Ein Wunder von Ito-chan ================================================================================ Kapitel 1: Ein Wunder --------------------- Während er zur Straße hinaufkletterte, wo sein grauer Wagen ihn erwartete, ließ er Handgelenke und Ellenbogen in vermeintlich komischer Nachahmung rudimentärer Flügel flattern. Warum gelangte er nicht weiter nach oben? Warum kam er nicht an, wo er hinwollte? Mühsam ließ er sich auf einem Findling nieder und schaute hinab aufs Meer, wo sie Sonne langsam im Meer zu versinken schien. Es war hoffnungslos. Er konnte nichts mehr tun. Gar nichts mehr. Niemand würde diesen Schmerz je wieder vergehen lassen können. Wenn er seinen Wagen erreichte, dann würde er vielleicht der Retter werden. Das heilige Wasser ruhte in einer Mineralwasserflasche auf dem Rücksitz. Wasser aus den Quellen von Lourdes... er war kilometerweit gefahren, um dieses Wasser zu holen und es nach Hause zu bringen. Sein kleiner Bruder brauchte dieses Wasser und gerade jetzt, wo sein Bruder ihn am Meisten brauchte, verreckte der verfluchte Wagen. Bei der Tankstelle hatte man ihm gesagt, dass der nächste Abschleppwagen in zwei Stunden käme. Das war drei Stunden her und er war in der Zeit hierher gelaufen. Ob sein Wagen wohl gesund würde, wie ein Mensch, wenn er etwas von dem Wasser hineinlaufen ließ? Auf dem Berg war eine weitere Tankstelle. Ein Funken Hoffnung keimte in ihm und er rannte zum Wagen. Gleich war er da und konnte seinem Bruder helfen. Das heilige Wasser würde ihm helfen. Bis zu Hause waren es ja nur noch etwas über einhundert Kilometer. Nur fuhren in ihr abgelegenes Dorf kaum Busse und Züge gab es nicht. Es würde zu lange dauern zu versuchen öffentliche Verkehrsmittel zu nehmen. Er erreichte den Wagen, entriegelte die Tür und nahm das Wasser heraus. „Herr, hilf mir bitte. Lass den Wagen fahren.“ Sehr vorsichtig öffnete er den Verschluss des Kühlers, der ihn soeben verlassen hatte und danach den Schraubverschluss der Flasche. „Hilf mir, bitte!“, flehte er mit direktem Blick in den Sonnenaufgang. Dann gab er nur ein wenig Wasser hinein und flüsterte: „Den Rest brauch ich für meinen Bruder.“ Er schraubte die Flasche zu und schob sich zum Wagen. Lies ihn an und er lief. Wasser aus den heiligen Quellen... Das würde seinen Bruder helfen. Er fuhr und fuhr so schnell, wie er nur konnte. Sein Wagen stotterte nicht einmal. Zu Hause parkte er den Wagen in der Einfahrt, ergriff die Falsche und rannte. Seine Arme fühlten sich an, als wären sie zu gewaltigen Schwingen geworden. „Mutter, ich bin zurück! Ich habe das Wasser! Er wird gesund.“ Das Haus lag in Stille da und war in Dunkelheit gehüllt. War jemand da, um zu sehen, welches Wunder er mitgebracht hatte? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)