Muscheleffekt von Ur (Die Perle liegt im Innern) ================================================================================ Kapitel 4: Perlenkuss --------------------- Hey :) Hier melde ich mich mit dem letzten Kapitel und hoffe, dass es euch gefällt. Danke für die lieben Reviews und die Favoriteneinträge! Viel Spaß beim Lesen, Vielleicht lesen wir uns ja bei 'Sirenenfang' (Calla x Melli) wieder! Liebe Grüße, __________________ Das Klirren erinnert mich daran, dass ich Steffi nicht mag. Ich löse mich von ihr und schiebe sie säuerlich von mir, wische mir mit dem Handrücken über den Mund und drehe mich um, um mich aus dem Staub zu machen. Mein Blick fällt auf einen Kellner, der sehr bemüht ist, die Scherben so schnell es geht aufzufegen. Steffi grummelt etwas von »verklemmt« und »bescheuert«, aber ich habe keine Lust noch eine Sekunde länger in ihrer Nähe zu bleiben und sehe mich suchend nach Melli um. Aber die ist verschwunden. Zuerst denke ich, dass sie mit der Rothaarigen abgehauen ist, aber die steht auf der Tanzfläche und sieht irgendwie verdrießlich aus. Ich frage mich, ob Melli sie hat stehen lassen, was an sich ziemlich ungewöhnlich wäre. Ich spüre Steffis Blick in meinem Nacken und schiebe mich die Bar entlang an einen freien Platz, wobei ich vier Frauen zwischen mich und sie bringe. Ich kann es immer noch nicht wirklich fassen, dass sie mich wirklich einfach so geküsst hat. Und dann sagt sie mir auch noch, dass ich Hanna fallen lassen soll für jemanden wie sie. Grauenhaft. Ich bestelle noch einen Tequila, auch wenn ich eigentlich nicht sonderlich erpicht darauf bin, mich zu betrinken. Aber auf den Steffi- Schock hin brauche ich einen kleinen Beruhigungs- Schnaps. Als ich das Glas in die Hand nehme, um anzusetzen und es auszutrinken, da klopft mir jemand von hinten auf die Schulter. Ich drehe mich um und sehe in Mellis empörtes Gesicht. »Ähm… wo warst du?»«, erkundige ich mich und hebe das Glas zum Mund, doch Melli greift danach und trinkt es selbst. Ich sehe sie ein wenig perplex an. »Ich habe dich gerettet«, sagt sie und verschränkt die Arme vor der Brust. Ich runzele die Stirn. »Hä?«, ist alles, was mir dazu einfällt. Sie verdreht die Augen und ruckt mit dem Kopf hinüber zu Steffi, die immer noch zu mir herüber starrt, als würde sie glauben, dass sie mich mit ihren Blicken zu sich ziehen – oder wohlmöglich ausziehen – könnte. »Was knutscht du auch mit Steffi rum«, sagt Melli entrüstet. Ich verstehe nur noch Bahnhof. »Melli, könntest du mir vielleicht mal erklären, was du von mir willst? Ich hab nicht mit ihr geknutscht, sie hat mich überfallen!«, sage ich entnervt und bestelle noch einen Tequila, fest entschlossen, ihn diesmal selbst zu trinken. »Hanna steht draußen und wartet auf dich«, sagt sie dann und sieht mich eindringlich an. Ich runzele die Stirn. Soll das ein Witz sein? »Ähm…«, setze ich an, doch sie zerrt mich schon in Richtung Ausgang. Ich drehe mich sehnsüchtig nach meinem Tequila um, während mein Herz ziemlich laut in meiner Brust hämmert, passend zum Beat der Musik, die in meinen Ohren schallt. Was soll das heißen, Hanna wartet draußen auf mich? Wieso ist sie denn hier und wieso sagt Melli, sie hätte mich gerettet? Warum kann sie mir nicht einfach erklären, was eigentlich Sache ist? Stattdessen muss ich jetzt ins kalte Wasser springen. Ich schlucke, als der Ausgang in Sicht kommt. Melli strahlt die Einlasskontrolle an, dann schiebt sie mich daran vorbei nach draußen. »Und wehe du versaust es! Ich hab sie extra eingeladen!«, zischt Melli, dann dreht sie sich um und schiebt sich zurück in den Innenraum, sicherlich um die Rothaarige zu trösten, die sie ganze zehn Minuten allein hat rumstehen lassen. Ich sehe Hanna drei Meter vom Eingang entfernt an der Hauswand lehnen. Sie sieht aus, als wäre ihr kalt. Ihr Kopf steckt zwischen den Schultern und sie hat die Arme um sich geschlungen. Sie trägt einen wollweißen Pullover und eine helle Jeans, ihre Haare hat sie zu einem Zopf geflochten. Als sie meine Schritte hört, schreckt sie auf und sieht mich mit großen Augen an. Je näher ich komme, desto sicherer bin ich mir, dass sie gleichzeitig todunglücklich und sehr aufgeregt aussieht. Ich bringe ein Lächeln zustande. »Hey«, sage ich und sie sieht zu mir auf, offenbar nicht im Stande, mir mit einem »Hallo« zu antworten. Ich räuspere mich. »Was…ähm… machst du hier?«, erkundige ich mich beiläufig. Irgendwo da drin steht Steffi und denkt sich, dass ich bekloppt bin, weil ich ‚Anna’ ihr vorziehe. Gott, Steffi ist so scheiße… »Melli hat mich eingeladen«, sagt sie kleinlaut und ihre Stimme klingt so heiser, als hätte sie sie seit Wochen nicht mehr benutzt. Ich runzele die Stirn. »Wieso das denn?«, will ich verwirrt wissen. Sie schluckt schwer und zwirbelt sich nervös an den Haaren herum. »Na ja… sie hat angerufen… weiß nicht, woher sie meine Nummer hatte… und dann hat sie mich zur Schnecke gemacht und… ähm… Eigentlich war ihre Einladung mehr eine Drohung als alles andere, aber ich dachte mir… na ja…« Ihre Stimme verblasst und sie senkt den Blick, jetzt knallrot im Gesicht. Ich blinzele erstaunt. »Sie hat dich zur Schnecke gemacht? Wieso das denn?« Melli ist so unberechenbar wie der Kurs eines Drachen bei Sturmwarnung. »Sie… meinte, dass sie es… unter aller Sau findet, dass ich dich so… ausnutze und dass sie mir den Hals umdreht, wenn ich mich nicht endlich entscheide und meine Identitätskrise überwinde und… dann hat sie gesagt, ich soll herkommen und das mit ihr klären, sonst bricht sie mir die Nase… und sie meinte, wenn ich nicht langsam aus dem… aus dem Arsch komme, dann kriegt Steffi dich bestimmt doch noch rum…« Ich weiß nicht, ob ich Melli verfluchen oder küssen will. Das ist die Art meiner besten Freundin, mich vor allem Übel der Welt bewahren zu wollen. Ich glaube, ich möchte sie eher küssen, auch wenn ich die Drohung mit der gebrochenen Nase nicht so prickelnd finde. Hanna kaut nervös auf ihrer Unterlippe herum und mein Herz bricht mir sicher gleich die Rippen. »Und dann kam ich rein… Melli hat mich abgeholt und an der Einlasskontrolle vorbei geschoben… und dann hab ich dich gesehen… mit Steffi…« Ihre Stimme erstirbt wieder und ich schließe einen Moment die Augen. Das darf doch wohl nicht wahr sein, wieso muss sie gerade dann in den blöden Laden schneien, wenn Steffi ihre Vergewaltigungskampagne startet? Ich könnte heulen, echt. »Ich wollte eigentlich wieder gehen, ich hab den Kellner angerempelt und der hat ein Glas fallen lassen… hat mir wirklich Leid getan, aber ich wollte schnell wieder raus, draußen hat Melli mich abgefangen und sie meinte, dass sie dich rausholt und dass ich hier warten soll, weil ich sonst tot bin…« Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen will. Melli verteilt gern mal Morddrohungen, aber Hanna sieht wirklich verängstigt aus, so als würde sie denken, dass Melli es über sich bringt, sie zu verprügeln. Einige vorbeigehende Passanten werfen uns neugierige Blicke zu, doch ich beachte sie nicht. »Ich wollte dich nicht ausnutzen, ehrlich«, sagt sie plötzlich heftig und starrt mich aus ihren großen Augen an. Ich blinzele perplex. »Das hab ich auch nicht gedacht«, sage ich leise. Sie sieht halb gequält, halb hoffnungsvoll aus. »Es war gemein, dass ich… ich wollte mit dir befreundet sein, obwohl du mir gesagt hast, dass du mich mehr magst als eine Freundin und ich hab einfach nicht verstanden, wie sehr ich dir damit eigentlich wehtue und du warst trotzdem immer so lieb zu mir und ich wollte… ich dachte…« Sie bricht ab und senkt den Blick wieder, kaut weiter auf ihrer Unterlippe herum und verschlingt ihre Hände im Schoß. Mein Herz verlangsamt sich und bleibt dann ganz stehen. Wenn jetzt die Offenbarung kommt, dass sie nur Freundschaft für mich empfindet und es deswegen für besser hält, dass wir uns nicht mehr sehen, dann fange ich wirklich an zu heulen. Ich schlucke und sehe sie an, aber ihr scheint kein Wort mehr über die Lippen kommen zu wollen. Also räuspere ich mich und schaue kurz hinauf zur Straßenlaterne, die milchiges Licht auf den Gehweg wirft. »Gehen wir ein Stück?«, frage ich leise und sie nickt zögerlich. Wir drehen uns um und gehen schweigend die Straße hinunter. Melli steht sicher auf der Tanzfläche und fummelt an der Rothaarigen herum. Nach einem Blick auf die Uhr fällt mir auf, dass es schon zehn ist. Das heißt, dass Callas Band schon angefangen hat zu spielen und vielleicht sieht Melli ja zu. Als wir um zwei Ecken gebogen sind, denke ich, dass ich vielleicht einfach mal aufs Ganze gehen sollte, sonst kommen wir wohl nie zu einer Lösung. Und auch eine Abfuhr wäre mir letztendlich lieber, als dieses ständige Hin und Her. »Stehst du auf Frauen?«, frage ich leise. Ich sehe aus dem Augenwinkel, dass sie zusammen zuckt, als wäre neben ihr eine Bombe eingeschlagen. »I…ich weiß nicht so genau…«, sagt sie. Wir hatten so ein ähnliches Gespräch schon mal, damals meinte sie, dass sie es sich nicht vorstellen kann, mit einem Mann zusammen zu sein. Auf die Frage, ob sie es sich mit einer Frau vorstellen kann, hat sie nicht wirklich geantwortet. Ich hab das damals als ‚Ja’ interpretiert. Ich seufze leise. Mit einem »Ich weiß nicht« kann ich nicht wirklich etwas anfangen. Also sage ich nichts mehr. Meine Gedanken fühlen sich an, als hätte jemand sie mit Steinen beschwert. Ich kann es nicht so ganz fassen, dass wir dieses Gespräch wirklich führen. Wenn man es denn überhaupt als Gespräch betiteln kann. Ich überlege schon, wieder umzudrehen und mich von ihr zu verabschieden, da bleibt sie stehen. »Als ich gesehen hab, dass Steffi dich küsst, da hatte ich das Gefühl, dass die Welt gleich untergeht«, murmelte sie kaum hörbar und mit erneut gesenktem Kopf. Auch ich bleibe wie angewurzelt stehen, drehe mich zu ihr um und starre sie an. War mein Eindruck vielleicht doch nicht falsch, dass sie eifersüchtig war, als ich ihr erzählt habe, dass Steffi auf mich steht? Mein Herz klopft wie verrückt. »Sie hat mich überfallen. Ich finde sie schrecklich«, erkläre ich ihr und beobachte ihre Reaktion ganz genau. Ihre Augen flackern kurz hinauf zu mir, aber als sie merkt, dass ich sie beobachte, schaut sie sofort wieder weg. »Ich weiß nicht… ob ich generell auf Frauen stehe…«, flüstert sie, dann zögert sie einen Moment und sie sieht aus, als müsste sie sich für das wappnen, was sie als nächstes sagt, »aber ich… ich… mag dich…« Es ist kaum mehr als ein Hauch, aber mein Herz plustert sich auf und ich hab das Gefühl, dass die Sonne mitten in der Nacht aufgeht. »Ich war eifersüchtig auf Steffi… und… immer, wenn wir uns sehen, dann… dreht mein Herz vollkommen durch«, fährt sie immer noch flüsternd fort. Ich mache einen Schritt auf sie zu und strecke die Hand aus, lege ihr zwei Finger unters Kinn und zwinge sie mit sanfter Gewalt dazu, mich anzusehen. Schon wieder kaut sie auf ihrer Unterlippe herum. »Ich weiß, dass du dich selbst für schrecklich hältst und dich hässlich findest… aber wenn du… wenn du es mir erlaubst, dann möchte ich gern versuchen dir zu zeigen, wie wunder-, wunderschön du bist«, murmele ich. Ich kann es nicht mehr mit ansehen, wie sie ihre Unterlippe malträtiert und beuge mich vor. Sie hält geräuschvoll die Luft an und gibt ein Geräusch, das halb nach Wimmern und halb nach Seufzen klingt, als ich sie küsse. Ihre Finger krallen sich leicht in meine Arme, als müsste sie sich irgendwo festhalten. Mein Körper kribbelt, mein Herz zerfleddert sich beinahe vor Glück und Aufregung. Hannas Lippen sind unglaublich weich. Ich ziehe sie behutsam in meine Arme und spüre, dass sie leicht zittert. Allerdings bin ich mir sehr sicher, dass das nicht an der niedrigen Temperatur. Am liebsten würde ich sie stundenlang innig küssen, aber ich sollte es besser nicht übertreiben. Also löse ich mich von ihr und schaue in ihre glasig verhangenen Augen. »Möchtest du mit mir zusammen sein?«, frage ich und meine Stimme zittert leicht. Ich muss das fragen, ich muss sichergehen, dass ich das nicht nur träume und dass sie jetzt nicht schon wieder einen Rückzieher macht. Ganz langsam nickt sie, während sie mich immer noch wie hypnotisiert anstarrt. »Aber du musst… also… wenn du genug Geduld dafür hast«, wispert sie kaum hörbar. Ich lache leise. »Für meine Perle nehme ich alle Geduld der Welt«, sage ich zärtlich und dann küsse ich sie gleich noch mal. Beizeiten werde ich mich bei Melli bedanken. Aber das muss warten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)