bewegte. „Es wird alles wieder in Ordnung kommen, glaube mir. Du wirst die Bürger von Hyrule davon überzeugen können, dass du nichts mit den Raubzügen zu tun hattest. Und dann kannst du endlich wieder in Frieden leben.“ „Und was ist mit dir? Kehrst du wieder in die Verlorenen Wälder zurück?“ „Wahrscheinlich. Oder wir kommen irgendwo in Hyrule unter.“ Link schaute sie ernst an. „Selbst wenn man mir jetzt glaubt, möchte ich in der ersten Zeit einen weiten Bogen um die Stadt machen. Ich werde so schnell nicht vergessen können, wie wenig sie mir nach allem, was ich bisher für sie getan habe, vertrauen. Sie haben mich gejagt wie ein Tier.“ „Aber du hast deinen Doppelgänger doch gesehen. Wenn du ein Bürger von Hyrule gewesen wärst, hättest du bestimmt genauso gedacht“, verteidigte Katana die Städter. „Vielleicht.“ Link wiegte den Kopf hin und her. „Aber vielleicht hätte ich auch selbst Nachforschungen angestellt, um herauszufinden, ob an den ganzen Geschehnissen etwas faul ist und hätte das Gerede nicht so ohne weiteres übernommen. Vergiss nicht, es gab auch Leute, die von meiner Unschuld überzeugt waren. Und die hatten genau die gleichen Informationen wie der Rest der Städter.“ „Urteile nicht zu streng über sie. Sie können nicht mehr, als sich bei dir entschuldigen. Ob du ihnen verzeihst, das hängt einzig und allein von dir ab.“ „Jedenfalls werden sie sich mein Vertrauen erst wieder hart verdienen müssen“, meinte Link. „Sieh mal, der Ausgang“, rief Katana und zeigte schräg nach unten. Dämmriges Licht fiel durch ein Loch in einer Seitenwand. „Offenbar wird es gerade hell“, stellte Link fest und das Mädchen neben ihm nickte eifrig. „Ich weiß nicht, ob ich mit meiner Schulter dort hinunter klettern kann.“ Katana machte ein zweifelndes Gesicht. „Vielleicht ist es gar nicht so schlimm. Dieser Weg hier scheint ziemlich nahe an die Öffnung heranzuführen.“ Links Worte sollten sich bewahrheiten. Der Pfad, den sie entlang schritten, schraubte sich immer weiter nach unten und endete kurz vor dem Ausgang. Lediglich drei Felsvorsprünge mussten sie abwärts klettern, um die Öffnung zu erreichen und diese Vorsprünge lagen auch dicht beieinander. „Hey, das schaffst du“, sprach Link seiner Begleiterin Mut zu. „Ich werde dir helfen.“ „Ich kann mit einer Hand nicht klettern. Es ist zwar sehr lieb, dass du mir helfen willst, aber was willst du denn tun? Mich zum Ausgang tragen?“ „Notfalls auch das“, sagte der Hylianer und leuchtete mit der Fackel den ersten Vorsprung an. „Was ist denn mit deiner Hand los?“, fragte Katana besorgt und dann sah auch Link das schwache Glühen. Er schaute auf seine Handfläche und sah, dass das Triforce aufleuchtete, das wie eine Tätowierung gelegentlich in seiner Hand auftauchte. Niemand konnte das Auftauchen des Zeichens voraussehen und schon oft hatte sich Link gefragt, was wohl der Impuls dafür war, dass sich das Triforce immer wieder in Erinnerung brachte. Diesmal wusste der Hylianer allerdings, was jetzt zu tun war. Er zog an der Schnur, die Katanas Hemd an der Brust zusammenhielt, und streifte vorsichtig den weichen Stoff über ihren linken Arm, so dass die Schulter frei lag. „Was hast du vor?“ Er antwortete nicht, sondern legte seiner Begleiterin sanft die Hand auf das Schulterblatt. Diese zuckte kurz zusammen und schrie leise auf, als die Kälte in ihre Schulter fuhr. Von dort begann sie langsam den gesamten Arm auszufüllen. Als sie das Handgelenk erreicht hatte, wurde die Kälte in der Schulter durch eine angenehme Wärme abgelöst, die sich abwärts im ganzen Arm bis tief in die Fingerspitzen ausbreitete. Link ließ Katana los. Diese legte nun ihrerseits ihre Hand auf die linke Schulter und vollführte mit dem Arm vorsichtig kreisende Bewegungen. Doch die Schmerzen, die zuvor in ihrem Arm aufgeflammt waren, blieben nun aus. Sie schaute Link an. „Wie hast du das gemacht?“ „Keine Ahnung“, gab der Hylianer zu und zeigte ihr das Triforce, das langsam verblasste. „Ich glaube, die Kraft geht davon aus, aber ich habe keinen Schimmer, wie es funktioniert.“ „Du hast das Triforce in deiner Hand?“, fragte Katana ehrfürchtig. Link nickte. „Es ist aber nicht immer zu sehen. Für mich ist das nichts besonderes, ich habe mich bereits daran gewöhnt.“ „Mein Arm tut überhaupt nicht mehr weh. Es ist, als hätte es den Tritt gegen meine Schulter nie gegeben.“ „Das klingt so, als würdest du es vermissen“, grinste Link. „Blödmann.“ Katana boxte ihn gegen den Oberarm. „Also, dann können wir uns ja an den Abstieg machen.“ Während das Mädchen ihre Schulter wieder bedeckte und die Schnur zuband, kletterte Link auf den ersten Felsvorsprung. Die Xylte folgte ihm nach ein paar Sekunden und gemeinsam hatten sie schnell den Ausgang durchschritten. Katana schloss die Augen und atmete tief die frische Morgenluft ein. Das Dämmerlicht war heller geworden und man konnte bereits ohne Zuhilfenahme von Lampen die Umgebung erkennen. „Ach, seid ihr auch schon da?“ Navi lehnte mit dem Rücken am Fels neben dem Ausgang und schaute die beiden an. „Da habt ihr ja alle Geschwindigkeitsrekorde gebrochen. Ich musste mich echt beeilen, um mit euch mitzuhalten.“ „Hätte ich gewusst, dass du hier auf uns wartest, hätte ich mir mehr Zeit gelassen“, konterte Link. Katana lachte. „Ich könnte euch einen ganzen Dis zuhören.“ „Wollt ihr die Pferde sehen? Dann kommt mal mit.“ Navi flog an ihnen vorbei und Link folgte seufzend seiner Fee, während Katana schmunzelnd hinter Link her lief. Als sie um die Ecke bogen, machten sie große Augen. Auf einem großen Felsplateau standen zwei Pferde, eines war grau mit schwarzen Flecken, das andere hatte eine hellbraune Farbe. Die Tiere sahen ziemlich gelangweilt aus, was man ihnen auch nicht verdenken konnte. Auf einer Weide konnten sie wenigstens noch Gras fressen, aber hier gab es absolut nichts für sie zu tun. Sie konnten nur auf dem Plateau stehen und auf ihren nächsten Einsatz warten. Was Link und Katana so erstaunte, war das Plateau, das mitten neben der Höhle zu finden war. Niemals hätten sie gedacht, dass es so eine große Fläche direkt zwischen schroffen Felsen gab. Katana sah sich um und meinte dann: „Schau mal, Link. Da führt ein Weg zum Plateau. Und es sieht fast so aus, als ginge dieser Weg in einen anderen über, der wieder aus dem Gebirge hinaus- und zu den Goronen führt.“ Das Mädchen zeigte dem Hylianer mit dem Finger den Verlauf des Weges. „Dann sind wir wenigstens ziemlich schnell wieder aus den Bergen raus“, stellte Link fest. Katana nickte, bevor sie sich mit ihrem Begleiter den Pferden zuwandte, die sie neugierig anschauten. Die Tiere hatten keine Sättel auf den Rücken. Auch von irgendwelchen Taschen oder sonstigen Transportbehältern war nichts zu sehen. „Komisch“, meinte Katana, während der braune Vierbeiner sie mit der Nase anstubste. „Irgendwie müssen sie ihre Beute doch transportieren. Wo sind ihre Säcke oder Taschen?“ „Bestimmt dort, wo sie auch die Wertsachen versteckt haben. Wir kriegen das schon noch heraus.“ Das braunhaarige Mädchen drehte sich zu Link um und sah ihn an. „Wirst du wieder zurück zu den Kokiri gehen?“ „Wahrscheinlich.“ „Vielleicht könnten wir beide bei ihnen leben“, schlug die Xylte vor. „Das bezweifle ich. Die Kokiri lassen keinen Außenstehenden in ihr Territorium eindringen. Man kann zwar Besuche empfangen, aber im Dorf dürfen nur Kokiri leben.“ „Aber du …“ „Ja, ich weiß, ich bin Hylianer. Aber ich habe jahrelang unter den Kokiri gelebt, weil sie glaubten, ich sei ebenfalls einer von ihnen. Auch ich dachte es lange Zeit. Und als sich die Wahrheit herausstellte, wollten sie mich nicht ausgrenzen, da wir uns respektierten und mochten. Ich gehörte einfach zum Volk. Und ich war froh, dass ich bei ihnen bleiben durfte.“ Sie schlang die Arme um seinen Hals, zog ihn an sich und küsste ihn auf die Nase. „Und ich möchte gerne bei dir bleiben. Ich liebe dich, Link. Und jede Minute, die wir getrennt sind, tut mir mehr weh, als alle Schmerzen zusammen, die ich während unserer Suche ertragen musste.“ Sie drückte ihren Mund in dem Moment auf den seinen, in dem er antworten wollte. Als ihre Zungen sich berührten, breitete sich explosionsartig eine wohlige Wärme in Links Körper aus. Er stöhnte, umfasste Katanas Taille und zog sie ganz eng an seinen Körper. Das Mädchen legte ihre Hand auf Links Tunika und massierte seinen Nacken. „Ich nehme das als Zustimmung, dass es dir genauso geht“, flüsterte Katana, küsste ihn erneut, legte die Hand auf seine Wange und knetete sie. Ein wohliger Laut löste sich aus Links Kehle und seine Finger wuschelten Katanas Haar durch. „Ich liebe dich so“, sagte sie leise, bevor sie zusammenzuckte und die Augen aufriss. „Was hast du?“, fragte der Hylianer. Es kam ihm vor, als würde das Mädchen an ihm vorbei sehen, also drehte er den Kopf, konnte jedoch außer den Pferden, die ein paar Meter von ihnen entfernt standen, nichts sehen. Als er sein Gesicht wieder Katana zuwandte, sackte diese in sich zusammen. Link fing sie auf und merkte, wie schlaff sich ihr Körper anfühlte. „Katana“, rief er erschrocken und ließ das Mädchen langsam zu Boden gleiten. Nachdem er seine Hände unter ihrem Körper hervorgezogen hatte, sah er das Blut, das sich darauf befand. „Nein!“, schrie er und starrte ungläubig auf seine Finger, von denen Blut tropfte. „Link“, sagte sie so leise und schwach, dass er es kaum verstehen konnte. „Ich bin hier, Katana“, antwortete er und beugte sich über sie, während seine Augen sich mit Tränen füllten. Sie sah ihn an und lächelte. „Bitte … nicht weinen. Denke … an unsere … schöne Zeit.“ Link erkannte, dass ihr jedes Wort Schmerzen bereitete. Es kam ihm vor, als drehe jemand ein Messer in seinem Herz herum. „Katana, bitte, halte durch“, bettelte er. „Es muss etwas geben, was dir helfen kann. Irgendein Kraut oder … Du kennst dich doch aus. Du hast sicher etwas dabei. Sage mir, wo es sich befindet.“ Sie schüttelte leicht den Kopf. „Es … gibt nichts. Ich … fühle, dass … nichts helfen wird.“ „Sag das nicht, Katana. Was soll ich ohne dich tun?“ Er sah, wie sie schluckte und all ihre restliche Kraft zusammen nahm. „Link … versprich mir, … dass du … deinen Namen rein wäscht. Und … vergeude keine … Zeit … mich wieder in … den Wald zu bringen. Errichte … mir hier … ein Steingrab.“ Sie hustete leicht. Link schüttelte den Kopf. „Nein“, sagte er trotzig. „Du wirst nicht sterben. Nicht hier und nicht jetzt, wo wir es fast geschafft haben.“ Mit Entsetzen sah Link, wie der Lebenssaft unter Katanas Körper hervor floss. Sie legte die Hand auf seine Brust. „Die Dis … mit dir … waren wunderschön … aber … viel … zu kurz.“ Sie schloss die Augen und atmete schwer. „Nein, Katana, bitte“, flehte Link. Tränen tropften aus seinen Augen auf ihr Hemd. „Geh nicht. Lass mich nicht alleine.“ „Bitte … lass mich … gehen.“ Link schluchzte auf. „Ich liebe dich doch.“ Durch einen Tränenschleier sah Link, wie sie ihre Augen noch einmal öffnete und ihm ein Lächeln schenkte. „Danke … Das zu … hören … bedeutet mir …“ Sie verstummte mitten im Satz und bäumte sich noch einmal auf. Dann rollte ihr Kopf zur Seite. Ihre toten Augen blickten zu den Pferden. Link wollte es nicht wahrhaben. Immer wieder rief er ihren Namen und zog sie vom Boden hoch. Katanas gesamter Rücken war blutüberströmt. Der Hylianer umarmte sie und weinte seinen Schmerz heraus. Er wiegte sie in seinen Armen und streichelte ihr immer wieder über die Haare und den Rücken, wobei es ihm egal war, dass er sich mit ihrem Blut besudelte. Er legte sein Gesicht auf ihren Kopf und schluchzte laut in ihr Haar. Der Teenager machte sich die schlimmsten Vorwürfe. Er hätte ihr nicht erlauben sollen, dass sie ihn begleitete. Er war schuld daran, dass sie jetzt auf diesem Felsplateau lag. Nie wieder würde sie seine Berührungen spüren, nie wieder würde sie ihn küssen oder umarmen können. Nie wieder würde sie seinen Namen sagen. Er hatte sie verloren und nichts konnte sie ihm wiederbringen. Dabei war es doch ihr Verdienst gewesen, dass er bei der Suche nach dem Doppelgänger überhaupt so weit gekommen war. Katana hatte ihn auf das Baumorakel aufmerksam gemacht. Katana hatte die Prophezeiung des Orakels richtig gedeutet und den Hummer gefunden. Eigentlich hatte sie die ganze Arbeit geleistet. Ohne ihre Hilfe würde er vermutlich noch jetzt planlos suchend in der Gegend herumirren. Und nun war sie tot. Durch seine Schuld. In seinem Selbstmitleid bestärkt weinte Link nur noch lauter und heftiger. Er gab sich ganz seinem Schmerz hin, drückte Katanas Kopf gegen seine Brust und streichelte sie pausenlos. Schließlich wurde Links Schluchzen leiser. Er fasste die Tote an den Schultern und bettete sie vorsichtig zu Boden. Navi lag auf ihrer Brust und hatte das kleine Gesicht in ihrem Hemd vergraben. Sie blickte Link an und der Junge sah, dass auch die Fee geweint hatte. „Ich hatte sie sehr gerne“, wisperte Navi. Link sah sie verständnisvoll an, obwohl er durch seine Tränen kaum etwas erkennen konnte. Sein gesamtes Gesicht war nass. „Was wirst du jetzt tun?“, wollte Navi wissen. Link räusperte sich, da ihm ansonsten seine Stimme nicht gehorcht hätte. Er sagte leise: „Ich werde das tun, worum sie mich gebeten hat und sie in der Höhle begraben. Und dann werde ich ihren Tod rächen.“ Neben den Schmerz mischte sich eine riesige Wut, als er den letzten Satz aussprach. Navi blickte ihn an. „Weißt du denn, wer das getan hat?“ Link konnte es sich denken. Bestimmt war Katana durch eine Eisenkugel getötet worden. Durch eine Eisenkugel, die aus dem Hinterhalt abgefeuert worden war. Durch genau so eine Eisenkugel, wie er sie schon einmal selbst in der Schulter hatte. Durch genau so eine Eisenkugel, die ihn einige Male verfehlt hatte. Und offenbar reichte es dem Attentäter nicht, seinen Ruf zu ruinieren. Er wollte auch noch sichergehen, dass Link getötet wurde. Und wenn es die Bürger von Hyrule nicht schafften, dann würde er es eben übernehmen. „Mido, du solltest dir gut überlegen, ob du hierher zurück kehrst“, sagte Link leise und zitterte vor Wut am gesamten Körper. „Denn wenn du es tust, werde ich dich töten.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)