Der Eisfürst von moonlily (Splitternde Erinnerungen) ================================================================================ Kapitel 4: Herzsplitter ----------------------- Vielen Dank an all meine fleißigen Kommentarschreiber. ^_____^ Nachdem die Kommentare durchweg sehr "rosa" ausgefallen sind - hier ist der nächste Teil für euch. *Eisbecher verteil* (1) http://www.youtube.com/watch?v=dWc1jEmlib4&feature=related Future World Music – Eternal Love (2) http://www.youtube.com/watch?v=0mJm173fpQg Sendan Taiko – Inazuma Kapitel 4 Herzsplitter (1) Wenn auch mit einigem Zähneknirschen – er hatte Ärzten nie etwas abgewinnen können – folgte Seto am nächsten Morgen Joeys Wunsch und suchte den Arzt auf, den er ihm empfohlen hatte. Dieser schrieb ihn umgehend für die nächsten zwei Wochen krank, nachdem er neben den Prellungen auch eine angebrochene Rippe festgestellt hatte, und verbot ihm bis auf weiteres, schwere Lasten zu tragen. Mr. Wheeler war alles andere als darüber erfreut und sein Sohn musste auf ihn einreden, dass Seto doch nichts dafür könne, er sei auf ein paar angetrunkene Halbstarke getroffen. Glücklicherweise glaubte er Joey diese Ausrede. Über den tatsächlichen Ursprung seiner Verletzungen konnte Joey auch in den folgenden Tagen, in denen Seto zum Teil bei Mai in der Küche aushalf, nichts herausfinden. Dazu schwieg sich Seto hartnäckig aus. Dafür hatte sich das Verhältnis zwischen den beiden merklich gebessert. Wenn Joey am späten Nachmittag mit seinen Hausaufgaben fertig war, kam er zu Mai und Seto in die Küche, setzte sich auf einen Stuhl und erzählte, was er den Tag über erlebt hatte. Seto hörte der fröhlich und unbekümmert plaudernden Stimme des Blonden meist schweigend zu, während er das Gemüse putzte und klein schnitt, das Mai ihm gab. Diese – wenn auch oft einseitigen – Unterhaltungen behielten sie auch bei, als Seto wieder seinen Dienst am Hoteleingang aufnahm und die Küche tagsüber nur noch zu den Mahlzeiten aufsuchte. Wenigstens hatte Joey seinen Vater endlich überreden können, seine unsinnige Racheaktion zu beenden und Seto anständige Arbeitszeiten einzuräumen. „Kommst du noch auf einen Spaziergang durch den Garten mit?“, fragte Joey eines Abends, nachdem Seto seine Uniform gegen Privatkleidung getauscht hatte. „Ich habe nichts gegen etwas Bewegung einzuwenden.“ Sie verließen den Innenhof des Wohngebäudes und schlenderten über den frisch gemähten Rasen. Die Abendluft war immer noch von dem würzigen Duft des Rasenschnitts erfüllt, der seine letzte Ruhestätte auf dem Komposthaufen am anderen Ende des Grundstücks gefunden hatte. „Betrachtest du mich eigentlich als Freund, Seto?“, fragte Joey unvermittelt. „Ich ... ja, ich denke schon.“ „Du klingst, als hättest du bisher nicht viele Freunde gehabt.“ „Für so etwas fehlte mir die Zeit“, sagte er und fügte in Gedanken hinzu: Und ich hielt es für Zeitverschwendung, mir richtige Freunde zu suchen. Dabei hätte ich Freunde in den vergangenen Monaten gut brauchen können. „Ich war stets anderweitig beschäftigt.“ „Ich nehme an, diese anderweitige Beschäftigung war dein Unternehmen. Die Kaiba Corp.“ „Woher weißt du –“ Überrascht sah Seto auf und zu Joey. Dieser war an einer Kiefer stehen geblieben und strich über deren Rinde. „Ich konnte mir nicht erklären, was mein Vater gegen dich hatte. Also habe ich ein bisschen recherchiert.“ „Und bist dabei auf die KC gestoßen.“ „Ich wusste nicht, dass du so eine Berühmtheit bist. Ich meine ... natürlich habe ich in den letzten Jahren immer mal was über dich und die Kaiba Corp gelesen – und dieser Wolkenkratzer ist ja unübersehbar. Aber ich hätte den CEO Seto Kaiba nicht mit unserem Hoteldiener in Verbindung gebracht.“ Seto versteifte sich für einen Moment. Das war Salz in seinen Wunden. „Wenn du nicht mehr an der Spitze stehst, wirst du für die Medien schnell uninteressant. Zumindest in dem Punkt hatte die Angelegenheit ihr Gutes. Dieser Medienzirkus kann sehr nervenzehrend sein. Gerade in den Wochen vor der Schließung der Kaiba Corp.“ „Ach ja, darüber bin ich etwas gestolpert. Gut, die Wirtschaftskrise wütet seit letztem Herbst, aber die Kaiba Corp ist ... war ein riesiges Unternehmen. Diese Zeit hätte sie locker durchstehen müssen.“ „Ich habe getan, was in meiner Macht stand und ja, eigentlich hätte ich diese Zeit gut bewältigen müssen ... Ich hatte schon seit über einem halben Jahr den Verdacht, dass mehrere Mitglieder meines Aufsichtsrates gegen mich arbeiteten, aber mir fehlten die letzten, stichhaltigen Beweise, um sie zu überführen. Und dann war es zu spät.“ „Das tut mir leid.“ „Verschon mich mit deinem Mitleid, Joey“, gab Seto etwas kühler als beabsichtigt zurück. Er räusperte sich kurz. „Es ist Vergangenheit. Ich kann es mir nicht leisten, darum zu trauern. Mein Blick richtet sich nach vorn, nicht zurück.“ „Du erleidest so einen Verlust und willst gleich weitermachen, als sei nichts gewesen?“ „Was soll ich denn tun? Etwa in Selbstmitleid zerfließen?“ „Das tue ich doch gar nicht!“, rief Joey und erntete einen verwirrten Blick von dem Brünetten. „Das ... das hat mir Ryou mal vorgeworfen.“ Seto musterte ihn. „Welchen Grund solltest du für Selbstmitleid haben? Du lachst ständig, deine Noten sind in Ordnung, so weit ich das mitbekommen habe ...“ „Meine Mutter und meine Schwester sind gestorben. Sie hatten einen Autounfall, vorletzten Winter.“ „Das ... Mein Beileid, Joey.“ Seto wusste nicht, was er sonst sagen sollte. Er erinnerte sich noch daran, wie ihm die Polizei die Nachricht vom Tod seiner leiblichen Eltern überbracht hatte. Ihre Beerdigung und die folgenden Wochen hatte er wie in dichte Schleier gehüllt zugebracht. Die Beileidsbekundungen der zahlreichen Menschen, die zur Trauerfeier erschienen waren, waren einfach an ihm abgeglitten. „Seto ... Seto, ist alles in Ordnung?“ Er fühlte eine Hand auf seiner Schulter, blinzelte und sah auf. „Du sahst gerade aus, als wärst du ganz weit weg“, sagte Joey. „... Ich kenne das Gefühl, jemanden zu verlieren, den man liebt“, erwiderte Seto nach einigen Augenblicken des Zögerns, in denen sie ihren Spaziergang fortgesetzt hatten. „Wer ...“ „Meine Eltern. Gozaburo Kaiba war mein Stiefvater. Hast du das bei deiner Recherche nicht herausgefunden?“ „Ich habe mich mehr auf deinen Werdegang nach der Firmenübernahme konzentriert.“ „Joey!“ Er wandte den Kopf und sah seinen Vater auf der Terrasse stehen, der ihn zu sich winkte. „Entschuldige mich“, sagte er zu Seto und ging eiligen Schrittes, Jonathan sah ungeduldig aus, den Weg zurück. „Was hattest du mit Kaiba zu schaffen?“, fragte er, sobald sein Sohn nahe genug herangekommen war. „Wir haben uns unterhalten.“ „Aha, und worüber?“ „Worüber man sich mit einem Freund eben so unterhält“, wich Joey aus. „Freund ...“ Mr. Wheeler schnappte hörbar nach Luft. „Nennst du diesen Burschen etwa deinen Freund?“ „Ja. Hast du was dagegen?“, erkundigte sich der Jüngere herausfordernd. „Seine Schadenersatzforderungen hätten uns damals fast in den Ruin getrieben. Aber das Blatt hat sich gewendet, jetzt steht er in meinem Dienst – und du wirst dich von ihm fernhalten. Verstanden?“ Vater und Sohn sahen einander an. Joey fiel der etwas dumpfe Ausdruck auf, der in den Augen seines Vaters lag, dann nahm er den feinen Geruch wahr, der seinem Mund entströmte. Er schien sich wieder Brandy oder Whiskey in den Tee gemischt zu haben. „Das ist meine Angelegenheit, Dad“, zischte Joey und verschwand im Wohnhaus. Joey dachte gar nicht daran, dem Wunsch seines Vaters Folge zu leisten. Was anfangs böse Streitereien gewesen waren, waren inzwischen freundschaftliche Wortduelle geworden, auch wenn Joey ganz fuchsig wurde, nannte Seto ihn „Hündchen“ oder „Köter“. Der Blauäugige hingegen schien es als Kompliment aufzunehmen, wenn Joey ihm zum hundertsten Mal an den Kopf warf, ein Eisdrache zu sein. Im Gegensatz zu Jonathan, der Seto in seinen Dienststunden scharf im Auge behielt, waren Mai und Ryou über die wachsende Freundschaft der beiden jungen Männer sehr glücklich. Sie konnten nur den Kopf darüber schütteln, dass Joeys Vater gegen die Treffen der beiden war und zusah, dass er Seto mit Arbeit eindeckte, wenn sie zu lange zusammen waren. Dies änderte sich erst wenige Tage vor den Sommerferien, als Mr. Wheeler von Joeys Mathelehrerin mitgeteilt wurde, dass er dringend Nachhilfe benötige, wenn er einen guten Abschluss machen wollte. Seto bot sich ihm als Lehrer an, wurde aber von dem schlecht gelaunten Hotelbesitzer vor die Tür gesetzt, kaum dass er ihm seinen Vorschlag unterbreitet hatte. Er traktierte die Bürotür, die mit einem Knall hinter ihm geschlossen worden war, mit bösen Blicken. Mai beugte sich zu ihm herunter. „Lass mich mit ihm reden“, bat sie, klopfte kurz an und trat ein. Seto stand auf und wollte gehen, als ihm Joey, an einem Apfel kauend, entgegen kam. „Und, was hat Dad gesagt?“ „Er hat abgelehnt, was sonst. Jetzt versucht Mai ihr Glück.“ „... Hast du dir deinen Sohn in letzter Zeit mal angesehen, Jonathan?“, hörten sie da Mais Stimme durch das Holz. „Er ist fröhlich, er lacht wieder. Wann hast du in den letzten anderthalb Jahren ein ehrliches Lächeln in seinem Gesicht gesehen?“ „Er hat mit Ryou einen guten Freund.“ „Das hat er“, bestätigte sie, „aber auch Ryou ist es bisher nicht gelungen, vollständig zu Joey durchzudringen und ihm über Serenitys Tod hinwegzuhelfen. Ich bitte dich. Joeys Noten kann es auf jeden Fall nicht schaden.“ Jonathan murrte noch eine Weile und erklärte sich schließlich einverstanden. Vor der Tür fielen sich Seto und Joey in die Arme, um sich, peinlich berührt von diesem Ausbruch, gleich wieder loszulassen, als sie es merkten. „Entschuldige“, nuschelte Joey. „Ich freue mich einfach.“ So kam es, dass Seto und Joey nun auch mit väterlichem Segen ihre Zeit zusammen verbrachten. Sobald Seto Feierabend hatte, setzten sie sich auf die Terrasse oder unter die Kiefer und lernten zusammen. Dabei merkte Seto erst, wie sehr es ihm gefehlt hatte, mit Zahlen zu jonglieren. Bei Joey zeichneten sich innerhalb weniger Tage die ersten Erfolge ab, auch wenn er Seto manchmal nahe an den Rand der Verzweiflung brachte, da er einige Dinge wieder und wieder nachfragen musste und sie sich dennoch nicht richtig merken konnte. Zum Teil saßen sie bis in den späten Abend über den Schulbüchern. Die Folgen dieser Dauerbeschäftigung ließen nicht lange auf sich warten. Es war Hochsaison, das Hotel war, insbesondere wegen der Ferien, ausgebucht und das Personal einschließlich des Hotelchefs ertrank in Arbeit. Nach drei Wochen hatten sich unter Setos Augen wegen des mangelnden Schlafes dicke, dunkle Ringe gebildet. Als Joey ihn darauf ansprach und ihm den Vorschlag machte, die Unterrichtsstunden einzuschränken, lachte Seto nur trocken und meinte, davon würde Joey es ja nicht lernen. Umso erstaunter waren er und Mai, als der Blondschopf am nächsten Morgen in aller Frühe in der Küche aufkreuzte, sich sein Frühstück holte und das Buch aufschlug. „Na nu, bist du aus dem Bett gefallen, Kleiner“, fragte Mai. „Ich dachte, sonst bekommt man dich während der Ferien nicht aus den Federn“, fügte Seto hinzu. „Schon, aber wenn ich tagsüber mehr mache, müssen wir abends weniger lernen und du musst nicht deine ganze Zeit dafür opfern.“ „Ich habe dir gesagt, dass das kein Problem für mich ist.“ Die Glocke am Empfang unterbrach ihn. Seto verdrehte die Augen, trank rasch den letzten Schluck Kaffee und verließ die Küche. „Bis nachher!“, rief er noch. „Du machst dir Sorgen um ihn, hmm?“, erkundigte sich Mai und begann damit, den Braten mit der Gewürzmischung einzureiben, die sie gerade vorbereitet hatte. „Er sieht in letzter Zeit so blass aus. Und ... Wir sind doch Freunde.“ Mai lächelte und er senkte den Blick schnell wieder auf seine Müslischüssel. Freunde ... Wenn es nur noch so einfach wäre. Natürlich sah er in Seto einen Freund, aber er war sich nicht mehr sicher, ob das alles war. Es gab noch einen Grund, warum er heute so früh aufgestanden war. Er hatte von ihrem Ausflug an den See geträumt, den sie neulich an Setos freiem Tag gemacht hatten. Beim Anblick des Brünetten in seinen blauen Shorts war er rot angelaufen und später hatte Seto es sogar zugelassen, dass Joey ihm nach dem Schwimmen den Rücken mit Sonnencreme einrieb und ihn massierte. Der Grund aber, warum er aus dem Schlaf hochgefahren war, war die plötzliche Nähe des Traum-Seto gewesen und das Kribbeln bei der kurzen Berührung ihrer Lippen. Ob sich das in der Wirklichkeit auch so anfühlte? Aber er wollte sich auch nichts vormachen. Seto würde seine Gefühle sicher nicht erwidern und wenn sein Vater davon erfuhr – der würde an die Decke gehen. Von seinem einzigen Sohn erwartete Mr. Wheeler, dass er heiratete und Kinder zeugte, damit das Hotel in der Familie bleiben konnte. Setos Augen betrachteten kritisch das Blatt Papier, das vor ihm lag. Er runzelte die Stirn, überprüfte ein letztes Mal die Zahlen, die dort geschrieben standen und setzte dann einen Haken. „Und? Und, sag schon?“ Joey hatte während der Korrektur immer wieder versucht, ihm über die Schulter zu schauen, doch Seto hatte das Aufgabenblatt jedes Mal an sich gedrückt und ihm nicht gestattet, auch nur einen Blick darauf zu werfen. Auf die Lippen des Brünetten stahl sich ein Grinsen. „Alles richtig“, sagte er zufrieden und legte den Rotstift in das Federmäppchen zurück. „Jippie!“, rief Joey. Seit gut vier Wochen unterrichtete Seto ihn nun und heute hatte er ihm eine mehrseitige Arbeit vorgelegt, um sein Wissen zu prüfen. „Zur Belohnung darfst du dir was wünschen.“ „Ehrlich? Okay, hmm ... Morgen hast du frei, oder?“ „Sofern es deinem Vater nicht wieder einfällt, mir noch ein paar Zusatzarbeiten aufzutragen, ja.“ „Dann gehen wir morgen zusammen zum Sommerfest“, bestimmte Joey freudig. Am darauf folgenden Vormittag machten sie einen Spaziergang zum Friedhof. Sie hatten vor einer Weile festgestellt, dass Setos Eltern und Joeys Mutter und seine Schwester auf demselben Friedhof lagen, die Gräber befanden sich sogar nur wenige Reihen auseinander. Seto hatte mit Joeys Erlaubnis im Garten eine weiße Rose abgeschnitten, die er seinen Eltern ans Grab stellte. Danach erhielt auch Serenity ihre Rose. Joey strich über den Stein, auf dem ihr Name und ihre Lebensdaten eingraviert waren. „Du hattest deine Schwester sehr gern, nicht wahr?“, fragte Seto. „Sehr gern“, bestätigte Joey und zwang sich, den Blick von dem Grab abzuwenden. „Aber jetzt komm, Mai hat bald das Mittagessen fertig.“ Seto lachte leise. „Du denkst immer mit dem Magen, Joey.“ „Ich höre auf mein Bauchgefühl, aber das heißt nicht, dass ich verfressen bin“, wehrte er sich. „Macht das bei dir so einen großen Unterschied?“ Er stieß ein leises Keuchen aus, als er Joeys Ellbogen in der Seite spürte, und grummelte etwas Unverständliches. ♥ . ¸ ¸ . • * Ψ * • . ¸ ¸ . ♥ „Auuuu! Jonouchi!“ Seto entfernte sich ein paar Schritte von seinem Filmpartner und bedachte ihn mit seinem berühmt-berüchtigten Eisblick. „Im Script steht, dass du mir den Ellbogen leicht in die Seite stoßen sollst, nicht dass du damit Rammbock spielen sollst!“, beschwerte er sich. „War doch keine Absicht.“ „Nein?“ Der Blauäugige trat ihm auf den Fuß und setzte eine unschuldige Miene auf. „Das auch nicht.“ „Aus! Kaiba, Jou, hört mit dem Unsinn auf!“, verlangte Ryou. „Das ist schon die zwölfte Wiederholung der Szene. Reißt euch doch bitte endlich zusammen, wir müssen hier pünktlich fertig sein.“ Sie befanden sich auf einem großen Friedhof am Rande der Stadt, um hier einen Teil ihrer Außenaufnahmen zu drehen. „Och, Ryou“, maulte Katsuya. „Ich meine es ernst, du bekommst keine Kekse mehr.“ „Du bist fies.“ „Fies? Nein“, lächelte der Weißhaarige, „nur euer Regisseur, der sehr ungemütlich wird, wenn diese Szene nicht bald im Kasten ist.“ ♥ . ¸ ¸ . • * Ψ * • . ¸ ¸ . ♥ (2) Sie konnten erst am späten Nachmittag, nach fünf Uhr, aufbrechen, da einer der Kellner wegen eines Unfalls fehlte und Mr. Wheeler dringend kurzfristigen Ersatz im Restaurant brauchte. Als er Seto aber für den Abendbetrieb ebenfalls verpflichten wollte, sprach sein Sohn ein Machtwort, dass Setos freier Tag nicht zum Arbeiten gedacht sei. Die Wolken, die am Vormittag den Himmel verhangen hatten, waren verschwunden. Das Sommerfest war bei ihrer Ankunft in vollem Gang. Die Menschen drängten sich durch die schmalen Gänge, die von den hölzernen Ständen gebildet wurden. Durch die Luft schwebten die Klänge verschiedener Instrumente, an manchen Ständen lief auch Radiomusik. Da hinein mischten sich die Düfte, die von den vielen verschiedenen Buden aufstiegen, an denen Essen verkauft wurde. Ob Chinesisch, Indisch, Europäisch, Japanisch, Stände mit Eis und heißen Waffeln ... es gab alles, was das Herz begehrte. Joey lief das Wasser im Munde zusammen. Sie ließen sich in der Masse mittreiben, blieben an einigen Ständen kurz stehen und zogen weiter. Die Sonne sandte knallend heiße Strahlen zur Erde, so dass ihnen die Wassermelonenstücke, die sie bei einer alten Dame kauften, eine mehr als willkommene Erfrischung waren. Sie versuchten ihr Glück am Goldfischstand und Seto brummte verärgert, als ihm die Goldfische auch bei seinem fünften Versuch das feine Papiernetz zerrissen, das zum Einfangen benutzt wurde. Joey kicherte leise. „Was ist so lustig?“ „Wie du schmollst ... Das sieht irgendwie süß aus“, meinte er mit einem leichten Rotschimmer. „Ähm ... Da, sieh mal, wollen wir uns Luftballons kaufen?“ „Was für einen willst du denn haben?“, fragte Seto. Joey starrte ratlos auf die wogende bunte Menge. „Such du einen für mich aus.“ Seto betrachtete die Ballons, bis sein Blick an einem Golden Retriever hängen blieb, den er sich von dem Händler aushändigen ließ und Joey reichte. Dieser revanchierte sich mit einem großen Seepferdchenballon. Sie grinsten einander an und begannen gleichzeitig zu lachen. Fröhlich redend setzten sie ihren Weg fort. Als Abendessen holten sie sich bei einem Chinesen Rindfleisch mit gebratenem Reis und suchten sich eine Bank im nahen Park, um dort in Ruhe zu essen. Auf dem Sommerfest selbst war kaum noch ein freier Platz zu bekommen. „Ich habe gelesen, dass es heute ein Feuerwerk gibt“, sagte Joey. „Ich dachte, wir gehen nach dem Essen.“ „Ach bitte, willst du dir das etwa entgehen lassen? Das Feuerwerk ist ganz toll, das ist jedes Jahr der Höhepunkt des Sommerfestes.“ „Darum ist es jetzt wohl dort so voll geworden. Wir werden auf dem Festplatz keinen guten Standort mehr zum Sehen kriegen.“ „Das brauchen wir auch gar nicht“, erklärte der Blondschopf lächelnd. „Ich kenne einen Ort, von dem aus wir eine super Sicht haben.“ „Und wo soll das sein?“ „Verrate ich nicht.“ Er steckte sich den letzten Rest Reis in den Mund und beförderte die Pappschachtel mit einem gezielten Wurf in den nächsten Papierkorb. Die Abendsonne malte die Bäume bunt an, während sich der Himmel langsam verdunkelte und die beiden den Park verließen. Joey führte den Brünetten an den Festständen vorbei, durch mehrere Straßen und zu einem Hügel am Stadtrand, der mit vereinzelt stehenden Bäumen bewachsen war. Unter einem Kirschbaum saß ein junges Pärchen auf einer Decke und schien ebenfalls auf den Beginn des Feuerwerks zu warten. „Hier war ich früher oft mit meinen Eltern und meiner Schwester.“ Der Wind wehte die Geräusche des Festes herüber. Hunderte Lampions tauchten den Platz ein Stück vor ihnen in ein Lichtermeer. Auf dem Platz im Zentrum des Sommerfestes stand eine Bühne, auf der sich eine Gruppe Taiko-Trommler versammelt hatte und ihren Instrumenten eine schnell dahinwirbelnde Melodie entlockte, welche ihre Zuhörer wie ein Sturm mit sich riss. Joey und Seto setzten sich nebeneinander auf eine große Baumwurzel und hörten den Trommlern zu. Kaum von den Festbesuchern beachtet, versank die Sonne rot glühend und überließ der Nacht die Herrschaft. Mit dem Verklingen des letzten Tons brandete stürmischer Beifall für die Künstler auf. Nur schwach war das Zischen zu vernehmen, dann explodierte die erste Rakete über dem Platz und schickte weiß-rote Funken an den Himmel. In rascher Folge kamen die nächsten, malten bunte Kugeln, Blumen, sprühende Fontainen und goldenen Regen vor die tiefblaue Kulisse. Gebannt blickte Joey auf das Spektakel. Er liebte Feuerwerke und wollte sich nichts davon entgehen lassen. Erst als er eine Hand auf seiner fühlte, wandte er seine Augen vom Himmel ab und sah Seto an, auf dessen Lippen ein kleines Lächeln lag. Kein Wort fiel zwischen ihnen, ruhig sahen sie zu, bis der letzte Schauer aus blauen und goldenen Funken vergangen war. „Wollen wir nach Hause?“, fragte Seto und wunderte sich über seine belegte Stimme. Joey nickte nur und erhob sich. Er streckte seine vom Sitzen steif gewordenen Gliedmaßen. Auch auf dem Heimweg blieben sie still. Die Ballons tanzten über ihnen in der Luft, bis der Wind sie sich packte und sich die Schnüre umeinander schlangen. Der Versuch, sie wieder zu entwirren, schlug fehl, so dass Seto, als sie beim Hotel ankamen, Joey das Seepferdchen in die Hand drückte und sagte, er solle beide nehmen, wenn sie sich partout nicht voneinander trennen lassen wollten. Mr. Wheeler stand im Erdgeschoss am Wohnzimmerfenster und beobachtete die herzliche Verabschiedung der beiden mit Sorge. Er hatte schon seit einer ganzen Weile den Verdacht, dass etwas mit seinem Sohn nicht stimmte. Joey hatte bislang noch nie eine Freundin gehabt. „Was ist dieser Kaiba für dich?“, fragte er, als Joey im Flur seine Schuhe ausgezogen hatte. „Du bist noch wach?“ „Antworte mir.“ „Wir ... sind Freunde.“ „Sonst nichts?“, forschte er weiter. „Nein. Ich bin müde, Dad. Gute Nacht.“ So schnell wollte Mr. Wheeler jedoch nicht aufgeben. Erneut richtete sich sein Blick scharf auf Seto und folgte jedem Schritt, den er auf seinem Grund und Boden tat, trotz Mais Warnung, den beiden ihre Freundschaft zu lassen. Kurzerhand verlegten sie ihre Treffen außer Haus und nutzten ihre freie Zeit für nachmittägliche und abendliche Ausflüge. Sie erkundeten gemeinsam die Innenstadt und futterten sich durch das Sortiment eines italienischen Eiscafés, wobei Seto seine Vorliebe für Schokoladen- und Meloneneis entdeckte. Als im Oktober ein neues Einkaufszentrum eröffnet wurde, gehörten sie zu den ersten, die sich dort umsahen. Die Konstruktion aus Glas, Stahl und Granit beherbergte über hundertfünfzig Geschäfte, Restaurants und kleine Cafés. Vor dem Schaufenster eines Schuhgeschäfts blieb Joey stehen und sah bewundernd auf ein Paar rote Sneaker, die an der Außenseite mit einem schwarzen Drachen verziert waren. Ein Blick in sein Portemonnaie ernüchterte ihn allerdings. Für diesen Monat hatte er sein Geld bereits ausgegeben und bis er wieder genug hatte, waren sie sicher weg. Enttäuscht ließ er den Kopf hängen und machte sich mit Seto auf den Heimweg. Als Joey eine Woche später wieder in der Stadt war, waren die Sneaker aus dem Schaufenster verschwunden. ♥ . ¸ ¸ . • * Ψ * • . ¸ ¸ . ♥ „Sehr schön“, sagte Ryou und stand von seinem Regisseurstuhl auf. „Das war’s für heute.“ „Na endlich.“ Seto ließ Katsuya los, der sich für die Szene mit dem Einkaufsbummel nach Ryous Anordnung bei ihm eingehakt hatte. Er klopfte demonstrativ seinen Jackenärmel ab und ignorierte den giftigen Blick, den der Blondschopf ihm daraufhin zuwarf. „Bist du sicher, dass unser Plan funktioniert?“, wandte sich Yugi leise an Shizuka. „Bisher sieht das nicht so aus.“ „Kommt Zeit, kommt Rat. Wir haben ja noch einiges vor uns.“ Katsuya zog sich brummend in seine Umkleide zurück, entledigte sich seines Kostüms und ging in den Duschraum. Im Studio unter voller Beleuchtung und in warmer Daunenjacke drehen – Ryou musste verrückt geworden sein. Die Tür ging auf und Ryuji, in einen langen Bademantel gehüllt und ein Frotteetuch über dem Arm, trat ein. „Hey, Katsuya, gut gespielt.“ „Danke, Ryuji“, sagte er, betrat eine der Kabinen, hängte Tuch und Bademantel über die Tür und stellte das Wasser an. „Was machst du hier, du hattest doch heute gar keinen Dreh.“ „Schon, aber ich habe gleich noch ein Date.“ Ryuji zwinkerte verschwörerisch. „Einer deiner Fans?“ „Erinnerst du dich an die süße Braunhaarige mit den dunklen Augen, die neulich den Ärger mit unserem Wachmann hatte, weil sie sich auf der Studiotour verirrt hat?“ „Jaaa ... Du scheinst auf brünett zu stehen, das ist schon mindestens die dritte. Bist wohl noch nicht ganz über Shizukas Korb hinweg, wie?“ Katsuya seifte sich ein und griff dann nach dem Duschkopf, um den Schaum wieder abzuspülen. „Wer rechnet auch bitte damit, dass sie was mit Ryou hat?“, brummte Ryuji und begann sich abzutrocknen. Er schlüpfte in seinen Bademantel und verließ die Duschkabine. „Ach ja, was ich dir noch sagen wollte, Katsuya ... Die Stelle, als ihr das Feuerwerk angesehen habt und du rot werden musstest – das sah richtig echt aus.“ Er grinste. „Oder war das gar nicht gespielt?“ „Da war überhaupt nichts echt!“, rief Katsuya und knurrte wütend. Er hob den Wasserschlauch und richtete ihn auf Ryuji, der sich, immer noch breit grinsend, beeilte, seine Sachen zu packen und den Raum zu verlassen. Katsuya verschränkte die Arme und lehnte sich böse grummelnd an die Wand seiner Kabine. Was denkt sich Ryuji! Ich und rot – wegen Kaiba! Pah! Er hörte, wie erneut die Tür geöffnet wurde. Hat er was vergessen? Katsuya schlang sich das Badetuch um die Hüften und schnappte sich den voll gesogenen Schwamm, den er auf die Ablage der Dusche gelegt hatte. Er stieß die Kabinentür auf. Heißer Dampf entwich und ließ ihn den Eintretenden nur unscharf erkennen. Er holte aus und warf. Klatschend traf der Schwamm sein Ziel. Eine wütende Stimme erhob sich, die so gar nicht nach dem Schwarzhaarigen klang. „Du machst nichts als Ärger, Jonouchi!“ Kalte, blaue Augen tauchten aus dem Nebel auf und fixierten den Werfer. Katsuya schluckte. „Ni ... nichts für ungut, Kaiba.“ Er riss seine Sachen an sich, stürmte an Seto vorbei und duckte sich unter den zugreifenden Händen weg. Keuchend kam er bei seiner Umkleide an und sperrte hinter sich ab. Ich soll Gefühle für den Eisklotz haben? Niemals. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)