Digimon Destiny von Kiripurin (season 6) ================================================================================ Kapitel 17: Digimon Gefühle --------------------------- Mit einem Handtuch um ihren Körper gewickelt, saß Alice schon seit Stunden auf den kalten Fliesen des Badezimmers, hatte die Knie angezogen und weinte in sich hinein. Was hatte sie nur getan? Was hatte sie dazu bewegt, sich so gehen zu lassen? Nachdem sie zu Hause angekommen war und gemerkt hatte, dass keiner da war, hatte sie sich sofort unter die Dusche gestellte. Das Mädchen hatte mit kaltem Wasser geduscht, das war die Strafe dafür, dass sie so dumm gewesen war. Als sie fertig gewesen war, hatte sie sich vor den Spiegel gestellt, doch sie hatte ihren Anblick nicht lange ertragen können. Deswegen saß sie jetzt hier und lauschte den Tropfen des Wassers, das vom Duschkopf auf den Boden prallte, weil sie vergessen hatte, den Hahn ganz zuzudrehen. Ryan … Warum ausgerechnet er? Hatte er das ernst gemeint, was er zu ihr gesagt hatte, oder spielte er nur mit ihr, wie mit jeder anderen auch? Das was er zu ihr gesagt hatte, hatte sich so ernst gemeint angehört, doch sie wusste, dass es nicht so war. Sie war so verwirrt und wusste nicht, was sie denken sollte. Das Mädchen würde ihn jeden Tag sehen, jeden Tag mit ihm gegen böse Digimon kämpfen. Wenn er sie wirklich nur verarschte, würde sie das nicht aushalten. Er würde sie auslachen, wie dumm sie war … Sie hasste sich so sehr dafür. Warum hatte sie das zugelassen? Warum hatte ihr das gefallen? Sie hätte sich locker wehren können, wie in der Besenkammer, aber sie hatte es ja nicht einmal versucht. Nicht weil sie wusste, dass sie sowieso keine Chance hatte sich zu wehren, sondern weil sie es nicht wollte. In dem Moment hatte sie sich gewünscht, dass er sie küssen würde und sie hatte es genossen, als es geschah. Aber sie konnte das nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren. Ihr Kopf hatte ihr die ganze Zeit das richtige gesagt: Egal was passiert, lass dich nicht auf ihn ein, wehr dich! Warum hatte sie denn nicht auf ihr Gehirn gehört? Das tat sie doch sonst auch immer. Und was sollte sie ihrer besten Freundin erzählen? Hime würde sie sicher fragen, warum sie so komisch war, sollte sie sie schon wieder anlügen? Eigentlich tat man ja so etwas nicht, aber sie konnte ihr doch nicht einfach sagen, dass sie zugelassen hatte, dass Ryan sie geküsst hatte, obwohl sie immer davon sprach, wie sehr sie ihn hasste. „Alice?“, konnte sie auf einmal eine Stimme, die von der anderen Seite der Tür kam, wahrnehmen und wurde somit aus ihren Gedanken gerissen, „Bist du da drinnen?“ Es war ihr Bruder, der nun sanft gegen die Tür klopfte und anschließend die Türschnalle nach unten drückte. Doch sie ließ sich nicht öffnen, denn Alice hatte sie zugesperrt. „Alice?“, fragte er noch einmal und hatte nun begriffen, dass die Tür verschlossen war, „Geht’s um unsere Eltern?“ Sie antwortete wieder nicht, wischte nur die Tränen mit ihrem Handrücken weg. Dann dachte sie einen Augenblick nach … ihre Eltern … gar keine so schlechte Idee. „Hey, das wird schon wieder“, begann er dann wieder zu reden, setze sich auf den Boden und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Mauer, neben der Tür. „Ich weiß …“, entgegnete sie ihm mit trauriger Stimme und hob ihren Kopf, damit er sie besser verstehen konnte. „Du musst deswegen nicht weinen, das bringt sich nichts“, versuchte er sie weiter aufzumuntern, auch wenn das nicht gerade seine Stärke war. „Ich wein doch nicht“, widersprach sie ihm mit wackeliger Stimme. „Dann hab ich mich wohl getäuscht …“, ging er nicht weiter darauf ein, doch Alice wusste, dass er ihr nicht glaubte. „Ja, hast du“, meinte sie diesmal mit mehr Entschlossenheit, „Mama und Papa sind es nicht wert, dass ich wegen ihnen weine.“ „Gute Einstellung“, kommentierte er ihre Aussage und wartete wieder eine Weile, bis er fortsetzte, „Weißt du noch, wie du einmal draußen am Spielplatz hingefallen bist und nach unserer Mutter geschrien hast?“ „Das ist doch schon Ewigkeiten her“, antwortete sie ihm nur und wusste nicht ganz worauf er hinaus wollte. „Sie hat gesagt, dass sie gleich kommen würde, aber das hat sie nicht gemacht“, erzählte er ihr die Geschichte und seine Schwester hörte ihm noch immer verwirrt zu, „Irgendwann ist es dir dann zu blöd geworden und du bist alleine aufgestanden und hast einfach weiter gespielt.“ „Ja, das weiß ich noch“, entgegnete sie ihm und musste dann kurz lächeln, „Damals war ich ziemlich angefressen auf sie.“ „Und als unser Vater einmal gesagt hat, dass er uns vom Kindergarten abholt und dann nicht gekommen ist“, schwelgte er weiter in Erinnerungen, was das Mädchen sehr wunderte. „Wir sind einfach alleine nach Hause gegangen und Mama hat uns dann eine Standpauke gehalten, wie wir sowas nur tun können“, vollendete sie die Geschichte und sie spürte, wie die Traurigkeit in ihr langsam verfloss, „Papa hat uns dann auch noch mal zusammen geschrien.“ „Schon damals haben wir unsere Eltern nicht gebraucht“, erklärte Rico ihr endlich, was er ihr mit diesen Ereignisse verdeutlichen wollte, „Es macht jetzt keinen großen Unterschied, ob sie da sind oder nicht.“ „Meinst du, dass wir es wem sagen sollen?“ „Wird notwendig sein.“ „Lass mich noch einmal versuchen mit ihnen zu reden“, bat sie und bemühte sich um allen Ernst in ihrer Stimme. „Wenn du meinst, dass sich das was bringt“, entgegnete er ihr nur darauf und erhob sich wieder, „Gute Nacht, kannst jetzt wieder weiter heulen.“ „Ich hab nicht geheult!“, meinte sie mit etwas lauter Stimme und setzte nach einer Weile in normalem Ton fort, „Danke, Rico.“ Der Junge sagte nichts mehr darauf und machte sich auf den Weg in sein Zimmer. Alice hätte nie geglaubt, dass er es schaffen würde, sie aufzumuntern, auch wenn sie über etwas ganz anderes geredet hatten. So gesprächig hatte sie ihn schon lange nicht mehr erlebt. „Hey Takomon!“, hörte das griesgrämige Digimon Acimon seinen Namen rufen. Es war bereits nächster Morgen und es hatte es sich gerade auf einem Telefonmast bequem gemacht und wollte sich ein wenig ausruhen, doch als es diese bekannte Stimme wahrnahm, war es wieder aufgeschreckte. „Was willst du?“, fragte es dann, wobei man den genervten Unterton in seiner Stimme nicht überhören konnte. „Ich hab hier was für dich!“, schrie es wieder zu ihm nach oben und hüpfte energiegeladen auf und ab. Dank seinen überdurchschnittlich guten Augen, erkannte das vogelartige Digimon sofort, dass das Wesen, das ihm auf die Nerven ging, zwei Stiele, mit schokoladeüberzogenen Erdbeeren, in den Pfoten hielt. Also schlussfolgerte es daraus, dass es ihm eines andrehen wollte. „Geh weg, lass mich in Ruhe“, meinte es nur und drehte sich in eine andere Richtung, um Acimons Anblick nicht länger ertragen zu müssen. „Willst du keine Erdbeeren von einem starken Digimon entgegennehmen?“, protzte es und streckte selbstbewusst die Brust hinaus. „Starkes Digimon? Das ich nicht lache!“, entgegnete es ihm, ohne sich umzudrehen, „Du bist ja nicht einmal im Stande, aufs Ultra-Level zu digitieren und da nimmst du solche Wörter in den Mund?“ Dem bläulichen Digimon war das sarkastische Lachen nicht entgangen, woraufhin es den Mund verzog. Es wollte doch nur nett sein und nun hatte es schon wieder eine Abfuhr kassiert. „Das kommt noch! Du wirst sehen, irgendwann wirst du meine Hilfe brauchen und dann bin ich da, um dich zu beschützen!“, meinte es und ließ sich nicht unterkriegen. „Pass lieber auf jemanden auf, der wirklich deine Hilfe braucht und geh mir nicht auf den Geist“, konterte Takomon wieder und flog anschließend weg. „Hey, warte!“, schrie es ihm hinterher, doch nach wenigen Sekunden war das Vogeldigimon nicht mehr zu sehen. „Deine Tat war wieder einmal keine schlaue“, kommentierte Fikadamon, das gerade angewatschelt kam, das Geschehen. „Und was soll ich deiner Meinung nach sonst machen, Schlaumeier?“, fragte Acimon nach und wirkte etwas beleidigt. „Nicht so offensichtlich zeigen, dass sich in deiner physischen Konstitution eine Dominanz positiver Effekte auf die Individualität seiner Person manifestiert hat“, erklärte es, aber Acimon schien, nach seinem Gesichtsausdruck zu folgen, keine Ahnung zu haben, wovon es sprach. „Häh?“, verdeutlichte es noch einmal, dass es nichts verstanden hatte, woraufhin Fikadamon kurz schnaubte. „Du sollst nicht so offen zeigen, dass du Takomon sehr gerne hast.“ „Es ist aber so, wieso sollte ich es geheim halten?“ „Es mag anscheinend Digimon, die Stärke zeigen, schwer zu durchschauen und verschlossen sind“, offenbarte es seine Denkweise und Acimon hörte gespannt zu, „Wenn du dich ein bisschen zurück hältst und hart trainierst, wirst du meiner Meinung nach mehr Anerkennung bei ihm gewinnen.“ Das Digimon entgegnete nichts mehr darauf und schien nachzudenken. Vielleicht hatte es ja Recht und es sollte wirklich ein wenig in Defensive gehen und mehr trainieren, einen Versuch war es auf jeden Fall Wert. „Danke, Fikadamon! Ich werde mich sofort auf den Weg machen“, bedankte es sich und zischte davon. „Hoffentlich hat es auch verstanden, was ich ihm sagen wollte …“, sprach es zu sich selbst, denn Acimon war schon immer etwas begriffsstutzig gewesen. Seufzend tapste Naokimon durch die Straßen und schaute betrübt zu Boden. Baluamon und Gissimon, die neben ihm hergingen und sich bis jetzt prächtig unterhalten hatten, schauten sich nur verwirrt an, bis das grüne Digimon zu reden begann. „Was ist denn los, Naokimon?“, fragte es fürsorglich, woraufhin es aufsah. „Ach … es ist nur wegen Alice …“, antwortete es ihm mit trauriger Stimme und senkte wieder seinen Blick, „Sie erzählt mir so wenig in letzter Zeit und mir kommt es vor, als würde sie sich immer weiter von mir entfernen.“ „Das bildest du dir bestimmt nur ein“, meinte Baluamon überzeugt und klopfte dem unglücklichen Digimon auf die Schulter. „Nein, das glaube ich nicht“, widersprach es ihm leise und es schleifte seinen Schwanz am Boden, was seine Traurigkeit ausdrücken sollte, „Ich fühle mich manchmal so einsam, Alice ist die einzige mit der ich über alles reden kann und bei der ich mich so wohl fühle.“ „Das ist doch Blödsinn!“, entgegnete ihm Gissimon und sah es ernst an, „Du hast doch uns! Die anderen Partner-Digimon sind alle für dich da!“ „Das ist zwar lieb von euch gemeint, aber das ich mich zu irgendwem dazustellen und reden würde … das geht irgendwie nicht“, erklärte es und machte anschließend eine kurze Pause, um nachzudenken, „Ihr beiden seid schon von Anfang an beste Freund, mit Kirbymon und Takomon kann man nur schlecht reden, Fikadamon ist viel zu hoch für mich, auch wenn ich es schon am längsten kenne, Acimon ist mir zu anstrengend und zu nervig und Mantamon kann mich nur schlecht aufmuntern, weil es selber so ein schrecklicher Pessimist ist.“ „Aber es ist doch nicht wichtig, dass du dir, einen besten Freund unter uns Digimon suchst“, kommentierte das braune Digimon seine Aussage, „Wenn du einsam bist, sag das ruhig, du nervst hier keinen von uns, da bin ich mir sicher.“ „Wir hängen zwar oft bei einander, aber das heißt noch lange nicht, dass du nicht mit uns abhängen kannst“, fuhr das andere digitale Wesen fort, doch das Hundedigimon schien noch immer nicht ganz überzeugt zu sein. „Aber ihr versteht das nicht, Alice ist wie eine Familie für mich“, protestierte es schon wieder, während sein Schweif sich ruckartig hin und her bewegte, „In der Digi-Welt hatte ich keinen und sie ist das erste Lebewesen, dem ich hier begegnet bin …“ „Wie habt ihr euch eigentlich damals kennen gelernt?“, wollte Gissimon auf einmal neugierig wissen und auch sein bester Freund wurde hellhörig, „War das so wie bei Honoka und mir, dass du sie vor einem bösen Digimon beschützt hast?“ „Nein, bei uns war das irgendwie seltsam …“, meinte Naokimon und erzählte anschließend die Geschichte, „Das war vor so circa zwei Monaten, damals hat die Digimon-Inversion in der Realen-Welt erst angefangen …“ Alice und Rico waren gerade bei ihren Großeltern gewesen und gingen nun wieder nach Hause. Auf dem Weg kamen sie bei einem Tempel vorbei, neben dem ein Baum stand, auf dem viele Zettel angebunden waren. Irgendwie hatte das Mädchen Lust sich dort einen Wunsch zu erfüllen, sowas hatte es schon lange nicht mehr gemacht. „Wartest du kurz, Rico?“, bat sie und rannte zu dem kleinen Häuschen, „Ich will nur schnell einen Wunsch aufschreiben.“ „Das ist doch Blödsinn“, entgegnete er ihr nur und ging einfach weiter. „Gemeinheit!“, rief sie ihm hinterher, widmete sich dann aber wieder ihrem Wunsch. Sie ließ sich alle Zeit der Welt, als sie ein kleines Blatt Papier beschrieb und anschließend auf den Baum band, immerhin wartete ihr Bruder ja sowieso nicht auf sie. Als sie fertig war betrachtete sie noch eine Weile ihren Zettel und versank dabei in Gedanken. Plötzlich ertönte Hundegebell aus der Nähe und Alice drehte sich in die Richtung aus der es kam. Nach einer Weile konnte sie drei Hunde wahrnehmen, die auf sie zu rannten. Der erste war ziemlich klein und schien von den anderen zweien größeren hinter sich wegzulaufen. Der Gejagte hatte ein Stück Fleisch im Maul und schien Angst zu haben. Das orangehaarige Mädchen hatte irgendwie den Drang, dem kleinen Hund zu helfen, auch wenn sie sich etwas vor den aggressiven anderen Tieren fürchtete. Sie nahm einfach allen Mut zusammen und lief auf die Hunde zu. Anscheinend waren diese ziemlich scheu, denn sofort ergriffen sie die Flucht, außer der kleine, der rannte weit auf sie zu und versteckte sich anschließend hinter ihren Beinen. Alice drehte sich verwirrt um und betrachtete das ängstliche Geschöpf. Das war doch gar kein normaler Hund! Das Vieh hatte Flügel und seltsame Ohren, was war das nur? „Was bist du denn für ein Vieh?“, sprach sie ihre Gedanken laut aus und entfernte sich etwas von dem Wesen. „Ich bin ein Digimon“, antwortete es ihr, woraufhin das Mädchen aufschrak, eigentlich hatte sie die Frage an sich selbst gerichtet. „Ein … ein Digimon?“, widerholte sie noch einmal, in der Hoffnung sich verhört zu haben. „Ja und um genau zu sein bin ich sogar dein Digimon, Alice“, meinte es und schmiegte sich wieder an ihren Fuß. „Woher weißt du, wie ich heiße?“, wollte sie von ihm wissen und wirkte etwas überfordert, „Und wieso kannst du sprechen?“ „Ich bin dein Digimon-Partner, hab ich dir doch schon erklärt, da weiß man so etwas eben“, entgegnete es ihr und verzog etwas das Gesicht, „Und es ist doch normal das Digimon sprechen können.“ „Es ist nicht einmal normal, dass Digimon überhaupt existieren!“, protestierte sie, merkte dann aber, dass sie das kleine Etwas damit verschreckte, „Tut mir leid … wie heißt du überhaupt?“ „Naokimon …“, stellte es sich leise vor und wurde dann von ihr angelächelt. „Na gut Naokimon, dann werden wir uns jetzt einmal dort hin setzt und du wirst mir alles in Ruhe erzählen“, schlug sie mit freundlicher Stimme vor und deutete in Richtung Tempel. „Und so haben wir uns damals kennen gelernt“, beendete Naokimon die Geschichte und schien jetzt wieder ein bisschen besser drauf zu sein. „Und ich hätte gedacht, dass man seinen Partner trifft, wenn er von einem bösen Digimon angegriffen wird …“, erläuterte Gissimon sein denken und sah skeptisch zu dem gelben Digimon hinüber, „Und das das auch für die Digitation gilt.“ „Bei mir war das aber auch anders“, brachte Baluamon ein und zog nun die Aufmerksamkeit auf sich, „Ryan hat mich damals vor dem Ertrinken gerettet, weil ich völlig überraschend in diese Welt gezogen wurde.“ „Jetzt machst du mich aber neugierig“, meinte das hundeartige Digimon, es hatte seine Geschichte erzählt, also wollte es auch die von dem anderen Digimon wisse, „Also los, erzähl!“ „Jaja, mach ich ja schon“, entgegnete ihm das angesprochene Wesen und überlegte wo es am besten anfing, „Also, das mit dem Ertrinken wisst ihr ja schon …“ Ryan war gerade auf dem Heimweg von der Schule. Der Junge war allein, denn Shunichi war noch mit zu seiner besten Freundin gegangen. Er hatte einen Umweg über den Fluss genommen, damit er nicht so schnell zu Hause ankam. In letzter Zeit war er sehr genervt von seiner Familie. Seit sein kleiner Bruder Jimi auf der Welt war, scherten sich seine Eltern einen Dreck um ihn. Nicht das er von seiner Mutter und seinem Vater verhätschelt werden wollte, aber das Babygeschrei in der Nacht nervte ihn und auch dass seine Mutter immer wollte, dass er in ihrem eigenen Restaurant aushalf. Während er gerade so in Gedanken an seine Familie versunken war, nahm er ein Plätschern von Richtung Gewässer wahr. Reflexartig drehte er seinen Kopf dorthin und sah dann irgendetwas, das sich im Wasser bewegte. „Hey!“, rief er, um zu sehen, ob das Etwas Hilfe brauchte und rannte zum Flussufer. Er bekam aber keine Antwort, also schmiss er seine Schultasche ins Gras, zog sich seine Schuhe aus und sprang anschließend ins Wasser, das aufgrund der Jahreszeit und der Sonne nicht kalt war. Normalerweise half er nicht jedem dahergelaufenen Trottel, aber irgendetwas in ihm sagte ihm, dass es jetzt angebracht war. „Warte, ich bin gleich da!“, meinte der Junge und schwamm schnell zu dem Opfer hin. Doch plötzlich hörte das Wasser auf sich zu bewegen. Am Anfang war der Weißhaarige etwas verwirrt, doch dann begriff er, dass der Hilfebrauchende ins Wasser gesunken war und jetzt wirklich drohte zu versinken. Ohne nachzudenken tauchte er unter und suchte nach irgendetwas Lebendigem. Warum machte er das eigentlich? Er wusste ja nicht einmal, was das überhaupt war, für das er all die Strapazen in Kauf nahm. Vielleicht war es einfach nur ein Tier und er mühte sich ohne Grund so ab. Aber jetzt brachte es sich auch nichts mehr über das nachzudenken. Er hatte es angefangen, also würde er seine Hilfeaktion jetzt auch zu Ende bringen. Plötzlich sah er etwas dunkles Kleines, das immer tiefer sank und er setzte sich in Bewegung, um es noch rechtzeitig einzuholen. War das etwa das, das vorher herum geplantscht hatte? Langsam öffnete Baluamon seine Augen. Es war hell, das war inzwischen das einzige, was es erkennen konnte. Das Digimon konnte sich nicht mehr erinnern, was genau geschehen war. Es wusste nur noch, dass es immer tiefer ins Wasser gesunken war und dann … dann hatte es irgendwer gerettet. „Bist du endlich was?“, fragte eine ihm unbekannte Stimme, die auch nicht gerade freundlich klang. „Was … was ist passiert?“, fragte es verwirrt und setzte sich langsam auf. „Du bist fast ertrunken und ich hab dich gerettet“, meinte wieder dieselbe Person wie zuvor, während sich das digitale Wesen ein bisschen umsah. Das es so in der Realen-Welt aussehen würde, hätte es nicht gedacht. Bei ihm zu Hause, waren die Zimmer nicht so vollgeräumt. Mit seiner Pfote ertastete es etwas weiches, es saß auf einem Bett. Nachdem es sich ein wenig in dem Raum umgesehen hatte, musterte es den Menschen, der auf einem Sessel saß und zu dem die Stimme, die zu ihm gesprochen hatte, gehören musste. Er hatte schneeweißes Haar und braune Augen, die etwas Trauriges und zugleich Herablassendes widerspiegelten. Auf seinem Kopf trug die Person einen schwarzen Hut oder so etwas Ähnliches. Noch dazu hatte er irgendetwas in seinem Mund, aus dem Rauch hervor trat, der das Digimon zum Husten verleitete, doch es versuchte es zurückzuhalten. Es wollte ja nicht unhöflich sein. Seine Kleidung passte irgendwie nicht zu dem Rest. Sie wirkte so ordentlich und brav und gerade bequem sah sie auch nicht aus. „Willst du nicht irgendwas sagen?“, fragte er dann nach einer Weile und hauchte dabei Rauch aus seinem Mund, „Danke zum Beispiel?“ „Oh“, entgegnete es ihm überrumpelt und suchte nach etwas, dass es sagen konnte, „Danke.“ Eine Zeit lang war es wieder still und niemand sagte ein Wort. Baluamon war die Situation unangenehm. Der Junge hatte ihn gerettet, irgendwie musste es sich doch erkenntlich zeigen können. Es sollte wenigstens etwas Sinnvolles sagen, sich vorstellen, oder seine Spezies erklären. „Ich … ich heiße Baluamon“, erklärte es mit leiser Stimme und kratzte sich verlegen am Kopf, „Bist du Ryan?“ „Ja, woher weißt du das?“, fragte er und schien sehr verwirrt über das Wissen des Digimons zu sein. „Ich bin dein Digimon-Partner“, meinte es und freute sich ihn gefunden zu haben. „Digimon?“, wiederholte er das Wort noch einmal und schien sich nun noch weniger auszukennen, „Du meinst, du bist ein echtes Digimon?“ „Na klar, bin ich ein echtes Digimon“, bestätigte es noch einmal und versuchte dann Klarheit in die ganze Sache zu bringen, „Ich kann mir schon vorstellen, dass du nicht glaubst, dass es uns wirklich gibt, aber wir existieren wirklich, ich bin der beste Beweis dafür.“ „Okay, okay, mal ganz langsam …“, stoppte der Weißhaarige das Digimon, denn das alles wurde ihm ein bisschen zu viel, „Du behauptest, dass du ein Digimon namens Baluamon bist und dass ich dein Digimon-Partner bin?“ „Ja, so viel ich weiß ist das so“, antwortete es ihm unsicher und wartete auf seine nächste Frage. „Es gibt doch gar keine Digimon“, sprach er eher zu sich selbst und wirkte noch immer sehr misstrauisch, „Das sind doch nur Wesen, die es im Fernsehen und in Computerspielen gibt.“ „Nein, uns gibt’s wirklich, das kannst du mir ruhig glauben.“ „Du hast mir noch immer nicht gesagt, woher du meinen Namen kennst“, wiederholte er die Frage von vorhin, obwohl er sich schon denken konnte, warum. „Keine Ahnung, das weiß ich schon seit ich geboren wurde, glaube ich …“, entgegnete es ihm, nachdem es ein paar Sekunden lang nachgedacht hatte. „Schon wieder so eine unsichere Antwort … na von mir aus … und wie heißen die Partner der Digimon hier? Digi-Ritter? Tamers?“, fragte er weiter, auch wenn er sich ein wenig dumm vorkam, mit einem solchen Wesen zu reden. „Digi-Ritter, so viel ich weiß …“, antwortete es ihm und wurde anschließend von dem Jungen mit hochgezogenen Augenbrauen angesehen. „Du scheinst dir bei nichts sicher zu sein“, kommentierte er das Verhalten des Digimons, nahm seine Zigarette aus dem Mund und ließ die Asche in den Aschenbecher, der auf dem Schreibtisch stand, herabfallen, „Na gut, nächste Frage: Warum bist du hier? Ist unsere Welt oder die Digi-Welt in Gefahr? Oder gibt es eine andere Welt von der ich wissen sollte?“ „Also mir sind nur die Digi-Welt und die Reale-Welt bekannt“, erklärte es ihm und beobachtete aufmerksam, wie der Weißhaarige seine Hand wieder zu seinem Mund führte, „Und warum ich hier bin, weiß ich selber nicht so genau …“ „Du bist echt schlau …“, bemerkte er sarkastisch, woraufhin Baluamon sein Gesicht verzog. Plötzlich erschien etwas ober Ryan, das braun leuchtete. Das Ding fiel einfach in die Hände des neuen Digi-Ritters und verwirrt inspizierte er das Objekt. „Was ist das? Mein Digi-Vice?“, wollte er von seinem Partner wissen und streckte es ihm entgegen. „So ein Ding hab ich selber noch nie gesehen …“, musste es gestehen, zeigte dann aber auf den Bildschirm des Gerätes, „Schau mal, da blinkt was.“ Neugierig zog der Weißhaarige seine Hand wieder zurück um sich das Blinken selbst anzusehen. Wieder herrschte Stille, bis das Läuten von Ryans Handy sie brach. Überrascht sah der Junge auf und griff anschließend nach dem Gerät. Bevor er abhob, sah er auf den Display, um zu sehen, wer es war. „Shunichi, hi, was gibt’s?“, begrüßte er seinen Freund auf der anderen Leitung und zog dann eine überraschte Miene, „Was? Du auch … ja, es sitzt gerade vor mir … wir reden … ja, ich find’s auch seltsam … da stimm ich dir vollkommen zu … hast du auch so ein komisches Gerät bekommen? … dann würde ich sagen, wir machen uns auf den Weg dorthin … okay … tschau!“ Noch bevor Baluamon fragen konnte, mit wem und über was er gerade gesprochen hatte, stand sein Partner auf und ging in Richtung Tür. Das Digimon sah ihm, nur verwirrt hinterher, bis der Junge es mit seiner Hand zu sich winkte. „Na komm schon“, meinte er, worauf das digitale Monster aufsprang, „Wir haben eine Mission.“ „War das dann schon ein bösartiges Digimon?“, fragte Naokimon interessiert, nachdem Baluamon fertig erzählt hatte. „Nein, wir haben einen alten Man vorgefunden, der uns ziemlich viel erklärt hat“, entgegnete es ihm und dachte kurz nach, was es alles von ihm erfahren hatte, „Zum Beispiel, was die Digimon eigentlich hier machen und dass Digimon nicht für alle sichtbar sind und so.“ „Bei uns war das auch so“, fiel es dem Hundedigimon auf einmal ein und es begann zu erzählen, „Alice hat sich mit Hime getroffen und dann war auch plötzlich so ein alter Knacker da. Wie hieß der noch mal … Ado … Iso … Iko …“ „An seinen Namen kann ich mich auch nicht mehr erinnern“, musste das braune Digimon gestehen und kratze sich verlegen am Kopf. „Wisst ihr was ich auch seltsam finde?“, fragte Gissimon aus heiterem Himmel. „Nein, was?“, entgegneten ihm die anderen zwei gleichzeitig. „Dass ihr gleich auf dem Rookie-Level wart, als ihr in die Reale-Welt gekommen seid, aber die die erst später dazu gekommen sind, waren erst auf dem Ausbildungs-Level.“ „Stimmt … das ist alles sehr mysteriös …“, fasste Baluamon alles zusammen und setzte ein nachdenkliches Gesicht auf. „Wow, toll gemacht!“, quietschte eine braunhaarige junge Frau voller Freude und klammerte sich um Ryans Arm. Der Weißhaarige hatte gerade eine Kugel eingelocht. Er hatte beschlossen, einmal wieder Billard spielen zu gehen, alleine, ohne Shunichi. Sein bester Freund war in letzter Zeit nicht so gut drauf, war auch verständlich, immerhin lag seine Mutter ja im Krankenhaus. Ryan hoffte zwar, dass es beiden bald besser gehen würde, aber das hieß nicht, dass er jetzt auch aufhören musste Spaß zu haben. Und außerdem musste er herausfinden, ob er dieses komische Gefühl, dass er gehabt hatte, wenn er Alice gesehen hatte, jetzt los war. Er hatte mit ihr ein paar Minuten seinen Spaß gehabt, das sollte für gewöhnlich reichen. Testen konnte er das eben gut, in so einer Bar, hier liefen genug Frauen herum, die sich für so einen Test eigneten. „Ich weiß, dass ich toll bin“, entgegnete er ihr und nahm einen Schluck aus seinem Glas, das auf dem Rand des Billardtisches stand. „Wenn du die Acht auch schaffst, bekommst du was von mir“, meinte das Mädchen von vorher mit verführerischer Stimme und spielte mit einer Haarsträhne. Der Junge hob nur die Augenbraun und setzte den Stock zum nächsten Stoß an. Er konzentrierte sich auf die vorgegebene Kugel und natürlich viel auch diese ins Loch, dabei konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen. Sofort wurde er von der Brünetten zu sich gedreht und bekam einen langdauernden Kuss von ihr. Doch plötzlich ertönte ein Räuspern von der anderen Seite des Tisches und der Weißhaarige drehte seinen Kopf zu Seite. „Ich lasse mich nicht gerne abzocken, Kleiner“, erklärte ein großer muskulöser Mann, gegen den Ryan zuvor gespielt hatte. „Was kann ich dafür, dass du so scheiße spielst“, provozierte er ihn noch und sah in selbstbewusst an. „Lass es nicht drauf ankommen“, riet der Muskelprotz ihm und kam zu ihm auf die andere Seite, während er seine Fingerknöchel knacksen ließ. „Von so einem wie dir, lass ich mich sowieso nicht fertig machen“, konterte er weiter, was dem Typen nicht sehr zu gefallen schien. „Sie still du Arschloch!“, beschimpfte er ihn und nahm ihm am Kragen. „Johnny, lass ihn los!“, schrie die Frau, die zuvor Ryan geküsst hatte und versuchte ihm irgendwie zu helfen. Der Weißhaarige blieb aber ganz gelassen und sah Johnny noch immer herablassend an. Er hatte keine Angst vor solchen Kerlen, vielleicht waren sie stark, aber sie hatten nichts im Kopf und überhaupt sah man es nicht gerne in diesem Club, wenn man eine Schlägerei anfing. „Gib mir einfach meine Kohle und hau ab“, meinte Ryan, als er merkte, dass die Security schon aufmerksam wurden, „Du willst doch nicht aus dem Club geschmissen werden.“ Einmal zog er ihn noch heftig am Kragen und schnaubte ihm ins Gesicht, dann griff er in seine Tasche, knallte das Geld auf den Billardtisch und marschierte Richtung Ausgang. „Nach so einer Aktion, würdest du sogar noch mehr von mir bekommen“, erklärte die Braunhaarige und schlang ihre Arme um seinen Hals. „Wirklich? Das hört man gern“, entgegnete er ihr und grinste sie zufrieden an. Ich finde es gut, dass man jetzt einmal erfahren hat, wie die etwas älteren Digi-Ritter zu ihren Partnern gefunden haben. Wie es bei Hime und Shunichi war, werde ich wahrscheinlich nicht schreiben, aber man kann sich’s eh so ca. vorstellen glaube ich ^^ Kiripurin Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)