Digimon Destiny von Kiripurin (season 6) ================================================================================ Kapitel 32: Es ist gut, den Hausmeister zu kennen ------------------------------------------------- Rico und Alice gingen wortlos die Stiegen zu ihrer Wohnung hoch. Herr Sato hatte die beiden netterweise vor ihrem Wohngebäude abgesetzt. Das Mädchen wusste, dass es falsch gewesen war, was sie getan hatte und dass Rico wegen ihr in eine Schlägerei mit Ryan verwickelt wurde, aber trotzdem fand sie es nicht fair von ihm, dass er ihr jetzt aus dem Weg ging und nichts mehr mit ihr redete. Aber so war ihr Bruder nun mal. Ehrlichkeit stand bei ihm an oberster Stelle und da sie es nicht so mit dieser Eigenschaft hatte, kamen sie wohl nicht auf den selber Nenner. Das musste sie von ihren Eltern haben … Warum erbte man eigentlich immer die schlechten Charakterzüge? Oben vor der Haustür angelangt, holte Rico den Schlüssel aus der Hosentasche und steckte ihn ins Schlüsselloch. Er wollte schon Aufsperren, doch zu seiner Verwunderung funktionierte es nicht, da die Tür schon offen war. „Was ist los?“, wollte Alice von ihm wissen, da sie sein verwundertes Gesicht gesehen hatte, doch er antwortete ihr nicht, was sie eigentlich nicht überraschte. Der Junge öffnete einfach die Tür und sie ging ihm hinterher. Kaum hatten sie einen Fuß in den Vorraum gesetzt, kam ihnen schon der Gestank von Alkohol und Rauch entgegen. Ganz klar: ihre Mutter war zu Hause, was die Schuhe und der Mantel, die mitten am Gang lagen, bestätigten. Rico ging schnurstracks in sein Zimmer und schmiss die Tür hinter sich zu, was Alice nur mit einem Seufzen kommentierte. Sie wollte nicht einfach so in ihrem Zimmer verschwinden, sie wollte sehen, wie es ihrer Mutter ging. Bereits nach kurzem Umsehen erblickte sie sie schon auf der Wohnzimmercouch und setzte sich auf den Sessel, der daneben stand. Sie betrachtete sie erst eine Weile, bevor sie zu sprechen begann. Ihre Mutter lag auf dem Rücken und hatte ihren Kopf auf der Armlehne liegen. Die eine Hand lag über ihren Kopf und verdeckte somit ihr Gesicht, die andere hing einfach auf der Seite bei der Bank hinunter. Sie sah total kaputt aus und schien Alice noch nicht bemerkt zu haben. „Mama …“, machte sie auf sich aufmerksam und berührte sie sanft auf der Schulter. Sofort zuckte die Frau unter dieser Berührung zusammen und setzte sich schnell auf. Schwer atmend und mit großen Augen blickte Frau Yurioka ihre Tochter an, als ob sie einem Geist gegenüber stehen würde, bis sie merkte, dass es nur Alice war. „Ach Alice, du bist es …“, meinte sie und wirkte ziemlich erleichtert. „Wer dachtest du denn, dass ich bin?“, erkundigte sie sich und blickte sie fragend an. „Ein Einbrecher, ein Mörder, dein Vater … ich weiß nicht, du hast mich gerade nur erschreckt …“, antwortete sie ihr und fuhr sich mit ihrer Hand durch ihre Haare. „Du siehst nicht gut aus“, bemerkt sie und spielte auf ihre tiefen Augenringe und auf ihren matten Gesichtsausdruck an. „Danke, dass hört man gern“, entgegnete sie ihr und nahm einen Schluck von dem Wasserglas, das auf dem Wohnzimmertisch stand, „Bist du denn gar nicht sauer auf mich?“ „Doch, natürlich bin ich sauer“, gab sie zurück und sah sie kritisch an, „Immerhin muss man dadurch die Situation aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachten. Papa hatte ja allen Grund dazu, sauer auf dich zu sein.“ „Ja, ich weiß, ich hab’s nicht anders verdient …“, wehrte sie sich nicht gegen die Anschuldigungen und legte sich wieder hin, „Diese Familie war schon nach wenigen Jahren zum Scheitern verurteilt …“ „Warum?“ „Warum, fragst du? Sieh uns doch einmal an. Dein Vater ist ein einflussreicher Politiker und ich bin eine erfolgreiche Richterin, meinst du, dass wenn beide Partner so einen guten Job haben, da so viel Zeit für die Liebe bleibt?“, erklärte sie ihr und legte nun auch wieder ihre Hand auf ihren Kopf, „Ich weiß ja gar nicht, ob ich deinen Vater jemals wirklich geliebt habe … Wir haben schon immer mehr nebeneinander als miteinander gelebt …“ Alice senkte ihren Kopf und blickte betrübt zu Boden. Eigentlich war ihr das Ganze schon vorher klar gewesen, aber es jetzt aus dem Mund ihrer Mutter zu hören, war etwas anderes. Sie hoffte inständig, nie so zu enden, wie ihre Eltern, mit einem Partner Kinder zu haben, den sie gar nicht wirklich liebte. „Wieso habt ihr euch dann nicht einfach schon früher getrennt? Bevor die Situation so eskalierte und ihr mit der ganzen Betrügerei angefangen habt?“, fragte sie mit trauriger Stimme und schaute sie nun wieder an, „Es wäre doch viel einfacher gewesen, wenn ihr friedlich auseinandergegangen wärt.“ „Tja … anscheinend gab es einen Teil in mir, der hoffte, dass irgendwann alles gut werden würde. Als ihr beide auf der Welt wart, haben wir uns geschworen, dass wir uns zusammenreißen, damit ihr in einem guten Umfeld aufwachst“, meinte sie und setzte ein selbstgefälliges Lächeln auf, „Aber wie’s aussieht, hat das nicht wirklich funktioniert … Wir waren schon von Anfang an schlechte Eltern. Ja, wir haben alles dafür getan, dass ihr alles Materielle hattet, das ihr brauchtet, aber das Wichtigste haben wir euch nicht gegeben.“ „Ja, ihr habt uns nie wirklich geliebt …“, sprach Alice leise aus, auf das ihre Mutter hinaus wollte und verknotete ihre Finger miteinander. „Genau, irgendwie haben wir nicht verstanden, was ein Kind wirklich braucht … oder wir wollten es nicht verstehen … oder es war uns egal …“ „Tut es dir leid?“, fragte sie nach einer kurzen Pause, woraufhin ihre Mutter lange brauchte, um zu antworten und zuerst tief seufzte. „Ich weiß nicht, ob ich etwas anders machen würde, wenn ich könnte …“, entgegnete sie ihr, was Alice dazu brachte, sich vor Enttäuschung die Fingernägel in ihre Handrücken zu bohren, „Ich weiß, dass du jetzt gerne gehört hättest, dass ich euch viel mehr Aufmerksamkeit hätte schenken sollen, aber wenn ich daran denke, dass ich dann nie in der Position wäre, in der ich jetzt bin, sage ich das nicht, weil ich dich nicht anlügen will. Es gibt eben Menschen, die für ihre Familie leben und welche, die es für ihren Job tun. Du hast Ehrlichkeit verdient und ich traue dir zu, dass du damit fertig wirst.“ „Trink nicht so viel, Mama, das ganze Haus riecht nach Alkohol“, bemerkte Alice nur, ohne auf irgendeine Aussage ihrer Mutter einzugehen, erhob sich von ihrem Sessel und ging weg. „Du verstehst das schon irgendwann …“, ignorierte ihre Mutter ihre zusammenhanglose Bemerkung und sagte nichts weiter. Alice marschierte in ihr Zimmer und schloss die Tür ganz leise hinter sich. Die Türschnalle noch immer in der Hand, lehnte sie sich langsam mit ihrer Stirn gegen die Tür und starrte ins Nichts. Ihre Familie war keine Familie mehr, eigentlich war sie nie eine gewesen … Sie hatte immer schon ohne ihre Eltern auskommen müssen, also was war jetzt anders als sonst? Früher hatte sie noch den Glauben daran gehabt, dass es sich irgendwann bessern würde, das war der Unterschied. Nun wusste sie, dass es aus war. Ihr wäre lieber gewesen, wenn ihre Mutter nicht so offen mit ihr gesprochen hätte, dann hätte sie wenigsten noch ein klein wenig hoffen können … Alice ließ ihre Augen nach links wandern, ohne ihren Kopf dabei zu bewegen. Ihr Blick blieb bei dem kleinen Durchgang hängen, der ihr Zimmer mit Ricos verband. Wann hatte sie den nur das letzte Mal benutzt? Das war schon ewig her. Wenn sie nicht so blöd gewesen wäre, hätte sie jetzt mit Rico reden können, aber er war so sauer auf sie, wie sie auf ihre Eltern. Warum machte sie in letzter Zeit nur alles falsch? Konnte nicht einmal einfach alles gut gehen? Shunichi saß auf einem Sessel neben dem Krankenbett seiner Mutter und hatte sein D-Maak in der Hand. Der Junge hatte Herrn Sato gebeten, ihn beim Krankenhaus abzusetzen, wenn es keine zu großen Umstände machte und er hatte zugestimmt. Er hatte wissen wollen, wie es ihr ging, aber als er in ihr Zimmer gekommen war, hatte sie bereits geschlafen. Da er sie nicht aufwecken und auch nicht einfach wieder gehen hatte wollen, hatte er sich einfach einen Sessel geschnappt und sich mit seinem D-Maak beschäftigt. Er nutzte die Wartezeit um nachzuforschen, was das Ding alles drauf hatte. Bis jetzt hatte er zwar schon viele Dinge herausgefunden, beispielsweise wie man den Tastenton um- und ausstellte, wie man es als gewöhnliches Telefon benutzen konnte, oder den Hintergrund änderte, aber wichtige Dinge, wie, wie man den alten Mann erreichte, wusste er noch immer nicht. Seufzend lehnte er sich beim Sessel zurück und ließ den Kopf nach hinten fallen. Es war doch alles sinnlos. Es hatte ja schon einmal lange gebraucht, bis Ryan und er herausgefunden hatten, wie man ein SOS-Signal sendete und das war, verglichen mit manch anderen Funktionen des D-Maaks, ziemlich einfach. Warum gab es zu dem Gerät eigentlich keine Bedienungsanleitung? Das würde einiges erleichtern … „Shunichi?“, hörte er plötzlich die leise Stimme seiner Mutter, woraufhin er sich schnell aufsetzte und sein D-Maak in die Hosentasche packte. „Ma, du bist wach“, stellte er fest und sofort huschte ein Lächeln über seine Lippen, „Hab ich dich eh nicht aufgeweckt?“ „Nein, das ist eigentlich ziemlich unmöglich“, erklärte sie und lächelte schwach, „Bei all den Medikamenten, die ich intus habe, ist es eigentlich ein Wunder, dass ich jetzt schon wach bin.“ „Wie geht’s dir denn?“, erkundigte er sich besorgt und umfasste ihre Hand mit seinen Händen. „Mir geht’s blendend“, meinte sie, als sei das das normalste auf der Welt und langsam merkte man ihr nicht mehr an, dass sie gerade geschlafen hatte, „Ich spüre fast nichts mehr. Ich finde es nur irgendwie seltsam, dass sie mir so viele Schmerzmittel geben, obwohl sie nicht einmal wissen, was ich habe.“ „Ich finde es gut, dass du dich von deiner Krankheit nicht herunterziehen lässt, Ma, aber ich finde das absolut nicht komisch“, entgegnete er ihr nur und blickte sie ernst an, „Die Abstände zwischen deinen Ohnmachtsanfällen, werden immer kürzer, mir macht das Sorgen.“ „Ach, Shunichi, was würde eine Mutter nur dafür tun, um so einen Sohn zu haben“, bemerkte sie nur und griff nun mit ihrer Hand, auf Shunichis Hände, die ihre noch immer umgriffen hatten, „Du bist schon so groß, aber ich kann mich noch ganz genau erinnern, wie ich dich vor einigen Jahren im Arm gehalten habe.“ „Ja, vielleicht bin ich schon groß, aber das ändert nichts daran, dass ich dich noch immer brauche“, erklärte er und sah sie nun aus traurigen Augen an, „Also werde ganz schnell wieder gesund, ja?“ „Ja, versprochen.“ Shunichi entgegnete dem nichts mehr und streichelte nur weiter ihre Hände. Er würde ihr gerne glauben, aber er wusste, dass es nahezu unmöglich war, dass sie jemals wieder ganz gesund werden würde, geschweige denn ihren alten Job bei der Polizei wieder aufnehmen konnte. Er wünschte es sich, wie nichts anderes auf der Welt, aber leider war Wünschen sehr oft zu wenig … „Mit wem warst du denn so lange weg?“, wurde Hime von ihrer Mutter gefragt, als sie gerade gemeinsam im Keller ihres Hauses Wäsche aufhängten. „Mit Shunichi, Alice und noch ein paar Freunden“, erklärte sie ihr, konzentrierte sich aber weiterhin auf die Kleidungsstückte, „Wir haben zusammen gelernt.“ „Ach so“, meinte sie nur und ergriff anschließend den vollen Wäschekorb, der am Boden gestanden hatte, „Gut, der Rest kommt nach oben.“ Also folgte Hime ihrer Mutter ins Erdgeschoss, blickte dabei aber betrübt zu Boden. Ihr war unwohl dabei, ihre Eltern anlügen zu müssen, auch wenn sie dabei versuchte, so gut wie möglich bei der Wahrheit zu bleiben oder eben Dinge nur zu verheimlichen, aber das war eben nicht immer möglich … Einen Stock höher angelangt, stellte Frau Inoue den Korb im Wohnzimmer ab und verschwand anschließend in einer Kammer, wo das Bügelbrett und das Bügeleisen gelagert waren. Hime setzte sich auf die Couch, neben ihren Vater, der sich gerade die Nachrichten ansah. „Lea ist wieder im Krankenhaus“, erklärte er seiner Tochter und wandte seinen Kopf zu ihr. „Ich weiß, Shunichi hat es mir schon erzählt.“ „Hätte ich mir denken können, wenn du mit ihm unterwegs warst“, gab er zurück und setzte ein Lächeln auf, das aber schon bald wieder verschwand, „Ich verstehe nicht, wieso gerade sie mit so einer Krankheit bestraft wird, sie war immer so ein aufgeschlossener, liebenswerter und lebensfreudiger Mensch, das ist sie immer noch. Roy ist am Boden zerstört …“ „Shunichi geht’s auch nicht besser. Er will ihr helfen, kann es aber nicht, das macht ihn fertig.“ „Jaja, Shunichi war schon immer so fürsorglich …“, entgegnete er ihr, wandte sich aber plötzlich von ihr ab und nahm die Fernbedienung in die Hand, um den Ton lauter zu drehen, „Hey, sie berichten schon über den Vulkan!“ Anfangs war Hime etwas verwirrt, doch dann begriff sie, dass ihr Vater den Digimon-Angriff von heute Nachmittag meinte. Interessiert daran, was die Menschen vom Fernsehen dazu zu sagen hatten, blickte sie nun ebenfalls zum Fernsehgerät. Ihre Mutter war bereits wieder mit Bügelbrett und Bügeleisen zurück gekommen und blieb hinter der Bank stehen, um auch gut sehen zu können. „Heute Nachmittag hat sich ein unerwarteter Ausbruch des Aiama-Vulkans zugetragen“, begann der Nachrichtensprecher seinen Text herunterzuratschen, als im Hintergrund Bilder des Gesagten ausgestrahlt wurden, „Niemand hatte dieses Ereignis hervor sehen können. Man kann von Glück sprechen, dass nichts weiter Schlimmes passiert ist. Eigentlich hatte man angenommen, dass der Aiama-Vulkan nicht mehr aktive wäre, doch anscheinend haben die Spezialisten da etwas übersehen …“ Nun wurde das Wort an einen so eben genannten Spezialisten weitergegeben, der versuchte zu erklären, was die Gründe für diesen Ausbruch sein hätten können. Hime konnte bei diesem Versuch nur schmunzelnd zusehen, auch wenn das eigentlich überhaupt nicht lustig war, wenn man bedachte, dass solche Dinge ziemlich gefährlich waren. „Hast du den Vulkanausbruch mitbekommen, als du mit deinen Freunden gelernt hast?“, erkundigte sich ihre Mutter bei Hime, woraufhin sie ihren Kopf zu ihr nach hinten wandte. „Ja, hab ich, wir haben uns voll geschreckte, als wir die Explosionen gehört haben.“ „Was hier wohl vor sich geht …“, dachte Herr Inoue laut nach und strich sich grüblerisch übers Kinn, „In letzter Zeit passieren echt seltsame Dinge …“ „Wir werden es nie erfahren“, meinte Hime einfach und erhob sich anschließend von der Bank, „Ich geh in mein Zimmer.“ Als Nayuta zwei Tage später gemeinsam mit Ayato das Klassenzimmer betrat, fiel ihm gleich einmal auf, dass Rico nicht auf seinem Sitzplatz saß. Er fragte sich, ob er wohl krank oder nur auf der Toilette war, beschloss dann aber nicht weiter darüber nachzudenken, weil es ihm eigentlich egal sein konnte. Der Junge verabschiedete sich von Ayato, der seinen Platz in der letzten Reihe hatte und wollte schon zu seinem vor gehen, doch als er hörte, dass jemand seinen Namen rief, drehte er sich um. Er stellte fest, dass es Hime war, die ihn gerufen hatte und die ihn nun zu sich deutete. Sie lehnte gegen ihren Tisch. „Hi, was gibt’s?“, begrüßte er sie, als er bei ihr angekommen war. „Seit wann kommst du mit Ayato gleichzeitig in die Schule?“, wollte sie wissen und hatte kurz zu der angesprochenen Person hinüber gesehen, „War ja gestern auch schon so.“ „Ich bin bei ihm untergekommen“, erklärte er ihr, da er keine Bedenken hatte, Hime nicht die Wahrheit zu sagen, „Bei mir zu Hause läuft’s gerade nicht so gut, also hat er mir angeboten, eine Weile bei ihm zu wohnen, deswegen kommen wir jetzt gemeinsam in die Schule.“ „Oh, verstehe … Was ist eigentlich mit Rico?“ „Darüber sollte doch Alice besser Bescheid wissen als ich, oder?“, stellte er eine Gegenfrage und blickte zu dem Mädchen, das auf ihren Sessel saß. „Nein, keine Ahnung“, meinte Alice und versuchte ihre Stimme möglichst gleichgültig klingen zu lassen, „Rico redet kein Wort mehr mit mir, also weiß ich auch nicht, wieso er gestern und heute nicht in der Schule war.“ „Ich bin gerade auch nicht der perfekte Ansprechpartner, wenn es um Rico geht“, antwortete er nun auf Himes Frage, „Wir hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit, seitdem ist Funkstille.“ „Das ihr nicht miteinander redet, ist mir vor zwei Tagen aufgefallen, aber ich dachte, dass sich das schnell wieder legen würde“, bemerkte Hime und verschränkte nachdenklich die Arme, „Was genau ist denn passiert?“ „Eigentlich nichts Großes, aber ich sehe nicht ein, wieso ich immer zu ihm rennen muss, vor allem wenn ich noch dazu eindeutig Recht habe“, gab er zurück und sah anschließend unauffällig auf die Uhr, die über der Tür hing, „Naja, die Stunde fängt gleich an, wir sehen uns.“ „Ja, bis dann“, verabschiedete sie sich und Alice tat es ihr kurz darauf gleich, „Hast du davon gewusst?“ „Nein, ich hatte keine Ahnung.“ „Was ist nur los mit Rico? Er schirmt sich ja von allen ab“, stellte Hime fest und begab sich auch langsam zu ihrem Sessel, „Dass er auf dich sauer ist, verstehe ich ja, aber du hast dich ja bei ihm entschuldigt und man sieht, dass es dir leid tut. Er hat sich echt verändert in letzter Zeit …“ „Er kann’s nicht ausstehen, wenn er angelogen wird und leider wurde er das in den vergangenen Tagen oft …“, erklärte sie ihr und starrte gedankenverloren auf den Tisch. „Ja? Ist etwas mit deinen Eltern?“ „Nein, nein, alles okay“, log sie schon wieder und winkte mit ihrer Hand ab, „Hast du die Mathe Hausübung? Irgendwie hab ich das letzte Beispiel nicht wirklich verstanden.“ „Ja, ich denke schon, warte einmal …“, meinte sie und kramte anschließend in ihrer Schultasche herum. Alice seufzte leise und versetzte sich selbst, während Hime abgelenkt war, einen Tritt auf ihren Fuß. Sie hatte es schon wieder getan … Aber was sollte sie denn machen? Das mit ihren Eltern war etwas anderes als die Sache mit Ryan oder sonst irgendetwas. Irgendwann würde sie es ihr schon sagen … irgendwann, wenn der richtige Zeitpunkt dafür gekommen war. Die 10-D hatte gerade Japanisch und Honoka lümmelte gelangweilt auf ihrem Tisch. Jede Minute warf sie einen Blick auf die Uhr, doch die Zeit schien nicht vergehen zu wollen. Hin und wieder sah sie auch zu Yukiko hinüber, die gebannt auf ihren Japanisch-Zettel starrte, aber nicht, weil sie so aufmerksam den Text las, sondern weil sie etwas darauf herum kritzelte. Dem rosahaarigen Mädchen entfuhr ein leiser Seufzer und musste kurz darauf auch noch gähnen. Sie wollte nur für einen kurzen Moment die Augen schließen … nur ein paar Sekunden …. doch schon nach kurzer Zeit, spürte sie, wie sie sie nicht mehr aufbekam und beschloss es einfach zu lassen. Aber plötzlich drang ein leises Piepsen zu ihren Ohren, das immer lauter zu werden schien. Anfangs wollte sie es einfach ignorieren, doch als realisierte, welches Gerät dieses Geräusch auslöste, riss sie ihre Augen auf und war wieder hell wach. Sofort drehte sie ihren Kopf zu ihrer Sitznachbarin, um zu sehen, ob sie es auch schon mitbekommen hatte. „Hörst du das auch?“, fragte sie in Flüsterton und lehnte sich ganz nahe zu ihr hinüber, damit sie sie besser verstehen konnte. „Ja, na klar“, entgegnete ihr Yukiko in gleicher Lautstärke und legte ihren Kugelschreiber bei Seite, „Ist ja nicht zu überhören.“ „Was machen wir jetzt? Wir können ja nicht einfach aus dem Unterricht verschwinden, aber wir sind heute dran.“ „Keine Ahnung, wir müssen uns etwas einfallen lassen“, antwortet sie ihr und warf hin und wieder einen Blick zu ihrem Japanisch-Lehrer, ob der eh noch nicht mitbekommen hatte, dass sie tratschten. „Die Stunde geht noch immer zwanzig Minuten …“, bemerkte sie, nachdem sie auf die Uhr gesehen hatte, „Wir müssen wohl Herrn Sato um Hilfe bitten.“ „Was? Der hat uns doch schon gestern geholfen, wir können ihn nicht schon wieder belästigen.“ „Doch, können wir. Er hat doch gesagt, dass wir uns immer bei ihm melden können, das wird schon kein Problem sein“, meinte Honoka und kramte anschließend in ihrer Schultasche herum, um ihr Handy zu suchen. „Und was machst du jetzt?“ „Ihm eine SMS schreiben, anrufen kann ich ihn ja schlecht.“ Unauffällig und den Lehrer nicht aus den Augen lassend, legte Honoka ihr Handy hinter ihre Federschachtel und begann die SMS an Herrn Sato zu schreiben. Sie versuchte sich kurz zu halten und schickte die Nachricht mit dem einfachen Text „Hilfe, Digimon! Wir müssen aus der Klasse!“ ab. „So, bin gespannt, wie schnell er da ist“, sagte sie eher zu sich selbst und packte ihr Handy anschließend wieder in ihre Tasche. „Was erwartest du? Dass er in zwei Minuten hier ist?“, wollte Yukiko wissen und beobachtete jede ihrer Bewegungen genau. „Honoka, Yukiko“, ermahnte der Lehrer die beiden plötzlich mit wütender Stimme und blickte sie dabei mit verschränkten Armen an. „Entschuldigung …“, meinten die zwei nur leise und blickten verlegen zu Seite. Plötzlich wurde die Klassenzimmertür aufgerissen, ohne dass vorher angeklopft wurde und die ganze Aufmerksamkeit lag auf der Person, die den Raum betreten hatte. Herr Sato stand mit einem Wischmopp, die Türschnalle noch immer fest umgriffen, da und blickte den Lehrer ernst an. „Ich brauche Schüler, die mir helfen!“, erklärte er und fragte nicht einmal, ob das eh keine Umstände machte. „Ehm … okay“, entgegnete ihm der Lehrer und wirkte etwas überfordert, „Wie viele brauchen Sie denn?“ „Zwei“, antwortete er und sah sich einmal in der Runde um, deutete dann aber schon nach kurzer Zeit auf Yukiko und Honoka, „Da, die zwei will ich.“ „Aber … das können Sie doch nicht einfach so bestimmen“, schien der Lehrer nicht wirklich mit seiner Entscheidung einverstanden zu sein. „Und ob ich das kann. Mädels, steht auf, kommt mit“, forderte er die beiden auf und verließ anschließend wieder das Klassenzimmer. Yukiko und Honoka folgten artig und erhob sich von ihren Plätzen. Ungläubig starrte der Lehrer Herrn Sato und dann die zwei Mädchen an. Er war eindeutig überrumpelt worden. „Auf Wiedersehen, Herr Fumi“, verabschiedete sich Honoka mit einem zuckersüßen Lächeln und huschte anschließend aus der Klasse. „Wiedersehen“, meinte auch Yukiko und schloss hinter sich die Tür. „Danke für ihre Hilfe“, bedankte sich Honoka, als sie gemeinsam mit Herrn Sato den Flur entlang gingen. „Nachdem ihr das böse Digimon beseitigt habt, könnt ihr euch erkenntlich zeigen und meine Hausmeisterkammer aufräumen“, meinte er mit neutraler Stimme, woraufhin das Mädchen die Miene verzog. „Das wollen Sie solch zwei lieben Mädchen, wie wir es sind, antun?“, fragte sie, da sie nicht wirklich Lust dazu hatte, nachher noch zu arbeiten. „Ach komm schon, Honoka, das ist doch das Mindeste, was wir tun können“, brachte sich nun Yukiko ein und wurde daraufhin ungläubig von Honoka angestarrt. „Auf welcher Seite stehst du denn?“ „Auf keiner, ich finde es nur fair, dass wir auch etwas dafür tun, dass Herr Sato uns immer hilft“, verteidigte sie sich und blickte etwas beschämt zu Boden. „Wenigstens eine von euch ist vernünftig“, bemerkte er und blieb vor der Hausmeisterkammer, an der sie gerade vorbeikamen, stehen, „Also, wenn ihr das böse Digimon beseitigt habt, kommt einfach her, ja? Aber wehe ihr trödelt, dann helf ich euch zwei nämlich nicht mehr aus der Patsche, verstanden?“ „Ja, verstanden“, antwortete Yukiko und versetzte ihrer besten Freundin anschließend einen kleinen Stoß, da sie nichts gesagt hatte. „Ja, ist gut“, meinte nun auch sie etwas genervt und die beiden machten sich auf den Weg Richtung Ausgang. „Wo ist das Digimon eigentlich?“, fragte Yukiko, als sie das Gebäude bereits verlassen hatten und nun auf das Tor des Schulgeländes zugingen. „Im Kazumi-Wald“, antwortete ihr Honoka, die ihr D-Maak in der Hand hielt, „Wie kommen wir dort am besten hin?“ „Zu Fuß wird’s ne Weile dauern …“, bemerkte sie und überlegte, wie sie sich am besten fortbewegen konnten, wurde aber von einem plötzlichen Aufschrei Honokas dabei unterbrochen, „Was ist los?“ „Gissimon!“, gab sie mit lauter Stimme zurück und sah sie panisch an, „Ich hab es zu Hause vergessen!“ „Was? Wie ist denn das passiert?“ „Ich dachte, ich hätte es ins D-Maak gesperrt, aber ich war heute in der Früh so in Hektik, weil ich schon wieder so spät aufgestanden bin, dass ich das ganz vergessen hab!“, erklärte sie und zerraufte sich ihre Haare, „Es hat in meinem Bett geschlafen und ich wollte es erst aufwecken, wenn ich fertig bin!“ „Beruhig dich, das kann schon mal passieren, so schlimm ist es nicht … Im Gegenteil, das bringt mich sogar auf eine Idee“, entgegnete sie ihr, woraufhin Honoka ein verwirrtes Gesicht aufsetzte, „Wenn du schon nach Hause musst, kannst du doch gleich dein Rad holen, ich werde das auch tun. Wir fahren mit den Rädern, dann sind wir schneller dort.“ „Klasse Idee!“, war sie begeistert und packte ihr D-Maak weg, „Okay, dann treffen wir uns dann beim Stadtpark und fahren dann in den Wald.“ „Gut, bis dann“, verabschiedete sie sich und schlug einen anderen Weg als Honoka ein, „Und beeil dich, ja?“ „Ja, sicher, wir sehen uns!“ Yukiko blickte ihrer Freundin noch eine Weile hinterher, bis sie um die Ecke verschwand, dann lief sie in die Richtung, in die sie musste. Ob es schneller ging, wenn sie nach Hause gingen und ihre Räder holten, anstatt gleich zu Fuß zu gehen, wusste sie zwar nicht, aber wenn Honoka Gissimon noch holen musste, war das auf jeden Fall die bessere Entscheidung. „Hey, wo rennst du denn hin?“, fragte sie plötzlich eine Stimme von oben, woraufhin sie verwirrt aufsah und Takomon erblickte, „Das Digimon ist doch in einer ganz anderen Richtung!“ „Honoka muss noch nach Hause, weil sie Gissimon vergessen hat, also haben wir beschlossen, gleich mit den Rädern hinzufahren“, erklärte sie ihm und war irgendwie froh, weil es überhaupt mit ihr sprach. „Wie kann man nur so blöd sein?“, bemerkte es kopfschüttelnd in einem abwertenden Tonfall, „Naja, egal, ich mach mich auf jeden Fall schon einmal auf den Weg, lass mich digitieren!“ „Nein, das werde ich nicht tun!“, widersprach sie und blieb zur Sicherheit stehen, bevor sie noch irgendwo anrannte, „Du kannst nicht einfach voraus fliegen, wir sind Partner.“ „Das wäre mir aber neu“, lachte es verächtlich, sah sie kurz darauf aber wieder mit scharfem Blick an, „Lass mich digitieren!“ „Nein, dir könnte etwas zustoßen, wenn du alleine dort bist, das will ich nicht“, erklärte sie, warum sie solche Bedenken hatte, was es aber nicht nachvollziehen konnte. „Ich werde nicht so leicht besiegt“, gab es bissig zurück und flog dann in Richtung Wald davon, „Naja, dann werde ich eben so kämpfen, das schaff ich auch alleine!“ „Nein, Takomon, warte!“, rief sie ihm hinterher und streckte ihre Hand nach dem Digimon aus, doch es hörte nicht. Na ganz toll hatte sie das wieder hinbekommen. Jetzt wollte sie einmal nicht nachgeben und dann kam so etwas heraus. Sie hatte Sorgen, dass ihm etwas zustoßen könnte. Wenn es auf dem Champion-Level wäre, hätte es viel mehr Chancen alleine das böse Digimon zu bekämpfen … Aber es war doch unsinnig alleine zu kämpfen, warum sah es das nicht ein? Irgendwie hatte sie das Gefühl, als würde sie als Digi-Ritter nur versagen … „Gissimon, aufstehen!“, rief Honoka, als sie ihre Zimmertür geöffnet hatte und blickte in das verschlafene Gesicht ihres Digimon-Partners. „Was ist denn los, Honoka? Was schreist du denn so?“, fragte es verwirrt und rieb sich seine Augen, da es bis jetzt geschlafen hatte. „Ein Digimon ist aufgetaucht und wir sind dran!“, erklärte sie laut und ging auf ihr Bett zu, „Los, aufstehen, wir müssen kämpfen!“ „Warum taucht das Digimon denn schon so früh auf?“ erkundigte es sich, während Honoka es an der Pfote packte und mit sich zog, „Ah! Haben wir’s so eilig?“ „Ja, es ist schon Nachmittag, ich hab dich zu Hause vergessen, eigentlich sollten wir schon längst auf dem Weg sein!“, entgegnete sie ihm und rannte den Gang entlang, zu den nach unten führenden Treppen. „Wie, es ist schon Nachmittag?“, war das arme Digimon etwas überfordert und rieb sich den Kopf. „Ich erklär es dir später, wenn wir unterwegs sind“, meinte sie und wollte schon die Stiegen hinunterlaufen, als plötzlich ihr Vater mit einem Wäschekorb in der Hand aus dem Schlafzimmer kam und sie deswegen anhielt. „Honoka, was machst du denn schon hier?“, fragte er verwirrt, da er sie erst zwei Stunden später erwartet hatte. „Ehm … mir ging’s nicht so gut, also hab ich gesagt, dass ich heim gehe“, log sie und kratzte sich dabei verlegen am Kopf. „Du siehst aber ziemlich fit aus“, bemerkte er, nachdem er sie von oben bis unten gemustert hatte. „Ja, mir geht’s jetzt auch schon wieder viel besser, ein Glück, nicht?“, versuchte sie sich herauszureden und setzte ein gezwungenes Lachen auf. „Mit wem hast du da vorher eigentlich geredet?“ „Ehm … mit Yukiko, ja, ich hab mit ihr telefoniert.“ „Aber du hast doch gar kein Handy in …“ „Ja, also ich muss dann auch schon los, ich treff mich nämlich mit ihr“, unterbrach sie ihn und war schon etwas genervt davon, dass er sie nicht einfach in Ruhe ließ. „Ich dachte, du bist früher gegangen? Sollte sie dann nicht noch in der Schule sitzen?“ „Nein, ihr ging’s nämlich plötzlich genau so schlecht wie mir, also sind wir gemeinsam gegangen. Sie hat mir in der Pause ein Stück von ihrem Schulbrot gegeben, vielleicht hat das etwas gehabt, witzig, oder?“, plapperte sie einfach weiter, damit ihr Vater ja wenig zu Wort kam und ging schon ganz unauffällig rückwärts die Treppe hinunter. „Aber wenn es euch eh beiden nicht gut geht, warum trefft ihr euch dann?“, ließ er nicht locker und sah sie skeptisch an. „Wie gesagt, mir geht’s schon besser und Yukiko auch, also haben wir beschlossen die freie Zeit zu nutzen, um eine Runde mit den Rädern zu fahren.“ „Aber es ist doch …“ „Ja, also wir werden wohl eine Weile weg bleiben, mach dir keine Sorgen, hab dich lieb, tschüss!“, redete sie ihm schon wieder drein, drehte sich um und rannte nun ganz die Treppen hinunter. „Dein Vater tut mir leid …“, äußerte sich Gissimon, als sich Honoka wieder ihre Schuhe anzog. „Ich kann ihm ja nur schwer erzählen, dass ich früher von der Schule weggegangen bin, weil ich gegen ein böses Digimon kämpfen muss“, gab sie in Flüsterton zurück, da sie nicht wollte, dass ihr Vater sie für noch bescheuerter hielt. Anschließend zog das Mädchen noch ihre Jacke an, verließ das Haus und schnappte sich das Fahrrad, das in der Garage stand. Gissimon durfte im vorderen Korb Platz nehmen und während der Fahrt erklärte Honoka ihrem Partner alles, was es wissen musste und verpasst hatte, als es zu Hause geschlafen hatte. Ich hab in letzter Zeit viel Spaß daran DD zu schreiben, ich hoffe, man merkt ws ^^ Viel ist wieder nicht passiert, aber das wird jetzt leider immer so sein, irgendwie schreibe ich die Szenen jetzt viel ausführlicher als früher =S Kiripurin Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)