Aus dem Leben... von -akame- (Eine kleine Geschichte) ================================================================================ Prolog: First meeting... (Update) --------------------------------- Ich möchte eine Geschichte erzählen... eine Geschichte über das Leben. Alles begann mit einem Treffen der besonderen Art... “Robert, was denkst du wie lange wir noch brauchen?” Ein schwarzhaariges Mädchen lehnte sich gegen die Rehling des großen Schiffes, mit dem sie und ihr bester Freund gerade unterwegs waren, und schaute in die Weiten des Ozeans. “Keine Ahnung… Und jetzt hör’ endlich auf zu fragen. Du bist ja schlimmer als jedes Kleinkind…” Sie schmollte... und wie sie das konnte. Ein leichtes Lächeln als Antwort. “Na komm schon, es wird sicher nicht mehr allzu lange dauern. Freust du dich denn so darauf Johnny nochmal zu sehen?“ “Sicher! Immerhin hab ich ihn lange nicht mehr gesehen und ihn zu ärgern macht immer riesigen Spaß.”, grinste sie den wesentlich Größeren an, der amüsiert zurück blickte. Johnny war wirklich leicht zu ärgern, dennoch bevorzugte der Deutsche es eher mit dem Engländer Schach zu spielen, auch wenn der Wirbelwind von Mädchen ständig dazwischenfunkte, weil ihr immer wieder langweilig war. Da besaß er schon ein großes Schloss, mit allem Drum und Dran, und sie schaffte es nur selten sich alleine zu beschäftigen, nervte stattdessen oft ihn oder seine Freunde, die er auch nur selten sah. Nicht nur, dass sie in verschiedenen Ländern lebten, sondern auch die vollen Terminkalender verhinderten, dass sie sich häufiger treffen konnten. Die anstehende Beyblade-Weltmeisterschaft war für Robert und seine Freunde, die europäischen Champions, eine Chance, sich endlich nochmal zu sehen und vor allem sich nun auch weltweit in dem beliebten Sport zu behaupten. Nicht, dass es eine große Herausforderung sein würde, wie er meinte. Sein Blick glitt wieder zu dem Mädchen. Schon seit einem halben Jahr wohnte sie bei ihm im Schloss. Eigentlich sollten es nur ein paar Wochen werden, doch irgendwie... Er seufzte. Wäre er nicht gewesen, wäre sie wahrscheinlich in einem Heim gelandet – oder in einer Psychiatrie. Ihre Eltern waren überfordert, hatten alles Erdenkliche versucht, aber ihre Aggressionen waren einfach nicht in den Griff zu bekommen. Da er ein langjähriger Freund der Japanerin war, hatte er sich bereit erklärt sie vorerst bei sich wohnen zu lassen, bis sich ihr Verhalten besserte. Wöchentlich hatte sie Sitzungen bei einem renommierten Psychologen. Doch irgendwie sollte es wohl nicht sein. Sie versuchte sich zwar zurückzuhalten, doch schon einige Male bekam auch er zu spüren, was es bedeutete, wenn das Mädchen die Kontrolle über sich verlor. Er hatte lediglich Glück, dass er stärker war als sie, sonst wäre bestimmt schon mehr passiert als zerbrochenes Porzellan und ein paar kleine Verletzungen. “Ich gehe mich mal ein bisschen umsehen. Vielleicht find’ ich ja ein paar Blader zum Spielen.”, grinste der Große und erntete einen skeptischen Blick des Mädchens. “Kannst du nicht einmal nett zu anderen Leuten sein?” Er konnte spüren wie genervt sie auf einmal war. Sie hasste es, wenn er sein Ego heraushängen ließ. Es war eine Sache zu wissen, was man kann, aber durchaus eine andere, damit anzugeben. Robert hingegen fand nicht, dass er angab und rümpfte empört die Nase. “Wieso? Bin ich doch.” Daraufhin verschränkte das Mädchen die Arme vor der Brust. “Deine Freunde zählen nicht.” “Das…”, setzte er an, stockte jedoch. “Ja?” Es hatte keinen Sinn mit ihr zu diskutieren, also winkte der Deutsche ab. “... ist was anderes und jetzt entschuldige mich.” Schneller als sie gucken konnte, war er auch schon verschwunden. Resigniert seufzte sie. So sehr sie ihn auch als Freund lieb gewonnen hatte, aber dass er keine Gelegenheit verpassen wollte, anderen zu zeigen, dass er stärker war, wurmte sie manchmal ungemein. //Dieser Idiot hat Glück, dass er sonst so rücksichtsvoll ist… Nur beim Sport kann er nicht vom hohen Ross runter.// Mit einem Schnauben stieß sie sich von der Rehling ab. Vielleicht fand ja auch sie etwas Abwechslung. Leise summend ging sie über das Deck, beobachtete die Leute. Die meisten waren Amerikaner oder Europäer. Es wunderte sie. Normalerweise reisten Robert und sie immer mit dem Flugzeug, doch diesmal hatte der Deutsche Lust auf etwas Anderes, etwas Neues. Da bot es sich schon an, dass sie beide mal mit einer Fähre reisten, zumal die Japanerin vorher noch nie auf einem Schiff war. Wären ihre Eltern damals in Japan geblieben, wäre es sicher anders, aber sie mussten ja unbedingt nach Deutschland ziehen. Ein berufliches Angebot, das ihr Vater damals nicht ausschlagen konnte, hatte die kleine Familie damals, als sie gerade erst ein paar Monate alt war, nach Europa gebracht, das dann somit zum Zuhause des Mädchens wurde. So schade es auch war, aber bisher hatte sie auch noch nicht die Gelegenheit gehabt die Heimat ihrer Eltern, Japan, besuchen zu können. Ein Wimmern riss sie aus ihren Gedanken. “Uwaaa~, ich würde alles geben um meinen Magen zu beruhigen um nur eine Mahlzeit zu essen, die nicht eine Minute später wieder über Bord geht!” Ein Junge lag auf einer der Liegen am Sonnendeck und hielt sich verkrampft den Bauch. Mitleidig lächelnd ging sie auf ihn zu, kniete sich daneben, wurde allerdings nicht bemerkt. Der Junge wimmerte weiter, verfluchte jeden, der ihn wohl auf dieses Schiff gezerrt hatte und ebenso seine Seekrankheit. Leise lachte sie und bekam so seine volle Aufmerksamkeit. “Dir scheint die Seefahrt ja nicht sonderlich Spaß zu machen, was?” “Eh…” Er errötete, hielt sich kurz darauf wieder den Bauch und jaulte auf. Die Japanerin kramte eilig in ihrer Tasche, nahm eine Tablette und eine kleine Wasserflasche heraus. “Hier nimm das, dann geht’s dir wieder besser.”, meinte sie und hielt dem Jungen die Tablette hin. “Da-... Danke.” Mit zittrigen Händen griff er danach spülte sie auch direkt mit dem Wasser hinunter. Ein leichtes Lächeln zierte das Gesicht des Mädchens. “Meistens hilft es schnell. Es sollte dir also bald besser gehen.” “Danke!”, lächelte der Kleine. “Beeil dich, sonst verpassen wir noch den großen Beyblade-Kampf!” Zwei Jungs rannten aufgeregt an ihnen vorbei und der Kleine grinste. “Ich wette Tyson würde den Kampf auch gerne sehen, anstatt Runde für Runde zu joggen.”, murmelte er mehr zu sich und sah den beiden hinterher. //Tyson?// “Und einer der Spieler ist Tyson – von den Bladebreakers!” Ein entsetzter Schrei folgte und der Junge flog im hohen Bogen von der Liege. Das Mädchen konnte sich gerade so retten, damit es nicht unter ihm begraben wurde. “Oh, Tyson!!!” Der Kleine rappelte sich auf und rannte so schnell er konnte in Richtung Eingang unter Deck. Die Japanerin, die er scheinbar vor lauter Schreck vergessen hatte, wurde sitzen gelassen und schaute nur verdattert hinterher. //Tyson... ist das etwa…? Nein…// Sie schüttelte den Kopf und folgte dem Kleinen in die große Halle. Eine beträchtliche Traube Menschen hatte sich um eine Beyarena gesammelt und sie konnte nur Robert erkennen, der durch seine Größe die anderen locker überragte. //Er… Ich hätt's wissen müssen….// Robert hatte scheinbar einen oder mehrere passenden Gegner für seinen, wie sie fand, verwerflichen Zeitvertreib gefunden. Schnell kämpfte sich das Mädchen vor, besah sich die vielen geschrotteten Blades, die auf dem Boden verstreut lagen. Sie stöhnte genervt. //Nicht mal ganz lassen, kann er die Blades der anderen…// Sie entdeckte auch den Kleinen wieder, der gerade mit anderen Jungs sprach, scheinbar seine Freunde, und schneller als sie gucken konnte, war das Match zwischen Robert und diesem Unbekannten, der vorhin erwähnte Tyson, schon im Gange. Seufzend verschränkte sie die Arme, stand schräg hinter Robert und besah sich das Match. Erstaunlicherweise dauerte der Kampf länger, als sie dachte. Der Kerl war gar nicht mal so schlecht. Schließlich riefen die Kontrahenten ihre BitBeasts. Für sie war es immer wieder ein wunderschöner Anblick diese starken und auch anmutigen Geschöpfe kämpfen zu sehen. Doch lange konnte sie diesen Augenblick nicht genießen, denn schon hatte Griffolyon Tysons Blade im hohen Bogen aus der Arena gekickt. Sie beobachtete die anderen, bekam nur am Rande mit wie Robert seinem Ego wieder freie Bahn ließ und den anderen als unwürdig und dergleichen beschimpfte. Anscheinend waren dieser Tyson und der Kleine von vorhin ein Team mit einem weiteren Asiaten und einem Blondschopf. Robert ging schnaubend an ihr vorbei. “Komm Akira, das ist unter meinem Niveau!” Ihre Augenbraue wanderte gefährlich nah Richtung Haaransatz, als sie ihm mit verschränkten Armen grimmig hinterher sah. “Wir warten immer noch…” Der Deutsche hielt an und beide drehten sich wieder herum, sahen einen weiteren Jungen, der Nahe der anderen an einem Pfeiler gelehnt stand und Robert anstarrte. “Hm?” “Du hast uns deinen Namen nicht genannt.” Verdutzt wirbelte der Kopf der Japanerin erneut zu ihrem Freund. //Der hat sich noch nicht mal vorgestellt??// Das Mädchen atmete tief durch, versuchte den Ärger herunterzuschlucken, ehe sie sich vergaß. Das konnten sie nun nicht auch noch gebrauchen. “Mein Name ist Robert.” Und schon ging er zügigen Schrittes weiter, wusste, dass das Mädchen ihm schon folgen würde. Akira atmete tief durch und massierte sich den Nasenrücken. Sie blickte nochmal zurück zu dem anderen Team, das sie gar nicht wahrzunehmen schien und rannte anschließend Robert hinterher. Sobald die Tür hinter ihnen geschlossen war, fing sie auch schon an ihre Empörung kundzutun. “Sag mal, hast du sie nicht mehr alle? Bist du von allen guten Geistern verlassen, oder warum musstest du dich hier wieder so aufspielen? Die hätten auch kapiert, dass du stärker bist ohne, dass du ihre Blades unnötig zerschrottest. Und dann die Aktion eben... als hättest du keinen Funken Anstand!” Sie nahm Luft um den Tadel weiter zu führen, als ihr Freund ihr ins Wort fiel. “Komm wieder runter, Akira, und lass mich. Du musst dich nicht ständig in meine Angelegenheiten einmischen.” “Scheinbar doch!” Man spürte richtig die Funken, die durch die Luft flogen. Akira war die einzige, neben seinen Eltern, die sich traute so mit ihm zu reden. Sicher brauchte er es manchmal, da sein Ego teilweise ungeahnte Größen erreichte, doch bloßstellen ließ er sich nicht wirklich gerne. Und auch hier hatten ein paar Personen alles mitgehören, die gerade an ihnen vorbei gingen. Ganz zu Schweigen von den Leuten im Raum, den sie verlassen hatten, die den Streit durch Akiras Gebrüll mit Sicherheit auch mitbekommen haben müssten. Robert ballte die Fäuste und ging ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren an ihr vorbei, ließ sie einfach stehen. Sie wusste, dass sie wieder zu weit gegangen war, aber anders konnte man ihn ja nicht bremsen. Ein Seufzen entrann ihrer Kehle und die fasste sich an den Kopf. Dieses ständige ‚vom-hohen-Ross-runterholen’ bescherte ihr einige Male heftige Spannungskopfschmerzen. Sie versuchte sie einfach zu ignorieren und ging in die gleiche Richtung, die Robert eben auch angeschlagen hatte, und verschwand hinter den schweren Türen der ersten Klasse. Schon am Vormittag des nächsten Tages waren sie endlich in South Hampton angekommen. Sich streckend folgte sie Robert die Rampe hinab, die sie wieder aufs Festland brachte. Den Streit vom Vortag hatten die zwei schon am Abend wieder fallen gelassen. Sie konnten ja doch nicht lange böse aufeinander sein. Und die Vorfreude bald wieder Johnny ärgern zu dürfen, bescherte ihr sowieso eine viel zu gute Laune, als dass sie sich diese wieder von dem Deutschen kaputt machen lassen würde. Kapitel 1: Decision (Update) ---------------------------- Die Zeit ging schneller vorbei, als Akira dachte und schon waren zwei Wochen seit dem seltsamen Zusammentreffen auf dem Schiff mit den sogenannten Bladebreakers vergangen. Wenn sie ehrlich war, hatte sie auch gar nicht mehr daran gedacht. Viel zu viel Spaß hatte sie in der Zeit bei dem jungen Engländer und dessen Schwäche, sich leicht provozieren zu lassen. Sie wusste auch nicht wieso, aber wenn sie wollte, konnte sie schlimmer sein als eine Horde Kleinkinder auf Zucker. Und das ließ sie auch oft genug die anderen miterleben, welche immer nur meinten sie solle ihre Energie endlich mal bei etwas Anderem rauslassen – die vereinzelten Wutausbrüche ausgenommen. Sie war manchmal schon fast fasziniert von sich selbst. Ihre Stimmung kannte oft nur extremes Hoch oder extremes Tief – Wirbelwind oder Ausraster, letzteres oft gefolgt von kurzzeitiger, despressiver Apathie. Ihr Psychologe hatte ihr ebenfalls nahegelegt sich um einen Ausgleich neben dem Unterricht zu suchen, aber so viel sie bisher auch ausprobiert hatte, hatte noch nichts wirklich geholfen. Beybladen stand eindeutig hoch oben auf dieser Liste, aber leider hatte das Mädchen feststellen müssen, dass ihr dazu einfach das nötige Fünkchen Talent fehlte. Vorsichtig stieg sie aus dem Helikopter, versuchte nicht hinzufallen, da die Stufen ziemlich hoch waren. Dankend nahm sie Roberts Hand, die er ihr zur Hilfe hinhielt. Endlich wieder auf festem Boden. Die frische Luft einatmend sah sie sich um, erblickte die vertrauten Berge, Wälder und Gemäuer, in denen sie nun schon seit geraumer Zeit lebte. Sie liebte es zwar die ganze Zeit mit Robert herumreisen zu können, dennoch gab es nichts Besseres als ein Heim, wo man sich einfach nur ausruhen konnte – im eigenen Bett. Mit einem Lächeln auf den Lippen folgte sie ihrem Freund ins Schloss. Sie nannte es zwar Heim, dennoch waren ihr die alten Mauern immer noch nicht ganz geheuer. Manchmal hörte sie Geräusche, die sie nicht zuordnen konnte, und wenn es gewitterte, meinte man, das ganze Schloss würde erzittern. Sich streckend ging sie die sämtlichen Gänge entlang, stieg Treppen auf und ab, trennte sich nach einer Weile von Robert, da ihr Zimmer woanders lag als seines. Endlich war sie angekommen, schob die schwere Tür zu ihrem eigenen Reich auf, warf ihre Tasche erstmal in die nächstbeste Ecke und ließ sie bäuchlings auf das riesige Bett fallen, kuschelte sich in die weichen Decken, die es zierten. Sie war so unglaublich müde, was sie nicht wirklich wunderte. Robert und sie waren schon früh am Morgen aufgestanden, waren noch etwas mit Johnny in London bummeln und sind schließlich nach Hause geflogen und nun war es zwar erst früher Abend aber es reichte ihr schon. Sie seufzte schläfrig, brauchte auch nicht lange um in die ihr wohlbekannten Traumwelten zu driften. Am nächsten Morgen wurde sie von den kleinen Sonnenstrahlen geweckt, die ihr unbarmherzig ins Gesicht schienen. Sie hätte vielleicht am Abend besser die Vorhänge noch zu gemacht, aber das war nun zu spät und nun versuchte sie einfach nur dem Hellen zu entkommen. Sie hörte, wie die Tür zum Zimmer leise geöffnet wurde und vernahm ebenfalls den Klang eines bekannten Gangs. “Miss Akira, es wird Zeit, dass Sie das Bett verlassen. Wir haben schon Vormittag.” Gustav, wer sonst? Ein Grummeln ihrerseits ließ ihn leicht lächeln. Es muss auch zu komisch aussehen, wie sie dort lag, noch voll bekleidet, bäuchlings und alle Viere von sich gestreckt, das Gesicht dabei tief in die Decken gedrückt. Dass sie überhaupt noch Luft bekam, erstaunte sie selbst sogar ein wenig. Sie seufzte und rollte sich einmal herum, legte ihren Arm auf die Augen, da das helle Licht immer noch ziemlich blendete. “Wie viel Uhr haben wir, Gustav?” “Bereits halb 9, Miss.” Akira verzog das Gesicht. Wollte Robert nicht heute morgen zur Besichtigung seines neuen Stadions? Eigentlich sollte sie da mitkommen, doch jetzt war es zu spät. Erneut seufzte sie, rieb sich verschlafen die Augen. “Hat Robert was gesagt wegen heute Morgen?” Sie blinzelte ihn müde an. “Nein, aber es ist Besuch eingetroffen.“ Ihr müder Blick wechselte zu einem fragenden. “Mister Johnny ist kurz nach Ihrer Ankunft ebenfalls angekommen und um etwa 22 Uhr kamen auch Mister Oliver und Mister Enrique mit ein paar anderen Jugendlichen. Zuerst dachte ich es wären die neuen Küchenhilfen, doch Mister Enrique versicherte mir, dass es Bekannte von Mister Robert seien. Sie haben hier übernachtet und frühstücken soeben unten im Speisesaal.” Irgendwie waren das gerade zu viele Informationen für ihr verschlafenes Gehirn. //Johnny, Oliver und Enrique sind hier? ... Und noch wer? Und alle haben hier geschlafen? Erst mal aufwachen.// Mit einem Ächzen setzte sie sich endlich auf. “Danke für’s Wecken, ich mach’ mich jetzt fertig und komme sofort runter.”, lächelte sie den Bediensteten an, der sich sogleich verbeugte und wieder das Zimmer verließ. Nachdem sie sich erst mal ausgiebig gestreckt hatte, krabbelte sie an den Rand des Bettes um aufzustehen, sich umzuziehen und zu waschen. //Schon besser.// Summend ging sie von dem angrenzenden Badezimmer wieder in ihr Reich, zog sich um und verließ das Zimmer, um sich zu den anderen zu gesellen. Das bisschen, was ihr Gehirn vorhin verarbeiten konnte, hatte sie neugierig gemacht. Noch bevor sie in das Esszimmer treten konnte, kam ihr jemand entgegen, der scheinbar ebenfalls in den Raum wollte. Irritiert sah sie den blonden Jungen an, der vor ihr stand und mit großen Augen zurück blinzelte, und hatte das Gefühl, dass sie ihn schonmal gesehen hatte. “Wer... bist du? Kenn ich dich nicht?” Jetzt sah sie genauer hin und der Blondschopf kam ihr wirklich bekannt vor. “AH!!!” Der Junge zuckte zusammen. “Du bist doch einer von denen, die wir auf dem Schiff getroffen haben, oder?” “Eh... stimmt!”, meinte er grinsend. Neugierig linste sie in das riesige Esszimmer und entdeckte gleich auch den Rest des fremden Teams. “Ehm... Hallo!” Erstaunt wurde sie von allen angestarrt, bis auf einen, der weiterhin am Essen war. Der Kleinste regte sich zuerst. “Du bist doch das Mädchen, das mir die Tablette auf dem Schiff gegeben hat!” “Ja, stimmt!”, lachte sie und trat, dicht gefolgt von dem Blonden, der sich wieder auf seinen Platz setzte, in den Saal. “Sie haben geholfen, vielen Dank!” “Ach, eigentlich war das nur eine Vitamintablette, aber Placebo hilft meistens wirklich Wunder.”, grinste sie. “Oh… Okay… Das hat es in der Tat.”, lachte der Japaner leise und rieb sich den Hinterkopf. “Ach, entschuldigt meine Unhöflichkeit. Mein Name ist Akira Minamoto!” Sie verbeugte sich leicht und lächelte. In solchen Momenten kam das japanische Blut dann doch zum Vorschein, auch wenn sie sehr deutsch erzogen wurde. “Ich bin Kenny.”, meinte der Kleine. “Max!” Der Blondschopf grinste sie mit einem überdimensionalen Grinsen an. “Mein Name ist Ray.” Auch der Schwarzhaarige lächelte. “Und das da…” Kenny zeigte auf den Jungen der immer noch am Essen war, sie anscheinend gar nicht bemerkt hatte. “Ist Tyson, nicht?”, beendete Akira den Satz. Ihn kannte sie schließlich noch vom Schiff, immerhin war sein Name oft genug gefallen. “Was ist mit mir?” Überrascht blickte er auf, schluckte gerade den letzten Bissen runter, entdeckte dann das Mädchen und legte den Kopf schief. “Wie lange steht die schon da?” Akiras Augenbraue wanderte in die Höhe, der Kerl war echt unglaublich. “Schon länger. Ich bin Akira Minamoto, freut mich, dass du auch mal mit mir redest.”, lachte sie und stützte sich mit einem Arm auf der Tischplatte ab stemmte den anderen in die Hüfte. “…Minamoto?” Ein skeptischer Blick folgte. “Deine Eltern heißen nicht zufällig Naomi und Tsubasa mit Vornamen oder?“ “Woher… weißt du das?“ Überrascht stieß sie sich wieder vom Tisch ab, musterte Tyson eindringlich. //Ist er etwa doch...?// “DASS ICH DAS NOCH ERLEBEN DARF!!!!!” “UWAAAHHHH!!!!!” Schneller, als die anderen gucken konnten, war Tyson aufgesprungen und klebte nun an dem armen Mädchen, die immer noch verwirrt war. “Jetzt seh’ ich dich zum ersten Mal, Cousinchen, und das durch einen puren Zufall!” “Cousinchen???” Entgleiste Gesichtszüge soweit das Auge reichte. “Du liebe Güte! Dann bist du’s ja wirklich!” Nun hatte es auch Akira verstanden und klebte nicht minder fest an ihrem Vetter. Das war wirklich ein riesiger Zufall, dass ausgerechnet ihr Cousin, der im fernen Japan lebte, plötzlich bei ihrem besten Freund vor der Tür stand und noch nicht mal wusste, dass sie auch hier lebte. “Was macht ihr hier?”, fragte sie neugierig. “Wir kamen von den amerikanischen Beyblade-Meisterschaften und wollten eigentlich nach Russland zu den World Championships und wollten in Europa noch kleine Zwischenstopps machen.”, grinste er sie stolz an. “Und was wollt ihr hier?” “Wir hatten noch eine Rechnung offen.” Das stolze Grinsen wechselte zu einem kampflustigen. “Du meinst doch nicht etwa wegen dem Match auf dem Schiff gegen Robert?” Ein ungläubiger Blick. “Was glaubst du denn? Das lass ich doch nicht auf mir sitzen! Ich bin japanischer Champion, da lass ich’s mir doch nicht nehmen so lange zu kämpfen, bis ich der Beste bin!” Akira blickte leicht amüsiert zu Kenny. “Ist der immer so?” Ein stummes Nicken als Antwort. //Wow, ich bin mit dem besten Blader Japans verwandt und mit dem besten Blader Deutschlands befreundet... ein Zeichen was?// Ein kleiner Schatten legt sich über ihr Gesicht, der allerdings schnell wieder verschwand. “Und-...” Jäh wurde sie unterbrochen, als Robert in den Saal rannte. “Ihr seid immer noch hier? Ich habe zwar gesagt, dass ihr hier bleiben könnt, aber ich meinte damit nur eine Nacht.” Er sah sauer aus. “Wir wollten heute morgen echt gehen, aber wir waren so hungrig, dass wir keinen Schritt laufen konnten.” Kenny nippte wieder genüsslich an seinem Tee. “Ja, nicht einen Schritt. Wir hatten keine andere Wahl. Jeder von uns musste fünf Mal frühstücken.” //Fünf Mal???// Akira traute ihren Ohren nicht. “Das Frühstück ist zu Ende. Packt eure Sachen, ihr werdet das Anwesen heute noch verlassen!” Robert drehte sich herum und befahl Gustav den Wagen vorfahren zu lassen. Jetzt hatte Akira endlich mal einen ihrer Verwandten getroffen und Robert schmiss ihn und seine Freunde achtkantig raus. “Aber…”, wollte das Mädchen ansetzen, wurde jedoch von Tyson unterbrochen. “Den Weg können Sie sich sparen, Gustav.” “Was?” Akiras Freund wirbelte herum “Wir werden nirgendwo hingehen. Keiner von uns wird dein Haus verlassen, bevor wir nicht gegeneinander gekämpft haben.” Das Mädchen merkte, dass diese Situation Robert nicht ganz zusagte. “Ihr scherzt.” Nun erhob Ray das Wort. “Nein, wir haben heute Nacht beschlossen, dass wir euch alle als Team herausfordern.” Ein Lachen war zu hören. Nun standen auch die anderen Freunde von Akira und Robert in der Tür und fanden die Idee der Bladebreakers sichtlich amüsant. “Das soll wohl ein Witz sein. Ihr wollt gegen uns kämpfen? Ihr scheint wirklich auf Niederlagen zu stehen, ihr Loser. Aber wieso sollten wir? Wir kämpfen nie zweimal gegen denselben Gegner.” “Johnny!” Langsam ging es ihr mal wieder zu weit! Robert schaffte es schon regelmäßig sie Dank seines enormen Egos an den Rand der Verzweiflung zu bringen, aber Johnny konnte da manchmal noch eine Schippe drauflegen. “Oh, ihr werdet gegen uns kämpfen! Denn wenn nicht, werden wir hier bleiben und ihr müsst unseren Anblick noch die ganze Woche ertragen.” Nun konnte sie sich ein Grinsen nicht verkneifen. Der Anblick von Robert und den anderen war nur zu gut. Anscheinend wusste das Team um ihren Cousin genau, wie es die Jungs anzupacken hatte. Kurz darauf verschwanden sie auch schon und Akira gesellte sich zu den Gästen an den Tisch. Die Japanerin hatte auch noch nichts gegessen und nahm sich einfach von den ganzen Speisen, die auf dem großen Tisch verteilt standen. Währenddessen unterhielt sie sich mit den Jungs, zumeist aber mit Tyson, da sie noch etwas nachzuholen hatten. Nur eine halbe Stunde später gesellte sie sich zuerst zu Gustav in die Küche. Der Arme war vollstens damit beschäftigt die Überreste und das dreckige Geschirr, das die Jugendlichen hinterlassen hatten, aufzuräumen und zu säubern. “Soll ich helfen?”, fragte sie und trat zu dem Mann an die Arbeitsfläche. “Nein nein, Miss! Es geht schon, aber danke.” Er winkte ab, schickte sie wieder raus. “Ich bin sowieso gleich fertig.” “Na gut.” Sie lächelte und verschwand aus der Tür. Eiligen Schritten ging sie den Gang entlang, wusste genau, was beziehungsweise wer ihre nächste Anlaufstelle werden sollte. Und als hätte man sie erhört, kam ihr eben genau jener gerade entgegen. Er schien sie nicht zu bemerken, blickte unentwegt auf den Marmorboden. Sie zügelte ihre Schritte erst, als er kurz vor ihr war und stoppte Mitten im Gang, sodass der Engländer unweigerlich direkt in sie hinein lief. Akira war auf den kleinen Zusammenstoß gewappnet und blieb standhaft, während Johnny ein paar Schritte nach hinten stolperte, sich aber rasch fing. “Was...?” Er blickte auf, schaute direkt in die braunen Augen der Japanerin, die ihn wütend anfunkelte. In diesem Moment verstand er, dass sie ihn mit Absicht hatte auflaufen lassen. “Was hat dich denn gebissen, verdammt?” “Du weißt genau, was los ist! Was sollte dieser Auftritt eben bitteschön?” “Was-...?“ “Jetzt tu nicht so unschuldig. Was sollte diese Ego-Tour vorhin schon wieder?”, wetterte sie und schnaubte verachtend. Der Engländer verschränkte die Arme vor der Brust und sah sie nicht minder sauer an. “Lass’ gut sein, Akira. Diese Kinder sollen ruhig wissen wie der Hase läuft. Keiner von denen hat doch nur den Hauch einer Chance gegen einen von uns.” Da war wieder diese widerliche Art an ihm, die sie hasste wie die Pest. In Akira klickte es und ehe sie sich versah, hatte sie dem Jungen schon eine schallende Ohrfeige verpasst. Geschockt schaute Johnny sie an, während er eine Hand an seine pochende Wange hielt. Er kannte viele Seiten von ihr, aber handgreiflich war sie ihm gegenüber bisher noch nie geworden. Hätte Robert ihm nicht mal von ihren Aggressionsproblemen erzählt, hätte er es wahrscheinlich niemals erfahren, weil sie sich, wenn sie sich trafen, immer zurück hielt. “Du wagst es…” Doch der Engländer stockte, als er nun auch den Schrecken in ihrem Blick erkannte. Die Japanerin, die kurzzeitig in Schockstarre dastand, konnte sich nach wenigen Sekunden lösen, in denen die beiden sich nur stumm angesehen hatten. //Scheiße…// Wenigstens hatte der Schrecken über ihren Reflex die Wut verdrängt und sie davor bewahrt Schlimmeres zu tun. “Sorry…” Mehr ein Flüstern, doch Johnny hatte es gehört und sah der Japanerin verdattert hinterher, die an ihm vorbeigehuscht war. Sie hasste auch diese Seite an sich und ärgerte sich jedes Mal, wenn wieder die Pferde mit ihr durchgingen. Auch wenn sie im Grunde nichts dafür konnte, da scheinbar irgendwelche kognitiven Verbindungen in ihrem Hirn kaputt waren, wodurch öfter als ihr lieb war ein regelrechter Kurzschluss passierte. Zitternd atmete sie durch, als sie auf dem schnellsten Wege in ihr Zimmer stürmte, um sich vollends beruhigen zu können. *** Der nächste Tag folge schnell und sie hatte unterdessen mitbekommen, dass Robert und die anderen die Herausforderung nun doch angenommen hatten. Hinsichtlich dessen, dass sie eigentlich keine andere Wahl gehabt hatten, war es doch nicht ganz so überraschend gewesen, als Akira davon gehört hatte. An der neu errichteten Arena angekommen, wo das Match stattfinden sollte, staunte das Mädchen wie groß das Gebäude geworden war. Robert hatte sich da wirklich ein Prunkstück bauen lassen. Immer noch die riesigen Säulen und Wände bewundernd folgte sie ihren Freunden zum Eingang. Johnny und sie hatten den Zwischenfall vom Vortrag zwar nicht mehr angesprochen und auch nicht den anderen erzählt, aber Akira konnte spüren, dass ihr der Engländer nicht länger böse war. Leid tat es ihr trotzdem immer noch und stieß mit ihrer Schulter beim eintreten der großen Halle leicht gegen seine, um sich ohne Worte bei ihm erneut zu entschuldigen. Aber der Rotschopf grinste nur und wuschelte ihr durch die Haare, was sie zum Lächeln brachte. Der Deutsche hatte ihr einen der vorderen Plätze reserviert, damit sie nahe genug am Geschehen war. Dass Tyson und sie verwandt waren, hatte sie noch für sich behalten. Ihr bester Freund war sowieso viel zu beschäftigt damit gewesen sich auf den Kampf einzustellen, auch wenn er es nicht offen zugab, da er ja der Meinung war, der Beste zu sein. Die drei Matches waren länger als sie anfangs erwartet hatte. Ray und Oliver hatten ein Unentschieden. Kai, der überraschenderweise ebenfalls zu den Bladebreakers gehörte, besiegte Johnny, was sie zum Schmunzeln brachte. Und Tyson besiegte nach einem ziemlich aufregenden Kampf Robert. Sie stutzte, da ihre Eltern nie erzählt hatten, dass ihr Cousin wirklich so gut war. Schließlich standen sie allen draußen am Haupteingang. Akira war erstaunt darüber, dass Robert und die anderen scheinbar begriffen hatten, was Teamgeist und Vertrauen hieß und dass sie immer noch besser werden konnten, weil es stärkere Blader gab. Das Mädchen hatte sich die ganze Zeit gefühlt, als würde sie gegen Windmühlen kämpfen. Es hatte wohl lediglich die richtigen Kontrahenten gebraucht, um die Lektion ordentlich herüber bringen zu können. Sie freute sich über diesen unerwarteten Gedankenwandel, bemerkte in diesem Moment aber auch, dass sie eigentlich noch so viel mit Tyson zu bereden hatte. “Du sag mal…” Sie lehnte sich leicht an den Japaner, der sie verwirrt ansah. “Was denn?” Sie sah etwas peinlich berührt zu Boden, wusste nicht recht wie sie beginnen sollte. “Naja, wir haben uns jetzt zum ersten Mal getroffen und ich fänd’s schade, wenn ihr jetzt einfach nach Russland weiter ziehen würdet... Ich würd’ gerne noch so viel mit dir reden, dich ausfragen... Du weißt schon... “ Leicht zupfte sie am Ärmel von Tysons Shirt, schaute ihn von unten herauf an, was bei der gleichen Körpergröße der beiden etwas lustig aussah. Dieser grinste nur. “Wir wär’s denn, wenn du mitkommst?”, fragte er geradeheraus und Akira sah ihn mit großen Augen an. Darauf hatte sie jetzt eigentlich nicht unbedingt angespielt. “Hey, das ist eine tolle Idee!”, stimmte Kenny ein. “Du kannst mir bei den Analysen helfen!” Erstaunt sah sie die anderen an. So lächerlich es im ersten Moment geklungen hat, der Vorschlag hatte durchaus etwas. “Aber... ist das euer ernst?” Tyson lachte laut. “Sonst hätte ich das nicht gesagt!” Sie umarmte ihren Cousin stürmisch, der daraufhin noch lauter lachte und ihr den Rücken tätschelte. Schnell löste sie sich wieder von ihm, drehte sich zu Robert, welcher mittlerweile die Relation zwischen den beiden verstanden hatte. “Ist das okay für dich?” “Es sind Ferien und vielleicht bringt es dich ja auch weiter als ständig bei uns rumzuhocken.”, lachte er und strich ihr durch die Haare. “Du willst doch nur mal ein paar Wochen Ruhe vor mir.”, grinste sie und streckte ihm neckisch die Zunge raus. Somit war es also beschlossen. Sie würde mit den Bladebreakers nach Russland zu den Weltmeisterschaften ziehen. Und sie hatte die großartige Chance einen unbekannten Teil ihrer Familie endlich mal kennen zu lernen. Das würde sicher lustig werden. Kapitel 2: Friends (Update) --------------------------- Alle hatten immer noch die seltsamen Geschehnisse vom Nachmittag in den Köpfen, als die Bladebreakers und Akira abends das Hotel erreicht hatten. Die Eindrücke in der Abtei und dessen Leiter Boris hatten sich tief eingebrannt und keiner wusste so recht mit den Informationen umzugehen, wie der Mann mit seinen Zöglingen umzugehen pflegte. Anfangs hatte er einen seltsamen, aber dennoch fürsorglichen Eindruck auf sie gemacht, doch als einer seiner Jungs im Trainingsmatch gegen Tyson verloren hatte, hatte er sein scheinbar echtes Gesicht gezeigt und demonstriert, was er mit den Sportlern machte, die nicht die gewünschten Erfolge erzielten. Dieses Erlebnis ließ Akira einfach nicht los und auch die anderen hatten noch weiter vor sich hingegrübelt. Vor allem Kai war auffällig still. Akira kannte den Größten der Gruppe zwar nicht, dennoch hatte sie bereits herausgefunden, dass er generell nicht viel sprach. Aber diesmal kam es ihr so vor, als wäre er noch wortkarger als sowieso schon. Dass Ray abends selbst kurz erwähnte, dass Kai komisch sei, bestätigte ihre Vermutung zudem. Nachdem sie ihre Zimmer beziehen konnten - die Japanerin hatte zum Glück noch spontan ein Einzelzimmer buchen können - trafen sie sich zum Essen wieder, jedoch ohne den 'Miesepeter', wie ihn ihr Cousin gerne nannte. Da Akira während der Hinreise nicht viele Chancen hatte die Jungs und besonders Tyson mit Fragen zu löchern, wollte sie diese Zeit nutzen. Sie schüttelte die bedrückenden Gedanken ab und wechselte das Thema. “So Jungs, erzählt mal. Wenn ich jetzt schon mit euch reise, will ich auch alles von euch wissen.”, grinste sie, während sie amüsiert ihren Cousin beim Versuch beobachtete, herauszufinden wie viele Stücke Brot in seinen Mund passten. Er schien wirklich hungrig zu sein. Streng genommen, hatte er immer Hunger, so viel wusste sie auch schon. Die Blicke besagter Jungs trafen sie, jeder schien zu überlegen, wo sie anfangen sollten. Dann lachte Ray. “Ohje, tut uns Leid, das hatten wir total vergessen. Wir wurden durch das regionale Turnier um die Weltmeisterschaftsqualifikation in Japan zum Team.” “Genau! Tyson und ich kannten uns aber vorher schon aus der Schule, da wir in die gleiche Klasse gehen.”, fügte Kenny hinzu und klopfte besagtem Blader auf den Rücken, weil der sich kurzzeitig an dem Brot verschluckte und stark am Husten war. “Ich hab’ Tyson und Kenny kurz vor dem Turnier kennengelernt.” Max grinste ebenfalls. “Und Kai… Naja… Kai wurde mehr oder weniger von der BBA gezwungen mitzumachen. Er würde allerdings nie zugeben, dass er es dann doch irgendwo spaßig und interessant findet mit anderen Bladern zusammenzuarbeiten, allein schon, weil er für das Bladen lebt. Du hast sicher gemerkt, dass er eher ein Einzelgänger ist.” Kenny hatte es geschafft Tyson vor einem qualvollen Erstickungstod zu bewahren und begann endlich selbst zu essen. “Ja, das ist auch kaum zu übersehen… Also das heißt, dass ihr alle in Japan lebt? Und alle in Tokyo?” Akira wusste von ihren Eltern, dass Tyson mit seinem Großvater in Japans Hauptstadt lebte. “Ich wohne bei meinem Dad in Tokyo. Er hat da einen kleinen Beyblade-Laden. Ein Grund warum ich zum Bladen bekommen bin.“, meinte Max. “Ich komme aus China und kam wegen der Qualifikation nach Japan.”, führte Ray fort. Tyson hatte sich mittlerweile von seinem Hustenanfall erholt. “Ich lebe bei Opa. Papa reist immer noch in der Weltgeschichte umher. Mittlerweile leistet ihm mein Bruder aber Gesellschaft. Und das bedeutet, dass Opa mich ganz ohne Hindernis quälen kann…” “Ja, dein Vater hatte uns vorletztes Jahr mal kurz besucht, als er wegen der Arbeit nach Deutschland musste. Moment, wie meinst du das? ‘Quälen’?” Akira war erstaunt. Sie hatte eigentliches nur Positives über ihren Großvater gehört. “Er hat ein Dojo Zuhause und er zwingt mich jeden Tag zum Kendo-Training. Das nervt!”, Tyson machte ein Gesicht, als wäre es das Schlimmste, das er je machen müsste. “Kendo? Das ist ja cool! Das wollte ich schon immer mal ausprobieren, aber in Deutschland gibt es so wenig Möglichkeiten dafür. Besonders in der Ecke wo Robert wohnt.” “Ach ja, warum lebst du eigentlich bei Robert und nicht bei deinen Eltern?”, warf ihr Cousin ein. “Ach, ähm... das ist eine längere Geschichte, nicht so schön. Meine Eltern waren irgendwann überfordert mit mir. Ich bin... manchmal nicht ganz einfach.” Sie versuchte ihr leichtes Unbehagen mit einem kleinen Lächeln zu überspielen. Wirklich gerne redete sie nicht über ihre mentalen Probleme, aber sie musste offener damit umgehen. Auch, damit sie niemanden ihrer nahestehenden Personen erschreckte, wenn sie wieder einen Anfall hatte. Der Zwischenfall mit Johnny war zwar glimpflich ausgegangen, aber trotz seiner Kenntnis über ihren Zustand, hatte sie ihn damit dennoch überrascht. Nicht auszumalen was passiert, wenn das bei jemandem geschieht, der nichts davon wusste. “Ach, dann scheint das also in der Familie zu liegen.”, lachte Kenny, der merkte, dass ihr das Thema etwas unangenehm war. “Der hier kann auch ziemlich schwierig werden.” “Hey! Das hab ich gehört!” “Und das ist auch gut so! Du sollst ruhig wissen, dass du anstrengend bist.”, neckte Kenny ihn weiter während Max und Ray lachen mussten. Akira war dankbar für diese Reaktion. Irgendwann, das wusste sie, würde sie ihnen mehr erzählen. Ihr Cousin hatte da wirklich tolle Freunde gefunden. “Und wie sieht jetzt euer Plan aus?”, fragte sie weiter. “Weltmeister werden natürlich!” Tyson schien sehr von diesem Plan überzeugt zu sein. “Und ihr glaubt ihr schafft das? Ich meine, ich hab euch spielen gesehen, ihr seid wirklich gut, aber... Ich hab’ gehört das russische Team soll richtig stark sein... Jetzt wo wir wissen, wo sie wahrscheinlich trainiert wurden, wundert mich das allerdings nicht.” Akira dachte wieder an Boris' Institution und schauderte. //Gruselig…// “Ich verstehe deine Zweifel, Akira. Ich habe einige Analysen über die Steigerung in unserem Team gemacht und ich kann sagen, die Bladebreakers sind eins der besten Teams weltweit. Leider finde ich keine brauchbaren Informationen über die Demolition Boys, was eine mögliche Vorhersage über das Ergebnis eines Kampfes unmöglich macht.” //Wow, Kenny ist wirklich ein Ass in der Analyse...// “Dann heißt es wohl nur abwarten…”, nickte Akira. “Nichts da! Wir werden gewinnen, komme was wolle!” Tyson war Feuer und Flamme, der Kampfgeist schien also auch in der Familie zu liegen, was das Mädchen unweigerlich zum Grinsen brachte. “Ich freue mich schon auf die Meisterschaft. Das wird nochmal eine richtige Herausforderung.” Ray lächelte ebenfalls, die Augen funkelten voller Vorfreude. “Ja, das merkt man.”, lachte Akira. “Was ist eigentlich mit dir, Cousinchen? Spielst du auch?” “Ich? Nein. Ich bin überhaupt nicht gut. Ich hab mich mehr darauf spezialisiert die Matches zu gucken, statt mittendrin dabei zu sein.” Akira winkte ab. Sie wollte gar nicht an ihre Versuche denken einen von Roberts alten Beyblades mal aus Neugier entführt zu haben, nur um feststellen zu müssen, dass sie nicht mal 5 Sekunden gebraucht hat bis der Blade von selbst aufgehört hat sich zu drehen... Auch unzählige Versuche später noch. “Wirklich? Das hätte ich aber jetzt nicht erwartet.” Max schaute sie überrascht an. “Ja, eigentlich schade, aber ich hab’ dann doch andere Qualitäten”, lachte sie. Sie war schon länger begeistert von dem Sport und besonders von der Kraft, die in so einem kleinen Kreisel stecken konnte, namentlich BitBeast. Umso enttäuschter war sie damals, als sie es einfach nicht hinbekommen hatte. “So schlimm ist das gar nicht, dann kannst du mir wirklich gut zur Hand gehen und Analysen und Statistiken erstellen.”, warf Kenny ein. “Ja, das klingt auf jeden Fall auch interessant. Mit Berechnungen hab’ ich auch keine Probleme.” Akira war wirklich gespannt auf ihre Aufgabe im Team. Ab und an hatte sie auch versucht Robert und den anderen bei ihrem Training zu helfen, aber dafür hatte sie einfach zu wenig Erfahrung gehabt. Und die Jungs wollten sowieso lieber alles alleine machen. Das Teamplay, vor allem mit ihren BitBeasts, hatten sie ja auch erst vor kurzem für sich erkannt. //Ich hoffe ich kann damit auch reichlich Erfahrungen sammeln und vor allem endlich was finden, wo ich auch mal meine Energie einbringen kann.//, freute sie sich innerlich. “So Leute, ich bin müde.” Passend dazu musste Kenny gähnen. “Ich geh schonmal aufs Zimmer.” “Ja, gute Idee. Morgen wollten wir schließlich die Stadt erkunden, da stehen wir besser früh auf.” Auch Ray streckte sich. *** Am nächsten Tag ging es spannend weiter. Akira lernte Rays altes Team die White Tigers und das Team, das von Max' Mutter trainiert wurde, die All Starz, kennen. Gegen Abend, als Kai, der bereits morgens verschwunden war, immer noch nicht auftauchte, wurden die Freunde unruhig und spätestens beim ersten Spiel des Vorturniers stand allen der Schock ins Gesicht geschrieben. Kai im russischen Team? “Was soll denn das jetzt?” Akira suchte nach Antworten in den Gesichtern der anderen, doch die schienen ihren Augen ebenfalls nicht glauben zu wollen. Als Tyson dann aufsprang, um zu den unteren Rängen zu rennen, war es vorbei. “Hat euer Leader gerade wirklich euer Team verraten? Das gibt’s doch nicht!” Akiras Stimme bebte vor Empörung. //Einfach Unglaublich…// Das folgende Verhalten, das Kai an den Tag legte, machte es nicht gerade besser. Überheblich forderte er das gesamte gegnerische Team, die All Starz, heraus. Der Kampf einer gegen vier endete wider Erwarten zu Kais Gunsten und damit nicht genug. Er verhöhnte seine Gegner, lachte sie aus und stahl ihnen im gleichen Moment ihre BitBeasts. Er verkörperte alles, was Akira verabscheute: Übermut, Arroganz und Rücksichtslosigkeit. Nur zu gern würde sie ihm gerade die Leviten lesen, wie sie es auch so oft bei Robert und Johnny machte, doch sie hielt sich zurück. Was würde es bringen? Sie kannte ihn ja immer noch nicht wirklich. //Aber allein für den Verrat an Tyson und den anderen sollte er bezahlten…// Auch das nächste Match lief nicht viel besser für Kais Gegner. Sein Black Dranzer schaffte es weitere drei BitBeasts von den White Tigers zu fangen. “Wie kann er nur so etwas nur machen? Er war immer ein Einzelgänger, aber nie so rücksichtslos. Ich muss unbedingt rauskriegen was los ist…” Tyson war sauer und doch glaubte er irgendwo an sein Ex-Teammitglied. //Scheint, als sei an der Gesamtsituation etwas faul…// Akira schüttelte den Kopf. Das hier war doch wirklich nicht zu fassen. Nur ein paar Stunden später fand sie sich zusammen mit den Bladebreakers wieder auf dem Grundstück der Abtei wieder. //Wieso genau bin ich nochmal mitgekommen…?//, fragte sie sich und erschauderte beim Anblick der kargen Gebäude. Es dauerte auch nicht lange und Tyson sorgte dafür, dass sie verfolgt wurden. Eilig rannte sie dem Rest in eins der Gebäude hinterher, während der Alarm immer lauter zu werden schien. Fast stolperte sie auch über den gefallenen Kenny, der von einem der russischen Blader auf dem Boden festgehalten wurde und konnte nur mit einem Sprung über die beiden einen Sturz verhindern. Doch viel weiter kam sie auch nicht, da schon ein weiterer Junge auftauchte, um sie zu stoppen. “Beeilt euch, macht ohne mich weiter! Ihr müsst unbedingt Kai finden!”, rief Kenny und auch Akira schaute zu Ray, Max und ihrem Cousin. “Genau, wir versuchen Zeit zu gewinnen!” Sie nahm sich sofort den Kerl vor ihr vor und drückte ihn gegen die Wand. Leider waren die Jungs eindeutig stärker und auch sie befand sich nur Sekunden später bäuchlings auf dem Boden neben Kenny wieder, die Hände auf dem Rücken fest im Griff ihres Angreifers. “Ach, das ist doch Mist!”, fluchte sie und trat nach allem, was sie finden konnte, um wenigstens etwas Schaden zu verursachen. “Hey, du Mistkerl! Jetzt sind meine Klamotten dreckig!”, wetterte sie weiter und schaffte es schließlich, dass sich der Griff etwas lockerte. Bevor sie jedoch ihre Chance nutzen konnte, kam einer der Wachen und griff nach ihnen beiden und brachte sie wieder auf die Beine, nur um sie hochkant aus dem Gebäude zu werfen. “Ich hoffe die anderen kommen wenigstens weiter…” Kenny klopfte sich den Staub aus der Kleidung. Als kurze Zeit später auch Max und Ray vor die Tür gesetzt wurden, war die Hoffnung nicht mehr all zu groß. “Komm schon Tyson…” “Jetzt hängt alles an ihm.” Es dauerte eine halbe Stunde, bis Tyson schließlich auftauchte. “Da ist er! Tyson, ist alles in Ordnung? Was ist passiert?”, fragte Kenny sofort. “Hast du es geschafft? Wo ist Kai? Hast du ihn gefunden?” Ray löcherte Tyson ebenfalls mit Fragen, doch der ging nur wortlos an ihnen vorbei, während sein Gesicht geradezu vor Enttäuschung schrie. “Es macht nichts, wenn du ihn nicht gefunden hast. Gib nicht auf. Wir versuchen es wieder. Alle zusammen… Tyson?” Auch Max war besorgt. Akira hingegen blieb ruhig und schaute ihrem Cousin nach. “Nein, es hat keinen Sinn.” “Was hast du gesagt? Wieso soll es keinen Sinn haben?” “Bitte gib jetzt nicht auf!” “Es hat keinen Sinn mehr… Lasst uns gehen.” Tyson schien kurz vor der Verzweiflung zu stehen. “Was? Wir können nicht gehen.” “Was ist mit Kai?” “Er hat uns verlassen. Er hat uns verlassen…” Er zog einen Blade aus seiner Tasche – Kais Dranzer. Mehrere Augenpaare wurden erschrocken aufgerissen. Sie alle verstanden sofort, was das zu bedeuten hatte – Kai hatte seinen Dranzer abgegeben und sich nun eindeutig gegen die BladeBreakers gestellt. Wieder zurück im Hotel zog sich jeder in sein Zimmer zurück, die Stimmung war niederschmetternd. Akira seufzte, als sie sich auf ihr Bett setzte. Das Ganze war ihr wirklich zu hoch, doch sie versuchte sich die Fakten noch einmal vor Augen zu führen. Kai war ein Mitglied der Bladebreakers. Plötzlich ist er nicht mehr auffindbar und taucht als Mitglied eines anderen Teams im Turnier auf, ohne jemandem etwas gesagt zu haben. Sein Verhalten änderte sich krass ins Negativ, wie sie von den anderen erfahren hatte. Und er hat seinen Dranzer weg gegeben, etwas, das ein Blader niemals mit seinem Blade beziehungsweise BitBeast machen würde. Was war es also, dass ihn so sehr verändert hatte? Eigentlich schien die Antwort recht einfach: Black Dranzer. Doch wie? Erneut seufzte sie und ließ sich rücklings aufs Bett fallen. //Und das alles nur, um der Stärkste zu sein… Der Typ ist echt zu ernst für die Welt.// Ein Klopfen holte Akira aus ihren Gedanken. Stöhnend schleppte sie sich zur Tür, der Tag hatte doch einiges an Kraft gekostet. “Hey, ich hoffe ich störe nicht.” Es war Kenny. “Nein, komm rein.” “Ich dachte, wir könnten die Daten von den Matches heute zusammen durchgehen und eine Strategie erarbeiten.” Mit einem dumpfen Geräusch legte er seinen Laptop auf dem Tisch ab. “Alles klar, dann lerne ich also endlich vom großen Meister.”, grinste sie. “Ach, hör auf.” Und schon wurde der kleine Kerl rot. “Dizzy hat alles aufgezeichnet. Wir müssen nur noch die Werte auslesen.” Er öffnete den Computer und begann die Daten aufzurufen. Akira setzte sich neben ihn auf den Stuhl und sah ihm dabei zu. Es wurde schnell spät und die beiden hatten schon einiges geschafft, doch eine Lösung gab es dennoch nicht. “Wie schaffen wir es bloß Kai zu besiegen?” Kenny schlug die Hände über den Kopf zusammen. “Ich dachte es gäbe wenigstens einen Anhaltspunkt, aber nichts... Einfach gar nichts! Das ist doch nicht möglich…” “Wenigstens können wir uns sicher sein, dass Kai noch ein Stückchen mysteriöser geworden ist.” Das Mädchen lag schon seit einer Weile mit dem Kopf auf dem Tisch gelegt und starrte grübelnd auf den Bildschirm. “Und ich hab einiges lernen können. Danke, Chef!”, müde lächelnd wanderte ihr Blick zu ihm. “Ach was. Du sollst mir schließlich helfen können.”, lachte der ebenfalls müde. “Es ist schon nach Mitternacht, es wird Zeit…” “Ja…” Der Brünette schloss Dizzy wieder und macht sich auf. *** Am nächsten Tag kam eine weitere Überraschung, als sie alle auf Kais Anordnung hin mit einem Helikopter zum Baikalsee geflogen wurden. “Sagt mal… Ist Kai reich oder so?”, fragte Akira, als sie im Hubschrauber saßen. Das ganze wirkte auf sie schon ziemlich prozig. Und sie war mit vier adeligen Europäern befreundet, sie wusste was prozig ist. “Kann man so sagen. Seinem Großvater gehört eine große Firma in Japan, die auch international tätig ist.”, antwortete Kenny. “Hätte ihn gar nicht für einen von der Sorte gehalten.” Eigentlich durfte sie darüber gar nicht urteilen, so kam sie doch selbst aus nicht unbedingt ärmlichen Verhältnissen. Das Mädchen schaute aus dem Fenster über die weiße Landschaft Russlands. Winter hatte sie noch nie wirklich gemocht, viel zu kalt. //Genau wie Kai...// Am Ziel angekommen, kam es wie es kommen musste, der Showdown zwischen den Bladebreakers und Kai begann. Nach Kais Niederlage konnte sie selbst miterleben wie schockiert er von seinem eigenen Verhalten war. Er schien wirklich unter einer Art Bann gestanden zu haben. Black Dranzer und seine eigene Gier nach Macht und Perfektion haben ihn also in dieses Loch getrieben. Doch so sehr sich die Jungs auch freuten, dass ihr fehlendes Mitglied endlich wieder zurück war, so schaute Akira dem Ganzen dann doch etwas skeptisch entgegen. Das alles war so plötzlich passiert, dass es dem Mädchen schwer fiel dem Jungen zu trauen. *** Alle standen sie um den Tisch in Tysons und Max' Hotelzimmer herum, um auf Kais Rückkehr anzustoßen. Nach seiner Erklärung um die Biovolt Corporation, Boris und deren Ziel Blader als Soldaten auszubilden und ihnen einer Gehirnwäsche zu unterziehen - was er im jungen Alter ebenfalls durchgemacht hatte - kam plötzlich Besuch herein. “Mr. Dickenson! … OPA!” //Opa??// Akira besah sich den größeren Mann genauer. Sie kannte ihn nur von Fotos und erkannte ihn. Das war wirklich ihr Großvater. Sie war zu überrascht um zu reagieren und so sah der alte Mann seine einzige Enkelin erst nachdem er seinen jüngsten Enkel fast mit dem Shinai verprügelte. “Ihr habt ein neues Mitglied...? Oder ist das etwa die Freundin von einem von euch Jungs? Etwas früh, oder?”, lachte er laut während Tyson sich die Hand ins Gesicht schlug. Dann stockte der Alte. “Moment…” Akira ging einen Schritt auf ihn zu und grinste. “Schön dich endlich mal kennen zu lernen… Opa.” Es dauerte nicht lange da verwandelte sich das verdutzte Gesicht in ein breites, zahnloses Grinsen. “Aki-chan, Kleines!”, rief er jauchzend und stürzte sich auf das Mädchen. “Dass ich das noch in meinem Alter noch erleben darf. Das letzte Mal, als ich dich gesehen habe, hast du noch Windeln getragen!” Sie begann zu lachen und erwiderte die feste Umarmung. Es war wirklich schade, dass sie, bis auf ihren Onkel, keinen ihrer Verwandten je wirklich kennen lernen konnte, bis auf vor ein paar Wochen. Hätte ihre Mutter nicht diese unglaubliche Flugangst nach ihrem Umzug nach Deutschland entwickelt, wäre sie schon mehrfach in Japan gewesen und hätte alle treffen können. Und die japanischen Verwandten hatten leider zu wenig Zeit und Geld, um sie und ihre Eltern besuchen kommen zu können. “Lass dich anschauen.” Der Großvater nahm ihr Gesicht in die Hände und untersuchte es freudig. “Du siehst aus wie deine Mutter.”, stellte er dann stolz fest. “Ja, das hör’ ich öfters”, lachte Akira. “Wie bist du denn auf den Grünschnabel und seine Truppe gestoßen?”, fragte er schließlich und ließ sie ganz los. “Das ist eine ziemlich witzige Geschichte, Opa-...”, versuchte sich Tyson in das Gespräch zu drängen, doch Akira schnitt ihn ab. “Tyson wollte sich in Europa aufspielen und traf dabei auf meine Freunde.”, grinste sie ihren Cousin neckisch an. “Ja, das klingt ganz nach ihm!” Tyson erntete einen Boxer gegen die Schulter. “Als wir herausgefunden haben, dass wir verwandt sind, wurde ich prompt eingeladen mitzureisen. Da konnte ich natürlich nicht nein sagen.” “Natürlich nicht! Ich hoffe der Grünschnabel hat nicht allzu viel Ärger gemacht.” Grinsend winkte das Mädchen ab. Sie hielt sich zurück anzumerken, dass eher jemand anderes das Problemkind dieser Gruppe zu sein schien. “Mr. Dickenson, darf ich Ihnen meine Enkelin vorstellen?” Ihr Großvater schob sie nach vorne. Sie hatte schon von ihm gehört, vor allem von Tyson. “Guten Tag Mr. Dickenson. Ich bin Akira Minamoto.”, stellte sie sich vor und verbeugte sich leicht. “Schön dich endlich mal kennen zu lernen. Ich hatte schon mitbekommen, dass die Bladebreakers einen Neuzugang dabei hatten, aber dass du auch noch Tysons Cousine bist, überrascht mich gerade.” Der kleine, rundliche Mann lachte herzhaft. Als der nächste Gast den Raum betrat, schauten Akira und ihr Cousin beide ungläubig zur Tür. Zeit für viele Worte war jedoch nicht, da Mr. Dickenson mithilfe von Tysons Vater den Ernst der Lage erklären musste. Der echte Feind hinter allem war also Kais Großvater. //Ich weiß wirklich nicht, was ich davon halten soll...// Auf dem Weg zur Weltmeisterschaft, nachdem sie erneut von den Demolition Boys überrumpelt wurden und Max sogar seinen Draciel an sie verloren hatte, hatten Enrique und Oliver sie aufgegabelt. Akira herbe enttäuscht, dass Robert und Johnny nicht dabei waren. Als sich jedoch herausstellte, dass Gustav der Fahrer war, stutzte sie. Kenny hatte Recht, irgendwas stimmte nicht. Nur wenige Augenblicke später als Robert und auch Johnny auftauchte, musste sie sich jedoch ein fettes Grinsen verkneifen. Sie kannte diese Masche. Das war Roberts Art jemanden aus der Reserve zu locken und das volle Potential desjenigen herauszukitzeln. Das hatte er oft genug mit ihr veranstaltet. Damit der Trick funktionieren konnte, musste sie den Mund halten. Die zwinkerte ihrem besten Freund zu, damit er sah, dass sie verstand, was er vor hatte. Das kleine Lächeln von Robert, das folgte, war Antwort genug. Die Jungs hatten schnell hinter die Intention geblickt, dass sie erst gegen die Majestics gewinnen müssen, wenn sie das russische Team besiegen wollen. Alle bis auf Tyson, der es erst durch den Kampf gegen Robert lernte. Am Ende ging Akira auf den Deutschen zu und knuffte ihn. “Immer zur Stelle, wenn es um Lektionen geht.” “Natürlich. Wenigstens mach’ ich das etwas subtiler als du.” Robert tätschelte ihren den Schopf. *** Während des ersten Tages des Finales war die Stimmung relativ ausgelassen. Als Kai das erste Match jedoch verlor, machten sich die ersten Sorgen breit. Akira bekam zusammen mit Tyson und Kenny mit, dass Kai und sein Großvater nach dem Kampf geredet hatten. Auch sie machte große Augen, als sie Kais Blade - Black Dranzer - sah. //Das darf doch nicht wahr sein! Verarscht der das Team schon wieder??// Das ging wirklich zu weit. Doch es dauerte nicht lange, bevor Kai allen Gegenteiliges bewies. Er würde Dranzer nicht noch einmal für Black Dranzer tauschen und hatte die Bits kurz vor dem Match noch einmal gewechselt. Das Mädchen glaubte zum ersten Mal ein aufrichtiges Lächeln bei dem Jungen zu sehen und das trotzdem er auch das zweite Match und somit auch Dranzer verloren hatte. //Der Typ ist überhaupt nicht einschätzbar...// Und noch immer wusste sie nicht, was sie von ihm halten sollte. Doch das würde sie vorerst für sich behalten. In Gedanken wanderte ihr Blick herüber zu den Demolition Boys. //Ob die auch so einer Gehirnwäsche unterzogen wurden...?// Sie wusste nicht wieso, doch irgendwie bekam sie in dem Moment Mitleid. Sie wusste nun um Kais Vergangenheit und irgendwo konnte sie auch verstehen, warum er immer so kalt gegenüber anderen war. Das gleiche ist wahrscheinlich auch mit den anderen vier Jungs passiert. Dennoch... In dem Augenblick drehte sich Tala um und schaute ihr direkt in die Augen. Er musste ihren starrenden Blick bemerkt haben. Etwas an seinen Augen irritierte sie, sie konnte nicht einmal genau sagen was das war. Jedoch merkte sie wie ihr Blick weicher wurde und sie ihm sogar ein kleines Lächeln schenkte, bevor sie sich umdrehte und den anderen zum Ausgang folgte, den jungen Russen irritiert zurücklassend. *** Rays Sieg in der nächsten Runde war überwältigend. Für ihn leider im wahrsten Sinne des Wortes, wodurch der zweite Kampf, den er sich trotz seines Zustandes nicht nehmen lassen wollte, umso härter war. Driger spürte wie sehr Ray am Ende war und legte seinen Geist schützend um seinen Besitzer, gab ihm einen letzten Energieschub, mit dem der Chinese erneut gewinnen konnte. Tyson schwor Rache, als Ray von Sanitätern abtransportiert wurde und setzte alles in seine Matches gegen Tala. Es war eine Achterbahnfahrt voller Spannung und Sorge um ihren Cousin für Akira, doch sie glaubte an ihn, genau wie der Rest der Gruppe. Sie hatte gewusst, dass er gut war, aber das… Das alles überstieg ihre Vorstellungen von der Kraft, die BitBeasts in sich tragen. Beim Crash-Kurs mit Judy und Emily hatte sie auch viel mehr gelernt, aber dies? Auch diese Runde konnten die Bladebreakers für sich gewinnen, Voltaires Plan vernichten und endlich bekamen die anderen ihre BitBeasts zurück. Die Jungs aus dem russischen Team schienen ebenfalls etwas aufgetaut zu sein. Die Party im Anschluss war äußerst lustig und Akira saß irgendwann zusammen mit ihrem Cousin auf dem Sofa, den Rest beobachtend. “Ihr seid echt eine coole Truppe”, lächelte sie, während sie zusah, wie Max und Lee einen Soda-Trinkwettbewerb starteten. “Natürlich! Aber du hast uns auch sehr geholfen.” “Womit denn?”, fragte sie erstaunt. Einen wirklichen Beitrag hatte sie ja nicht geleistet, da sie erst lernen musste. “Du hast uns unterstützt, reicht das nicht?” “Genauso wie alle anderen, Tyson.”, lachte sie schließlich, ihr Cousin war wirklich niedlich. “Trotzdem. Es war schön dich endlich kennen zu lernen. Du bist voll in Ordnung.” Grinsend legte er schwungvoll einen Arm um sie. “Liegt in der Familie, was?” Sie erwiderte die Geste und verpasste ihm eine leichte Kopfnuss. “Kannst du laut sagen.” “... Ich find's irgendwie schade, dass sich unsere Wege jetzt wieder trennen. Ich weiß auch nicht, ob ich's in nächster Zeit schaffe euch alle mal in Japan besuchen zu können…” Ihre Miene verdunkelte sich etwas und ihr Lächeln wirkte eher traurig. Tyson schaute seine Cousine an und überlegte. “Warum kommst du nicht mit uns?”, fragte er schließlich und erntete einen verdutzten Blick. “Ich soll mit nach Japan kommen?” “Klar! Opas Haus ist groß genug, ein Zimmer ist schnell für dich frei gemacht und das mit Schule und allem kann man auch regeln. Du wohnst ja eh nicht mehr bei Tante und Onkel, da kannst du auch gleich zu deinem geliebten Cousin und Großvater ziehen.” Er grinste über das gesamte Gesicht, die Idee gefiel ihm von Sekunde zu Sekunde immer mehr. Doch Akira hingegen hatte Bedenken. “Ich weiß nicht... Ich hab ja auch meine regelmäßigen Sitzungen bei meinem Psychologen…” “Psychologen?” Jetzt war Tyson verdutzt. Sie hatte ja erwähnt, dass bei ihr etwas nicht stimmt, aber dass es so ernst war? “Ja…” Sie seufzte, eigentlich könnte sie es ihm jetzt auch sagen, vielleicht verstand er dann, warum sie zögerte. “Ich hab ab und an Wutanfälle, wo ich mich nicht mehr unter Kontrolle bekomme. Und das kann mitunter gefährlich für andere werden. Deswegen bin ich auch zu Robert gezogen, er kann sich gegen mich wehren und mich aufhalten.” Ihre Stimme wurde gegen Ende immer schmaler. Was würde er jetzt wohl denken? “Na und?” Erstaunt schaute sie auf. “Du brauchst nur mehr Freunde, die dich unterstützen... und nicht so reiche Schnösel um dich herum. Hat bei Kai auch geholfen.” Akira musste leise lachen, wurde dann jedoch wieder ernster. “Hör mal Tyson, dein Angebot schmeichelt mir und ich würde echt gerne mitgehen, auch um mehr übers Bladen und BitBeasts zu erfahren... Aber ich weiß nicht ob das so einfach geht. Da müsste ich erst drüber nachdenken. Ich hoffe das ist okay.” “Ach, so ein Quatsch! Das wird prima!” “Hey, was faulenzt hier in der Ecke herum?” Kenny kam dazu und setzte sich neben Tyson. “Aki-chan wird mit uns nach Japan kommen.” “Wa-” “Hey, das ist eine tolle Idee! Find ich super, Akira!” Das übergangene Mädchen war sprachlos. So einfach konnte das doch nicht sein, oder? //Das ist doch wirklich unglaublich...// “Hat irgendjemand jemals eine Chance gegen dich, du Dickschädel?”, lachte sie schließlich. Ihr selbst gefiel die Idee wirklich, doch bevor sie eine endgültige Entscheidung traf, musste sie einige Dinge klären. Vor allem mit Robert und ihren Eltern. “Hey Opa! Wir haben doch noch ein Zimmer frei, oder?” Tyson war aufgesprungen und wackelte auf seinen Großvater zu. “Klar, wieso?”, fragte dieser verblüfft. “Na weil wir bald zu dritt wohnen werden! Akira zieht zu uns.” Die frohe Botschaft war raus und alle starrten das peinlich berührte Mädchen auf dem Sofa an, die nichts tun konnte, als ihren Cousin mit großen Augen anzustarren. “Hey, tolle Idee!” Und damit klappte auch ihr Unterkiefer nach unten... Kapitel 3: New Life (V-Force) (Update) -------------------------------------- Es hatte eine Weile gedauert, doch Akira hatte ihren Cousin und ihren Großvater noch dazu überreden können, dass sie wenigstens ein weiteres Mal zurück nach Deutschland ging, bevor sie bei ihnen einzog. Ihre Eltern hatten es erstaunlich gut aufgenommen. Besonders ihre Mutter, war froh, dass ihre Tochter endlich einen Teil ihrer Familie kennen lernen konnte. Die Erfahrung in Japan leben zu können, wollte sie ihr nicht nehmen, auch wenn die Sorge um ihre Aggressionen stets bestehen blieb. Robert hingegen war eher weniger erfreut über die Tatsache, dass das quirlige Mädchen bald nicht mehr um ihn herum sein würde. Sie war zwar ein Genie im Nerven, aber er hatte sie trotzdem lieb gewonnen. Das Problem mit dem Therapeuten, wollte Akira versuchen so in die Hand zu nehmen. Es war außerdem ja nicht so, als hätte Japan selbst nicht auch Spezialisten an der Hand. Vielleicht schaffte sie es ja, sich endlich komplett in den Griff zu bekommen. Schon vor ihrem Abflug beschloss sie, dass sie im Dojo ihres Großvaters trainieren wollte. Kendo, so habe sie gehört, solle nicht nur gut für den Körper, sondern auch für den Geist sein. Warum also nicht mal probieren? Am Flughafen verabschiedete sich Robert mit einer langen Umarmung von ihr. „Ich wünsche dir alles Gute.“ „Danke... Danke für alles, Robert.“ Sie musste sich zurückhalten nicht zu weinen. Er hatte wirklich viel für sie getan. „Ich versuche einmal im Jahr vorbeizuschauen, ja?“ „Na, das hoffe ich doch! Wenn ich zu dir müsste, wüsste ich nicht, ob ich einen längeren Aufenthalt zusammen mit Tyson vertragen könnte.“, lachte der Größere. Akira stimmte mit ein. „Du hast auch mich ausgehalten.“ „Ja, aber du hast deinen Charme und er ist einfach nur nervig... auch wenn ich sein Talent als Blader anerkenne.“ Grinsend drückte sie ihn noch einmal und löste sich dann, es wurde Zeit. Mit einem letzten Blick zurück zu ihm machte sie sich auf ins nächste großen Abenteuer. In Tokyo angekommen, war schon alles vorbereitet. Einen Großteil ihrer Sachen hatte sie schon per Post voraus geschickt und ihr Großvater hatte das alte Zimmer von Tysons großem Bruder Hiro frei gemacht, der mittlerweile ausgezogen war und ganz nach deren Vater in der Welt umherreiste. Ihre Mutter hatte sich derweil von Deutschland aus um die Schule gekümmert. Wenn es nach ihr ging, sollte ihre Tochter eine bestimmte besuchen, nämlich ihre alte Mittelschule. Dies bedeutete allerdings, dass sie nicht zusammen mit Tyson in die gleiche Schule gehen würde, was Akira etwas enttäuscht hatte. Gerade war sie dabei ihre letzten Sachen einzuräumen als besagter das Zimmer betrat. „Na, soweit fertig?“, fragte er und warf sich auf das frisch gemachte Bett. „Fast...“, seufzte sie und besah sich den letzten Karton mit Kleidung, die noch eingeräumt werden musste. „Bist du zufrieden, jetzt da ich hier bin?“ Neckisch schaute sie ihn an. „Vollkommen.“ Ein fettes Grinsen unterstrich die Antwort nur noch mehr. „Jetzt bin ich nicht mehr alleine und wie ich mitbekommen habe, willst du Opa beim Kendo Gesellschaft leisten. Das bringt mich aus der Schussbahn und dafür bin ich dir sehr dankbar.“ Übertrieben theatralisch verbeugte er sich soweit es seine Position zuließ. „Du bist echt gemein. Er meint es doch nur gut und dir kann es durchaus nicht schaden dich etwas mehr konzentrieren zu können. Außerdem hat er mir gesagt, dass er dich immer noch nicht in Ruhe lassen wird.“ Sie ließ sich neben ihn auf das Bett fallen und grinste zurück. „Der soll mir mal eine Pause gönnen. Ich will lieber meine ganze Energie aufs Bladen setzen.“ Tyson zog seinen Dragoon aus der Hosentasche und betrachtete ihn. „Und jetzt wo du ein Teil des Teams bist, solltest du dich auch besser darauf konzentrieren.“ „Ach, bin ich das?“ „Klaro! Mit deinem Umzug hierher hast du das ja wohl ziemlich deutlich gemacht.“ Bekräftigend nickte der Junge und verschränkte die Arme. Akira musste lächeln. „Du bist so ein Idiot.“, lachte sie und machte sich wieder an den letzten Karton. „... Meinst du Opa würde ein Haustier erlauben?“, fragte sie schließlich nach kurzer Stille. „Huh, wie kommst du denn jetzt da drauf?“ „Naja, mein Therapeut meinte ein Haustier wäre auch eine Quelle der Entspannung... ich will wirklich alles versuchen, damit ich ruhig bleiben kann.“ „Ach so... ich weiß nicht. Was hattest du dir denn überlegt? Ein Hamster?“ Tyson ließ sich rücklings auf das Bett fallen und schaute sie an. „Ich dachte da mehr an eine Katze... Ich brauch was größeres zum Knuddeln.“ Grinsend drehte sie sich zu ihm und lehnte sich seitlich gegen die Kommode. „Eigentlich fände ich ja einen Hund ganz putzig, aber die Zeit für die Abrichtung habe ich leider nicht und Opa will ich jetzt nicht noch mehr belasten. Deswegen denke ich, dass eine Katze die bessere Lösung wäre.“ „Klingt nach einer logischen Schlussfolgerung... Mir wär's eigentlich egal und ich denke, solange du dafür sorgst, dass die nicht in Opas geliebten Garten macht, wird er auch einverstanden sein.“ Erleichtert streckte sie sich, das hörte sich doch schonmal positiv an. „Cool, alles klar. Dann frag ich Opa später mal.“ „Mach das.“ Mit diesen Worten richtete sich der Junge wieder auf und machte sich wieder nach draußen. Gerade kam sie mit ihrem Großvater zurück. Nach dem Termin in ihrer neuen Schule, um sich vorzustellen und die letzten Dinge zu klären und abzusegnen, durfte sie auch gleich ihre Schuluniform besorgen. Akira hatte Glück, momentan waren Sommerferien und sie konnte sich noch die folgenden drei Wochen einleben, bevor der Schulstress begann. Den Einstufungstest hatte sie bereits am Vortag hinter sich gebracht. Sie war froh während des letzten Jahres zusammen mit Robert Privatunterricht gehabt zu haben. Dadurch hatte sie viel intensiver lernen können, als an ihrer Schule davor und hatte deshalb nicht zu große Mühe beim Wiederholen des Stoffes gehabt. In ihrem Zimmer angekommen, hing sie die Uniform an ihren Schrank und besah sie sich genauer. Sie war in Navy, mit Blazer für kältere Tage, kariertem Rock, roter Schleife und weißer Bluse. Akira mochte Röcke und Kleider eigentlich überhaupt nicht, aber hier hatte sie keine andere Wahl und sie wusste, dass sie ihrer Mutter damit eine riesige Freude machte. Das Mädchen nahm sich vor bei Schulbeginn ein Foto zu machen und ihrer Mutter zu schicken. Der Gedanke ließ sie lächeln, bis ihre Mundwinkel wieder gen Boden fielen. //Mal schauen wie lange ich hier durchhalte...// Sie hatte immer noch Bedenken. Ihre Anfälle waren zwar zusehends seltener vorgekommen, der letzte lag bereits mehr als zwei Monate zurück, dennoch musste sie aufpassen. Vor allem an der neuen Schule. Als sie mit ihren Eltern über die Idee des Umzuges gesprochen hatte, hatten sie Akira zudem versprechen lassen, dass sie zurück kam, wenn sich ihr Zustand wieder verschlechterte. Und das bedeutete, dass sie sich wirklich zusammenreißen musste, wenn sie das durchziehen wollte. *** Am Tag des Regionalturniers kam Akira direkt nach Unterrichtsende zum Stadion. Sie musste sich extra beeilen, damit sie es wenigstens zum Finale schaffte, in dem der beste Spieler gegen ihren Cousin antreten durfte. Dass Kenny vor dem Stadion stand, wunderte sie etwas. Er starrte allerdings gerade Tyson hinterher und sie hatte eine leise Ahnung, dass letzterer mal wieder zu spät gekommen war. „Sorry, ich hab's leider nicht früher geschafft.“, rief sie dem Jungen zu und beeilte sich zu ihm zu kommen. „Was ist los?“, fragte sie, als sie den besorgten Blick sah. „Ist nicht schlimm. Tyson... Er kam auch gerade erst. Und das, wo er selbst spielt. Aber das Beste kommt noch...“ Ein Seufzer verließ seine Kehle. „Komm mit rein, ich erkläre dir das drinnen. Das ist gar nicht gut...“ Sie betraten das Gebäude und beobachteten die Bay-Arena, wo Tyson und sein Gegner kurz vor ihrem Match standen. „Also?“ „Der Typ da macht mir Sorgen. Er hat im Halbfinale seinen Gegner innerhalb von Sekunden geschlagen. Und mysteriös ist er auch noch. Das gefällt mir überhaupt nicht.“ Kenny machte Dizzy bereit, um das Spiel zu filmen. Akiras Blick fiel auf die vermummte Gestalt. „Ach, ein Kerl im Umhang, feindselige Aura... ich weiß gar nicht was du hast...“ Mit sarkastischem Ton verschränkte sie die Arme. Das hier könnte interessant werden. „Ja... Ich habe ein wirklich ungutes Gefühl.“ „Hmm...“ Das Mädchen nickte und schaute erwartungsvoll auf die beiden, als das Spiel begann. „Er ist auf jeden Fall ziemlich schnell... Moment, schon vorbei??“ „Wie kann sowas denn passieren??“ Kenny starrte mindestens genauso ungläubig wie sie auf die Arena. *** „Bin ich zu spät?“, rief sie Kenny entgegen als sie den Hang zum Flussufer runter rannte. Über ihren Rock fluchend, versuchte sie genau diesen dabei unten zu halten. Daran müsste sie sich erst wieder gewöhnen und es erinnerte sie daran, warum sie solche Kleidung sonst nie trug. //Blöder Wind, blöde Uniform...// Ein bisschen war sie ja schon neidisch auf ihren Cousin und Kenny, die in ihrer Schule normale Kleidung tragen durften. „Nein, gutes Timing. Der Kampf fängt gerade erst an.“ „Der gleiche Typ wie letztens, richtig?“ Die Hand in ihre Seite stemmend, musste Akira erst einmal Luft holen. „Genau. Dizzy hat herausgefunden, dass der Kerl ein unsichtbares BitBeast hat. Deswegen ging das auch so schnell...“ Das Match begann und Kenny hielt Dizzys Kamera auf das Geschehen. „Unsichtbar? Geht sowas?“ „Anscheinend. Aber das hab’ ich vorher auch noch nicht gesehen.“ Und wieder war das Match in Windeseile vorbei. Regen setzte ein und Akira sah wie sich die Meute verdünnisierte. „Da hat noch wer ein gutes Timing.“ Mit grimmigen Blick schaute sie zu den Wolken, doch schnell wandte sie ihr Interesse wieder Tyson und seiner Niederlage zu. Auch sie hatte diese Kraft gespürt, die Kenny als unsichtbares BitBeast identifiziert hatte. Das Ganze war mehr als merkwürdig. *** Mit einem breiten Lächeln öffnete Akira den Korb. Soeben kam sie aus dem Tierheim zurück, mit einem Spielgefährten. Beim Gespräch mit ihrem Großvater hatte sich herausgestellt, dass Tyson Recht hatte, was das Mädchen hoch erfreut hatte. Doch es hatte etwas gedauert, bis sie endlich zusammen mit ihrem Großvater ein Tierheim besuchte. Der gescheckte Kater lugte mit ihrem plüschigen Kopf aus der Öffnung und besah sich seine neue Umgebung. Schüchtern setzte er den ersten Schritt auf dem weichen Untergrund von Akiras Bett, während diese geduldig davor kniete und wartete. Das Tierheim, in dem sie war, hatte leider keine kleinen Kätzchen gehabt, aber gleich als das Mädchen den Plüschball entdeckte, wusste sie, dass er es sein sollte. Er war wohl drei Jahre alt und bereits seit einem Jahr in der Institution. Erwachsene Katzen hatten es wirklich schwer adoptiert zu werden. //Das ist wirklich schade... Dabei ist er so niedlich.// Vorsichtig legte Akira ihre Hand auf das Bett. Der Kater zuckte kurz, ließ sich aber nicht beirren und ging weiter vorwärts, bis er kurz vor ihr stand und sich hinsetzte. „Wie heißt du nochmal?“ Mit langsamen Bewegungen kramte sie in der Tasche neben ihr nach den Adoptionspapieren. „Ahh, stimmt. Mica.“ Ein leises Maunzen war zu hören und das Mädchen schaute wieder auf. Mica blickte sie immer noch an. Vorsichtig hob sie die freie Hand und ließ den Kater daran schnuppern, bevor sie ihm sanft über den Kopf strich. „Ich glaube wir zwei werden gute Freunde.“, lächelte sie schließlich. Ihre Gedanken wurden von einem lauten Poltern gestört. Irritiert ging sie von ihrem Zimmer aus nach draußen auf den Engawa und schloss die Tür hinter sich, damit der Kater nicht weglief. Als sie am Gebäude entlang lief und um die Ecke lugte, sah sie Tyson fix und fertig auf dem Durchgang des Hauptgebäudes zum Dojo liegend. „Was ist denn mit dir passiert?“ Akira ging näher heran und setzte sich neben ihn. „Viel zu viel... Kenny und Hilary wurden entführt und ich bin gerade erst von der großen Rettungsaktion zurück...“ „WAS?? Entführt? Geht’s den beiden gut? … Moment... Hilary?“ „Ja, war halb so schlimm... Dragoon sei Dank. Sie ist in meiner Klasse. Eine totale Nervensäge, wenn du mich fragst. Kein Sinn für Humor.“, seufzte er und setzte sich wieder auf. „Und was macht die mit Kenny?“ „Keine Ahnung. Ich glaube die waren zufällig zusammen, als es passiert ist.“ „Aha...“ Akira musste leicht grinsen. Kenny und ein Mädchen, interessant. „Was 'aha'?“ Mit hochgezogener Augenbraue drehte er sich zu ihr. „Nichts, nichts.“ Bevor sie nicht mehr wusste, wollte sie ihren Cousin nicht auf falsche Gedanken bringen. Sie mochte ihn, doch manchmal war seine Denkfähigkeit etwas begrenzt, was komische Missverständnisse hervorrufen konnte. Erst vorletzte Woche hatte er sie stundenlang befragt, was da genau zwischen ihr und Robert lief und hatte die simple Wahrheit, nämlich, dass sie wirklich nur Freunde sind, nicht akzeptieren wollen. //Vielleicht ist das auch eine Art neu entwickelter brüderlicher Beschützerinstinkt jetzt, wo ich komplett zur Familie gehöre...// „Hey, ich hab mir heute einen Kater geholt. Willst du ihn sehen?“, lenkte sie das Gespräch schließlich um. „Wenn ich hochkommen würde, gerne...“ Sie lachte. „Moment...“ Akira stand auf und ging in ihr Zimmer. Mit Mica auf dem Arm kam sie wieder zurück und setzte den Kater direkt neben Tysons Kopf ab. „Tyson Mica, Mica Tyson.“ Neugierig fing er an zu schnuppern und stupste kurz mit dem nassen Näschen gegen Tysons Wange. „Hihi, kalt~“, kicherte der und kraulte den Neuzugang. „Ich glaub, ich mag ihn.“, grinste er dann. *** //Nein... Nein... Scheiße...// Gerade hatte sie aufgelegt. Die Diskussion mit ihrem Vater hatte sie zu sehr aufgeregt und nun saß sie auf dem Boden, die paar Dinge, die sie vom Schreibtisch geworfen hatte, um sie herum verstreut. //Es ging doch nur um die Schule, etwas total Triviales... Nicht aufregen... Nicht aufregen...// Akira versuchte tief durchzuatmen, wenn sie jetzt die Kontrolle verlor, wusste sie nicht wie weit das gehen könnte. Zur Zeit war niemand da, der sie aufhalten könnte. Zitternd rammte sie die Fingernägel in ihre Unterarme und klammerte sie fest an ihren Oberkörper, damit sie nichts anstellte. //Es ist gleich vorbei... gleich vorbei...// Panik stieg auf und das Zittern verschlimmerte sich. //Wieso geht es nicht vorbei???// Ihr Oberkörper kippte nach vorne, bis sie halb auf dem Boden lag. „Bitte...“ Die Stimme war hauchdünn und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Mica kam unter dem Bett hervorgekrochen, wo er sich vor dem Lärm versteckt hatte, und kam langsam auf sie zu. Wenn jetzt jemand in ihr Zimmer kam, bot sie den jämmerlichsten Anblick, den man je sehen konnte. Panik wechselte in Verzweiflung und tiefe Schluchzer verließen ihre Kehle. Mica stand nun vor ihr und rollte sich an ihrem Kopf zusammen, er versuchte sie zu beruhigen. Immer noch schluchzend vergrub sie ihr Gesicht in dem dichten Fell, bis sie sich endlich beruhigt hatte. Ein paar Minuten blieb sie noch liegen. Endlich konnte sie auch ihre Unterarme loslassen und streichelte den Kater neben ihr. Dann stand sie wortlos auf und schlich sich ins Bad. Sie sah schlimm aus. Tiefe Kratzer und Striemen zierten die Haut. „Scheiße man...“ Wieder kamen ihr die Tränen, doch sie versuchte sie zu unterdrücken. Ihr Atem zitterte noch etwas, als sie nach dem Verbandskasten griff. //Na toll, das heißt dann wohl jetzt langärmlig tragen...// Wenige Stunden später stand sie zusammen mit ihrem Großvater in der Küche und war das Abendessen am vorbereiten. Sie wollte vorerst nichts von ihrem Anfall erzählen, da sie befürchtete, dass sie vor Scham wieder in Tränen ausbrechen könnte. Selbstverletzung war selbst für sie neu und das war auch etwas, was sie immer um jeden Preis hatte vermeiden wollte. „Bin wieder da. Und ich hab’ Besuch mitgebracht.“ Tysons Stimme hallte vom Genkan. Der Alte ging nachsehen, womit Akira alleine blieb. Ihr Cousin betrat diesmal die Küche. „Na, was gibt’s denn Gutes?“ „Rind-Kartoffel-Eintopf. Ich hoffe es reicht.“ Unbeirrt zerrupfte sie weiter die Rindfleischstreifen. „Yay, lecker!! Ach wird schon. Ich glaube nicht, dass Kai viel isst.“ Tyson klaute sich ein Stück halbgare Kartoffel und stopfte sie sich in den Mund. „Kai ist da??“ Überrascht schaute sie ihren Cousin an. „Ja, er ist plötzlich aufgetaucht, als ich gegen so einen Typen gewonnen hab. Der Kerl war ziemlich seltsam.“ „So wie alle deine Gegner?“ Leise glucksend wandte sie sich wieder ihrer Aufgabe zu. „Ja.. Nein, Kenny und Hilary meinten der könnte zu den Leuten gehören, die die beiden entführt haben.“ Tyson lehnte sich gegen die Arbeitsfläche. „Gehört Hilary jetzt auch dazu, oder warum ist sie so oft bei euren Abenteuern dabei?“ Akira hatte bereits eine Mail von Kenny mit ein paar Informationen von dieser Theorie erhalten, von dieser Hilary war aber keine Rede gewesen. Das machte sie neugierig. „Bäh, sag das bloß nicht, sonst kommt noch jemand auf dumme Gedanken! … Ohhh, Opa ist bei Kai, ich eh besser mal nachsehen, sonst geht der dem auch noch auf die Nerven!!“ Und schon war er wieder verschwunden. Das Mädchen machte lächelnd weiter. //Tyson ist wirklich eine gute Ablenkung...// Das Abendessen verlief recht ruhig, mal abgesehen von den kleinen Kämpfen zwischen Tyson und dem Alten. Kai aß wirklich nicht sehr viel, genau wie Akira selbst. Seine Begrüßung war auch nicht mehr als ein kurzes Kopfnicken, doch das Mädchen war zu müde, um sich auch noch über seine schlechte Manieren aufzuregen. Als sie fertig waren räumte sie den Tisch ab und verbannte die anderen aus der Küche, damit sie in Ruhe aufräumen und spülen konnte. Tyson und Kai waren weniger das Problem. Doch auch ihr Großvater ließ sich überreden. Sie hatte vor so schnell wie möglich ins Bett zu gehen und er hätte sie nur wieder mit seinen langen Reden länger, als sie heute aushalten würde, dort gehalten. Am nächsten Morgen bekam sie endlich Hilary zu Gesicht. Das Mädchen schien ihr weitaus sympathischer, als Tyson sie immer beschrieben hatte, doch das behielt sie für sich. „Ich wusste gar nicht, dass Tyson eine Schwester hat.“, meinte Hilary und besah sie sich. „Ihr seht euch gar nicht so ähnlich.“ Akira und Tyson mussten beide lachen. „Das liegt daran, dass ich auch nur seine Cousine bin. Sein Vater und meine Mutter sind Geschwister.“, klärte Akira sie auf. „Okay, das erklärt einiges.“ Nun lachte auch Hilary. Auf dem Weg zum Strand, um nach dem verschwundenen Kai zu suchen, liefen die zwei Mädchen nebeneinander. „Du sag mal... Was ist eigentlich mit diesem Kai?“ „Wieso fragst du?“ „Ich finde ihn seltsam. Er hat keine Manieren, redet nicht und kommt und geht anscheinend wie es ihm gerade passt.“ Akira musste leicht lächeln, sie war zum Glück nicht die einzige, die das störte. „Ja, das ist so seine Art. Aber ich habe auch meine Schwierigkeiten damit. Immerhin habe ich nur eine Woche Zeit gehabt ihn irgendwie kennen zu lernen und dann war er auch schon verschwunden. Bis gestern.“ Das mit dem kurzzeitigen Verrat an den Bladebreakers hatte sie ihm allerdings immer noch nicht wirklich verziehen. Kais Verhalten nach dem Gespräch mit ihm später am Tag, bei dem er sich mal wieder von seiner arroganten Seite zeigte, verbesserte ihre Meinung über ihn auch nicht gerade. Normalerweise war sie stets offen zu neuen Leuten, doch schon von Anfang an hatte sie ein seltsames Gefühl bei ihm. Vielleicht lag es auch nur daran, dass sie bisher niemanden mit Kais Charaktereigenschaften kennen gelernt hatte und deswegen so irritiert war. Das hatte sich jedoch schnell in Misstrauen verwandelt. Robert konnte war genauso herablassend sein, aber er war wenigstens immer loyal gewesen. *** Als eine Woche später endlich alle Bladebreaker versammelt und bei den Grangers angekommen waren, war die Freude groß. Akira hatte Ray und Max wirklich vermisst und dementsprechend mussten die zwei armen Jungs auch herhalten, als sie von Tysons Cousine fast erdrückt wurden. „Whoah, langsam.“, lachte Ray. Er war sowas schon von Mariah gewohnt und daher nicht sehr überrascht, allerdings dennoch leicht peinlich berührt. Max hingegen erwiderte die Umarmung mindestens genauso fest. Hilary besah sich das Ganze mit leicht überraschtem Blick. Es war wirklich untypisch für eine Japanerin sich so an jemanden zu heften, das wusste Akira. Doch immerhin war sie ja nicht in Japan aufgewachsen und durfte sich sowas bei ihren Freunden leisten, wie sie schnell herausgefunden hatte. „Sorry, dass ich nicht mit zum Flughafen konnte, aber dafür hab’ ich zusammen mit Opa was zu Essen vorbereitet.“, grinste sie stolz. „Cool, Essen!!“ Tyson stürmte als erster ins Haus und nahm Platz, während der Rest nur lachend den Kopf schütteln konnte. Die Ernüchterung folgte der Euphorie um das neue Tool, das Max's Mutter extra für die vier hergestellt hatte. Keiner der Weltmeister konnte es kontrollieren. Am Tag später sah es nicht viel besser aus und dass Tyson auch noch sauer auf Hilary wurde, weil die ihnen helfen wollte, verschlechterte die Stimmung allgemein. „Warum steckt sie die Nase in unsere Angelegenheiten?“ „Du bist ein totaler Idiot!“ Mit einem Ruck riss Akira ihn herum. „Lass mich gefälligst los!“ Sauer schrie er sie an und schlug ihre Hand von seiner Schulter. „Hast du sie noch alle?“, brüllte sie zurück und ließ ihn etwas kleiner werden. Am liebsten würde sie ihm jetzt Kopfnuss verpassen, doch stattdessen biss sie sich auf die Wange und ließ die halb erhobene Faust wieder sinken. //Kontrolle, Akira, Kontrolle...// „Die anderen haben Recht, du hast sie verletzt!“, fuhr sie etwas leiser fort. „Das ist mir doch egal, man!“ Und damit verschwand Tyson in seinem Zimmer. Genervt massierte Akira ihre Schläfen, das hier war doch nicht zu glauben. Die irritierten Blicke der anderen Jungs brannten ihr allerdings unangenehm im Nacken und auch sie verspürte den Drang zu verschwinden. „Und jetzt?“, versuchte sie es schließlich und drehte sich zum Rest um. „Abwarten... Und uns was überlegen.“, antwortete Ray, während die anderen nickend zustimmten. Das klang nach einer Menge Arbeit, die vor ihnen lag. „Ok... ich schau’ mal. Vielleicht finde noch Tipps im Internet oder so.“ Resigniert strich sie sich durch das Haar und atmete tief durch, bevor sie sich ebenfalls in ihr Zimmer verzog. Es war Abend, als sie zusammen mit Mica im Engawa vor ihrem Zimmer saß und grübelnd in den tiefen Nachthimmel starrte, während sie den schnurrenden Kater neben sich kraulte. Hilarys Back-to-Basics-Idee war gar nicht mal so dumm gewesen, doch das wollte Tyson ja nicht wahr haben. Dementsprechend ist jeder Vorschlag ihrerseits, der Hilarys Plan integrierte, von vornherein ausgeschlagen worden. Die Recherche hatte sie dabei leider auch im Stich gelassen. Die letzten Tage vor dem Match gegen das Team Psykick standen bevor und langsam gingen ihnen die Trainingsmethoden aus, weil einfach nichts wirklich klappen wollte. Ein plötzliches Geräusch ließ sie aufhorchen. //Das klingt doch nach einem Beyblade...// Leise stand sie auf und lugte um die Ecke zum Vorgarten. Dort stand Kai und hatte Hilarys Trainingsliste in der Hand. //Geschehen doch noch Zeichen und Wunder?// Er hatte Probleme die einfachen Bewegungen zu vollziehen, das merkte man. //Vielleicht ist er ja doch nicht so stolz, wie er immer tut... Wenigstens hat er mehr Grips als Tyson und versucht es zumindest.// Mica schlich ihr um die Beine und sie nahm den Kater hoch. „Was denkst du?“, fragte sie den Plüschball mit leisem Ton, schaute noch einmal auf den Jungen und kehrte schließlich um. Sie wollte Kai dann doch nicht bei seinem Einzeltraining stören. *** Wer hätte das ahnen können? Da sitzt man gemütlich im Bus auf dem Weg zum Match und plötzlich findet man sich auf einer einsamen Insel wieder, auf der Fremde versuchen die Bitbeats der Bladebreakers zu fangen. „Leute, ihr schafft mich echt. Warum passiert immer so ein Mist mit euch?“ Resigniert seufzend schaute Akira in die Gruppe. „Frag uns das nicht. Wir schreien nicht nach dem Ärger.“ Tyson war mindestens genauso genervt von der Situation und sein schmerzender Knöchel machte es nicht gerade besser. „Das passiert häufiger?“ „Hilary, du hast keine Ahnung, was du dir mit dem Beitritt in diese Gruppe angetan hast... Spätestens bei der Entführung von dir und Kenny hättest du auf Abstand gehen müssen.“ Sie versuchte gar nicht erst das andere Mädchen Hoffnung schöpfen zu lassen. Sie selbst steckte immerhin ja auch schon Mitten drin und wusste, wovon sie sprach. Nun galt es allerdings voran zu kommen. Und das ging nur indem sie sich aufteilten. „Ich komme auch mit euch zum Leuchtturm, um Hilfe zu holen. Als Nicht-Blader bin ich doch nur ein Klotz am Bein.“ Ein weiteres Seufzen folgte und Akira fuhr sich durch die Haare. Der Stress kam ihr gar nicht gut. „Bist du dir sicher, dass du nicht doch mit den anderen gehen willst, Kai? Die haben es eh nicht auf uns drei abgesehen. Ich schätze die werden nichts Krummes drehen.“ „Sicher ist sicher.“ Seine Entscheidung schien fest und Akira musste sich ein Augenrollen verkneifen. Entweder war er unerreichbar, oder er ließ den Beschützer raushängen. //Ich kann mich gerade nicht entscheiden, was besser ist...// „Worauf warten wir noch?“ Hilary wollte nicht mehr Zeit als nötig vergeuden und ging bereit voraus. „Wie weit noch, Hilary?“ Nicht nur Kenny war ungeduldig, doch Akira versuchte ruhig zu bleiben. „Ich glaube er ist direkt über uns... Hoffentlich funktioniert das Funkgerät, sonst wird mich Tyson ewig nerven.“ „Das hoffe ich auch...“ In dem Moment ertönte ein tiefes Grollen und die ersten Teile eines Steinrutsches kamen den Abhang herunter. „PASST AUF!!“ Kais Stimme hallte wider, als die drei anderen wie in Zeitlupe nach oben schauten. „AN DIE WAND!!!“, schrie Akira und presste sich an den kalten Fels, erleichtert, dass die anderen es ihr gleich taten. Als sie jedoch einen Schatten auf ihr spürte, fasste sie es nicht. Mit einem Griff hatte sie Kai am Oberteil und zog ihn ebenfalls zur Wand und damit gegen Hilary. Es dauerte zum Glück nicht lange bis der Steinregen aufhörte. „Hast du sie nicht mehr alle? Du brauchst hier nicht den großen Helden zu spielen!“ Sie bemerkte gar nicht wie hochrot das andere Mädchen angelaufen ist und schubste Kai wieder von der Wand weg. Was sie allerdings nicht sah, war dass ein paar Steine den schmalen Weg, auf dem sie sich befanden noch ein Stück schmaler gemacht hatten und der Junge nun genau an der Kante stand. Fast hätte er sein Gleichgewicht verloren, doch die zwei Mädchen reagieren beide schnell und zogen ihn wieder zur Wand zwischen sich. „Scheiße, sorry!“ Ihr Puls raste und vorsichtig beugte sie sich etwas vor, um den Abhang zu inspizieren. Das wäre nicht gut ausgegangen. „Das war knapp...“ Er versuchte gar nicht auf den Vorwurf einzugehen. Es hatte keinen Sinn sich jetzt hier zu streiten. Das Wissen um ihr Temperament und die Verwandtschaft zu Tyson ließ ihn ahnen, dass das nicht gut und vor allem schnell enden würde. „Leute, der Weg ist verschüttet.“ Jetzt sahen die anderen auch, was Kenny meinte. „Na toll. Und wie kommen wir jetzt weiter?“ *** Mit einem kleinen Umweg hatten sie es dennoch geschafft. Die Hilfe konnte verständigt und der Rest der Truppe gefunden werden. Nach dem letzten Match von Tyson wurde die Stimmung ebenfalls lockerer und alle waren froh, dass es endlich vorbei war. Akira spürte wie ihr Körper wieder begann zu zittern. //Verdammt... // Der Tag hatte ihr zu viel Energie geraubt und der ganze Stress schlug ihr zu Gemüte. Die Hände zu Fäusten geballt kniete sie sich auf den Boden. Zum Glück war sie weiter weg von den anderen, sodass die das wenigstens nicht mitbekamen. Tief durchatmend versuchte sie sich zu entspannen. „Fahr runter... Fahr runter... “ Sie wiederholte die Worte wie ein Mantra leise vor sich her und es wirkte glücklicherweise. Doch das Zittern wollte nicht ganz aufhören. Selbst nicht als sie in den Hubschrauber der BBA einstieg. „Hey, alles okay, Kleines?“ Ihr Großvater schaute sie besorgt an. „Ja, es geht schon. Ich glaube mein Kreislauf spielt etwas verrückt.“ Akira versuchte ein leichtes Lächeln um ihn zu beruhigen. //Scheiß Timing...// Sie nahm sich vor mit ihrem Großvater noch am nächsten Tag zu reden. Sie konnte es zumindest ihm nicht länger verheimlichen, da sie ja auch versprochen hatte, sich an ihn zu wenden, wenn etwas sein sollte. Sie hatte Glück. Als sie am nächsten Morgen aufwachte, waren Ray, Max und Kai bereits unterwegs zu Tyson ins Krankenhaus. Nach dem Frühstück schlüpfte sie in ihre Kendo-Kleidung und machte sich auf ins Dojo, wo sie wusste, dass ihr Großvater dort sein würde. „Opa?“ Als sie die Tür öffnete sah sie den bekannten Anblick des Alten, der sein morgendliches Training absolvierte. „Ah du bist es, Aki-chan. Hast du dich gut ausgeruht?“ Sein Blick striff sie nur kurz. Dann war seine Konzentration wieder auf dem Training. „Ja, das hatte ich nach gestern auch wirklich nötig. Gibt es schon was Neues von Tyson?“ Sie schloss die Tür wieder hinter sich, als sie das Dojo betrat. Kurz sah sie hinüber zu den Futons der Jungs. Es war seltsam, aber manchmal merkte sie gar nicht, dass sie momentan an den Wochenenden mit mindestens sechs Personen in diesem Haus waren. Während der offiziellen Kendo-Unterrichtsstunden war es zwar auch voll, aber die Schüler ihres Großvaters gingen nach Ende immer direkt wieder, wodurch sie selber nicht zu viel von ihnen mitbekam, da sie abseits der normalen Zeiten trainierte. Dank Bey-Sport und Schule hatte sie einfach zu unregelmäßig Zeit für andere Dinge. Da ihr Großvater jedoch für diese Kampfkunst lebte, störte es ihn nicht, sich auch neben seiner Stunden um sie zu kümmern. „Der Arzt meinte es sei nur eine Verstauchung, nichts gebrochen.“ „Er hatte wirklich Glück.“, sagte Akira als sich eins der Shinai schnappte. Ihr Großvater stoppte kurz und wartete, bis sie sich ihm gegenüber gestellt hatte. „Bereit?“ Ihr Nicken war Antwort genug und der Trainingskampf begann. Es dauerte jedoch nicht lange und das Mädchen musste ein paar Treffer einstecken. „Oh man... Meinst du ich schaffe es irgendwann dich mal zu schlagen?“, lachte sie. „Wenn du viel trainierst vielleicht. Außerdem bist du nicht einmal aufgewärmt.“ Akira erntete ein dickes Grinsen von ihrem Großvater. Eigentlich war es wirklich kein Wunder, schließlich hatte sie erst vor einigen Wochen seit Ewigkeiten noch einmal angefangen. „Ja, vielleicht sollten wir das täglich machen.“ So schlecht war die Idee gar nicht. Der Sport entspannte und machte ihren Kopf frei. Eine halbe Stunde am Morgen würde sie sicherlich dafür aufwenden können. „Du Opa, ich muss mit dir reden...“, sagte sie schließlich und stellte sich neben ihn um seine Bewegungen zu imitieren. „Was gibt’s denn?“ „Du weißt doch, dass ich gewisse Probleme mit meiner Kontrolle habe.“ „Ja... du hast mir davon erzählt. Deine Mutter hatte mich auch nochmal extra vor deinem Umzug angerufen, damit ich ja nicht schockiert bin, falls sowas mal passiert.“ „Ja... das mit dem falls... ich hatte letztens einen kleinen Zwischenfall und gestern stand ich auch wieder kurz davor...“ Ihre Stimme wurde von Wort zu Wort dünner. Der Alte stoppte. „Warst du deswegen so durch den Wind?“ Er wurde ernster und schaute sie jetzt direkt an. „Ja... Das Mal davor konnte ich mich insoweit kontrollieren, dass ich nichts kaputt gemacht habe, aber...“ Sie senkte das Shinai wieder und zog die Ärmel ihres Oberteils nach oben. Die Wunden waren gut verheilt, aber man konnte immer noch Spuren sehen. „Dafür musste ich das hier tun...“ Akira biss sich auf die Unterlippe, als ihr Großvater schockiert nach ihren Armen griff. „Wieso hast du nichts gesagt??“ „Ich... Es war mir peinlich und ich wollte nicht, dass du denkst ich würde das immer tun. Um ehrlich zu sein war das das erste Mal. Ich... Ich wollte keinen Ärger machen und das war die einzige Möglichkeit wie ich mich in dem Moment aufhalten konnte...“ Mit schuldigen Augen blickte sie ihrem gegenüber in die Augen. „Das braucht dir nicht peinlich sein. Ich möchte doch, dass du ehrlich bist. Aber gibt es nicht doch eine andere Möglichkeit?“ Er tätschelte ihren Schopf verständnisvoll. „Entspannungsübungen, Ablenkung, … Medikamente...“ Letzteres hatte sie früher häufiger bekommen. Doch damit hatte sie immer das Gefühl gehabt, sich in eine seelenlose Hülle zu verwandeln. „Nichts da! Mit sowas fangen wir gar nicht erst an! Ich habe gehört, was diese Tabletten damals mit dir angestellt haben.“ Seine Stimme bebte. „Wir machen jetzt jeden Morgen das Training und danach meditierst du mindestens eine halbe Stunde, hast du verstanden? Das bekommen wir schon hin!!“ Akira musste lächeln, ihr Großvater war wirklich unglaublich. Nahm sie auf, als hätte er sie schon ewig gekannt und half ihr, wo er nur konnte. //Genau wie Robert damals...// Kapitel 4: Confusion (V-Force) (Update) --------------------------------------- Nach einer gefühlten Ewigkeit kam sie endlich aus dem Laden von Max' Vater. Kenny und sie hatten zwar bestimmte Teile vorbestellt, doch hatte Mr. Tate sie auf ein paar andere Neuheiten hingewiesen, die er erst am Vortag geliefert bekommen hatte. //Damit kann ich bestimmt was machen.//, dachte sie freudig und streckte sich. Gerade als sie sich auf den Weg Richtung Strand zu den anderen machen wollte, sah sie jemanden, den sie nicht erwartet hätte, Ozuma. //Was macht der denn hier?// Mit fragendem Blick verfolgte sie seine Bewegungen. Kurzerhand entschloss sie sich ihm zu folgen. Schnell lief Akira dem Saint Shields Leader hinterher und versuchte dabei so unauffällig wie möglich zu sein. Blöderweise war sie nicht gerade geübt darin und wurde prompt von ihm entdeckt, als er in einer kleinen Seitengasse verschwand. “Was willst du?“ Sie erschrak leicht. Sein Blick schien sie geradewegs zu durchbohren. Akira spürte, dass er sie sofort erkannt hatte. “... Wissen was du vorhast?“ Sie würde jetzt nicht um den heißen Brei reden. Sie spürte, dass das keinen Sinn hatte. “Und wieso sollte ich das gerade dir verraten?“ Mit langsamen Schritten kam er ihr näher. “Weiß ich nicht, aber fragen kostet ja nichts.“ Mit verschränkten Armen grinste sie ihn an. Sie kannte ihn zwar nicht, doch irgendwo hatte sie das Gefühl, dass er gar nicht so übel war, wie er immer tat. Die Tatsache, dass er Tyson schon mehrere Male indirekt Tipps gegeben hatte, damit er besser wird, war auch ihr nicht entgangen. “Kostet es wohl...“ Ein weiterer Schritt folgte. “Und was?“ Immer noch schmunzelnd ging auch sie ihm entgegen, wurde jedoch in der nächsten Sekunde mit kräftigen Armen gegen die Hauswand gepinnt. Mit großen Augen schaute sie in seine grünen. “Was-...“ “Der Preis wäre dir zu teuer.“, grinste er nun zurück. Akira fing sich wieder, als sie merkte, wie sein Blick weicher wurde. //Er ist ja doch nur harmlos...// Dennoch, Ozuma war ihr jetzt doch etwas zu nah, es lagen nur noch wenige Zentimeter zwischen ihren Gesichtern. Eine ihrer Hände wanderten nach oben und mit dem Zeigefinger an seiner Brust schob sie ihn wieder etwas zurück. “Beiß' dir bloß nicht die Zähne aus.“, lachte sie schließlich leise. Der Junge ließ sie gewähren und machte wieder etwas Platz zwischen ihnen. Wirklich aus ihrer Position heraus konnte sie trotzdem nicht, da er den Weg versperrte. Also blieb sie gegen die Wand gelehnt stehen und verschränkte erneut die Arme vor der Brust. “Also? Was wollt ihr?“, versuchte sie es erneut und erntete ein leises Glucksen. “Das werde ich dir immer noch nicht verraten.“ “Warum nicht?“ Ein kleines Schmollen folgte. “Weil es dich nichts angeht. Das ist eine Sache zwischen den Vieren und uns.“ “Okay, jetzt beleidigst du mich. Du weißt schon, dass ich auch Teil des Teams bin, oder? Wenn ihr was gegen die vier habt, habt ihr was gegen das gesamte Team und das schließt mich ein. Ich habe also ziemlich viel damit zu tun.“ Das Schmollen wandelte sich in einen grimmigen Blick. “Ist ja gut, beruhige dich.“ Ein weiteres Lachen folgte. “Ihr werdet es schon noch früh genug erfahren.“, fuhr Ozuma schließlich fort und ging letztendlich, nicht jedoch ohne sie noch einmal mit einem Schmunzeln auf den Lippen zu betrachten. Das Mädchen hingegen musste mehrfach blinzeln, als er um die Ecke verschwunden war. //Was war das denn jetzt?// Die Situation nicht mehr ganz verstehend kratzte sie sich am Kopf. Schließlich schüttelte sie diesen und machte sich auf zu ihrem ursprünglichen Ziel. Amüsiert beobachtete Akira die vier Jungs wie sie am Strand von Kenny und Hilary angestachelt wurden. //Die können einem ja fast schon Leid tun.//, dachte sie sich als sie auch die letzte Treppenstufe passierte. „Hey, Chef! Ich bin wieder zurück.“ Die Tüte die Luft haltend. „Ach, super, Akira. Dann kannst du dich schonmal an die Arbeit setzen, während ich die nächsten Übungen erkläre.“ „Alles klar! Jungs, eure Blades bitte.“ Brav gab einer nach dem anderen ihre Blades in Akiras Obhut. Zur Belohnung reichte sie jedem eine Flasche Wasser, die sie noch auf dem Weg besorgt hatte. „Pass bloß auf!“, schmollte Tyson. Er traute ihrem Geschick noch nicht ganz über den Weg. „Pass du lieber auf, was du sagst.“ Sie zögerte bevor sie ihm das Wasser gab und nicht ohne ihm noch einmal die Zunge raus zu strecken, drehte sie sich um und breitete ihren Miniatur-OP auf einer nahegelegenen Bank aus. „Was genau machst du da?“ Hilary stand neugierig starrend neben ihr. „Ich repariere und modifiziere die Blades. Nach den letzten Kämpfen hatte Kenny keine Zeit gehabt und jetzt habe ich die Aufgabe bekommen mich darum zu kümmern.“ Sie öffnete die Tüte, die sie von Max' Vater bekommen hatte und kramte nach den Teilen, die sie brauchte. „Und weil Tyson es liebt mich zu ärgern, muss ich das jetzt extra perfekt hinbekommen, sonst kann ich das Handtuch werfen. Das würde MEIN Ego nämlich nicht überstehen.“, lachte sie. Aber es war ernst gemeint. Kenny und auch Max' Vater hatten ihr viel gezeigt, doch wirklich Übung hatte sie leider noch nicht. Doch daran arbeitete sie ja jetzt. Nach einer Weile war sie mit allem durch. „So, endlich fertig.“ Die Jungs waren auch fertig, allerdings mit der Puste. Sie sammelte ihre Sachen wieder ein und ging zu ihnen. „Tyson, du solltest Dragoon wirklich häufiger reinigen, da war eine Menge Sand dazwischen. Ich hab dir auch einen schwereren Energiering eingebaut, damit er die Balance besser halten kann. Er ist manchmal schon recht herumgewackelt.“ „Cool, danke!“ „Ray, dein Driger ist auch so gut wie neu. Er hat jetzt eine neue Laufspur, die alte wr schon etwas zu veraltet.“ „Danke!“ „Draciel musste nur etwas sauber gemacht werden. Deine Mutter hat mit ihm wirklich ganze Arbeit geleistet.“ „Danke. Ja, Mum meinte schon sie habe ein robusteres Material verwendet.“ „Frag sie beim nächsten Mal was es ist. Vielleicht kann dein Dad auch was davon organisieren.“ „Wird gemacht.“ Max salutierte grinsend. „Kai, dein Dranzer hat auch ziemlich was abbekommen. Ich denke aber die neue Fusionsscheibe wird etwas länger halten. Max' Dad hat sie mir empfohlen. Wir wollten aber generell nochmal nach Dranzer schauen. Kenny und ich sind da was Spezielles am entwickeln.“ Auch ihm überreichte sie seinen Blade, den er wie die anderen inspizierte. „Hey, warum hat meiner die nicht auch?“, protestierte Tyson. „Weil Kenny letzte Woche schon in Dragoon und Driger welche eingebaut hat, du Schnellchecker. Er hatte aber leider nur zwei gehabt.“ Genervt rollte sie mit den Augen. „Er hat's dir sogar gesagt. So hörst du zu.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schaute ihren Cousin kopfschüttelnd an. „Das stimmt, erinnerst du dich nicht mehr?“, bestätigte auch Ray ihre Aussage. „So, Schluss jetzt!“, schritt Kenny schließlich ein. „Jetzt wird gekämpft. Mal sehen wie gut die neuen Teile funktionieren.“ „Jaaa, Wahnsinn! Jetzt werde ich endlich ein BitBeast sehen!!“ Hilary machte geradezu Luftsprünge. Sie konnte es kaum noch abwarten. „Gute Arbeit, Aki-chan. Ich hab es zwar nicht geglaubt, aber du hast mich überzeugt.“ Lobend klopfte Tyson seiner Cousine auf den Rücken. „Ich bin mir gerade nicht ganz sicher, ob ich mich geschmeichelt oder beleidigt fühlen soll.“ Eine ihrer Augenbrauen wanderte gefährlich hoch Richtung Haaransatz. Leicht schmollend schaute sie ihn mit einem Seitenblick an. „Ach, komm schon. Ich ärger’ dich doch nur!“, lachte der jedoch beherzt. „Ignorier’ ihn einfach. Ich hab’ gewusst, dass du das mit Leichtigkeit schaffst. Du warst schließlich ziemlich wissbegierig, als wir zusammen im Laden waren. Sie wollte deinen Dad gar nicht mehr die anderen Kunden bedienen lassen, Max.“, setzte Kenny ein und Max musste lachen. „Oje, aber wenigstens hat es sich gelohnt.“, grinste er schließlich und klopfte ihr ebenfalls bestätigend auf die Schulter. *** Ein Atemzug. Der Wind, der sanft durch die Blätter der Bäume wehte. Das leise Klimpern eines Windspiels mischte sich dazu. Sonnenstrahlen kitzelten leicht ihre Haut im Gesicht. Akira saß bereits seit fast einer halben Stunde im Schneidersitz auf dem Gras. Gleich nach dem Nachmittagstraining hatte sie sich in den hinteren Teil des Gartens begeben um anschließend ihren Geist frei zu machen. Mittlerweile war sie an dem Punkt, wo sie aufhörte zu denken, außer an das Gefühl der Entspannung. Sie hatte lange gebraucht dahin zu kommen. Allein ihr Rücken hatte sie eine gefühlte Ewigkeit genervt, da sie diesen dabei gerade halten musste. „Macht's Spaß?“ Ein genervtes Grummeln verließ ihre Kehle. //Ich war schon so weit.// Resigniert öffnete sie die Augen um nach dem Störenfried zu sehen. Doch vor sich sah sie niemanden. //Huh...?// Ihr Blick wanderte weiter und blieb schließlich an der Mauer neben ihr hängen. Ozuma hockte darauf und beobachtete sie schmunzelnd. „Hab’ ich dich gestört?“, fragte er diesmal. Akira seufzte und löste ihre Position um wieder auf die Beine zu kommen. „Ehrlich gesagt ja.“ Prüfend strich sie über ihren Hakama und entfernte noch ein paar Grashalme, die sich nicht vom Stoff hatten lösen wollten. „Was kann ich für dich tun? Du kommst den weiten Weg doch sicher nicht hier her, um mich beim Meditieren zu beobachten.“ Die Hände in die Seiten stemmend schaute sie ihn wieder an. „Richtig. Wobei ich dich auch nur per Zufall gesehen hatte.“ Mit einem Satz stand er neben ihr. „Ich dachte ich räche mich nach deiner Verfolgungsaktion letztens.“ //Tolle Rache...// „Aha...“ Skeptisch wanderte eine ihrer Augenbrauen in die Höhe. Schließlich musste sie grinsen. „Was?“, fragte er irritiert. „Du hast Humor, das hat mich ein wenig überrascht.“, lachte sie und streckte sich. „Wer sagt, dass ich keinen habe?“ Nun war es er, der leicht schmollte. „Du tauchst aus dem nichts auf, mit deinem 'Ich bin ein böser Junge'-Outfit, machst mysteriöse Andeutungen wann immer du sprichst und dann kommt sowas. Findest du nicht, dass das irgendwo nicht passt?“ Immer noch lachend lehnte sie sich gegen einen der Holzbalken am Haus. „So bin ich eben.“ Auch er musste jetzt leise lachen. „Aber ich muss auch schon wieder los. Ich habe wieder interessante Informationen für euch.“ Und bevor sie etwas sagen konnte, war er auch schon wieder verschwunden. //Es einfach mir sagen, wäre auch zu einfach gewesen...// Sie vermutete schon, dass er auf dem Weg zum Haupttor war, wo die anderen gerade trainierten und machte sich ebenfalls auf. *** Die letzten Wochen waren unglaublich aufreibend für die Bladebreakers gewesen. Erst die Sache mit Kais Freund Wyatt, der sich wie von Ozuma angekündigt den Wissenschaftlern angeschlossen hatte und Kai zum Kampf aufgefordert hatte, wobei Dunga dazwischen geprescht war. Dann die Tatsache, dass Kane und seine Freunde in Wirklichkeit zum Team Psykick gehörten und zuletzt auch noch Tysons Panikreaktion, als er unbedingt Dragoon modifizieren lassen wollte und dann nicht mehr damit klar kam. Sie waren froh, dass etwas Ruhe eingekehrt war, doch alle merkten, dass das nur die Ruhe vor dem Sturm war, da immer noch der große Kampf gegen eben jenes Team Psykick bevor stand. Und das schon während der folgenden Woche. Sie saßen alle im Dojo und waren am Überlegen, auf was sie sich einstellen müssten und welche Techniken sie eventuell nutzen sollten, als Mr. Dickenson eintrat. Der rundliche Mann sah müde aus, auch ihm machte dieses Team zu schaffen. Sie hatten ihm bis jetzt schon genug Probleme bereitet, doch an diesem Tag war er wegen etwas Erfreulicherem da. „Mr. Dickenson!“, Kenny hatte ihn zuerst gesehen und stand auf während der Rest folgte. „Was machen Sie denn hier? Ist was wegen dem Match nächste Woche?“ Tyson rechnete schon wieder mit dem Schlimmsten. „Nein, nein. Ehrlich gesagt habe ich eher eine gute Nachricht. Wir bereiten uns zur Zeit auf das Lokalturnier in Kyoto am kommenden Wochenende vor und die BBA hatte sich spontan überlegt die amtierenden Weltmeister als Finalgegner einzuladen... Natürlich nur, wenn ihr auch Lust habt.“, erklärte er und hoffte auf eine positive Antwort. „Was? Cool!! Ja natürlich!“ Akiras Cousin war hin und weg. Schon das Lokalturnier in Tokyo hatte ihm Spaß gemacht... wenn man von seiner Niederlage gegen Ozuma absah. „Das ist wirklich eine tolle Idee. Wir alle könnten etwas Abwechslung wirklich gebrauchen.“, stimmte Max mit ein und der Rest nickte zustimmend. Akira freute sich schon, das wäre ihr erstes Mal in der alten Hauptstadt. Freitagsnachmittags ging es auch schon los. Tysons und Akiras Großvater konnte diesmal nicht mitkommen, wodurch die sieben Jugendlichen alleine reisen mussten. Mr. Dickenson war bereits in Kyoto und hatte ihnen die Expresszugtickets einen Tag zuvor vorbeigebracht. Akira wollte nicht wissen, wie viel die BBA dafür gezahlt haben muss. Sie beschloss diesmal Tysons Aufpasser zu spielen, damit der nicht wieder zu spät zu einem Termin kam und sie sich wenigstens so etwas erkenntlich zeigen konnten. Schnell hatte sich herausgestellt, dass Hilary genau den gleichen Gedanken hatte, was die Aufgabe etwas erleichterte. Am frühen Abend erreichten sie den Hauptbahnhof der historischen Stadt, von dem sie von einem Shuttle der BBA erwartet wurde, der sie in ihr Hotel brachte. „Unser Hotel ist ein Ryokan??“ Hilarys Augen leuchteten, als sie das alte, traditionelle Gebäude sah, nachdem sie aus dem Minibus gestiegen war. „Ahhh, ich hatte mich schon auf ein großes Hotelbett gefreut...“, jammerte Tyson hingegen und kassierte direkt jeweils einen Boxer auf den Oberarmen von den zwei Mädchen. „AU! Was sollte das denn?“ Schmollend rieb er sich die Stellen und schaute böse hin und her die beiden an. „Benimm dich.“ Akiras Stimme war leise und er spürte, dass sie ihm drohte. Schnell war er wieder verstummt und schaute kurz zum Fahrer. Dass der ja auch von der BBA war, hatte er nicht bedacht. Alle nacheinander gingen sie Hilary hinterher, die am kleinen Empfang nach den Schlüsseln fragte. Die Mädchen hatten das Glück zu zweit ein Zimmer zu haben, die Jungs hingegen mussten sich alle ein großes teilen. „Also nicht wirklich anders, als wenn wir bei euch sind.“, lachte Ray und spielte auf Grangers Dojo als allgemeine Schlafstätte der Gruppe an. Die Zimmer lagen recht nah beieinander und nachdem alle ihr Zeug soweit verstaut hatten, hatten sich die Mädchen ins Jungenzimmer gesellt um den weiteren Ablauf gemeinsam zu besprechen. „Wann genau fängt das Turnier morgen an?“, fragte Max in die Runde. „Um drei... Wir müssten aber theoretisch erst ab fünf da sein. Für dann sind erst die finalen Kämpfe eingeplant.“ Kenny analysierte den Flyer, den Mr. Dickenson ihnen gegeben hatte. „Wer will denn was machen? Dann können wir einen Zeitplan erstellen.“ Hilary schnappte sich schon Papier und Stift und begann bereits die genannten Uhrzeiten zu notieren. „Ich will auf jeden Fall ein wenig die Stadt sehen. Weiß nicht... den goldenen Pavillion? Was gibt es denn noch hier, was man gesehen haben muss?“ Akira versuchte sich zu erinnern, was sie mal über Kyoto gelesen hatte, doch irgendwie fiel ihr nur die berühmte Pagode ein. „Ich habe gelesen, der Kiyomizu Tempel soll auch sehr sehenswert sein.“, warf Ray ein. „Mir ist egal, was wir machen, Hauptsache wir gehen heute Abend in ein Onsen.“ Tyson nickte bekräftigend, darauf hatte er sich schon gefreut, seit sie von dem Trip wussten. „Du fährst nach Kyoto für Onsen?? Du weißt schon, dass bei Tokyo eine Menge sind, oder?“, lachte Akira. „Ist mir egal, wenn ich jetzt schon hier bin, will ich auch da rein. Und direkt neben dem Hotel ist doch auch eins.“ Tyson hatte eigentlich Recht, sie alle könnten die Entspannung brauchen. „Der Bambuswald in Arashiyama wäre auch interessant... Für den Fushimi-Inari-Taisha haben wir wahrscheinlich keine Zeit, oder?“, überlegte Kenny während Hilary den Kopf schüttelte. „Nein, leider nicht. Der Weg hoch auf den Berg zu den Schreinen und wieder runter würde zu lange dauern. Aber ich würde auch gerne die vielen Torii sehen.“ „Und nur zum unteren Schrein? Wir müssen ja nicht hoch gehen...“, versuchte Kenny weiter. „Seid ihr euch sicher, dass das alles klappt, bevor wir zur Arena müssen?“ Nun mischte sich auch Kai ein, der es schon kommen sah, dass sie zu spät kamen. „Kai hat Recht. Einen Punkt können wir auch noch am Sonntagvormittag einplanen, bevor unser Zug abfährt. Und wir können ja auch noch mal ein ander Mal her kommen.“, meinte Max und der Rest stimmte dem zu. Nach einer kurzen Abstimmung legten sie sich auf lediglich zwei Punkte fest. Die Mehrheit hatte für die zwei anfänglich vorgeschlagenen Tempel entschieden und für den Folgetag wollten sie nach Arashiyama fahren. Der Samstag begann früh und nach dem Frühstück machten sie sich schon auf zum ersten Ziel. Hilary führte sie mit dem Stadtplan ständig in der Hand durch den Bus-Dschungel und die engen Straßen Kyotos. Es war bereits Anfang November und die Blätter der Bäume hatten begonnen sich zu verfärben. Bei beiden Tempeln war dadurch der Anblick nur noch atemberaubender geworden. Und durch Rays gelegentliche Erklärungen über manche buddhistischen Eigenarten der Tempel wurden die Besuche sogar noch lehrreich. Sie ließen sich Zeit und gingen in einem der kleinen Restaurants an einem der Tempel essen, bevor sie sich zur Arena machten, wo Mr. Dickenson sie bereits erwartet. Das Turnier hatte gerade erst angefangen und die Gruppe war schon gespannt auf die Teilnehmer. „Ist schon was Vielversprechendes dabei?“, fragte Tyson und schaute auf die verschiedenen Bey-Arenen in der Halle, wo diverse Kämpfe gleichzeitig ausgetragen wurden. Die Vorentscheidungen hatten bereits während der Woche stattgefunden und nun ging es um die letzten verbliebenen Teilnehmer. „Ein paar sogar, aber das werdet ihr ja später sehen.“, lachte der Mann. Tyson stand schon in den Startlöchern und man merkte, dass er es kaum erwarten konnte. //Und da denkt man, dass der Tag eigentlich schon anstrengend genug war. Wo nimmt er nur die Energie her?// Auch Akira musste lächeln. „Es ist ja noch etwas Zeit bis zu eurem Auftritt, da kann ich euch auch gleich unsere Zweigstelle hier in Kyoto zeigen.“, meinte Mr. Dickenson dann und Kennys, Hilarys und Akiras Augen leuchteten auf. Laboratorien, Trainingsräume und Entwicklungsabteilung wurden natürlich gerne besichtigt. Das BBA-Zentrum lag sogar direkt neben der Arena und als sie wieder raus kamen, waren sie um einiges an Wissen und Ideen reicher. Hilary hatte sich vieles Notiert, was sie beim nächsten Training einbauen wollte, Akira hatte ein paar Bauteile abstauben können und Kenny hatte Dizzy mit jeder Menge neuer Daten gefüttert. Als sie den Kampfbereich betraten, wurden sie mit großem Applaus empfangen, den besonders Tyson genoss. Die Finalkämpfe wurden in zweier Teams und in zwei Altersgruppen ausgetragen. Tyson und Max sollten die Gegner der jüngeren Teilnehmer sein. Kai und Ray, als älteste der Bladebreakers, wurden als Finalgegner der anderen Gruppe aufgestellt, was bedeutete, dass sie sogar alle antreten durften. Generell konnten sie die Kämpfe alle mit Leichtigkeit für sich gewinnen, doch es waren tatsächlich ein paar interessante Gegner dabei gewesen. Es würde spannend werden, wenn ein oder zwei von ihnen sogar bei der kommenden Weltmeisterschaft in einem halben Jahr teilnehmen wollen würden. Am Abend ging es dann wohlverdient in ein Onsen. Nach dem letzten Match hatten sie noch ein wenig mit ein paar Leuten der BBA geredet und sich dann zurück zum Hotel gemacht, um Zeug mitzunehmen. „Aaahhh, tut das gut~“ Akira ließ sich von dem wohlig warmen Wasser einlullen und genoss die kurze Stille. Hilary und sie waren zwar wieder von den Jungs getrennt, doch da diese direkt neben ihrem Bereich waren und alles, bis auf die Wände offen war, konnte man Tysons Freudenrufe und das Geplansche sehr gut hören. „Das darf doch nicht wahr sein. Selbst hier kann er nicht anders...“ Hilary war gerade erst ins Wasser gestiegen und starrte böse die Wand an, hinter der der Störenfried war. „Ich vertraue gerade darauf, dass Ray oder Kai ihn irgendwie zum Schweigen bringen.“ Akira musste unweigerlich bei dem Gedanken grinsen. //Würde ihm ganz recht geschehen...// Hilary seufzte und Akira sah sie an. „Wieso macht er nur immer solchen Ärger?“ „Das liegt in der Familie.“, lachte Akira schließlich. „Das glaube ich dir nicht. Du hast sehr wohl Manieren.“ „Manieren hat er schon, er ist nur manchmal zu impulsiv.“ Genau dieses Wissen ließen ihn auch etwas erträglicher werden. Zumal ja auch sie selbst damit zu kämpfen hatte. Ihre Gedanken glitten wieder zu ihren Ausfällen. Es war schon verhältnismäßig lange her seit dem letzten Mal und es beruhigte sie, da das hieß, dass sich ihr neues 'Training' auszahlte. Hilary holte sie aus ihren Gedanken heraus. „Ich will gar nicht an nächste Woche denken...“ Da waren sie schon zu zweit. Sie alle wussten, dass es nicht einfach und vor allem fair werden würde, doch was Akira am meisten Sorgen bereitete, dass das Ganze für die Jungs ziemlich persönlich werden könnte. Dabei dachte sie besonders an Ray, der sich vorher recht gut mit Salima verstanden hatte. „Es wird hart. Aber... ich glaube die vier können es schaffen, wenn sie sich nicht ablenken lassen. Die werden bestimmt wieder Psychospielchen aus ihrer Trickkiste heraus ziehen und das wird böse. Ray und Tyson könnten da voll reingeraten.“ Hilary nickte. „... Was ist das eigentlich zwischen Ray und Salima?“, fragte sie neugierig mit leisem Ton, damit die Jungs nebenan ja nichts mitbekamen. „Nichts ist da. Ray hat Mariah soweit ich weiß.“, antwortete Akira mit ebenfalls leiser Stimme und war überrascht über die Frage, erinnerte sich dann jedoch daran, dass Hilary die Chinesin ja gar nicht kennen gelernt hatte. „Mariah?“ „Sie gehört zu den White Tigers, Rays altes Team. Sie sind zusammen aufgewachsen.“ Wieder nickte Hilary. „... Und was ist mit dem Rest?“ Akira wurde etwas misstrauisch, die Fragen waren verräterisch. Sie musste sich ein Grinsen verkneifen und spielte mit. „Ich weiß nichts davon, dass einer von ihnen in einer Beziehung ist.“ Etwas in Hilarys Gesicht veränderte sich. „Bist du dir sicher? Die sind doch so beliebt...“ Akira überlegte kurz. „Nein, ich bin mir ziemlich sicher.“ „... Hast du eigentlich kein Interesse an einem von ihnen?“ Jetzt musste Akira laut lachen. „Du meine Güte, sorry Hilary, aber... Die Jungs sind schon fast wie Brüder für mich, das wäre super seltsam.“, lachte sie weiter und musste sich bemühen nicht zu laut zu sein. Das könnte sonst noch ein peinliches Zusammentreffen werden später. Kurz wanderten ihre Gedanken weiter zu Ozuma und seine seltsamen Auftritte vor kurzem, doch sie schüttelte ihren Kopf. „Was ist mit dir?“, fragte sie schließlich das andere Mädchen, das direkt errötete. „Ich... ähm... Naja, nicht so wirklich.“, stammelte sie. „Und unwirklich?“ Das Grinsen ließ sich schon nicht mehr verkneifen. „Naja~... Kai ist ganz süß...“ Hilarys Stimme war nicht mehr als ein Flüstern und Akira musste kurz stocken, von allen gerade er? „Er... wirkt nicht gerade wie ein Beziehungstyp.“, versuchte sie es vorsichtig, wollte nicht allzu viel von ihrer Meinung zu ihm Preis geben. „Ja, das habe ich auch schon gemerkt. Aber es ist ja auch nicht so, als wäre ich in ihn verknallt.“ Das beruhigte Akira wieder etwas. Das hätte ein äußerst kompliziertes Geflecht innerhalb des Teams fabriziert, das war sicher. Eigentlich wäre sie nicht sehr überrascht gewesen, wenn Kai Hilary direkt einen Korb geben würde und zwar auf seine typische direkte Art, wenn es zu einer Konfrontation kommen würde. Viel zu viel Ärger. Erst jetzt fiel ihr wieder ein, dass sie ja ganz zu anfangs vermutet hatte, dass zwischen Hilary und Kenny etwas war. Mittlerweile empfand sie diesen Gedanken als zu absurd und musste innerlich über ihre Fehlinterpretation lachen. „Ich glaube du hattest Recht mit dem zum Schweigen bringen...“ Hilary sah wieder zur Wand, kein Geräusch war zu hören. Gerade als Akira antworten wollte, hörte man wieder einen lauten Platscher gefolgt von lautem Gelächter. Man konnte die Resignation deutlich auf den Gesichtern der Mädchen sehen. „TYSON!“, rief Akira in der Hoffnung, dass das ausreichen würde. „WAS??“, kam prompt die Antwort ihres Cousins zurück und Akira klatschte die Hand ins Gesicht. Der Typ war manchmal zu doof für die Welt. „RUHE!“ Auch Hilary versuchte es und beide Mädchen wurde von einem Schwall Wasser von oben überrascht. Sie konnten es wirklich nicht glauben. Doch schlimmer war das Gelächter, das von Tyson auf der anderen Seite folgte, als beiden ein kurzer Schreckschrei entfloh, bis er plötzlich verstummte. „Enschuldigung!“, kam es schließlich von Ray und man konnte leises Planschen vernehmen. Es klang sehr danach, als würde Tyson genau in dem Moment unter Wasser bestraft werden. „Du kannst ihn ruhig eine Weile da unten halten, Ray.“ Rache war süß, besonders wenn es um ihren Cousin ging. Nur zu gerne würde sie rüber flitzen und ihn sich selbst vornehmen, doch damit müsste sie bis später warten müssen. „Spinnt ihr?“ Tyson rang offensichtlich nach Luft und man hörte ein weiteres Platschen, was man nicht recht deuten konnte. Akira musste lachen, zu gerne würde sie das Spielchen sehen. Sie sah ein, dass ihr Cousin bereits genug von seinen Kumpels bestraft worden war und ließ ihn in Ruhe. Sie hatten nur noch eine halbe Stunde länger in den heißen Quellen gesessen, bis sie sich zurück in ihr Hotel begeben hatten. Nun saßen sie alle in ihren Yukatas im großen Gemeinschaftszimmer und ließen den Tag mit frisch aufgebrühtem Grünem Tee ausklingen. „Sowas sollten wir häufiger machen.“ Kenny schien wirklich ausgeruht und entspannt. Akira hatte ihn lange nicht mehr so erlebt, so stand er von ihnen allen immer am meisten unter Strom. Man merkte, dass es die letzten Wochen jedoch etwas besser geworden war, da Akira ihm die Arbeit mit den Ersatzteilen und Zusammenbauten zum größten Teil abnahm und Hilary sich mittlerweile um Organisation und Trainingspläne kümmerte. „Ich bin auch dafür.“ Max nickte zustimmend und lehnte sich etwas nach hinten. „Ja, das Turnier war auch noch mal eine Abwechslung. Keine Matches nur um unsere BitBeasts zu beschützen, sondern rein aus Spaß am Spielen.“, meinte Ray und Akira musste an die Gesichter der vier Jungs denken, man hatten ihnen angemerkt, dass sie Spaß gehabt hatten. Selbst Kai schien weniger verschlossen gewesen zu sein, obwohl sein Kampf alles andere als eine Herausforderung war. Sie hatte ihn allerdings auch während des Tages ein paar Male Löcher in die Luft starren gesehen. Akira musste zugeben, dass die Sache mit Wyatt schon ein herber Schlag gewesen war. Es war kein Wunder, dass es selbst den Eisklotz der Gruppe nicht kalt ließ, besonders weil Wyatt ihn als seinen Freund bezeichnet hatte. „Genau, ein paar von denen waren auch wirklich gut.“, meinte Tyson schließlich. „Du musst es wissen. Du wärst ja sogar fast von einem besiegt worden, Weltmeister.“ Akira musste breit Grinsen, ein wenig ärgern wollte sie ihn nach heute dann doch noch. „Das stimmt doch gar nicht!“ Empört sah er sie an und sein Blick wurde grimmig, als er sah, dass sie am Lachen war. Mit einem Satz hatte er sich auf sie geschmissen und hatte sie im Schwitzkasten, während der Rest versuchte die Teetassen in Sicherheit zu bringen. „Hey, Tyson!!“, lachte sie weiter und versuchte sich zu befreien. Doch vergeblich. Ihre Hände suchten seine Seiten und fingen an ihn zu kitzeln. „Iihhhh!“ Direkt ließ er sie wieder los. Akira hatte seine kleine Schwachstelle relativ schnell bei einem ihrer ersten Neckereien gefunden und nutzte sie auch immer wieder gerne zu ihrem Vorteil in so Situation wie dieser. Er versuchte vor ihren Fingern zu fliehen, doch er kam nicht sehr weit und irgendwann saßen, beziehungsweise lagen sie lachend auf dem Boden, Akiras Arme fest um Tyson geschlungen. Es sah mehr aus, als würden sie knuddeln und die anderen mussten unweigerlich mitlachen. „Seid ihr euch sicher, dass ihr nicht doch in Wirklichkeit Geschwister seid?“, fragte Hilary grinsend. Kapitel 5: Revelation (V-Force) (Update) ---------------------------------------- Nur wenige Tage nach ihrer Heimkehr stand der lang erwartete Kampf gegen das Team Psykick an. Nachdem sie das böse Oberhaupt der Organisation, Gideon, zum ersten Mal kennen gelernt hatten, mussten sie sich schon behaupten. Nicht aber wie sie vielleicht gedacht hatten gegen ihre eigentlichen Gegner, sondern Maschinen, die ihnen zahlreiche Beyblades um die Ohren schmetterten. Und als sie dachten, sie hätten es geschafft, tauchten weitere Maschinen auf. Hilary wäre fast von einem dieser Blades getroffen worden, hätte ein anderer sich nicht dazwischen geworfen und ihn davon abgehalten. Da er genau hinter ihr gestartet wurde, hatte Akira sich entsprechend erschreckt und traute ihren Augen kaum, als sie sich umdrehen wollte und plötzlich Ozuma neben ihr stand. „Wem gehört der?“, fragte Tyson und keine Sekunde später hatte auch er ihn gesehen. „Ozuma...“ Tyson und Akira glitt der Name gleichzeitig von den Lippen. Die Betonung jedoch könnte nicht unterschiedlicher sein. Das Mädchen musste zu euphorisch gewirkt haben, da sie plötzlich einen stechenden Blick von Seiten ihres Cousins erntete. Ozuma hingegen setzte wieder sein typisches Schmunzeln auf und stieß leicht mit seiner Schulter gegen Akiras. Erst jetzt merkte sie, dass auch die anderen der Saint Shields dabei waren. Um genau zu sein, stand sie sogar genau zwischen ihnen. Etwas peinlich berührt löste sie sich von ihrer Position, drehte sich um und stand nun vor ihnen. Wie sich herausstellte, wollten sie den Bladebreakers helfen, um sicher zu gehen, dass sie die Kämpfe gegen Psykick gewinnen und ihre BitBeats beschützen konnten. Somit konnten sie endlich zur ersten Kampfstätte ziehen. „Kennt ihr euch etwa?“ Und es ging los. Tyson hatte anscheinend wirklich etwas gemerkt. „Ich würde es nicht wirklich kennen nennen. Wir haben uns nur zwei Mal per Zufall getroffen. Die Male mit euch ausgeschlossen.“ Sie hatte es nicht für unbedingt wichtig gehalten ihrem Cousin das zu sagen. Schließlich hatten sie und Ozuma ja auch nicht wirklich über Bladebreaker-Angelegenheiten gesprochen, auch wenn das Mädchen es versucht hatte. Jetzt wo sie daran dachte, wusste sie nicht einmal worüber sie genau gesprochen hatten. Es schien eher belanglos. Smalltalk eben. „Und wieso weiß ich davon nichts?“ Tyson schien angesäuert über diese Tatsache. „Du hast nicht gefragt.“, antwortete das Mädchen allerdings trocken. Ein solch stark vom Beschützerinstinkt geleitetes Verhalten kannte sie schon von Robert und seufzte über die Tatsache, dass sie, was das anging, anscheinend vom Regen in die Traufe gekommen war. *** Der erste Kampf war Max gegen Jim. Es dauerte lange und trotz mehrerer Siege auf Max' Seite mussten sie dennoch mit ansehen, wie sein Draciel gefangen genommen wurde. Akira hatte Glück, dass Tyson vorerst abgelenkt war, sonst hätte der wahrscheinlich auch Ozuma, als er mit seinem Team nach dem Kampf wieder auftauchte, noch einen Spruch wegen vorhin reingedrückt. Auch die folgenden Matches waren spannend, doch letztendlich konnten die Bladebreakers die Aufgabe bewältigen. Schneller als sie jedoch reagieren konnten, fing das Gebäude an Stück für Stück zu kollabieren. Sie schafften es glücklicherweise noch rechtzeitig nach draußen, doch Tyson und Max waren immer noch darin. Akira stockte, als das Gebäude endgültig zusammenbrach. „Tyson... TYSON! Scheiße!“ Sie konnte nicht glauben, dass er darunter verschüttet sein sollte und mit einem Satz war sie schon nach vorne gesprungen, fest entschlossen ihren Cousin zu finden. Durch die Rauchwolken sah sie jedoch wenige Sekunden später seine und Max' Statur auf sie zu rennen. Ihr Gesicht hellte sich auf, auch der Rest war sichtlich erleichtert. Mit Tränen in den Augen lief sie ihnen entgegen und Tyson konnte sie nur geradeso abfangen, während er selbst fast das Gleichgewicht verloren hätte. „Hey, uns geht’s gut. Keine Sorge.“, lachte er schließlich und Akira löste sich leicht von ihm. „Scheiße, warum stellt ihr auch sowas an??“ Immernoch mit feuchten Augen schnappte sie sich schließlich auch Max und hing mit beiden gleichzeitig in einer Umarmung. Nach kurzer Zeit löste sie sich endgültig. „Sorry.“ Leicht zitternd wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht und lächelte die beiden an. Tyson grinste schelmisch und schließlich wurden sie auch von den anderen begrüßt. Hinter den beiden hatten es die Saint Shields auch in ganzen Stücken aus den Ruinen geschafft. Akira konnte sich denken, dass sie zusammen geflohen sein mussten. „Danke...“ Ihre Stimme war brüchig und Ozuma strich ihr kurz über den Schopf, als er mit den anderen an ihr vorbei gingen. Die indirekte Kriegserklärung der Saint Shields an die Bladebreaker, die darauf folgte, kam dementsprechend überraschend. //Was...?// Am Abend waren alle wieder bei den Grangers. Akiras Nerven lagen blank, es war einfach schon wieder zu viel geschehen. Eigentlich wollte sie nur noch duschen und ins Bett, doch ihr Cousin hatte ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Während die anderen noch etwas den Tag ausklingen lassen wollten, war er ihr gefolgt und stoppte sie auf dem Engawa noch bevor sie ihr Zimmer betreten konnte. „Du schuldest mir noch eine Erklärung.“ Irritiert drehte sie sich um. „Was?“ „Du weißt schon. Wegen Ozuma. Er ist unser Feind, vergiss das nicht.“ Warum musste er gerade jetzt wieder damit anfangen? „Er ist gar nicht so übel. Außerdem, was soll da schon sein?“ Ein genervtes Seufzen folgte und Akira massierte sich die Schläfen. So froh sie auch war, dass ihr Cousin den Tag überlebt hatte, warum konnte er es nicht einfach lassen? Sie wusste doch selbst nicht mal, wie man das bezeichnen konnte, was da zwischen ihnen beiden war. Dafür war alles einfach zu konfus. „Du hast doch gehört, was er gesagt hat.“, bohrte er weiter. „Und streite ja nicht ab, dass da was ist. Das sieht doch jeder Blinde!“ Jetzt hatte er sie wütend gemacht. „Was geht es dich überhaupt an? Es ist doch wohl meine Sache, wenn ich ihn nett finde.“ „HAH! Du gibst es also zu!“ Tyson wurde lauter und baute sich auf. „Der verarscht dich doch nur. Und du fällst voll darauf rein!“ Das reichte. „Das sagt der Richtige! Lässt dich selbst nach Strich und Faden von Kai verarschen und nimmst ihn wieder auf, als wäre nichts gewesen, wenn er wieder angekrochen kommt!“, brüllte sie nun zurück. Sie hatte drastische Worte gewählt, doch jetzt war es raus. Eigentlich hatte sie es ihrem Cousin ja nicht sagen wollen, dass sie Kai immer noch irgendwo misstraute, doch der Ärger und ihre schwache mentale Verfassung taten ihr Übriges. Es stimmte, dass sie allmählich begann seinen Charakter zu verstehen, doch seltsam kam er ihr immer noch vor. Sein komisches hin und her zwischen Eisklotz und loyalem Freund verwirrte sie ungemein. „Du willst ihn doch nicht ernsthaft mit Ozuma vergleichen?! Kai ist mein Freund, wie kannst du so von ihm reden?“ „Und wie kannst du es wagen mich so an den Pranger zu stellen, wenn es dich gar nichts angeht?!“ Beide schrien sich regelrecht in Rage. Akira ballte die Hände zu Fäusten, sie bemerkte gar nicht, wie nahe sie am Rande eines Ausbruchs stand. „Du spinnst doch! Ich dachte du hättest ein besseres Urteilvermögen was Le-...“ Tyson kam gar nicht so weit seinen Satz zu beenden, da hatte ihm Akira auch schon mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen. Er landete mit einem dumpfen Aufprall auf dem Hintern und schaute sie schockiert an. Das Mädchen wollte weiter auf ihn losgehen, merkte jedoch was da wieder mit ihr passierte. „Scheiße... Tyson...“ Die Worte pressten sich nur gerade so heraus und sie auf die Knie ging und anfing heftig zu schnauben. Erst jetzt realisierte wie sehr ihr Körper zitterte und sich nach Druckabbau sehnte. Verzweifelt krallte sie sich wieder in ihre Unterarme. „Tyson... es tut mir Leid...“ Ihre Stimme war nicht mehr als ein Hauchen. //Nein nein nein!!!// Mit dem Kopf sank sie bis auf den Boden und schrie, damit der Druck wenigstens etwas nachließ. Ein Poltern folgte und sie konnte hörte wie die anderen dazu kamen. „Was...?“ //Scheiße... scheiße...// Ein weiteres Mal an diesem Tag füllten sich ihre Augen mit Tränen und mit einem Ruck wurde ihr Oberkörper nach oben gerissen. Ray hatte sie gepackt und versuchte ihre verkrampften Hände zu lösen. „LASS MICH LOS!“, schrie sie weiter. Sie wollte nicht noch jemanden verletzen. Max kam hinzu um Ray zu helfen, doch gerade, als sie es schafften ihre Arme von der Penetration ihrer Fingernägel zu befreien, stieß sie ihn mit einer solchen Wucht weg, dass er ebenfalls rücklings auf dem Boden landete. Ein weiterer Schrei folgte und sie fiel wieder vornüber, die jetzt freie Hand in den Stoff ihres Shirts krallend. Im nächsten Moment kam Kai dazu und er und Ray hatten sie bald fest im Griff. Max schüttelte sich, mit so einer Kraft hatte er ehrlich gesagt nicht gerechnet. „AKIRA! Reiß dich zusammen!“ Ray versuchte zu ihr durchzudringen, doch sie wehrte sich. So schlimm war es lange nicht mehr gewesen. Tyson hatte sie aber auch wirklich gekonnt provoziert. Tiefe Schluchzer folgten und ließen ihren Körper beben. Ihr Kopf war so voller Emotionen, dass es unmöglich schien an ihre Entspannungstechniken zu denken... So viel zu ihrem Training. Ein paar weitere Male versuchte sie sich aus den Griffen der Jungs zu winden, doch zu ihrem Glück vergeblich. Minuten verstrichen und sie schaffte es sich einigermaßen zu beruhigen, bis sie fast schon wie ein nasser Sack zwischen den beiden hing. „Es tut mir so Leid...“ Ray und Kai ließen vorsichtig los, bereit sie wieder zu packen, sollte sie abermals die Fassung verlieren. Akira stützte sich auf einem Arm ab, die andere Hand versuchte ihre Schluchzer zu dämpfen. „Es tut mir so Leid, Tyson... Das wollte ich nicht...“ Ihr Cousin starrte sie währenddessen immer noch schockiert an. Er hatte gewusst, dass so etwas passieren könnte, doch hatte sie sich doch bisher immer so gut im Griff gehabt, dass es für ihn immer schien, als wäre das Problem gar nicht so schlimm. „Aki...“ Auch seine Stimme war hauchdünn und er reichte mit der Hand nach vorne, um ihr zu zeigen, dass er in Ordnung war. Seine schmerzende Nase ignorierte er dabei. „Ty...“ Den einen Meter Differenz hatte sie vorsichtig überwunden, nachdem sie gemerkt hatte, dass er ihr nicht böse war. Tyson griff nach ihr und zog sie zu sich heran. „Ist alles okay. Nichts passiert.“, versuchte er sie zu aufzumuntern. Wie an einen rettenden Strohhalm klammerte Akira sich nun an ihn. „Es tut mir Leid... Es tut mir so Leid... Bitte verzeih mir...“ Ihr Körper bebte immer noch und sie vergrub das feuchte Gesicht in seiner Schulter. Die sprachlosen Gesichter der anderen bekam sie dementsprechend auch nicht mit. Keiner von ihnen hatte je mit sowas gerechnet, so war Tyson der einzige von ihnen, der von ihrer Schwäche wusste. „Hey, mir geht es wirklich gut. Es ist alles in Ordnung.“ Tyson hatte seine Lektion gelernt, niemals Akira provozieren. Es dauerte noch eine Zeit, bis sich das Mädchen komplett beruhigt hatte. Sanft strich er ihr über den Rücken und langsam löste sie sich wieder aus der Umarmung, wischte sie sich fahrig über die Augen. Erst jetzt sah sie die tiefen Striemen. Durch das ganze Gezerre sah es sogar noch schlimmer aus, als beim letzten Mal, obwohl es diesmal nicht so lange gedauert hatte. Erneut schossen ihr die Tränen in die Augen. „Scheiße...“ „Aki-chan...“ Es war Hilary, die sich als erste der anderen traute näher zu treten. Sich neben die beiden hockend fasste sie dem anderen Mädchen sanft an den Arm. Akira schaute auf, in dem Moment wurde ihr bewusst, dass alle es mitbekommen haben. Ängstlich sah sie auch zu den vier Jungs, die sie immer noch wortlos anschauten. „Leute... es... es tut mir so Leid… Ich-...“ Voller Scham schlung sie die Arme um ihren eigenen Körper, damit man die Wunden nicht sehen konnte. Aber sie waren dennoch da, das Brennen war Beweis genug. Max löste sich von seiner Position und kam auf allen Vieren nach vorne gekrabbelt. „Mach dir keine Sorgen.“ Er versuchte zu lächeln um ihre Stimmung etwas aufzuheitern. „Max... Hab ich dir weh getan? Es tut mir so Leid, dass ich dich gestoßen hab’.“ Sie traute sich gar nicht näher aus Angst, dass sie abgewiesen wurde. Doch schnell musste sie merken, dass dies nicht der Fall war. „Jetzt hör endlich auf sich ständig zu entschuldigen. Es ist nicht passiert.“ Mit diesen Worten richtete sich Max auf und zog sie ebenfalls in eine halbe Umarmung. „Wichtiger ist jetzt, dass du in Ordnung bist.“, sagte er schließlich und tätschelte ihren Kopf. „Max...“ Akira konnte es gar nicht glauben. Sie hatte mit allem gerechnet. Spott, Verachtung, Angst, aber nicht damit. Und Max blieb nicht alleine, auch Ray hockte sich dazu, während Kai und Kenny dahinter standen. „Keine Sorge, so leicht wirst du uns nicht los.“ Die anderen nickten zustimmend. Hätte sie noch Tränen übrig, wären diese spätestens jetzt raus. „So, wir zwei gehen jetzt erstmal ins Bad und kümmern uns um deine Verletzungen.“, sagte Hilary schließlich und lächelte aufmunternd. Akira konnte gar schnell genug reagieren, da hatten ihr alle schon Platz gemacht und Tyson sie zusammen mit Hilary auf ihre wackeligen Beine gezogen. Im nächsten Moment stand sie in der wärmenden Dusche. Hilary war währenddessen in ihrem Zimmer neue Kleidung am zusammensuchen. Wirklich viel hatte sie mit dem anderen Mädchen noch nicht gemacht, außer ihre gemeinsamen Abenteuer zusammen mit den Jungs und natürlich das letzte Wochenende in Kyoto. Gemocht hatte sie sie jedoch schon seit Anfang an. Es war beruhigend zu sehen, dass sie nicht alleine war, wenn sie Tyson wieder auf den Boden der Tatsachen herunterholen musste. Vorsichtig löste sie ihre Hände von der Wand, wo sie waren um nicht zu viel Wasser abzubekommen. So gut das warme Nass auch tat, es brannte höllisch auf ihren Wunden. Immernoch konnte sie nicht glauben, was vor nur wenigen Minuten passiert war. Sie hatte immer vorgehabt es den anderen mal zu erzählen, hatte allerdings irgendwie nie die richtige Situation während der letzten Monate gefunden. Und jetzt hatten sie es auf die brutalste Art und Weise herausfinden müssen. //Ich muss mit ihnen reden und das wieder gerade biegen...// Der Wasserstrahl versiegte und sie stieg aus der Dusche um sich abzutrocknen. Ein Klopfen signalisierte, dass Hilary ebenfalls soweit war. Nachdem Akira sich also in ein Shirt und Shorts geschmissen hatte, saßen die beiden auf dem Boden, während Hilary ihre Arme verarztete. Das Blut hatte die Wunden zum Glück doch schwerwiegender aussehen lassen, als sie eigentlich waren. Die Kratzer waren zwar tief, aber nicht so, dass sie ins Krankenhaus gemusst hätte. „Hast du das häufiger...?“, fragte Hilary schließlich in die Stille. „Nicht mehr, das war früher schlimmer. Da habe ich's allerdings immer raus gelassen und nicht versucht mich selbst so aufzuhalten“ Akira biss sich auf die Lippe. Das andere Mädchen versuchte zwar ihr Bestes, doch weh tat es dennoch. „Ich war ziemlich gestresst von heute und dann fing Tyson mit diesem blöden Thema an. … Ich hab garnicht gemerkt, wie weit ich schon war, als...“ Auch ihr Herz schmerzte. Damals hatte sie Robert zwar auch ab und an bei ihren Ausfällen erwischt, er wusste jedoch davon und war entsprechend immer darauf vorbereitet gewesen. Tyson hingegen hatte sie eiskalt erwischt, der Schock in seinen Augen hatte Bände gesprochen. Währenddessen merkte sie nicht, wie sie genauestens beobachtet wurde. Hilary und auch die anderen hatten einen Teil des Streites mitbekommen, in der Lautstärke war es auch nicht wunderlich. Die Fragen brannten ihr selbst auf den Lippen, doch sie blieb stumm. „Das hätte nicht so weit kommen dürfen...“ Akiras Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. „Hey, ihm geht es gut. Ich schätze, wenn er sein Gesicht etwas kühlt, ist es morgen schon wieder gut.“ Sie leicht zog an Akiras Arm, um die Aufmerksamkeit des Mädchens auf sich zu lenken. „Er war nur überrascht.“, fuhr sie fort und befestigte das letzte Stück Mullbinde mit Tape. „So, fertig. Du solltest da morgen nochmal nach sehen und frische Salbe drauf machen.“, lächelte sie sie an. „Danke, Hilary.“ Akira versuchte auch ein kleines Lächeln. „Quatsch.“ Sie winkte lächelnd ab und wurde dann wieder ernster. „Bist du in der Stimmung auch mit den anderen zu reden, oder willst du direkt ins Bett?“ „Ich...“ Natürlich wollte sie sich am liebsten die nächsten Tage in ihrem Zimmer verkriechen, doch sie wusste, dass das nicht fair wäre. Sie musste den anderen Rede und Antwort stehen, das war sie ihnen wirklich schuldig. „Nein, ist schon okay.“ Hilary musterte sie kritisch. Sie schien, als würde sie sie dennoch jeden Moment ins Bett schicken, doch auch sie wollte mehr wissen. Akira musste erst noch einmal tief durchatmen, bevor sie das Dojo betreten konnte. Sie hatte Angst vor dem Gespräch, doch sie versuchte auch die vorige Reaktion aller im Kopf zu behalten. Sie hatte wirklich Glück solche Freunde zu haben. Sie bemerkte wie Kai etwas abseits an der Wand gelehnt saß, während der Rest in der Mitte einen Halbkreis bildete. Seinen Blick konnte sie ebenfalls auf sich spüren. Er stach regelrecht und sie wusste, was das bedeutete. //Er hat es mitbekommen...// Sie schrumpfte etwas in sich zusammen und setzte sich dazu, während sie es vermied weiter in seine Richtung zu sehen. „Wieder alles okay?“, fragte Tyson, der neben ihr saß und sie besorgt ansah. „Ja... Und du?“ Sein Gesicht untersuchend, stellte sie erleichtert fest, dass es wirklich nicht schlimm sein konnte. Es war nichts geschwollen und bluten tat er auch nicht. „Ich hau’ mir gleich ein Eispack drauf, aber ansonsten geht’s.“ Er versuchte es mit einem Grinsen. Das wirkte allerdings eher schief, weil sein Gesicht dazu dann doch zu sehr schmerzte. Direkt kamen wieder die Schuldgefühle hoch und ihr Blick wanderte Richtung Boden. Erneut versuchte sie tief durchzuatmen. Keiner wollte so recht anfangen, handelte es sich doch um ein sehr sensibles und auch privates Thema. „Kannst... Was genau war das vorhin?“, fragte schließlich Ray. Man merkte, dass er um die richtigen Worte rang. Akira blickte wieder auf und besah sich die neugierigen und auch besorgten Gesichter. Sie suchte nach einem guten Anfang. „Mein Therapeut sagte, man nennt es Wutsyndrom. Einen richtig offiziellen Namen gibt es wohl nicht, aber man kann es als eine mentale Störung sehen.“, begann sie. „Das heißt, dass das eine... Krankheit ist?“ Hilary fragte vorsichtig, nicht sicher ob sie die richtige Wortwahl traf, da sie Akira ja auch nicht beleidigen wollte. „Ja... irgendwie schon. Das ist... wie als wenn ein Schalter im Kopf umgelegt wird und man nicht mehr rational denken kann. Man verliert vollkommen die Kontrolle.“, versuchte sie den anderen ihre Situation und auch ihre Gefühle nahe zu bringen. „Seit wann hast du das?“ Auch Kenny klinkte sich ein. „Mit elf hatte ich meinen ersten Anfall. Ich war wohl nie ganz leicht gewesen, aber ab da wurde es selbst für meine Eltern unerträglich. Deswegen habe ich auch bei Robert gewohnt bevor ich hierher kam. Er hatte Kontakt zu einem guten Psychologen, da der davor mir nicht mehr helfen konnte... Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er mir nur noch Medikamente verschrieben, doch das wollten meine Eltern nicht. Zuhause hatte es allerdings dann auch irgendwann nicht mehr funktioniert und ich habe mich gezwungen gesehen auszuziehen.“ Es tat weh, wann immer sie an die Gesichter ihrer Eltern dachte, als sie es ihnen gesagt hatte. Sie erst 13 gewesen als sie den Entschluss gefasst hatte und ihre Eltern hatten lange gebraucht, um zu akzeptierten, dass es trotz ihren jungen Alters besser war, besonders als die Anfälle mehrfach wöchentlich auftraten. Vor allem ihre Mutter war dadurch an den Rand der Verzweiflung getrieben worden, da sie meist allein mit Akira Zuhause gewesen war, wenn es passiert war. //Das ist jetzt schon über ein Jahr her…// „Ich... Während der Zeit bei Robert habe ich große Fortschritte gemacht. Die Anfälle kamen nur noch in immer größer werdenden Abschnitten.“ Akira hatte begonnen mit ihren Fingern zu spielen. Sie war wirklich nervös. „Wie groß sind die Chancen auf Heilung?“, fragte Max. „Gleich Null.“ Sie erntete große Augen von den anderen. „Ich habe lediglich die Chance zu erlernen, wie ich mich selbst in den Griff bekomme, dass ich mich entweder gar nicht erst aufrege oder weiß, wie ich mich schnell wieder runterfahren kann. Aber das ist ein langer Weg. Als ich hierher kam, hatte ich das als Neustart für mich gesehen. Ich wollte andere Dinge ausprobieren und nicht gleich jedes Mal zum Therapeuten rennen müssen. Deswegen hänge ich mich auch so in das Kendo-Training rein und meditiere täglich.“ Kenny wackelte auf deinem Hintern herum. Er hatte sich schon gewundert, warum sie ihm nicht doch häufiger zur Hand gehen konnte, sondern sich stattdessen alleine in den hinteren Teil des Gartens zurückzog. „Gibt es bestimmte Situationen, die diese Reaktion hervorrufen?“ Tyson wollte wissen, warum genau er es geschafft hatte sie aus der Fassung zu bringen. „Stress und Konflikte sind mein Hauptproblem... besonders wenn es persönlich wird.“ Und damit schaute sie ihn direkt an. Der Streit zwischen ihnen war sehr persönlich gewesen, für sie beide. „Und bei eben war beides der Fall gewesen.“ Das erklärte vielleicht auch die Heftigkeit mit der es aus ihr herausgebrochen war. „Wäre es dann nicht besser, wenn du dir erst die Zeit gibst, bevor du mit uns zusammen bist? Ich meine... seien wir mal ehrlich, wir erleben eine Menge Stress. Und so wie ich euch beide einschätze, könnte es auch öfters knallen.“ Eigentlich wollte Ray den Vorschlag gar nicht raus lassen, doch irgendwo stimmte es schon. „Mich verschanzen wäre das Schlimmste, was ich tun könnte. Das Leben ist voll von Stresssituationen und wenn ich mich denen nicht auch aussetze, werde ich es nie wirklich lernen. Außerdem bin ich nicht hier hingekommen, um die ganze Zeit alleine in meinem Kämmerchen vor mich hin zu vegetieren.“ Akira versuchte ein kleines Lächeln. Ein weiterer Grund war zudem, dass sie die Bande wirklich lieb gewonnen hatte. Auch und vor allem ihren nervigen Cousin. „Es tut mir wirklich leid, dass ihr es so erfahren musstet. Ich hatte ehrlich vorgehabt es euch zu sagen.“ Sie senkte ihren Kopf um ihrer Entschuldigung Deutlichkeit zu verleihen. „Hey, wir können alle verstehen, dass es schwer ist darüber so offen zu reden. Und wie gesagt, es ist nichts Schlimmeres passiert.“ Hilary nahm Akiras Hand in ihre, um sie zu ermuntern sich nicht so viele Sorgen zu machen. „Ja... dank euch.“ Sie spielte auf Ray, Kai und auch Max an. Letzterer hatte zwar nicht so viel Erfolg gehabt, aber dennoch. Wären sie nicht gewesen, hätte sie nicht gewusst wie weit sie ihr Körper mit der Selbstverletzung getrieben hätte. „Das ist doch selbstverständlich. Vergiss nicht, wir sind Freunde.“ Max grinste sie breit an und auch die anderen stimmten mit ein. Akira merkte, wie ihre Augen wieder feucht wurden. „Ahhh, jetzt bringt ihr mich schon wieder zum Weinen!!“, lachte sie und erntete herzhaftes Lachen, während ihr Cousin sie halb in eine Umarmung zog. Kapitel 6: Backlash (V-Force) (Update) -------------------------------------- Einen Tag nach dem Zwischenfall hatte Akira Robert angerufen. Sie hatte sich nicht getraut mit ihren Eltern darüber zu sprechen, da sie befürchtete, dass sie sie zurück nach Deutschland holen wollten, doch sie musste zumindest mit ihrem besten Freund darüber reden. Es tat auch noch mal gut seine Stimme zu hören. „Na, was macht mein nerviger Flummi?“ Akira musste grinsen. Er hatte sie nicht mal wirklich begrüßt, da fing er schon mit der Neckerei an. „Hüpft fröhlich durch die Weltgeschichte.“, antwortete sie und hörte ihn schnauben. „Hab’ gar nichts anderes erwartet. Wie geht’s dir?“, fragte er anschließend. „Soweit okay. Die Schule läuft, Training auch...“ „Aber?“ Wie immer las er gekonnt zwischen ihren Zeilen. Und das sogar ohne ihren Gesichtsausdruck zu sehen. „... Ich hatte gestern einen krassen Ausraster... Ich habe sogar Tyson geschlagen.“ Sie zog die Bettdecke über die Schultern während sie sich im Schneidersitz vor den Laptop und auf ihr Bett setzte. Man merkte immer mehr, dass es Herbst war. „Wie schlimm war es?“ Robert wurde ernst. „Wären die anderen nicht da gewesen, sehr schlimm... Ich... ich hatte so Angst vor den Konsequenzen, dass ich angefangen habe mich selbst zu verletzen.“ Akira schluckte und starrte auf ihre verbundenen Arme. „Aki...“ Ja, sie wusste es doch selbst. „Es lief so gut die letzten zwei Monate und dann das...“ Unweigerlich schossen ihr die Tränen in die Augen. „Hey, Kleines. Du weißt doch, dass das nicht von heute auf morgen geht. Was ist denn eigentlich passiert?“ Natürlich wusste sie das, dennoch... Eigentlich war es ihre eigene Schuld gewesen, dass sie fast schon unvorsichtig geworden war. „Es war ein stressiger Tag und dann hatte ich mich mit Tyson in der Wolle und ich hab blöde Sachen gesagt und er hat blöde Sachen gesagt... Es kam eins nach dem anderen und plötzlich war es schon passiert. Ich habe ihn damit so überrumpelt und die anderen waren auch geschockt.“ Müde rieb sie sich die Augen und versuchte nicht schon wieder anzufangen zu weinen. „Was haben sie gesagt?“ „Dass ich mich nicht sorgen soll und ja nichts wirklich passiert sei. Sie hatten alle Verständnis für meine Situation, besonders nachdem ich alles erklärt hatte.“ „Moment... Sie wussten es nicht??“ „Tyson wusste es, aber er hat nicht geahnt, was passieren kann und bei den anderen... Ich hatte es vor gehabt, aber ich hatte irgendwie keine Gelegenheit gehabt.“ Jetzt kamen wieder die Schuldgefühle hoch. „Aber es ist alles okay?“ „Ja... aber ich habe jetzt so verdammte Angst, dass das nochmal so heftig passieren könnte.“ Traurig zupfte sie an einer Ecke ihrer Decke herum. „... Dann komm wieder zurück.“ Sie wusste, dass er sie nur aus ihren Selbstzweifeln herausziehen wollte. Aufgeben war nicht eine ihrer Eigenschaften. „Du weißt, dass das nicht passiert.“, lachte sie leise und ließ die Decke wieder in Ruhe. „Ja, ich weiß.“, lachte er zurück „Du schaffst das schon. Es ist schon weitaus weniger geworden, seit du da bist.“ „Das stimmt... Danke, Robert.“ Sie hatte unglaubliches Glück ihn zu haben. Er schaffte es immer wieder sie aufzubauen. „Wofür?“ Wieder ein Lachen. Sie redeten noch eine ganze Stunde lang und Akira war froh über die Ablenkung. Wie es aussah, würden die Majestics im kommenden Jahr nicht an der Weltmeisterschaft teilnehmen, dafür hatten die vier mit anderen Projekten alle Hände voll zu tun, doch sie hatte sowieso versprochen während der Sommerferien im nächsten Jahr nach Europa zu fliegen. So konnte sie sie wenigstens trotzdem sehen. Nachdem sie aufgelegt hatte, wanderten ihre Gedanken zu dem Streit zwischen Tyson und ihr. Akira hatte sich fest vorgenommen Kai demnächst zur Seite zu nehmen und mit ihm über das zu reden, was sie gesagt hatte. Niemand hatte es zwar angesprochen, doch sie merkte, dass alle ihre Meinung zu dem Ältesten des Teams mitbekommen hatten. Sie versuchte ihre Gedanken klar zu ordnen. Klar kam ihr der stille Junge komisch vor, seine Aktion in Russland vor einigen Monaten sprach auch nicht gerade für ihn, aber Tyson hatte Recht. Er vertraute ihm, genauso wie der Rest. Und Kai hatte mittlerweile sehr wohl bewiesen, dass er loyal sein konnte. Warum sollte sie es also nicht versuchen ihm tatsächlich eine faire Chance zu geben? Bis auf die gemeinsamen Aktionen mit allen zusammen, hatte sie ja auch generell nicht viel von ihm mitbekommen. Der Herbst war voll im Gange und das in seiner vollen Pracht. Akira erfuhr zum ersten Mal hautnah wie wunderschön der Herbst in Japan war. Überall waren feuerrote und strahlend orangene Bäume, zwischen deren Blättern zumeist Sonnenstrahlen hindurch glitten und den kälter werdenden Temperaturen wenigstens etwas Wärme zurückzugeben. Beim Ausflug nach Kyoto hatte sie ja schon einen kleinen Eindruck bekommen, aber der farbenfrohe Anblick jetzt hier in Tokyo war wahrlich atemberaubend. Der Herbst, den das Mädchen aus Deutschland kannte, war grau-braun, matschig, nass und kalt. ‚Ekelwetter‘ hatte Robert den Zustand auch des Öfteren genannt. Sie notierte sich mental ihren Freund das nächste Mal darauf hinzuweisen sie mal in dieser Jahreszeit hier besuchen zu kommen. //Je nachdem wie lange ich hier bleiben werde...// Seit sie her gekommen war, hatte sich das Mädchen keine Gedanken mehr darum gemacht, wie lange sie bleiben würde oder ob sie irgendwann wieder zurück zu ihren Eltern oder sogar zu Robert gehen würde, aber die Rückschläge hatten wieder Selbstzweifel in ihr aufkommen lassen. Seufzend schüttelte sie ihren Kopf, wollte so die Gedanken wieder loswerden. Es war sicher besser das Thema erst einmal ruhen zu lassen und einen Schritt nach dem anderen zu machen. Zunächst galt es ihre Emotionen ordentlich in den Griff zu bekommen. Danach könne alles weitere folgen. Seit ihrem Ausraster waren einige Wochen vergangen. Wochen, in denen nichts passierte. In denen keine Konflikte mehr aufgetreten waren. Aber in denen auch kein weiteres, klärendes Gespräch hatte stattfinden können. Der Schreck von dem Tag lag wie ein unsichtbarer Schleier auf Akiras Gemüt. Es hing ihr immer noch nach, was da passiert war beziehungsweise was sie vor ihrem Cousin verlauten ließ. Das Training der Bladebreakers ging zwar seinen gewohnten Gang, doch viel Zeit für Konversation gab es nicht. Das Mädchen war sich allerdings nicht so ganz sicher ob es daran lag, dass Kai ihr aus dem Weg ging, oder sie auch erst den Mut aufbringen musste den Älteren darauf anzusprechen. Doch letzteres wollte sich Akira auch nicht wirklich eingestehen. Sie war tough, hatte eine große Klappe und plädierte stets lautstark dafür das Richtige zu tun. Dass sie trotzdem haderte, wenn auch nur ein wenig, ärgerte sie selbst zutiefst. Sie wollte es endlich aus der Welt schaffen, doch die Unwissenheit vor Kais Reaktion verunsicherte sie unwillentlich. Er war wie ein Buch mit sieben Siegeln. Gedankenverloren saß sie auf ihrem Bett und beobachte Mica, der sich lang gestreckt auf ihrem Bett räkelte. Man merkte, wie er die Wärme in ihrem Zimmer genoss und Akira musste sich zurückhalten dem Kater nicht in den plüschigen Bauch zu stupsen und somit seinen Schlaf stören. Seufzend ging sie hinaus direkt auf den Engawa. Da sie wusste, dass Tyson und die anderen bald Heim kommen und sie sicher auch Hunger bekommen würden, wollte sie schon mal ein wenig vorbereiten, damit ihr Großvater nicht die ganze Arbeit hatte. Akira hätte es zwar nicht gedacht, aber sie hatte richtigen Spaß am Kochen gefunden. Noch bevor sie jedoch das Wohnzimmer mit Zugang zur Küche betreten konnte, sah sie in entgegengesetzte Richtung Kai im Schneidersitz auf dem Boden des offenen Balkons, Dranzers Einzelteile am Säubern. Eigentlich dachte sie, dass sie alle zusammen unterwegs waren. Umso überraschter blickte sie nun in seine Richtung. Akira überlegte kurz, schüttelte anschließend ihren Kopf. //Wenn nicht jetzt, wann dann?// „Kai?“ Er schaute kurz auf, um sich anschließend weiter auf seine Aufgabe zu konzentrieren. „Hm?“ „Hast du kurz Zeit? … Ich möchte mit dir reden.“ Sie merkte, wie er für kurze Zeit stoppte. Doch er blieb still und das übersetzte sie einfach mal als stille Zustimmung. Sie trat vorsichtig näher und setzte sich neben ihn. Die richtigen Worte zu wählen, war gar nicht so einfach. Akira seufzte leise. Warum war das so hart? „... Es tut mir Leid, was ich letztens über dich gesagt habe.“, begann sie und versuchte seinen Gesichtsausdruck zu deuten. Jetzt um den heißen Brei herumzureden, brachte sie nicht weiter, also kam sie direkt zum Punkt. „Das war nicht fair dir gegenüber.“ Es dauerte ein paar Sekunden, doch schließlich reagierte er. „Wieso sollte es mich interessieren, was du von mir denkst?“ Seine Worte waren ruhig. Es war geradezu faszinierend, dass eine derart schnippische Aussage so gleichgültig geäußert werden konnte. Doch das Mädchen versuchte sich auf das eigentliche Thema zu konzentrieren, statt sich wieder über sein Verhalten aufzuregen. Das waren Gedanken, die an dieser Stelle und mit ihrer eigentlichen Intention völlig deplatziert waren. Auch wenn es ihr schwer fiel. „Weil wir ein Team sind und da sollte es solche Gedanken nicht geben.“ Eigentlich hätte sie es wirklich besser wissen sollen. Hatte Tyson nicht oft genug von der Wichtigkeit des Teamgeistes gepredigt? Kai blieb erneut stumm und begann Dranzer wieder zusammen zu bauen. „Weißt du, als ich euch alle kennengelernt hatte, hat es nicht lange gedauert bis du plötzlich das Lager gewechselt hattest. Das war meine erstes Bild von dir – deinem Team den Rücken kehrend ohne darüber nachzudenken.“ Wieder stockte er, diesmal jedoch länger. „Du weißt, dass ich das selbst als großen Fehler ansehe, oder? Ich bin nicht gerade stolz auf das, was ich da getan habe.“ Er sah endlich auf und ihr direkt in die Augen. Sie hatte anscheinend wirklich einen wunden Punkt in ihm erwischt. Plötzlich überkam sie ein schweres Schuldgefühl – noch mehr als sie sowieso schon hatte. Er versuchte weiter zu machen, doch Akira nahm ihm Dranzer aus der Hand. Die neuen Teile, die sie zusammen mit Kenny rausgesucht hatte, schienen ihm im Zusammenbau zu irritieren. Mit einem kleinen Kniff hatte sie es allerdings geschafft. „Du musst es erst drehen und anschließend einrasten lassen.“, erklärte sie und legte den Blade wieder in Kais Hand. „Ich habe trotzdem an dir gezweifelt. Ich weiß, dass das falsch war und ich entschuldige mich nochmals dafür.“ Er sah sie lange an, musterte ihr Gesicht auf der Suche nach versteckter Unaufrichtigkeit. Doch er fand nichts. Tyson und sie wussten gar nicht wie ähnlich ihre Charaktere eigentlich waren. Dass die beiden sich jedoch erst vor ein paar Monaten richtig kennen gelernt hatten, machte es etwas unheimlich. Er wand sich erneut seiner Aufgabe zu. „Ist schon okay.“, sagte er schließlich. Seine Stimme war so neutral, dass Akira seine Antwort nicht recht einzuordnen wusste. Und schon wieder verwirrte er sie. Sie vermied einen weiteren Kommentar und stand wieder auf. Das Thema war damit noch nicht völlig abgehakt, das wusste sie. Doch sie wollte nicht wieder einen solch großen Fehler begehen. Vertrauen war das höchste Gut in einem Team. Und Kai war Teil der Bladebreakers, genau wie sie es war. Weihnachten stand vor der Tür und die Zeit war sogar noch härter, als Akira dachte. Sie vermisste ihre Eltern. Es war das erste Mal, dass sie die Feiertage nicht bei ihnen verbrachte. Selbst als sie bei Robert wohnte, war sie über diese Zeit zu ihren Eltern gefahren. Das Haus war etwas ruhiger geworden, da der Rest ebenfalls Heim gefahren war. Akira saß im Wohnzimmer am Tisch versuchte mit warmem Tee gegen die Winterkälte anzukommen, die Füße unter den wohlig warmen Kotatsu gesteckt. Sie wusste nichts so recht mit sich anzufangen. Tyson und ihr Großvater waren unterwegs am anderen Ende der Stadt ein paar Einkäufe erledigen, während sie sich um die Weihnachtsdeko gekümmert hatte, doch das war schneller erledigt, als sie dachte und nun saß sie hier und hing ihren Gedanken nach. „Aaach, das ist doch langweilig!“ Der Rest ihres Tees war schnell geleert und sie stand auf. Wenn sie schon hier herum hockte, konnte sie auch gleich ins Dojo etwas trainieren gehen. Prompt ging sie in ihr Zimmer und wechselte in ihren Hakama. Sie hatte sich gerade umgezogen, als sie etwas von draußen hörte. Mica, der auf ihrem Bett lag, schaute ebenfalls auf. //Tyson und Opa können das nicht sein, die sollten erst später Heim kommen...//, dachte sie und öffnete vorsichtig die Tür in den Engawa des alten Hauses. Sie sah niemanden und trat schließlich ganz in den Gang. Es war wieder leise und sie blickte über den Garten, bis sie Ozumas Statur im gefrorenen Gras an der Hauswand stehend entdeckte. „Meine Güte, von normalen Auftritten hältst du auch nichts, was?“ Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie angespannt war, bis sich ihre Schultern wieder senkten und sie tief durchatmete. „Nein, das ist langweilig.“, sagte er grinsend und löste sich von seiner Position. „Tyson ist nicht da. Und der Rest auch nicht.“, sagte sie und schloss die Schiebetür hinter sich, damit nicht noch mehr Wärme nach draußen verloren ging. „Ich weiß.“ Eigentlich wollte sie schnell ins Dojo, die Luft war eindeutig zu kühl für den dünnen Stoff ihrer Kleidung, doch sie stockte. „Warum bist du dann hier?“, fragte sie schließlich und sah ihn an. Sie erinnerte sich noch genau an die Worte der Saint Shields vor ein paar Monaten. Sie wollten ernst machen und den Bladebreakers ihre BitBeasts weg nehmen. „... Einfach so.“ Ozuma zuckte mit den Schultern und das Mädchen musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen. „Willst du Tyson ausspionieren?“ Egal wie sie es drehte und wendete, es ergab keinen Sinn, doch Ozuma lachte. „Nicht wirklich. Ich weiß schon alles, was ich wissen muss.“, meinte er schließlich und trat näher. Akira wusste nicht recht, wie sie reagieren sollte. Sie wusste, dass er und sein Team hinter den BitBeasts der Jungs her waren und dann war da dieses seltsame Verhalten ihr gegenüber, was überhaupt nicht dazu passte. Die Neugier packte sie und sie kniete sich auf den Holzboden, vielleicht konnte sie dem Jungen ja doch noch ein paar Informationen entlocken. „Und was willst du dann?“, fragte sie und sah ihm dabei zu, wie er sich ebenfalls auf den Boden des Engawa setzte. „Nichts besonderes. Ich habe dich lange nicht mehr gesehen und mich gewundert, was du machst.“ Ozuma hatte einen leicht wunden Punkt angesprochen. Es war wahr, dass sie sich nach ihrem Ausbruch etwas im Haus verschanzt hatte, um noch besser an ihren Entspannungsübungen zu feilen, damit sie in der Lage war sich in kritischen Situationen eher daran zu erinnern. Doch auch ihre Freunde und Tyson hatten einen kleinen Teil dazu beigetragen, da sie, wenn auch unbewusst, versuchten sie vor brenzligen Situationen zu bewahren. Ihr war schon ein paar Mal aufgefallen, dass sie in letzter Zeit seltener bei ihren kleinen Abenteuern dabei gewesen war. Akira merkte, wie sie sich verändert hatten. Vor allem Tyson, da der plötzlich Streitsituationen aus dem Weg ging. Sie vermisste sogar die kleinen Neckereien zwischen ihnen. „Ich hab viel um die Ohren.“, wich sie aber stattdessen aus. Gelogen war es nicht, da sie auch mit der Schule genug zu tun hatte, die doch mehr Zeit mit Vorbereitung und Lernerei raubte, als sie es gewohnt war. „So viel, dass du nur noch selten beim Training eures Teams dabei bist?“ Sie stockte. Wieder überlegte sie was das hier zu bedeuten hatte. „... Spionierst du etwa MIR nach??“ Doch sie erntete wieder nur ein Lachen. „Nein, das hab’ ich per Zufall herausgefunden.“ „Bist du dir sicher? Langsam glaube ich wirklich du spionierst mir nach...“ Akira lehnte sich etwas nach vorne, um besser in sein Gesicht sehen zu können. Sie suchte nach etwas, was seine Gedanken verraten könnte. „Willst du, dass ich dir nachspioniere?“, fragte er jedoch und sah sie direkt an. Es blitzte in seinen Augen und Akira entging das nicht. „Ich bin nicht unbedingt ein Fan von Stalkern... Sag mal... was genau hast du vor?“ Sein Blick wechselte von amüsiert zu irritiert. „Was meinst du?“ „Das hier. Du drohst unserem Team und kommst dann hier her, weil du dir laut deiner Aussage Sorgen um mich machst. Was soll das?“ Sie musste endlich wissen, woran sie war. Klar mochte sie den Jungen irgendwo, doch... im Grunde genommen war er einer ihrer Rivalen, da hatte Tyson schon recht. „Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun.“, meinte er als sei es das Normalste der Welt. „Hat es wohl. Du kommst mir fast schon vor, als hättest du eine gespaltene Persönlichkeit. Du verhältst dich so grundverschieden.“ Sie musterte ihn kritisch. „Ich kann dich beruhigen, mit mir ist alles in Ordnung. Ich kann lediglich Auftrag von Privatem unterscheiden.“ Er war sichtlich amüsiert von ihrer Verwirrtheit. Eigentlich war ‚verwirrt‘ gar kein Ausdruck für das Gefühl, das der Junge Akira bereitete. Sie war immer von Jungs umgeben, ihr bester Freund war ebenfalls männlich. Doch das hier war völlig unbekanntes Terrain. Diese Neckereien, diese Blicke. Akira hatte sowas noch nicht erlebt. Das Schlimmste jedoch war eigentlich, dass es ihr zugleich auch gefiel. Und das, wie sie wusste, sehr zum Ärger von Tyson. „Du bist bescheuert.“ Schließlich musste auch Akira leise lachen und stupste ihn an. „Ich weiß“ Grinsend strich er ihr über den Schopf. In ihr schrie alles danach sich gegen seine Berührung zu lehnen, nur eine leise Stimme rief ‚Verrat‘. Sie öffnete den Mund, doch vergaß gleich wieder, was sie eigentlich sagen wollte, als Ozuma ihr etwas näher kam. „Akira, bist du da?... Ehm-...“ Kenny kam gerade um die Ecke, als er sie sah. Geschockt schoss ihr Blick zu ihm rüber. „Verdammt...“ Akiras Stimme war nur ein Flüstern, doch sie war sich sicher, dass Kenny auch das gehört hatte. Ozuma hatte sich wieder entfernt und stand auf. Sie tauschten einen kurzen Blick aus und dann war er auch schon verschwunden. Erst jetzt fiel ihr auf, wie kalt ihr eigentlich war. Auch sie erhob sich wieder und schlang die Arme um den Körper. Mit schuldig gesenktem Blick ging sie ihrem Freund entgegen. „Ich sag‘ nichts...“ Kennys Worte hallten in ihrem Kopf wider und sie sah ihn entschuldigend an. Sie beide wussten, dass das nicht gut enden würde, wenn Tyson davon erfuhr. „Danke...“ Die Feiertage waren vorbei und Akira hatte schon wieder die ersten Tage Schule hinter sich. Es war Wochenende und die ganze Gruppe hatte sich wie gehabt bei den Grangers getroffen. Trotz der Kälte wollten sie ihr Training wieder aufnehmen. Akira freute sich schon. Während der Ferien hatte sie etwas an Dragoon herumgetüftelt. Tyson hatte ihn nur widerwillig herausgegeben, doch er hatte mittlerweile immer mehr Vertrauen in ihr Können. Wenn sie auch bei den letzten Trainingseinheiten seltener dabei gewesen war, so hatte sie in der Zwischenzeit weiter recherchiert und ihre Kenntnisse erweitert. Und das sogar noch intensiver als zuvor, um wenigstens ihre Abwesenheit wieder gutzumachen. Dass sie zugleich auch noch für die Schule lernen musste, machte es auch nicht leichter. Manchmal fragte sie sich wie die anderen den Spagat schafften. Doch auf der anderen Seite hatte sie das Ziel nach der Mittelschule an eine bestimmte Oberschule zu wechseln, die besonders für den Einstieg auf eine der Unis mit Schwerpunkt Bey-Forschung bekannt war, wofür sie herausragende Noten brauchte. Sie wollte zwar nicht zu viel darüber nachdenken, was sein würde, sollte sie doch wieder zurück nach Deutschland müssen, aber sie wollte sich dennoch nicht davon abschrecken lassen ein Ziel vor Augen zu haben, was ihre ferne Zukunft in Japan anging. Als das Team in Kyoto im BBA-Center eingeladen waren, hatte Mr. Dickenson von den Möglichkeiten erzählt auch beruflich in diese Richtung zu gehen und dem Mädchen leuchtende Augen beschert. Und wenn Akira sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann zog sie es auch durch. Doch erst müsse sie noch einige weitere Hürden hinter sich bringen. Und Ozuma war eine davon. Seit ihrem letzten Treffen kurz vor Weihnachten hatte sie den Jungen und auch die anderen der Saint Shields nicht mehr wieder gesehen. Kenny hatte auch kein Wort mehr von dem Tag oder Ozuma verloren, doch Akira hatte bemerkt, dass es ihm immer noch unangenehm war, was er da ungewollt mitbekommen hatte, selbst wenn nicht wirklich etwas passiert war. Sie sammelte ihre neuesten Unterlagen und Ersatzteile zusammen und verließ ihr Zimmer, um in den Garten zu den anderen zu gehen. Hilary stand bereits dort neben Kenny bei der bereits aufgebauten Trainingsarena. „Hey Leute.”, begrüßte Akira die beiden und erntete breite Grinsen. „Aki-chan! Wir haben Neuigkeiten!” Hilary schien ganz aufgeregt und Akira wurde neugierig. „Was ist los?” Mit hochgezogenen Augenbrauen betrachtete sie das tippelnde Mädchen und lachte leise. „Die BBA hat endlich Bekannt gegeben wann die Weltmeisterschaft stattfindet!”, jubelte Hilary und jetzt wusste sie warum sie so aufgeregt war. Das Mädchen war erst seit einigen Monaten dabei und hatte davor nicht wirklich viel von dem Sport mitbekommen. Sie investierte viel Zeit in das Team und hatte sich in Akiras Augen als Trainingsbeauftragte bewährt – auch wenn Tyson das vielleicht nicht zugeben wollte. Die kommende Weltmeisterschaft war ihre erste und vermutlich auch ihre Belohnung für die ganze Arbeit. Sie konnte es ihr nicht verübeln sich so darüber zu freuen. „Die Vorrunden starten im Mai, aber da wir die amtierenden Weltmeister sind, werden uns erst die Kämpfe in den Hauptrunden betreffen. Die sind ab Anfang Juni.”, erklärte Kenny endlich und wurde von Hilary in die Seite geknufft. „Ich wollte das erzählen, Chef!!”, rief sie empört und Akira lachte laut. „Alles klar, also haben wir noch fast fünf Monate, um die vier zu Höchstleistungen zu pushen.” Sie rieb sich die Hände vor Vorfreude. „Apropos, wo sind die eigentlich?” Sie schaute sich um, konnte jedoch keinen der Jungs sehen. „Die wärmen sich gerade auf. Ich habe sie fünf Runden um den Block geschickt.” Hilarys Blick trieb Akiras Augenbrauen erneut in die Höhe. Sie wusste nicht recht, ob sie vor Hils leicht sadistischer Ader Angst haben oder Schadenfreude für ihren Cousin empfinden sollte. Eine Tendenz lag jedoch eher Richtung letzterem. Aber auf diese Art wurden die Jungs wenigstens wirklich fit. „Wie ich Ty kenne, solltest du die Anzahl der Runden auch kontrollieren. Was Ausdauertraining angeht, ist er stinkfaul, wie du ja bereits weißt.” „Nicht nötig. Ich habe den anderen gesagt sie sollen ihm in den Hintern treten, sonst gibt es Strafrunden für alle.” Jetzt konnte Akira nicht mehr. Das andere Mädchen war knallhart und hatte die Jungs mittlerweile ziemlich unter Kontrolle. „Oh man, du bist die Beste!”, kicherte sie und erntete ein breites Grinsen von Hilary. Es dauerte nicht mehr lange, bis die vier endlich einer nach dem anderen eintrudelten. Das Schlusslicht bildeten Tyson und Ray. Kenny, Hilary und Akira konnten sich denken, dass der Chinese mit Absicht hinter Tyson geblieben ist, damit Hilarys Drohung nicht wahr werden musste. Die drei gaben den Jungs fünf Minuten um kurz durchzuatmen, ehe es mit dem Training weiter gehen sollte. Akira gab ihrem Cousin nun endlich seinen Dragoon zurück, der sich wie ein Ertrinkender daran klammerte. „Ich hab’ dich so vermisst!!”, rief er theatralisch und schmiegte den Blade an seine Wange. „Es waren doch nur ein paar Tage, an denen du eh nicht trainiert hast.” „Trotzdem!!” Zur Bekräftigung küsste er Dragoon ein paar mal, ehe er sich aufrichtete. „Los jetzt! Ich will ihn in Aktion sehen und wissen, wie du mit ihm klar kommst.” Akira konnte sich ein Augenrollen nicht verkneifen. Die ersten Trainingsmatches nach der längeren Pause waren etwas enttäuschend. Sie hatten nicht damit gerechnet, dass sie alle einen Schritt zurück machen würden. Sogar Kais Kampfstil hatte nachgelassen, was besonders Kenny beunruhigte. „Vielleicht müssen wir doch noch mehr an den Blades optimieren. Das kann nicht sein.” Nach Antworten suchend starrte er auf Dizzys Bildschirm, als würde sich dort die Antwort offenbaren, doch auch der Laptop konnte nicht helfen. „Oder wir müssen uns erst noch an die Neuerungen gewöhnen.”, versuchte es Max, doch Akira schüttelte den Kopf. „Kenny und ich haben nicht viel verändert. Es waren nur Kleinigkeiten für eine bessere Balance oder höhere Geschwindigkeit. Die neu eingebauten Teile sollten keinen von euch derart behindern. Kenny hat alles analysiert, eigentlich hättet ihr alle nach wenigen Minuten die volle Kontrolle haben müssen.” Das Mädchen nahm Dragoon wieder in die Hand und öffnete ihn. Sie nahm den Balance-Ring hinaus und betrachtete ihn zwischen ihren Fingern. „Ich verstehe das nicht…” Tyson nahm ihr den Ring aus der Hand. „Vielleicht war es falsch eingebaut…?”, sagte er nicht über die Wirkung seiner Worte nachdenkend und bemerkte auch nicht den Blick, den ihm seine Cousine zuwarf. „Wie bitte…?” Wollte er ihr gerade wirklich sagen, dass sie keine Ahnung hatte? Tyson erkannte seinen Fauxpas und versuchte sich zu retten. „Ach, so war das doch gar nicht gemeint, Aki!” Er lachte verlegen und Akira konnte die unsicheren Blicke der anderen auf sich spüren. „Vielleicht ist es ja doch mehr ein Anwenderfehler, Tyson.” Ihre Stimme wurde leiser. Empörung kochte allmählich in ihr hoch. Wie konnte er es wagen. Sie hatte sich solche Mühe gegeben. Es war augenblicklich mucksmäuschenstill, man hätte eine Stecknadel fallen hören. „Hey-...“ Tyson versuchte seine Stimme ruhig zu halten. Sie spürte, dass er eigentlich lautstark mit ihr argumentieren wollte, da er ihre Worte auch nicht auf sich sitzen lassen wollte, doch er hielt sich zurück, mal wieder. Erneut spürte sie einen Stich durch ihr Herz. „Du kannst mich mal!“, schrie sie ihm schon fast entgegen, drückte ihm den Rest von Dragoon in die Hand und verschwand in ihrem Zimmer. Niemand war ihr gefolgt, was ihr im Moment ziemlich recht kam. Angekommen versuchte sie durchzuatmen, sie zitterte schon wieder. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie ihre Hände zu Fäusten geballt hatte und schüttelte sie aus. Sie musste sich dringend abreagieren, das stand fest. Kurzerhand wechselte sie in ihren Hakama und machte sich auf ins Dojo. Die anderen waren immer noch am anderen Ende des Gartens, wodurch ihr eine weitere Konfrontation vorerst erspart blieb. //Als ob sie das jetzt versuchen würden.// Wieder ein Stich. Sie fühlte sich schon nicht mehr vollkommen zugehörig durch diese Distanz. Sie nahm eines der Shinai und legte los. Sie verausgabte sich regelrecht, damit sie gar keine Energie zum ausrasten hatte, doch die Gedanken wollten auch nicht wieder verschwinden. Schwer atmend lehnte sie sich gegen die Wand und rutschte an ihr herunter, das Bambusschwert landete mit einem dumpfen Geräusch ebenfalls auf dem Boden. Der ganze Frust übermannte sie und schon rollten die ersten Tränen, ihre verzweifelten Versuche sie aufzuhalten zum Trotz. Warum merkten sie denn nicht, dass sie ihr damit weh taten. War ihnen nicht klar, dass sie es damit nur schlimmer machten? Akira zog die Beine an den Oberkörper und drückte das Gesicht in den Stoff ihres Hakamas. Das alles war so auslaugend und ihr Verstand würde das auch nicht mehr lange durchhalten. Der ganze Druck durch die Prüfungen, ihr verwirrendes Verhältnis zu Ozuma, das eigentlich gar nicht existieren dürfte, ihre Freunde, die sich nicht mehr trauten normal mit ihr umzugehen. Es wurde langsam zu viel für die Japanerin. Sie vergrub ihre Hände in ihren Haaren. Warum musste alles so kompliziert werden? Sie hörte wie die Tür geöffnet wurde und jemand eintrat. Fahrig wischte sie sich das Gesicht trocken und sah auf. Dass gerade Kai versuchte die Stimmung zu kitten überraschte sie etwas. Ihr Blick glitt wieder nach unten und sie merkte, wie der Andere sich nicht unweit von ihr ebenfalls an die Wand gelehnt auf den Boden setzte. „Du weißt, dass er es wirklich nicht so gemeint hatte.“ Sie hatte gar nicht von ihm erwartet, dass er es überhaupt versuchen würde um den heißen Brei herum zu reden. „Ja, das weiß ich.“ Es tat trotzdem weh so angezweifelt zu werden. Vor allem weil sie doch gerade jetzt die Unterstützung ihrer Freunde gut gebrauchten konnte. „Ich denke auch nicht, dass das Problem an den Beyblades liegt.”, fuhr der Ältere fort und Akira sah ihn wieder an. Worauf wollte er hinaus? „Kenny hatte vorhin meine Vermutung bestätigt, dass es nicht daran liegen kann. Ihr beide seid gut in dem, was ihr macht. Ihr wisst was zu tun ist und habt auch beide mittlerweile genügend Erfahrung darin richtig zu urteilen, was gut und was schlecht für unsere jeweiligen Stile ist.” Ein wenig ungläubig starrte sie ihn jetzt regelrecht an. Kai war seit Gründung der Bladebreakers der Leader der Gruppe, bis auf seinen kurzen Aussetzer voriges Jahr. Akira hatte das stets gewusst, doch nun erkannte sie erst, dass er, wenn auch selten, sogar die soziale Kompetenz hatte das Team zu leiten. Vielleicht war es gerade wegen seiner sonst so verschlossenen Art wirkungsvoller, wenn er mal ein Lob aussprach, oder wie gerade versuchte einen Konflikt zu klären. Wie hatte sie ihn so anzweifeln können…? „Kai, ich…”, begann sie, doch sie wusste nicht recht, was sie sagen sollte. Kai ließ sie nicht viel länger nach Worten suchen. „Es liegt an uns. Wir haben die Pause alle nicht richtig genutzt.” Jetzt war sie verwirrt. Was meinte er? „Das, was da vor ein paar Monaten passiert ist, ist immer noch in unser aller Köpfen. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass sich das so auswirken könnte, aber das hat es.” Wieder ein Stich. Akira senkte erneut ihren Blick. //Also bin ich Schuld, dass sich die Teammitglieder nicht mehr auf das Wesentliche fokussieren können...// Sie fuhr sich erneut durch die Haare und ließ den Kopf sinken. „Vielleicht wäre es besser-...” Und wieder ließ er sie nicht ausreden. „Selbstmitleid ist der falsche Weg, Akira.” Sein Ton war bestimmt und das Mädchen sah ihn mit Tränen in den Augen an. „Aber was soll ich denn noch machen? Ich versuche so hart mein Problem in den Griff zu bekommen, aber alle gehen mir aus dem Weg. Ihr habt alle Angst davor, dass ich wieder so ausrasten könnte. Denkt ihr, ich merke es nicht, dass ich mit Samthandschuhen angepackt werde? Dass ich teilweise sogar komplett außen vor gelassen werde? Mein ganzes Leben haben mich Leute im Stich gelassen, sobald sie von meinem Problem Wind bekommen haben. Robert war der erste, der wirklich hinter mir stand. Ich dachte bei euch könnte ich auch darauf zählen...” Zum Ende hin wurde sie immer leiser. Es kam aus ihr heraus wie ein Wasserfall. Sie hatte die ganze Zeit versucht diese negativen Gedanken zu verdrängen, doch in so schwachen, verzweifelten Momenten wie nun, überrollten sie sie so gnadenlos wie eine Lawine. „Ich war immer das Monster…”, flüsterte sie, versuchte sich die Tränen wegzuwischen und durchzuatmen. „… und ich der arrogante Einzelgänger…” Es klang nicht einmal anklagend. Akira sah ihm in die Augen. Der Junge hatte es auch nicht immer leicht gehabt. Das hatte sie ja bereits vor einem halben Jahr erfahren. Sie war sicher nicht die Einzige in seinem Leben gewesen, die ihm derart misstrauisch begegnet waren, weil er nunmal war, wie er war. Zu wem seine Erziehung durch Boris und seinen strengen Großvater geführt hatten. „Es tut mir so Leid, dass ich das gesagt hab’, Kai.” Das tat es wirklich. Sie hatte ihn unbewusst in eine Schublade gesteckt, ohne dahinter zu blicken. Sie hatte immer ein Problem mit Menschen gehabt, die illoyal waren. Von daher ist er in ihren Gedanken schnell da hinein gerutscht. Und dabei hatte sie ihm nicht mehr wirklich eine Chance gegeben sie vom Gegenteil zu überzeugen. Eigentlich waren sie sich in der Hinsicht gar nicht so unähnlich. „Schwamm drüber.” Akira war sich nicht ganz sicher gerade ein kleines Lächeln gesehen zu haben, was sie aber, so unscheinbar es auch gewesen war, wieder aufmunterte. Kai erhob sich und schaute sie an. „Und jetzt klärst du das noch mit den anderen. Ich werde dich sicher nicht mit Samthandschuhen anfassen, aber wenn du willst, dass die anderen das ebenso tun, musst du offen mit ihnen darüber reden. Ganz besonders mit Tyson.”, sagte er noch, bevor er sich umdrehte und das Dojo verlassen wollte. „Danke, Kai.” Er blieb stehen. „Ich will diese Weltmeisterschaft wieder gewinnen und da das nunmal nur im Team funktioniert, will ich auch ausschließlich mit den Besten arbeiten, damit der Sieg garantiert ist.” Und damit verschwand er, ließ das Mädchen alleine mit ihren Gedanken. Das klang eher nach dem Kai, den sie kennengelernt hatte. Sie lachte leise. Das Team hatte wirklich kurz davor gestanden eines seiner Mitglieder zu verlieren. Doch das hatte der Älteste gekonnt zu verhindern gewusst. Kapitel 7: Denial (V-Force) (Update) ------------------------------------ Obwohl es Winter war, strahlte die Sonne mit all ihrer Kraft. Es war zwar kalt, doch weder sah der Boden gefroren aus, noch war er mit Schnee bedeckt. Hätte man nur anhand des Blicks aus dem Fenster urteilen müssen, hätte es auch Frühling oder Sommer sein können. Das Einzige, was die kühlen Temperaturen verriet, war die fehlende Farbenpracht der Blüten. Trotz der Kälte lag Akira draußen auf dem Engawa auf dem Rücken und starrte am Dach vorbei in den sattblauen Himmel. Ihr Atem zeichnete sich in kleinen Wölkchen ab, die in die Weite verschwanden. Ihr Gespräch mit den Anderen lag bereits ein paar Tage zurück. Sie war bestimmt an die Sache gegangen und hatte klar mit allen über ihre Zweifel und das Gefühl, das die Anderen ihr gegeben haben, geredet. Sie schienen überrascht zu sein, keiner von ihnen hatte sich ihr bewusst gegenüber so verhalten. Hilary hatte schließlich gesagt, dass sie nur verunsichert waren, wie sie reagieren sollen, wenn Akira kurz davor stand die Kontrolle zu verlieren. Sie konnte nun besser verstehen warum sie so vorsichtig mit ihr umgegangen waren. Sie hatten keine Angst vor ihr, sondern sie sorgten sich um sie. Sie hatten mitbekommen wie sie sich selbst verletzte, eben weil sie sich nicht unter Kontrolle hatte. Es war nichts Neues für sie gemieden zu werden, daher war sie leider wieder in alte Verhaltensmuster gefallen, hatte dicht gemacht und sich selbst alle Schuld gegeben. Die negativen Gedanken haben sie überrollt wie eine Dampflok, sich erbarmungslos in ihr Hirn gebrannt und dazu geführt, dass sie wieder anfing sich und ihr Leben in Frage gestellt hatte. Diese depressiven Phasen waren leider keine unbekannten Zeiten für die Schwarzhaarige. Sie musste definitiv noch lernen sie frühzeitig zu erkennen und sich mitzuteilen, damit es nicht mehr so eskaliert. Vor allem weil diese Wutausbrüche nicht ohne waren. Sie konnte in dem Zustand eine schier unbändige Kraft entwickeln. Robert war in Deutschland der Einzige, der sie wieder runter bringen konnte. Doch das machte der große Junge stets indem er sie einfach fixierte, damit sie sich nicht mehr bewegen konnte und irgendwann war der Anfall dann vorbei. Bei den Bladebreakers traute sie diese Methode lediglich Kai und Ray zu, die von ihnen die Stärksten waren, doch sie waren nicht immer da und beim letzten Mal hatten sie sie auch nur gemeinsam stoppen können. Schließlich kam Kenny zu der Idee einfach ein Safeword einzuführen, das Akira bewusst machen sollte, dass sie schon zu weit war und sich umgehend an ihre Entspannungsübungen erinnern musste. Doch dazu musste sie weiter an diesen Übungen feilen, sie in ihr Gehirn brennen, damit das auch wirklich funktionieren konnte. Sie wollte niemanden verletzen und das stand an allererster Stelle. Sie entschieden sich für das japanische Wort ‘Kokoro’, Herz, damit ihr klar wurde, dass ihr Herz in Ungleichgewicht geraten war. Nun lag sie auf dem Holzbalkon während die anderen ausgeflogen waren. Heute hatte wieder ein intensiveres Techniktraining stattgefunden, bei dem sie und Kenny mithilfe von Dizzy alles analysieren mussten, jede Bewegung, jede Drehung. Sie war mental völlig ausgelaugt und wollte nun noch einmal meditieren, um den Kopf wieder frei zu bekommen. Bis die vier bei Höchstleistungen sein würden, würde es noch etwas dauern, doch zum Glück hatten sie ja auch noch etwas Zeit bis zu der Weltmeisterschaft. Akira schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Kälte, die sie umhüllte. Sie schlang ihre dicke Jacke etwas enger um sich und atmete tief durch den Mund ein und aus. Sie ließ ihre Gedanken frei, machte den Kopf leer und konzentrierte sich allein auf die Kälte. So bekam sie auch nicht mit, dass sie mittlerweile nicht mehr alleine war. Erst nach einiger Zeit öffnete sie die Augen wieder und sah aus den Augenwinkeln einen Schatten. Sie legte den Kopf in den Nacken, so gut es auf dem Holzboden möglich war und sah Ozuma neben ihr sitzen, der, sich nach hinten stützend, ebenfalls in den Himmel starrte. Mit einem mal überschlug sich ihr Herz. „Ich wollte dich nicht stören.”, sagte er nun, schien bemerkt zu haben, dass sie ihn endlich entdeckt hatte. „Wie lange sitzt du schon da?” Akira hatte wirklich gar nichts mitbekommen. Sie wusste nicht recht, ob sie das als Erfolg ansehen konnte. Immerhin war sie dadurch unaufmerksam geworden. Ozuma zuckte nur mit den Schultern. „Hab’ nicht auf die Uhr geschaut.” Endlich senkte er seinen Blick und sah sie an, ein Lächeln auf den Lippen. Wieder machte ihr Herz einen Satz. Sie blieb dennoch weiterhin liegen und beobachtete ihn immer noch mit dem Kopf im Nacken. „Vorher hat es dich auch nicht gestört mich beim Meditieren zu unterbrechen.”, fuhr sie fort. Dass er sich nun stumm daneben setzte und wartete bis sie fertig war, war neu. „Oder wolltest du deine Ninja-Fähigkeiten testen?”, grinste sie ihn schließlich an und bekam ein leises Lachen als Antwort. Dann wurde er wieder still. „Um ehrlich zu sein, wusste ich vorher nur nicht warum du das tust.” Das Grinsen verschwand nun auch aus Akiras Gesicht und sie setzte sich schließlich auf, um ihn besser ansehen zu können. Er saß ein gutes Stück von ihr entfernt auf dem Engawa und beobachtete sie. „Woher…” Sie hatte ihn jetzt seit Wochen nicht mehr gesehen, ihr letztes Treffen war nach ihrem großen Ausraster, also konnte er davon nicht direkt mitbekommen haben, da er sonst schon beim letzten Mal etwas gesagt hätte. Er überlegte kurz. „Eigentlich wollte ich dich früher besuchen, doch an dem Tag hattest du dich mit Tyson gestritten, besser gesagt du hast ihn angeschrien. Ich wollte danach wieder verschwinden, aber dann habe ich die Gespräche der anderen gehört.” Er hatte sie also belauscht? Akira biss sich auf die Unterlippe und senkte ihren Blick. Sein ständiges Herumgeschleiche hatte ihr somit die Möglichkeit verwehrt es ihm eventuell zum richtigen Zeitpunkt selber zu erzählen, sofern es nötig gewesen wäre. Sie wusste immer noch nicht wohin das zwischen den beiden führen sollte, nur, dass es mindestens in Tysons Augen falsch war. „Es ist nicht so, dass ich das so erfahren wollte, aber ehrlich gesagt hat es mir schon ein wenig die Augen geöffnet.” Er stand auf und ging durch das Gras zu ihr. Das Mädchen zog die Beine an die Brust und schlang die Arme darum. Ihre Augen folgen jeder seiner Bewegungen, bis er neben ihr zum Stehen kam und sich seitlich gegen einen der Holzbalken lehnte. „Warum kommst du eigentlich ständig vorbei, ohne Tyson und die anderen herausfordern zu wollen…?” Es dauerte eine Weile bis Akira sich sortiert hatte. Bevor sie näher auf ihren mentalen Zustand eingehen wollte, wollte sie erst von ihm wissen, was er genau vorhatte. „Ich mag dich. Ich dachte das wäre offensichtlich.” Er äußerte die Worte wie selbstverständlich und ließ das Mädchen ungewollt erröten. Dass er so direkt war, überrumpelte sie etwas. Ozuma löste sich aus seiner Position und setzte sich wieder, diesmal direkt neben sie. Er schaute auf und sah erneut in den Himmel. Er war immer noch wolkenlos. Währenddessen wand Akira nicht einmal ihren Blick von ihm ab, sie beobachtete ihn genau. Die strahlend grünen Augen waren ihr schon zuvor aufgefallen. Doch zum ersten mal musterte sie ihn in Ruhe. Er war so nah, dass sie sogar seinen Geruch vernahm. Und er roch angenehm. Wieder schoss die Röte in ihr Gesicht, als sie sich bei diesem Gedanken ertappte. Ihren Blick abwenden, konnte sie jedoch nicht. Das Mädchen versuchte sich zu beruhigen. „Wegen dir hab’ ich ständig Ärger mit Tyson.” Der Junge sollte ruhig wissen, in welche brenzlige Lage er sie brachte, wenngleich sie dem selbst nicht widerstehen konnte. Das musste sie leider auch zugeben. „Ich weiß auch nicht wie du dir das vorstellst. Ihr seid hinter den BitBeasts her und ich stehe da voll hinter den Jungs. Ich würde dir niemals helfen an sie heran zu kommen, weil ich sie auch beschützen will. Falls du dir über mich einen Zugang zu den Vieren verschaffen willst, dann muss ich dich enttäuschen. Dabei mache ich nicht mit.” Akiras Gemüt wechselte auf leicht verärgert. Falls er das wirklich vorhaben sollte, könne er was erleben. „Solche miesen Tricks habe ich nicht nötig.”, sagte er lediglich und schaute sie nun wieder direkt an. „Leider kann ich dir nicht sagen, was es damit auf sich hat. Noch nicht. Aber es hat auch nichts mit dir zu tun.”, fuhr er fort. „Das hat es sehr wohl. Ich bin Teil des Teams, ich beschütze die BitBeasts genauso wie jeder andere von uns. Und nur über meine Leiche würde ich sie euch überlassen, Gefühle hin oder her.” Es war ihr wichtig, dass sie ihren Standpunkt klar machte. Er sollte wissen, dass er sich diesbezüglich die Zähne an ihr ausbeißen würde. „Also magst du mich auch?” Sein Grinsen ließ sie ein drittes Mal Rot werden. Das hatte sie jetzt eigentlich nicht preisgeben wollen. „Akira, wir müssen noch etwas besprechen-...” Kenny, der gerade durch den Garten auf sie zu kam, hatte die blöde Angewohnheit ständig zum falschen Zeitpunkt aufzutauchen. Die Augen des Mädchen weiteten sich und Ozuma sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Aki…” Sie holte Luft und wand sich dem Kleineren zu, während Ozuma wieder aufstand und nun vor Akira stand, Kenny ebenfalls anschauend. „Kenny, das-...” Doch er schaute sie nur ängstlich an. „Schon wieder?”, sagte Kenny. Die Enttäuschung in seiner Stimme bescherte der Japanerin ein flaues Gefühl in der Magengegend. Doch ehe sie antworten konnte, kam noch jemand um die Ecke in den Garten. Tyson. Mit einem Mal zog sich alles in Akira zusammen. Es war egal, was sie nun sagen würde. Dass sie Ozuma klar gemacht hatte, dass er sie nicht benutzen konnte, um an die Bladebreakers und ihre BitBeasts zu kommen. Dass das laut eigener Aussage auch gar nicht seine Intention war. Dass er sie nicht einmal, wenn sie alleine gewesen waren, nach irgendwas in der Richtung ausgefragt hatte. Nichts davon war für Tyson von Bedeutung. Alles was er wissen musste, war, dass seine Cousine sich wieder mit ihrem Feind getroffen hatte, obwohl er ihr klar und deutlich eine Ansage gemacht hatte. „Tyson, bevor du dich aufregst, kann ich dir versichern, dass sie nichts von meinem Auftauchen wusste.” Ozuma hatte sich zwischen sie gestellt und wollte die Situation entschärfen. Er hatte sie vorhin immerhin wirklich wieder mit seiner plötzlichen Anwesenheit überrascht. „Du...” Mit diesen Worten zeigte Tyson auf Ozuma, „...hälst jetzt ganz schnell den Mund und verziehst dich!” Tyson presste den Satz zwischen den Zähnen heraus. Er versuchte nicht laut zu werden, doch wollte er seine Verachtung für den anderen Jungen auch nicht verstecken. „Tyson, lass mich doch erstmal erklären.” Akira hatte die Hoffnung die Situation trotz aller Umstände aufklären zu können, aber ihr Cousin warf ihr nur einen verärgerten Blick zu. Mit großen Schritten rauschte er an Kenny vorbei, der sich noch kleiner machte, als sowieso schon, und schubste Ozuma von dem Mädchen weg. „Du gehst jetzt besser, Ozuma.”, herrschte Tyson ihn an und der Leader der Saint Shields warf noch einen letzten Blick auf Akira, die ihn bittend anschaute. Er wollte ihr nicht noch mehr Ärger bereiten als sowieso schon und machte sich ohne ein weiteres Wort auf. Als er weg war, wirbelte Tyson herum. Sein Ton war jetzt lauter. „Wie konntest du?? Ich dachte das Thema sei durch! Er ist unser Feind, verdammt nochmal!” Akira kniete mittlerweile auf dem Balkon und verschränkte die Arme vor der Brust. „Du lässt mich ja nicht mal irgendwas erklären! Er wollte nicht eine Information zu euch oder die BitBeasts. Und selbst wenn, hätte ich ihm nichts gesagt.” Auch ihr Ton wurde lauter. Sie konnte Tysons Gefühle verstehen, aber er ließ ihr ja nicht einmal die Möglichkeit sich dazu zu äußern. „Was kann ich denn dafür, dass er ständig hier auftaucht. Darauf habe ich doch keinen Einfluss!” „Wie wär’ es mit einfach wegschicken??” Tyson hob die Arme und zuckte provokativ mit den Schultern. „Er will dich doch eh nur benutzen, also wach endlich auf, Aki. Sonst begehst du wirklich noch einen Fehler, wenn es nicht schon passiert ist...” Jetzt reichte es dem Mädchen. Ja, sie war jünger als die Anderen, aber sie war doch kein kleines Kind, auf das ständig aufgepasst werden musste. Sie hatte mehr Pflichtbewusstsein und Selbstständigkeit als Tyson jemals an den Tag gelegt hatte und nun meinte gerade er ihr die Leviten lesen zu müssen. Wütend stand sie auf. „Du bist nicht mein Vater, Tyson. Ich kann sehr wohl selbst aufpassen, wem ich was erzähle und was nicht. Und es kotzt mich an, dass du einfach über meinen Kopf hinweg entscheiden willst, mit wem ich zu tun haben darf und mit wem nicht. Ich würde euch niemals ans Messer ausliefern, unter keinen Umständen. Aber vielen Dank für das Vertrauen!” Sie begann wieder zu zittern. Akira war froh vorhin noch meditiert zu haben, sonst wäre es jetzt brenzlig geworden. //Kokoro… kokoro… Tief ein- und ausatmen...// Tyson bemerkte, dass sie dabei war sich wieder runterzufahren und blieb widerwillig stumm, starrte sie aber weiterhin wütend an. „Warum vertraust du mir so wenig?”, fragte sie schließlich in einem ruhigeren Ton und fuhr sich durch das Gesicht. „Ich vertraue dir, aber nicht ihm. Wer weiß welche Psychotricks er drauf hat, ohne dass du es merkst.” „Hälst du mich wirklich für so dumm und schwach, dass ich darauf reinfallen würde?” Tränen sammelten sich allmählich in ihren Augen. Verletzt sah sie ihn an, doch sein Blick blieb hart. „Ein verknalltes Hirn lässt sich zu vielem erweichen.” Das überraschte sie jetzt. Tyson hatte sich nie zu so einem Thema geäußert. Soweit sie wusste, hatte er auch noch keine Freundin gehabt. Wie konnte er dann so eine Äußerung von sich geben? „Als ob du irgendeine Ahnung davon hättest.”, zischte sie und merkte wie die Wut wieder hochkochte. Bevor Tyson jedoch antworten konnte, hatte Ray Akira sanft an den Schultern gepackt. Max tat das gleiche bei ihrem Cousin. Sie hatten beide nicht mitbekommen, dass der Rest mittlerweile auch anwesend war und versuchte die Situation zu deeskalieren. „Das reicht jetzt, ihr zwei.” Ray gab den Streithähnen unmissverständlich zu verstehen, dass die Konversation an dieser Stelle beendet war. Er zog sie Richtung Gang und schob sie wieder ins Haus. „Ihr seid euch wirklich zu ähnlich mit euren Dickschädeln.” Der Chinese lachte leise und versuchte die dicke Luft etwas aufzulockern. „Komm wir gehen spazieren.” Akira war ihm dankbar. Sie hätte auch nicht gewusst wie weit der Streit noch gegangen wäre. Auf der anderen Seite hatte sie sich endlich nochmal mit ihrem Cousin gezofft. Und sie hatte keinen Aussetzer. Zum Freuen war ihr trotzdem nicht zumute. Das Mädchen ließ sich von Ray mitziehen. Sie verließen das Haus der Grangers durch den Hauptausgang und verschwanden in den Straßen. Akira konzentrierte sich auf das Laufen und darauf sich wieder zu beruhigen. Sie blieben den ganzen Weg stumm, liefen nur wortlos nebeneinander her, ehe sie den Fluss erreichten, an dem sie sonst auch oft trainierten. Die Sonne würde bald untergehen und der Himmel färbte sich allmählich rosa und orange. Akira lief zielstrebig den Hang halb hinab und ließ sich auf halber Höhe im Schneidersitz ins Gras fallen. Dass der Boden eiskalt war, bemerkte sie kaum. Ray setzte sich neben sie. „Warum ist er so ein Idiot?”, fragte sie schließlich. „Weil es Tyson ist.” Ray schaffte es sie wenigstens ein bisschen zum Lachen zu bringen. Akira stupste mit ihrer Schulter gegen seine. „Habt ihr anderen auch so wenig Vertrauen, dass ich mich nicht verarschen lasse?” Bisher hatte sich immer nur Tyson lautstark dazu geäußert. Ray zögerte kurz mit seiner Antwort. „Nein, aber wir vertrauen auch Ozuma und seinen Leuten nicht. Ihre Drohung war eindeutig.”, versuchte er zu erklären und beobachtete den knallig werdenden Himmel. Das Mädchen seufzte und schaute auf das Gras. „Hattest du eigentlich gewusst, dass Lee mich damals verprügelt hat, als ich Mariah das erste Mal ausgefragt hatte?” Ein schelmisches Grinsen stahl sich in Rays Gesicht. „Manchmal will er das immer noch tun.” Akira musste lachen. Sie kannte Lee und konnte sich das bei dem Energiebündel gut vorstellen. Genauso gut wie Mariahs Reaktion darauf, die wahrscheinlich nicht so positiv ausgefallen war. „War es dir egal?”, fragte sie und zog die Beine an die Brust um ihren Kopf auf ihre Knie zu legen. „Nein, aber ich habe sie wirklich gern und lange überlegt. Lee war und ist mein bester Freund, ich konnte ihn auch verstehen. Aber ich hatte nicht vor Mariah je weh zu tun. Mal abgesehen davon, dass ich wusste was mir blühen würde, würde ich es doch tun. Ich habe die Risiken abgewogen und mich letztendlich dafür entschieden.”, erklärte Ray und sah sie an. Es war das erste Mal, dass er so über seine Beziehung mit dem pinkhaarigen Mädchen redete. Sicher, sie wussten alle davon, doch wirklich ausgesprochen hatte Ray es bisher nicht so richtig. Vielleicht auch, weil sie ja seit letztem Jahr in konkurrierenden Teams waren. „Mal angenomme, dass das bei dir und Ozuma wirklich etwas Ernsteres ist und er dich nicht benutzen will, um an die BitBeasts zu kommen. Wie stellst du dir das in Zukunft vor? Ich meine, was ist, wenn sie es wirklich schaffen sollten Driger, Dragoon, Dranzer und Draciel zu stehlen. Was machst du dann?” Ray hatte Akiras größte Sorge ausgesprochen. „Ich hoffe einfach, dass das nicht passiert…” Sie wusste, dass das eine dumme Antwort war und Ray wusste, dass sie das wusste. Es war auch nicht so, dass sie dem Jungen hinterher lief. Er tauchte einfach immer wieder auf und verdrehte ihr den Kopf. „Wenn ich ihn sehe, frage ich ihn ständig warum sie das machen und was sie genau vorhaben, aber er weicht meinen Fragen aus.” Das Mädchen spielte an ihrem Armband herum. „Aber dich fragt er nichts zu den BitBeasts?” „Nein, nicht im Geringsten. Er fragt immer nur wie es mir geht oder redet über belanglose Dinge.” Erst jetzt fiel Akira auf, dass auch sie gerade zum ersten Mal von den Treffen mit Ozuma erzählte. Robert traute sie sich nicht es zu sagen, da er genauso schlimm war wie Tyson. Nur dass er wahrscheinlich direkt nach Japan geflogen käme, um Ozuma ausfindig zu machen. Die Geheimniskrämerei hatte sie auch satt, sie war froh, dass die anderen endlich Bescheid wussten. „Ray, ich befürchte ich hab’ ihn wirklich gern. Ich weiß nicht was ich tun soll…” Sie vergrub ihr Gesicht zwischen ihren Knien. Ihr war wirklich zum Heulen zumute. Ray legte einen Arm um sie und zog sie zu sich, wuschelte ihr durch die Haare. Im Moment war er vermutlich tatsächlich der Einzige, der nachvollziehen konnte wie sie fühlte. „Vielleicht…”, begann der Chinese, „musst du diese Entscheidung gar nicht jetzt treffen.” Akira sah wieder auf und ihn an. „Vielleicht wartest du erst einmal ab. Es kann ja genauso sein, dass sie uns die BitBeasts gar nicht stehlen wollen, sondern eigentlich etwas anderes vorhaben. Seien wir ehrlich, wir wissen nichts Konkretes über ihren echten Plan, nur dass es ihnen ernst ist.”, fuhr er fort und er hatte Recht. „Ich habe auch im Gefühl, dass es nicht mehr lange dauert, ehe wir das herausfinden.” *** Die Prüfungswoche an Akiras Schule stand bevor. Sie hatte sich besonders im letzten Monat richtig dahinter geklemmt zu lernen und gut vorbereitet zu sein. Zur gleichen Zeit hatte Max’ Mutter sie alle nach New York in das dortige BBA-Center eingeladen. Schweren Herzens musste das Mädchen absagen, weil sich der Trip auch nicht mehr verschieben ließ. Also hatte sie mit Schmollmund den Anderen am Flughafen zum Abschied gewunken und ist wieder mit ihrem Großvater nach Hause gefahren. Kenny hatte ihr versprochen sich zu melden, aber erst wenn ihre Prüfungen vorbei waren, damit sie nicht abgelenkt war. Und das war zum Glück an diesem Tag der Fall. Nervös war gar kein Ausdruck mit welchem Gefühl sie die ersten Tests absolviert hatte. Sie wusste nicht, was genau auf sie zukommen sollte. Am Ende war sie aber recht zufrieden mit dem, was sie geschafft hatte. Auf die Ergebnisse musste sie jetzt allerdings leider noch warten. Sie saß in ihrem Zimmer und öffnete ihren Laptop. Als sie online war, sah sie, dass Kenny ebenfalls eingeloggt war. //Ist es dort nicht gerade Mitternacht?// Aber probieren konnte sie es ja. Gerade wollte sie auf den Anruf-Button klicken, als der Andere ihr schon zuvorgekommen war. Lachend nahm sie an. „Du hast ein Timing, Chef! Ich wollte dich gerade selbst anrufen.”, grinste sie und erntete ein Lachen aus der anderen Leitung. „Da kannst du mal sehen wie gut ich bin!” Im Hintergrund konnte man Stimmen hören. „Aki! Aki-chan!! Wie lief es??” Sie konnte sich ziemlich gut vorstellen, wie Hilary sich gerade Dizzy geschnappt hatte. „Gut, ziemlich gut sogar. Ich bin bei vielen nicht ganz fertig geworden, aber das war ja abzusehen. Ich habe ein gutes Gefühl, aber die Ergebnisse werden erst die nächsten Wochen bekannt gegeben.” Sie war schon ein Stückchen stolz auf sich. So viel gelernt hatte sie gefühlt noch nie zuvor. Sie hoffte, dass es sich auch auszahlen würde. Mica gesellte sich zu ihr und schlich ihr um die Beine. Sie streichelte ihn und er begann zu schnurren. „Was habt ihr zu berichten?”, fragte sie schließlich. Sie hatte die letzten Tage wie ein wibbelndes Etwas auf Neuigkeiten gewartet. Sie wäre so gerne mit von der Partie gewesen. „Max’ Mutter hat uns einen Stein gezeigt, in dem BitBeasts eingeschlossen sind! Und dann haben wir Max’ Kumpel Alan kennen gelernt und dann wurde der Stein plötzlich gestohlen. Aber ich hätte sie fast geschnappt und dann kam raus, dass dieser Alan mit dahinter steckt. Ach, wir haben übrigens auch alle neue überarbeitete Blades bekommen, die sind der Wahnsinn! Und dann hat Max Alan in einem Match besiegt und der hat dann alles erzählt. Das glaubst du nicht!” Akiras Hirn war noch den ersten Satz am Verarbeiten und registrierte nur bedingt den Rest, den ihr Cousin so plötzlich in Dizzy brabbelte. Stein mit BitBeasts, ein Diebstahl und neue Blades? „… Was?” Sie verstand nur Bahnhof. Sie vernahm einen dumpfen Schlag. Danach Tysons Gejammere und empörte Schreie. „Also…” Hilary hatte sich Dizzy wieder zurückerobert. „Wir haben herausgefunden, dass es einen sehr alten Stein mit einer unbekannten Inschrift gibt, in dem BitBeasts gefangen sind. Die BBA war in der Lage manche BitBeasts mit einem kleinen Stück des Steins zu entnehmen und in Blades einzubauen. Die Forschung ist da aber noch nicht so ausgereift, deswegen funktioniert es noch nicht zu 100%. Wir haben sie gesehen, das war eine unglaubliche Energie, Aki-chan.” Sie glaubte ihren Ohren kaum. Das warf ein völlig neues Licht auf den Ursprung der heiligen Kräfte. „Das ist ja unglaublich! Aber er ist gestohlen worden?” „Richtig! Und das auch noch kurz nachdem wir da waren. Wie sich herausstellte, war einer von Max’ ältesten Freunden, Alan, mitbeteiligt. Max hat ihn aber dann in einem Match besiegt und danach hat Alan alles erzählt, was er wusste. Da steckt anscheinend irgendeine mysteriöse Organisation dahinter. Leider sind die mit dem Stein davon gekommen und schon über alle Berge.” Akira ärgerte sich schwarz. Da konnte sie nicht mit auf so eine spannende Reise und dann finden die Anderen auch noch so eine unglaublich wichtige Information heraus und geraten gleich wieder in ein großes Abenteuer. „Hör zu, Akira,” Dizzy war wieder bei ihrem Besitzer gelandet, „ich habe hier in New York leider keine Möglichkeit mehr viel darüber nachzulesen. Unser Programm ist prall mit anderen Dingen gefüllt. Kannst du dich da mal dran setzen? Vielleicht findest du etwas dazu heraus.” „Aye aye, Chef! Wird erledigt!” Grinsend salutierte Akira vor ihrem Laptop, obwohl der Andere sie gar nicht sehen konnte. Das Thema Recherche war noch frisch bei ihr, das sollte sie hinkriegen. *** Nur wenige Tage später stand sie zusammen mit Mr. Dickinson am Flughafen, um das restliche Team abzuholen. Bei ihrer Recherche hatte sie ihn mit einbezogen, da das Internet ihr nicht helfen konnte. Sehr zu ihrer Überraschung hatte der dickliche Mann schon einmal mit einem solchen Stein gearbeitet und das vor ungefähr 30 Jahren. Er hatte sie eingeladen mit in sein altes Labor zu fahren, nachdem die Truppe wieder vollständig war. Max’ Mutter war ebenfalls dabei und endlich erfuhren sie alle was vor drei Jahrzehnten passiert war. Dr. Zagart, Mr. Dickinsons alter Laborpartner, kam als Drahtzieher auf jeden Fall in Betracht. Immerhin schien sich die Geschichte fast schon zu wiederholen. Die folgenden Tage waren sie viel im Tokioter BBA-Center und versuchten mehr herauszufinden. Tyson hatte unterdessen Probleme mit seinem Dragoon. Das neue Bauteil von Max’ Eltern bereitete ihm Schwierigkeiten und Akira hatte sich bereit erklärt mit ihm zu trainieren. Da sich aktuell genug Leute mit dem Verschwinden des Steins beschäftigten, hatten sie beide beschlossen den Fokus auf Dragoon zu legen, da es wichtig war, dass Tyson mit ihm umgehen konnte. Zudem wollte Akira mehr über diesen Magnetgewichtring herausfinden. Das war die neueste Bey-Technik und ihr bisher noch nicht unter die Augen gekommen. Sie waren wieder am Fluss und Tyson versuchte vergeblich zum wiederholten Male Dragoon einfachste Bewegungen ausführen zu lassen, als Hilary und Kenny auftauchten. „Könnt ihr mir mal sagen, was ihr da macht?” Das andere Mädchen war sauer und schnappte sich den Blade aus Tysons Hand. „Tyson will den neuen Dragoon beherrschen, wir hatten uns abgesprochen, dass mehr als genug im BBA-Center sind und bei der Suche mithelfen. Es wird Zeit, dass er das endlich auf die Kette bekommt.”, erklärte Akira. „Also von diesem Egoisten habe ich sowas ja erwartet, aber dass du ihm auch noch hilfst, Aki-chan?” Akira schaute sie ungläubig an. „Ich dachte der Idiot hätte euch Bescheid gesagt!” Schmollend sah sie zu ihrem Cousin, der sie verlegen angrinste. „Ups, vergessen…”, kicherte er und nahm Hilary anschließend Dragoon weg. „Du…” Doch bevor eines der Mädchen auf ihn losgehen konnte, tauchten aus dem Nichts die Saint Shields auf. „Ist schon eine Weile her, Tyson.” Akira schaute Ozuma geschockt an. Seine Aura war völlig anders, als an dem Tag, wo sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Er blickte kurz zu ihr und fokussierte sich dann wieder auf Tyson. „Was willst du hier??” Man hörte die Wut in Tysons Stimme. Unbewusst stellte er sich vor seine Cousine. Akira ließ ihn, dieses Treffen hatte nichts mit ihr zu tun, das konnte sie spüren. Sie bemerkte auch Mariams Blick auf ihr. Ob sie ebenfalls mitbekommen hatte, was passiert war? „Ich hab’ dir versprochen, dass ich wieder komme und mir Dragoon hole.”, sagte Ozuma und starrte Tyson herausfordernd an. „Da hast du’s, Aki.” Tyson warf ihr einen vielsagenden Blick über die Schulter, den sie schuldbewusst erwiderte. „Vergesst das mal und macht lieber ‘ne Fliege!” Hilary wurde jetzt auch laut. „Wir meinen es ernst. Früher oder später kriegen wir die BitBeasts sowieso.” Mariam verschränkte die Arme und musterte die Bladebreakers. „Was ist Tyson? Nimmst du meine Herausforderung an oder nicht?” Ozumas Blick wich nicht einmal von Tyson und Akira wurde sauer. Wie hatte sie sich einlullen lassen können? „Mach ihn fertig, Ty.”, zischte sie und erst jetzt schaute der Andere wieder zu ihr, ließ ihr Herz etwas schneller schlagen, doch sie schob es auf ihre Wut. Das Match begann erst, nachdem Tyson Antworten verlangt hatte, doch die waren genauso aufschlussreich, als hätten die Saint Shields weiterhin geschwiegen. Akiras Cousin gelang es irgendwann seinen Dragoon ordentlich unter Kontrolle zu bringen und sogar neue Spezialattacken zu benutzen. Da es dem anderen Team ernster war, als sie befürchtet hatten, wurde der Kampf mit unfairen Mitteln fortgeführt. Dragoon musste sich plötzlich gegen insgesamt vier Gegner behaupten. Doch Tyson wurde überraschenderweise von einem Fremden gerettet, der die Blades der Saint Shields durch den Überraschungseffekt mit einem Mal aus dem Match schmiss. Ozuma und sein Team machten sich wieder davon und das Mädchen schwor sich ihm das nächste Mal, wenn er wieder auftauchen sollte, die kalte Schulter zu zeigen. Der aufgetauchte Junge stellte sich als Zeo und großer Fan Tysons heraus, der sich natürlich gebauchpinselt fühlte. Akira tauschte die Blicke mit Hilary und Kenny aus. Irgendwie hatten sie ein ungutes Gefühl. Die Saint Shields würden sicher nicht lange auf ihre nächste Chance warten. *** Ein Ereignis jagte das nächste. Die Bladebreakers hatten herausgefunden, dass diese mysteriöse Organisation es tatsächlich geschafft hatte, erfolgreich BitBeasts aus dem Stein zu extrahieren. Ray hatte zwar den Kampf gegen den letzten unbekannten Blader gewonnen, doch die Saint Shields tauchten schneller wieder auf, als es dem Team lieb war. Sie entpuppten sich als Hüter der BitBeasts mit der Aufgabe ihrer Vorfahren auch die letzten heiligen BitBeasts zu versiegeln. Leider hatten sie es geschafft, sich Driger unter den Nagel zu reißen. Niedergeschlagen erzählten sie Akira und Kai, die beide nicht dabei gewesen waren, bei den Grangers was passiert war. „Dieser verdammte…” Akira konnte es nicht fassen. Ozuma hatte seinen Worten Taten folgen lassen. Sie hatte gehofft, dass er bluffte, aber er hatte die Wahrheit gesagt und sie hat sie nicht ernst genug genommen. Ray tat ihr unglaublich Leid, er hatte Driger verloren. Und keiner wusste, ob man sein BitBeasts wieder zurückholen konnte. Das Training für die Weltmeisterschaft wurde fortan auf Eis gelegt. Sie hatten nun zwei gegnerische Gruppen, die es auf sie abgesehen hatten und das erforderte ein anderes Level an Vorbereitung. Es dauerte nicht lange, ehe alle vier von mysterösen Bladern herausgefordert wurden, die allesamt ein Stück des Steins in ihrem Beyblades eingebaut hatten. Glücklicherweise hatte jeder der Bladebreakers gewonnen. Der Erfolg der letzten Siege tat gut, doch nun wollten auch die Saint Shields ihr Stück vom Kuchen. Sie wurden offiziell herausgefordert und trafen sich im ehemaligen Freizeitpark für die Kämpfe. Akira ignorierte Ozuma erfolgreich. Der Junge war kalt wie Eis, sie erkannte ihn kaum wieder. Die Schwarzhaarige unterstützte die Jungs, wo sie konnte und versuchte den Frust und die Enttäuschung in ihrem Inneren zu unterdrücken. Die Kämpfe gingen hitzig ab, aber am Ende konnten sie Driger wieder befreien und den Saint Shields beweisen, dass sie sehr wohl in der Lage waren für ihre BitBeasts zu kämpfen und sie zu beschützen. Tyson lag noch am Boden. Benommen versuchte er zu realisieren, dass er gerade ein Unentschieden gegen Ozuma hatte herausschlagen können. Akira checkte wie schwer seine Verletzungen waren, doch es war mehr die Erschöpfung, die seinen Körper in die Knie gezwungen hatte. Genau wie bei Ozuma, der sich einige Meter von ihnen entfernt aufrappelte. „Es gibt ein echt starkes Band zwischen euch und den heiligen BitBeasts. Sie sind in guten Händen. Es gibt für uns keinen Grund mehr noch weiter zu kämpfen.” Ozuma nickte anerkennend. Da war sie wieder. Die sympathische und ruhige Seite an ihm. „Huh, wie meinst du das Ozuma?” Tyson saß nun und starrte den anderen verdutzt an. „Die BitBeasts in einen Felsen einzuschließen ist nicht die einzige Möglichkeit sie zu schützen.”, erklärte Mariam. „Wir dürfen sie behalten?“ Max freute sich, dass sie es endlich geschafft hatten und wurde von Mariam bestätigt. Ozuma unterdessen wurde wieder etwas ernster. „Aber Tyson, die Bladebreakers sind jetzt verantwortlich für diese BitBeasts.” „Sie sind von euch abhängig. Also kümmert euch gut um sie, okay?” Joseph grinste verschmitzt. „Machen wir!” Ray würde seinen Driger sicherlich nicht nochmal verlieren. Dafür würde er sorgen. „Aber wenn dieses Band zwischen euch je zerbricht und die vier BitBeasts wieder frei sind, dann kommen wir zurück und holen sie uns und dann gibt es ganz bestimmt keine Gnade mehr.” Eine Drohung, die Dunga nicht unbedingt hätte aussprechen müssen. Sie würden ganz sicher aufpassen. Akira schaute abwechselnd zwischen den Teams hin und her und sah zum Schluss Ozuma an. Er erwiderte ihren Blick auf eine Art, die sie nicht ganz deuten konnte. Aber es war das erste Mal, dass er sie heute überhaupt angesehen hatte. Sie freute sich, dass sie nun doch keine Feinde mehr waren, aber die letzten Ereignisse hatten Akiras Eindruck von Ozuma doch etwas getrübt. Der Kopf der Saint Shields sah wieder Tyson an. „Also gut. Passt gut auf die BitBeasts und euch auf.” Bei dem letzten Teil schwenkte sein Blick wieder auf Akira, als würde er besonders sie meinen. Das konnte sie sich allerdings auch nur eingebildet haben. Und damit verschwanden die Saint Shields mal wieder so schnell, wie sie aufgetaucht waren. Kapitel 8: Affection (V-Force) ------------------------------ Die Frühlingssonne kämpfte sich durch die lichten Wolken am Himmel. Akira ging ihre Liste an dem Klemmbrett durch, das sie in den Händen hielt. Der Wind streichelte sanft ihr Gesicht. Sie sah von dem Blatt Papier auf, schloss die Augen und genoss den Moment. Mit einem tiefen Atemzug nahm sie die vielen frühlingshaften Naturgerüche wahr. Das erste frisch gemähte Gras, Blumen, die sich gen Sonne steckten, die Rosen ihres Großvaters verteilten ein besonders starkes Aroma. Sie mochte diese Jahreszeit am Liebsten. Nicht nur weil das hieß, dass bald ihr Geburtstag war, sondern weil der Frühling für sie neues Leben bedeutete. Alles wachte aus dem Winterschlaf auf, spross und begann zu blühen. Es war jedes Jahr ein wundervoller Anblick, den sie niemals satt sein konnte. Sie fokussierte ihre Gedanken wieder zu ihrer eigentlichen Aufgabe. Die Weltmeisterschaft stand so gut wie vor der Tür und dank diverser Störenfriede, wurden ihre Trainings die letzte Zeit leider ständig unterbrochen. Daher haben Kenny, Hilary und Akira gemeinsam beschlossen eine Art Trainingslager mit den Jungs zu veranstalten. Ein ganzes Wochenende raus aus Tokyo. Nur das Team an einem geheimen Ort, den nur sie drei Organisatoren kannten. Und natürlich ihr Großvater, da der den Kleinbus fahren würde, den sie gerade mit sämtlicher Campingausrüstung belud. Sie war gar nicht böse darum, dass sie das alleine machen musste, da der Rest für heute aus unterschiedlichen Gründen ausgeflogen war. So hatte sie wenigstens Ruhe vor ihrem exzessiv neugierigen Cousin, der sie schon die ganze letzte Woche mit unzähligen Fragen, was sie denn an diesem Wochenende genau machen würden, löcherte, wann immer er die Gelegenheit hatte. Seit dem letzten Kampf gegen die Saint Shields war viel passiert. Akira hatte ihre Prüfungsergebnisse erhalten, die besser waren, als sie gedacht hatte, und vor zwei Wochen hatte auch das neue Schuljahr begonnen. Auf der anderen Seite hatte sie es geschafft sich die letzte Zeit so gut unter Kontrolle zu bekommen, dass ihr letzter Ausbruch ein paar Monate zurück lag. Und darauf war sie besonders stolz. Mit Freuden stellte die Schwarzhaarige fest, dass nur noch wenige Dinge fehlten. Schwungvoll tänzelte sie zum Hauseingang, um den Rest zum Bus in der Einfahrt zu tragen. Es erstaunte sie immer wieder wie viel sie mittlerweile tragen konnte. Sie hatte schon immer einen Hang zum muskulöseren Körper gehabt, aber durch die vielen Monate intensives Kendo-Training hatte sich kräftemäßig einiges verändert. Das kam ihr besonders beim Einkaufen sehr gelegen. Und auch beim Beladen des Wagen war das ein ziemlicher Vorteil, da sie dadurch weniger hin und her laufen musste und außerdem schneller fertig war. Mit Schwung setzte sie einen Fuß auf die Ladekante am Kofferraum und drückte sich nach oben, um für die letzten Teile passende Plätze zu finden und sich ein besseres Bild zu verschaffen und nachzuschauen, ob alles sicher verstaut war. Gerade als sie sich nach vorne beugend auf dem Gepäck abstütze, um weiter nach den hinteren Stücken zu gucken, wurde sie jäh unterbrochen. „Willst du dich auch noch dazu legen?” Da Akira dachte, dass sie alleine war, rechnete sie keinesfalls damit angesprochen zu werden und schreckte so heftig auf, dass sie sich den Kopf an der Fahrzeugdecke stieß. „Au...”, wimmerte sie leise, als sie sich kopfreibend aus dem Kofferraum zog und nachsah, wer sie so überrascht hatte. „Oh, entschuldige. Ich wollte dich nicht erschrecken.” Ozuma schaute sie schuldbewusst an, konnte sich ein leises Lachen aber auch nicht verkneifen. Akira verfiel in eine kurze Schockstarre als sie endlich aus dem Kofferraum geklettert war und starrte ihr Gegenüber ungläubig an. Sie hatte den Jungen seit dem Treffen im alten Freizeitpark nicht mehr wieder gesehen und durch den ganzen Stress mit Trainingslagervorbereitung und dergleichen, hatte sie glücklicherweise genügend Ablenkung gehabt, um nicht mehr näher über ihr verwirrtes Inneres nachzudenken. Mit einem Mal kamen die ganzen Emotionen jedoch zurück und sie versuchte sich nicht davon überrollen zu lassen. Mit einem kleinen Räuspern sammelte sie sich wieder und richtete sich auf. „Ozuma. Was verschafft mir die Ehre?” Akira wechselte unmerklich in den defensiven Modus. Sie schloss den Kofferraum. Unsicher, ob sie nicht doch einfach gehen sollte, wanderte ihr Blick wieder zu Ozuma. Sie erwartete Erklärungen, wusste aber auf der anderen Seite nicht, ob sie überhaupt berechtigt war diese zu verlangen. „Können wir reden?” Schonmal ein erster Schritt in die richtige Richtung. Sie nickte und überlegte. Es war niemand Zuhause. Ihr Großvater würde erst in frühestens einer Stunde von seinem Termin zurückkehren und Tyson würde sicher bis abends unterwegs sein. Da nun von Ozuma keine direkte Gefahr mehr ausging, fand sie es in Ordnung, wenn sie mit ihm in den Garten ging, wo sie sonst auch oft auf dem Engawa saß. Ozuma schien selbst nicht richtig zu wissen wo er anfangen sollte und schwieg eine Weile. „Wie geht’s dir?”, fragte er schließlich. Akira schnaubte leise und setzte sich seitlich auf den Holzbalkon. „Ein bisschen gestresst mit der Schule und dann ist ja auch bald die Weltmeisterschaft. Ständig tauchen irgendwelche Idioten auf, die meinen, den Jungs die BitBeasts stehlen zu wollen. Das ist nicht hilfreich.” Der indirekte Seitenhieb auf Ozuma und sein Team war eigentlich nicht beabsichtigt gewesen, da Akira eher die mysteriöse Organisation meinte, aber es passte trotzdem. Sie sahen sich schweigend an, ehe Akira weiter sprach. „Und wo hast du dich herumgetrieben?” Ozuma setzte sich neben sie ehe er antwortete. „Wir sind zurück in unser Dorf und mussten unseren Ältesten über unsere Abmachung aufklären. Sie waren nicht gerade begeistert, aber wir konnten sie irgendwann beschwichtigen. Sie wissen, dass wir eine solche Entscheidung nicht einfach leichtfertig treffen, wenn wir es nicht für richtig halten würden.” Ozuma faltete die Hände in seinem Schoß und senkte seinen Blick darauf. Das Mädchen ahnte, dass er mächtig Ärger bekommen haben muss und plötzlich tat er ihr Leid. „Und… Und jetzt?” Jetzt, wo die Mission der Saint Shields nicht mehr war, was war deren Plan für die Zukunft? „Wissen wir noch nicht richtig. Wir werden auf jeden Fall weiterhin mit aufpassen, dass die BitBeasts nicht in die falschen Hände geraten, sofern das nötig ist. Wir wollen außerdem auch herausfinden welche Organisation das ist, die ständig neue Blader hinter euch her schickt. Ansonsten hatten wir überlegt nicht doch an offiziellen Wettkämpfen teilzunehmen.” Der letzte Teil überraschte die Schwarzhaarige nun. „So richtig offiziell? Ohne Regelbrechen?”, fragte sie mit hochgezogener Augenbraue. „Für was für Menschen hältst du uns eigentlich?” Empört sah er sie wieder an. „Komm schon, sei ehrlich! Mit unserem Team gab es nicht oft die Chance auf Fairplay.” Er musste zugeben, dass sie Recht hatte und schaute in den Himmel. „Das war aber eine andere Situation… Ich würde gerne offiziell gegen Tyson antreten. Der Kerl kann richtig kämpfen, das macht echt Spaß.” „War bladen für dich sonst nicht spaßig?” Akira versuchte sich daran zu erinnern wie die letzten Kämpfe immer verlaufen sind und musste feststellen, dass sie jetzt im Nachhinein eher den Eindruck hatte, dass Ozuma es eher aus Pflicht getan hatte. „Früher mehr als jetzt...“ Man merkte wie es in seinem Kopf ratterte. Dann lachte er verlegen und sie stupste ihn mit ihrer Schulter an. „Erkenntnis ist der erste Schritt…”, antwortete sie leise und lehnte sich nach hinten. Ozumas Blick war weiterhin in die Ferne gerichtet. Es schien als würde er tief in seinen Gedanken stecken. Irgendwann schüttelte er unmerklich seinen Kopf und tat es Akira gleich, lehnte sich nach hinten und sah sie an. „Was habt ihr eigentlich vor? Fahrt ihr weg?”, fragte er schließlich und das Mädchen bemerkte ihren Fauxpas, dass eigentlich niemand Wind davon bekommen sollte. Unangenehm versuchte sie sich eine plausible Erklärung aus dem Ärmel zu ziehen. „Ähm… wir wollten mal weg. Die letzten Wochen waren recht stressig und das ist die letzte Chance vor der Meisterschaft, wo wir mal was als Team machen können, ohne Training und Ärger durch andere.” //Klasse, Aki. Sehr plausibel und überhaupt nicht nahe an der Wahrheit...// Sie schallte sich innerlich, dass ihr nichts besseres eingefallen war. Aber so abwegig war diese Aussage auch wieder nicht. Das Konzept des Teambuildings war durchaus eine reale Sache und zudem auch Teil des Trainingslagers. Nur halt eben nur ein Teil. „Verstehe.” Das Mädchen hatte das Gefühl, dass Ozuma es doch nicht so ganz nachvollziehen konnte und sie überlegte, wie sie das näher erläutern konnte. „Weißt du, wir sind zwar ein Team, aber an erster Stelle steht unsere Freundschaft. Denn gerade das macht uns als Team aus. Jeder weiß, dass er sich blind auf den anderen verlassen kann. Wir unterstützen einander. Das muss auch gepflegt werden. Und du glaubst gar nicht welchen Spaß man mit der Truppe haben kann, ... außerhalb der Matches.”, grinste sie und erntete einen belustigten Blick. „Doch, das glaube ich dir.”, lachte der Junge und seine Miene verdunkelte sich leicht. „Ich kannte bisher nur die ernste, verpflichtende Seite des Bladens. Ich bin aufgewachsen mit der Einstellung die Mission stets an erste Stelle zu stellen. Da war leider nicht viel Spaß darin involviert. Erst, als wir auf Tyson und euch getroffen sind, habe ich gesehen, wie andere damit umgehen. Das war neu für mich und erst mit dem letzten Kampf konnte ich den Sinn hinter dem Spaß an dem Ganzen wirklich verstehen.” Nun verstand Akira warum der Junge in der Vergangenheit so gehandelt hatte. Sie war froh, dass ihr Team den Saint Shields und vor allem Ozuma zeigen konnte, dass es auch eine andere Einstellung gibt. Von Max hatte sie vor einiger Zeit erfahren, dass Mariam sich ihm manches Mal etwas geöffnet und ebenfalls an den Kämpfen mit dem Amerikaner Spaß gehabt hatte. Ozuma schien dabei von der ganzen Truppe am Verbissensten an dem Ernst festgehalten zu haben. Diese Worte nun von ihm zu hören, waren demnach eine regelrechte Offenbarung. Dies brachte sie allerdings zu einer ganz anderen Frage: Wenn er so fixiert auf diese Mission war, warum hatte er ihr trotzdem Avancen gemacht? Das passte immer noch nicht zusammen. Ihr Gespräch mit Ray vor einigen Monaten kam ihr in den Sinn und sie beschloss seine damalige Frage an Ozuma weiterzuleiten. „Was hättest du getan, wenn ihr die BitBeasts wirklich dauerhaft eingeschlossen hättet? Also ich meine wegen… “ Es war ihr immer noch ein wenig unangenehm es auszusprechen. „Wegen dir?” Der Junge hatte verstanden und komplettierte den Satz. Sie nickte dankbar. „Ganz ehrlich? Keine Ahnung.” Das war ein ziemlicher Dämpfer. Akira zog die Augenbrauen nach oben. „Ich meine… Ich fand dich eben interessant und habe das nicht mit der Mission in Verbindung gebracht. Ich habe ehrlich gesagt auch nicht damit gerechnet, dass ihr schon eine so starke emotionale Verbindung zu diesen BitBeasts aufgebaut hattet. Ich wusste nicht, dass das überhaupt ging.” Er nahm seinen Flash Leopard in die Hand und betrachtete das Bild von seinem BitBeast. Die Schwarzhaarige versuchte unterdessen ihren Herzschlag zu zügeln und weiter zu schweigen. „Aber…” Mit diesen Worten drehte Ozuma sich immer noch sitzend zu dem Mädchen und verstaute den Blade wieder in seiner Tasche. „... ich habe eure Sichtweise verstanden und respektiere das. Das bedeutet, dass jetzt auch kein Interessenkonflikt mehr bestehen sollte.”, grinste er stolz auf sich selbst, da sich das Problem scheinbar in Luft aufgelöst hatte. Doch da stand er leider alleine mit da. „Woah, nicht so schnell. So einfach ist das nicht.” Wie gerne Akira sich dem auch einfach hätte hingeben wollen, so konnte sie ihre Enttäuschung nicht einfach ignorieren. Ihr Herz raste schier, während sie die Hände abwehrend hob und auch etwas überfordert von der Situation peinlich berührt lachen musste. Das Mädchen räusperte sich und fuhr fort. „Ich war ehrlich enttäuscht von dir. Ich verstehe jetzt warum du so gehandelt warst, aber ich bin mir nicht sicher, ob sich da eine vertrauensvolle Basis bilden kann. Ich… ich mag dich zwar immer noch, … glaube ich, aber das war echt heftig. Ich konnte das Ganze auch immer noch nicht richtig verarbeiten, weil die ganze Zeit irgendwas war. Ich bin mir noch gar nicht im Klaren, was ich überhaupt will und ich bin mir auch sicher, dass Tyson da immer noch quer schießt. Nicht, dass das meine Entscheidung beeinflussen sollte, aber er ist mir trotzdem wichtig, genau wie seine Meinung.” Mittlerweile stand sie wieder und sah ihr Gegenüber in die Augen als sie sprach. Die ganzen Eindrücke der letzten Monate prasselten gerade auf einmal auf sie ein und sie versuchte zu verbalisieren wie es in ihr aussah – so wirr es auch klang. Der Junge unterdessen musste die Worte erst einmal verarbeiten und starrte sie schweigend an. Er schien nicht mit so einer Antwort gerechnet zu haben. Akira selbst eigentlich auch nicht, wenn sie ehrlich war. Doch alles kam ungefiltert aus ihrem Munde, ohne, dass sie ein zweites Mal darüber nachdachte. Die Verunsicherung und Verwirrung der letzten Zeit hatten ihres getan und ihr Herz und ihre Gedanken völlig auf den Kopf gestellt. Sie würde lieber nochmal in Ruhe darüber nachdenken als nun zu überstürzen. Ozuma stand nun auf und stellte sich direkt vor sie. Sie schauten sich tief in die Augen und Akira spürte ihr Herz bis zum Hals schlagen, es war fast unerträglich. Aber auch das angenehme Kribbeln in ihrem Bauch konnte sie nicht ignorieren. „Ich… ich muss mir erst darüber im Klaren sein, was ich überhaupt will.”, wiederholte sie. Sie wollte die Möglichkeit nicht völlig ausschließen, aber sicher war sie sich auch nicht. Der Junge musste sich ebenfalls erst einmal sammeln und das Gesagte verarbeiten. Doch dann lächelte er. „In Ordnung... Aber wir sind trotzdem Freunde?” Die Anspannung, die ihren Körper gepackt hatte, fiel plötzlich von ihr ab. Sie hatte gar nicht gemerkt wie sich alles in ihr verkrampft hatte. Akira wollte ihn nicht einfach von sich stoßen, sich aber auch nicht einfach auf etwas einlassen, für das sie noch nicht bereit war. Er respektierte das und eine Welle an Glücksgefühlen erfüllte sie. „Natürlich!”, lachte sie erleichtert und konnte nicht umhin die letzten Zentimeter zwischen ihnen zu überwinden und ihn herzlich in eine Umarmung zu ziehen. Es war tatsächlich mehr aus Gewohnheit, aber in diesem Moment tat es besonders gut. Mit ihren Armen um seinen Hals drückte sie ihn an sich und spürte seine Arme auf ihrem Rücken, als er die Umarmung erst zögerlich, dann fest erwiderte. Es war das erste Mal, dass sie sich so nahe waren und sie musste sich eingestehen, dass sie sich die letzte Zeit nicht mehr so glücklich gefühlt hatte. Sie standen eine Weile so zusammen, ehe Akira begann sich langsam zu lösen. Sie spürte einen leichten Widerstand, da Ozuma seine Arme noch nicht öffnete. Wange an Wange registrierte sie wie er tief einatmete. „Danke.” Es war so leise, dass sie es fast überhört hatte, trotz, dass er das Wort direkt in ihr Ohr flüsterte. Daraufhin löste auch er sich und küsste sie auf die Wange. Die Schwarzhaarige errötete und wurde erneut von den Schmetterlingen in ihrem Bauch überrumpelt. Doch noch bevor sie reagieren konnte, drehte er sich mit seinem typischen Grinsen um und ließ sie wieder alleine. Ungläubig blinzelte sie noch eine Zeit in die Richtung, in die er vorhin verschwunden war, und fasste sich wie in Zeitlupe an die Stelle, die er geküsst hatte. Es fühlte sich so an, als würden seine Lippen noch immer auf ihrer Haut verweilen. Am nächsten Morgen versammelte sich das ganze Team im Vorhof der Grangers. Die letzten Packstücke der Bladebreakers, sowie die Verpflegung wurden nun ebenfalls in den Bus geladen und es konnte losgehen. Seit dem Vorabend hatte das Mädchen keine ruhige Minute vor ihrem Cousin gehabt, der seine wilde Fragerei fortgesetzt hatte, mal angesehen von der Zeit, wo er schlief. Zu aller Überraschung hatte Akira allerdings nicht reagiert. Selbst während der Fahrt war sie völlig von ihrer Gedankenwolke eingelullt und konnte alles andere erfolgreich ausblenden. Seit Ozuma am Vortag gegangen war, fühlte sie sich, als würde sie auf Wolken schweben und hatte eine derart gute Laune, dass es sogar Tyson nicht schaffte sie zu nerven. Die Fahrt über saß sie mit Hilary zusammen in der vorderen Reihe und starrte gedankenverloren auf die vorbeirauschende Landschaft. Da nun auch Zeo zum Team gehörte, war der Bus gerappelt voll und die Fahrt nicht gerade kurz. Entsprechend waren alle froh, als sie auf dem abgelegenen Campingplatz ankamen, auf dem Akira einige Stellplätze für sie reserviert hatte. Es war so gut wie nichts los und die Nähe zu einem Wald und großflächigen Wiesen machte den Ort ideal für ein Trainingslager. Das Wetter spielte auch mit und bescherte ihnen ungetrübten Sonnenschein. „Cool! Endlich nochmal zelten!” Tyson sah sich begeistert den Platz an. „Eigentlich hatte ich erwartet, dass du meckerst.” Hilary war dabei den Bus auszuladen und warf Tyson eine der Taschen in die Arme, um ihm zu signalisieren, dass er helfen sollte. Auch seine Cousine war überrascht auf Anhieb positive Worte von dem Blader zu hören. Sie konnte sich noch gut an seine Beschwerde in Kyoto über die traditionelle Unterkunft erinnern. Die Zelte wurden in Zweierteams aufgebaut und Akira und Kenny kümmerten sich um den gemeinsamen Platz, wo sie einen Klapptisch für die Essenszubereitung und einige Klappstühle für abends aufbauten. Hilary verteilte schließlich Wasser an alle und gemeinsam standen sie nun zusammen und besprachen das Vorgehen für das Wochenende. Hilary hatte Strecken für das Cardiotraining recherchiert und einige Gewichte für das Krafttraining mitgenommen. Kenny hatte unterdessen Dizzy vorbereitet und sich ein paar Strategien zurechtgelegt, die sie besprechen und üben wollten. Akira hingegen hatte ihren gesamten Fundus an Ersatzteilen eingepackt und war mit ihrem Klemmbrett auch jederzeit bereit zu notieren, wenn ihnen beim Training auffallen sollte in welche Richtung sie die Blades weiter modifizieren und verbessern wollten. Zeo war vollkommen überwältigt von so einer professionellen Trainingsvorbereitung. „Das ist so krass! Meine Freunde und ich haben immer nur gegeneinander gekämpft. Das war unser Training.”, schwärmte er und war aufgeregt, dass er Teil hiervon sein durfte. „Tja, so ist das, wenn Profis das machen.”, grinste Tyson stolz und klopfte dem neuesten Mitglied der Gruppe auf die Schulter. „Ehrlich gesagt haben wir vieles davon unseren drei ehrgeizigen Genies zu verdanken. Die machen die ganze Arbeit.”, lachte Max und während Kenny mit rotem Gesicht abwinkte, schwellte sich Hilarys Brust stolz und sie grinste von einem Ohr zum anderen. Akira hingegen konnte nur lachen und knuffte Max in die Schulter. „Keine Schleimereien vor dem Training!”, säuselte sie und klatschte schließlich in die Hände. „So und jetzt ab! Aufwärmen!” Erst am Nachmittag waren sie mit dem normalen Training durch. Nachdem es mittags nur eine kleine Pause mit Snacks gab, hatte Akira für abends zusammen mit ihrem Großvater das Essen vorbereitet, das nun fröhlich vor sich hin köchelte. Den Tag über hatte sie sich schon einige aufschlussreiche Notizen machen und mit Kenny absprechen können. Nun waren die Jungs bei ihrer letzten Laufrunde, die von Hilary mit Stoppuhr getriezt wurden. Für den Abend, nach dem Essen, hatten sich die drei noch etwas Unkonventionelles überlegt und dafür waren Kenny und die Schwarzhaarige nun auf einer der nahegelegenen Wiesen am Vorbereiten. Nur zwei Stunden später saßen alle mit vollen Bäuchen auf den Stühlen und sammelten wieder Energie. „Oh man, der Tag war heftig. So lange haben wir lange nicht mehr geackert.” Tyson murmelte mehr vor sich hin und saß halb heruntergerutscht in dem Klappstuhl. „Also…” Kenny hob den Finger „... wir sind noch nicht fertig für heute.” „Waaaas?” Diese Antwort kam unisono aus sämtlichen Richtungen und brachte Akira wieder zum Lachen. „Noch mehr??” Tysons Stimme wurde weinerlich. „Nichts Anstrengendes, mehr was Spaßiges.”, wollte ihn seine Cousine beschwichtigen. Erntete jedoch nur einen leidigen Blick. „Danach gibt es auch Nachtisch.”, versuchte sie es dann und Tyson wurde aufmerksam, was sie erneut lachen ließ. Hilary stand auf, um etwas zu holen und kam mit einem weichen Ball zurück, den sie in die Luft schmiss und wieder fing. „Wir spielen jetzt eine Runde Völkerball! Dank Zeo sind wir sogar genug, um zwei gleich große Teams bilden zu können. Das heißt, dass Kenny, Aki-chan und ich natürlich mitspielen.” „Super Idee. Das habe ich lange nicht mehr gespielt.” Ray erhob sich und gab Hilary ein High Five. Der Rest erhob sich ebenfalls, teils motiviert, teils resigniert. „Opa, kannst du den Schiedsrichter machen?”, fragte Akira und bekam ein begeistertes Nicken als Antwort. „Ist das nicht unfair? Ihr habt euch heute nicht so verausgabt wie wir!” Tyson versuchte immer noch zu diskutieren. „Ja, und deshalb dürft ihr entscheiden wie die Teams aussehen.” Akira legte einen Arm um die Schulter ihres Cousins. „Und außerdem soll das auch eure Augen-Hand-Koordination trainieren. Es ist also nicht nur aus Spaß.”, meinte sie dann. Es hatte schon einen Grund gegeben, warum Hilary das Krafttraining erst auf den nächsten Tag gelegt hatte. So waren sie nur von der Kondition her ausgepowert. Doch die Jungs waren immer schnell wieder einsatzbereit. Sie konnten alle ziemlich was ab, auch wenn Tyson dabei als Lautester schimpfte. „Ich will Aki in meinem Team!”, schrie er daraufhin, damit jeder es mitbekam. „Bist du dir sicher?”, sie fragte lieber nochmal nach. Eigentlich hatte sie gedacht er wolle sich an ihr für das heftige Training rächen, da es ja auch auf ihrem Mist gewachsen war. „Du bist zwar echt schlecht was das Werfen angeht, aber im Ausweichen macht dir keiner was vor.” Das war leider die Wahrheit, das musste Akira zugeben. Ihr Talent zum Ausweichen hatte ihr besonders ihr Großvater im Kendo-Training eingebläut. Die Teams wurden schnell beschlossen. Tyson, Akira, Max und Zeo gegen Hilary, Kenny, Ray und Kai. Sie verteilten sich in den vorhin mit Bändern abgesteckten Spielfeldern und Tysons und Akiras Großvater pfiff an. Es ging ziemlich hitzig zu. Max stand nun als letzter normaler Spieler in ihrem Feld, nachdem Akira einem Doppelangriff vom gegnerischen Team keineswegs mehr ausweichen konnte. Ray hingegen als König durfte nur noch zweimal getroffen werden, ehe sein Team verlieren würde. Sie hatten sich für die Variante entschieden, wo die rausgeflogenen Spieler zusammen mit ihrem König weiterspielen und sich die Chance zurück ins Feld zu können erspielen durften. Bei so wenig Spielern wären sie sonst zu schnell fertig geworden. Tyson tat sein bestes Ray zu treffen, aber der Chinese war wie eine Schlange und wich jedes Mal aus. Gerade als Ray wieder den Ball gefangen hatte und weiter zu seinen Teammitgliedern werfen wollte, konnte Akira mit einem Hechtsprung dazwischen gehen und den Ball an Max weiterleiten, der sofort reagierte und Ray erwischte. Er freute sich leider zu früh, da Kai den abprallenden Ball erwischte, ehe er auf dem Boden aufschlagen konnte und damit Max traf. Sie alle konnten sich leidenschaftliche Rufe und Freudenschreie nicht verkneifen. So ausgelassen hatte das Mädchen das Team lange nicht mehr gesehen. Es war wirklich eine gute Idee gewesen auch noch etwas anderes im Training zu machen, als sonst. Nun war es an Tyson als König sein Team noch zu retten. Doch auch er musste sich, wenn auch lautstark meckernd, geschlagen geben. Ray schaffte es erfolgreich den Ball nicht aus seinem Feld zu seinen rausgeflogenen Gegnern zu lassen und so wurde Tyson von ihm, Kai und Hilary regelrecht bombardiert. Der Japaner lag geschlagen auf dem Gras und blickte schmollend in den Himmel. Akira ging zu ihm, wollte ihm aufhelfen, aber er zog sie stattdessen Richtung Boden, wo sie lachend neben ihm landete und sich ebenfalls auf den Rücken drehte. „Das nächste Mal wähle ich dich nicht mehr!” „Ich habe dich extra gefragt, ob du dir sicher bist.” Sie hatte ihre Chancen eigentlich gar nicht so schlecht eingeschätzt, aber besonders Ray und Kai waren zusammen unschlagbar. Und Hilarys Wurf war auch nicht zu verachten. Kenny hingegen hatte eher versucht sich hinter den anderen zu verstecken. Solche Spiele waren wirklich nicht so sein Ding, aber Akira rechnete es ihm hoch an, dass er überhaupt mitgemacht hatte. Nachdem alle duschen waren, hatten sie ein kleines Lagerfeuer gemacht, auf dem sie Marshmallows rösteten. Eine Schüssel mit frischem Obst ging ebenfalls herum. Die wohlige Wärme war angenehm, nachdem es am Abend aufgefrischt hatte. Die Gespräche waren eher leicht und Akira schaltete sich gedanklich wieder ab, während sie in das Feuer schaute, und resümierte über ihren Vortag und das Gespräch mit Ozuma. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen ohne, dass sie es merkte. Sie registrierte ebenfalls nicht, dass sie dabei beobachtet wurde. Erst als sich die meisten Richtung Zelte aufmachten und sie als letzte die Überreste für die Nacht aufräumte, fiel ihr auf, dass sie doch nicht alleine war. „Darf ich fragen, ob etwas passiert ist?” Ray stand direkt neben ihr und flüsterte, damit die anderen nichts hören konnten. Akira sah ihn nur verwirrt an. „Komm schon. Ich kenne diesen verträumten Blick, den du heute schon den ganzen Tag an dir hast.” „Vor dir kann man auch nichts verheimlichen, oder?” Das Mädchen schwankte zwischen Bewunderung über so viel Einfühlungsvermögen und auch Scham, dass sie sich doch nicht so unauffällig verhalten hatte. Andererseits war es immer noch Ray, mit dem sie ja schon mal ein aufschlussreiches Gespräch über dieses Thema geführt hatte. Der Junge signalisierte, dass sie sich wieder an das ausglimmende Feuer setzen könnten, die Zelte dabei im Blick behaltend. Akira folgte ihm und begann leise zu erzählen. „Ozuma ist gestern wieder aufgetaucht. Das erste Mal seit euren Kämpfen im Freizeitpark.” Ray hörte schweigend zu und nickte verstehend. „Er hatte das mit der Mission nochmal näher erklärt, mit welchen Ansichten und Einstellungen er aufgewachsen ist. Ihr habt ihm quasi die Augen geöffnet, dass es auch anders geht. Er versteht jetzt auch, dass es eine Verbindung zwischen BitBeast und Blader geben kann. Das war auch der Grund warum er das mit mir und seine Mission euch betreffend so getrennt voneinander gesehen hatte.” Wieder ein verständnisvolles Nicken. „Und wie seid ihr verblieben?”, fragte er schließlich. „Er wollte mich, glaube ich, offiziell fragen, aber ich habe ihm direkt zu verstehen gegeben, dass ich mir nicht sicher bin, weil ich so enttäuscht von seinem Verhalten war. Ich habe ihm gesagt, dass ich seinen Standpunkt jetzt im Nachhinein zwar verstehe, aber ich trotzdem erst meine Gefühle sortieren und herausfinden muss, was ich eigentlich wirklich will.” „Oh… Okay… Und deswegen hängst du in Wolke 7 fest, weil du es jetzt weißt…?” Akira lachte leise. „Nein, ehrlich gesagt hat er mich daraufhin gefragt, ob wir dann zumindest erstmal Freunde sein können, worauf ich so erleichtert war, dass er meine Entscheidung so anstandslos respektiert, dass ich ihn umarmt hatte und dann… hat er sich bei mir bedankt und mich geküsst.” Das Mädchen wurde schon wieder Rot, als sie daran dachte. „Geküsst??” Ray hatte Schwierigkeiten seine Stimme leise zu halten und nicht die Aufmerksamkeit der anderen auf sie zu ziehen. „J-... ja, also auf die Wange!” Jetzt wurde sie noch roter beim Gedanken daran, wie der andere sie missverstanden hatte. Der Chinese machte eine stumme -Ohhh- Geste und nickte ein weiteres Mal. „Es ist zwar einige Zeit vergangen, in der ich darüber hätte nachdenken können, aber ständig war irgendwas und ich hab’s dann doch nach hinten geschoben, weil ich zu abgelenkt war.”, erklärte sie weiter. „Ich bin mir echt unsicher, aber das gestern… Das war einfach...” Sie rang um die Worte und gestikulierte mit ihren Händen. In dem Moment stellte sie fest, dass Ray der einzige war, mit dem sie über Ozuma reden konnte und sie war unglaublich erleichtert, dass er das Gespräch sogar von sich aus gesucht hatte. Sie ließ die Hände wieder sinken und knuffte den anderen leicht in die Seite. „Danke, Ray. Es tut gut mal mit jemandem darüber reden zu können.” Doch der winkte ab. „Kein Problem. Halte mich nur auf dem Laufenden. Ich muss wissen, wann ich ihm eine Lektion erteilen soll.”, grinste er und zwinkerte. Akira hatte das Gefühl, dass er sich gerne einreihen konnte. Tyson und Robert würden ihm sicher zuvor kommen, sobald sie den Braten rochen. Auch der Folgetag war vollgepackt mit verschiedenen Trainingseinheiten. Kenny hielt die Jungs mit Matches auf Trapp, Hilary sorgte anschließend dafür, dass sie vorerst keinen Muskel mehr bewegen konnten. Am frühen Nachmittag waren sie mit dem Programm durch und beschlossen die letzten Stunden auf dem Campingplatz zu relaxen. Die drei Organisatoren hatten schon einiges zusammen und in den Bus geräumt und während ihr Fahrer schnarchend im Schatten saß, lagen sie verteilt und entspannten sich ebenfalls in der Frühlingssonne. Die Zelte hatten sie bereits abgebaut und es fehlen nur noch Kleinigkeiten, doch sie alle genossen im Moment die Ruhe. Es war lange her, seitdem sie ohne Stress so zusammen waren. Akira war schon etwas verwundert, dass sie dieses Wochenende wirklich kein Mal gestört wurden, aber sie wollte auch nicht zu viel darüber nachdenken, da sie die Ruhe nicht verhexen wollte. Sie saß im Schneidersitz vor Hilary im Gras, während das andere Mädchen spontan beschlossen hatte ihr Zöpfe zu flechten. Akira kam sich ein bisschen vor wie in einem Klischee-Teenie-Film und musste leise über den Gedanken glucksen. Sie ließ ihren Blick über ihre Freunde schweifen und spielte mit den Grashalmen vor sich, als ihre Gedanken wanderten. Zeo war eine frische Bereicherung für das Team. Er war noch jünger als Akira selbst, doch sein Ehrgeiz war wirklich nicht zu verachten. Ihm fehlen noch einige Techniken und, dass er kein BitBeast besaß, war leider auch ein Nachteil, wenn er gegen die anderen im Training kämpfte. Das hieß jedoch nicht, dass er sich einfach geschlagen geben würde. Er war für seine Verhältnisse durchaus ebenbürtig und nahm jeden Tipp dankend an. Akira hatte auch an seinem Blade herumgetüftelt und verbessern können. Nichtsdestotrotz war er so intensives Training überhaupt nicht gewohnt und hatte mächtig kämpfen müssen, um mit den anderen mithalten zu können. Aber er hatte nicht aufgegeben und sich durchgebissen. Morgen würden sie alle wieder zur Schule müssen und der Alltag hatte sie wieder. Bald würden auch die Vorentscheidungen für die Weltmeisterschaft beginnen. Sie waren alle gespannt wie die Vorrunden laufen würden – und vor allem mit wem. //Ob die Saint Shields dann auch dabei sind…?// Ozuma hatte es zwar erwähnt, aber es würde trotzdem eine Überraschung werden, ob sie bei den Vorrunden auftauchen würden oder nicht. Die Japanerin beschloss die Zeit, bevor sie aufbrechen mussten, mit meditieren zu verbringen. Hilarys Bewegungen waren ehrlich gesagt recht entspannend und sie schloss einfach die Augen, machte die Gedanken frei. Kapitel 9: Agitation (V-Force) ------------------------------ Die Vorrunden hatten endlich begonnen. Die Bladebreakers waren bereits am ersten Tag vor Ort gewesen, um Zeo anzufeuern. Dabei hatten sie auch Mr. Dickinson getroffen, der ihnen eröffnete, dass sie als Titelverteidiger automatisch in der nächsten Runde waren und so nicht bei den ersten Matches teilnehmen mussten. Eine weitere Regelung für die diesjährige Meisterschaft war, dass es ein Paarwettbewerb war. Sie mussten in Zweierteams antreten. Das war auf jeden Fall eine Wendung, mit der keiner von ihnen gerechnet hatte, aber da sie jetzt noch nicht kämpfen mussten, hatten sie noch etwas Zeit darüber zu entscheiden wer mit wem antreten sollte. Zeo war schon in der ersten Runde mit seinem Partner angetreten, aus der sie siegreich hervorgegangen waren. Später machten er und Tyson dann aus Trainingspartner zu werden. Die Euphorie konnte man spüren, Zeo war mehr als glücklich, als sie sich für den Folgetag bei den Grangers verabredeten, um vor den nächsten Vorrundenkämpfen zu üben. Um so überrascht waren alle, und besonders Akiras Cousin, als er entgegen der Abmachung gar nicht auftauchte. Die Bladebreakers beschlossen ins Trainingszentrum zu fahren, doch dort trafen sie nur auf Zeos Kampfpartner, der ihnen, ebenfalls enttäuscht, mitteilte, dass Zeo gar nicht vorbeigekommen war und dessen Vater ihn sogar abgemeldet hatte. Er konnte sich ebenfalls nicht erklären was los war. Erst am frühen Abend, als die Sonne unterging und sie am Fluss zusammen saßen und überlegten was sie tun sollten, trafen sie zufällig auf den Blauhaarigen, der nicht erfreut schien sie zu sehen. Tyson war als erster aufgesprungen und hatte dem Jungen nachgerufen, während er ihm nachlaufen wollte. Doch er kam nicht weit, da Zeos Worte ihn abrupt stoppen ließen. „Lasst mich!!”, schrie Zeo ihn an. Sie alle waren überrascht von dieser Reaktion. „Hey, was ist denn los, Kumpel?” Tyson versuchte ihn zu einem Gespräch zu drängen. „Lasst mich einfach in Ruhe, kapiert? Ihr sollt mich in Frieden lassen, habt ihr verstanden? Lasst mich in Frieden! Von jetzt an sind wir Feinde, geht das in euren Kopf? Ihr müsst vergessen, dass wir uns je begegnet sind!” Mit jedem Wort wurden die Augen der Bladebreakers größer. Akira konnte nicht verstehen was los war und warum Zeo sich so gegen sie stellte, wo er doch so viel Spaß beim Trainingslager mit ihnen hatte und gestern auch begeistert über Tysons Vorschlag, sein Trainingspartner zu sein, war. Und sie war da nicht die Einzige. „Was redest du für einen Blödsinn? Warum sollten wir vergessen, dass wir uns kennengelernt haben?” Ihr Cousin versuchte es weiter, doch Zeo schaute ihn nur wutentbrannt an. Man spürte das Feuer in seinen Augen lodern. „Weil ich es sage! Und unsere nächste Begegnung findet im Bey-Stadium statt!”, schrie er und ließ sie stehen. „Hey, du kannst jetzt nicht einfach davonlaufen, Zeo. Bleib stehen!... Was… Was ist denn los, Zeo? Lass uns doch nicht so stehen.” Tyson wollte ihm hinterher, wurde jedoch von Kai aufgehalten. „Lass ihn laufen. Er braucht ein bisschen Zeit.” „Wie bitte?!” „Er hat sich entschieden. Und es macht den Eindruck als hätte er sich gegen uns entschieden, Tyson. Also lass ihn laufen. Vielleicht sagt er uns eines Tages den Grund.” Kai hatte nicht Unrecht. Seltsam war das Ganze auf jeden Fall und niemand von ihnen konnte sich einen annähernd plausiblen Reim daraus machen. Aber solange Zeo nicht bereit war mit ihnen zu reden, würde das auch dabei bleiben. „Aber-... Was ist nur passiert? Ich kapier das nicht.” „Kommt, das bringt doch nichts.” Akira versuchte ihren Cousin aus seiner Starre zu holen und legte ihre Hand auf seine Schulter. „Lasst uns zurück gehen. Wir werden dann ja bald in der Arena auf Zeo treffen. Vielleicht bekommen wir dann mehr Informationen.”, versuchte sie ihn zu beschwichtigen. „Akira hat Recht. Wir müssen uns weiter vorbereiten und uns wegen der Zweierteam-Geschichte Gedanken machen. Wir haben jetzt schon einen ganzen Tag wegen Zeo verloren, lasst es nicht noch mehr werden.”, meinte Kai und drehte sich als erstes um, um wieder zu gehen. „Das stimmt leider...” Max legte seine Hand auf die andere Schulter von Tyson und gemeinsam zogen sie ihn in Richtung Zuhause. *** „Ach du Scheiße! Was! Zur! Hölle!” Akira schaute sich das Häufchen Elend in ihren Händen an. Die Bladebreakers waren abends wieder bei ihr und Tyson Zuhause und saßen draußen am Engawa, nachdem sie endlich eine geeignete Lösung für die Aufteilung des Teams gefunden hatten. Max und Tyson bildeten das eine Team, Kai und Ray das andere. Schließlich tauchte auch der Älteste der Truppe auf und übergab seinen halb-zerstörten Dranzer in ihre Obhut. Ohne etwas dagegen tun zu können füllten sich ihre Augen mit theatralischen Tränen als sie seinen Blade von allen Seiten betrachtete. Nichts, nichts von den Teilen, die sie eingebaut hatte, hatte überlebt. Sie musste Dranzer komplett wieder neu aufbauen. //Die ganze Arbeit mit einem Mal für die Katz’...// Akira wusste was für ein guter Kämpfer Kai war, und dass es sicher einen Grund gab, warum sein Blade so zugerichtet wurde. Mit feuchten Augen und Schmollmund sah sie auf, versuchte ihre kritischen Worte, wie zum Teufel das ausgerechnet ihm passieren konnte, runterzuschlucken, da sie nicht helfen würden. Kai war sicher selbst frustriert genug über den Verlust. Der Älteste berichtete von einem Bladerpaar, das ihn wegen seines Powerrings zum Duell herausgefordert hatten. Sie hatten beide BitBeasts und beendeten das Match mit unfairen Mitteln, als sie plötzlich beide gegen ihn kämpften. Während er erklärte, lugte Kenny hinter Akira hervor und besah sich ebenfalls Dranzer. „Ich hab’ gute und schlechte Neuigkeiten.”, stellte er fest. „Die gute ist, Kais BitBeast ist in Ordnung. Die schlechte-...” Und bevor er weiterreden konnte, fiel ihm Akira ins Wort. „Der Rest des Blades ist Schrott.” Ihre Mundwinkel zogen sich noch weiter Richtung Boden, sofern das möglich war. „Ich hatte doch erst neue, super Teile eingebaut...”, schniefte sie und ließ den Kopf deprimiert in den Nacken fallen. „Ah, sie waren nur hinter Kais Powerring her. Was für Penner lassen sich auf einen Kampf ein nur um ein Teil abzuzocken?”, wetterte Tyson. „Welche scheiß Penner klauen überhaupt Teile?!? Sollen sich die Idioten doch selbst welche kaufen!!!” Die Japanerin wurde wütend. Und ausfallend. „Sorry...”, fügte sie mit leiserer Lautstärke schmollend hinzu. Sie hatte in jeden der Blades der Jungs so viel Arbeit und Recherche hineingesteckt. Und ihre Spezialteile, die sie bestellt hatte, waren auch nicht gerade günstig gewesen. „King und Queen, die Teilepiraten. Das müssen sie gewesen sein.”, meinte Ray schließlich. Akira horchte auf. Die Namen hatte sie vorher noch nie gehört. „Was? Teilepiraten?” Hilary schien ebenfalls irritiert. //Und dann auch noch so ein bescheuerter Name...//, schimpfte Akira innerlich weiter. „Ja, ich hab auch schon von denen gehört. Sie sind ein eigenartiges Paar und haben einen ziemlich miesen Ruf. Ihr einziges Ziel ist es hochwertige Teile zu sammeln.”, erklärte Max dann weiter und die Schwarzhaarige wurde wieder wütend. So Leute waren ihr wirklich die Liebsten. „Das heißt, dass sie schon tausende davon abkassiert haben.”, fügte Ray hinzu. „Ah, King und Queen. Ich hätte es wissen müssen...” Kai schaute auf seinen Dranzer in den Händen des Mädchens. Man konnte den Ärger geradezu spüren, den er empfand. „Wenn ich das schon höre: King und Queen. Stellt euch mal vor wie eingebildet man sein muss, um sich selbst so zu nennen. Kai, sag’ ein einziges Wort zu uns und wir machen sie fertig.” Tyson nickte nochmal bekräftigend, als würden sie seinen Worten mehr Nachdruck verleihen. „Du hast Recht, die beiden sind die Pest.” Kai verschränkte die Arme vor der Brust als er sprach. „Aber sie gehören mir. Ich werd’ mich selbst darum kümmern.” Akiras Augen wurden zu Schlitzen und sie sah wieder auf den zerstörten Blade. //Und wenn Kai mit ihnen durch ist, gibt’s noch ‘ne Abreibung von mir!// Sie war dermaßen sauer, dass ihre harte Arbeit durch den Dreck gezogen und rücksichtslos zerstört wurde. //King und Queen… Wenn ich euch in die Finger bekomme...// *** Ein paar Tage waren seit dem Gespräch mit allen vergangen und Akira stürzte sich wie eine Besessene in die Rettung von Dranzer. Sie wühlte ihren gesamten Bestand an Teilen durch, wusste, dass sie so manches Einzelstück leider nicht mehr ersetzen konnte, doch ihre Zusammenarbeit mit Kenny und vor allem Dizzy und die Suche im Laden von Max’ Vater hatte ihr einen Schubs in eine interessante Richtung gegeben. Dadurch, dass sie Dranzer komplett neu aufbauen musste, konnte sie auch die Zusammensetzung von Null auf ändern. Das brachte überraschende Vorteile, wie sie nun feststellte. Gerade als sie endlich fertig war, ging sie zu den anderen im Garten und sah, dass Hilary, Kenny, Tyson und Max mit Kane und Jim redeten. Sie hatten sie seit den Kämpfen von vor einem halben Jahr nicht mehr gesehen. Kane berichtete davon, dass sie beide als Team bei der Weltmeisterschaft teilnahmen und sogar so gut wie im Finale seien. Salima und Goki hingegen reisten in der Welt umher und gaben Kurse im Bladen. Während des Gespräches kamen auch Ray und Kai dazu und Akira nutzte die Gelegenheit letzterem seinen neuen Dranzer zu überreichen. „Der ist nicht nur repariert, Dranzer ist niegelnagelneu.”, grinste sie den Ältesten stolz an und hielt ihm seinen Blade entgegen, der ihn annahm. „Kenny, Dizzy und ich haben die digitalen Analysen der letzten Kämpfe dazu genutzt ihn von Grund auf neu aufzubauen.” „Wir haben unter anderem die Achse stabilisiert und das Kerngewicht reduziert. Dadurch kann Dranzer viel dynamischer von Verteidigung auf Angriff umschalten.”, schaltete sich Dizzy ein. „Probier ihn schon aus, Kai!” Kenny war mindestens genauso aufgeregt. Kai ließ sich das nicht zwei Mal sagen und startete Dranzer, der in Lichtgeschwindigkeit eine Getränkedose zerschredderte. „Waaaahnsinn.” Tyson schaute, als ob ihm jeden Moment die Augen aus dem Kopf fallen würden. „Interessant ihn in Action zu sehen.” Das Grinsen auf Akiras Gesicht wurde immer breiter, denn sie hatte noch ein kleines Ass im Ärmel. „Wenn ihr glaubt das war was Besonderes, dann wartet mal bis ich den Powerring eingebaut hab’.” Innerlich konnte das Mädchen es kaum erwarten die wahre Stärke von Dranzer herauszukitzeln. Kai gab seinen Blade wieder in ihre Hände und sie baute das Teil mit geübten Griffen ein. „Er besteht aus einer ultraleichten Hochgeschwindigkeitslegierung.” Ihr Techniker-Herz schlug höher je mehr sie davon sprach. Und sie hatte Recht, Dranzers neue Form war überwältigend. *** Akira wusste, dass sie ganze Arbeit geleistet hatte. Kai bekam per Zufall eine weitere Chance sich mit King und Queen zu duellieren und hätte auch fast gewonnen, wenn King das Match nicht hinterlistig abgebrochen hätte und die beiden plötzlich verschwunden wären. Kais neuer Blade konnte einiges mehr ab, aber während des Kampfes hatte sie trotzdem das Gefühl, dass Dranzer nahe an der Belastungsgrenze gewesen war und das beunruhigte sie. Ganz besonders nachdem sie herausgefunden hatten, dass die Teilepiraten ebenfalls beim Turnier mitmachten und es sogar schon bis in die Finalrunden geschafft hatten. Als sie die beiden das erste Mal gesehen hatte, hätte sie sich am liebsten auf sie geschmissen, aber Ray hatte sie noch davon abhalten können. Doch auch eine weitere Neuigkeit brachte sie alle mächtig ins Grübeln. Dr. Zagart war aufgetaucht, um zwei seiner Spieler für die Qualifikationen registrieren lassen. Einer davon war Zeo, der sich zudem auch noch als Dr. Zagarts Sohn herausstellte. Es war der Abend vor der großen Pressekonferenz, die den Beginn der Finalspiele einläutete. Es war auch der Tag, an dem Akira Geburtstag hatte. Das ganze Team war am heutigen Tage bei den Grangers gewesen. Sie hatten gegrillt und sich gemeinsam auch auf die Konferenz am Folgetag vorbereitet. Akira hatte sie schließlich am späten Nachmittag aus dem Haus gescheucht, da sie und auch die anderen wussten, dass sie sich alle ausruhen mussten. Der Wettkampf würde hart werden und dafür brauchten sie alle reichlich Energie. Die Schwarzhaarige saß zusammen mit ihrem Kater wie immer auf dem Engawa und genoss die warme Abendluft. Sie ging nochmal einige von Kennys Analysen der anderen Teams durch und kraulte währenddessen Mica, der sich schnurrend auf den Rücken gelegt hatte und den die Zuwendung mehr als erfreute. Gerade hatte sie Ozumas Informationen in der Hand. Sie war nicht so überrascht wie Kenny gewesen, als sie von der Qualifikation der Saint Shields für die Finalkämpfe mitbekommen hatte. Unbewusst strich sie mit dem Daumen über sein Foto und seufzte. Tatsächlich zermarterte sie ihr Hirn seit ihrem letzten Treffen was sie nun tun sollte. Sie hatte viel hin und her überlegt und letztendlich eine Entscheidung getroffen. Ohne die Möglichkeit ihn zu kontaktieren, musste sie jedoch bis zum morgigen Tag abwarten, wo sie wieder aufeinander treffen würden. Sie seufzte ein weiteres Mal und legte den Ausdruck weg. Die nächsten Bilder, die sich zeigten, waren die von King und Queen. Ihr Ärger kochte wieder hoch und sie zerknüllte die Blätter, um sie im hohen Bogen in den Garten zu werfen. „Arrogante Pisser...”, zischte sie und erschreckte ihren Kater, der mit einem Mal auf allen Vieren stand und verdattert durch die Gegend guckte. „Oh nein, Mica. Sorry. Das wollte ich nicht.” Entschuldigend nahm sie ihn hoch und drückte ihn an ihre Brust, bis er sich wieder beruhigt hatte. Mit einem Kuss auf den Kopf ließ sie ihn wieder los und er trottete ruhesuchend in die Richtung ihres Zimmers. Als das Mädchen wieder den Blick von ihrem Kater abwand und die übrigen Unterlagen sichten wollte, sah sie einen Schatten direkt vor sich. Mit großen Augen schaute sie auf. „Hey.” Ozumas grüne Augen blitzten sie freundlich an. „... Hey.”, konnte sie nur antworten. Sie hatte überhaupt nicht damit gerechnet ihn doch noch vor morgen zu sehen. „Alles Gute zum Geburtstag.”, grinste er schließlich und hielt ihr etwas entgegen. Damit hatte sie noch weniger gerechnet. „D-... Danke!” Akira nahm das Buch aus seinen Händen und betrachtete es. Es sah älter aus. „Es beinhaltet alte Schriften über die heiligen BitBeasts. Damit ihr deren Ursprung und Hintergründe etwas besser versteht. Jetzt, wo ihr selbst auf sie aufpassen wollt, müsst ihr auch mehr darüber wissen.” Die Schwarzhaarige konnte gar nicht mehr ihren Mund schließen. Sie hatte noch nie so ein Werk gesehen und besonders sie und Kenny haben schon oft vergeblich versucht mehr herauszufinden. „Du meine Güte, vielen Dank!” Ehrfürchtig öffnete sie das Buch und blätterte durch einige Seiten. „Da steht nicht alles darüber drin, aber euch wird es trotzdem helfen.”, lachte er und schien erleichtert, dass sie sich so darüber freute. „Das ist echt unglaublich.” Akira stand auf und umarmte ihr Gegenüber. Sie war ehrlich überrascht und überwältigt von dem Geschenk, vor allem, weil sie das auch gar nicht erwartet hatte. „Woher weißt du überhaupt wann ich Geburtstag habe?”, fragte sie, als sie ihn weiter an sich drückte. „Ich kann durchaus zuhören.”, antwortete er lediglich und erwiderte anstandslos. „... Stalker.”, kicherte sie dann und löste sich endlich aus der innigen Umarmung. Sie war es sicher nicht, die ihm diese Information direkt mitgeteilt hatte, aber sie kannte diese Seite an ihm ja schon zu genüge. Ozuma ließ sie jedoch nicht gänzlich los und so blieb sie nur wenige Zentimeter von ihm entfernt und sah ihm in die Augen. „Hast du eine Entscheidung treffen können?” Da war sie, die Frage aller Fragen. Akira nickte und ihr Blick wechselte. Der Junge bemerkte es sofort und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Wartete bis sie sich gesammelt hatte, um zu reden. „Ich habe viel überlegt und… Ich finde, wenn ich schon so viel überlegen muss, dann bin ich im Moment einfach noch nicht bereit für sowas. Ich hab’ so viel um die Ohren, dass ich ehrlich gesagt auch keine Zeit für eine weitere Verpflichtung hätte.” Eine ihrer Hände verweilte auf seiner Schulter, die andere griff nach der, die gerade ihre Haare berührt hatte. Traurig sah sie ihm weiter in die Augen. Wäre sie in diesem Moment nicht so fokussiert, hätte die körperliche Nähe sie sicher wieder erröten lassen. „Es tut mir wirklich Leid. Ich wünschte ich könnte dir was anderes sagen, aber ich will mich auch nicht selbst belügen.” Mit diesen Worten drückte sie seine Hand. Eine kurze Stille entstand, die der Junge aber schließlich beendete. „Ist schon in Ordnung. Ich finde es gut, dass du ehrlich bist. Du hast wenigstens ernsthaft darüber nachgedacht.” Er wirkte gefasst, doch Ozuma hatte sich sicherlich trotzdem eine andere Rückmeldung gewünscht. Sie lösten sich nun vollends und setzten sich nebeneinander auf den Holzbalkon, beide den Blick in den sternenverhangenen Himmel gerichtet. Akira hatte noch ein größeres schlechtes Gewissen, als ihr wieder das Buch einfiel. //Da schenkt der mir sowas Tolles und ich servier ihn trotzdem ab...// „Du, wenn du das Buch wieder mitnehmen möchtest...”, setzte sie an, doch wurde jäh unterbrochen. „Unsinn! Das habe ich dir als Freund geschenkt. Natürlich will ich, dass du es behältst.”, lachte er leise, scheinbar überrascht über ihren Gedankengang. Akira hätte sich nur wieder für das alles entschuldigt und entschied sich stattdessen einfach zu schweigen. Sie tat sich sowieso schwer mit der ganzen Situation. Es war das erste Mal, dass sie so für jemanden fühlte. Und das Schlimmste war, dass das auch noch auf Gegenseitigkeit beruhte. Doch ihre Umstände erlaubten es ihr einfach nicht sich Hals über Kopf in eine Beziehung zu stürzen, wenn sie bereits genügend Baustellen in ihrem Leben hatte, die einfach Vorrang hatten. Allen voran ihr zeitweise ungezügeltes Temperament. Sie hatte zwar bisher die längste Zeit überhaupt seit dem letzten Ausbruch überstanden, doch der Schein kann durchaus trügen. Und sie befürchtete, dass eine Achterbahn an Gefühlen, woraus ihre gemeinsamen Treffen bisher hinausgelaufen waren, alles nur wieder verschlimmern könnte. Dafür war sie im Moment einfach noch zu instabil. Es wäre egoistisch und verantwortungslos, würde sie sich jetzt in eine Romanze begeben. Vor allem nach dem Feind-Freund-Chaos, das sie zu der Zeit zusätzlich verunsichert hatte. Tief in ihren Gedanken merkte Akira nicht, das Ozuma sie schon seit einer Weile ansah. „Vertraust du mir?” Die Frage riss sie aus den Wirren ihrer Überlegungen und sie blickte zurück. Sie fragte sich was er genau meinte und dachte kurz nach. Trotz ihrer Schwierigkeiten konnte er sich letztlich erklären und sie hatte ihm verziehen. „... Ja-...” Bevor sie mehr sagen konnte, spürte sie plötzlich seine Lippen auf ihren. Aus Reflex schreckte sie zurück, aber stoppte nach nur wenigen Zentimetern. Verwirrt schaute sie ihm tief in die Augen, versuchte ihre Gefühle und Gedanken zu sortieren, doch ihr Körper bewegte sich auf einmal wie von alleine. Ein zweites Mal versiegelten die beiden ihre Lippen und das Mädchen hob die Hände um sein Gesicht mit diesen zu umschließen. Sie fühlte sich wie eine Ertrinkende und er war ihr Sauerstoff. Die Schwarzhaarige wusste gar nicht wie ihr geschah. Das Verlangen übermannte sie so plötzlich, dass sie von den vielen Emotionen überwältigt war. Erst nach einiger Zeit trennten sie sich wieder, die Augen geschlossen und Stirn an Stirn, ihre Hände hielten ihn immer noch nah bei sich. Akira versuchte ihren Herzschlag zu beruhigen. In ihr kribbelte alles so unerträglich, dass ihr fast schlecht wurde, aber gleichzeitig fühlte sie sich, als würde sie schweben. Die ganze Zeit, besonders nachdem sie ihre Entscheidung getroffen hatte, hatte sie ihre Gefühle einfach runtergeschluckt und Ozuma hatte das alles mit einem kleinen Kuss getriggert und eine Lawine losgelöst. Doch sie durfte jetzt nicht schon wieder schwach werden. Akira hatte ihre Entscheidung getroffen und daran wird sich auch nichts ändern. Das versuchte sie zumindest gerade ihrem euphorisierten Hirn beizubringen. „... Nur heute Abend...”, flüsterte der Junge und sie öffnete langsam wieder ihre Augen, sah in seine tiefgrünen, in denen sie sich nur zu leicht verlieren konnte. „... Nur für heute Abend.”, wiederholte er und sie bemühte sich seine Worte ordentlich verarbeiten zu können. „Wenn ich wieder gehe, ist alles beim Alten. Freunde – nicht mehr.” Ging das denn so einfach? Wäre das Mädchen in der Lage sich danach zu verhalten, als sei nichts passiert? Aber… Im Grunde würde sie das jetzt schon müssen, da sie sich ja schon geküsst hatten. Einen klitzekleinen Abend einfach nachgeben. Fühlen, was sich so goldrichtig anfühlt und auch ihre ersten Erfahrungen machen, wenn auch wenig. Ozuma war etwas Besonderes und das würde er für sie auch immer bleiben. Um seine Frage zu beantworten, zog sie ihn ein weiteres Mal sanft zu sich und küsste ihn erneut. Die kurze Zeit endete wie besprochen. Akira hatte jede Sekunde der körperlichen Nähe aufgesogen und genossen. Es war ihr gemeinsames kleines Geheimnis, das sonst niemand wissen musste. Die Nacht hatte sie überraschend gut geschlafen, doch jetzt, als sie auf dem Weg ins Stadion waren, wurde sie ein wenig nervös. Sie versuchte die Eindrücke vom Vorabend in den Hintergrund zu verschieben und konzentrierte sich auf die anderen Teams, auf die sie heute erstmals treffen würden. Das Mädchen machte sich besonders Sorgen um Tyson, sobald Zeo auftauchen würde. Die vielen neuen Erkenntnisse haben ihn dermaßen irritiert, dass er die letzten Tage nahezu wortkarg war. Aber auch nur nahezu. Als sie am Stadion ankamen, wurden sie von der Presse belagert und Tyson war wieder voll in seinem Element. Mr. Dickinson versuchte unterdessen die Reporter in Schach zu halten und auf die Pressekonferenz in wenigen Minuten zu vertrösten, damit die Blader vorher ihre Ruhe hatten. Die Saint Shields waren bereits vor Ort und Ozuma rief Tyson, der freudig zu ihnen lief. „Ozuma, das ist ja cool! Du bist auch im Finale?”, grinste er und begrüßte den anderen. Akira hatte am Vortag bereits geahnt, dass ihr Cousin nicht bei der Sache gewesen war, als sie die anderen Teams angesprochen hatten. Er hatte also wirklich nicht mitbekommen, wer es noch in die Finalrunden geschafft hatte. Die Schwarzhaarige blieb etwas entfernt bei den anderen stehen und Ozuma und sie nickten sich kurz zur Begrüßung zu. Ihr Herz machte wieder einen kleinen Satz und sie versuchte sich mit den Unterlagen abzulenken. Sie wurde jedoch jäh unterbrochen, als King und Queen das Gebäude betraten. Ihre Miene verfinsterte sich mit einem Mal, als sie die beiden mit ihren Augen fixierte, und sie spürte eine Hand auf ihrer Schulter. Ray sah sie nicht einmal an, als er sie ein weiteres Mal davon abhielt ihre Wut hochzuschaukeln, aber ihre wutgeladene Aura konnte man sogar von Weitem spüren. „Interessant, die Teilepiranten sind angekommen” Joseph besah sich ihre Gegner mit verschränkten Armen. „Kennst du die beiden? Was weißt du über sie, Joseph?” Tyson wand sich neugierig dem Kleinsten zu. „Naja, man kann an allen Ecken Gerüchte über die hören”, antwortete er und zuckte mit den Schultern. „Ja, und diese Gerüchte haben eins gemeinsam: sie sind mies.”, erklärte Mariam und Akira konnte innerlich nur zustimmen. „Ja, und ich hab außerdem gehört, hinter ihnen steckt jemand, der hinter den vier BitBeasts her ist.” Ozumas Worte zogen nun auch die Blicke der anderen auf sich. Wenn das wahr war, würde das nochmal einiges für das Team ändern. „Meinst du etwa Dr. Zagart?”, fragte Tyson wieder und sah King und Queen zu, wie sie an ihnen vorbei liefen. Beide sahen sie arrogant von oben bis unten an und wanden sich schließlich ab. Akiras Hände ballten sich zu Fäusten und sie zerknitterte ihre Unterlagen, als sie den beiden schnaufend hinterher starrte. Rays Hand, die immer noch auf ihrer Schulter lag, drückte sanft zu und drehte die Japanerin schließlich von ihren Gegner weg. „Ignorier’ sie. Sie sind es nicht wert, Aki.”, flüsterte er ihr zu und sie wusste, dass er Recht hatte. Sie atmete kurz durch und sah kopfschüttelnd auf den Boden, um sich zu beruhigen. „Ihr müsst vorsichtig sein. Das wird nämlich ein verdammt harter Wettkampf.”, meinte der Leader der Saint Shields schließlich. Als endlich alle ihre Plätze eingenommen hatten, standen Hilary, Kenny und Akira etwas abseits der Reporter und beobachteten alles. Endlich wurden die Paarungen bekannt gegeben und sie wussten auf wen ihre Jungs zuerst treffen würden. Tyson und Max würden gegen Kane und Jim antreten, während Ray und Kai gegen ein relativ unbekanntes Team aus Südamerika kämpfen müssten. Ozuma und Dunga hingegen würden als erstes auf Zeo und seinen neuen Partner Gordo treffen, die beide an diesem Tag nicht erschienen waren. Mariam und Joseph würden dafür gegen King und Queen batteln. Viel weiter konnte Mr. Dickinson jedoch nicht berichten, da King ihn einfach unterbrach. Er interessierte sich nicht im Geringsten für das ganze Tamtam und Dunga sprang verärgert auf. Die beiden provozierten sich gegenseitig so sehr, dass ein Bey-Battle entbrannte. Die beiden richteten genug Schaden im Gebäude an, ehe sie sich nach draußen begaben. Akira massierte sich die Schläfen. Sie war zwar selbst aufgebracht vom Verhalten von King und Queen, doch Dunga schien ein noch größerer Hitzkopf zu sein als sie. Hilary, Kenny und sie folgten der Masse ins Freie und sie konnten gerade noch sehen wie Kai, Ray und Max es schafften den Kampf zu stoppen, nachdem Tyson dank Queen daran gescheitert war. Die nächsten Tage mit den offiziellen Kämpfen würden wirklich spannend werden. Kapitel 10: Termination (V-Force) --------------------------------- Die Matches starteten einen Tag nach der Pressekonferenz. Endlich waren nun auch alle Teams zusammen – auch Zeo und Gordo waren da. Tyson nutzte die Gelegenheit, um noch einmal mit Zeo zu reden und herauszufinden, was los ist. Da er schneller weg war, als die anderen gucken konnten, beschlossen die restlichen Bladebreakers sich Plätze im Publikum für das nächste Match zu suchen. Als sie sich setzten, stieß Ray, der neben Akira saß, das Mädchen unbemerkt vor den anderen leicht in die Seite. Er deutete mit einem Kopfnicken Richtung Arena und sie verstand, dass er nach Ozuma fragte, der ja jeden Moment zusammen mit Dunga gegen Zeo und Gordo antreten würde. Sie hatte noch gar keine Gelegenheit gehabt, ihn darüber zu informieren, dass sich die Sache erledigt hatte. Mit zusammengepressten Lippen schüttelte sie den Kopf. Der Chinese nickte ein weiteres Mal und wandte sich erneut der Mitte der Arena zu. Akira tat es ihm gleich, da nun auch die Kämpfer erschienen. Zeitgleich kreuzte ihr Cousin auf, der sich neben Hilary setzte. Man konnte spüren, dass das Gespräch mit Zeo überhaupt nicht zu seiner Zufriedenheit gelaufen war. Er war sehr kurz angebunden und in Gedanken, was Akira durchaus Sorgen bereitete. Das Mädchen konnte jedoch nicht weiter darüber nachdenken, da das erste Match begann. Dunga verlor so schnell gegen Gordo, dass ihnen alle die Münder offen standen. Wenn Zeos Partner schon so immens stark war, waren sie gespannt, was Zeo selbst zeigen würde. Akira dachte wieder an ihr Camping-Wochenende, wo der Jüngere ja auch dabei gewesen war. Es hatte so viel Spaß mit allen zusammen gemacht, auch wenn die Jungs mächtig ackern mussten. Niemand konnte verstehen, wieso er das so plötzlich wegwerfen wollte. Da musste doch mehr dahinter stecken, als nur die Tatsache, dass Zeo der Sohn ihres Feindes Dr. Zagard war. Ozuma war nun an der Reihe und Akira atmete tief durch. Die Schwarzhaarige rutschte nervös auf ihrem Sitz herum. Sie konnte es sich nicht recht erklären, aber sie hatte ein schlechtes Gefühl. Sie wusste wie stark Ozuma war, wenn er mit seinem Flash Leopard kämpfte, aber diese Aura Zeos war zum Fürchten. Das Match startete und vom ersten Moment an zeigten beide Spieler keine Gnade. Man hatte den Eindruck, dass sie wahrlich ebenbürtig waren, keiner von ihnen schaffte es lange die Oberhand zu haben. Zumindest bis Zeo begann seine Wut auf seinen Blade zu übertragen und dieser einen unglaublichen Wind im Stadion verursachte. Die Energie ging ins Unermessliche und sogar Dizzy musste sich bei der Analyse geschlagen geben, da die Datenmengen den Laptop überlasteten. Die beiden bestritten diesen unerbittlichen Kampf mit scheinbar allem was sie vorzeigen konnten, doch Flash Leopard wurde letztlich brutal von Cerberus geschlagen. Geschockt stützte Akira sich mit den Ellbogen auf ihren Knien ab und hielt die Hände vor das Gesicht, während sie den nicht minder überraschten Ozuma beobachtete. Das würde noch abenteuerlich werden. *** Am Folgetag waren Max und Tyson an der Reihe. Akira war mit den vier Spielern ihres Teams in deren Umkleide und checkte noch ein letztes Mal Dragoon und Draciel, als Hilary und Kenny völlig außer Atem in den Raum stürmten. Kane und Jim, die gegen Tyson und Max antreten sollten, hatten ihre Teilnahme plötzlich zurückgezogen. Besagte zwei kamen nur wenig später ebenfalls dazu. Wie sich herausstellte wurden sie beim Training von King und Queen überrascht, die ihre Blades zerstört und sich Teile davon eingeheimst hatten. Tyson stürmte ohne ein weiteres Wort nach draußen und auch seine Cousine spürte die Wut wieder in sich hochkochen. Leider konnte selbst sie den beiden auch nicht so spontan helfen. Dafür hatte sie zu wenig Informationen und wahrscheinlich auch nicht die richtigen Teile dabei. „Habt ihr dem BBA-Vorstand Bescheid gesagt? Das ist doch sicher regelwidrig, oder?”, versuchte sie es und versuchte sachlich zu bleiben, auch wenn es ihr schwer fiel. „Wir haben es versucht, aber die haben uns nicht zugehört.”, antwortete Kane verzweifelt. „War Mr. Dickinson dabei?” Der rundliche Mann hätte den beiden sicher die Möglichkeit gegeben zu erklären was passiert war. „Leider nicht und die haben uns auch nicht weiter gelassen. Wir können jetzt nichts anderes mehr tun, als nur noch zuzusehen und zu hoffen, dass irgendwer diese zwei platt macht.” Jim hatte Tränen in den Augen, die er sich vergeblich wegzuwischen versuchte. Akira überlegte kurz. Die Bladebreakers hatten tatsächlich eine gewisse Stellung in den Kreisen der BBA, vielleicht konnte sie mehr ausrichten. „Hier, Max. Gib Tyson später seinen Dragoon, wenn er wieder zurück ist.” Mit einem Satz war sie aufgesprungen, gab Max beide Blades in die Hand und verließ ebenfalls die Umkleide. Diese verdammte Ungerechtigkeit musste doch irgendwelche Folgen haben. Sie konnte nicht einfach herumsitzen und warten, bis jemand endlich mal was machte. Vor allem war es unfair, dass King und Queen trotzdem weiter an dem Wettbewerb mitmachen durften. Wenig später hockte sie grübelnd an der Wand gelehnt im Durchgang der Teamumkleiden Richtung Tribüne. Mr. Dickinson hatte sie zwar angehört, aber er meinte, dass er ohne einen Beweis leider keine Schritte gegen King und Queen einleiten konnte. Der einzige Beweis waren Kane und Jims Bericht und deren zerstörte Blades, doch da war die Sachlage leider Aussage gegen Aussage. Ihm seien da die Hände gebunden, hatte er gemeint. Akira fuhr sich durch die Haare und starrte verärgert auf den Boden. //Es muss doch irgendeine Möglichkeit geben ihnen das Handwerk zu legen...// Seufzend rieb sie sich die Augen. „Scheiße man...” „Was ist los?” Aus den Gedanken gerissen schaute sie auf und sah die Saint Shields, die gerade aus ihrer Umkleide kamen. Sie hatte gar nicht bemerkt , dass sie direkt davor hockte. //Stimmt, Mariam und Joseph müssen jetzt gegen King und Queen kämpfen.//, dachte Akira und nahm Mariams Hand, die sie ihr entgegen streckte, um sich wieder hochzuziehen. „Kane und Jim mussten ihre Teilnahme zurückziehen, weil King und Queen die beiden beim Training überrascht und deren Blades zerstört haben. Ihr müsst echt aufpassen, Mariam, Joseph. Die halten wirklich nichts von Regeln.”, versuchte sie zu erklären. „Das wissen wir doch schon.”, grinste Joseph. „Du sagst, dass ihr es wisst, aber unterschätzt die beiden bitte nicht.” Sie kannte die Truppe vor sich ja schon ein bisschen und ahnte, dass sie die Gefahr wirklich nicht ernst nehmen würden, ehe es zu spät war. „Wir machen das schon.”, grinste das andere Mädchen und Akira hoffte, dass sie Recht behalten würden. „Viel Glück.” Mit Schulterklopfen verabschiedete sie die beiden, die sich aufmachten. Dunga nahm den Weg Richtung Tribüne, als Ozuma ihm hinterher rief. „Ich komme gleich nach.” Die innere Unruhe machte das Mädchen verrückt. Es zehrte an ihr, dass sie nichts ausrichten konnte und King und Queen weiter machten durften, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen. Ihre Gedanken waren immer noch am Rasen, dass sie gar nicht realisierte, dass sie gerade wieder mit Ozuma alleine war. „Ich will irgendwas unternehmen, aber ich war vorhin bei Mr. Dickinson und der meinte, dass er nichts machen kann, weil es keine Beweise gibt. Die zwei sind so gerissen, dass sie sich in der Grauzone bewegen. Man bekommt sie nicht zu packen.” Akira versuchte durchzuatmen und fuhr sich wieder durch die Haare. „Die machen das nicht erst seit gestern, Akira. Der einzige Weg sie zu stoppen ist im Moment nur gegen sie anzutreten und zu gewinnen.” Der Junge beobachtete sie besorgt. Er wusste ja ebenfalls um ihr hitziges Gemüt und bemerkte, dass sie sich gewaltig Mühe gab ihren Zorn zu unterdrücken. „Und was, wenn das nicht klappt? Was, wenn Mariam und Joseph auch ihre Blades verlieren? Ich kann nicht einfach nur rumsitzen und zuschauen wie sie einen nach dem anderen auf hinterlistige Art ausschalten.” Ozuma griff sie sanft aber bestimmt an den Schultern und zwang sie ihn direkt anzusehen. „Aki… Beruhig dich. Es wird sich schon irgendeine Chance ergeben die beiden aufzuhalten. Aber du musst jetzt mal runterfahren. Hör auf dich verantwortlich zu fühlen, wenn du im Moment eh nichts machen kannst.” Sie wusste, dass er Recht hatte und atmete tief durch. Er ließ sie wieder los und sie lehnte sich an die Wand hinter sich. Nur zu gerne würde sie ihn in diesem Moment wieder umarmen, sich zu dem einen Abend zurückwünschen und diese Entspannung und Freude spüren. Doch das ging nicht und so massierte sie stattdessen ihre Schläfen. „Aki!” Tyson kam gerade um die Ecke und auf die beiden zu. Ozuma setzte unbewusst noch einen Schritt nach hinten, um sich etwas von dem Mädchen zu entfernen. Er war sicher nicht scharf auf so einen Anpfiff wie beim letzten Mal. Der andere Junge guckte zwar irritiert, sagte allerdings nichts dazu. „Tyson, warst du die ganze Zeit unterwegs?” Akira wunderte sich, dass ihr Cousin nicht bereits bei den anderen auf der Tribüne war. Es sah aus, als wäre er aus Richtung der anderen Teamumkleiden gekommen. „Ich wollte zu King und Queen, aber die Security hat mich gestoppt. Die haben mich bis eben festgehalten. So eine Frechheit.”, schnaufte er und verschränkte die Arme vor der Brust. Die Japanerin seufzte enttäuscht. „Ich war vorhin bei Mr. Dickinson, aber der kann nichts machen, solange wir keine handfesten Beweise haben. Sie wegen unsportlichem Verhalten zu disqualifizieren ist gar nicht so einfach.” Sie stieß sich nun von der Wand ab und verschränkte ebenfalls die Arme vor der Brust. Im Moment konnten sie leider wirklich nur zuschauen und hoffen, dass Mariam und Joseph siegen würden, so wie Ozuma gesagt hatte. Man konnte hören, dass die Teams vom nächsten Match in der Arena angekommen waren, der Start würde nicht mehr lange dauern. „Ich gehe zu Dunga. Wir überlegen uns was wir noch machen können, aber bis dahin: Habt ein wenig vertrauen in mein Team. Sie werden sich bestimmt nicht einfach schlagen lassen.” Mit einem Nicken verabschiedete sich Ozuma, nicht jedoch ohne Tyson vorher stumm zu signalisieren, dass er nach dem Mädchen schauen soll. Dieser jedoch sah ihm nur fragend hinterher, ehe er seine Cousine anblickte und ihre verkrampfte Haltung bemerkte. „Aki, ist alles in Ordnung?” Sie merkte es in dem Moment selbst und öffnete die Arme, um ihre Hände auszuschütteln und die Schultern zu lockern. „Geht so. Ich reg’ mich einfach unglaublich wegen diesen arroganten Scheißtypen auf.” Ihr Cousin legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie Richtung Tribüne. „Na komm’. Wir gucken uns jetzt mal das Match an. Vielleicht kicken Mariam und Joseph sie ja wirklich in ihre Hintern.” Akira konnte spüren, dass ihm eigentlich eine bestimmte Frage auf der Zunge brannte, er sich aber auch nicht traute das Thema jetzt anzuschneiden. „Hast Recht… Und nein, Ozuma und ich sind nur Freunde.” Sie hatte keine Energie das näher auszuführen, aber ihrem Cousin reichte diese eine Information sicherlich auch so. „Und das ist auch gut so.” Tyson nickte eifrig und klopfte ihr im Gehen auf die Schulter, was sie mit einem Augenrollen quittierte. Ihr Cousin erinnerte sie in solchen Momenten immer mehr an Robert. Der Beschützerinstinkt der Jungs ihr gegenüber war wirklich riesig. Als die beiden sich zu den anderen setzten, war das Match bereits im vollen Gange. Die BBA hatte sich eine Neuheit überlegt und das Bey-Stadium mit Magneten bestückt, die es deutlich erschwerten Kontrolle über seinen Blade zu haben. Mariam und Queen hatten zu Beginn beide Schwierigkeiten, doch die Saint Shields Bladerin schaffte es schnell den Dreh raus zu haben. Es dauerte jedoch nicht lange, ehe sich King in den Kampf einschaltete. Akira knirschte mit den Zähnen, als sie das beobachtete, blieb aber still. Gerade als Mr. Dickinson den Kampf abbrechen lassen wollte, startete Joseph seinen Blade, damit sie fair zwei gegen zwei kämpfen konnten. Auch auf Drängen der Menge wurde das Match nun doch fortgeführt. Leider hatte sich Akiras Befürchtung bewahrheitet, als King und Queen erst Mariams Shark Crash und anschließend Josephs Vanishing Moot regelrecht pulverisierten und die nicht zerstörten Teile einkassierten. „Unglaublich wie arrogant die beiden sind!” Tyson ballte die Hände zu Fäusten und beobachtete wie die beiden das Stadion verließen. „Sie kennen die Grenzen und gehen bis zum Äußersten. Es gibt nichts, was die beiden nicht tun würden, um zu gewinnen.”, meinte Kai und Akira konnte nur frustriert zustimmen. „Hey, Max. Das heißt, dass wir beide auch alles tun müssen. Selbst wenn das bedeutet, die Regeln ein wenig zu strapazieren.” Akiras Cousin sah Max an, welcher nickte. „Du hast Recht.” „Denen wird ihr blödes Grinsen schon noch vergehen.” Die Japanerin hatte schon auf die Saint Shields gehofft. Trotz Tysons Worte fiel es ihr schwer ihren Optimismus für das eigene Team hoch zu halten. „Ich bin weg...” Sie stand auf ohne auf eine Antwort der anderen zu warten und ging wieder die Treppe nach oben zu den Teamräumen. Sie fühlte sich gerade einfach nur erschöpft und niedergeschlagen. Wenn Kai und Ray am nächsten Tag ihren Kampf gegen das Südamerikanische Team gewinnen würden, müssen sie als nächstes gegen Zeo und Gordo kämpfen. Tyson und Max indes gegen die Teilepiraten. Keiner dieser Kämpfe würde annähernd einfach, oder auch spaßig werden. Hier ging es um mehr, als nur die Weltmeisterschaft zu gewinnen. So frustriert sie auch war und weiter überlegen wollte, was man gegen ihre Gegner tun könnte, so wusste sie auch, dass Ozuma vorhin Recht gehabt hatte. Sie musste sich endlich nochmal runterfahren. Über die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft und den ganzen Ärger wegen der gegnerischen Teams, hatte sie tatsächlich vergessen regelmäßig zu meditieren. Sie schnappte sich ihre Sachen mit den Beyblade-Ersatzteilen aus dem Teamraum und machte sich auf den Weg nach Hause. Sie musste raus, so schnell wie möglich. Akira dachte unweigerlich wieder an den Kampf vorhin und wie Shark Crash und Vanishing Moot vernichtet wurden und spürte ein weiteres Mal an diesem Tag wie die Wut in ihr hochkochte. Wenig später traf sie endlich Zuhause ein. Ihr Großvater war im Dojo und trainierte und sie beschloss sich zuerst reichlich auszupowern. Sie musste erst ihre angestaute negative Energie loswerden. Ohne sich vorher umzuziehen, betrat sie das Dojo und schnappte sich eines der Shinai, ihre Tasche landete in einer der Ecken. „Oh, Kleines. Du willst es nochmal gegen mich versuchen?”, lachte ihr Großvater zuerst, bemerkte dann jedoch ihr aufgewühltes Gemüt. Sie musste gar nichts sagen, als er verständnisvoll lächelte und ihr zunickte. „Du bist aber nicht aufgewärmt.”, meinte er schließlich, als er sich mit seinem eigenen Shinai bereit machte. „Das passt schon.” Akira hatte auf ihrem Weg zwar die Metro genutzt, aber den Weg von der Station bis zum Haus war sie gelaufen. Trotz, dass sie ihren ganzen Zorn rausließ, war ihr Großvater immer noch flinker als sie. Man glaubte kaum, dass der alte Mann noch so sportlich unterwegs war, aber als jahrelang praktizierender Sensei musste er das auch sein. Der Trainingskampf dauerte eine gute Weile an, ehe Akira keine Kraft mehr hatte. Sie hatte sich völlig verausgabt und es hatte gut getan. Ihr Großvater hatte das Dojo schon wieder verlassen und nun lag die Japanerin rücklings und mit geschlossenen Augen auf dem Boden des Raumen und konzentrierte sich nur auf die Atmung. Das hier hatte sie wirklich nochmal gebraucht. Mica kam schließlich durch die offene Dojo-Tür und trottete auf sie zu. Akira hörte sein leises Tapsen auf dem Holz und drehte sich auf die Seite, um ihn zu begrüßen. Der Kater ließ sich am Kopf kraulen und rollte sich vor ihrem Bauch auf dem Boden zusammen, genoss schnurrend die Streicheleinheiten seiner Besitzerin. Akira legte ihren Kopf auf den Arm und schaute ihrem Kater zu. Das Fellknäuel schaffte es wirklich oft ihr die Ruhe zu geben, die sie manchmal so dringend benötigte. Nur wenig später betrat das restliche Team das Dojo. „Hey, Aki. Alles in Ordnung?” Tyson setzte sich im Schneidersitz neben sie, die anderen gesellten sich im Halbkreis dazu. „Ja, jetzt wieder… Sorry, dass ich einfach abgehauen bin, aber ich wäre sonst geplatzt.” Akira setzte sich endlich auf, zog Mica auf ihren Schoß, was er anstandslos zuließ und weiter schnurrte. Max, der neben ihr saß, legte wortlos eine Hand auf ihre Schulter und sie seufzte kurz. So groß ihr aktuelles Problem mit den Teilepiraten auch war, so hatte eigentlich das nächste Match des Teams Priorität. Sie musste Kais Dranzer und Rays Driger für den Kampf am nächsten Tag nochmal durchchecken. *** Auch an den Tagen danach hatte Akira immer noch keine zündende Idee King und Queen aus dem Turnier schmeißen zu lassen und so musste sie sich, wenn auch widerwillig, mit dem Gedanken anfreunden, dass Tyson und Max ihre letzte Chance waren und sie sie rauskicken würden. Da sie wusste, dass Max’ Mutter bereits einen neuen Draciel am Entwickeln war, wollte die Japanerin das gleiche mit Dragoon machen. Es war zwar schwer vorauszusagen mit welchen Tricks ihre Gegner auf die beiden losgehen würden, aber sie wusste, dass Tysons Blade definitiv mehr Stabilität und Robustheit benötigen würde. Gleich nachdem sie mit Kais und Rays Blades fertig war, hatte sie sich Dragoon geschnappt, um an ihm herumzutüfteln. Den Kampf der Teamältesten gegen die Südamerikamer konnten sie für sich entscheiden und nun mussten Tyson und Max gegen Kind und Queen antreten. Nervös war gar kein Ausdruck. Akira saß unruhig mit den anderen des Teams auf der Tribüne und beobachtete das Geschehen in der Mitte der Arena. Sie hoffe inständig, dass sie bei Dragoon einen guten Job gemacht hatte. Das erste Match begann, Max und Queen starteten ihre Blades und es dauerte nicht lange, ehe sie ein seltsames Geräusch vernehmen konnten. //Eine Falle…?// Doch Akira konnte mit bloßem Auge nichts erkennen, genau wie die anderen. Mehrere Augenpaare klebten nun an Dizzys Bildschirm, wo die Situation analysiert wurde. Wie sich herausstellte, benutzte Queen einen Powerring, der alles zerschredderte, womit er in Berührung kam. „Diese verdammte...” Die Japanerin ballte die Fäuste, doch ehe sie sich weiter aufregen konnte, hatte Max schon reagiert und die Rotation so geändert, dass der Powerring Queens eigenen Blade zerstörte. Der nächste Kampf war nicht minder aufregend, als sich plötzlich Tyson und King zusammen taten, um Dr. K, eine Verbündete von Dr. Zagard, auszuschalten, die dazwischenfunken wollte. Akira schaute irritiert zum Dach, wo die Frau mit einer Lichtpartikelkanone auf die Blades schoss, und anschließend zu King und Queen, die sichtlich genervt von ihr waren. Tyson und King beendeten die Partie überraschenderweise fair von beiden Seiten, wobei Akiras Cousin den Blade seines Gegners gnadenlos aus der Arena schmettern konnte. Keine Worte konnten die Freude der Bladebreakers beschreiben und die Schwarzhaarige atmete erleichtert auf. Hatte sie sich also doch umsonst die vielen Sorgen gemacht, wie es nun schien. *** Auch der folgende Tag sollte spannend werden. Nun war es an Kai und Ray in die Finalrunde zu kommen. Ihr Kampf gegen Zeo und Gordo würde mit Sicherheit ebenfalls ein harter sein. Kai hatte zuvor klar gemacht, dass er auf jeden Fall im Finale auf Tyson treffen wollte, da sie noch eine Rechnung zu begleichen hatten. Akira hatte schon schmunzeln müssen, als sie das Gespräch mitbekommen hatte. Die beiden ehrgeizigen Sturköpfe waren zwar enge Freunde, aber der Konkurrenzkampf war noch lange nicht vergessen. Es hatte sie wieder zurück an das vorige Jahr erinnert, als Kai in Russland ebenfalls scharf drauf war sich mit Tyson zu messen. Akira war froh, dass sich die Umstände diesmal jedoch geändert hatten. Vielleicht war es wirklich ein passender Zufall, dass die Zweierteam-Regel für dieses Jahr eingeführt wurde und ihr Cousin und Kai die Chance hatten offiziell gegeneinander antreten zu können. //Falls Ray und Kai es schaffen zu gewinnen...// Akira schüttelte unmerklich den Kopf. Negative Gedanken sollte sie ausblenden, die beiden würden das schaffen. Die Japanerin saß zusammen mit den anderen Teammitgliedern auf der Tribüne und beobachtete die Arena, wo Ray und Gordo aufeinander zu gingen, um ihr Match zu starten. Schnell wurde im Kampf jedoch klar, dass die Psykicks ihre Hausaufgaben gemacht hatten. Orthrus wich jedem von Rays Angriffen aus, sodass Driger erheblich an Geschwindigkeit eingebüßt hatte und Gordo ihn mit einem gut getimten Gegenangriff in die Bredouille brachte. Letztendlich konnte Ray ein Unentschieden erreichen. Die Blades waren zudem so beschädigt, dass die Jury es beim Unentschieden beließen. Akira stöhnte frustriert auf. Wie konnte es sein, dass die Einzelteile in den Blades scheinbar so schnell den Geist aufgaben? Sie setzte sich gedanklich das Vorhaben auf die To-Do-Liste nach besseren Materialien zu recherchieren, die deutlich robuster waren. Das Level an Gnadenlosigkeit in den Matches schien immer mehr und mehr zu werden. Vertrackt war leider auch der Fakt, dass sie so gut wie nichts über das gegnerische Team wussten und die hingegen eindeutig zu viel von ihrem. Ihre Hoffnung lag nun auf Kai, der gegen Zeo antrat. „Cerberus ist seit seinem letzten Kampf noch stärker geworden...” Kenny versuchte die Daten von Dizzy zu analysieren. „Das ist doch unmöglich.”, flüsterte Akira, doch es gab keinen Zweifel, Zeos BitBeast war überwältigend. „Dranzers Power nimmt immer mehr ab!”, stellte der Kleinste der Runde erschreckend fest. „Was??” „Ja, Kais Glaube an sich wird immer schwächer.”, fügte Dizzy hinzu. Ungläubig starrten sie wieder in die Arena, wo Kai versuchte sich so gut es ging gegen Zeos Attacken zu wehren. „Aus und vorbei! Kai ist vollkommen ausgepowert.” Tyson konnte Kennys Worte nicht hinnehmen und sprang auf. Er schrie Kai an, dass er ihm versprochen hatte im Finale gegeneinander zu kämpfen. Der Älteste sah Tyson an und fing an zu grinsen. Er sammelte seine letzten Kraftreserven und attackierte Zeos Cerberus so heftig, dass das Bey-Stadium aussah wie ein einziger Trümmerhaufen. Doch das hielt sie beide nicht auf. Sie kämpften verbissen um den Sieg, nutzten mittlerweile die gesamte Halle als Arena. Am Ende konnte Kai jedoch nicht gegen Zeo gewinnen und musste zusehen wie sich Cerberus seinen Dranzer krallte und in Zeos Blade versiegelte. Kapitel 11: Friendship (V-Force) -------------------------------- Das Finale war bereits am nächsten Tag. Sie hatten damit wirklich wenig Zeit sich entsprechend vorzubereiten. Was sie allerdings dringend mussten. Tyson allen voran hatte begonnen panisch zu trainieren, mehr als zuvor. Man konnte spüren, dass er den Kampf gegen Zeo nicht auf die leichte Schulter nahm, aber sein Verhalten war alles andere als hilfreich für das Team. Es war bereits früher Abend und Tyson und Max bestritten einen Trainingskampf im Garten der Grangers, während Ray und Akira auf dem Engawa saßen und zusahen. „Ja, schnapp ihn dir, Dragoon. Ja, Dragoon, reiß ihn in Stücke! Jetzt hast du ihn!” Tyson redete sich regelrecht in Rage, als Hilary um die Ecke bog. „Was ist denn hier los?”, fragte sie, doch Tyson ignorierte sie und attackierte Max weiterhin energisch. „Stimmt was nicht, Max? Jetzt zeig’ mir mal Draciels Power! Wenn er überhaupt welche hat!” Akira seufzte beunruhigt. Sie konnte spüren, dass die Frustration in ihrem Cousin hochkochte und ihn vereinnahm. „Äh… Tyson?” Hilary versuchte es erneut, nur um ein Schulterzucken vom anderen Mädchen als Antwort zu erhalten, als sie sie schließlich fragend angesehen hatte. „Komm schon, Draciel!” Max, sichtlich genervt von den Sticheleien seines Gegenübers, versuchte Kontra zu geben. „Jetzt mach’ ich dich fertig!”, schrie Tyson, ehe Dragoon Draciel im hohen Bogen aus der Arena kickte. „Max, ist es dir völlig Wurst, ob du gewinnst? Morgen ist unser großes Finale!”, reizte Tyson weiter. „Ja, Tyson, das weiß ich selbst! Wem sagst du das?”, rief Max schnippisch zurück und hob seinen Draciel vom Boden auf. Die Nerven lagen blank, das konnte jeder spüren. „Dann komm’ schon und reiß dich zusammen. Wenn du so lahmarschig kämpfst wie eben, wirst du dein Match nie gewinnen!” Nun reichte es Akira, die aufsprang und versuchte dazwischen zu gehen. „Tyson, jetzt komm’ mal wieder runter, du-” „Was?!?” Max hatte ebenfalls genug. „Nennst du das etwa beybladen? Du kämpfst wie ein Anfänger!” Tyson schob seine Cousine, die sich vor ihn gestellt hatte, einfach zur Seite. Ray versuchte ebenfalls die Situation zu entschärfen. „Tyson, jetzt schalt’ mal ‘nen Gang runter, beruhig’ dich.”, sagte er und ging nun auch zwischen die beiden Streithähne. Akira war sichtlich angesäuert, versuchte sich jedoch ruhig zu halten, da sie nicht noch mehr zu einer Eskalation dazutragen wollte. „Beruhigen?? Wie soll ich mich beruhigen? Zeo hat Kai geschlagen! Zeos Beyblade hat jetzt Dranzers Power in sich! Er wird kein leichter Gegner sein! Wenn wir nicht in Topform sind, können wir einpacken!” Die Panik in Tysons Blick wurde präsenter. Man merkte wie hilflos er sich fühlte. Kai hatte seinen Dranzer verloren und es lag an Tyson ihm ihn wieder zurück zu bringen – oder seinen Dragoon zusätzlich zu verlieren. „Beruhig’ dich mal wieder! Mit Rücksichtslosigkeit kommen wir auch nicht weiter” Der Amerikaner versuchte wieder einen kühlen Kopf zu behalten. „Und wieso nicht?”, rief Tyson wütend. „Checkst du denn gar nichts? Du hast mich angegriffen ohne nachzudenken. Glaubst du wirklich du könntest Zeo mit purer Kraft schlagen? Du darfst solche Gefühle nicht auf deinen Kampfstil übertragen”, räsonierte der Blonde, was den anderen nur noch rasender machte. „Oh, Herr Schlaumeier!”, brüllte Tyson und wollte auf Max los, wurde jedoch von Ray und Akira zurück gehalten. „Hör’ lieber auf! Er hat Recht!”, versuchte es Ray erneut und auch Akira wollte ihn zur Vernunft bringen. „Lass es endlich, Tyson. Dein Verhalten bringt niemanden weiter. Wir sind ein Team, vergiss das nicht! Also benimm dich auch so!” Tysons Cousine hielt ihn bestimmt an der Schulter fest. „Ihr seid auch seiner Meinung?” Tyson sah sie und Ray empört an. „Es hilft uns nicht weiter, wenn du in Panik gerätst. Gegen Zeo dürfen wir uns nur auf unsere Fähigkeiten verlassen” Ray appellierte an Tysons Vernunft, aber dieser schlug nur wütend Akiras Hand weg. „Auf unsere Erfahrungen? Das kannst du vergessen! Kai hat verloren und deshalb wurde ihm Dranzer weggenommen. Zeo hat Recht, ich sollte wirklich anfangen mir Sorgen zu machen.” Die Angst vor dem, was kommen könnte, verblendete dem Japaner jeglichen objektiven Blick und damit hatte auch Hilary genug, die ihm kurzerhand die flache Hand gegen den Hinterkopf klatschte. Auch Akira war kurz davor gewesen, aber das anderen Mädchen hatte schneller reagiert. „Au! Hilary!!”, rief Tyson und rieb sich die schmerzende Stelle. „Tyson, was quasselst du denn da für einen Mist? Hast du den Verstand verloren? Wie du weißt sollten die Bladebreakers in so einem Moment mehr denn je zusammenhalten”, fuhr ihn das Mädchen an. „Warum? Dafür gibt es doch keinen Grund mehr!” Nun wurde er von allen Seiten entgeistert angestarrt. Wie konnte er nur so etwas behaupten? Sie waren doch ein Team. „Wir haben Dranzer verloren! Und das war der Fehler von uns allen! Wir sind dafür verantwortlich! Wir hocken rum und haben zugesehen wie Zeo Kai geschlagen hat. Im Endeffekt haben ein Team oder Freunde nichts zu bedeuten. Im Stadium kämpft ein wahrer Blader allein. Und der Stärkste gewinnt. Ein Team kann nichts für einen tun...” Akira klappte die Kinnlade herunter. Sie wollte nicht glauben was da gerade aus ihrem Cousin herausplatzte. Sie war sprachlos. „Nein, das ist nicht wahr, du irrst dich.” Hilarys Versuch ihn zu beschwichtigen war vergebens und auch Max konnte es nicht glauben. „Tyson...” „Und von jetzt an möchte ich, dass ihr mich gefälligst in Ruhe lasst!” Es brachte nichts, er machte dicht und würde das auch noch eine Weile tun. Tyson machte auf dem Absatz kehrt und verschwand aus dem Garten. Die anderen sahen ihm nur resigniert hinterher. „Tyson!” Hilary machte Anstalten ihm hinterher zu rennen, wurde jedoch von Ray aufgehalten. „Lass’ ihn. Jetzt kann man nicht mit ihm reden” Und er hatte Recht. Akira wusste mittlerweile, dass ihr Cousin jetzt für eine Weile alleine sein wollte, um seine Gedanken zu sortieren. Er würde sich das Ganze sicher nochmal überlegen, dafür war nur ein freier Kopf nötig. Sie entschieden sich dazu zu bleiben und Max und Ray trainierten weiter. Akira seufzte immer wieder unmerklich. Sie versuchte sich zu konzentrieren und gegebenenfalls Strategien für den morgigen Tag zu überlegen, doch die angespannte Stimmung lenkte sie immer wieder ab. Kai war an diesem Tag auch nicht aufgetaucht, was ihm nicht zu verdenken war. Er musste erst mit Dranzers Verlust fertig werden. Akira konnte sich nur annähernd vorstellen wie schlimm es sein musste. Ray war der einzige von ihnen, der bisher das Grauen hatte durchleben müssen. Aber sie hatten Driger wieder zurück holen können. Dann sollte das doch auch für Dranzer möglich sein. Sie mussten nur zusammenhalten und dann würde das Team das schon irgendwie schaukeln. Es ging gar nicht anders. Mit einem Mal stand Hilary auf. „Ich gehe mal nach Kai sehen.” Zwei Dumme, ein Gedanke. Akira lächelte das andere Mädchen an und nickte. Vielleicht brauchte der Junge ja doch ein paar aufmunternde Worte von einem seiner Freunde. Dass Hilary nur wenig später schmollend zurück kam und sich schweigend neben sie setzte, irritierte sie jedoch. Sie sah das andere Mädchen mit einem großen Fragezeichen im Gesicht an. Dass sie Kai gefunden hatte, stand für sie aufgrund ihrer Reaktion außer Frage. „Warum sind diese Kerle so riesige Zicken???”, platzte es schließlich aus ihr raus und Akira konnte sich denken was passiert war. Sie kannte die Sturköpfe ja auch mittlerweile. „Gib ihnen Zeit, Hil.”, seufzte sie. Sie hatte ebenfalls gehofft, dass Kai sich wieder aufbauen ließ und bei ihnen auftauchte, damit sie wieder als Team trainieren konnten. „Zeit, die wir eigentlich nicht haben?”, schimpfte die Braunhaarige weiter. „... Ich weiß.” Akira sah in den grauen Himmel. Gerade hatte der kleine Regenschauer wieder aufgehört. Zum erneuten Male stand Hilary auf. „Ich gehe nach Tyson suchen. Das kann so nicht weitergehen.” Auch Ray und Max stimmten dem zu und sie machten sich alle zusammen auf die Suche. Es dauerte eine gute Weile, ehe sie Akiras Cousin im Stadion gefunden hatte. Er kämpfte gerade gegen Kai, der ihm anscheinend eine Lektion erteilen wollte. „Was ist denn los mit dir? Wenn du so bladest, wirst du Zeo nie schlagen”, rief der Älteste und man konnte spüren, dass die Worte endlich auch in Tysons Dickschädel sickerten. Erleichtert beobachtete die Schwarzhaarige die beiden Jungs. „Siehst du? Sie brauchen beide nur Zeit… und den jeweils anderen zum Kopf waschen.” Grinsend stupste sie mit ihrer Schulter gegen Hilarys und verschränkte die Arme vor der Brust. Trotz, dass Dranzer weg war, war Kais Blade derart stark, dass er locker mit Dragoon mithalten konnte. Endlich hatte Tyson es begriffen und sie waren wieder als Team vollzählig. *** Der Finaltag war angebrochen. Sie alle saßen gemeinsam auf der Tribüne und beobachteten Tyson und Max, wie sie die Arena betraten. Kenny hatte sich verspätet und setzte sich endlich zwischen Hilary und Ray. Akira war schon aufgefallen, dass er sich seltsam benahm. Er war auch am Vortag erst spät auf das Team getroffen, um zu helfen Tyson zu finden. Sie lenkte ihre Gedanken wieder auf die Mitte der Arena, wo Tyson gegen Gordo antreten sollte. Die Schwarzhaarige drückte alle Daumen, die sie hatte. Sie vertraute darauf, dass ihr Cousin es schaffen würde, aber Sorgen machte sie sich dennoch. Sie lehnte sich vor, stützte ihre Ellbogen auf den Knien ab und ließ ihren Blick über die Zuschauer gleiten. Nicht unweit von Ihnen waren die Saint Shields, die gleichermaßen gebannt das Geschehen unten beobachteten. Ozuma war mehr als deutlich gewesen, was passieren würde, sollten die Jungs es nicht schaffen ihre Bitbeasts zu beschützen. Und so wie sie ihn erlebt hatte, würde er seinen Worten auch Taten folgen lassen. Als hätte der Junge ihren Blick bemerkt, sah er auf und direkt zu ihr herüber. Akira spürte wieder diese wohlige Wärme in ihrem Bauch, als sie das Blitzen in seinen Augen bemerkte, und errötete leicht. Sie schallte sich innerlich für ihre ungewollte Reaktion. Das war nicht der Ort und die Zeit dafür. //Außerdem ist das Thema durch...// Das Match begann und gespannt beobachtete sie wieder ihren Cousin, atmete tief durch. Akira spürte wie sich ihr Innerstes verkrampfte. //Ich halte diese Spannung nicht aus...// Doch viel schneller, als sie alle erwartet hatten, hatte Dragoon Gordos Orthros aus der Arena katapultiert. “Genau so geht das!” Die Schwarzhaarige ballte eine Faust und grinste, während Hilary vor Freunde aufsprang. “Ja! Er hat es geschafft!! Tyson hat es geschafft!”, rief die Braunhaarige euphorisch. Nun war es an Max gegen Zeo anzutreten. //Komm’ schon, Max! Du packst das!// Der Kampf war erbarmungslos von beiden Seiten. Akira überhörte Dizzy etwas von einer Störung sagen und erinnerte sich an das Match gegen Ozuma, nachdem Zeo das Team gewechselt hatte. Dort hatte Kennys Laptop ebenfalls eine Störung wahrnehmen können. Der Kleine sprang plötzlich auf und verschwand wortlos. Hilary sah dem Jungen genauso verdattert hinterher. “Was ist los mit ihm?” Doch die beiden ließen ihn laufen. Max’ Kampf war nun wichtiger. Cerberus holte nun auch Dranzers Kraft hervor und attackierte Draciel mit doppelter Power. “Dranzer...” Kais Gesichtsausdruck sprach Bände und Draciel hatte keine Chance mehr. Max’ Blade flog aus der Arena und nun war auch Draciel in den Händen der Psykicks. *** Das finale Match zwischen Zeo und Tyson startete nur kurze Zeit später und die Luft knisterte vor Spannung. “Wir müssen ihn zurückhalten!” Kennys leiser Ausruf ließ die anderen aufhorchen. “Wen?” Hilary sah erst fragend zu Akira, die die Schultern ahnungslos hochzog, dann zum Kleinsten der Runde. “Wenn sie jetzt kämpfen, könnte Zeos Körper verbrennen.”, murmelte Kenny weiter und sorgte für noch mehr Fragezeichen. “Ich kann’ nicht hinsehen. Das wird ein böses Ende nehmen, Kenny.” Dizzy half nicht wirklich. “Was ist denn, Kenny?” Hilary versuchte es erneut. “Chef?” Auch Akira beugte sich vor und schaute an Hilary vorbei Kenny an. “Kenny, sag’ mal was hast du? Was ist los?” “Wieso bist du so nervös?” Ray und Kai drängten ihn auch zu einer Erklärung und der Braunhaarige sank in sich zusammen. “Jetzt sag’ schon!” Hilary schrie ihn fast panisch an. Kenny hatte geklungen als würde es fast schon um Leben und Tod gehen. “Leute, Zeo ist kein Mensch!”, brach es schließlich aus dem Jungen heraus. “Was??” Geschockt und fragend zugleich sahen ihn vier Augenpaare an. “Ich versteh’ nicht ganz was du meinst.”, fragte die Braunhaarige, doch ehe Kenny antworten konnte, passierte etwas in der Arena. Ein Kurzschluss legte Zeos Arm frei, entblößte Metall und Drähte unter seiner vermeintlichen Haut, und sie alle starrten entsetzt auf den Blauhaarigen. “Zeo ist ein Roboter!”, erklärte Kenny jetzt fast schon unnötigerweise, da sie alle es hatten sehen können. “Was zur Hölle…?!?!” Akira hauchte die Worte geradezu. Sie hätte niemals im Leben mit diesem Ausgang gerechnet. Wieder dachte sie an das Trainingscamp im Frühling, wo auch der Blauhaarige dabei gewesen war. Dragoon wurde mit einem mal von Cerberus nach oben geschleudert, konnte jedoch glücklicherweise wieder in der Arena landen. “Sieh’ mal, Chef. Zeo verliert rasant an Power”, schaltete sich Dizzy wieder ein und die Bladebreakers schauten alle auf den Bildschirm von dem Laptop, wo die Analyse des Kampfes aufploppte. “Er wird versuchen Tyson noch schnell rauszukicken, bevor sein Stromkreislauf versagt.”, sinnierte Kenny “Und das ist nur noch eine Frage der Zeit.” Dizzy hatte Recht. Akira sah wieder in die Arena und beobachtete beide Kämpfer. Nun erklärte auch Zeo Tyson die Umstände um ihn. Und der Japaner hatte nicht minder erschrocken geschaut. “Okay, mal sehen, ob ich das alles richtig verstanden habe, Chef. Zeo braucht Tysons Bitbeast, um ein echter Mensch zu werden?” Hilary versuchte die verwirrende Wendung in klare Worte zu fassen. Akira hatte es auch so verstanden, aber Sinn ergab das für sie trotzdem nicht. “Jedenfalls sieht es nach Dizzys Daten sehr danach aus.”, bestätigte Kenny. “Das heißt ja, Tyson ist verloren...” Hilary sank resigniert in ihren Sitz zurück. “Ja, das könnte man so sagen.”, antwortete Kennys Laptop. “Hey! Hier ist noch nichts verloren!” Akira hatte genug und sprang auf. Der Kampf war noch Mitten am Laufen und nichts entschieden. “Ein paar Bitbeasts sollen ihn in einen Menschen verwandeln können?” Ray klang zweifelnd. “Nicht nur, dass es unwahrscheinlich ist, man hält es für unmöglich! Diese Theorie ist weder wissenschaftlich noch logisch zu begründen.” Kenny schüttelte immer noch fassungslos den Kopf. Auch er konnte es immer noch nicht glauben. Akira stützte sich wütend auf das Geländer vor ihr und beobachtete ihren Cousin. //Er wird doch nicht…?!// Jäh wurde sie aus ihren Gedanken gerissen, als sie eine bekannte Stimme neben sich vernahm. “Denkt doch mal nach! Genau genommen weiß doch niemand was die Macht unserer Bitbeasts bewirken kann. Stellt euch mal vor die Macht von Dragoon, Dranzer und Draciel würde in die falschen Hände geraten: Niemand auf der ganzen Welt wäre stark genug gegen diese Mächte anzukommen.”, sprach Joseph, der zusammen mit Ozuma zu ihrem Team gekommen war. Ein weiteres Mal sahen sich Akira und der Leader der Saint Shields in die Augen, doch das Mädchen war gedanklich viel zu sehr bei ihrem Cousin gefangen, als dass sie über sein plötzliche Auftauchen in ihrer Nähe nachdenken konnte. //Verdammt, Joseph hat Recht...// Sie hatte mit ihren wenigen Nachforschungen ja nur an der Oberfläche der Wahrheit der Bitbeasts gekratzt und auch das alte Buch, das Ozuma ihr gegeben hatte, ging nicht so tief, als dass es genügend Antworten gegeben hätte. Akira ging in die Knie, während sie sich immer noch am Geländer festhielt, den Blick wieder auf das Geschehen unten gerichtet. “Ja, deshalb sind wir hier. Wir müssen verhindern, dass sowas jemals passiert. Das ist unsere Mission.” Ozuma bestätigte Akiras Befürchtung von vorhin. Tyson durfte einfach nicht verlieren. Dizzy erfasste eine weitere Störung und das Licht im Stadion ging plötzlich aus. Zeos Power war unglaublich. Tyson dachte nach, das konnte man sogar von Weitem erkennen. Sein Gegner war trotz allem immer noch sein Freund. Aber es ging hier um Dragoon. Den würde der Japaner sicher nicht einfach kampflos hergeben. Es war ein eindrucksvoller Finalkampf, den Akira so nicht erwartet hatte. Dragoon hielt Cerberus bisher stand, doch die geballte Kraft von Zeos Bitbeast, das sich mithilfe von Dranzer und Draciel auch noch verwandelte, schien unermesslich. Alle beobachteten gebannt den Kampf, als Joseph sich Ozuma zuwendete. “Und jetzt?” Dragoon hatte sachlich gesehen nicht die geringste Chance gegen Zeos Blade, das bestätigte auch Dizzys Analyse. Doch Akira wusste, dass Tyson es schaffen konnte. Man musste ihm nur die Möglichkeit geben sich zu beweisen. Die Gedanken rasten nur durch ihren Kopf und sie drehte sich abrupt zu den beiden Saint Shields um, ehe Ozuma Joseph antworten konnte. “Er schafft das! Okay? Tyson kann ihn besiegen!”, flehte sie Ozuma fast schon an. Sein Team durfte nicht eingreifen. In Ozumas Augen konnte sie jedoch erkennen wie sehr er mit sich kämpfte. Man spürte, dass er am liebsten längst eingegriffen hätte, doch schließlich nickte er und das Mädchen wand sich wieder der Mitte der Arena zu, wo sich Cerberus in einer Spezial-Attacke plötzlich verdreifacht hatte. “Komm schon, Ty...” Die Sekunden zogen sich zu qualvollen Minuten, doch Tyson konnte sich am Ende durchsetzen. Dragoon schaffte es Cerberus’ Attacke abzuwehren, ehe nur noch einer übrig blieb, den er ebenfalls besiegen konnte. Erleichtert ließ Akira sich nun vollends auf den Boden gleiten. Kai sprang mit einem Satz an ihnen vorbei und runter in die Arena. Er und Max durften endlich wieder ihre Bitbeasts in ihren Blades versiegeln. Es war geschafft. Tyson war es gelungen. Der Abend wurde genutzt, um den Sieg der Bladebreakers zu feiern. Der Großvater von Tyson und Akira hatte zum BBQ eingeladen und nun saßen sie in großer Runde im Garten der Grangers und stießen gemeinsam an. Tyson war voll in seinem Element und ließ sich breit grinsend von seiner Lehrerin, die ihn ebenfalls in der Arena angefeuert hatte, und Mr. Dickinson über den letzten Kampf beglückwünschen. Ray, Kai und Max saßen nicht unweit und beobachteten das Spiel belustigt. Hilary dagegen war mal wieder sichtlich genervt von Tysons Verhalten und zog eine Schnute. Akira saß dem gegenüber auf dem Engawa, während sie sich mit einer Hand abstützend zurücklehnte. Sie fühlte sich so leicht wie lange nicht mehr. Die letzten Wochen hatten ihr wirklich schwer auf der Seele gelegen, das musste sie sich nun eingestehen. Ihre von Opa selbstgemachte Limonade in der Hand schwenkend, glitt ihr Blick weiter über den Garten. Sogar die Saint Shields waren da. Ihr wurde gerade zudem bewusst, dass es das erste Mal war, dass das andere Team sogar offiziell hier bei ihnen willkommen war. Ihre Augen wanderten weiter und suchten Kenny, den sie unter einem der Bäume hocken sah und wild auf Dizzy herumtippte. Er war sicher noch in den ganzen Daten vom Tag vertieft, die er noch umfangreich auswerten wollte. Zeo saß direkt neben ihm und beobachtete den Kleinen gebannt. Es schien so, als würde Kenny auch seine Daten aus dem Kampf auswerten wollen. Das nervenaufreibende Match von ihm und Tyson hatte er zwar verloren, doch Akiras Cousin hatte ihn als Freund wiedergewinnen können. Und Tyson hatte auch kein Blatt vor den Mund genommen kundzutun wie cool er es fand mit einem Androiden befreundet zu sein. Akira musste unweigerlich lächeln. Sie liebte dieses Team mittlerweile so sehr, dass sie es sich gar nicht mehr ohne den chaotischen Haufen vorstellen konnte. Tief in ihren Gedanken bemerkte sie auch nicht, wie sich mal wieder jemand anschlich. Erst als sich Ozuma direkt neben sie setzte, registrierte sie den anderen und sah ihn an, wie er sich, das Spektakel im Garten beobachtend, ebenfalls zurück lehnte. Auch diesen Jungen hatte sie lieb gewonnen – die ganze Gefühlsachterbahn mal außer Acht lassend. Und noch erleichterter war sie, dass sich Tyson den Saint Shields nun ebenfalls deutlich aufgeschlossener verhielt. Es tat ihr immer noch Leid, dass sie Ozuma einen Korb gegeben hatte, aber sie wusste auch, dass es letztendlich das Beste war. Dafür hatte sie einen guten Freund gewonnen – da war sie sich sicher. “Was ist euer Plan jetzt?”, fragte das Mädchen und stupste seine Schulter mit ihrer an. Jetzt sah er sie wieder mit seinen tiefgrünen Augen an. Es würde wohl noch eine Weile dauern, bis sein Blick nicht mehr so viele Schmetterlinge in ihrem Bauch auslösen würde. Wie gerne würde sie sich einfach vorbeugen und… “Zurück ins Dorf gehen. Und selbstverständlich wieder kommen, wenn auch nur einer der vier versagen sollte die heiligen BitBeasts zu beschützen.”, grinste er verschmitzt. “Das hatte ich befürchtet.” Akira setzte sich lächelnd auf und drehte sich etwas zu Ozuma, während sie das fast leere Limonadenglas absetzte. “Dann sehen wir uns erstmal eine Weile nicht mehr, was?” Sie wollte gar nicht so traurig klingen, wie es rüberkam. Anstatt direkt zu antworten, starrte der Junge sie nur an. Er schien zu überlegen, ehe er nach einigen Sekunden Luft holte. “Wo hast du das Buch, das ich dir geschenkt habe?” Die Frage irritierte Akira. Wollte Ozuma das Buch nun doch zurück haben? “In meinem Zimmer, warum?” Wortlos stand der Junge auf und nahm Akiras Hand, um sie hinter sich her zu ziehen. Ihr Zimmer befand sich weiter hinten auf dem Grundstück, sie waren also wieder alleine – und ungestört. Akira betrat zuerst das Zimmer, dicht gefolgt von Ozuma, der die Tür hinter sich schloss und das Mädchen wurde wieder von wimmelnden Gedanken übermannt, als sie nach dem Buch in ihrem Regal griff. Die Schwarzhaarige ermahnte sich ruhig zu bleiben, sie beide hatten das Thema ja immerhin endgültig geklärt – das hatte sie zumindest so verstanden. Ozuma nahm ihr das Buch sachte aus der Hand, griff zudem nach einem Stift auf dem Schreibtisch und kritzelte etwas auf die letzte Seite des Buches. Es war so alt, dass Akira es fast schon für antik hielt. Umso mehr verwunderte sie die Aktion ihres Gegenübers. “Was-...” Doch sehr weit kam sie mit ihrer Frage nicht, als der Junge scheinbar fertig war und ihr das Buch wieder unter die Nase hielt. Irritiert sah sie erst ihn, dann das Buch an, nahm es ihm dann aber zögernd aus der Hand und sah nach, welche Nachricht er ihr darin hinterlassen hatte. Ihr Blick glitt analysierend über die Zahlenreihen, die dort auf der Seite standen, doch sie verstand schnell den Zusammenhang. Akira öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch erneut kam ihr Ozuma zuvor. “Das sind die Koordinaten von unserem Dorf. Es befindet sich in den Bergen nördlich von Tokyo und ist auf Karten eher schlecht zu finden.” Immer noch mit offenem Mund schaute sie nun auf, direkt in Ozumas Augen. “Wenn irgendwas ist – egal was – dann weißt du, wo du mich finden kannst.” Akira war sprachlos. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Ihr Herz konnte sich vor freudigen Hüpfern kaum bändigen und sie spürte wie sie eine wohlige Wärme von Innen einlullte. “Ozuma...” Mehr brachte sie einfach nicht über die Lippen. Sie ließ ihren Körper reagieren, konnte sich nun gar nicht mehr dagegen wehren und verringerte die Distanz zwischen ihnen. Sie fielen sich geradezu in die Arme und standen eine Weile eng umschlungen in ihrem Zimmer. Akira drückte ihr Gesicht in Ozumas Halsbeuge, da sie befürchtete jeden Moment vor lauter Emotionen anzufangen zu heulen. Eine gefühlte Ewigkeit später löste sie sich etwas von dem Jungen, fasste sanft sein Gesicht mit einer Hand, während die andere mit dem Buch noch auf seinem Rücken verweilte und küsste ihn auf die Wange. “Danke.”, hauchte sie ihm leise gegen die Haut und wollte sich nun vollends lösen, doch Ozuma zog sie wieder an sich. Ehe sie sich versah, küsste er sie auf die Lippen und sie ließ es geschehen. Erneut konnte sie sich nicht gegen ihren eigenen Körper wehren, der sich durstig hingab und den Kuss erwiderte. Doch dieser Moment war schnell wieder vorbei. Weiter als ein paar Millimeter trennten sie sich aber nicht, als sie sich beide nach Luft ringend in die Augen sahen. Überraschung in Akiras, Belustigung in Ozumas Blick. “Ups.”, schmunzelte er während das Mädchen wieder um Worte rang. Fast schon reflexartig wollte er sich wieder vorbeugen, doch diesmal schaffte es Akira, dass ihr Körper wieder tat, was sie wollte, oder eigentlich nicht wollte. Ein verlegenes Lächeln auf den Lippen hatte sie ihre Hand von Ozumas Gesicht genommen und sie bestimmt auf seine Brust gelegt, um ihn von sich wegzudrücken. “Nicht übermütig werden, Casanova.” Das Herz schlug ihr immer noch bis zum Hals, aber sie versuchte sich wieder zu beruhigen. Sie hatte ihn schon schweren Herzens abgewiesen und das hier machte den Abschied der beiden nur noch schwerer. “Sorry.” Ozuma lächelte entschuldigend und sie beide atmeten nochmal tief durch, vergrößerten den Abstand zwischen ihnen noch weiter. “Ähm… Sollen wir zurück zu den anderen?”, versuchte der Junge nun das Thema zu wechseln und die Schwarzhaarige nickte. “Ja,... geh schonmal vor, ich komm’ gleich nach.”, meinte sie und scheuchte ihn lachend aus ihrem Zimmer. Doch sobald sie die Tür hinter ihm geschlossen hatte, rollten die Tränen nur so los. Sie hatte sich vor dem Jungen zusammenreißen können, doch sie fühlte sich, als würde ihr Innerstes zerreißen. Hals über Kopf hatte sie sich in den Leader der Saint Shields verliebt, ohne es zu wollen. Aber ein Zurück gab es nicht – durch den Herzschmerz musste sie jetzt durch und die Erkenntnis traf sie wie ein scharfes Messer in die Brust. //Eine Baustelle nach der anderen, Akira… Scheiße...// Wie eine Ertrinkende drückte sie das Buch an ihre Brust und glitt an der Tür hinab, bis sie auf dem Boden saß. Wütend auf sich und ihren wirren Kopf, versuchte sie ein Schluchzen zu unterdrücken. Wenn sie gleich zurück zu den anderen ging, wollte sie wenigstens nicht verheult aussehen. Kapitel 12: Separation (G-Revolution) ------------------------------------- Einige Monate waren seit der Weltmeisterschaft vergangen und das Team verbrachte den Nachmittag im Park, wo Tyson beschlossen hatte die Kids aus der Nachbarschaft zu trainieren. Akira war gerade ebenfalls auf den Weg dahin. Sie hatte zuvor bei Max’ Vater im Laden vorbei geschaut, um mal wieder ein paar bestellte Teile abzuholen. Gerade ging sie den Weg von der Straße entlang zum Plateau des Parks, wo Hilary und Kenny auf der Bank saßen und Kai auf der Wiese scheinbar ein Nickerchen hielt. So turbulent die Weltmeisterschaft auch gewesen war, die Zeit nachdem Ozuma weg war, hatte Akira den Rest gegeben. Nur eine Woche nach dem Finalkampf hatte sie sich in die versprochenen Ferien nach Deutschland aufgemacht. Doch Ferien war übertrieben. Sie war jeden Tag launisch gewesen, hatte wieder vermehrt Aussetzer und war so frustriert über sich selbst und ihre Kontrollverluste, dass Robert sie unzählige Male hatte trösten müssen. Er hatte zuvor mitbekommen wie gut ihre Fortschritte gewesen waren und war entsprechend entsetzt, als er sie am Flughafen abgeholt hatte und sie zudem auch noch ausgesehen hatte wie ein Zombie. Das Mädchen hatte sich wirklich Mühe gegeben die Zeit einfach zu genießen, sich darauf zu freuen alle nochmal wieder zu sehen. Aber daraus war nichts geworden. Sie hatte sich nicht mal getraut in diesem Zustand ihre Eltern zu besuchen. Selbst die anderen Majestics hatte Robert von ihr fern gehalten, was ihr auch unendlich Leid getan hatte. Eigentlich hatte sie gehofft, dass der Tapetenwechsel helfen würde, da sie in ihrem Zimmer das Gefühl hatte die Wände hochzugehen. Es erinnerte sie einfach alles an Ozumas und ihren letzten Abend. Jedoch lag die Trauer tiefer, als sie sich eingestehen wollte. Auf der anderen Seite, konnte sie sich immer wieder bewusst machen, dass es eben doch die richtige Entscheidung gewesen war, weil sie so reagierte. Ihr bester Freund indes hatte sein Bestes gegeben einfach nur für sie da zu sein, aber als er herausgefunden hatte, dass sie unter anderem wegen einem Jungen so außer der Spur war, ging die Fragerei los und hörte auch nicht auf, bis sie sich nach zwei Wochen wieder am Flughafen von ihm verabschiedet hatte. Das Mädchen war seinen Fragen immer wieder ausgewichen, da sie keinen Sinn dahinter sah Robert von Ozuma zu erzählen. Er würde ja doch nur alle Hebel in Bewegung setzen ihn ausfindig und einen Kopf kürzer zu machen. Dass die Japanerin sich aber selbst ins “Beziehungs”-Aus geschossen hatte, wäre ihm dabei wohl sicher egal gewesen. Wenn es nach Robert ging, würde sie sowieso ewig die kindliche “Ziehschwester” bleiben, die noch viel zu jung für sowas war. Selbst wenn er nur 3 Jahre älter war als sie. Als sie dann wieder Zuhause in Tokyo war, waren Tyson, ihr Großvater und sie alleine gewesen, was ihr nochmal Zeit gegeben hatte sich erneut voll in das Kendo-Training und Meditationen zu stürzen und mittlerweile fühlte sie sich auch nicht mehr so extrem durch den Wolf gedreht. Sobald dann auch die anderen des Teams vor einiger Zeit wieder aus der Sommerpause erschienen waren, hatte sie ausgiebige Gespräche mit Ray gehabt und Hilary sie zudem zum Shoppen gezerrt. Sie musste gestehen, dass ihr neues Outfit ihrem Selbstbewusstsein nochmal einen kleinen Kick gegeben hatte. Die Hüfttasche, die Robert ihr nachträglich zum Geburtstag geschenkt hatte, passte perfekt dazu. Endlich mehr Platz um Teile unterwegs mitzunehmen. Das Mädchen blieb Mitten auf dem Weg stehen und beobachtete die Szenerie weiter vorne, genoss zusätzlich auch die warmen Sonnenstrahlen, die trotz, dass es fast Herbst war, kräftig einheizten. Die Bladebreakers waren wieder nur zu siebt. Zeos Vater hatte ihn auf ein Internat geschickt, wodurch sie den anderen schon länger nicht mehr getroffen hatten. Ihr Vetter hielt die Freundschaft einfach über Briefe mit dem Blauhaarigen aufrecht, doch man merkte, dass er ihn schon vermisste. Im Park war Tyson von einer großen Traube Jungs umgeben, die den Kampf zwischen dem Champion und einem der Kids gebannt verfolgten. Natürlich hatte ihr Cousin gewonnen und nun versuchte das Mädchen die verzweifelten Versuche ihres Verwandten einen der Blades der Kids auseinander zu nehmen, zu ignorieren. //Soll der sich nur mal vor denen blamieren...//, grinste sie innerlich und gesellte sich endlich zu Hilary und Ray, der ebenfalls aufgetaucht war und gerade genüsslich in sein mitgebrachtes Nikuman biss. Kenny hatte unterdessen Tyson gerettet und half den Kleinen bei der Optimierung ihrer Blades. “Hey Leute.”, begrüßte die Schwarzhaarige die anderen, als plötzlich jemand aus der Ferne schrie. “Du bist ‘ne Flasche Tyson!” Irritiert sahen sie sich um und Ray verschluckte sich an seinem Essen. Was dann folgte, war nur noch verwirrender. Ein rothaariger Junge, deutlich jünger als sie, sprintete den Abhang hinab direkt auf die Gruppe zu. Er stellte sich als Daichi vor und wollte gegen den für ihn vermeintlichen Weltmeister antreten. “Wo ich herkomme bin ich die Nummer eins, Tyson! Und wir haben den Sport erfunden. Also was ist, nimmst du die Herausforderung an?” Akira horchte auf. //Erfunden…?// Selbstverständlich ließ sich Tyson nicht lange bitten und beide starteten ihre Blades. Daichi hatte wirklich einiges auf dem Kasten und konnte mühelos mit Tysons Dragoon mithalten. “Dein Dragoon kann meinem Strata Dragoon nicht das Wasser reichen!”, stichelte der Jüngere weiter und sämtliche Augenpaare wurden mit einem Mal größer. “Strata Dragoon??” “Aber es gibt nur einen Dragoon und den hab ich!” Tyson sah sein Gegenüber geschockt an. Auch seine Cousine konnte ihren Ohren nicht glauben. Das konnte doch nicht sein, oder doch? Von den Saint Shields war niemals die Rede davon gewesen, dass es die heiligen Bitbeasts mehrfach gab. Auch in dem Buch hatte sie bisher nichts darüber gelesen. Was sollte das Ganze jetzt also? Akira spürte Kennys Blick auf sich. Der Kleine schien genau den gleichen Gedanken gehabt zu haben. Sie zuckte nur ahnungslos mit den Schultern und schüttelte den Kopf, als sie seinen Blick erwiderte. “Irrtum, Tyson. Du HATTEST mal den einzigen Dragoon hier.”, feixte Daichi und der Japaner wurde langsam rasend. “Du lügst doch!! Und jetzt hör auf, sonst geb’ ich dir eins über die Zwiebel!” //Langsam wird’s brenzlig...//, dachte sich das Mädchen und sah zu Ray und auch Kai, welcher mittlerweile aufgestanden war, um sich das Spiel ebenfalls anzusehen. Wenigstens konnten die beiden noch eingreifen, sofern es nicht anders ging. “Wie kommst du darauf, dass du den einzigen Dragoon hier in der Gegend hast? Woher sollen wir wissen, dass das nicht eine Fälschung ist? Ich hoffe du hast eine Erklärung dafür! Haha, ja genau. Wahrscheinlich ist es eine Fälschung!”, lachte der Rothaarige schließlich und sorgte dafür, dass sich auch das letzte Stück Verstand von Tyson verabschiedete und die Wut ihn ergriff. “Na warte, du… Du nimmst das sofort zurück, oder es wird dir noch leidtun, dass du jemals geboren wurdest!”, brüllte der Ältere. “Schluss jetzt, Tyson!” Ray versuchte Tyson zur Vernunft zu bringen und auch Kenny appellierte an seinen Freund. “Ray hat Recht, Tyson. Ich finde wir sollten jetzt erstmal versuchen die ganze Sache zu klären, okay?” Doch der ließ sich nicht beirren. “Nein Chef, das mach’ ich anders!”, rief er zurück und fixierte Daichi mit seinem Blick. Dass Hilary jetzt auch noch anfeuerte, half auch nicht. //Ernsthaft, Hil??// Akira sah das andere Mädchen fassungslos an. Sie kannte dieses überwältigende Gefühl von Wut ja selbst nur zu gut und wusste, dass Tyson sich manchmal auch zu stark von seinen Emotionen leiten ließ. Das Gute jedoch war, dass ihr Cousin dabei eher dazu neigte sich mit vollem Herz in den Beyblade-Kampf zu schmeißen, statt physisch zu reagieren, was er nun auch tat. Trotz, dass Daichis Blade mehr Power hatte, schaffte es Tyson Strata Dragoon im hohen Bogen aus der Arena zu kicken. Doch zu früh gefreut – Daichi grinste Tyson nur an. Die Arena bedeutete für ihn nichts, gewonnen hat für ihn der, dessen Blade als letztes kreiselt. Somit ging der Kampf auf offenem Gelände weiter, wo der Rotschopf eindeutig im Vorteil war. Für Tyson wurde es knapp und er hatte Mühe mit Daichi mitzuhalten, doch Kai erinnerte ihn daran sich an seine Strategie zu halten. Letzten Endes konnte der Japaner den anderen mit einem neuen Spezial-Move besiegen. Entgegen aller Erwartungen gab Daichi aber nicht auf und forderte eine sofortige Revanche. Er habe seinem Vater versprochen gegen den besten Beyblader anzutreten und ihn zu besiegen. Vorher würde er Tyson nicht in Ruhe lassen. Akiras Sorgen wandelten sich in Belustigung. Der Kleine hatte wirklich was drauf und er war zudem auch noch mindestens so ehrgeizig wie die Jungs ihrer Truppe. Lächelnd verschränkte die Japanerin die Arme vor der Brust als sie zusah wie sich der Rothaarige an Tyson klammerte und versuchte ihn zu überreden. Doch schon wieder wurden sie unterbrochen. Ein weiterer unbekannter Blader namens Jin tauchte auf und wollte ebenfalls gegen Tyson kämpfen. “Sagt mal, was ist denn heute los?”, fragte Akira rhetorisch in die Runde. Die Ereignisse überschlugen sich fast, als Tyson gegen diesen Jin antrat, sich plötzlich Daichi noch einmischte und zu guter letzt Ray seinen Drigger startete, damit Tyson nicht alleine gegen die beiden kämpfen musste. Aber das Match wurde jäh von Max gestoppt, der auftauchte und Jin kickte daraufhin die drei anderen Blades mühelos aus dem Kampf. Er verschwand so schnell wie er gekommen war. Die Bladebreakers und auch Daichi hatten aber keine Zeit sich weiter Gedanken über den mysteriösen Blader zu machen, da Max eine wichtige Information bezüglich der kommenden Weltmeisterschaft hatte. Es stellte sich heraus, dass die Vorrunden für die WM nicht mehr lange auf sich warten lassen sollten und aus den antretenden Teams nur zwei Spieler in den Wettkampf gehen durften. Das veränderte einiges. Sprachlos sah Akira in die Runde. //Nur zwei von den vieren dürfen antreten…??// Tyson schien der einzige zu sein, den die neue Regelung überhaupt nichts auszumachen schien. Er sah sich bereits mit einem der anderen im Finale. Abends saß Akira in ihrem Zimmer und wälzte Ozumas Buch durch, während sich ihr Kater schlafend neben ihr eingerollt hatte. Sie war schon ein kleines bisschen stolz auf sich, dass sie das mittlerweile konnte, ohne lethargisch zu werden. Die Sache mit Daichis Strata Dragoon ließ sie wirklich nicht los. Sie hatte den Rothaarigen zwar gefragt, nachdem die kämpferische Stimmung etwas deeskaliert war, aber der hatte nur mit den Schultern gezuckt. Er interessiere sich nicht für die Herkunft, ihm war nur wichtig, dass er ihn von seinem Vater bekommen hatte und mehr nicht. Doch auch das Buch half ihr kein bisschen dabei Antworten zu finden. Seufzend klappte sie es zu und ließ sich rücklings auf ihr Bett fallen. Der Kater wachte daraufhin auf und streckte sich, ehe er sich umdrehte und weiterschlief. Lächelnd beobachtete sie ihn und kraulte sein weiches Fell. Die neue Wettkampfregel bescherte ihr ebenfalls Bauchweh. Die Hälfte des Teams würde nicht antreten dürfen und sie wusste wie scharf jeder der Jungs darauf war sich zu beweisen. Sie hatte das Gefühl, dass das nicht gut ausgehen würde. Akira hoffte nur darauf, dass das nicht ihre Freundschaft auf Spiel setzte. Seufzend setzte sie sich wieder auf. Bald war es Zeit für das Abendessen und sie begab sich in die Küche, um ihrem Großvater zu helfen. Der Anblick, der sie jedoch dort erwartete, ließ sie in der Tür stoppen. “Hab’ ich was verpasst?”, fragte sie, als sie ihren Gemüse schnippelnden Opa am Herd und danach ihren Cousin und Daichi am Tisch ansah. “Der Idiot ist uns hierhin gefolgt.” Tyson sah den Kleinen schmollend an, der sich von dem Älteren nicht stören ließ. “Ich will dich besiegen. Vorher verschwinde ich nicht!”, posaunte der raus, wiederholte sich zum erneuten Male dieses Tages, bis sein Magen furchtbar zu knurren begann und Akira verstand. “Haha, hier bleibt kein Maul hungrig, nicht wahr, Aki-chan?”, grinste Opa, Akira musste lachen und nickte. “Der Kerl hat Ehrgeiz. Das mag ich.”, lachte der Alte und wuschelte Daichi durch die wilden Haare. Die Schwarzhaarige schnappte sich eine Schürze und begann zu helfen. “Ja, erinnert ziemlich an Tyson selbst, was Opa?”, grinste das Mädchen und streckte ihrem Cousin die Zunge raus, der sie empört ansah. “Niemals nie ist der wie ich!!”, rief der und erntete gemeinsames Gelächter von seinem Großvater und seiner Cousine. “Tolle Familie seid ihr... Echt mal...”, schmollte Tyson vor sich hin und jammerte noch lauter, als Opa Daichi einlud vorerst bei ihnen zu bleiben. Der nächste Tag sollte nicht weniger aufregend werden. Akira hatte sich gefühlt die ganze Nacht das Hirn zermartert und war bereits früh auf den Beinen gewesen. Da sie am Vortag ausgemacht hatten sich alle im Trainingscenter der BBA in der Stadtmitte zu treffen, hatte sie kurzerhand beschlossen sich schon vor den anderen aufzumachen. Sie war tatsächlich die erste, als sie im Gebäude ankam, und setzte sich auf eine der Bänke im Trainingsraum. Sie wollte vorher noch einige Dinge recherchieren und hatte sich vorsorglich ihren Laptop eingepackt. Die Pressekonferenz, die Mr. Dickinson am Vortag einberufen hatte, hatte mehr Fragen aufgeworfen, als zu beantworten und Akira wollte nochmal in Ruhe die schriftliche Bekanntmachung der BBA durchlesen, die im Gebäude leider noch nicht aushing. Doch auch dort stand es Schwarz auf Weiß – nur zwei Spieler je Team waren im Wettkampf zugelassen. Nachdenklich kaute sie auf ihrer Lippe herum und überlegte. “Akira, schon hier?” Das Mädchen schreckte aus ihren Gedanken und schaute zur Tür, wo Ray stand und nun auf sie zukam. “Ray, hey.”, lächelte sie den Jungen an und schloss den Laptop, setzte ihn neben sich auf der Bank ab. Als sie aufstand, sah sie, dass Max nur kurz nach Ray den Raum betreten hatte. “Max, guten Morgen...” Jetzt sah sie den Koffer neben dem Amerikaner und es dämmerte ihr, was gleich passieren würde. Sie stockte und blickte sprachlos vom Koffer auf in Max’ Gesicht, dann zu Ray. Die beiden Jungs stoppten direkt vor ihr, sahen sich kurz gegenseitig in die Augen bis Max tief durchatmete und wieder Akira ansah. “Ray und ich, wir...”, setzte der Blonde an und wurde von dem Mädchen unterbrochen. “Ihr geht zurück zu euren alten Teams, richtig?” Man musste kein Genie sein, um die Situation zu verstehen und Akira verschränkte die Arme vor der Brust. Die ganze Zeit hatte sie davor gebangt, dass es das Team wirklich so auseinandertreiben würde, aber es jetzt tatsächlich zu erleben, schmerzte. Die beiden sahen sie entschuldigend an und Akira seufzte zum wiederholten Male. “Ich hatte befürchtet, dass das passieren würde, wenn ich ehrlich bin.” Sie versuchte sich ein Lächeln abzuringen. Sie konnte sich vorstellen, dass ihnen die Entscheidung sicher nicht leicht gefallen war. “Ihr seid alle so gut – es wäre eine Schande, wenn auch nur einer von euch wegen der anderen auf den Wettkampf verzichten müsste.”, sagte sie und knuffte die Jungs beide gegen die Schultern. Sie konnte die Erleichterung der beiden spüren, doch wie Tyson reagieren würde, war sicher nochmal eine ganz andere Nummer. Wie auf Stichwort kam dieser auch gerade mit Kenny rein. Akira ging aus der Schusslinie, das mussten die Freunde jetzt untereinander klären. Wie erwartet, war Tyson mehr als enttäuscht und verletzt. Er hatte nicht im Geringsten damit gerechnet, dass Ray und Max beide das Team verlassen würden. Wenn auch widerwillig musste er jedoch akzeptieren, dass er bei der Weltmeisterschaft auf seine Freunde als Gegner treffen würde. *** Weitere Wochen waren ins Land gezogen. Max und Ray waren schon kurz nach dem Gespräch nach Amerika und China zurückgekehrt und Hilary, Kenny und Akira versuchten das Beste aus der Situation zu machen. Tyson indes war immer noch nachtragend und selbst Akiras Versuche ihn zu beschwichtigen schlugen fehl. Fast täglich waren sie aneinander geraten, mit dem Ergebnis, dass Akira ihn mittlerweile stur ignorierte. Ihr Großvater hatte sich das Spielchen eine Weile angesehen, doch auch ihm war irgendwann der Kragen geplatzt und er hatte sein Glück versucht seinem Enkel wieder etwas Verstand einzutrichtern. Unterdessen hatten sich die Schwarzhaarige und Kenny zusammengetan gemeinsam einen Blade zu entwickeln, mit dem der Kleinere ebenfalls bei den Vorrunden antreten konnte. Es war ein schwieriges Unterfangen, da er nur wenige Erfahrungen im Kampf hatte, aber sie waren sich einig, dass sie zumindest einen Notfallplan brauchten, sollte irgendetwas passieren. Kai war zwar bei ihnen geblieben, doch sich großartig dazu äußern wie ihre Zukunft als Team aussehen sollte, tat er sich auch nicht. Mal abgesehen davon, dass Tyson durch seine momentanen Launen zu unvorhersehbar unterwegs war. Akira vermisste Ray und Max jetzt schon. Seitdem sie weg waren, war das ganze Team so angepannt. Das Training lief zudem auch etwas schleppend, da Kai oft abwesend war und so nur Tyson gegen Daichi kämpfen konnte, was so manches Mal eskaliert war, da der Rothaarige ja immer noch verbissen den Weltmeister schlagen wollte. In ihrer Verzweiflung hatte sich Akira ebenfalls einen Blade zusammengesetzt, mit dem sie zumindest Kenny mehr Übung verschaffen konnte, da der sich auch noch nicht zutraute gegen die erfahrenen Blader anzutreten. Aber ob das wirklich was taugte, wusste sie auch nicht. Immerhin war ihr Talent auf diesem Gebiet unterirdisch, wie sie mal wieder feststellen musste. Aber es nützte ja nichts. Einen kleinen Lichtblick, den Akira hatte, war, dass die Majestics immerhin dieses Jahr wieder teilnehmen wollten. Das hieße, dass sie die Jungs endlich wiedersehen konnte, und zwar mit einem deutlich geläuterten Gemüt. Doch nun standen erstmal die Vorrunden in Japan an, bei denen sich die Bladebreakers erst für die Weltmeisterschaft qualifizieren mussten. Der Tag für den Start dieser Vorrunden stand an und Akira beeilte sich pünktlich im Stadion aufzutauchen. Die anderen inklusive Daichi, der ebenfalls heiß darauf war teilzunehmen, waren bereits vorgegangen, als sie sich noch um einige schulische Erledigungen kümmern musste. Sie fluchte innerlich, dass sie schon wieder so unter Zeitdruck war, aber ihre Schule setzte Nachmittagsunterricht oder Clubaktivitäten voraus, wodurch das Mädchen öfter als ihr lieb war zu spät zu den Teammeetings, oder wie heute Matches, kam. Umso schlimmer fand sie, dass sie keine Zeit hatte sich vorher umzuziehen und so in Uniform in der Arena auftauchen musste. Sie war nun schon über ein halbes Jahr an der neuen Schule, einige ihrer Mitschüler wussten um ihre Verbindung zu den Beyblade-Weltmeistern, besonders Tyson, doch es hatte noch nicht die komplette Runde an der Schule gemacht. Und das versuchte sie auch so gut es ging dabei zu belassen. Sie hatte keine Lust immer wieder nach Autogrammen von ihrem Cousin oder ähnlichem gefragt zu werden und bemühte sich auch in der Schule so unauffällig wie möglich zu benehmen. Wenn sie nun in der bekannten Uniform mit Tyson oder den anderen gesehen wurde, könnte sich das schnell ändern. Völlig außer Atem, weil sie den Weg von der Station, so schnell sie konnte, gelaufen war, kam sie endlich an und fiel Hilary und Kenny fast schon in die Arme, weil sie erst spät stoppen konnte. Mit dem Zeigefinger erhoben, gab sie den anderen zu verstehen ihr einen kleinen Moment zu geben, damit sie wieder Luft bekam. “Kacke, bin ich aus der Form… Puh...” Sie rieb ihre schmerzende Seite und richtete sich auf. “Bin ich zu spät?”, konnte sie endlich fragen und war erleichtert, dass Hilary ihr grinsend den Daumen hoch hielt. “Noch voll im Timing.”, sagte Kenny. “Pünktlicher als Tyson und Daichi. Die beiden haben sogar vergessen sich vorher anzumelden.”, fügte Hilary hinzu und Akira konnte nur mit den Augen rollen. Das war mal wieder typisch. Allerdings amüsierte sie immer noch Daichis Entscheidung im Wettkampf mitzumachen. Er wollte wirklich auf Teufel komm’ raus gegen Tyson kämpfen. Inoffiziell oder offiziell. In dem Zug war er der Gruppe auch ständig gefolgt und gehörte nach den letzten Wochen auch irgendwie dazu. Auch trotz des starken Konkurrenzdenkens der beiden Holzköpfe. In dem Moment kamen die beiden mit Kai im Schlepptau zu ihnen zurück. “Hat alles geklappt und Kai haben wir auch noch gefunden.”, grinste Tyson siegessicher. Bisher hatten sie und ihr Cousin sich noch nicht wieder aussprechen können, aber das schob die Schwarzhaarige erstmal beiseite. Ihr Zwist konnte warten. Jetzt war es wichtig, dass jeder Teilnehmer des Teams die nächsten Kämpfe überstehen würde. “Soll ich eure Blades nochmal durchchecken bevor es losgeht, oder seid ihr vorbereitet?”, fragte sie die Jungs während sie ihre Teiletasche aus ihrem Rucksack nahm und über den Rock der Uniform anlegte. “Durchchecken?” Daichis fragender Blick brachte Akira leise zum Lachen. Tyson und Kai hatten ihre Blades bereits wortlos übergeben. Eine letzte Kontrolle schadete nie. “Nicht nur der Spieler sollte perfekt auf den nächsten Kampf vorbereitet sein, sondern auch sein Beyblade, Daichi.”, erklärte Kenny, der auf seinen neuen, eigenen Blade in seiner Hand sah. Er war äußerst nervös an den Vorrunden teilzunehmen, aber Akira und er hatten seinen Blade so oft getestet und überarbeitet, dass sie eigentlich nicht nochmal drübersehen musste. Mulmig war ihm dennoch zumute. Das Mädchen bemerkte seine Gedanken und nahm ihm ebenfalls den Blade aus der Hand. “Nur zur Sicherheit”, sagte sie augenzwinkernd und suchte sich einen Platz ganz oben auf der Tribüne neben dem Durchgang, wo sie gerade standen, um ihre Arbeit verrichten zu können. Daichi schaute interessiert zu. “Mein Strata Dragoon ist ständig perfekt vorbereitet. Das mach ich immer selbst.”, murmelte er vor sich hin, beobachtete aber dennoch jede von Akiras Handbewegungen, als sie auf ihrem Schoß erst Dragoon zerlegte und jedes Teil einzeln untersuchte, um zu gucken, ob irgendwas ausgetauscht werden musste. Trotz, dass der Junge schon einige Zeit bei ihnen war, schien ihm bisher noch nicht aufgefallen zu sein, welche Rolle das Mädchen in dem Team übernahm. “Weißt du, als Weltmeister kann man sich keine groben Fehler leisten. Jemanden zu haben, der sich professionell um die Technik kümmert, kann nicht schaden.” Versuchte Tyson ihr etwa zu schmeicheln oder wollte er nur vor Daichi angeben? “Naja, semi-professionell. Dafür muss ich einfach noch zu viel dazulernen.”, relativierte sie die Aussage ihres Cousins und gab ihm Dragoon wieder zurück. Auch Dranzer und Kennys Blade checkte sie gründlich durch, doch die waren ebenfalls einwandfrei. Nachdem sie den beiden Jungs ihre Kreisel zurückgegeben hatte, hielt Daichi ihr nun seinen Strata Dragoon entgegen, in seinem Gesicht ein Grinsen. “Ich werde auch ein Weltmeister sein.”, verkündete er stolz und brachte Akira wieder zum Lachen. Der naive Wirbelwind konnte zwar nerven, aber irgendwie mochte das Mädchen ihn. Zumeist ging er ja auch nur ihrem ebenfalls nervigen Cousin auf den Keks. Die Schwarzhaarige öffnete auch den vierten Blade und sah ihn sich genauestens an. Daichi hatte nicht übertrieben und wirklich gut auf Strata Dragoon geachtet. Innen war er deutlich sauberer, als sie es schon von dem einen oder anderen Bladebreaker gesehen hatte. Bei einem Element musste sie jedoch genauer hinschauen. “Ist das...”, murmelte sie mehr zu sich als zu den anderen und kniff die Augen zusammen, um die Ecke, die ihr aufgefallen war, besser zu sehen. Doch es half nichts, also griff sie in ihre Tasche und holte die kleine Taschenlupe heraus, die sie nun vor das Teil hielt. “Ah ja, Tatsache...” “Was? Was denn?? Was ist da???” Daichi drückte seinen Kopf gegen ihren, um ebenfalls etwas sehen zu können. “Da ist ein Haarriss.”, erklärte sie und hielt ihm das Teil mit der Lupe hin, damit er es besser sehen konnte. “Wooow, ja wirklich! Wie hast du das denn sehen können??” Daichi griff nach die Lupe und hielt sie weg und wieder auf die Stelle an dem Bauteil. Ohne die Sehhilfe konnte er nichts erkennen. Akira fühlte sich jetzt geschmeichelt und winkte lachend und mit leicht errötetem Gesicht ab. “Sie kann’s halt.”, grinste Tyson wieder und klopfte ihr stolz auf die Schulter. Keine Spur mehr von ihren Streitigkeiten der letzten Zeit. “Ach, hör auf.” Jetzt übertrieb ihr Cousin, wie sie fand, doch anstatt weiter darauf einzugehen, suchte sie wieder in ihrer Tasche und fischte ein passendes Ersatzteil heraus, das sie anstelle des gerissenen Teils in Daichis Blade einbaute. *** Während der Eröffnungszeremonie, bei der Tyson als Weltmeister sogar eine Rede halten sollte, nutzte Akira die Gelegenheit in der Teamumkleide zu verschwinden und sich endlich umzuziehen. Auch Hilary wollte sich unter die Zuschauer mischen, womit die Schwarzhaarige alleine war. Seufzend setzte sie ihren Rucksack, in dem auch ihre anderen Klamotten waren, auf einem der Stühle ab. Sie hoffte, dass sie bisher keiner ihrer Mitschüler gesehen hatte. Akira waren vorhin ein paar aufgefallen, aber zum Glück hatten die weit genug entfernt von ihr gestanden. Ihre Gedanken glitten erneut zur kommenden Weltmeisterschaft. Die japanischen Vorrunden würden zwar die nächsten Tage stattfinden, aber es würde nochmal weitere Wochen dauern, ehe die WM offiziell starten würde. Mittlerweile wussten sie auch, dass die Kämpfe wieder weltweit aufgeteilt werden würden, so wie auch bei der Meisterschaft vor fast 2 Jahren. Das hieße, dass sie mal wieder die Gelegenheit hatten über den Globus zu reisen und einiges zu sehen. Darauf freute sich die Japanerin besonders. //Aber erst mal dafür qualifizieren.//, dachte sie sich und begann endlich damit ihre Bluse aufzuknöpfen. Gerade war sie dabei ihr bauchfreies Oberteil zu richten und nach den Hotpants auf dem Stuhl zu greifen, als die Tür mit einem lauten Knall aufflog und Daichi eintrat. “Ich werd’ dich so zur Schnecke machen, Tyson! Da kannst du-...”, der Kleine stockte und sah das Mädchen mit großen Augen an, das nicht minder erschrocken zurück starrte. Sie hatte gedacht, dass das Eröffnungsprozedere deutlich länger dauern würde. “DAICHI!!”, schrie sie und nur Millisekunden später standen Tyson und auch Kai hinter dem Kleinen, die die Situation fehlinterpretiert hatten und verdattert in den Raum schauten, in dem Akira mit hochrotem Kopf stand. “Ist hier Fleischbeschau, oder was soll das??”, rief sie mit unnatürlich hoher Stimme. Der Älteste der Truppe reagierte als erster und drehte sich auf dem Absatz wieder, um Kenny und Hilary, die ebenfalls direkt gefolgt waren, zu stoppen. Nur Millisekunden danach wachte auch ihr Cousin aus seiner Starre, griff hektisch nach dem Griff und knallte dem Rothaarigen neben ihm fast die Tür gegen das Gesicht. Beide nicht weniger Rot im Gesicht, als das Mädchen. “Was ist los?”, fragte Hilary und drängte sich an Kai vorbei vor die Tür. “Sie zieht sich gerade um.”, presste Tyson zwischen den Zähnen raus und rieb sich die Augen, versuchte das Bild aus seinem Kopf zu löschen. Daichi stand unverändert hochrot nur wenige Zentimeter von der Tür entfernt und starrte wortlos und mit leerem Blick darauf. Hilary verzog das Gesicht und scheuchte die Jungs vollends vor der Tür weg. “Kommt gleich nochmal wieder.”, sagte die Braunhaarige und verschwand nun hinter der Tür. Akira, die wieder einen der Blader erwartete, wollte erneut die Stimme erheben und bewaffnete sich mit ihrem Rucksack, den sie mit Sicherheit als Wurfgeschoss verwenden würde, sollten sie es nochmal wagen reinzuplatzen. Jedoch ließ sie ihre Hand wieder sinken, als sie das andere Mädchen sah. “Ach du, Hil.” Die Schwarzhaarige atmete tief durch und versuchte sich zu beruhigen. Sie war immer noch Rot im Gesicht. Eilig stiff sie sich endlich die Hose über und setzte sich auf einen Stuhl, um die Strümpfe ebenfalls anzuziehen. “Junge, Junge, da hast du die Kerle aber ordentlich erschreckt.”, lachte Hilary nervös und setzte sich auf einen der anderen Stühle. “Frag’ mich mal… Ich hab’ gedacht, dass die länger unten brauchen würden.” Endlich kam wieder langsam ihre normale Gesichtsfarbe zurück. Sie schallte sich in Gedanken, dass sie nicht daran gedacht hatte einen Zettel oder dergleichen an die Tür zu hängen, da man diese nicht abschließen konnte. “Man, wie peinlich...”, seufzte Akira und rieb sich die Schläfen. “Naja, wenigstens stand ich nicht ganz nackt da.”, lachte sie dann jedoch leise. Ändern konnte sie es jetzt auch nicht mehr. Unterwäsche war ja eigentlich auch nicht viel anders als ein Bikini. Erneut seufzend zuckte sie mit den Achseln. Das Turnier startete nur wenige Minuten später und das Team und Daichi mussten ihre ersten Kämpfe bestreiten, nach denen sich Tyson, Daichi und Kenny erst wieder zurück in die mittlerweile sichere Umkleide getraut hatten. Auch die Mädchen waren beide zurückgekehrt, damit sie als Team die nächsten Matches besprechen wollten. Gerade kamen sie durch die Tür und gingen auf die Jungs zu, die am Tisch saßen. “Wo ist Kai?”, fragte Hilary, als sie den Raum durchsuchte. “Keine Ahnung...” Tyson zuckte nur mit den Schultern und Akira zog die Brauen zusammen. //Mal wieder auf Alleingang...//, dachte die Japanerin und seufzte. Der Ältere wurde langsam aber sicher zum nächsten Sorgenkind der Gruppe. Und Akira wusste, dass sie mit dem Gedanken nicht alleine war. Auch den anderen war aufgefallen wie distanziert sich der Junge verhielt. Nichts was nicht neu war, aber es war schon länger her, dass es so massiv war. Sie schob den Gedanken beiseite. Wenn er Probleme hatte, würde er sicher schon bald mit der Sprache rausrücken oder sie zeitnah selbst aus der Welt schaffen. Die beiden Mädchen setzten sich ebenfalls an den Tisch und Akira bemerkte Daichis gesenkten Blick mit leicht gerötetem Gesicht, als sie sich direkt neben ihm auf dem Stuhl niederließ. So geniert hatte sie ihn vorher noch nicht erlebt. Ein Glück, dass man es ihm bei seinem Kampf nicht angesehen hatte, was vorher passiert war. Aber da hatte er sich auch auf etwas anderes konzentrieren können. Mit einem schelmischen Grinsen auf den Lippen streckte sie ihren Arm hinter ihm aus und griff sich seinen Kopf um ihn in den Schwitzkasten zu nehmen. Fast schon liebevoll wuschelte sie ihm mit der anderen Hand durch die Haare und lachte. “Jetzt zier’ dich nicht so.” “Uwaa, lass’ mich los!!”, schrie der Kleine und sein Gesicht hatte mit einem Mal die gleiche Farbe wie sein Schopf. Immer noch lachend ließ ihn die Japanerin wieder frei und grinste entschuldigend. Aber es schien geholfen zu haben, Daichi beruhigte sich wieder und konnte ihr auch endlich wieder in die Augen sehen. Er hatte wohl befürchtet, dass sie immer noch sauer war, dass sie reingeplatzt waren, als sie sich umziehen wollte. Auch die anderen mussten lachen und Tyson knuffte sie gegen die Schulter. “Du hast dem Armen eben echt einen Schrecken verpasst. Warum hast du dich eigentlich überhaupt umgezogen?”, fragte ihr Cousin und verschränkte anschließend die Arme vor der Brust. “Ach, ich will nicht, dass die aus meiner Schule sehen, dass ich hier bin. Die Uniform ist einfach zu auffällig.”, erklärte Akira und lehnte sich im Stuhl zurück. “Da sind ein paar, von denen ich vermute, dass die über mich an dich oder die anderen ranzukommen. Ich hab’ auch das Generve keine Lust.”, fuhr sie fort und seufzte. Die paar Leute, die sie bereits in der Schule darauf angesprochen hatten, hatte sie glücklicherweise recht schnell abwimmeln können. Tyson hatte zwar kein Problem mit seinen Fans, aber Akira mochte es nicht so im Mittelpunkt zu stehen. Auch, wenn die Presse die Bladebreakers mal wieder belagerten, stellte sie sich immer etwas abseits. Das war einfach nicht ihr Ding. Außerdem hatte sie keine Lust darauf, dass die Leute nur was von ihr wollten, weil sie mit den Bladebreakers befreundet, oder sogar mit Tyson verwandt war. Und damit wand sich die Gruppe der Vorbereitung auf die nächsten Matches zu. Kai, Tyson und auch Daichi waren ohne Probleme weitergekommen. Kenny hatte sich etwas schwerer getan, da er immer noch nervös war, doch auch er gewann seine Spiele bis er von einem Jungen besiegt wurde, dessen Blade die Fähigkeit hatte die Farben zu ändern, wodurch sich beide Kreisel in der Arena nicht mehr unterscheiden ließen. Tyson war als nächstes gegen diesen Jungen angetreten und hatte es geschafft Kenny zu rächen. Wie sich herausgestellt hatte, war Kenny die ganze Zeit über nicht nur wegen der Matches nervös gewesen, sondern hatte sich auch Gedanken darum gemacht, ob er überhaupt fähig war als Bladebreaker anzutreten. Er haderte damit, dass er sich nicht im geringsten auf einem Level mit den anderen sah. Akira hatte das bereits während der Trainingseinheiten vermutet, da Kenny es bis zum Turnier vermieden hatte einen Übungskampf gegen Tyson oder die anderen zu wagen. Nun saßen sie wieder in der Umkleide und Hilary war dabei Daichis Hose zu flicken, die einen Riss am Hintern hatte. Akira musste grinsen, als sie beobachtete wie der Kleine bäuchlings und wieder mit hochrotem Kopf auf Hilarys Schoß lag, während die ihre Arbeit tat. //Schon der zweite Unterwäschevorfall an einem Tag.//, dachte sie und musste leise lachen. Es dauerte nicht lange, ehe sich der Jüngste aufrappelte und Tyson ankündigte endlich im Finale gegen ihn antreten zu können, sobald er seinen letzten Kampf in Block B gewonnen hatte. Belustigt eröffneten Kenny und Tyson ihm jedoch, dass die Finalisten aus Block A, was Tyson war, und Block B nicht gegeneinander kämpfen, sondern für die Weltmeisterschaft ein Team bilden würden. Das entsetzte Gesicht des Rothaarigen brachte beide Mädchen wieder zum Lachen. Anscheinend hatte er den Plan nicht bis zum Ende durchdacht, als er sich mit den Bladebreakers hierbei angemeldet hatte. Da er in seinem Finale gegen Kai antreten würde, hielt Tyson sich nicht zurück ihn zu foppen. Er würde definitiv mit Kai in die Weltmeisterschaft starten. Dass Daichi gegen den Älteren gewinnen würde, war für ihn nicht mehr als ein lachhafter Gedanke. Akira sah sich nochmal in der Umkleide um. Kai war schon wieder nicht da. Sie hoffte, dass er sich lediglich alleine auf den Kampf gegen Daichi vorbereiten wollte, ohne den kleinen Quälgeist in der Nähe. *** Das Match der beiden war eine Überraschung für die restlichen Bladebreakers, die sich alles von der Tribüne aus ansahen. Daichi attackierte direkt von Anfang an mit vollem Einsatz. Dranzer blieb die ganze Zeit über an einer Stelle und ließ die Angriffe regelrecht über sich ergehen. Auch Kai wirkte teilnahmslos und reagierte kein bisschen. Das Ganze besorgte die anderen ungemein, das war nicht der Kai, den sie kannten. Was war nur los? Wollte er denn gar nicht gewinnen? Erst im letzten Moment, ehe Daichi ihn wirklich rauskicken konnte, startete er einen Konterangriff, der sich gewaschen hatte. Der Rothaarige konnte gar nicht so schnell gucken, ehe sein Strata Dragoon plötzlich vor ihm auf dem Boden lag. Freudestrahlend verließen sie die Tribüne und Tyson gesellte sich zu Kai in der Mitte der Arena, wo sie beide als Team für die Weltmeisterschaft vorgestellt wurden. Trotz der Glückwünsche von Tyson und den anderen des Teams und sogar Mr. Dickinson, reagierte der Ältere nicht wirklich. Beunruhigt beobachtete Akira den Jungen, der tief in Gedanken wirkte. Sie wurde jedoch von Mr. Dickinson unterbrochen, der nun offiziell verkündete, dass das bei dem Turnier pro Team zwei Ersatzspieler ernannt werden sollten. Ehe sich die Jugendlichen weiter Gedanken darüber machen konnten, kam jemand weiteres dazu. Jin stand plötzlich ebenfalls bei der Truppe, der nun von Mr. Dickinson als neuer Teamchef vorgestellt wurde. So arbeitete der also insgeheim für die BBA und sollte die beiden Ersatzspieler für Tyson und Kai nennen. Er eröffnete, dass er sich für Daichi und Kenny entschieden hatte. Sie würden zudem nicht als Bladebreakers, sondern als BBA Revolution für Japan antreten. Die Ereignisse waren mehr als irritierend, wie Akira fand. Jetzt waren sie also ein offizielles Team der BBA und haben auch einen Trainer? Wie sich zudem noch herausstellte, handelte es sich bei diesem Trainer, Jin, um niemand geringeren als Tysons großer Bruder Hiro. Er hatte im Vorfeld herausfinden wollen wie gut sein kleiner Bruder wirklich im Bladen war, ehe er bereit war ihn unter seine Fittiche zu nehmen. Das Wiedersehen, nachdem Hiro seine Maske abgenommen hatte, war sehr emotional und Tyson schmiss sich regelrecht in dessen Arme. Jahre hatten sie sich schon nicht mehr gesehen und der Japaner freute sich nicht nur, er strahlte über das ganze Gesicht. Es war auch das erste Mal, dass Akira ihren anderen Cousin traf. Sie wusste zwar von ihm, aber Tyson und ihr Großvater hatten tatsächlich eher selten von ihm geredet. Mit einem Grinsen wollte sie sich bei ihm vorstellen, aber Hiro kam ihr zuvor. Er hatte bereits von Mr. Dickinson einiges über das Team und auch sie erfahren und freute sich auf die Zusammenarbeit als BBA Revolution. Lachend zog Tyson die beiden in die Arme. “Das wird so cool!! Ein Familienteam!”, grinste er und die anderen fingen ebenfalls an zu lachen. Kapitel 13: Displeasure (G-Revolution) -------------------------------------- Einige Tage waren vergangen, als Kenny, Hilary, Hiro und Akira im Trainingscenter der BBA standen, um ihr Vorgehen zu besprechen, Strategien zu entwickeln und auch zu recherchieren gegen welche Teams sie in der Weltmeisterschaft antreten würden. Kai war ebenfalls anwesend. Gebannt starrten sie auf den Fernseher, auf dem vorhin die amerikanischen Vorrunden übertragen wurden und nun die russischen zeigte. Max hatte es wie erwartet in das Team seiner Mutter, die PPB All Starz, geschafft. Mit großem Interesse beobachteten sie nun Kais ehemalige Teamkameraden, Tala und Spencer, die gegeneinander antraten. Akira dachte zurück an die vorletzte Meisterschaft, wo sie die Russen eher spärlich kennen gelernt hatte. Sie erinnerte sich noch an den auffällig aggressiven und manchmal auch unfairen Kampfstil, den jeder der Jungs perfektioniert hatte. Ihr Blick glitt zu Kai, der etwas abseits saß. Ihn schien es eher wenig zu interessieren, was sich auf dem Bildschirm abspielte und konzentrierte sich stattdessen darauf Dranzer durchzuchecken. Die Schwarzhaarige sah wieder zum Match auf dem Fernseher. In dem Moment platzten Tyson und Daichi rein, die sich deutlich verspätet hatten. Nun konnte also auch das Training der Jungs endlich beginnen. Besonders Kenny wurde hart von Hiro rangenommen, da der die wenigsten Erfahrungen hatte. Tysons großer Bruder hatte zudem darauf gepocht, dass Kenny seine Technik beiseite legte und sich vollends auf sich und das physische Training konzentrierte, was dem Kleinen zu anfangs ein paar Schwierigkeiten bereitete. Aber er nickte verständnisvoll und tat, was der Coach von ihm verlangte. Einige Zeit verstrich, ehe Hiro wieder den Fernseher einschaltete, damit sie sich Rays Kampf gegen Lee ansehen konnten, den ihr ehemaliger Teamkollege für sich gewinnen konnte. “Hey Wahnsinn! Ray hat es geschafft!”, freute sich Tyson und grinste. “Ich kann’s kaum noch erwarten mit Dragoon loszulegen!” “Alle ehemaligen Bladebreakers haben’s geschafft. Das ist vielleicht klasse.” Auch Kenny wirkte begeistert. Unbemerkt der anderen legte sich ein Schatten auf Kais Gesicht. Schweigend drehte er sich um und verließ den Trainingsraum. Lediglich Hiro und Akira bemerkten aus den Augenwinkeln, dass der Ältere verschwunden war und sahen sich fragend an. Das Mädchen zog die Augenbrauen zusammen. Seit der Vorrunden war Kais Verhalten nochmal schlimmer geworden. Er war schon immer sehr still gewesen, aber die letzten Tage, wenn nicht sogar Wochen, hatte er derart oft gedankenverloren Löcher in die Luft gestarrt. Von seiner Distanz zum Team mal ganz abgesehen. Es war es ein Wunder, dass sich die anderen nichts weiter dabei dachten, da er ja immer noch da war. Bisher hatte die Schwarzhaarige dazu geschwiegen, weil sie keine Pferde scheu machen wollte, aber Hiros Blick beunruhigte sie nur noch mehr. Wusste ihr Trainer etwa mehr als sie? “Soeben haben wir die folgende Nachricht erhalten: Vollkommen überraschend sind die Majestics geschlagen worden und somit ausgeschieden.”, tönte es nun aus dem Fernseher und Akiras Gesichtsausdruck versteinerte, nachdem sie mit dem Kopf wieder zum Bildschirm wirbelte. //Wie bitte???// “Nicht zu fassen, die Majestics sind geschlagen worden??” Tyson war ebenfalls fassungslos und schaute nun seine Cousine an, die immer noch mit offenem Mund auf den Fernseher starrte. “In einem dramatischen Kampf sind die Majestics heute von einer Gruppe ziemlicher Newcomer geschlagen worden: den Barthez Battalion.”, führte die Nachrichtensprecherin des Sportprogramms weiter aus und Bilder des unbekannten Teams wurden gezeigt. “Von denen hab’ ich noch nie was gehört...”, murmelte Tyson vor sich hin und auch sein Bruder musterte die anderen kritisch auf dem BIldschirm. “Bis heute war das Team völlig unbekannt.” Dass selbst Hiro, der sich als feste Größe der BBA und des Bey-Sportes herausgestellt hatte, auch nichts über sie wusste, machte ihre neuen europäischen Gegner nur noch mysteriöser. “Wie kann ein unerfahrenes Team wie die Barthez Battalion die Majestics so leicht schlagen??”, fragte Tyson nun rhetorisch und auch Akira rührte sich endlich. “Entschuldigt mich...”, sagte sie nur, ehe sie aus dem Trainingsraum stürmte. Sie musste dringend Robert anrufen und wissen, was da in Europa vor sich gegangen war. Zuhause angekommen, schob Akira die Schiebetür zu ihrem Zimmer fester auf, als sie wollte, ließ sich aber nicht beirren und sprintete auf ihren Laptop auf dem Schreibtisch, um ihn zu öffnen. Weder Robert, noch Johnny ließen sich jedoch zunächst erreichen. Es dauerte einige Zeit, bis sich ihr bester Freund endlich bei ihr meldete und erleichtert, ihn endlich sprechen zu können, nahm sie den Anruf an. “Robert, ich hab’s vorhin im Fernsehen gesehen. Was ist passiert??”, redete sie direkt los ohne ihn zu begrüßen. Sie konnte es immer noch nicht fassen, was passiert sein sollte. Eine kurze Stille entstand, anschließend ein verärgertes Schnauben vom Deutschen, das sie aus ihrer Vergangenheit nur sehr selten von ihm kannte, ihr aber auch verriet wie sauer er war. “Sie haben definitiv mit unfairen Mitteln gespielt. Es ging rasend schnell. Weder Johnny, noch ich hatten Zeit zu reagieren und da waren die Kämpfe auch schon vorbei und die Offiziellen haben natürlich keine Regelverstöße feststellen können.” Er versuchte sich kurz zu halten und Akira setzte sich betroffen auf den Schreibtischstuhl. Am liebsten würde sie ihren besten Freund jetzt in eine Umarmung ziehen, um ihn zu trösten. Aber das ging leider nicht. “Kanntet ihr diese Barthez Battalion vorher?”, fragte sie schließlich. “Nein, keiner von uns hat vor dem Turnier von denen gehört.” Roberts Aussage beunruhigte die Japanerin noch mehr. Bei der BBA in Japan waren sie unbekannt und bei den besten Bladern Europas ebenfalls? //Klingt schon fast nach Verschwörung...// Nachdenklich starrte sie auf den Laptop. Akira vernahm Gemurmel in der Leitung. “Hey Troublemaker.” //Johnny.// Das Mädchen lächelte, auch wenn die anderen sie nicht sehen konnten. “Hey.” Sie hatte seine Stimme eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr gehört. Da sie noch mehr Leute hören konnte, vermutete sie, dass sich auch die anderen Majestics in der Nähe befinden mussten. “Auch wenn unsere Teams jetzt nicht mehr gegeneinander antreten können, werden wir uns doch bei den offiziellen Kämpfen sehen, oder? Zumindest in Europa.”, fragte sie in die Runde und versuchte die Stimmung zumindest etwas aufzuheitern. Sie hatte sich so gefreut nach dem Fiasko-Sommer endlich nochmal all ihren Freunden neben Robert auf den Geist gehen zu können. “Bien sûr, chérie.” Olivers Grinsen konnte sie sich vor ihrem inneren Auge sehr gut vorstellen. “Vielleicht kriegen wir diese Betrüger ja doch noch dran.” Man konnte hören wie Johnny seine Knöchel knacken ließ. Die Schwarzhaarige nickte abwesend. Bei dem Gedanken, dass diese Kerle auch noch mit Regelverstoß gegen ihre Freunde hatten gewinnen können, drehte sich Akiras Magen um. Das erinnerte sie an die Weltmeisterschaft vom Vorjahr, wo King und Queen, berüchtigt für Unfairness, in die Matches gestartet waren und sich auch nur mit einem Sieg hatten stoppen lassen. Das Mädchen spürte wieder die altbekannte Wut hochkochen und versuchte sich ruhig zu halten. “Das werden wir, Leute.” Sie mussten definitiv vorsichtig sein und nicht übermütig werden, sobald die offiziellen, internationalen Kämpfe begannen. Akira nahm sich vor nochmal mit ihrem Team zu sprechen. Das waren Informationen, die später mit Sicherheit essentiell werden würden. Weitere Tage verstrichen, in denen die BBA Revolution fast täglich im Trainingscenter verbrachten. Für heute war zusätzlich noch ein Meeting geplant, bei dem besprochen wurde, dass sie gemeinsam für das Wochenende ins Trainingscamp sollten. Kai war seit letztens nicht mehr aufgetaucht und mit jedem weiteren verstrichenen Tag befürchtete Akira mehr und mehr, dass er gar nicht mehr zurückkommen würde. Ihr Cousin hingegen dachte nicht im Entferntesten daran, dass der Ältere auch nur den Ansatz eines Gedankens hatte das Team doch noch zu verlassen. //Seinen Optimismus hätte ich manchmal schon ganz gerne...//, dachte die Schwarzhaarige, als sie gerade von besagtem Meeting im BBA-Center zurückkam. Die anderen waren noch geblieben und wollten weiter trainieren, während sich die Mädchen beide eine Pause gönnten, um individuell für den kommenden Tag und die Abreise ins Camp Vorbereitungen zu machen. So hatten sich Hilary und sie vorhin voneinander verabschiedet und Akira war nun alleine Zuhause. Seufzend ließ sie sich in der Nähe des Eingangs auf dem Engawa nieder und schaute in den wolkenverhangenen Himmel. Aus den Augenwinkeln erkannte sie eine Gestalt, die gerade durch das Haupttor kam und sah, dass es Kai war. Mit einem Mal stand sie auf. Sie wollte sich freuen, dass er Ältere endlich wieder da war, doch an seinem Gesicht konnte sie wahrnehmen, dass etwas passiert war – oder passieren würde. “Kai...” Akira zog die Brauen zusammen und beobachtete, wie er ruhigen Schrittes auf sie zu kam. Als er vor ihr stand, sah er sie direkt an, steckte er die Hände in die Hosentaschen und schwieg für einen kurzen Moment. “Ich bin raus.” Manchmal wünschte Akira sich, dass der Junge nicht ganz so direkt war, aber eigentlich hatte sie das an ihm auch mittlerweile schätzen gelernt. Das Mädchen keuchte, halb lachend, halb seufzend, stemmte die Hände in die Hüften und schaute weg. Sie überlegte kurz was sie darauf antworten sollte. Ihr fiel nichts Nettes ein, also schwieg sie vorerst. Als ihr Gegenüber sich jedoch nicht weiter über seine Beweggründe äußerte, sah sie ihm wieder direkt in die Augen. “Ist das etwa immer noch wegen deiner Revanche mit Tyson, die du letztes Mal wegen Zeo nicht bekommen hast?” Kais Augen blitzten. //Volltreffer...// Das Mädchen spürte wie die Verzweiflung in ihr hochkroch und sie lachte sarkastisch. Die Weltmeisterschaft stand vor der Tür und das Team verlor hiermit also sein drittes, wichtiges Mitglied. Tief durchatmend massierte sie den Nasenrücken. So enttäuscht sie auch gerade war, es wäre gelogen zu sagen, sie habe es nicht schon vorher geahnt. Die Japanerin besann sich auf das Abschiedsgespräch mit Ray und Max und ihr aufkommender Zorn auf Kai verblasste wieder etwas. Der Ältere hatte genauso das Recht auf ein faires Aufeinandertreffen auf ihren Cousin, wie die anderen beiden. Doch das Timing hätte er nicht schlechter wählen können. “Warum kommst du damit so spät, Kai? Die ganze Vorbereitung... Die Vorrunden... Warum jetzt?”, fragte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. “Weil ich lange überlegt habe. Ich wollte gemeinsam mit Tyson antreten, aber ich will auch endlich die Chance haben gegen ihn zu kämpfen. Ich habe lange genug darauf gewartet.”, erklärte der Größere und bestätigte ihre Gedanken. Schnaubend sah sie ihn an. Sie glaubte ihm jedoch, dass er lange mit sich gehadert hatte. Sein Verhalten dem Team gegenüber bestätigte es nur zu deutlich. Auch bei dem Match gegen Daichi in den Vorrunden hatte Kenny damals den Verdacht geäußert, dass Kai den Anschein mache, sich absichtlich rausschmeißen lassen zu wollen. Er hatte also Recht gehabt. “Und warum sagst du es mir und nicht Tyson selbst? Oder weiß er es schon?”, wollte sie weiter wissen. “Hiro weiß es… Und Tyson wird mir irgendwann verzeihen…”, antwortete Kai und verstummte wieder. Da verstand Akira. //… Und ich hätte es dir niemals verziehen.//, dachte die Schwarzhaarige und komplettierte seinen Satz in Gedanken. Ihr Blick wurde mit einem Mal weich und sie löste ihre Arme aus der defensiven Haltung. Die Zeit mit den anderen war so turbulent verlaufen, aber ihre Abenteuer hatten sie eindeutig zusammengeschweißt und Akira zählte mittlerweile jeden einzelnen der Truppe zu ihren besten Freunden, selbst Kai. Und die Tatsache, dass ihre Freundschaft zu dem Älteren eindeutig auf dem falschen Fuß begonnen und es eine lange Zeit gedauert hatte, bis sie ihm vollends vertrauen konnte, war Grund genug, dass er nun hier vor ihr stand. Sie waren immer noch Freunde, das hatte er ihr damit indirekt sagen wollen. Genau wie Ray und Max ebenfalls immer noch ihre Freunde waren. Kai schien ihre Gedanken erfasst zu haben, denn er drehte sich wortlos um, um wieder zu gehen. “Kai!”, rief das Mädchen und er blieb stehen, sah über seine Schulter zu ihr herüber. “Komm nicht zu mir, wenn Dranzer wieder ein Update braucht.” Demonstrativ nickte sie Kai zu und stemmte wieder die Hände in die Hüften. Sie konnte ein leichtes Lächeln in seinem Gesicht sehen, ehe er sich erneut abwandte und vollends verschwand. *** Im Trainingscamp in den Bergen angekommen hatte Hiro den anderen eröffnet, dass Kai am Morgen seinen offiziellen Rücktritt bei der BBA eingereicht hatte. Akira hatte eigentlich vorgehabt Tyson die schlechte Nachricht bereits am Abend zuvor mitzuteilen, aber er und Daichi waren erst so spät nach Hause gekommen, dass sie bereits geschlafen hatte und da sie zusammen mit ihrem älteren Cousin vorgefahren war, um vor Ort schon einiges vorzubereiten, hatte sie auch dann keine Gelegenheit gehabt die anderen zu informieren. Tyson hatte zwar empört und enttäuscht reagiert, sich dann aber schneller als die anderen gucken konnten mit dem Rothaarigen in den Wald aufgemacht, um mit ihm anstelle vom Älteren zu trainieren. Er hatte somit entschieden, dass Daichi auch in der Weltmeisterschaft an seiner Seite für die BBA Revolution kämpfen sollte. Die beiden wurden erst am nächsten Tag wieder gesehen, da sie sich zwischenzeitlich hoffnungslos verlaufen hatten, was Tyson aber natürlich nicht zugeben wollte. Unterdessen hatte Kenny sein Muskeltraining aufgenommen und Hilary und Akira hatten sich um die Verpflegung gekümmert. Als die beiden Chaoten dann endlich wieder aufgetaucht waren, staunten die anderen nicht schlecht. Sie hatten sich tatsächlich zusammengerauft und waren ein Team geworden. *** Die Weltmeisterschaft stand nun endlich an. Monatelanges Training, Vorbereiten und Recherchieren sollten nun endlich getestet werden. Akira sah auf das dreiviertel Jahr zurück, das seit der letzten WM vergangen war. Es war so viel passiert, dass es ihr vorkam, als sei alles im Zeitraffer an ihr vorbei gerauscht. Passend zum Beginn der Frühlingsferien vor dem neuen Schuljahr danach nahm das Team die Reise auf. Da Hiro diesmal als Trainer dabei war, blieb ihr Großvater Zuhause in Japan. Erster Stop: New York! Nach einem kleinen Abenteuer, bei dem Tyson und Daichi auf Max und dessen neuen Partner Rick getroffen waren, saßen abends alle der BBA Revolution auf dem Hotelzimmer. Im Fernsehen wurde gezeigt, wie auch die konkurrierenden Teams in New York gelandet waren. Jetzt wurde zudem bekannt in welchem Team Kai letztendlich antreten wollte. Er war wieder zurück bei Tala und den anderen. Hiro drehte sich plötzlich zu seinen Schützlingen um. “Ich weiß, dass das jetzt zu spät kommt, aber Mr. Dickinson hatte mir kurz vor unserer Abreise mitgeteilt, dass wir noch einen zweiten Ersatz benötigen. Ich hatte gehofft, dass Kenny als Ausweichspieler ausreichen würde, aber die Regelungen sind scheinbar doch strenger, als ich dachte.” Große Augen sahen ihn an und Akira fragte sich, warum der Vorsitzende der BBA erst kurz vor den großen Kämpfen damit angekommen war. “Den einzigen, beziehungsweise die einzige, die jetzt noch einspringen kann, bist du, Akira.” Dem Mädchen fiel die Kinnlade runter, während sie ihren Cousin ungläubig anstarrte. “Hast du sie noch alle???”, rief sie fassungslos und räusperte sich. Sie hatte nicht so respektlos mit ihrem Trainer reden wollen. “Entschuldigung, aber... HAST DU SIE NOCH ALLE??” Jetzt war sie sich sicher, dass sie sich doch passend ausgedrückt hatte. “Ich?? Die, die keinen blassen Schimmer davon hat??” Auch der Rest starrte die beiden nur stumm an und konnten nicht glauben was Hiro da vorschlug. “Genau wie Kenny kennst du die Blades in und auswendig. Außerdem sind wir schon in Amerika. Wir haben keine andere Wahl.” “Warum machst DU das nicht??” Das war eine gute Frage, doch der Ältere schüttelte nur den Kopf. “Ich darf laut Regeln nicht antreten, weil ich euer Coach bin. Da ist die BBA genauso strikt.” Akiras Mund klappte auf und zu. Sie wollte etwas erwidern, aber ihr fehlten die Worte. Sie? Bei der Weltmeisterschaft? Als Bladerin?? “Du hast einen Blade, also-...”, fuhr Hiro fort, wurde aber von ihr unterbrochen. “Ja, um Kenny zu trainieren, nicht um auch mitzukämpfen, verdammt. Ich war ja nichtmal bei den Vorrunden dabei. Ich bin nicht qualifiziert.”, versuchte sie es. “Mr. Dickinson hat den Vorschlag bereits durchgewunken. Außerdem müsstest du nur ran, sofern Tyson, Daichi und Kenny nicht antreten können. Die Wahrscheinlichkeit liegt also fast bei Null. Es handelt sich hier lediglich um eine Formalität.” Hiro versuchte sie weiter zu beschwichtigen. “Fast Null ist nicht gleich Null. Wenn der Fall eintreten sollte, so unwahrscheinlich das auch sein mag wie du sagst, werde ich sang und klanglos untergehen! Wir verlieren! Definitiv! Unmöglich, dass ich auch nur den Hauch einer Chance in diesem Turnier hab! Verstehst du das, Hiro??” Um ihre Aussage zu bekräftigen wedelte sie mit ihrer Hand, mit der sie eine Null formte, vor dem Gesicht ihres Cousins herum. “Aki, wenn wir wirklich keine andere Wahl haben, dann übernimm den Posten bitte. Wir werden schon aufpassen, dass du nicht antreten musst.” Tyson grinste sie siegessicher an. Er war eigentlich auch nicht Begeistert von dieser Wendung, aber bis der Worst Case eintreten würde, hatten er, Daichi und Kenny es immer noch selbst in der Hand. *** Am Folgetag wurden dann alle finalen Teams in einer Arena vorgestellt. Dieses Jahr hatten es 6 Gruppen geschafft, die BBA Revolution, White Tiger X, PPB All Starz, Barthez Battalion, F-Dynasty – die ebenso unbekannt waren, wie die anderen Europäer – und Kais neues Team, die Blitzkrieg Boys. Zum ersten Mal seit der Trennung standen sie sich alle wieder gegenüber und Akira, die zwischen Hilary und Kenny hinter den anderen beiden des Teams stand, beobachtete mit Spannung den Rest der Kämpfer. Hiro hatte ihnen zudem eröffnet, dass das gesamte Team, inklusive Trainer und anderer Unterstützer, wie Hilary und sie selbst, jeweils in der Arena präsent sein sollten. Besonders bei Kämpfen sollten sie so schneller reagieren können, falls neue Strategien entwickelt werden mussten. Akira hatte noch nicht oft in der Mitte einer Arena gestanden, da es zuvor Gang und Gäbe war, dass das restliche Team von der Tribüne aus die Matches ansahen. Da sie jetzt aber, wenn auch widerwillig, Ersatzsspieler war, musste sie sowieso eher ins Geschehen. Nervös dachte sie an den Vorabend zurück und bekam einen Kloß im Hals. Sie hoffte inständig, dass Tyson Recht behalten sollte und sie nicht offiziell eines der Matches übernehmen musste. //Meinen anonymen Status in der Schule kann ich damit auch vergessen...// Die Kämpfe wurden ausgelost und alle starrten auf den großen Bildschirm, der anzeigte welche beiden Teams das erste Match zu bestreiten hatten. Die BBA Revolution und die White Tiger X wurden ausgewählt. //Ray also...// Akira sah das andere Team an. Das würde ein heftiges Match werden, da war sie sich sicher. Als sie in die Teamumkleide verschwinden wollten, um sich vorzubereiten, hechtete Tyson Kai hinterher, um ihn zur Rede zu stellen. Besorgt sah ihm seine Cousine hinterher, hielt ihn jedoch nicht auf. Nur kurze Zeit später kam er zurück zu ihnen, das Feuer loderte in seinen Augen. Tyson schien nicht die gewünschte Antwort von Kai bekommen zu haben, was die anderen nicht wirklich überraschte. Doch das sollte eine Sorge für später sein. Im Augenblick galt es sich gegen die Chinesen vorzubereiten. Als der Kampf bevorstand, ging Tyson als erstes zur BeyArena, da der ohne Umschweife gegen seinen ehemaligen Kollegen antreten wollte. Zu aller Überraschung war jedoch Lee derjenige, der den ersten Kampf bestreiten würde. Das wollte der Japaner aber nicht auf sich sitzen lassen und forderte Ray prompt zu einem Doppelkampf heraus, was Mr. Dickinson erlaubte. Es standen sich jetzt also Ray und Lee sowie Tyson und Daichi gegenüber und starteten gleichzeitig ihre Blades. Was Teamwork und Zusammenhalt anging, konnten Tyson und Daichi den White Tiger X noch nicht das Wasser reichen. Ray und Lee arbeiteten zusammen und konnten die anderen gemeinsam aus dem Stadium kicken. Erschüttert vergrub Akira das Gesicht in ihren Händen, fuhr sich anschließend durch die Haare und atmete tief durch. Der erste Kampf und dann auch noch verloren? Tyson war alles andere als in Bestform, soviel war klar. *** Anstatt vernünftig über den Kampf zu reflektieren, gaben sich Daichi und Tyson Backstage gegenseitig die Schuld. Für Tyson war der Kampf eine riesige Blamage und eine Schande für ihn als amtierender Weltmeister so unvermittelt von Ray geschlagen zu werden. Akira spürte, dass seine eigene Eitelkeit und Hochmut ihm gewaltig im Weg standen und ihr platzte der Kragen, während Kenny und Hilary noch versuchten auf diplomatische Art den Zwist zu lösen. “Jetzt hör’ mal endlich auf allen anderen die Schuld zu geben. Du bist der einzige, auf den du sauer sein solltest, Tyson. Du kannst das besser, also nimm’ endlich den Kopf aus dem Arsch.” Wütend packte sie ihn am Kragen und schrie ihn an. Hilary wollte ihre Hand auf Akiras Arm legen, um sie abzuhalten, doch sie ließ sie. Vielleicht war es doch besser Feuer mit Feuer zu bekämpfen, wenn Tyson so geladen war. “Lass mich los, verdammt. Was weißt du schon?! Daichi hat mir die ganze Tour vermasselt und mich vor allen blamiert!” Ebenso wütend wollte er ihre Hände wegschlagen, doch sie drückte ihn stattdessen gegen die Wand. Dann hörten sie, wie Ray und seine Teamkollegen den Gang entlang kamen, direkt auf sie zu, und die Japanerin ließ ihren Cousin schweigend los. Nicht jedoch ohne ihn immer noch sauer mit ihrem Blick zu fixieren. “Was?”, keifte der Japaner nun Ray an, der direkt vor ihm gestoppt hatte. Wie ein getretener Hund zuckte Tyson unter dessen stechendem Blick zusammen und ließ beide Teams stehen als er verschwand. Ray war enttäuscht gewesen, dass sein Gegner nicht seine volle Größe gezeigt hatte und das hatte er dem anderen auch mit seinem Blick zu verstehen gegeben. “Huh, das ist also der Weltmeister?”, feixte Lee, der hinter Ray stand, und grinste amüsiert über den Ausbruch. “Du solltest Tyson nicht unterschätzen. Er ist so stark wie du es dir nicht mal erträumen kannst, Lee.” Auch Ray sah seinem ehemaligen Teamkameraden hinterher und drehte sich dann zu den anderen der BBA Revolution. “Hey Leute.”, begrüßte er sie und die Mädchen und Kenny lächelten ihn an. Daichi hatte sich entschieden ebenfalls zu verschwinden. Scheinbar gelangweilt rieb er sich den Hinterkopf und machte sich auf Richtung Umkleiden. “Mariah, es ist ewig her.” Akira schluckte den Groll über ihren Cousin runter und ließ sich lachend vom anderen Mädchen in eine innige Umarmung ziehen. Sie hatten damals zwar nur kurz Zeit gehabt sich kennenzulernen, aber die Mädchen waren sich direkt sympathisch gewesen. “Aki-chaaan, wie toll, dass du auch noch dabei bist!!”, grinste die Pinkhaarige und Akira war froh, dass sich die Teams, trotz des Streits zwischen Tyson und den anderen, immer noch freundlich gesinnt waren. “Starker Kampf, Ray.”, nickte Kenny dem anderen anerkennend zu. Von deren Teamgeist konnten sie sich wirklich noch eine dicke Scheibe abschneiden. Der nächste Kampf fand zwischen den Blitzkrieg Boys und F-Dynasty statt. Das Team hatte sich aufgeteilt. Hilary und Kenny wollten in der Stadt nach Tyson suchen, der immer noch verschwunden war, während Akira und Daichi im Stadion geblieben waren, um die anderen Teams weiter abzuchecken. Von den oberen Reihen aus beobachteten sie wie Tala und Kai mit Leichtigkeit beide Siege für sich einkassieren konnten und die Japanerin lehnte sich mit den Ellbogen gegen das Geländer, an dem sie stand. Direkt danach folgte das Match von Barthez Battalion gegen die PPB All Starz. Das Mädchen kniff die Augen wütend zusammen. Dieses Team war also Schuld, dass ihre Freunde nicht teilnehmen durften. Mit Argusaugen beobachtete sie das Geschehen genauestens, sie wollte keine Sekunde da unten verpassen, um endlich zu verstehen wie die Majestics hatten rausfliegen können. Rick, den sie als starken Gegner kennengelernt hatte, hatte scheinbar keine Chance gegen Claude. Doch plötzlich rastete der Amerikaner völlig aus und rasierte mit seinem Blade mehrere der Stacheln ab, die im Stadium als Hindernisse eingebaut waren. Eine davon erwischte Claude und verletzte ihn am Arm, wobei das Mädchen den leisen Verdacht hegte, dass der leicht hätte ausweichen können. Der Trainer der Barthez Battalion brach den Kampf ab und nachdem Rick seinen verletzten Gegner auch noch verhöhnte, war es um das Publikum gestehen. Die PPB All Starz, die damit automatisch gewonnen hatten, wurden von allen Seiten ausgebuht und Akira hatte ein ungutes Gefühl. Kapitel 14: Frustration (G-Revolution) -------------------------------------- Wenige Tage später waren sie in Rom, wo die nächsten Spiele stattfinden sollten. Für die Japanerin bedeutete das auch, dass sie endlich Robert und die anderen treffen konnte. Nach der Ankunft der Teams am Flughafen von Rom, hatte die BBA Revolution ihr Hotelzimmer bezogen und Akira sich kurzerhand von den anderen verabschiedet. Bis der erste Kampf anstand, hatten sie noch einen Tag Zeit und Akira brauchte dringend eine Pause. Tyson war immer noch neben der Spur und redete auch nicht mehr mit Daichi, der das Spielchen leider mitspielte. Auch seine Cousine tat sich schwer die beiden Blader nicht ständig anzukeifen. Ihre Nerven waren mal wieder einer großen Zerreißprobe ausgesetzt und wenn Tyson und Daichi sich nicht endlich zusammenrauften, würde die BBA Revolution schneller aus der Meisterschaft gekickt werden, als es ihnen lieb war. //Und dann war der ganze Streit, weil die anderen das Team verlassen haben, völlig umsonst, weil dieser Idiot sich dabei selbst verloren und es vergeigt hat...//, dachte die Schwarzhaarige grimmig. So wollte sicher keiner der anderen gegen ihn kämpfen, er machte es ihnen ja schon fast zu leicht gegen ihn zu gewinnen. Seufzend machte sie sich auf in ein Café um die Ecke ihres Hotels und wurde auf halbem Weg schon von ihrem besten Freund abgefangen. “Robert!”, rief sie freudig und sprang ihm in die Arme. “Hey, Kleines.”, grinste der und erwiderte die Umarmung. Auch er war froh sie endlich wieder zu sehen, besonders in deutlich besserer Verfassung. Die beiden trafen im Café auf Johnny, Oliver und Enrique, die bereits einen Tisch für sie in Beschlag genommen hatten. Lächelnd umarmte sie als erstes Johnny von hinten und überraschte ihn, da er sie nicht gesehen hatte. “Aki, hey.” Die anderen waren bereits grinsend aufgestanden und zogen sie beide gleichzeitig in eine Umarmung. Der Deutsche und die Japanerin setzten sich zu den anderen an den Tisch. “Wie geht’s euch?”, fragte das Mädchen “Könnte besser sein.” Oliver zuckte mit den Schultern. Er wirkte bedrückt. Dass sie rausgeflogen waren, machte den Europäern offensichtlich immer noch zu schaffen. Die Schwarzhaarige nickte nur und nachdem sie Getränke bestellt hatten, fühlte sie die Blicke der Jungs auf sich. “Was macht euer Team? Ist Tyson immer noch so komisch drauf?”, fragte Robert schließlich und erntete ein resigniertes Seufzen. Sie hatte seit der Kämpfe in den USA zwar nicht ausführlich mit den Majestics reden können, aber die Jungs hatten ja im Fernsehen gesehen, wie schwer sich ihr Cousin mit Daichi getan hatte. “Hoffnungslos durcheinander ist der. Ich hoffe er fängt sich bald wieder, sonst ist die Weltmeisterschaft für uns schnell Geschichte.” Sie schüttelte unmerklich mit dem Kopf und starrte auf ihr Glas mit Saft vor sich. “Ist echt eine Schande, dass der in den finalen Runden ist und wir nicht.”, presste Johnny zwischen den Zähnen raus und Akira sah den Schotten böse an. Es war immer noch ihr Team, über das ihr Freund da gerade herzog, und der Junge bemerkte seinen Fauxpas, hob entschuldigend die Hände. “Hey, ich erwarte nur Höchstleistung von so jemandem wie Tyson, also kommt es mir unfair vor, was er da gerade abzieht.” Leider musste sie dem anderen Recht geben. Ihr Cousin hatte in der Vergangenheit schon häufiger die Beherrschung verloren, wenn er wegen Streitereien oder dergleichen durch den Wind war. Aber er hatte sich immer wieder fangen können, wenn es darauf angekommen war, besonders auch durch die Unterstützung der anderen Bladebreakers. //Aber die sind nicht mehr da...// Und sie selbst hatte zur Zeit leider auch nicht die Ruhe sachlich mit ihm zu reden. Darüber ärgerte sie sich mindestens genauso sehr. “Das Schlimme ist, dass ich auch immer wieder mit ihm aneinander gerate. Er macht mich rasend mit seinem Sturkopf.”, schnaufte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. Das konnten sich die Europäer sehr gut vorstellen und Robert klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter. “Wichtig ist jetzt, dass ihr als Team zusammen haltet und ihn irgendwie aus seinem Tief bekommt.” Akira nickte. Doch wie sollten sie das bewerkstelligen? Insgeheim hoffte sie, dass sich Hiro seinen kleinen Bruder mal zur Brust nahm. Immerhin war er ihr Coach und kannte Tyson schon fast am Besten, selbst wenn sie sich einige Jahre aus den Augen verloren hatten. Schließlich schüttelte die Japanerin den Kopf. “Genug von meinem chaotischen Team – Was habt ihr so getrieben?”, fragte sie und war froh, dass ihre Freunde das Thema ebenfalls erstmal auf sich beruhen ließen. Am nächsten Tag wurden die nächsten Zusammenstellungen der Teams bekannt. Rays Team musste gegen Barthez Battalion antreten, die Amerikaner gegen F-Dynasty und sie selbst gegen Kai und Tala. Akira wurde schlecht wenn sie daran dachte, dass Tyson in seinem instabilen Zustand auch noch auf Kai treffen müsste. Doch zunächst beobachteten sie gespannt die anderen Battles auf dem Fernseher in der Teamumkleide, wo sie sich vorbereiteten. Die Majestics hatten ihr bei ihrem Gespräch leider nicht viel von Rays nächsten Gegnern erzählen können. Aber schon nach den Kämpfen in New York ahnte sie, dass diese mit ihrem Trainer das Spiel mit der Presse und der Öffentlichkeit meisterlich beherrschten. Und als Blader waren sie auch nicht zu verachten. Claude verlor zwar sein Match gegen Ray, aber Miguel kickte Lees Blade unglaublich schnell aus der Arena. Ray trat anschließend also Miguel gegenüber und obwohl der Kampf zunächst so aussah, als ob der Chinese die Oberhand hätte, konnte Miguels Blade, scheinbar ohne Driger zu berühren, ihn aus dem Stadium katapultieren und gewinnen. Entsetzt sahen sie alle auf den Bildschirm. Robert hatte ihr ja vom Verdacht des Regelverstoßes erzählt, aber nun konnte Akira selbst sehen, dass an der Sache was dran sein musste. Kenny äußerte ebenfalls Bedenken, dass Miguel mit fairen Mitteln gewonnen hatte. *** Hiro betrat die Umkleide und verkündete, dass er für den Kampf der BBA Revolution Daichi für den ersten und Kenny für den zweiten Kampf ausgewählt hatte. “Das kann doch nicht dein Ernst sein!”, Tyson sah seinen Bruder entgeistert an, vor Schreck fiel ihm Dragoon aus der Hand. Der Rest schaute nicht minder geschockt. //Aber Hiro hat Recht. Tyson kann so, wie er drauf ist, niemals gegen Kai gewinnen. Es wäre Selbstmord ihn da raus zu lassen.//, musste sich die Japanerin eingestehen. “Tut mir Leid Tyson, aber meine Entscheidung steht fest. Und ich möchte nichts mehr darüber hören. Ich bin der Coach dieses Teams. Daichi, Kenny, schnappt euch eure Blades und wärmt euch auf.” Hiro ließ keine Diskussion zu und besorgt schaute Akira zu Tyson, der sich abwandte und die Hände zu Fäusten ballte. “Coach, Tyson sollte lieber raus gehen und nicht ich. Ich weiß, dass er gewinnen kann.” Kenny versuchte sein Glück ihren Trainer zu überzeugen. Er fühlte sich nicht bereit ein so großes und vor allem wichtiges Match zu bestreiten. “Das ist kein Problem, Chef. Das sind nur die Blitzkrieg Boys, das ist doch ein Kinderspiel Kai zu besiegen...”, setzte Tyson nun sarkastisch an und drehte sich anschließend wieder wütend zu seinem Bruder um. “... während der beste Blader auf der Bank sitzt!”, schrie er fast. “Tyson, hör’ auf! Du wirst nicht an dem Kampf teilnehmen!” Sein Bruder indes blieb ruhig aber bestimmt. “Aber wieso nicht??”, fragte Tyson weiter, die Stimme immer noch erhoben. “Das kann ich dir sagen. Weil wir gewinnen wollen!”, entgegnete ihr Coach darauf. “Was? Weil wir gewinnen wollen? Hmpf… Ja, okay, jetzt hab’ ich verstanden. Du denkst ich bin zu schwach um Kai zu schlagen. Das ist der Grund, stimmt doch, oder? Aber du irrst dich! Ich werd’s dir zeigen!” Mit diesen Worten stürmte der Weltmeister aus der Tür. “Tyson!” Kenny wollte ihm gerade hinterher, als Hiro ihn aufhielt. “Lass ihn gehen, Kenny.” “Nein, er muss hier bleiben!”, versuchte es der Kleine weiter. Das konnte doch nicht wirklich Hiros Ernst sein. Er hatte doch keine Chance gegen Tala oder Kai. Sie brauchten Tyson für dieses Match. “Tyson ist aufgeregt. Ich glaube er muss jetzt ein bisschen alleine sein. Er wird wieder kommen.” Akira schaute besorgt auf die noch offene Tür aus der ihr jüngerer Cousin verschwunden war. “Chef, Hiro hat Recht. Tyson hat so keine Chance gegen Kai, so sehr er auch gegen ihn kämpfen will. Kai würde ihn in Nullkommanichts rausschmeißen.” Und das konnten Sie sich nach ihrer letzten Niederlage nicht leisten. Die Schwarzhaarige drehte sich zu dem Kleinen und nickte ihm aufmunternd zu. Bevor sie jedoch gegen Kais Team antreten mussten, fand das Match zwischen F-Dynasty und den PPB All Starz statt. Der Vorfall in New York hatte sich erfolgreich herumgesprochen, denn als Rick die Arena betrat, wurde er erneut ausgebuht. Die Amerikaner waren unerwarteterweise eines der unbeliebtesten Teams dank Rick und Max konnte einem nur leidtun. Auch nach dem Sieg des Blondschopfs im zweiten Match gegen ihre Gegner, musste er sich die Buhrufe aus dem Publikum anhören. Direkt im Anschluss war es Zeit, dass die BBA Revolution in die Arena musste. Ein Raunen ging durch die Menge, als sie gemeinsam, aber ohne Tyson eintraten. Akira legte ihre Hände beruhigend auf Kennys Schultern, der vor Nervosität fast aus der eigenen Haut sprang. Ihre Gegner, die ebenfalls in der Arena angekommen waren, schauten das Team irritiert an. “Ohne Tyson?”, fragte Tala und Akira konnte sehen wie Kai verärgert die Brauen zusammenzog. Das hatte der Ältere sicher auch nicht so erwartet. Die Japanerin wandte ihren Blick vom russischen Team ab und schob Kenny zur Bank, damit er sich setzte. Er war wie in Schockstarre, nachdem er nun Tala und auch Kai gegenüber gestanden hatte. Als erstes war Daichi an der Reihe, der gegen Kai kämpfen musste. Entgegen aller Erwartungen verlor Letzterer jedoch scheinbar willentlich, als Dranzer unmittelbar nach dem Start in der Luft gegen Strata Dragoon krachte und in Richtung Bank der BBA Revolution geschleudert wurde. Hiro zuckte nicht mal, während Dranzer direkt neben ihm gegen die Wand donnerte und dort abprallte. “Was zur Hölle…?!”, keuchte Akira und sah ihren ehemaligen Teamkollegen mit großen Augen an. //Er hat freiwillig verloren?? Spinnt der??// Die altbekannte Wut kochte wieder hoch. War Kai sich etwa zu schade nochmal richtig gegen Daichi zu kämpfen, weil er eigentlich Tyson als Gegner wollte? Was sollte das Theater? Dafür hatte er das Team verlassen? Schnaubend wirbelte sie herum und packte Kenny wieder an den Schultern. Es war nun an ihm gegen Tala zu kämpfen, doch solange er sich nicht endlich aufrappelte, würde das nichts werden. “Verdammt Kenny, reiß dich zusammen!”, rief sie fast schon und schüttelte den Kleinen sanft aber bestimmt. Wenn Kenny jetzt vor Nervosität zusammenklappte, hieße das, dass sie selbst ran musste, und darauf war sie alles andere als vorbereitet. Sie hatte zwar vorsorglich die letzten Trainingseinheiten mitgemacht, aber den Vorsprung der Jungs hatte sie in den paar Tagen niemals auch nur ansatzweise einholen können. Sie sah wie Tala an das BeyStadium herantrat und die BBA Revolution erwartungsvoll anschaute. Hiro beugte sich zu Kenny, der immer noch verkrampft auf der Bank saß. “Kenny, bist du soweit?”, fragte er und das Mädchen ließ den Kleinen los. Sie kniete sich nun vor den Jungen, damit sie von unten in sein Gesicht sehen konnte. Da der sich jedoch immer noch nicht regte, schaute sie nun zu Hiro und man konnte spüren, wie DJ Jazzman, der die Matches kommentierte, sie ebenfalls ungeduldig ansah. “Scheinbar ist sich die BBA Revolution noch uneinig wer der Ersatzspieler für den zweiten Kampf sein soll, jetzt wo ihr Spitzenspieler Tyson abwesend ist.”, brüllte er in sein Mikrofon. “Kenny oder Akira, wer wird es wohl?” Die Japanerin lief auf der Stelle Rot an. Die wusste, dass die Ersatzspieler vorher offiziell angemeldet wurden, aber dass das jetzt doch so öffentlich breitgetreten wurde, ging ihr ehrlich gesagt schon gegen den Strich. Sie spürte verwirrte Blicke auf sich und versuchte durchzuatmen, während jetzt auch noch die Spielerprofile von ihr und dem Chef auf dem großen Bildschirm gezeigt wurden. “Ui, Akira?”, grinste Tala und fixierte sie mit seinem Blick, den sie nicht recht deuten konnte. Das Mädchen schnaubte und stand auf, erwiderte seinen Blick herausfordernd, eine Hand wieder auf Kennys Schulter, der schließlich reagierte. Erleichtert sah sie, wie der Kleine endlich aufstand und sich in die Mitte der Arena aufmachen wollte. Sie hielt ihn kurz zurück. “Kenny, du kannst das. Du hast hart dafür trainiert, also verdienst du es auch da drinnen zu gewinnen.”, flüsterte sie ihm zu und er lächelte dankbar. Daichi und Hilary klatschten ihn ab, als er auch an ihnen vorbei ging. “Kenny wird also gegen Tala antreten!”, brüllte der DJ wieder in sein Mikrofon und heizte die Menge an. “Hm, schade eigentlich. Aber egal. Jetzt mach’ dir nicht ins Hemd. Es wird schnell und schmerzlos gehen.”, ärgerte Tala den Kleineren grinsend und seine Augen blitzten gefährlich. Diese Art kannte sie von dem Rothaarigen noch von der ersten Weltmeisterschaft, wo sie neu bei den Bladebreakers war. Eigentlich war der Russe gar nicht so übel, aber in der Arena ging er gnadenlos vor. Kenny versuchte sich nicht von dem anderen einschüchtern zu lassen und der Kampf startete. Der Braunhaarige konnte sich recht gut behaupten. Er hatte mehr Talent, als er sich zugestehen wollte und bot Tala tatsächlich die Stirn. Auch wenn der Kleine nicht daran glaubte gewinnen zu können, das hier war sein Kampf und er würde nicht einfach aufgeben. Mit Schrecken starrte der Russe in das Stadium, wo Kenny seinen Wolborg unentwegt angriff. Der kleine Japaner hatte sich endlich berappelt und wollte einen Sieg für Tyson herausschlagen. Selbstbewusst, wie man es kaum von ihm kannte, rief er dem Russen zu, dass er niemals das Handtuch werfen würde, und Akira ballte stolz die Fäuste. Da war der Teamgeist, den sie die letzten Tage vermisst hatte. Kenny steckte alles was er hatte in seine Attacken und ließ Tala keine Zeit zu reagieren. Doch dessen Wolborg konnte einiges einstecken und nach jedem Angriff verlor Kennys Hopper an Geschwindigkeit. Es war eine Sisyphusaufgabe, die er seinem Blade da auftrug. Tala hatte schließlich die Nase voll und attackierte Kennys Blade mit so einem starken Move, dass Hopper in seine Einzelteile auseinanderfiel. Nach der Niederlage des Chefs, sprintete dieser zur Bank zurück, wo die restlichen der BBA Revolution saßen. “Ich weiß wie Daichi gegen Tala gewinnen kann, Akira! Talas Wolborg ist auf Ausdauer angelegt. Man kann ihn nur mit dem richtigen Timing und einer überwältigenden Attacke besiegen.”, erklärte er und die Augen des Mädchens weiteten sich, als sie die Erkenntnis traf. “Das Kugellager, das du entwickelt hast!”, flüsterte sie begeistert. Eilig öffnete sie ihre Hüfttasche und begann darin zu wühlen. Unterdessen tauchte Tyson auf, der verlangte das dritte Match anstelle von Daichi zu bestreiten und von der Security davon abgehalten wurde über die Brüstung zu klettern, um in die Arena zu gelangen. Der Rothaarige weigerte sich jedoch seinen Platz an den Älteren abzugeben. “Ich weiß nicht was du dir dabei denkst, aber ich hab’ hart dafür gearbeitet und werde nicht kneifen, wenn das Team mich jetzt am meisten braucht. Ich werde gegen Tala antreten, nur damit du’s weißt.”, schrie der Jüngere Tyson wütend an. Gerade als er sich umdrehen wollte, um ein zweites Mal zur Arena zu gehen, hielten Kenny und Akira ihn auf, um das Teil in Strata Dragoon einzubauen und ihm die neue Strategie mitzuteilen. Der Kleine stampfte los und die Japanerin sah herüber zu ihrem Cousin, der mit aufgeregtem Blick hinter der Abgrenzung zu den Tribünen stand. Ohne jedoch etwas zu ihm zu sagen, begab sie sich wieder zur Bank. Er hatte es anscheinend immer noch nicht kapiert. Daichi befolgte wenn auch widerwillig den Rat der anderen und wich Wolborgs Attacken aus, bis Kenny ihm ein Zeichen gab alles in einen Angriff zu setzen. Wie von Kenny in seinem Kampf beobachtet hatte, war Wolborg nach seiner Spezialattacke so destabilisiert, dass Daichi den Moment nutzen konnte ihn nun, nachdem er zuerst ausgewichen war, anzugreifen und zu besiegen. “Wir haben’s geschafft! Unser Spielplan hat den Tag gerettet!”, jauchzte Daichi und rannte zum Team, direkt in Kennys Arme, der überschwänglich erwiderte “Daichi, du hast gewonnen! Ich hab’ gewusst, dass wir Erfolg haben, wenn wir im Team zusammenarbeiten, Daichi! Du hast gewonnen! Gewonnen!!”, rief der Braunhaarige euphorisch und der Jüngere konnte sich nur geradeso aus dessen klammerndem Griff befreien. Akira wuschelte ihm durch die Haare. “Gut gemacht, Kleiner.”, sagte sie und wurde von dem Rotschopf angegrinst. “Was ist passiert? Hat dieser kleine Junge mich eben wirklich geschlagen?” Tala sah immer noch entsetzt auf das Stadium und anschließend zu Kai, der sich abwandte und verschwand. Dann glitt sein Blick zu seinen Gegnern, die ihren Sieg feierten. Die Schwarzhaarige spürte seinen Blick und drehte sich zu ihm um. //Du hast die Jungs unterschätzt und das war dein Fehler...//, dachte sie und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust, als sie anschließend Kai hinterher sah, der in diesem Moment die Arena verließ. Die Wut über dessen Verhalten kam wieder hoch und ihr Blick brannte förmlich. Beide Teams gingen Backstage und Akira nahm sich vor Kai noch an Ort und Stelle zur Rede zu stellen. Ohne, dass die anderen es mitbekamen, entfernte sie sich von ihrem Teamraum und stürmte in Richtung des des russischen Teams. Tala war der letzte, der den Raum betreten hatte, und wollte gerade hinter sich die Tür schließen, als er das Mädchen auf ihn zukommen sah. Er hatte eigentlich vor sich ihr in den Weg zu stellen, doch belustigt über den wütenden Gesichtsausdruck, ließ er sich wortlos von ihr zur Seite schieben und beobachtete wie die Kleinere auf seinen neuen Teamkollegen zuging, der sich nun zu ihr umdrehte und die Arme defensiv verschränkte. Spencer und Bryan hingegen interessierte das Geschehen eher weniger, als sie sich auf eine der Bänke setzten und die Japanerin einfach ignorierten. “Du wolltest unbedingt das Team verlassen, um dich zu beweisen. Was sollte dieses kindische Verhalten? Ist sich der große Kai etwa plötzlich zu fein für die ‘kleinen Fische’ und versucht’s erst gar nicht, nur weil er seinen Willen nicht bekommt?”, fuhr sie ihn direkt an. Sie war mehr als geladen. Sie hatte sich ihm gegenüber bisher verständnisvoll gezeigt, aber was zu weit ging, ging zu weit. “Was geht es dich an? Ihr habt gewonnen, also lass’ mich in Frieden.” Auch mit Kais Ruhe war es bald vorbei. Jetzt waren sie schon nicht mehr im gleichen Team und er musste sich trotzdem ihre Standpauke anhören? “Es geht mich sehr wohl was an, wenn du erst ankommst und deinen Austritt ankündigst, damit ich dich nicht wieder für einen Verräter halte, du aber jetzt nicht den Arsch hochbekommst und ernsthaft kämpfst!”, keifte sie weiter. Unbemerkt von ihr fing Tala nun an zu grinsen. Seine Niederlage vorhin hatte er scheinbar schnell weggesteckt und er erfreute sich nun an dem Drama vor ihm. “Die Kleine hat Feuer.”, säuselte er vor sich hin. Zwei Jahre zuvor hatte er sie zwar kennen gelernt, aber ein solches Temperament hatte sie damals in deren Gegenwart noch nicht an den Tag gelegt. Ehe Kai auf ihre Anschuldigungen reagieren konnte, drehte sich Akira jetzt wutentbrannt zu dem Russen. “Weißt du Tala, eigentlich kann ich dich leiden, aber im Moment hälst du besser deinen Rand und dich da raus!” Das Mädchen hatte erwartet, dass er sich angegriffen fühlte, hoffte aber, dass er endlich still blieb. Tala grinste jedoch unbehelligt weiter. “Soso, tust du das?” Erst nach ein paar Sekunden begriff die Japanerin worauf er anspielte und lief Rot an. “TALA!!”, brüllte Akira und auch Kai zischte den Namen seines Teamleaders genervt durch die Zähne. Es half sicher nicht die Japanerin noch mehr anzustacheln oder weiter zu reizen, weshalb er auch entschied doch still zu bleiben, nachdem sie ihn wieder mit ihrem erbosten Blick fixiert hatte. Das Mädchen hatte zudem auch begonnen zu beben. Mal wieder stand sie kurz vor einem Ausbruch. Mit zitterndem Atem musste sie einsehen, dass sie sich nicht mehr lange zurückhalten konnte. Schnaubend drehte sie sich auf dem Absatz und stürmte an Tala vorbei wieder nach draußen, schlug die Tür mit einem lauten Knall hinter sich zu. “...Tsk.” Es dauerte nur wenige Sekunden ehe Kai genervt ausatmete und ihr folgte. Damals, als die Bladebreakers von ihrem mentalen Problem mitbekommen hatten, haben sich die Jungs insgeheim geschworen, aufzupassen, dass sie sich nicht wieder selbst etwas zufügte, oder anderen. Das Versprechen galt für sie auch jetzt noch, wo sie kein Team mehr waren, auch wenn er im Moment nicht sehr scharf darauf war. Als er in den Flur trat, stand das Mädchen im Ausfallschritt mit der Stirn und Unterarmen gegen die Wand gelehnt. Die Hände hatte sie zu Fäusten geballt, selbst wenn ihre rechte vom Schlag gegen die Wand schmerzte. Zitternd versuchte sie sich zu beruhigen. “Scheiße… Scheiße...”, flüsterte sie vor sich hin und verfluchte sich selbst, dass sie es mal wieder so weit hat kommen lassen. “Die Wand kann auch nichts dafür.” Kais Stimme war wieder ruhig und er ging auf die Schwarzhaarige zu, die nicht damit gerechnet hatte, dass er ihr hinterher gelaufen war. Sie blickte aber nicht auf. “Lieber die Wand als dein Gesicht.”, antwortete sie trocken und vernahm ein Schnauben. “Stimmt...”, erwiderte der Junge ebenso trocken. Akira rang sich ein leichtes Lächeln ab und drehte sich endlich um, ließ sich an der Wand hinab gleiten und saß nun mit ausgestreckten Beinen auf dem Boden. Die Hände schüttelte sie aus und genervt seufzend zog sie ihren Handschuh halb aus, um sich die verletzte Hand zu untersuchen. Bis auf etwas abgeschrammte Haut an den Knöcheln und dem pochenden Schmerz, konnte sie aber nichts weiter feststellen und hoffte, dass es nicht allzu schlimm war. Auch Kai atmete tief durch und setzte sich neben sie auf den Boden, die Arme auf die angewinkelten Knien gelegt. Beide schwiegen sich an, ehe sich das Mädchen gesammelt hatte. “Tut mir Leid, dass ich so rumgeschrien hab’.” Vor blindem Zorn hatte sie auch noch vor Kais neuen Teamkollegen eine Szene gemacht. Sie sollte endlich mal damit aufhören, aber einmal in Fahrt war es schier unmöglich für sie sich zu bremsen. Akira war zutiefst frustriert und das schon seit einiger Zeit. Die Trennung der Freunde, dann noch Tysons streitsüchtige Haltung den anderen gegenüber und sie war auch nicht viel besser. Sie wollte nicht mehr streiten, aber sie hatte auch das Gefühl, dass sich alles in ihren Händen aufzulösen schien. Und sie konnte nichts dagegen machen. Kai blieb weiter still und von weitem sah man die White Tiger X auf sie zukommen. Rays Augen blitzten fragend und er deutete seinen Teamkollegen an schonmal vorzugehen. Die Japanerin mit seinem Blick untersuchend, kniete er sich vor das Mädchen. Als er die verletzte Hand in ihrem Schoß bemerkte, nickte er verstehend und ließ sich im Schneidersitz auf Akiras anderen Seite nieder. Auch er hatte das Match vorhin gebannt verfolgt und konnte sich schon denken, dass Akira und der Ältere aneinander geraten waren. Anstatt darauf einzugehen, da Ray wusste, dass es den Ärger nur wieder aufflammen ließ, entschied er sich dazu nach etwas anderem zu fragen. “Sag’ mal, warum hat DJ Jazzman vorhin deinen Namen als Ersatzspieler genannt? Von Kenny hatte ich gehört, aber du?”, fragte der Chinese und Akira verzog das Gesicht, als sie sich daran erinnerte. “Hiro hat mich quasi gezwungen, weil jedes Team anscheinend zwei braucht und nicht nur einen. Ich denke immer noch, dass der einen Sprung in der Schüssel hat. Also bitte, ich?”, erklärte sie und gestikulierte aufgeregt mit den Händen, bis sie wieder den Schmerz in der rechten spürte und sie erneut zurück in ihren Schoß legte. Ray überlegte kurz. “Hat F-Dynasty denn zwei Ersatzkämpfer?” Akira schüttelte fast unmerklich den Kopf. “Die gleiche Frage hab’ ich Hiro letztens auch gestellt und der meinte, dass die wirklich zwei weitere Spieler für ihr Team angemeldet hatten. Wer auch immer das sein soll, aber es ist alles regelkonform.”, schnaufte sie und ihr Blick war resigniert nach vorne auf die gegenüberliegende Wand gerichtet. “Kai ist Schuld.” Akira zog frotzelnd einen Schmollmund und stieß dem Ältesten mit dem Ellbogen leicht in die Seite, ohne ihn dabei anzusehen. Wäre er nicht gegangen, müsste sie jetzt nicht herhalten. Aber er wusste auch, dass sie ihm damit keinen ernsten Vorwurf machte. “Im Zweifel ist Kai immer Schuld.”, feixte plötzlich eine bekannte Stimme und Rays und Akiras Blick suchten nach dessen Ursprung, während Kai sich ein Augenrollen verkneifen musste. Unbemerkt hatte sich die Tür zum Umkleide von Kais neuem Team erneut geöffnet und der rothaarige Russe stand erneut grinsend im Flur, beobachtete wie die drei Ungleichen da auf dem Boden hockten. Ray lächelte leicht über Talas neckisches Verhalten. Auch er hatte selten mitbekommen, wie der Russe mittlerweile eigentlich tickte, wenn er nicht im Kampfmodus war, ging aber nicht weiter auf sein Auftauchen ein. “Hat sich Tyson endlich wieder im Griff?”, fragte er das Mädchen stattdessen und die Japanerin seufzte ein weiteres Mal an diesem Tag, zuckte resigniert mit den Schultern und sah von Tala zurück zu Ray. “Keine Ahnung. Ich hoffe, dass es nach heute endlich in seinen Dickschädel durchgedrungen ist. Er nervt tierisch zur Zeit.” Tyson hatte eine schmerzende Lektion von Hiro erhalten, war aber am Ende doch noch gekommen, um für sein Team da zu sein. Die beiden ehemaligen Bladebreaker konnten sich denken wie angespannt die Stimmung in ihrem konkurrierendem Team sein musste. Sie kannten Tyson und auch Akira ja unterdessen gut genug, um ahnen zu können, dass es die letzte Zeit oft gekracht haben musste, so wie Tyson aktuell drauf war. “Ich vermisse euch alle.”, jammerte sie leise und ließ den Kopf auf Rays Schulter fallen, der sie schmunzelnd gewähren ließ. Die anderen drei hatten oft schnell gewusst, wie sie das Team zusammenhalten konnten und vor allem Tyson hatten anpacken müssen, damit er Dinge kapierte und sich nicht mehr so extrem selbst im Weg stand. Schließlich nahm die Japanerin tief Luft und drückte ihren gekrümmten Rücken durch. Ihr Zorn war endlich verflogen, aber die Enttäuschung saß ihr immer noch in den Knochen und sie spürte auch wie die altbekannte Müdigkeit nach dem Ausraster ihren Lebensgeistern zusetzte. Tala, der Kais stechenden Blick gekonnt ignoriert hatte, stand unterdessen vor der Gruppe und schmunzelte immer noch über das Bild, was sich ihm bot. “Ladies,...”, adressierte die Schwarzhaarige die drei Jungs, klopfte den beiden neben sich kurz seitlich gegen die Beine und signalisierte Tala ihre linke Hand zu greifen, um ihr aufzuhelfen, während Kai sie dabei irritiert und Ray belustigt beobachtete. “Vielen Dank für eure Gesellschaft, aber ich muss los.” Bekräftigend nickte sie als sie stand und lächelte den beiden am Boden nochmal zu, knuffte dem Russen zum Abschied die Schulter. Ehe sie sich jedoch abwandte, sah sie Kai erneut in die Augen. “Und wehe ich seh’ dich nochmal so halbarschig kämpfen, beziehungsweise verlieren.” Die Drohung war ihr ernst. Sie erwartete deutlich besseres von so einem starken Kämpfer und das Match zwischen ihm und Daichi hatte sie richtig enttäuscht. Endlich machte sie sich auf zurück zu ihrem Team und die drei Jungs sahen ihr noch ein paar Sekunden hinterher hinterher. Kai bewegte ich als erstes, als er wortlos aufstand und zurück in ihre Umkleide wollte. Sein Teamkollege, der mit verschränkten Armen immer noch den Flur hinab blickte, wo die Japanerin verschwunden war, schien in Gedanken zu sein. “Was ist eigentlich mit ihr? Haut dir erst fast eine rein und vorhin war wieder alles cool?”, fragte er schließlich und Kai stoppte apprupt. Ray, der auch gerade wieder aufgestanden war, stellte sich neben ihn und klopfte ihm gegen den Rücken. “Ist ‘ne lange Geschichte.”, sagte der Chinese lediglich. Wenn Akira es okay fand, dass Tala es wusste, sollte sie es ihm selbst erzählen, wie er fand. Kai hatte sich währenddessen umgedreht und versuchte das Gesicht des Rothaarigen zu analysieren. Er konnte auch die Sprüche des anderen vorhin bei Akiras Ausbruch nicht recht zuordnen. Hatte er herumgescherzt, oder war es sein Ernst gewesen? Doch der zuckte nur mit den Schultern und steckte die Hände in die Hosentaschen, machte sich ebenfalls auf zu seinen anderen Teammitgliedern. “Aber sie hat Recht, Kai. Das war wirklich halbarschig vorhin.”, sagte er, als er an Kai vorbei zog, der immer noch an der gleichen Stelle stand und ihn beobachtete. “Was ist los, Kai?” Ray hatte den Blick des anderen Tala gegenüber durchaus bemerkt und stand nun neben dem Älteren. Kai wusste, dass er allerdings auch auf sein Match vorhin anspielte und schaute ihn an, nachdem Tala durch die Tür verschwunden war, schwieg jedoch. Der Chinese kannte ihn aber gut genug, dass er zumindest ahnte, warum der andere den Russen so angesehen hatte. Auch er hatte Talas gewecktes Interesse wahrgenommen. “Lass ihn sich ruhig die Zähne an ihr ausbeißen. Nach letztem Sommer lässt sie sicher erstmal keinen Kerl mehr so nah an sich ran.” Schmunzelnd nickte er Kai zu und ließ das andere Thema vorerst ruhen. “Das ist es ja. Ich weiß nichtmal, ob das für ihn nur Spaß ist sich so zu benehmen.” Und Ray verstand plötzlich. Akira hatte sowieso schon Stress genug mit dem Team und vor allem Tyson und sie hatten gesehen wie sehr ihr das Ganze mit Ozuma zugesetzt und ihren Fortschritt zurückgeworfen hatte. Als er damals mit den anderen aus der Sommerpause zurückgekehrt war, hatte er viel mit ihr darüber geredet. Da sie ihrem besten Freund und auch Tyson nicht wirklich von der Liaison erzählen konnte, hatte sie sich bei dem Chinesen regelrecht ausgeheult, nachdem er sie beiseite gezogen hatte, um mit ihr zu sprechen. Und das sollte sich auf keinen Fall wiederholen. Ganz besonders nicht, wenn jemand das aus einer Laune heraus provozierte. Der Schwarzhaarige war wirklich froh darum, dass sie alle immer noch aufeinander achteten, selbst wo sie nicht mehr in einem Team waren. Kai wusste zwar nicht so viel wie er was den letzten Sommer betraf, aber dass er so viel Feingefühl hatte zu spüren, dass vielleicht etwas im Busch war, was alte Wunden bei einem seiner Freunde aufreißen und damit zu einer mittleren Katastrophe führen könnte, beruhigte Ray. Manchmal vergaß auch er zu wie viel Sensibilität der Ältere eigentlich fähig war. Kapitel 15: Solidarity (G-Revolution) ------------------------------------- Die nächsten Kämpfe standen in Madrid an. Tyson hatte sich wieder zusammengerauft und bei den anderen für sein Verhalten entschuldigt. Sie konnten nun also wirklich als Team die nächsten Kämpfe antreten. Akira war wirklich froh, dass er sich besonnen hatte. Hiros angeordnete kleine Auszeit auf der Ersatzbank hatte scheinbar den gewünschten Effekt gehabt und Tyson zum Reflektieren gebracht. Zwischenzeitlich hatten Akira und er es sogar geschafft sich nochmal auszusprechen. Der Aussetzer der Japanerin hatte auch sie wach gerüttelt. Als sie danach abends wieder im Hotel waren und ihre Koffer packen sollten, hatte sie Tyson beiseite gezogen, um mit ihm zu reden. Am Ende hatten sie sich erleichtert in den Armen gelegen und beide waren optimistisch, dass sich das Team wieder berappeln und die nächsten Partien für sich entscheiden konnte. Am Matchtag hatten bereits die White Tiger X gegen das Team F-Dynasty verloren. Der nächste Kampf zwischen den Russen und den Amerikanern stand bevor und wieder war das Team der BBA Revolution in ihrer Umkleide, als sie laute Stimmen aus dem Flur hörten. Akira erkannte sofort, um wen es sich handelte und stürmte an Tyson, Daichi und Kenny vorbei, die versuchten das Ganze heimlich an der Tür zu beobachten. “Was ist mit euch los? Ihr scheint gar nicht zu merken wie der Kerl euch benutzt.”, polterte Robert und schien über den Trainer der Barthez Battalion zu reden, da Claude ihn davon abhielt besagtem Coach wütend zu folgen. Bereits in Rom hatten die Majestics versucht das gegnerische Team wegen der Unfairness in ihrem Vorrundenspiel zur Rede zu stellen, aber da hatten sie sie verpasst. Akira wusste, dass die beiden ebenfalls nach Madrid gekommen waren und heute Backstage bei der BBA Revolution vorbeischauen wollten. Sie vermutete, dass sie die Chance hatten nutzen wollen auf die anderen zu treffen. “Geht es euch denn nur darum zu gewinnen? Wollt ihr denn nicht auch stolz auf eure Wettkämpfe sein?”, wetterte der Deutsche weiter und wurde von Claude und Miguel abgewimmelt, die sie einfach stehen ließen. “Robert! Johnny!”, rief die Japanerin und drängte sich zwischen ihre Freunde, die sie nun bemerkten. “Akira.” Das zornige Gesicht des Deutschen hellte sich etwas auf, als er seine beste Freundin sah. “Lass diese Flachpfeifen gehen. Die sind es nicht wert.” Auch sie war sauer auf das andere Team, aber es brachte nichts sie zu konfrontieren, wenn die Majestics keine handfesten Beweise hatten. Das hatte das Mädchen ja bereits im Vorjahr erleben müssen und daraus gelernt. Sie hakte sich bei beiden in die Arme ein und zog sie zu ihrem Teamraum, wo sie auch von den anderen Beobachtern begrüßt wurden. Als sie gemeinsam am Tisch saßen, konnten der Deutsche und der Schotte Akiras Team auch endlich erklären mit welchen vermeintlichen Tricks Barthez Battalion überhaupt gegen sie gewinnen konnte. Kenny schnappte sich Dizzy und tippte wild darauf herum. Er erklärte, dass er bei dem Match der Barthez Battalion gegen die White Tiger X ebenfalls Verdächtiges gesehen und vorsorglich mit Dizzy aufgenommen hatte. Nun hatte er endlich die Zeit sich das Material anzusehen und wie sich herausstellte, benutzten ihre Gegner offensichtlich illegale Blades. Max und Rick standen plötzlich in der Tür des Raums. Sie waren auf dem Weg in die Arena zu ihrem Match und hatten mitbekommen über wen die anderen geredet hatten. Schnell mussten sich alle eingestehen, dass es nichts bringen würde dem BBA Vorstand die Sachlage zu erklären und die Beweise vorzulegen. Die Weltmeisterschaft war bereits zu weit fortgeschritten und so gab es für sie nur ein Ziel: ihre Gegner im Kampf zu besiegen. Als die PPB All Starz sich wieder auf den Weg machten, drehte sich Max noch einmal zu den anderen um. “Wir sollten ein bisschen aufeinander aufpassen, okay? Wenn ich nämlich zurückdenke, hat Barthez Battalion bei unserem letzten Match auch ein paar äußerst verdächtige Moves hingelegt. Viel Glück, Leute.”, sagte der Blonde, ehe er Rick folgte. Akira musste dem Amerikaner zustimmen und erhob sich. “Los Leute, lasst uns den nächsten Kampf ansehen und dann können wir uns immer noch Gedanken um diese Betrüger machen.”, sagte sie und erntete bestätigende Blicke. Gemeinsam begaben sie sich zur Tribüne und mussten besorgt feststellen, dass die PPB All Starz schon wieder vom Publikum ausgebuht wurden. //Der arme Max...//, dachte sich die Japanerin, schreckte jedoch zusammen, als man Kais erhobene Stimme im ganzen Stadion vernehmen konnte. “RUHE!” Eine Stille, wie sie es noch nie in einem Sportstadion erlebt hatten, entstand. ”Erweist unseren Gegnern Respekt, oder es kracht!”, brüllte der Ältere nun erbost und Akira war bei Weitem nicht die einzige, die lächeln musste. Der erste Kampf war zwischen Kai und Max. Die beiden ehemaligen Teamkollegen standen sich mit herausfordernden Blicken gegenüber, als sie Dranzer und Draciel starteten. Es war wahrlich ein Kampf zwischen Feuer und Wasser, den Kai am Ende nur ganz knapp gewann. Im nächsten Kampf katapultierte Rick Talas Wolborg schneller aus dem Stadium, wie der Russe gucken konnte und Kai stand erneut in der Mitte der Arena, um den letzten Kampf zwischen den Teams letztlich für sich zu entscheiden. Endlich hatte der Ältere wieder seine wahre Größe im BeyStadium gezeigt. Erleichtert lehnte sich die Schwarzhaarige zurück in ihren Sitz. *** Das Battle zwischen BBA Revolution und Barthez Battalion stand an. Tyson hatte entschieden, dass sie fair gegen die anderen gewinnen mussten. Ihr Vorteil war, dass sie zumindest um Miguels Schredderring wussten und auch, dass man sich sonst vor ihnen in Acht nehmen musste. Robert und Johnny saßen auf der Tribüne, um gebannt zuzusehen und Akira zwinkerte ihren Freunden grinsend zu. Ihr Team würde das sicher schon schaukeln. Schneller als erwartet hatte Daichi gegen Mathilda gewonnen, deren Blade sich explosionsartig in alle Einzelteile aufgelöst und damit auch Daichis Strata Dragoon massiv beschädigt hatte. Kenny vermutete, dass Mathilda ihren Blade geopfert hatte, um Daichi auszuschalten, damit der nicht nochmal antreten konnte. “Die denken ‘ne ganze Ecke weiter. Wahrscheinlich wissen sie haargenau, dass sie das zweite Match sowieso gewinnen.”, führte der Kleine weiter aus. “Und ohne Daichi wird das dritte nicht stattfinden”, beendete Tyson den Gedanken und musste seinen Partner davon abhalten nicht auf Barthez loszugehen, der die ganze Zeit die Strippen im Hintergrund zog. Akiras Blick verfinsterte sich, als sie ihrem Cousin half den Rotschopf zurück zu ihrer Bank zu ziehen. “Die einzige Möglichkeit ist jetzt, dass Tyson den nächsten Kampf gewinnt. Anders wird es nicht gehen.”, schnaubte sie und besah sich Strata Dragoon, der wirklich schlimm lädiert war. Leider hatte sie so spontan auch nicht genügend Teile, um Daichis Blade so schnell wieder voll funktionsfähig hinzubekommen. Sie konnten also wirklich nur auf Tysons Sieg hoffen. Akira, die schon vorsorglich stabilere Teile in Tysons Dragoon eingebaut hatte, nachdem sie von Miguels Schredderring mitbekommen hatte, klopfte ihrem Cousin auf die Schulter. “Du machst das, Ty.” Miguel glaubte den Sieg auf seiner Seite zu haben, aber Dragoon war standhaft genug zu trotzen. Der Japaner fragte sein Gegenüber, ob er wirklich so gegen ihn kämpfen wolle und man konnte sehen, wie Miguel mit sich haderte. Weder er, noch Mathilda sahen glücklich über die Matches aus, bei dem das Mädchen sogar ihren Blade hatte opfern müssen. Wutentbrannt nahm der Blonde sein Headset ab und warf es auf den Boden, konnte somit Barthez Befehle nicht mehr hören. Tyson hatte ihn also doch erreicht und dessen Ehrgeiz geweckt sich ihm fair zu stellen. Am Ende hatte sich der Japaner durchsetzen können, ging auf seinen niedergeschlagenen Gegner zu und drückte ihm stolz, dass er doch fair gekämpft hatte, dessen Blade in die Hand. Damit war ein weiterer nervenaufreibender Matchtag zu Ende und das nächste Ziel lag kurz bevor. Doch ehe sie sich ins Hotel aufmachte, um die Sachen für die Abreise nach Kairo zu packen, wollte sich Akira noch von Robert und Johnny verabschieden. Nach dem letzten Kampf der BBA Revolution gegen Barthez Battalion waren die anderen bereits aufgebrochen, während die Schwarzhaarige noch kurz in der Umkleide geblieben war. Gerade machte sie sich auf Richtung Tribünen, als ihr die beiden Freunde auf dem Flur entgegen kamen. Grinsend schlenderte das Mädchen auf sie zu. “Ich hab’ euch doch gesagt, dass die Jungs das hinbekommen.” Bestätigend nickte sie, als sie direkt vor ihnen stand und schlug ein, als Johnny ihr die Hand zum High Five hoch hielt. “Echt unglaublich. Hätte nicht gedacht, dass sie sich doch dazu überreden lassen fair zu spielen.” Robert schüttelte lächelnd den Kopf. “Und Tyson scheint endlich wieder einen klaren Kopf zu haben. Er hat echt gut gekämpft.”, fügte Johnny hinzu. “Ja, er hat seine Lektion gelernt und ich hab’ mich auch endlich mit ihm aussprechen können. Nach dem Match in Rom, wo Hiro Tyson gesperrt hatte, bin ich fast auf Kai los, weil ich so sauer auf ihn war.” Akira senkte den Blick und lächelte traurig. Sie hatte Robert bisher noch nichts von dem Vorfall erzählen können. “Der ganze Stress und der Streit mit Tyson haben mir mal wieder ziemlich zugesetzt.”, lachte sie peinlich berührt, aber Robert strich ihr nur verständnisvoll über den Schopf. Er und der Schotte hatten in Rom ebenfalls bemerkt, dass sie nach dem Kampf außer sich gewesen war und den Blick, den sie Kai dort zugeworfen hatte, kannten sie beide nur zu gut. “Ist was passiert?”, fragte der Rothaarige und Akira atmete durch. “Zum Glück nicht, ich konnte mich noch stoppen und bin einfach aus dem Raum gerannt. Um den Frust loszuwerden, hab’ ich dann einfach gegen ‘ne Wand geboxt.” Als der Deutsche nach ihrer Hand greifen wollte, hob sie beide beschwichtigend. “Alles in Ordnung. Es tut schon nicht mehr weh, Robert.” Nachdem sie ihrem besten Freund damals von ihrer ersten Selbstverletzung kurz nach ihrem Umzug nach Japan erzählt hatte, war sein Beschützerinstinkt nur noch stärker. “Kai kam danach noch nach mir sehen und Ray ist dann auch noch aufgetaucht. Die beiden sind bei mir geblieben, bis ich mich wieder runtergefahren hatte.” Das zu hören beruhigte die beiden Europäer ungemein. Akira hatte zwar so manches Mal erzählt wie verständnisvoll die anderen der Truppe auf ihre Aussetzer reagiert hatten, aber dass sie auch jetzt noch auf sie aufpassten, bestätigte, dass das Mädchen damals die richtige Entscheidung getroffen hatte sich den Bladebreakers anzuschließen. “Ach, Akira.” Der Deutsche zog sie in eine enge Umarmung und die Japanerin musste lachen, ließ ihn aber machen. Sie schlang die Arme um seinen breiten Rücken und schloss die Augen. Grinsend stellte sie fest, dass er einfach schon wieder ein Stück größer war, mittlerweile reichte sie ihm nicht mal mehr bis zu den Schultern. Das war ihr in Rom noch gar nicht aufgefallen. “Hey Leute!” Die Japanerin löste sich leicht vom Deutschen, um über ihre Schulter zu blicken und sah Max auf sie zukommen. “Hey Max! Noch hier?” Fast keins der Teams war noch in der Arena unterwegs und sie war verwundert den Amerikaner zu sehen. “Ja, wir haben vorhin eure Matches gesehen und hatten auch noch ein Meeting gehabt. Ich hatte mich mit Mum verquatscht, die noch ein paar Dinge zu erledigen hatte. Robert, Johnny, freut mich euch nochmal zu sehen. Sorry, dass ich heute Mittag so schnell weg war.” Akira löste sich vollends aus Roberts Umarmung und die Jungs begrüßten sich mit Handschlag. “Kein Problem, du hattest den Kopf ja ganz woanders.”, lachte Johnny und spielte auf das Zusammentreffen von PPB All Starz und dem russischen Team im Stadium an. “Ja, aber es war echt ein irre Kampf zwischen Kai und dir, Max.” Akira klopfte dem Amerikaner anerkennend auf die Schulter. “Leider hab’ ich verloren, aber es hat wirklich Spaß gemacht.”, grinste der Blonde. “Willst du jetzt auch zurück ins Hotel? Unsere Teams sind doch im gleichen untergebracht, wenn ich richtig gesehen hab’, oder?”, fragte er Akira dann und sie musste kurz überlegen, nickte anschließend aber. Sie hatte neben anderen Teams auch die PPB All Starz heute morgen schon in der Hotellobby gesehen. Sie drehte sich wieder zu Robert und Johnny um. Es war schon spät und ihre Freunde hatten später noch einen Rückflug zu erwischen. “Ich werd’ euch echt vermissen, Jungs.” Theatralisch warf sie sich zwischen die beiden und packte sie in eine Gruppenumarmung, die die Jungs zum Lachen brachte. “Stell nichts an, Troublemaker.”, gluckste der Schotte, als der den Schopf der Japanerin tätschelte. “Niemals!”, rief sie grinsend und löste sich von den Europäern, um anschließend einen Arm um Max zu werfen. “Keine Sorge, ich bring’ sie wohlbehalten zu ihrem Team.”, lachte dieser und salutierte salopp, während er die halbe Umarmung erwiderte. Der Deutsche nickte ihm schmunzelnd zu und so machten sich Akira und Max auf zum Ausgang. Der Weg war nicht sehr weit, da das Hotel nur ein paar Blocks vom Stadion entfernt war. Trotz dass es erst Frühling war und die Sonne gerade unterging, war es angenehm warm. Die beiden schlenderten Seite an Seite durch die Straßen, als Akira sich beim Gehen Max zuwendete. “Wie läuft’s eigentlich bei euch im Team? Rick scheint mir nicht gerade ein Teamplayer zu sein.”, fragte sie und Max bekam einen gespielt leidenden Gesichtsausdruck. “Ja, der muss echt mal endlich auch sich rausgehen. Irgendwie kapiert der das ganze ‘Wir sind in einem Team’-Ding noch nicht so...”, erzählte er und lächelte dann. “Aber ich hab’ die Hoffnung, dass es nicht mehr lange dauert. Er ist ein Guter, obwohl er alle vom Gegenteil überzeugen will.” Das Mädchen nickte verstehend. Sie hatte Rick ja jetzt auch schon einige Male kämpfen sehen und die Buhrufe hatte sie sicher nicht vergessen. Dem Großen hatten sie scheinbar nicht ausgemacht, aber wer mochte es schon so unbeliebt zu sein? Plötzlich erinnerte sie sich an Kais Gebrüll an diesem Tag, damit die Menge beim Match Ruhe gab und Akira musste lachen. Max sah sie irritiert an. “Ich musste gerade an Kais Aktion vor eurem Kampf denken. Das Stadion war echt mucksmäuschenstill.” Der Amerikaner musste ebenfalls lachen. “Ja, das war echt was. Aber irgendwie typisch Kai.” Das Mädchen nickte grinsend. Mittlerweile waren sie schon vor dem Hotel angekommen. “Und wie geht’s den anderen von eurem Team? Leider sieht man sich so selten, dass man gar nicht quatschen kann.” Sie fand es wirklich schade, dass sie bisher so wenig auf die vielen alten Bekannten traf. Alle Teams waren immer so sehr mit den Vorbereitungen für die Kämpfe beschäftigt und bei freien Tagen machte man eher was untereinander, als mit den anderen. “Ach, soweit ganz gut. Emily ist immer noch sauer auf mich, dass ich dabei bin und sie auf die Ersatzbank muss und immer wieder wird mir vorgeworfen, dass ich das Team gewechselt hab.” Frustriert blies Max die Luft raus und Akira stoppte, als sie gerade in der Lobby waren. Sie hatte gar nicht gewusst, dass sich Max so was von den anderen gefallen lassen musste. Und das noch zusätzlich zu dem Unbeliebtheitsgrad, den sie Dank Rick mittlerweile bei den Zuschauern hatten. Der Amerikaner stoppte ebenfalls und drehte sich um, um nach der Japanerin zu sehen, die ein paar Meter hinter ihm stand und ihn mitfühlend anschaute. Seufzend schritt sie zu Max und schnappte ihn bei seinem Shirt, zog ihn mit auf eins der Sofas, die in der Lobby verteilt standen. Bestimmt packte sie ihn an den Schultern und drückte ihn auf das Möbelstück, setzte sich daraufhin neben ihn. “Aki, es klingt schlimmer, als es ist.”, versuchte er seine vorherige Aussage zu relativieren, aber er konnte auch nicht leugnen, dass ihn das Ganze schon mitnahm. “Kotz’ dich ruhig aus, dafür sind Freunde doch da.”, winkte die Schwarzhaarige ab und ließ keine Widerrede zu, als sie sich in die Polster zurücklehnte und die Beine seitlich auf das Sofa zog, damit sie Max besser im Blick hatte. Der konnte nur kopfschüttelnd lachen und lehnte sich ebenfalls zurück. “Viel mehr gibt es eigentlich schon nicht mehr zu erzählen, ehrlich.”, sagte er dann und sah das Mädchen an. “Was sagt deine Mum denn dazu?”, fragte Akira und legte einen Arm auf die Rückenlehne des Sofas, um ihren Kopf gegen den Handrücken zu stützen. “Die bekommt zwar manchmal was mit und versucht zu schlichten, aber das war’s auch. Sie ist ja unsere Trainerin und dadurch, dass es auch noch meine Mum ist, will ich das nicht so breittreten. Sie soll mich deswegen nicht bevorzugt behandeln.” “Meinst du nicht, dass sie in der Lage ist das zu differenzieren? Sie macht das ja auch nicht erst seit gestern.” “Mag sein, aber trotzdem. Ich muss einfach dran bleiben den anderen zu beweisen, dass ich jetzt zu ihnen gehöre und auch bleibe.” Max zuckte mit den Schultern und Akira fiel im Moment auch nichts Besseres ein, was der Junge in seiner Situation machen konnte. Sie kannte das Gefühl des Misstrauens ja selbst, was in ihrem Fall sogar zu einem großen Knall geführt hatte. Am Ende hatte sie sich endlich überwinden können und begonnen Kai zu vertrauen, was die richtige Entscheidung gewesen war, wie sich letztens mal wieder gezeigt hatte. “Ich kann mir sehr gut vorstellen wie es in Emily und den anderen aussehen muss. Glaub mir, du machst das schon. Du bist liebenswürdig, charmant und loyal. Lass dir von niemandem was anderes erzählen.“, grinste sie schließlich und kniff dem Jungen scherzhaft in die Wange, der über ihre Aussage lachen musste. “Aki! Manchmal bist du echt wie so ‘ne olle Tante, weißt du das?”, kicherte der Junge, als er sich die Wange rieb. “Waaaas?” Empört stürzte sich die Japanerin auf den Blondschopf, um ihn aus Rache zu kitzeln. Gerade hatte sie ihm im Schwitzkasten, als ihr Gelächter unterbrochen wurde. “Was wird das wenn’s fertig ist?” Irritiert schauten beide auf und Akira ließ den Jungen mit einem Mal los, als sie erkannte, dass Emily gerade mit verschränkten Armen und hochgezogener Augenbraue vor der Sitzgruppe stand und die beiden beobachtete. “Das nennt man Spaß. Entspann’ dich, Emily.”, kommentierte die Japanerin und erntete einen grimmigen Blick von der Amerikanerin, den sie wieder zum Lachen brachte. “Komm, setz’ dich. Ich habe vorhin schon Max vollgejammert, dass ich mich eigentlich gefreut hatte auch mal mit euch reden zu können. Wir haben uns ja auch ewig nicht mehr gesehen.” Entschuldigend klopfte sie neben sich auf das Sofa, wo noch Platz war und signalisierte dem anderen Mädchen, dass es durchaus willkommen in der Runde war. Es dauerte einen Moment, in dem es scheinbar in Emilys Kopf ratterte, ehe sie sich auf dem Sessel neben dem Sofa und an Max’ Seite niederließ. Erstaunlicherweise hatte die Amerikanerin die schlechte Laune recht schnell abgelegt und nach einer Weile diskutierten die drei eifrig über aktuelle BeyTechnik. Wie Akira geahnt hatte, war Emily auch Dank Max’ Mutter Judy genauestens über sämtliche Neuheiten informiert und es machte Spaß sich mit ihr und Max auszutauschen. Lächelnd beobachtete sie, dass die beiden aus dem amerikanischen Team durchaus gut miteinander auskamen. Also war es wirklich nicht so schlimm, wie es zuerst von Max geklungen hatte. Der Fahrstuhl gegenüber öffnete sich und ein weiteres bekanntes Gesicht erschien. “Hilary, hey!”, begrüßte Max die Brünette, die lächelnd auf die Gruppe zukam. “Hey, Leute. Ich hatte mich schon gewundert, wo du steckst, Aki.”, sagte sie und setzte sich neben ihre Teamkollegin auf das Sofa. “Als ich mich von Robert und Johnny verabschiedet hab’, ist Max aufgetaucht und wir sind dann zusammen zurück gegangen.”, erklärte sie. “Irgendwie sind wir dann hängen geblieben und Emily kam noch dazu.”, lachte Akira dann und deutete auf die Amerikanerin, die dem dritten Mädchen der Runde begrüßend zunickte. “Ich wollte eigentlich auch nur gucken, wo Max geblieben ist.”, erläuterte sie dann und zuckte mit den Schultern. Sie schien wirklich deutlich entspannter als vorher zu sein. Zu viert sinnierten sie weiter, bis das Gespräch erneut unterbrochen wurde. “Max, du kleiner Schwerenöter! Gleich drei Ladies auf einmal. Junge, Junge.” Es war niemand geringeres als Tala, der grinsend den Hoteleingang rein kam. Emily und Hilary schreckten mit hochroten Köpfen auf, während Akira ebenfalls grinsend einen Arm um Max’ Schulter schlang, welcher lachend zum Rothaarigen schaute. “Neidisch, Tala?” Schon beim letzten Mal hatte die Schwarzhaarige festgestellt wie locker der Russe mit eindeutig zweideutigen Sprüchen um sich warf, was sie im ersten Moment zwar gleichfalls irritiert hatte, da er zwei Jahre zuvor ein gänzlich anderes Gemüt an den Tag gelegt hatte, aber da der Amerikaner neben ihr das zeitweise ebenso gut drauf hatte, war sie es irgendwo auch schon gewohnt. Mal abgesehen davon, dass Oliver und Enrique ebenfalls Meister darin waren. “Nicht, wenn ich mitmachen darf.”, säuselte der Russe und stand nun vor der Gruppe, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Emilys Gesichtsfarbe war wieder normal und ihr Blick genervt. Auch Hilary hatte ihre Contenance wieder erlangt, als sie sich zurücklehnte und die Arme verschränkte. “Da bist du etwas zu spät.”, antwortete Max und deutete auf die Uhr in der Lobby. Es war bereits Abend. Sie hatten mit Sicherheit schon seit zwei Stunden hier gesessen und er und auch Akira hatten noch gar nicht mit packen begonnen. “Ach Verdammt, da haben wir aber total die Zeit vergessen.”, erkannte Akira erschrocken, als sie auch auf die Uhr blickte und schwang sich vom Sofa hoch. Auch die anderen erhoben sich mit ihr. Da die PPB All Starz ihre Zimmer im ersten Stock hatten, wollten Max und Emily die Treppe nehmen. Sie verabschiedeten sich voneinander und Hilary drückte den Knopf vom Aufzug. “Hast du schon nach Strata Dragoon gesehen, Aki?”, fragte die Braunhaarige das andere Mädchen, die seufzend den Kopf schüttelte. “Mehr oder weniger. Ich muss morgen früh dringend mit Kenny ins BBA Center hier in Madrid, bevor wir abfliegen. Der hat richtig was abbekommen und muss von Grund auf neu zusammengesetzt werden. Dafür hab’ ich blöderweise nicht alle richtigen Teile.” Mit einem Pling öffneten sich endlich die Fahrstuhltüren und sie traten ein, dicht gefolgt von Tala, der zwischen ihnen durchging und sich an der Rückwand anlehnte. “Wohin musst du, Tala?”, fragte Hilary den Größeren, nachdem sie auf ihr Stockwerk gedrückt hatte. “Eins höher.” Die Brünette betätigte daraufhin auch den Knopf direkt darüber und der Russe blickte zu Akira, die in Gedanken schon beim morgigen Tag war. “Wusste gar nicht, dass du dich um die Blades von eurem Team kümmerst. Ich dachte du bist nur Ersatzspieler und wegen Tyson dabei.” Die Japanerin wusste nicht, ob sie wegen der Sache mit dem Ersatzspieler und Tyson die Augen rollen, oder den Jungen fragend anschauen sollte, weil der anscheinend nichts über die BBA Revolution wusste. Sie atmete kurz durch, ehe sie antwortete. “Erstens, ich wurde gezwungen den Posten des Ersatzspielers zu übernehmen. Zweitens, ich bin schon seit fast zwei Jahren dafür zuständig mich um die Technik im Team zu kümmern. Hat Kai nichts davon erzählt wie unsere Truppe aufgestellt ist?” Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah den Russen von unten herauf an. “Nö, der erzählt eh nicht so viel.”, antwortete der nur und zuckte mit den Schultern. Beide Mädchen sahen sich kurz an und sie erkannten, dass die jeweils andere genau den gleichen Gedanken hatte. //Typisch Kai…// “Ist dir nicht aufgefallen, dass du letztens beim Kampf gegen Daichi auch wegen Aki und Kenny verloren hast?” Hilary drehte sich nun auch schelmisch grinsend zu dem Jungen um und blickte ihn herausfordernd an, doch der zog nur fragend die Augenbrauen zusammen. “Wie meinen?” Die Schwarzhaarige konnte sich ein Grinsen nun auch nicht mehr verkneifen. Dass er so ahnungslos war, war irgendwie süß. “Schätzchen, als Kenny gegen dich verloren hat, hatte er eine Strategie entwickelt wie man dich schlagen kann und ich konnte das richtige Teil in Daichis Strata Dragoon einbauen, damit das auch wirklich funktioniert.” Die Informationen brauchten ein paar Sekunden, ehe Tala sie vollständig verarbeitet hatte und plötzlich fing er an zu lachen. “Wow, okay… Kai hat zwar gesagt, dass man sich vor eurem Team in Acht nehmen muss, aber ich hab’ nicht damit gerechnet, dass er auch dich damit meint. Respekt, Kleines.” Tala nickte ihr anerkennend zu. “Ach, dass Daichi gegen dich gewonnen hat, ist mir Lob genug. Aber Danke.” Mit einem neckischen Knickser unterstrich sie ihre Aussage und trat mit der lachenden Hilary aus der Tür, die sich gerade geöffnet hatte, da sie auf ihrem Stockwerk angekommen waren. “Eiskalt seid ihr, alle beide!”, rief der Russe den Mädchen hinterher, lachte jedoch darüber, dass sie so dreist waren Salz in seine Wunde zu streuen, ehe sich die Aufzugtür wieder schloss. “Dieser Kerl ist echt unglaublich.” Hilary schüttelte lächelnd den Kopf. “Der ist ja schlimmer als Max mit seinem Mundwerk.” Und Akira musste ihr Recht geben. “Schon, aber wie sagt man nochmal? Hunde, die bellen, beißen nicht?” An der Zimmertür angekommen, öffnete die Brünette sie und die Mädchen begaben sich in ihr Hotelzimmer, das sie, wie immer während dieser Tour, miteinander teilten, während der Rest des Teams in einem Nachbarzimmer untergebracht waren. Sie würden am nächsten Morgen früh zum Flughafen aufbrechen und da Kenny und Akira vorher noch ins BBA Center wollten, hatte das Mädchen noch weniger Schlaf vor sich, als die anderen. Seufzend begann sie damit die paar verstreuten Sachen in ihre Tasche zu packen, während Hilary ihr vom Bett aus zusah, da sie das bereits erledigt hatte. Sie schien in Gedanken zu sein, denn ihr Blick war leer. “Alles okay, Hil?”, fragte sie Schwarzhaarige als sie das bemerkte und richtete sich auf. Das andere Mädchen schüttelte unmerklich ihren Kopf, schien ihre Gedanken loswerden zu wollen. “Ja, bin nur etwas müde.”, lächelte sie und rieb sich passend die Augen, doch das Lächeln verschwand schnell wieder. “Ich mache mir wirklich große Sorgen um Tyson. Er schien heute die Kurve gekriegt zu haben, aber so wie ich ihn kenne, macht er sich immer noch zu viele Gedanken über seine mäßige Leistung die letzte Zeit.” Akira ging zu der Japanerin und setzte sich neben sie auf das Bett. Sie wusste, was sie meinte, kannte den Chaoten ja auch gut genug. “Wir müssen für ihn da sein und ihm den Rücken frei halten. Mehr können wir auch nicht machen. Er muss eben an sich selbst glauben, wenn er wieder Weltmeister werden will.” Akira lehnte sich nach hinten und stützte sich mit einer Hand auf der Matratze ab, als sie das Mädchen betrachtete. “Ich weiß… Aber ich würde gerne mehr für ihn machen können.”, seufzte die Braunhaarige dann und ließ sich dann rücklings auf dem Bett nieder. Die Schwarzhaarige versuchte die Worte zu verarbeiten. Hilary hatte durchaus Recht, aber sie wurde das Gefühl nicht los, dass da noch mehr war. Seit letztem Sommer und dem Dilemma mit ihr und Ozuma hatten sich die beiden Mädchen nicht mehr konkret über das Thema Beziehung und Jungs ausgetauscht, auch aus dem Grund, dass Akira die Thematik konsequent mied. Es hatte einfach zu lange zu viele Gefühle aufgewirbelt, die sie verdrängen wollte. Wie ihr schien, war es höchste Zeit das wieder aufzuholen. Tief durchatmend legte auch sie sich auf dem Bett lang, platzierte sich seitlich neben das andere Mädchen und schaute sie an. “Hilary, raus mit der Sprache. Ist was passiert?”, fragte sie geradeheraus und erntete einen verwirrten Blick. “Was soll denn passiert sein?” “Mit Tyson?” Die Röte im Gesicht verriet sie, aber Hilary schüttelte vehement den Kopf. “N-Nein, nichts ist passiert! Er ist nur momentan so neben sich. Ist doch logisch, dass man sich da Sorgen macht.”, versuchte sie abzuwinken, aber das immer noch leicht errötete Gesicht sprach eine andere Sprache. Akira betrachtete sie eingehend und ehe sie Luft holen konnte, um ihr etwas zu entgegnen, sprach die Brünette weiter. “Aki, erinnerst du dich, als wir vor anderthalb Jahren das Wochenende mit den Jungs in Kyoto waren?” Sie horchte auf. Damals hatten sie das erste Mal über das Thema geredet. “Du hattest zwar nichts dazu gesagt, als ich im Onsen meinte, dass ich einen der Jungs süß fand, aber ich hab’ an deinem Blick gesehen, dass du nicht sehr begeistert von dem Gedanken warst.” Damit drehte Hilary sich ebenfalls auf die Seite, um Akira besser ins Gesicht sehen zu können, die kurz mit einer Antwort zögerte. “Ich hatte Angst, dass es komisch im Team wird, wenn zwei davon anbandeln würden.”, erklärte sie und lächelte Hilary an. “Außerdem wollte ich dich davor bewahren Kai tatsächlich Avancen zu machen. Das hätte zu der Zeit nicht gut geendet.”, lachte sie schließlich und die andere stieg mit ein. “Nein, ich glaube auch nicht, dass das was geworden wäre.”, grinste sie und strich sich etwas peinlich berührt die Haare hinters Ohr. “Findest du denn immer noch, dass es komisch wäre?”, fragte sie dann etwas ernster und die Schwarzhaarige musste überlegen, seufzte dann. Sie spürte, dass es nicht mehr um Kai, sondern ihren Cousin ging. “Keine Ahnung. Aus eigener Erfahrung würde ich eher nein sagen, besonders wenn es nicht hält. Aber ich glaube mit meiner Vorgeschichte, bin ich kein wirklich gutes Beispiel.” Auch Akiras Blick wurde traurig. Die Tatsache, dass sie damals die Chance gehabt hätte mit jemandem zusammen zu kommen, der sie genauso mochte wie sie ihn, sie sich aber bewusst dagegen entschieden hatte, damit sie sich auf ihren Kopf konzentrieren konnte, setzte ihr immer noch zu. Wenn auch bei weitem nicht mehr so krass wie einige Monate zuvor. Mit Stolz konnte sie mittlerweile sogar sagen, dass sie über Ozuma hinweg war. Aber eine gewisse Wehmut verfolgte sie trotzdem. Auf der anderen Seite hatte sie ihre Wutanfälle, mit Ausnahme von so manchen Situationen wie zuletzt, zum größten Teil wirklich langsam im Griff. Und selbst bei ihrem Aussetzer beim Streit mit Kai, konnte sie sich so weit kontrollieren nicht physisch auf den Älteren los zu gehen. Und das war doch auch ein Fortschritt. “Was wäre wenn und so, weißt du.”, fügte sie noch hinzu und rang sich wieder ein aufmunterndes Lächeln ab, das erwidert wurde. “Hast du eigentlich nochmal was von Ozuma gehört?”, fragte Hilary anschließend, doch die Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. “Nein, und das ist auch ganz gut so. Wobei ich ihn als Freund schon vermisse.” Sie dachte an das Buch, das sie in Tokyo gelassen hatte. Nachdem sich die Saint Shields verabschiedet hatten, hatte sie keinem der anderen davon erzählt, was Ozuma dort hineingeschrieben hatte. Nicht mal Ray wusste die ganze Wahrheit, da Akira es auch ein Stück weit vergessen wollte. Es wäre für sie nur eine Versuchung gewesen, die Koordinaten auch noch zu recherchieren. “Aber...”, setzte Hilary an, stockte jedoch. Ein tiefer Atemzug folgte. “... verliebt bist du nicht mehr in ihn, oder?” Jetzt wusste Akira warum sie kurz gestoppt hatte und grinste. Die Rücksicht des Mädchens und der damit verbundenen Unsicherheit war wirklich goldig. “Nein. Das ist Geschichte.” Ein bekräftigendes Nicken folgte und Hilary zog sie ebenfalls grinsend in eine Umarmung, überraschte die Schwarzhaarige. “Ich bin echt froh, dass du wieder ganz die Alte bist. Das wollte ich dir schon längst mal gesagt haben.” Beide mussten lachen und Akira war wirklich dankbar für die Worte. “Und was willst du wegen Tyson machen?”, fragte sie schließlich und löste sich aus der Umarmung. Die andere war ja bisher nur oberflächlich auf das Thema eingegangen. “Nichts. Vorerst zumindest. Mal schauen. Ich bin mir ja nichtmal sicher, ob mein Kopf mir die letzte Zeit nur einen Streich spielt oder nicht. Ich bin einfach nur verwirrt und will mich momentan nur auf die Weltmeisterschaft konzentrieren.”, erklärte Hilary und Akira verstand wohl besser als jeder andere wie sich das Mädchen fühlen musste. Lächelnd hakte sie ihren kleinen Finger in den des anderen Mädchens. “Dann bleibt das unter uns.” Nun war es an Hilary sie dankbar anzuschauen. Kapitel 16: Interlude (G-Revolution) ------------------------------------ Die turbulenten Kämpfe zur Entscheidung für das Finale waren endlich vorbei und alle Teams waren nun im Flieger nach Tokyo. In Kairo und Sydney konnte die BBA Revolution und auch F-Dynasty nochmal aufholen und ihre restlichen Matches für sich entscheiden. Das russische Team war bereits seit Kairo fest im Finale und hatte den Abstand zu den anderen in Australien nochmal erweitern können. Akira sah sich im Flugzeug um. Die Teams hatten sich mit relativem Abstand zu den anderen platziert. Da die BBA den Flug speziell für die Teams der Weltmeisterschaft gebucht hatte, waren sonst keine weiteren Gäste an Bord. Sie waren vorhin erst gestartet und die 10 Stunden, die sie brauchen würde, wollte die Japanerin nutzen, um Tysons Dragoon wieder auf Vordermann zu bringen, der nach seinem Kampf gegen Max einiges hatte einstecken müssen. Nachdem das Anschnall-Signal erloschen war, löste sie ihren Gurt und kramte in ihrem Rucksack, den sie im oberen Fach ihrer Reihe verstaut hatte. Sie teilte sich eine Reihe mit Kenny, der auf seinem Fensterplatz bereits auf Dizzy herumtippte, um Daten zu verarbeiten. Als sie sich wieder setzte, zog sie auch ihren Laptop und ihr Notizheft aus der Tasche. Akira fuhr den Laptop hoch und Kenny hielt ihr schon den USB-Stick mit sämtlichen Aufnahmen der letzten Kämpfe entgegen, die er schon von Dizzy runtergezogen und darauf abgespeichert hatte. Lächelnd nahm sie ihn und steckte ihn ein. So konnten sie wenigstens beide gleichzeitig an den Daten arbeiten. Das Mädchen dachte zurück an die letzten Tage in Ägypten und Australien. Tyson hatte wieder ein Tief gehabt, sich so unter Druck gesetzt, dass er sich mal wieder selbst im Weg gestanden hatte. Genauso wie Hilary es geahnt hatte. Pünktlich zu seinem Kampf gegen Max hatte er das aber endlich hinter sich gelassen und das Match zwischen den beiden war wirklich episch gewesen. Max kannte Tysons Stil in- und auswendig und hatte das auch zu seinem Vorteil genutzt um Dragoon fast zu erledigen. Aber eben nur fast. Am Ende hatte es Tyson geschafft den Spieß umzudrehen und zu gewinnen. Auch der Kampf zwischen White Tiger X und den Russen war nervenaufreibend gewesen. Von Ray und Kai hatte sie allerdings auch nichts anderes erwartet gehabt. Der Chinese, der zwischenzeitlich k.o. gegangen war, während sein Driger sich trotzdem weiter gedreht hatte, hatte Kai ganz schön in die Ecke gedrängt. Obwohl die BBA Revolution den Kampf auf dem Fernseher in ihrer Umkleide hatte verfolgen müssen, da sie sich auf ihr eigenes Match vorbereiteten, hatten sie alle eine Gänsehaut bekommen, diese beiden enorm starken Gegner gegeneinander antreten zu sehen. Akira sah sich nochmal ein paar Sequenzen aus diesem Kampf an. Kai und Ray waren sich von Anfang an ebenbürtig und auch beide schnell ausgepowert, aber nachdem Ray kurz die Oberhand hatte, hatte es Kai letztendlich gereicht und eine gewaltige Attacke gestartet, die das Stadium regelrecht in Staub verwandelte und Driger besiegte. Er hatte diese Attacke vorher noch nie eingesetzt, daher waren diese Aufzeichnungen die einzigen, die sie hatten. Da sie zusammen mit F-Dynasty Punktegleichstand hatten, waren sie beide zusammen mit den Blitzkrieg Boys ins Finale gekommen. Das bedeutete auch, dass Tyson und Kai bald sicher aufeinandertreffen würden. Und Tyson musste sich wirklich in Acht nehmen. “Oh man, das war echt heftig.” Akira erschrak, da sie nicht gesehen hatte, dass Hilary plötzlich neben ihr stand. “Du liebe Güte, erschreck’ mich doch nicht so, wenn ich am Arbeiten bin.” Sie griff sich an die Brust um ihr stolperndes Herz zu beruhigen. Wenn sie im Analysemodus war, konnte sie wirklich alles ausblenden. Doch das führte auch dazu, dass die anderen ihr mehr als nur einmal versehentlich einen Schreck eingejagt hatten. “Sorry, ich vergess’ das immer.”, grinste die andere Japanerin entschuldigend und kniete sich runter, damit sie in etwa auf Augenhöhe waren. “Daichi geht es mal wieder nicht gut. Der ist echt blass um die Nase, aber er will auch nicht schlafen. Hast du noch diese Tabletten von letztens?”, fragte sie die Schwarzhaarige und die schüttelte mit dem Kopf. “Verdammt, nein. Ich hatte ihm auf dem Flug nach Australien meine letzte gegeben und danach vergessen neue zu besorgen. Ich hab’ sonst nur noch Paracetamol, aber das will ich ihm nicht als Placebo geben.” Leise fluchend stellte sie ihren Laptop und das Notizheft auf dem freien Tisch zwischen Kennys und ihrem Platz ab und stand auf. Hilary und Daichi teilten sich beide die Reihe hinter Kenny und ihr, während Akiras beiden Cousins in der Reihe vor ihnen saßen. Der Rothaarige hockte direkt beim Fenster und Akira rutschte zu ihm durch. Er sah wirklich schlimm aus. Prüfend hielt sie ihm eine Hand an die Stirn, aber Fieber schien er nicht zu haben. //Also zum Glück wirklich wieder nur Reisekrank.// “Daichi, wieso schläfst du nicht was?”, fragte sie den Kleinen, der nur Unverständliches vor sich hin brabbelte. Seufzend strich sie ihm durch die wilde Mähne. Mehr konnte sie im Moment leider auch nicht machen und schulterzuckend sah sie zu Hilary, die sich müde die Augen rieb. “Willst du nicht was schlafen, Hil?”, fragte sie und bekam ein Nicken als Antwort. “Dann lass uns Sitze tauschen. Ich muss eh noch was wach bleiben, dann kann ich auf den kleinen Satansbraten hier aufpassen.” Das schien der Rothaarige gehört zu haben, denn er sah sie schmollend mit zusammengekniffenen Augen an. Akira lachte. “Na so schlecht scheint’s ja doch nicht zu sein, wenn du so gucken kannst.”, grinste sie und begab sich wieder in die Reihe davor, um ihre Sachen zu holen und Kenny Bescheid zu geben. Nachdem sie alles auf ihrem neuen Platz abgelegt hatte, ging sie nach vorne zu Tyson und Hiro. “Ty, kannst du mir noch Dragoon geben? Kenny und ich wollten mal nach ihm schauen.” Ihr jüngerer Cousin sah sie fragend an. “Jetzt?” “Ja, klar jetzt. Wir fliegen noch 9 Stunden, also kann ich die Zeit auch sinnvoll nutzen.” Hiro grinste amüsiert über ihren und Kennys Eifer. Tyson war das komplette Gegenteil von den beiden. Er dachte nicht daran die Flugzeit für etwas anderes als schlafen und Filme schauen zu nutzen. Für ihn war das seine Auszeit vom ganzen Tamtam. “Na komm, kleiner Bruder. Wenn sie arbeiten will, lass sie.”, sagte der Älteste und Tyson nahm seinen Blade aus der Tasche, drückte ihn seiner Cousine in die Hand. Auf dem Weg zurück zu ihrem Sitz hielt das Mädchen Dragoon hoch und besah sich die vielen Schäden mit zusammengezogenen Brauen. Da hatten sie einiges an Arbeit vor sich. Als sie vor ihrer Sitzreihe stand, sah sie wieder auf Daichi, der noch gekrümmter da saß, als vorher. Er musste sich endlich mal hinlegen und schlafen. Akira sortierte alle Sachen, machte Platz, damit sie sich setzen konnte, nachdem sie ihre Hüfttasche ausgezogen hatte, und verteilte ihre Sachen auf den aufgeklappten Tischen der Reihe. Auch den mittleren Sitz räumte sie frei, striff ihre BBA Jacke ab und polsterte damit die Übergänge der Sitze, ehe sie Daichi sachte packte, damit der sich quer darüber legen konnte. “Akira, ich will nicht. Mir ist so schlecht.”, jammerte der Rotschopf und versuchte mehr oder weniger erfolgreich sich wieder aufzusetzen. “Na komm schon, im Liegen geht’s sicher besser und du kannst den Flug einfach verschlafen.” Damit gab der Kleine auf und ließ sich von ihr in die Sitze drücken. Trotz seiner kleinen Körpergröße war er immernoch zu lang für die beiden Sitze und so platzierte Akira seinen Kopf kurzerhand auf ihren Schoß, damit wenigstens sein Magen nicht mehr so von seiner gekrümmten Haltung gequetscht wurde. Hilary lugte vom Sitz vor ihr auf und reichte ihr eine Decke, die sie organisiert hatte, damit sie Daichi noch zudecken konnte. “Ich hoffe nur er kotzt gleich nicht einfach los.”, sagte die Schwarzhaarige und Hilary verzog das Gesicht. “Bei den anderen Flügen war ihm auch immer nur schlecht, aber ich drücke trotzdem die Daumen. Danke, dass du das übernimmst, Aki.” Tysons Cousine hob die Hand zum Peace-Zeichen und zwinkerte dem anderen Mädchen zu, ehe sie ihre Sachen für ihr Vorhaben richtig verteilte. Glücklicherweise war reichlich Platz, dass sie trotzdem noch an den beiden Tischen arbeiten konnte. Der Laptop landete auf dem mittleren, während sie ihr Notizheft auf ihren am Gang ablegte. Parallel beobachtete sie auf dem Bildschirm die Bilder und Analysen, die Dizzy schon im Vorfeld erstellt hatte und notierte sich sämtliche Werte nochmal. Dragoon baute sie komplett auseinander und checkte alles durch, ob doch noch ein paar der Teile verwendbar waren. In ihrem Kopf rasten die Gedanken nur so. Sie wusste, dass sie einige Dinge neu berechnen musste, da Dragoon deutlich stabiler werden musste. “Kenny, Kenny.”, rief sie leise nach dem Braunhaarigen, der sich daraufhin aufsetzte und über seinen Sitz zu ihr sah. “Hm?” “Ich brauche die neuen Werte zu den Kämpfen von F-Dynasty und Tala und Kai. Kannst du mir die eben von Dizzy notieren, dann rechne ich mal etwas rum.” “Klaro!”, salutierte der Kleinere und nur wenig später reichte er ihr ein Stück Papier durch die Sitze durch, das sie dankend entgegen nahm. Akira verbrachte einige Zeit damit, bevor sie sich streckte. Daichi war mittlerweile eingeschlafen und schnarchte leise auf ihrem Schoß vor sich hin. Erleichtert lächelnd richtete sie die Decke an seiner Schulter und strich ihm über den Kopf. Der kleine Wirbelwind war wirklich was. Aber er hatte Tyson schon einige Male aus der Scheiße gezogen. Besonders als der an sich selbst zweifelte, hatte der Rotschopf wie selbstverständlich übernommen und ihm den Rücken frei gehalten. Und dafür hatte Daichi trotzdem immer wieder im Schatten seines berühmten Partners stehen müssen. Akira war sich sicher, dass sich der Kleine spätestens nach dieser Weltmeisterschaft in diesem Sport einen Namen gemacht haben würde. Und das vollkommen zurecht. Aus den Augenwinkeln nahm sie wahr, dass Ray von weiter vorne auf sie zukam. Er setzte sich ihr gegenüber auf einen freien Sitz und reckte sich vor, um Daichi besser erkennen zu können. “Den hat’s echt ausgeknockt.”, lachte der Chinese leise und lehnte sich wieder etwas zurück. “Ja, er ist bestimmt am Glücklichsten darüber, dass er nicht mehr so bald in ein Flugzeug steigen muss.”, grinste die Japanerin und sah vom Kleinsten wieder zu Ray. “Sag mal, Kenny zeichnet doch immer alles auf, hast du die Videos von Tysons und Max’ Kampf? Ich war nach dem Match gegen Kai so fertig, dass ich nichts mehr mitbekommen hab’. Und Kenny schläft gerade, sonst hätte ich den gefragt.” Er nickte rüber zu Kennys Platz, wo der und Hilary beide friedlich vor sich hin am Schlummern waren. “Klar.” Akira nickte grinsend und zog ihren Laptop direkt vor sich auf den Tisch. “Klasse, ich war echt enttäuscht, dass ich das verpasst hab’.” Freudig nahm er einen der Kopfhörer entgegen, die das Mädchen ihm hinhielt, damit er auch den Ton hören konnte, ohne die anderen zu stören. Gebannt starrte er auf den Bildschirm, als sie die richtige Datei gefunden hatte und beobachtete alles genauestens. Seine Teamkameraden hatten ihm zwar vom Ablauf erzählt, aber es selbst zu sehen, war nochmal etwas ganz anderes. “Wow, die beiden haben echt alles gegeben.”, sagte er am Ende grinsend und gab der Schwarzhaarigen den Kopfhörer zurück. “Ja, es war richtig knapp. Max hätte Tyson fast gehabt. Was Strategie angeht, ist er einfach besser vorbereitet als Tyson. Das war schon immer seine Stärke.”, lachte Akira. “Aber dein Match gegen Kai war auch nicht von schlechten Eltern. Das konnten wir leider nur vom Fernsehen aus beobachten, aber allein die Bilder waren echt heftig. Ihr habt die Arena richtig auseinander genommen. Ich hab’ mir auch vorhin die Daten dazu angesehen. Ich muss Dragoon noch richtig aufrüsten, damit der Dranzers neue Attacke überleben kann.” Sie strich über die Seite in ihrem Notizheft, wo sie die Berechnungen aufgeschrieben hatte und nahm Dragoons Energiering, wo ganze Teile herausgebrochen waren, in die andere Hand. “Die hat mich auch kalt erwischt. Aber ich war vorher schon völlig fertig. Ich hätte eh nicht mehr lange durchgehalten. Aber als er seinen Schal ausgezogen hat, wo anscheinend auch noch Gewichte drin sind, wusste ich, dass er das Match jetzt beenden will.” “Er hat was??” Dadurch, dass sie nicht direkt dabei waren, hatte Akira das gar nicht mitbekommen. Ungläubig lehnte sie sich soweit vor, wie Daichis Kopf das in ihrer Position zuließ und blickte den Gang hinab, wo die Russen saßen. Kai saß wie sonst auch mit verschränkten Armen an seinem Platz und schien zu schlafen, aber Tala, der diagonal von Akira ein paar Reihen hinter ihr und vor Kai saß, hatte ihren Blick bemerkt und stand auf. “Keine unfairen Vorteile, Ray. Wenn die BBA Revolution Informationen über uns haben wollen, müssen sie sich die schon selbst besorgen und gegen uns kämpfen.”, grinste der Russe und stützte sich mit einem Arm gegen die Lehne vor Rays Platz, stockte aber, als er das Bild vor sich sah. “Ach nein, das ist ja herzallerliebst!”, schwärmte er scherzhaft über Daichis Position in Akiras Schoß. “Der kleine Hosenscheißer ist besser wieder fit, wenn das Finale losgeht. Ich hab’ noch eine Rechnung mit dem offen.”, lachte er, konnte den Blick aber nicht abwenden. “Ach, keine Sorge, Tala. Er wird dir auch ein zweites Mal in den Hintern treten. Dafür werd’ ich schon sorgen.”, grinste ihn das Mädchen schelmisch an und deutete auf das Gespräch, das sie mit ihm und Hilary im Aufzug in Madrid vor fast zwei Wochen hatten. Ray indes beobachtete den Rothaarigen mit Argusaugen. Der Chinese hatte sicher nicht vergessen, was Kai ihm zu dessen Teamkollegen gesagt hatte. “Ts, versprich nichts, was du nicht halten kann, Minamoto.”, flüsterte Tala gefährlich, als er sich zu Akira vorbeugte. “Tu’ ich nicht, keine Sorge, Ivanov.”, flüsterte diese zurück und sah ihn herausfordernd an. Rays Blick wechselte zwischen den beiden. Er war sich unsicher, ob er eingreifen musste oder nicht. Bevor er jedoch reagieren konnte, richtete sich Tala wieder auf. “Das werden wir ja noch sehen.” Mit diesen Worten verschwand der Russe wieder zu seinem Platz. Akira schüttelte lächelnd den Kopf. Es machte Spaß den Größeren so zu piesacken. Als sie zum Chinesen sah, wechselte ihr Gesichtsausdruck zu einem fragenden, da der sie mit einem fast schon stechenden Blick betrachtete. “Ist dir eigentlich bewusst, wie das rüberkommt?” Rays Ausdruck wechselte plötzlich zu amüsiert. “Wie?” Sie war deutlich verwirrt. “Als ob ihr miteinander flirtet.”, grinste der Schwarzhaarige und brachte das Mädchen zum Lachen. “Du liebe Güte, nein. Der macht doch nur Spaß. Und ich ärger’ ihn gerne, weil der so schön drauf einsteigt.”, grinste Akira. “Das ist genauso, wie wenn Max loslegt.”, erklärte sie weiter. Sie mochte Tala, aber definitiv nicht auf diese Art und, dass Ray das so aufgefasst hatte, fand sie äußerst lustig. “Ray, dieses Thema ist für mich immer noch keine Option. Ich hab’ im Moment echt Besseres zu tun, als mir schon wieder wegen ‘nem Kerl die Augen auszuheulen.”, erläuterte sie mit den Schultern zuckend und der Junge betrachtete sie lächelnd. “Weißt du, Aki, da du für mich schon sowas wie ‘ne Schwester bist, beruhigt mich das allerdings etwas.”, grinste er sie an und lachte dann über ihren entgleisten Gesichtsausdruck. “Nicht du auch noch, Ray! Robert und Tyson sind schon schlimm genug mit der ganzen Sache!”, jammerte sie. “Mit dir kann man wenigstens erwachsen über sowas reden.” “Das kannst du immer noch, aber dass ich jeden, der dir zu nahe kommt, genauestens unter die Lupe nehmen will, wirst du mir nicht verübeln können. Das gleiche gilt übrigens auch für Hilary.” Ray hob beschwichtigend die Hände. “Na vielen Dank.” Aus Akira sprach der Sarkasmus und sie ließ den Kopf nach hinten gegen die Lehne fallen, während sie den Jungen immer noch ansah. “Immer wieder gerne.” Auffallend freundlich betont antwortete er auf ihren Zynismus und grinste, wurde dann aber wieder etwas ernster. “Naja, dann kann ich Kai ja sagen, dass er sich keine Sorgen um Tala machen braucht, so wie es aussieht.” Was war nur mit Ray heute los, dass er das arme Mädchen mit jeder Aussage noch mehr verwirrte. “Ähm, Kai?” “Ja, ihm gefiel nicht, wie der Kerl sich dir gegenüber in Rom verhalten hat, also wollte er ihn im Auge behalten.” Akiras Augen weiteten sich. Bei ihrem Streit in Rom hatte sie gar nicht so sehr darauf geachtet wie Kai selbst auf Talas Sprüche reagiert hatte, aber jetzt im Nachhinein, schien er ziemlich genervt vom Rothaarigen gewesen zu sein. Damit hatte sie ehrlich gesagt nicht gerechnet. Plötzlich fing sie an zu lächeln. “Ihr Jungs seid doch echt alle gleich.” “Ist das gut oder schlecht.”, fragte Ray ebenfalls mit einem Grinsen im Gesicht, als er endlich aufstand und ihr durch die Haare wuschelte. “Bin mir noch nicht sicher.” Schneller als sie reagieren konnte, war seine Hand wieder weg und sie versuchte ihre Strähnen wieder zu sortieren, sah ihm hinterher, wie er wieder zu seinem Team ging. Eine wohlige Wärme breitete sich in ihrem Inneren aus. Sie war froh und dankbar für ihre Freunde und gerade in solchen Momenten und Gesprächen wie gerade, wurde es ihr mal wieder bewusster als sonst. Sie schaute wieder in den hinteren Teil des Gangs, wo Kai unerwarteterweise ihren Blick erwiderte. Seine Miene war undurchsichtig wie immer, aber sie konnte sich vorstellen, dass er eventuell sogar ihr Gespräch überhört hatte, obwohl sie leise geredet hatten. Lächelnd tippte sie sich mit dem Zeigefinger an die Nase, während sie den Blick des Jungen hielt, signalisierte ihm so, dass sie über seine doch etwas überraschende Fürsorge Bescheid wusste. Anschließend wandte sie sich wieder ihrer Arbeit zu, das Lächeln wurde sie aber den Rest des Fluges nicht mehr los. Endlich in Tokyo gelandet, machten sich alle auf nach Hause. Hiro war zunächst ins BBA Center gegangen, während sein kleiner Bruder, Akira und Daichi, dem es deutlich besser ging, endlich Daheim angekommen waren. Ihr Großvater begrüßte alle mit Essen und die drei Jugendlichen waren überglücklich nach Wochen nochmal die leckeren, japanischen Gerichte des Alten kosten zu dürfen. Akiras Kater Mica wich zudem kaum von ihrer Seite. Scheinbar hatte der kleine Kerl sie ebenfalls vermisst und genoss gerade die umfangreichen Krauleinheiten mit der freien Hand, während das Mädchen weiter aß. Die nächsten Tage würden sie endlich gesagt bekommen wie das Finale vonstatten gehen sollte, da drei, statt der geplanten zwei Teams, teilnahmen. Auch die Schule würde dann wieder beginnen, ein neues Schuljahr stand an. Die Schwarzhaarige war nicht sehr erpicht darauf auf ihre Mitschüler zu treffen, die nun definitiv wissen würden wer genau sie war. Nach dem Essen, ging das Mädchen in ihr Zimmer, um auszupacken und sich aufs Ohr zu hauen. Sie hatte erst gegen Ende des Fluges zwei Stunden Schlaf bekommen, die eindeutig zu wenig waren. Der Jetlag der letzten Wochen tat zudem sein Übriges. Gerade hatte sie ihre Wäsche weggeräumt, als Daichi in der offenen Tür stand. Interessiert sah er sich um, blieb aber beim Eingang stehen. “Du bist ja echt schnell wieder fit.”, lachte Akira, als sie sich umdrehte und ihn sah. “Ja, hab’ ja viel gepennt und das Essen eben hat auch gut getan.”, grinste der und rieb sich den Hinterkopf, als er endlich den Raum vollends betrat. Daichi wohnte zwar schon einige Zeit bei ihnen, aber gerade wurde der Japanerin bewusst, dass er vorher noch nie in ihrem Zimmer war. Die letzten Wochen auf Achse hatten sie als Team wirklich zusammengeschweißt, vor allem was die Beziehung aller zu dem Kleinen anging. Zufrieden lächelte sie, als sie sich ihrem Schreibtisch zuwandte, worauf sie ihre Unterlagen ablegte. Als sie sich umdrehte, sah sie wie der Rotschopf mit kritischem Blick vor ihrem Bücherregal stand. Da dort einige Werke über den BeySport standen, wunderte sie sich nicht weiter darüber, bis Daichi nach genau dem Buch griff, das sie von Ozuma geschenkt bekommen hatte. “Hey, das… Woher hast du das?”, fragte sie der Jüngere, als er es sich besah und aufklappte und das Mädchen schaute ihn verwirrt an, antwortete aber nicht direkt. “Ich kenn’ das! Das ist ein Buch aus dem Dorf, wo mein Dad herkommt.” Akira entgleiste alles. Mit geöffnetem Mund und aufgerissenen Augen sah sie zu Daichi, der gar nicht mitbekam wie sie reagierte und nur grinsend in dem Buch blätterte. “Cool! Dad hat mir von den alten Büchern erzählt, aber ich hab noch nie eins selbst gesehen.”, plauderte er begeistert weiter und sah endlich auf, schaute Akira fragend an, als er ihren Blick sah. “Was ist los?”, fragte er und das Mädchen brauchte eine Weile, bis sie sich gesammelt hatte. “D-dein Dad ist aus dem Dorf, wo das Buch herkommt?” Sie versuchte das Gesagte nochmal zu wiederholen, damit sie es ja nicht falsch verstand. Das konnte doch nicht wahr sein, oder? “Jap. Wir haben früher auch da gewohnt. Aber als ich noch klein war, sind meine Eltern dann weggezogen. Wie kommst du denn da dran?” “Ich-... Ich hab’s von jemandem von da geschenkt bekommen.” Sie konnte ihren Ohren immer noch nicht trauen. Was zur Hölle erzählte Daichi da? “Echt? Wahnsinn! Ich kann mich leider kaum an die Zeit da erinnern. Hey-!” Der Rothaarige hatte weiter geblättert und war auf der letzten Seite gelandet, wo Ozuma die Koordinaten aufgeschrieben hatte. Mit hochrotem Gesicht schnappte sich das Mädchen das Buch und klappte es zu, hielt es schützend an ihrer Brust und Daichi sah sie verwirrt an. Mit Schrecken dachte sie daran wie Tyson reagieren würde, wenn der es wüsste. “Daichi, du musst mir versprechen, dass du niemandem davon erzählst, okay? Weder von deiner Verbindung zu diesem Dorf, noch von dem was du gerade im Buch gesehen hast.” Sie presste die Lippen frustriert zusammen. Wenn ihr Cousin wirklich herausfinden sollte, dass Daichi und Ozuma etwas verbindet, würde das nicht nur das ganze Team gefährden. Es würde zudem auch den ganzen Ärger wieder hochkochen lassen, dem das Mädchen sich mühevoll entzogen hatte. Tyson würde erfahrungsgemäß alles in den falschen Hals bekommen und das Drama war vorprogrammiert. Seufzend stellte sie das Buch zurück ins Regal. Daichi nickte nur schulterzuckend. Ihm schien das alles recht egal zu sein und dachte sich nichts weiter dabei. Erst jetzt bemerkte das Mädchen die Ähnlichkeit zu den Saint Shields. Auch der Rotschopf hatte diese leuchtend grünen Augen. Eigentlich hätte sie es vorher schon ahnen können, nachdem der Junge beim ersten Aufeinandertreffen von Strata Dragoon erzählt hatte. Natürlich hatte jemand mit Verbindung zu diesem Dorf auch Zugriff auf besondere BitBeasts. Aber dieser Zufall war wirklich schon außerordentlich ungewöhnlich. “Naja, eigentlich wollte ich mich bei dir für vorhin bedanken. Nachdem ich eingeschlafen war, ging’s mir wirklich besser.”, grinste der Kleine anschließend. “Kein Problem.” Schnaufend lachte sie kurz und verschränkte die Arme vor der Brust, als sie dem Kleinen zusah, wie er wieder das Zimmer verließ. Jetzt brauchte sie mehr denn je eine Mütze Schlaf. *** Wie es das Team bereits geahnt hatte, hat die BBA zusammen mit den Repräsentanten der drei Finalteams beschlossen, dass die BBA Revolution und F-Dynasty zunächst gegeneinander antreten sollten, damit der Sieger letztendlich gegen die Russen kämpfen würde, die einen Punkt Abstand zu den anderen hatten. Entgegen aller Erwartung hatten Tyson und Daichi einem Teammatch zugestimmt. Sie wollten beide ihre Fehler aus dem ersten Kampf gegen F-Dynasty, das sie verloren hatten, wieder ausbügeln und zeigen, dass sie es auch zusammen gegen die beiden aufnehmen konnten. Kenny und Akira hatten tagelang herumgetüftelt und Dragoon und Strata Dragoon so weit updaten können, dass sich beim Training bereits gezeigt hatte, dass die beiden Jungs tatsächlich eine reelle Chance gegen die Spanier hatten. Die BBA Revolution hatte ihre Hausaufgaben gemacht. Am Wochenende dann konnten sie zeigen, dass sie sich ausreichend vorbereitet hatten. So knapp es zwischenzeitlich auch war, so konnten die Jungs der BBA Revolution am Ende das Match für sich entscheiden. Als Vorbereitung auf den Finalkampf gaben Kenny und Akira ihr bestes die beiden Blades zu überarbeiten. Gegen die Russen waren andere Kniffe nötig und so wurden Dragoon und Strata Dragoon mal wieder aus- und wieder zusammengebaut, während Hiro die beiden Blader zu einer Zwangspause mit Nickerchen verdonnerte. Mit Schrecken musste Kenny feststellen, dass Dragoons Powerantriebswelle gebrochen war, was eine Katastrophe bedeutete. Dieses Teil war das einzige, was sie nicht so schnell neu organisieren konnten und so sah sich Kenny gezwungen es zu reparieren, während Akira verzweifelt nach einem Plan B überlegte. “Scheiße verdammt, das kann doch nicht sein, dass das jetzt passiert?!” Sie wollte gar nicht so schreien, aber der Frust überkam sie, als sie wütend aus der Umkleide stürmte. Sie hatte alles versucht, aber die Zeit war zu kurz nochmal in den Laden von Max’ Vater zu gehen, der wahrscheinlich eh nichts Passendes auf Lager hatte, und auch ihren Fundus hatte sie drei ganze Male durchgesehen. Hilary, die Kenny eh nicht helfen konnte, rannte ihr hinterher und fing sie ab, hielt sie an der Schulter fest. “Aki, es bringt jetzt nichts herumzurennen. Lass’ Kenny mal machen, der kann das Teil sicher wieder voll reparieren.”, versuchte sie sie zu beschwichtigen. “Hil, du verstehst nicht. Die Antriebswelle ist das Herzstück von Dragoon. Selbst wenn Kenny das Teil so gut er kann repariert, wird es niemals so viel aushalten können, wie im Originalzustand. Ich hab’ die Werte von Kais neuer Attacke gesehen. Das wird Dragoon niemals überleben und Tyson wird definitiv verlieren! Wir brauchen ein Ersatzteil!” Sie versuchte sich zu beruhigen, aber die Panik kroch in ihr hoch. Sie hatten doch nicht so viel für dieses Finale geackert, nur damit es ein kleines Bauteil zunichte machte. “Scheiße, warum hab’ ich das nicht vorher kommen sehen und schon was besorgt…??” Tief durchatmend fuhr sie sich durch die Haare und lehnte sich gegen die Wand im Flur. “Aber es hilft doch nichts. Kenny hat gesagt, dass das Teil eine Spezialanfertigung war. Das kann also nicht einfach so ersetzt werden.”, versuchte die Brünette weiter und erntete ein Schnauben vom anderen Mädchen. “Ich weiß. Kenny und ich haben es selbst entwickelt.” Seufzend beugte sie sich vor und stützte sich an den Beinen ab. Ihre Gedanken rasten hin und her, aber sie hatte einfach keine andere Lösung parat. Ein frustrierter Laut verließ ihre Kehle, als sie sich wieder aufrichtete und an Hilary vorbei stürmte, um wieder in die Umkleide zu gehen. Sie hatte ja Recht, sie konnte jetzt wirklich nichts anderes tun, als Kenny zu helfen und zu hoffen, dass es funktionieren würde. Daichi, der den ganzen Tumult nur teilweise mitbekommen hatte, musste raus zu seinem Endspiel gegen Tala. Er wollte auf Zeit spielen, damit das Team Dragoon fertig stellen konnte. Tyson unterdessen verschlief die ganze Aufregung, was wohl besser war, wie seine Cousine dachte. Die beiden Blader betraten die Mitte der Arena und verwirrte Blicke kamen aus dem Publikum. Es war das erste Mal, dass die beiden Teams nicht vollständig waren, wenn der erste Kampf begann, da auch Tala, wie Daichi, alleine dort stand. Akira und Hilary beobachteten das Geschehen in ihrer Umkleide vom Fernseher aus. Sie beide waren untröstlich, dass ihr Teamkamerad da gerade alleine stand, aber Dragoon hatte Vorrang und sie wussten, dass sie sich auf Daichi verlassen konnten. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, ehe Kenny fertig war und auch Tyson war mittlerweile wach und bereit. Das Team beeilte sich endlich in die Arena zu kommen und Daichi Beistand zu leisten, der seine Mühe hatte Wolborg auf Abstand zu halten. “Nicht aufgeben, Daichi!!”, rief Tyson seinem Partner zu, als sie endlich eingetroffen waren. “Tyson! Da bist du ja!! Hey, ihr habt euch aber ganz schön Zeit gelassen!” Daichi schien mehr als erleichtert die anderen zu sehen. “Dank dir und deiner Hinhaltetechnik ist Dragoon jetzt wieder völlig in Ordnung und einsatzbereit, Daichi!”, meinte Kenny und Akira klopfte dem Braunhaarigen anerkennend auf die Schulter. Der Kleine hatte wirklich eine Meisterleistung in Rekordzeit geschafft. Jetzt hieß es wirklich nur noch abwarten und gucken, ob das Teil wirklich wieder voll einsatzfähig war. “Du hast dich also doch noch entschlossen hier aufzutauchen, Tyson.” Tala schnaubte, als er das gegnerische Team sah. “Ja, und jetzt muss Daichi nicht länger auf Zeit spielen und kann deinem Wolborg mit voller Power die Hölle heiß machen!” Akira lächelte über ihren Cousin und sah rüber zu ihrem kämpfenden Teammitglied, der von einem bis zum anderen Ohr grinste. “Das war die Ansage, auf die ich gewartet hab’! Gib ihm Saures, Strata Dragoon!” Und damit war Daichis Zurückhaltung Geschichte. Tala und er attackierten sich gnadenlos und kickten sich am Ende mit beiden Spezial-Moves aus der Arena. Daichi wurde kurzfristig ohnmächtig und auch der Russe war am Ende. Da sowohl Wolborg als auch Strata Dragoon so beschädigt waren, dass das Match nicht fortgeführt werden konnte, entschied der BBA Vorstand um Mr. Dickinson das Unentschieden auch als solches anzuerkennen. Das bedeutete, dass es nun an Tyson und Kai lag, den Ausgang zu entscheiden. Tyson trat an das BeyStadium, als auch Kai endlich in der Arena eintraf. Er sah sichtlich lädiert und außer Atem aus, was die Truppe irritierte. Hiro schnaubte. “Ich weiß was los ist. Tyson hatte heute schon einen Kampf und deshalb hat Kai einen Übungskampf organisiert, um keinen unfairen Vorteil zu haben. Jetzt sind die Voraussetzungen gleich.”, erklärte er und Akira sah von ihrem älteren Cousin zu Kai. “Vielleicht hat er eben auch mitbekommen was los ist, als Hilary und ich auf dem Flur waren.”, murmelte die Japanerin vor sich hin und schüttelte ungläubig den Kopf. “Richtig, das klingt ganz nach Kai.”, grinste Kenny und nun musste auch Akira lächeln. Dieser Kerl war wirklich eine Nummer für sich. //Er will endlich gegen Tyson antreten und sehen wer von ihnen der Bessere ist. Ein Sieg unter unfairen Voraussetzungen würde er niemals akzeptieren.// Für das Match wurde eine neue Arena eröffnet, ein riesiges Areal, wo beide Blades ungehindert agieren konnten und so auch ihre volle Kraft nutzen konnten. Hier hieß es wirklich, der letzte Blade, der sich dreht, gewinnt. Und sie beide hielten sich auch mitnichten zurück. Regelrechte Schockwellen fegten durch die Arena, als Dranzer und Dragoon aufeinander prallten. Sie beschädigten die Arena an den Seiten so sehr, dass Kai und Tyson beide in das Areal fielen und von dort das Match fortführten. Tyson nutzte seine Erfahrungen aus den letzten Kämpfen und attackierte Dranzer mit so manchem Move, die er bei seinen vorigen Gegnern gesehen hatte. Doch auch Kai hatte einiges in Petto. Er hatte Danzer so modifiziert, dass die Zahnräder seines Engines in der Lage waren sich rückwärts zu drehen und konnte seinem Angriff so noch mehr Power geben. Beide Bitbeasts gaben so viel Energie von sich, dass sogar das Dach der Arena zerstört wurde. So fertig wie beide Jungs waren, beide standen noch und dachten nicht daran den Kürzeren zu ziehen. Dranzer und Dragoon hatten durch die heftigen Attacken gleichzeitig aufgehört sich zu drehen und Tyson und Kai wollten sie erneut und ohne Umschweife starten, ehe man Mr. Dickinsons Stimme vernehmen konnte, der das Match ebenfalls als unentschieden erklären wollte. Nicht nur Kais Protest war laut, auch Tyson, und die Spieler aus den anderen Teams erhoben ihre Stimmen und forderten eine Fortsetzung. Auch wenn der BBA Vorstand keinen der Kämpfer weiter gefährden wollte, so mussten sie sich dem Willen der Menge beugen und das Match wurde fortgesetzt. Kai hatte zudem wieder seinen Schal abgenommen und seine neue Attacke gestartet, die Tyson kontern konnte. Sie wussten einfach genau was der jeweils andere machen wollte. Es war der krasseste Kampf, den Akira je gesehen hatte. Am Ende taumelte Dragoon zwar, aber er kreiselte eindeutig noch, im Gegensatz zu Dranzer. Jubelnd stieß das Team auf Akiras Cousin und auch die anderen Teams gratulierten dem jetzt dreifachen Weltmeister und Daichi, der damit das erste Mal eine Weltmeisterschaft gewonnen hatte. Kapitel 17: Bombshell (G-Revolution) ------------------------------------ Nach dem Weltmeisterschaftsfinale ging wieder alles seinen gewohnten Weg. Fast alle der auswärtigen Teams waren abgereist und der Alltag hatte sie zurück. Die Schule hatte endlich wieder begonnen und Akiras Befürchtungen hatten sich teilweise bewahrheitet. Selbstverständlich hatten viele ihrer Mitschüler sie im Fernsehen gesehen, wie sie mit der BBA Revolution beim Turnier teilgenommen hatte. Viele hatten ihr, die sonst in der Schule sehr zurückhaltend war, gar nicht zugetraut, dass sie so aktiv im Bey-Sport unterwegs war. Hiros geistreiche Entscheidung sie als Ersatzspielerin einzusetzen, hatte ihr Übriges getan und so musste sie zudem auch noch einige Herausforderungen von engagierten Beyblade Fans abwinken. Sonst waren die Meinungen recht geteilt. Einige hatten begonnen sie freundlich auf dem Gang zu begrüßen, ließen sie aber sonst in Ruhe. Andere meinten sich ihr regelrecht aufdrängen zu wollen und davon waren auch manche dabei, die sie um Autogramme unter anderem von Tyson gefragt hatten – genau wie von ihr schon geahnt. Aber am Schlimmsten waren diejenigen, die sie auf dem Nachhauseweg sogar hatte abwimmeln müssen. Zuhause waren sie und Tyson wieder mit ihrem Großvater alleine, da sich Daichi in einer Nacht-und-Nebel-Aktion verdünnisiert hatte. Lediglich einen Zettel, dass er trainieren gehen wolle, hatte er zurückgelassen. Auch Hiro hatten die Jugendlichen schon länger nicht mehr gesehen. Dass er, seit er wieder da war, auch nicht wieder bei seiner Familie eingezogen war, sondern alleine lebte, half da ebenfalls nicht. Eine Woche nach dem Finale wurde dann plötzlich in den Nachrichten bekannt gegeben, dass Mr. Dickinson als Vorstand der BBA zurückgetreten war und die Organisation vollends aufgelöst wurde. Auf dem Weg zum BBA Center, das zu der Zeit bereits umgebaut wurde, waren Kenny, Hilary, Akira und Tyson dann auf Daichi und Max getroffen, bei dessen Vater und ihm sich der Rothaarige zwischenzeitlich einquartiert hatte und wohl vorerst auch dort bleiben wollte. Wieder einige Tage später hatten die Freunde Mr. Dickinson ausfindig gemacht, dessen Erklärungen für alle recht kryptisch klangen. Die BBA war wohl hinter seinem Rücken verkauft worden, als er noch mit der Organisation der Weltmeisterschaft beschäftigt war. Der Mann hatte sie auf eine Pressekonferenz der neuen Organisation vertröstet, die am Folgetag stattfinden sollte und wo sie sich auch gerade befanden. Anders als erwartet, war dies jedoch keine normale Pressekonferenz. Das Gebäude der BEGA, wie sich die neue Organisation nannte, wurde enthüllt und MingMing, ein Popsternchen, das in letzter Zeit überall zu sehen war, hielt ein Konzert. Lediglich Kenny starrte mit verliebtem Blick auf die Bühne, während der Rest eher genervt von dem ganzen Aufruhr war. Tyson hielt zudem nicht hinterm Berg, was sein Unverständnis anging, warum gerade MingMing BEGAs Maskottchen war und sie sich selbst sogar als deren Top Bladerin betitelte. Ein Beyblade-Kampf entbrannte, bei dem Max, Tyson und Daichi gegen MingMings Bandmitglieder antreten sollten, die sie auch mit Leichtigkeit besiegen konnten. Als Tyson weiter mit dem Popsternchen stritt, tauchte jemand weiteres auf der Bühne auf. “Du hast dich nicht verändert, Tyson. MingMing bringt nur etwas Würze in die Eröffnung unseres neusten Unternehmens.” Die hochgewachsene Gestalt eines Mannes erschien und die Augen von Tyson, Max, Kenny und Akira weiteten sich, während Hilary und Daichi verwirrt schauten. Niemand geringeres als Boris, den die Bladebreakers schon in ihrer ersten Weltmeisterschaft hatten kennenlernen dürfen, stand da lächelnd vor ihnen und Akira schnaubte verabscheut. “Was??” “Sie stecken also dahinter?”, zischte Max. “Boris!? Ach so ist das, Sie sind das! Sie haben also die Kontrolle über die BBA übernommen!” Auch Tyson war nicht erfreut über deren Gegenüber und fixierte den Mann mit seinem Blick. “Natürlich. Wer sonst hätte die Fähigkeit und das Wissen die BBA aufzulösen und eine neue professionelle Liga wie die BEGA ins Leben zu rufen?” Der vermeintlich freundliche Ausdruck in Boris’ Gesicht veränderte sich kein bisschen. “Es tut mir Leid für dich, aber die BBA existiert nicht mehr. Doch wir von der BEGA-Organisation heißen dich mit offenen Armen willkommen.”, fuhr er fort und erntete ein weiteres Schnauben von der Schwarzhaarigen “Das kannst du vergessen, Boris!! ‘Herzlich willkommen heißen’, von wegen! Ich hab’ zwar keine Ahnung was du planst, aber eins lass’ dir sagen, Alter: Mit dieser faulen Nummer kommst du auf keinen Fall durch!” Akira war froh, dass sie nicht alleine mit ihrer Abscheu gegen den Mann dastand. Seine kriminellen Aktionen in der Vergangenheit hatten Bände gesprochen und sie würden sicher nicht einfach so auf das Gerede reinfallen - so wie beim letzten Mal. Da war definitiv etwas faul an der Sache. “Es ist durchaus verständlich, dass du so reagierst. Wenn man bedenkt was alles in meiner wenig ehrenvollen Vergangenheit passiert ist. BEGA jedoch ist eine Organisation, die weltklasse hat. Sie unterstützt die Ideale des Beybladens.”, versuchte der Mann zu erklären und hob beschwichtigend die Hände, um die Jugendlichen zu besänftigen. “Hey, und du willst, dass ich dir das abkaufe, was?”, schrie ihn Tyson fast schon an. “Kommt herein, lasst es mich euch beweisen.” Boris drehte sich immer noch lächelnd um und, wenn auch zögerlich, folgte die Gruppe ihm in das neue Gebäude. Gerade als Akira als Vorletzte eingetreten war, wurde Hilary hinter ihr von der Security aufgehalten. Sie war keine offizielle Bladerin und so war es ihr nicht gestattet mitzukommen. Das war der einzige Moment, in dem Akira froh war, dass Hiro sie doch zur Ersatzspielerin gemacht hatte, sonst dürfte sie jetzt auch nicht mit rein. Entschuldigend winkte sie Hilary zu. Sie würden sich später mit dem anderen Mädchen treffen und alles ausreichend bereden, aber im Moment war auch Akira zu neugierig auf das, was da im Inneren auf sie alle wartete. Das Gebäude war wirklich hochmodern und sie sahen bereits eine Vielzahl an jungen Bladern, die anscheinend schon begonnen hatten hier zu trainieren. “Hey Leute, wer ist dieser BEGA Typ eigentlich?”, flüsterte Daichi, der mit Max und Akira das Schlusslicht bildete. “Er ist ein echter Charmeur, Daichi. Weißt du bis vor zwei Jahren hat Boris ein Team mit dem Namen Demolition Boys geleitet. Tala und Bryan waren damals drin. Während der Weltmeisterschaft ist etwas seltsames hinter den Kulissen vor sich gegangen. Boris versuchte die Welt zu übernehmen, indem er die Beyblader zu Soldaten in seiner Beyblade Armee ausbildete. Zum Glück haben wir sie geschlagen und Boris wurde davon gejagt. Seitdem haben wir nichts mehr von ihm gehört. Bis heute. Jetzt verstehst du wahrscheinlich warum wir ihm nicht trauen.”, erklärte Max und Akira schnaubte erneut. “Dieser Widerling hat dafür gesorgt, dass Tala und die anderen keine wirkliche Kindheit hatten. Sogar Kai hatte er eine Zeit lang unter seine Fittiche genommen, da er und Kais Großvater gemeinsame Sache machen wollten.”, zischte das Mädchen wütend. Boris war Schuld, dass so viele Jungs hatten unnötig leiden müssen. Das war für sie einfach unverzeihlich. “Wer immer sich mit meinen Freunden anlegt, der legt sich auch mit mir an! Dem bring ich die wahre Bedeutung von ‘Let it rip’ bei!”, brummte der Rotschopf wütend und wollte gerade nach vorne rennen, um sich auf Boris zu stürzen, aber Kenny, der direkt vor ihnen ging, hielt ihn davon ab. “Halt dich lieber ein bisschen zurück bis wir herausgefunden haben was er vorhat, Daichi.”, flüsterte der Braunhaarige, als er den anderen weiter festhielt. “Aber ich hasse es zu warten. Kann ich ihm nicht wenigstens in den Hintern treten oder so?”, keifte Daichi mit erhobener Faust und Akira zog ihn grinsend in eine halbe Umarmung, während sie weitergingen, um Kenny zu helfen ihn von Boris fern zu halten. Unterdessen kamen sie in einer riesigen Halle an und sie schauten sich erstaunt um. Überall waren Blader und Trainer, auch unzählige Arenen und Trainingsgeräte standen dort. “Seht euch diese Trainingshalle an. Hier kann man ja sogar mit einem Jet landen. Vielleicht auch mit zweien. Die haben Unmengen von Geräten, das modernste Zeug, und mit so vielen Trainern erhält jeder Beyblader einen absoluten Expertenrat.”, jauchzte Kenny und Akira musste widerwillig zustimmen. Auch sie war überwältigt von diesem Anblick. “Diese Halle ist der echte Wahnsinn!” Daichi blieb ebenfalls der Mund offen stehen. “Das Hauptquartier, in dem meine Mutter mit den PPB All Starz arbeitet, ist gegen diesen Schuppen hier ein echter Saftladen.” “Und das ist nur ein Teil davon. Das erzieherische Trainingsprogramm, das wir unseren Beybladern anbieten beinhaltet auch Mahlzeiten und sogar eine Schlaftherapie. Mein Ziel ist es ähnliche Einrichtungen in jeder Großstadt auf sämtlichen Kontinenten aufzubauen.”, erklärte Boris nun und lenkte die Blicke der Jugendlichen damit wieder auf sich. “Einrichtungen, was? Meinst du nicht eher Beyblade-Soldaten-Camps, Sergeant Boris?”, wetterte Tyson weiter, jedoch legte ihm Kenny eine Hand auf die Schulter, um ihn zu beruhigen. “Du solltest nicht so vorschnell urteilen, Tyson. Die Leute, die hier bei der BEGA sind, werden zu nichts gezwungen.” Und damit hatte der Kleinere tatsächlich Recht. Das, was die Gruppe damals vor zwei Jahren in Russland gesehen hatte, war um Welten anders gewesen. Aber das hatten sie auch erst sehr spät herausgefunden. Akira blieb ebenfalls misstrauisch. “Das sollst du glauben, Chef. Dieser Schleimbeutel versteht es einen um den Finger zu wickeln.” Ihr Cousin griff Kenny bei den Schultern, wandte sich dann wieder Boris zu. “Netter Versuch, man. Na los gib’s zu, du planst doch irgendein faules Ding, stimmt’s?” “Ja, ich hab’ in der Tat etwas vor, aber nicht, was du denkst, Tyson. Ich habe mich vollkommen geändert.” “Hä?” “Lass mich dir meine Motive erklären. Dann wirst du erkennen warum es das Beste für dich wäre der BEGA beizutreten.” Boris begann einen umfassenden Monolog über seine Zeit nach der Weltmeisterschaft, wo sie sein Team besiegt hatten, dem die Freunde mit gemischten Gefühlen folgten. Irgendwann kam er dann auf den Punkt, dass er seine Lektion verstanden hatte. “Endlich wurde mir klar, beim Beybladen geht es um den Willen des Bladers einen Kampf zu führen, sich zu verbessern und Erfolg zu haben. Man muss die Individualität eines Spielers respektieren. Nur dann kann sich ein überlegener Beyblader aus der Masse erheben und sich einen Namen machen. So wie ich früher gedacht habe, ist es kein Wunder, dass ich versagte. Um meine verrückten Ziele zu erreichen, habe ich die Beyblader in der Tat wie Soldaten behandelt. Wie hirnlose Schachfiguren ohne Seele. Wie dumm war es doch von mir so arrogant und gedankenlos zu handeln? Die sportliche Ehre, die Tugendhaftigkeit der spielenden Kinder, die Träume jedes Einzelnen. Auf all dem habe ich rumgetrampelt wie ein Idiot. Also beschimpft mich so viel ihr wollt. Keine falsche Zurückhaltung. Ich habe Schimpf und Schande verdient. Aber ich will den Schaden wieder gutmachen. Deshalb existiert diese neue Organisation. Aus diesem Grund habe ich die Beyblade Entertainment Global Association gegründet.” Akira war angewidert von so viel Blödsinn, den er versuchte ihnen zu verkaufen und verschränkte die Arme vor der Brust. Was sollte diese übertrieben demütige Selbstdarstellung? “Begreifst du es? Ich habe es für die Kinder getan. Deshalb ist es so wichtig, dass du dich dieser Liga anschließt, Tyson. Wenn du, der Weltmeister, dich an diesem Unternehmen beteiligst, wäre das ein Anreiz für sämtliche Kinder auf der Welt Profi zu werden.” Der Mann beendete endlich seinen Redeschwall und Tyson platzte wieder der Kragen. “Jetzt reicht es aber! Wenn du auf einmal so ein Engel bist, warum hast du dann Mr. Dickinson gefeuert? Huh? Erklär mir das doch bitte mal!” “Die Wahrheit ist, dass alle aufpolierten Firmen neu organisiert werden müssen. Darum bat ich ihn zu kündigen.” “Zu kündigen? Warum? Er hat seinen Job doch prima gemacht!” “In der Tat, sobald ich meine Mannschaft zusammen habe, werde ich ihn auch wieder einstellen. Und zwar als meinen ehrenamtlichen Berater.” //Ehrenamtlich…? Dass ich nicht lache...//, dachte das Mädchen und ihr Gesichtsausdruck verfinsterte sich weiter. “Wow, das ist wirklich großzügig von dir.” Tyson spielte den Beeindruckten. “Bist du nun davon überzeugt, dass die BEGA eine wertvolle Einrichtung ist?”, fragte der Mann ihn nun erneut und lächelte wieder. “Ganz und gar nicht, Boris! Du kannst den ganzen Tag lang quatschen, aber mich wirst du nicht für dumm verkaufen! Du hast dich auch nicht ein bisschen geändert. Im Gegenteil, du trägst so dicke auf, da stellen sich mir die Fußnägel hoch, du Ganove. Du musst echt Nerven haben, um dich so als Wohltäter der Menschheit darzustellen!”, keifte Tyson den Mann nun regelrecht an und hätte er mit seiner Aussage nicht so Recht, hätte Akira ihm schon längst dazwischen gequatscht. Ihr gefiel es eigentlich nicht, dass er hier so am Ausrasten war, aber es war Fakt, dass hier was faul war. Ein Blader, der zuvor am Trainieren war, tauchte hinter Tyson auf und schnappte den Japaner plötzlich am Kragen, forderte, dass sich Tyson bei dem BEGA-Vorsitzenden entschuldigte. Doch der dachte nicht im Geringsten daran und forderte einen Beyblade-Kampf. Der Blader stellte sich als Crusher vor und das Match startete. Crushers Blade machte zu anfangs einen schwachen Eindruck, aber schnell wurde klar, dass er zu massiven Drehkräften fähig war. Er erklärte, dass er wegen des Geldes bladet, um seiner Schwester im Krankenhaus zu helfen. Boris habe ihm geholfen und er lasse nicht zu, dass jemand schlecht über ihn redete. Tyson hörte ihm ruhig zu und schien in Gedanken, ehe er sich fing und den Kampf am Ende gewann. Sein Gegner war ein ehrenhafter Kämpfer, das musste er und auch die anderen zugeben. Nach dem Match legte Tyson Dragoon in Akiras Hände, die ihn irritiert entgegen nahm. Kritisch besah sie sich den Blade und erkannte erschrocken, dass Dragoons Powerring zertrümmert war. Das würde wieder einige Bastelstunden in Anspruch nehmen. “Seid mal bitte ehrlich, so wie Crusher sich im Kampf geschlagen hat, machte er den Eindruck als bloßer Soldat ohne Seele zu sein, der von mir kontrolliert wurde?”, unterbrach Boris das Geschehen und die Jugendlichen sahen ihn wieder an. “Ich möchte hiermit meine Einladung wiederholen dich der BEGA anzuschließen. Nicht meinetwegen oder der Organisation wegen. Sondern wegen der Kinder da draußen, deren Zukunft viel glänzender aussähe, wenn sie die Chance hätten zu bladen. Wirst du dich uns anschließen?” Wieder wandte sich der Mann direkt an Tyson. “Du hast eine direkte Antwort verdient. Ich hab’ dir nicht über den Weg getraut und ich bin mir nicht sicher, ob ich das jetzt tun sollte, Boris. Aber eins weiß ich genau, Crusher ist ein leidenschaftlicher Beyblader mit echtem Kampfgeist. Und er ist ein ehrenhafter Mann, weil er nicht versucht hat zu mogeln.”, gab der Japaner zu und nickte seinem Gegner anerkennend zu. “Ein guter Anfang. Zumindest hab ich einen positiven Eindruck gemacht. Ich gebe mich der nicht ganz unbegründeten Hoffnung hin, dass du dich eines Tages der BEGA anschließen wirst.”, lächelte Boris und hielt Tyson versöhnlich die Hand hin, die der Junge etwas widerwillig zum Handschlag nahm. Sie würden früher oder später bestimmt herausfinden, was genau los war. Und so lange könnten sie auch gut den Ball flach halten und sehen was passiert. *** Nachdem in sämtlichen Zeitungen veröffentlicht wurde, dass Tyson Profi werden wolle und sich der BEGA anschließt, ging alles drunter und drüber. Die Truppe war sich immer noch uneins, ob Boris ganz der Alte war, der Tyson über den Tisch gezogen, oder ob er sich wirklich geändert hatte. Fakt war, dass es durchaus positiv zu bewerten war, wenn der Bey-Sport als Profisport angesehen werden würde – aber musste gerade Boris den Vorsitz dabei übernehmen? Auch das plötzliche Auftauchen von Sponsoren bei den Grangers Zuhause klang äußerst verlockend für die Jungs. Glücklicherweise ging Tysons und Akiras Großvater dazwischen und erteilte den Jugendlichen eine ordentliche Standpauke. Hiro, der ja bereits als Coach für das Team tätig war, sollte die nächste Anlaufstelle werden, um das Team zu beraten. Sofern er zu finden war zumindest. Sie verteilten sich im Park, in dem Hiro des öfteren war. Tyson und Hilary suchten den einen Teil ab, während Max und Kenny ein anderes Ende und Akira und Daichi den Rest absuchten. Nach einiger Zeit trafen sie sich wieder, vergeblich Tysons großen Bruder zu finden. “Tyson!” Tala kam mit Bryan und Spencer auf die Truppe zu. Akira lächelten den Russen zu. Sie hatte fast schon damit gerechnet, dass sich die Jungs nach Boris’ Auftauchen bald blicken lassen würden. “Wenn ihr Flaschen scharf auf ein Rematch seid, könnt ihr haben! Wir haben euch einmal geschlagen, wir werden’s wieder tun!”, wetterte Daichi mit erhobener Faust und brachte Tala zum Lachen. “Ehrlich gesagt, wir wollten hier nur durchspazieren. Wir sehen uns.” Damit wollten die drei sich wieder abwenden und gehen, wurden jedoch von Tyson aufgehalten, der ihnen hinterher rief. “Tala, warte ‘ne Sekunde! Ihr wisst Bescheid?” Bryan und Spencer drehten sich wieder um, während Tala mit dem Rücken zu den anderen stehen blieb. Man konnte spüren, wie sich sein Körper vor Wut verkrampfte. “Über Boris meinst du?”, fragte er rhetorisch. Besorgt sah Akira zu den Jungs hinüber und verschränkte die Arme vor der Brust. “Ich weiß nicht genau was ich glauben soll. Ihr kennt ihn doch ganz gut, vielleicht könnt ihr mir aus der Klemme helfen. Spricht Boris die Wahrheit, wenn er sagt, er habe sich gebessert?” “Tyson-...”, setzte Tala an, wurde jedoch unterbrochen. Er hatte sich immer noch nicht wieder zu ihnen umgedreht. “Das ist mein voller Ernst, Tala. Ich fühle mich stark genug den nächsten Schritt zu machen und Profi zu werden. Aber andererseits will ich sicher gehen, dass Boris mich nicht über’s Ohr haut.”, erklärte Tyson sein Dilemma und mit einem Mal blickte Tala ihn mit brennenden Augen an. “Boris würde ich nie über den Weg trauen!”, zischte er. “Stimmt genau! Und deshalb haben wir beschlossen der Profi-Liga ein für alle Mal den Garaus zu machen.” Bryan meldete sich jetzt zu Wort und verriet das Vorhaben der Russen. “Problem gelöst! Zerbrich dir also nicht mehr den Kopf über Boris oder über’s Profi werden.” Spencer schien zusammen mit den anderen beiden positiv gestimmt, dass das Anliegen schnell beendet werden könne. “Falls du immer noch eine Antwort auf deine Frage erwartest: Sieh’ einfach in dein Herz, dort wirst du sie finden.” Tala hoffte, dass die anderen es wirklich verstehen würden. “Okay, Danke.” Die leichte Verwirrung in Tysons Stimme besorgte Akira noch mehr. Auch wenn die anderen haderten, sie war sich sicher, dass da definitiv was faul an der BEGA war. Talas, Spencers und Bryans Verhalten bestätigte das nur noch mehr. Diese Jungs wussten wozu der Mann wirklich fähig war, hatten es selbst erleben müssen. “Das musst du verstehen. Die Profi-Liga zu zerschlagen ist der einzige Weg, um Boris zu stoppen. Wir dürfen nicht riskieren, dass er die Hoffnungen und Träume von noch mehr Beybladern zerstört.”, führte der Rothaarige weiter aus. “Meint ihr das ernst?” Kenny sah ihn ungläubig an und Daichi antwortete nicht minder skeptisch. “Sieht ganz so aus...” “Leute, die drei haben Recht. Davon bin ich überzeugt. Diesem Kerl kann man einfach nicht trauen...” Die Schwarzhaarige brach endlich ihr Schweigen und sah in die Runde, die Arme immer noch verschränkt schnaubte sie. “Ich kann diesen Drecksack echt nicht ausstehen. Damals nicht und jetzt auch nicht.” Zur Bekräftigung schüttelte sie den Kopf und erntete ein leichtes, amüsiertes Lächeln von den Russen. “War schön euch zu sehen, aber wir haben noch was zu erledigen.” Sie drehten sich erneut um, um zu gehen. “Tala, vielleicht sollten wir euch begleiten.”, rief Tyson ihnen hinterher und erneut brannte Talas Blick, als er sich ihm wieder zuwandte. “Kommt nicht in die Tüte! Das Hühnchen, das wir mit Boris zu rupfen haben, geht euch nichts an! Wir werden ganz alleine das Boris-Problem aus der Welt schaffen! So oder so. Wir werden ihn erledigen. Und seine Profi-Liga werden wir mit ihm zerschlagen!” Die Jungs waren eindeutig. Sie wollten sich nicht dazwischenfunken lassen, während sie die alte Rechnung mit ihrem ehemaligen Trainer begleichen würden. Damit verließen sie die Truppe endgültig und Akira seufzte. “Ach du Schreck!” Tyson sah den dreien entgeistert hinterher. Er wusste scheinbar immer noch nicht so recht, was er von all dem halten sollte. “Hey Tyson, vielleicht sollten wir ja doch etwas unternehmen...”, versuchte es Hilary. “Die wollen wirklich versuchen die Liga zu zerschlagen?” Auch Max sah den Russen gedankenverloren hinterher, ehe Kenny ebenfalls versuchte Tyson zu erreichen. “Hey, Tyson-...” “Ja, ich weiß, ist ja gut!” Der Weltmeister schüttelte sich, als würde er seine wirren Gedanken loswerden wollen. “Man, ich brauche wirklich Hiros Rat und ausgerechnet jetzt ist er nirgendwo zu finden...”, jammerte er und kratzte sich verzweifelt am Kopf. Wenig später saßen sie immer noch unentschlossen am Fluss. “Ich weiß nicht, vielleicht hätten wir mit Tala mitgehen sollen.” Kenny sprach Akiras Gedanken laut aus. Vielleicht wäre Unterstützung für die Russen wirklich keine schlechte Idee gewesen. “Hör’ mal, Chef. Die haben uns doch gar keine Wahl gelassen. Tala hat klipp und klar gesagt, dass er niemanden in seine Privatfehde mit Boris und der BEGA-Liga mit reinziehen will.” Max hatte mit dieser Aussage allerdings auch Recht. So geladen wie Tala war, wäre er nur noch wütender gewesen, wenn sie alle mitgekommen wären. “Das stimmt...” “Also sollten wir uns da auch raushalten, okay?” Auch Tyson versuchte es mit Argumentation, die jedoch alles andere als überzeugt klang. “Ja, vielleicht.”, antwortete Hilary und sah die anderen an. Ein synchrones Seufzen entflieh jedem von ihnen. Es war wirklich ein Dilemma. Plötzlich tauchten die Sponsoren wieder auf, diesmal mit neuen Werbeverträgen, die die Jungs unterzeichneten sollten, doch Daichi ging in die Luft. “Schiebt euch den Vertrag sonst wo hin! Verschwindet, ihr Blödmänner! Letztes Mal mussten wir schon euretwegen eine öde zwei-Stunden-Tirade von Opa über uns ergehen lassen!”, schimpfte er wütend. “Reiß’ dich zusammen! Ist doch kein Grund so frech zu werden, Daichi!” Hilary versuchte den Kleinen wieder runter zu holen, während Akira ihm eine Hand auf die Schulter legte. “Aber andererseits kann ich ihrem leckeren Senf und den super Sportklamotten nicht widerstehen, auch wenn ich dadurch nicht zu einem besseren Beyblader werde...”, grummelte er weiter, mehr zu sich als zu den anderen, aber etwas an dem schien Tyson wachgerüttelt zu haben. “Du wirst dadurch auf keinen Fall besser...”, flüsterte er und sprang auf einmal auf. “Ja! Wir bleiben ganz die Alten! Du hast voll Recht, Daichi! Nur weil wir Profis werden, heißt das nicht, dass wir alle auf einmal unser Verhalten total ändern müssen!”, verkündete er stolz. Akira war zwar immer noch nicht dafür, dass sie einfach so bei Boris’ Spielchen mitmachen sollten, aber irgendwo hatte Tyson in seiner Aussage tatsächlich Recht. “Hey, ja!” Max stand ebenfalls auf. “Offiziell kriegen wir zwar einen neuen Titel, aber innerlich sind wir doch dieselben! Da fällt mir ein… Hey! Wir wär’s wenn wir Tala unterstützen!”, schlug Akiras Cousin jetzt vor und brachte den Rest zum Grinsen. “Wurde aber auch mal Zeit, Ty.” Die Schwarzhaarige schlug mit der Faust in die Hand. Sie hätten das direkt von Anfang an tun sollen. “Cool, hört sich wie ein super Plan an!” Der Amerikaner nickte ihm zu und gemeinsam konnten sie gar nicht schnell genug los zum BEGA-Center. Als sie eintrafen war in der Trainingshalle bereits ein Kampf zwischen Garland, einem BEGA-Top-Spieler, gegen Bryan und Spencer entfacht. Es dauerte nicht lange, ehe Garland die beiden Russen mit Leichtigkeit besiegen konnte. Bevor jedoch das Match zwischen ihm und Tala beginnen konnte, wurde das Ganze in die große Arena im Gebäude verlegt. Bryan und Spencer waren beide geschlagen und verschwunden und so hing es nun an Tala den Kampf gegen Boris’ Spieler zu gewinnen. Schnaubend hatte er die anderen auf dem Weg zur neuen Location bemerkt. “Ich hatte euch doch gesagt, dass ihr wegbleiben sollt!”, zischte er, als die Jugendlichen auf ihn zukamen. “Keine Chance! Du brauchst Unterstützung, keine Widerrede!”, grinste Tyson ihn an, stand mittlerweile direkt vor dem Russen. “Wir sind für dich da, Tala.” Akira lehnte sich mit einem Arm an der Schulter ihres Cousins ab und zwinkerte dem Rotschopf ebenfalls grinsend zu. Der Rest sammelte sich um die drei. Tala sah sie abwechselnd an und atmete resigniert aus, lächelte dann endlich. “Elende Sturköpfe...”, flüsterte er und drehte sich, um seinen Weg fortzusetzen, während die anderen ihm folgten. Es dauerte eine Weile bis das Match starten konnte und nach einiger Zeit wussten sie auch warum. Boris hatte insgeheim veranlasst, dass der spontane Kampf im Fernsehen beworben wurde und allmählich füllte sich die Halle mit Zuschauern. //Das darf doch echt nicht wahr sein... Der Scheißkerl macht da eine richtige Show draus...//, dachte die Schwarzhaarige wütend und versuchte das Publikum auszublenden. Sie hoffte, dass es Tala schaffte Garland zu besiegen. Sie hatten vorhin zwar nicht viel mitbekommen, aber dass er ein äußerst talentierter und starker Gegner war, war schnell klar gewesen. Als dann sogar DJ Jazzman eintraf, um das Match zu kommentieren, konnte es endlich losgehen. Der Russe ging von Anfang an in vollen Angriffsmodus, Wolborg attackierte Garlands Blade unentwegt, der davon nicht sehr beeindruckt schien. Selbst seine Spezial-Attacken sorgen lediglich dazu, dass der gegnerische Blade nur kurz strauchelte, sich aber wieder schnell fing. Tala wurde von Angriff zu Angriff schwächer, genau wie Wolborg und besorgt schaute die Gruppe hinter ihm zu, wie Wolborg sogar fast aus der Arena geflogen wäre, wenn sich nicht im letzten Moment ein Gitter am Rand des Stadiums hochgefahren hätte. Boris ließ über Mikrophon verlauten, dass der letzte Blade, der sich noch dreht, gewinnt. Ein Rausschmiss aus der Arena zähle nicht als Niederlage. Tala war rasend, aber auch am Ende seiner Kräfte und dass Garland nun den Spieß umdrehte und ordentlich austeilte, machte es nicht besser. “Garlands Beyblade hat bald keinen Schwung mehr!” Kenny analysierte das Match mal wieder auf Dizzy. “Ja, aber ich hab’ das Gefühl Talas Beyblade hat auch bald keine Power mehr. Er sollte besser schnell Schluss machen.” Akira nickte zustimmend auf Max’ Aussage. Tala war am Ende, er würde nicht mehr länger durchhalten und das würde gefährlich für ihn werden. “Genau und das sollten wir ihm besser sofort mitteilen… Mach’ ihn fertig, Tala!”, rief Tyson dem Russen zu, der zum wiederholten Mal aufstand, die anderen gar nicht registrierte. “Weiter Tala!”, schrie Daichi nun, aber Kenny schüttelte den Kopf. “Du siehst doch, ihm fehlt die Kraft um weiter zu machen...” “Der Kampf ist zu hart, Tala kann nicht mehr”, stellte Tyson entsetzt fest. “Jemand muss dafür sorgen, dass sie aufhören!”, rief Max und Tyson platzte der Kragen, lief zur Arena und adressierte den BEGA-Vorsitzenden, der auf der Empore bei den Tribünen stand und alles beobachtete. “Erklär’ den Kampf für beendet, Boris, bevor noch jemand verletzt wird! Du steigerst dich da in was rein, aber es ist ein Spiel! Es wird sofort abgebrochen, hast du verstanden?” “Hey Leute, der amtierende Weltmeister Tyson scheint eine formelle Beschwerde an den Vorsitzenden der BEGA zu richten.”, kommentierte DJ Jazzman das Geschehen. “Ja, dein Einwand ist registriert. Ich überwache die Situation.”, lächelte Boris und nickte anschließend Garland zu, der damit seine finale Attacke startete, die das gesamte Beystadium inklusive Gitter zerstörte. Als sich der Staub legte, lag Tala reglos am Boden und Garland verließ die Arena wortlos, gesellte sich zu seinen BEGA-Kameraden MingMing und Crusher, die ebenfalls im Stadion standen. Die Freunde rannten auf Tala zu und Tyson kniete sich neben ihn, hob den Russen im Arm an. “Hey Tala, alles in Ordnung?”, fragte er und sie waren froh, dass er sich regte. “Ja, ich glaube schon. Mir geht es prima”, witzelte der Rotschopf und Akira musste leise lachen. Dieser Kerl war echt unglaublich. Sie kniete sich zu Talas anderer Seite nieder und half ihrem Cousin den Verletzten besser aufzusetzen. Der Junge war wirklich am Ende. “Hör’ zu, Alter! Das wird schon wieder. Ich schwör’ dir, wir werden dieser Geschichte auf den Grund gehen.”, versprach der Japaner und Tala schloss die Augen erschöpft. “Der arme Kerl. Warum hat Boris den Kampf nicht gestoppt?”, fragte Hilary in die Runde und Tyson und Akira wurden gleichzeitig wütend. “Da hast du’s Tyson! Tala hatte es dir vorher schon gesagt. Brauchst du noch mehr Beweise??”, blaffte sie ihren Cousin an und schnaubte. “So’n Mist! Zum Teufel mit Profi werden! Zum Teufel mit BEGA! Diese dreckigen Schleimbeutel!”, schrie Tyson sauer. “Ich schätze jetzt haben wir wirklich den Beweis dafür, was für ein mieser Typ Boris eigentlich ist...” Auch Max war wütend und seufzte. “Da hast du Recht! Und früher oder später wird er dafür bezahlen was er Tala angetan hat.” Jetzt war es Tysons Blick, der förmlich brannte. Währenddessen versuchte Akira den Russen durchzuchecken und zu analysieren wie schlimm die Verletzungen waren. “Daran könnte ich mich glatt gewöhnen.”, grinste der ihr entgegen, spielte auf ihre Hände an, die an seinem Oberkörper entlang wanderten. Doch von dem verschmitzten Lächeln, das sie sonst von ihm kannte, war nicht viel übrig geblieben. Er sah einfach nur fertig aus und Akira knuffte ihm traurig lächelnd gegen die Schulter. “Tala!” Tyson ignorierte dessen Aussage, war erleichtert, dass der Russe in dem Zustand überhaupt noch wach war. Tala atmete tief durch, schien sich sammeln zu wollen, ehe er Tyson ansah. “Hör’ mir gut zu: Dieser Boris ist ein gefährlicher Mann. Erinnerst du dich an das Team namens Barthez Battalion?” “Klar erinnere ich mich! Miguel war in diesem Team.” “Das Barthez Battalion-Team wurde von der BEGA als Demonstrationsteam zusammengestellt. Und zwar für die Weltmeisterschaft. Deren Coach, Barthez, war Boris’ Agent.”, erklärte Tala und wurde von den anderen geschockt angestarrt. “Ist das ‘n Witz??”, fragten Daichi und Max gleichzeitig. Sie waren alle fassungslos, dass ihre ehemaligen Turniergegner da scheinbar mit drin gehangen hatten. “Ich erinnere mich. Das Team fiel durch sein protziges Outfit auf.” Kenny verwies auf die Technik, die Barthez Battalion damals genutzt hatte, besonders die Headsets, über die sie Befehle von ihrem Trainer annehmen konnten. “Genau. Boris meinte, wenn sein Team bei der Weltmeisterschaft großes Aufsehen erregt, würden seine Jungs zu den populärsten Beybladern werden. Und wenn er die besten Blader kontrolliert, könnte er als nächstes alle professionellen Turniere veranstalten. Zum Glück kam es anders, als er geplant hatte. Mitten in einem Kampf mit dir, Tyson, erkannte Miguel, dass man weder Boris, noch Barthez über den Weg trauen konnte. Und so fiel das Team auseinander. Hinter all dem steckte Boris.” Tala bemühte sich, damit die anderen alle nötigen Informationen bekommen konnten, aber das Sprechen fiel ihm wirklich schwer. “Das ist ja total verrückt! Jetzt ist klar warum dieser aufgeplusterte Gauner alles kontrollieren will, was mit beybladen zu tun hat.” Und nicht nur Tyson verstand, auch der Rest musste diese Neuigkeit erstmal verdauen. “Hey Kids, war das nicht der coolste Beybladekampf, den ihr je gesehen habt? Und er wurde präsentiert von BEGA – der Nummer eins im Profi-Beybladen.” DJ Jazzman heizte die Menge an und dem Weltmeister reichte es endgültig. Er drückte Tala wütend, aber vorsichtig in die Arme seiner Cousine, die ihm kurz verdattert hinterher sah. Sie ahnte was nun folgte und konnte es kaum erwarten, dass er Boris ordentlich die Meinung geigte. Während sie den Kopf des mittlerweile wieder Bewusstlosen sorgsam auf ihrem Schoß ablegte, sah sie hinüber zum Geschehen in der Mitte. “Du hast genug Schmalz gequatscht! Diese BEGA ist ein einziger Betrug! Und er da oben, er zockt euch nach allen Regeln der Kunst ab! Und das kann ich euch beweisen!”, brüllte Tyson den DJ wütend an, der sich zu ihm umdrehte. “Wow, sieht aus als hätte unser Weltmeister etwas zu sagen.” “All diese Leute sind meine Zeugen, Boris. Und ich schwöre dir, ich kriege dich dran!” Der Japaner hatte sich wieder Boris zugewandt und blickte ihn erbost an. “Ja, Tyson hat den Federhandschuh geworfen! Und ich hab’ das komische Gefühl, dass er nicht mehr Profi werden will. Okay, nun hat der Vorsitzende Boris das Wort. Wie läuft denn nun der Hase, Boss? Akzeptieren Sie die Herausforderung?” DJ Jazzman kommentierte unbehelligt weiter und Boris begann nun zu lächeln. “Ich bin überrascht über deine Vorwürfe, Tyson. Ich dachte immer es wäre der Traum eines jeden jungen Beybladers eines Tages Profi zu werden. Ich akzeptiere auch deine mutige Herausforderung, aber mir ist noch nicht ganz klar, wie das ablaufen soll. Hast du einen Vorschlag wie wir unsere unbedeutenden Differenzen klären können, junger Mann? Wie wäre es mit einem BEGA-Wettkampf? Zum Beispiel mit einem Match mit einem BEGA-Beyblader? Da stellt sich mir die Frage was du als Wetteinsatz bieten kannst. Wenn ich gewinne, werde ich das Beybladen zu einem Profisport machen, wenn du gewinnst, verschwinde ich und dein Mr. Dickinson kann zurückkehren.” Von dem Geschwafel des Mannes wurde Akira übel. “Leute, das sieht nach einem Riesen-Match aus. Jetzt können wir nur noch abwarten, ob Tyson dem Deal zustimmt. Das wird die Show des Jahres! Wie wird sich Tyson entscheiden?” Und von dem Gelaber von dem DJ mal ganz zu Schweigen. “Ich nehme deine dämliche Wette an!” Tyson presste die Worte nur so zwischen den Zähnen heraus und begab sich wieder zu seinen Freunden, als Max auf ihn zulief. “Hey, sieh’ mal! Da kommt Ray!”, rief er freudig. “Oh ja, ich bin echt happy, man!” Der Chinese kam bei der Gruppe an und wurde von Tyson per Handschlag begrüßt. //Perfektes Timing!//, dachte Akira erleichtert und auch Hilary freute sich. “Hey Tyson, sieh’ doch mal da!”, lächelte die Brünette und deutete auf das letzte ehemalige Mitglied der Bladebreakers, das ebenfalls gerade die Ränge hinab stieg. “Das ist Kai!”, grinste Max und die Schwarzhaarige sah von ihm zum Jungen auf ihrem Schoß, der abgehackt atmete. Er musste dringend ins Krankenhaus. So bekam sie auch nur aus dem Augenwinkel mit, dass Kai Tysons ausgestreckte Hand ignorierte und zu den BEGA-Bladern ging. “Was soll denn das??” Max und Ray blickten ihrem alten Freund nicht weniger entgeistert wie Tyson hinterher. Akiras Augen weiteten sich, während ihr der Mund offen stand. //Dieselbe Leier schon wieder…? Das kann doch nicht sein Ernst sein...// Kapitel 18: Comradeship (G-Revolution) -------------------------------------- Boris hatte der Presse einige Tage nach dem Vorfall mitgeteilt, dass das Match in einem Monat und im Format fünf gegen fünf stattfinden soll, damit der Ausgang spannend bleibt. Da Ray wieder zurück war, hatten sie mit ihm, Max, Daichi und Tyson vier der fünf Kämpfer, die antreten konnten. Aber wer sollte der fünfte werden? Tala schien auszufallen, da der sich erstmal im Krankenhaus erholen musste. Ein weiteres Problem, das auftauchte, war das neue Registrierungssystem der BEGA, das jeden zwingen sollte Mitglied zu werden, damit man Beybladeteile erwerben konnte. Hilary und Akira waren unmittelbar nach Bekanntgabe durch die ganze Stadt gezogen und haben in jedem Beyblade-Shop nach Teilen gefragt, in der Hoffnung, dass sie so noch einen Vorrat aufstocken konnten, ehe die neue Organisation komplette Kontrolle hatte. Ein weiterer Schock war, dass Hiro offensichtlich auch die Seiten gewechselt hatte, da der nun als neuer Coach für das BEGA-Team vorgestellt wurde. “Hey Leute, wir sind wieder da!”, rief Hilary, als die beiden Mädchen abends am Fluss zu den Jungs stießen. “Es war völlig sinnlos… In jedem Laden wollten sie einen BEGA-Ausweis sehen. Was für eine Abzocke.”, schnaufte die Brünette und ließ sich auf einer der Parkbänke nieder. “Wir haben echt alles versucht, Jungs.”, seufzte Akira und stellte sich mit verschränkten Armen neben Hilary, während die anderen der Gruppe auf sie zukamen. “Das Glück hat uns verlassen” Die Schwarzhaarige sah Ray an und zog die Brauen zusammen. //Hat er etwa...// “Aahhh, und gerade hatten wir uns wieder schön aufgerappelt!” Ihr Blick glitt zu Tyson, der ähnlich lädiert aussah wie der Chinese und dem Mädchen dämmerte es. “Ohne Beyblades sind wir angeschmiert. Da läuft gar nichts. Und ich bin mir sicher, dass die BEGA uns keine neue Ausrüstung ausleihen wird”, jammerte Kenny und Akira bemerkte, dass sie richtig verstanden hatte. “Keine Blades?? Ray, Ty, habt ihr vorhin etwa gekämpft und Dragoon und Driger geschrottet???” Sie sah die Jungs entsetzt an und die beiden lächelten verlegen. Jetzt fiel ihr auch auf, dass sogar Rays lange Mähne offen war. Es war also ein heftiger Kampf gewesen. “Erstens: Habt ihr sie noch alle??? Zweitens: Jetzt hab ich das verpasst, verdammt nochmal!!!” Frustriert fuhr sie sich durch die Haare und schaute die Jungs schmollend an. Jetzt hatten die beiden endlich ihren großen Kampf gehabt, der ihnen bei der Weltmeisterschaft wegen Tysons anfänglicher Zerstreutheit verwehrt gewesen war, und sie hatte das nicht miterleben dürfen. Und das auch noch zum Preis ihrer beiden Blades, die jetzt unmöglich zu ersetzen waren. “Es war ein Unentschieden, falls das hilft.”, grinste ihr Cousin und erntete eine Kopfnuss von dieser. “Tut es nicht, du Idiot!”, schimpfte sie und die anderen lachten, während sich Tyson jammernd den Kopf rieb. “Warum bauen wir uns eigentlich nicht unsere eigenen Beyblades?” Daichis Vorschlag kam unerwartet und die Älteren sahen ihn fragend an. “Hä?” “Na los! Gehen wir’s an! Ich bin sicher das haben wir auf dem Kasten!”, grinste der Kleine euphorisch. “Sie selber bauen?” Kenny überlegte und auch Akira dachte nach. “Naja, einen Teil haben wir dieses Jahr ja tatsächlich schon selbst entwickelt. Zwar im BBA Center mit deren Technik vor Ort, aber das sollte doch bestimmt irgendwie klappen, oder, Chef?”, fragte sie den Braunhaarigen und Tyson grinste ebenfalls begeistert von der Idee. “Warum nicht? Na klar! ‘Ne tolle Idee. Wir bauen unsere eigenen Beyblades!” “Ja, und wir sind auch nicht Mitglied bei BEGA oder so. Und das bedeutet wir müssen nicht dieselben Blades wie sie benutzen, oder?”, merkte Max an und Akira konnte nun auch nicht mehr anders als zu lächeln. Das würde ganz neue Möglichkeiten für sie eröffnen. “Ja, das stimmt. Jeder von uns hat seinen eigenen Kampfstil, nicht wahr? Also können wir auch eigene Beyblades haben.” Auch Ray hatte Recht und die Idee klang von Sekunde zu Sekunde besser. “Jeder hat seinen eigenen Beyblade… Warum denn nicht?” Kenny schien immer noch in Gedanken, jauchzte dann plötzlich enthusiastisch. “Ja, das ist unsere Chance! Überlasst das nur uns, Wir kümmern uns um alles, richtig Aki?” Der Kleine sah das Mädchen mit loderndem Blick an und sie nickte bekräftigend. “Okay, geht klar.”, lachte Ray. “Wir verlassen uns auf euch.” Tyson klopfte den beiden grinsend auf den Rücken. “Sobald wir unsre eigenen Beyblades haben, müssen wir uns um einen fünften Mann umsehen, der uns hilft die BEGA-Beyblader zu besiegen.”, sagte er dann und die anderen stimmten zu. Das würde auf jeden Fall noch spannend werden. *** Einen Tag nach dem Gespräch kam Akira nach Hause und fand eine Notiz von Hiro in ihrem Zimmer. Nach dem ganzen Debakel hatte er sich also wirklich getraut nochmal hier aufzutauchen? Nicht nur Tyson war schwer enttäuscht von seinem Bruder, auch das Mädchen war wütend auf den Älteren und wollte die Notiz am liebsten einfach ungesehen wegwerfen, entschied sich jedoch dagegen und atmete tief durch. Sie haderte mit sich, ob sie Tyson davon erzählen sollte, aber das würde auch nicht helfen. Hiro hatte darum gebeten ihn alleine im BEGA-Center zu treffen, wo sie sich gerade hin aufmachte. Wenn er reden wollte, gerne. Im Gebäude angekommen, ging sie direkt in die Trainingshalle, die aufgrund der späten Abendstunde bereits wie leergefegt war. Ihr Cousin befand sich alleine in der Mitte und schien in Unterlagen vertieft zu sein. Akira versuchte ihre Nerven zu beruhigen. Wenn sie sich wieder von ihrem Zorn einnehmen ließ, wäre ihr Kommen völlig sinnlos und sie hätte auch Daheim bleiben können. Sie stoppte vor dem Größeren und verschränkte die Arme. Hiro sah auf und legte die Unterlagen beiseite “Akira, schön, dass du gekommen bist.” “Tsk, lass den scheiß Smalltalk, Hiro. Was willst du?”, zischte sie wütend. Sie hatte keine Lust auf Gelaber. Wenn er sie unbedingt sprechen wollte, dann sollte er direkt auf den Punkt kommen. Ihr Cousin sah sie zuerst irritiert an, lächelte dann aber. “Na gut. Ich will dir ein Angebot machen, Cousinchen.”, begann der Ältere, die Hände beschwichtigend erhoben. Akira antwortete nicht und wartete, dass er seine Aussage weiter ausführte. “Ich weiß, dass du später mal in Richtung Bey-Technik gehen möchtest. Die BEGA wäre der perfekte Start für dich. Die Forschungsabteilung ist die beste weltweit-...” Akira platzte der Kragen und sie fiel ihm ins Wort “Ja, aber nur weil diese Säcke einfach die BBA aufgekauft haben, die davor an der Spitze standen.” Hiro wollte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter legen, aber sie schlug sie zornig weg. “Tyson und die anderen haben sich gegen die BEGA ausgesprochen, die kommen nicht an neue Teile ran. Das sollte dich aber nicht aufhalten, deinen eigenen Weg zu gehen, Akira. Du musst weiter denken als nur bis zu dem Fünfer-Kampf in ein paar Wochen. Du und Kenny, ihr seid wirklich gut in dem, was ihr tut. Auch wenn ich es schade finde, dass du nicht bladen willst, wie Tyson. Aber deine Fähigkeiten könnten hier so viel besser gefördert werden.”, versuchte er nun und das Mädchen atmete zitternd ein und aus, damit sie nicht noch lauter wurde, als eh schon. “Weißt du, Hiro...” Ihre Stimme war fast nur ein Flüstern, ehe sie wieder lauter wurde. “Manchmal gibt es wichtigere Dinge, wie Freundschaft und Familie. Ich werd’ ‘nen Teufel tun und Tyson ebenfalls den Rücken kehren, so wie du, sein eigener Bruder, und auch Kai es getan habt. Und nur über meine Leiche trete ich einem Drecksladen bei, der von so einem Widerling wie Boris geführt wird. Ich weiß was Tala und die anderen Jungs damals wegen ihm durchmachen mussten und dieses Arschloch hat sich kein Stück geändert.” Nach ihrem Redeschwall schwiegen sich die beiden an. Akira atmete schwer, sie hatte Probleme sich unter Kontrolle zu halten, wollte jedoch alles daran setzen, dass sie jetzt keinen Anfall bekommen würde. Sie verstand ihr Gegenüber einfach nicht und konnte nicht nachvollziehen, warum er so handelte. Dass er sie jetzt auch noch überreden wollte die Seiten zu wechseln, war nicht nur dreist, sondern schlichtweg anmaßend. “Falls das alles ist, sind wir hier fertig.”, schnaubte sie und drehte sich wieder um. Sie musste raus hier. Erst jetzt sah sie, dass sie nicht mehr alleine waren. Unter anderem war das Popsternchen MingMing aufgetaucht und stand nur wenige Meter entfernt. Sie schien etwas sagen zu wollen, aber Akira ignorierte die Blauhaarige, wollte an ihr vorbei zum Ausgang gehen, als das Mädchen sie plötzlich am Handgelenk packte und aufhalten wollte. “Was wagst du es so über die BEGA zu-...”, setzte die Sängerin an, aber die Schwarzhaarige hatte die Schnauze gestrichen voll und riss ihren Arm mit einem Ruck wieder los. Mit blanker Wut in den Augen fixierte sie das andere Mädchen mit ihrem Blick, die plötzlich verstummte und sie erschrocken ansah. “Fass’... mich... nie... wieder an...” Immer noch schwer atmend, konnte sie nur ein Flüstern zustande bringen, damit sie nicht brüllte, aber zusammen mit ihrer konfrontationsgeladenen Aura schrie alles an ihr nach Gefahr. MingMing blieb stumm und blinzelte nur verdattert. Erst als sich Akira wieder umdrehte, um ihren Weg aus der Halle fortzusetzen, sah sie auch Kai, der im Eingang stand. Das Mädchen versuchte erneut tief durchzuatmen. Sie wusste, wenn sie ihm jetzt auch noch ihre Meinung geigen würde, wäre es um sie geschehen und sie würde nicht ohne Blessuren da raus kommen. Sie starrte stur geradeaus, ließ den Jungen links liegen und trat in den Flur. “Akira...” Er schien ihren Zustand mal wieder bemerkt zu haben und das Mädchen hatte ein Déjà-vu zum Turnier in Rom, ging jedoch weiter ohne zu reagieren. “Aki-...” Tränen schossen dem Mädchen in die Augen, ohne dass sie es wollte und sie wirbelte schlagartig herum. Er stand immer noch an gleicher Stelle, sah sie an. “N-Nicht, Kai...” Die Verbitterung übermannte sie so plötzlich und ohne es auszusprechen, signalisierte sie dem Jungen mit ihrem Blick wie enttäuscht und verletzt sie war. Er hatte nicht nur Tyson vor den Kopf gestoßen, als er sich der BEGA angeschlossen hatte, auch sie und die anderen hatte das getroffen. Doch wie immer ließ sich Kai nichts anmerken, blickte nur neutral zurück. Wieder atmete das Mädchen zitternd durch und verschwand nun vollends aus dem Gebäude. Tags darauf stürzten sich Kenny und Akira mit loderndem Eifer in ihre Analysen und den Bau der neuen Blades. Das Mädchen war froh, dass sie sich am Vortag wieder hatte fangen können. Langsam hatte sie das Gefühl, dass sie sich wirklich allmählich kontrollieren konnte, was ihr ein kleines Lächeln auf die Lippen zauberte. Wenigstens in dem Bereich machte sie Fortschritte. Gerade waren der Chef und sie vergeblich dabei im Lager von Max’ Vater Mr. Tate nach weiteren Einzelteilen zu suchen, als sie Gesellschaft bekamen und plötzlich Emily und Michael in der Tür standen. “Hallo alle zusammen!”, begrüßte Kenny die beiden und auch Akira freute sich die bekannten Gesichter nochmal zu sehen. “Leute, das ist aber eine Überraschung!”, lachte sie und stand vom Boden auf, auf dem sie saß um in einer der Kisten zu wühlen. “Hi!”, grinste die Amerikanerin. “Ein Freundschaftsbesuch?” Auch Kenny stand auf und sah verwirrt auf die Kiste, die Michael hielt. “Wir haben gehört ihr braucht Nachschub.”, erklärte der grinsend und die beiden Japaner sahen sich freudig an. “Was neue Teile angeht meint er. Also haben wir euch ein paar Schneidetriebwerke für neue Beyblades mitgebracht.”, erklärte Emily wurde von dem anderen Mädchen in eine überschwängliche Umarmung gezogen, die sie zum Lachen brachte. “Ich seid Lebensretter!!” Akira konnte es nicht fassen. “Kostet euch nichts.”, lachte auch Michael und setzte die Kiste auf dem Tisch im Lagerraum ab. “Wow, das hätte ich nie von euch erwartet. Vielen Dank.” Kenny öffnete den Karton eilig und er und Akira besahen sich die Teile darin. Das war wirklich genau das, was sie gerade gebraucht hatten. “Nicht nur wir beide sind unterwegs, Leute, auch Tyson und die anderen müssten gerade Besuch bekommen.”, säuselte Emily und die beiden Japaner sahen wieder auf. Das war mehr als nur ein Lichtblick. Abends befanden sich alle im Dojo der Grangers. Nicht nur Rick als weiteres Mitglied der PPB All Starz war mit nach Japan gekommen, auch das gesamte Team der White Tiger X, F-Dynasty und Miguel und Mathilda der Barthez Battalion waren erschienen, um zu helfen. Kenny wollte noch ein paar Feinheiten bei dem entwickelten Konzept von ihm und Akira anpassen und hatte sich in ihrem Zimmer verbarrikadiert. Die Schwarzhaarige hatte ihn dabei alleine lassen wollen. Sie kannte es nur zu gut wie wichtig Ruhe war, wenn man so konzentriert arbeiten musste. Ihr Kopf hatte zudem vorhin förmlich zu Rauchen begonnen und das war der Moment, wo sie sich eine Zwangspause auferlegen musste. Zum Glück war das Projekt bereits so gut wie fertig gewesen. Gerade war die Runde dabei sich zu überlegen wie es weitergehen sollte, als Kenny endlich herein stürmte und grinsend die Blaupause hochhielt, an der er und Akira den ganzen Tag gearbeitet hatten. “Gute Nachrichten, Leute!” “Was ist das, Chef? Was hast du da?” Tyson musterte den Kleinen kritisch. “Nichts Besonderes, nur den Entwurf für einen neuen Schneidebeyblade mitsamt der Baubeschreibung für Powerspin und Balance.”, kicherte der Brünette stolz und die Schwarzhaarige stand auf, um sich die letzten Änderungen anzusehen. Ihr Grinsen wurde immer breiter. Kenny hatte zwar nicht mehr viel daran überarbeitet, aber der Effekt würde enorm sein. “Ihr könnt also einen absolut neuen Beyblade bauen?”, fragte ihr Cousin neugierig und stand ebenfalls auf. “Das ist ja der Hammer! Warum hast du nicht gesagt, dass ihr fast fertig seid, Aki!??” Daichi wandte sich aufgeregt an das Mädchen, das lachte. “Ich wollte die Überraschung nicht versauen.”, kicherte sie und sah wieder auf die Zeichnung. “Ich bin guter Dinge, dass er funktioniert. Aber ohne Emilys und Michaels Hilfe wär’ uns das nicht gelungen.”, erklärte Kenny weiter und Akira nickte gedankenverloren. “Ja, ihr habt uns echt den Hintern gerettet, Leute.” Sie lächelte den beiden dankbar zu. “Ich schätze unsere Problem sind gelöst, Daichi!” Tyson wandte sich euphorisch seinem Partner zu. “Gut, für ‘ne Sekunde hab’ ich mir nämlich schon Sorgen gemacht.”, antwortete dieser, wurde jedoch von Kenny unterbrochen. “Ich muss eure Freudenausbrüche dämpfen. Da ist noch was… Ein großes Problem das noch gelöst werden muss.”, seufzte er und Akira wusste worauf er hinaus wollte. “Was für eins?”, fragte der kleine Rotschopf verwirrt. “Euch ist klar, dass das ein Prototyp ist? Völlig neu und noch nicht getestet. Wir haben den stärksten Beyblade aller Zeiten entworfen, um die BEGA schlagen zu können.” Der Chef übertrieb nicht. Akira hatte bei ihren Berechnungen diese unglaubliche Power herauskitzeln können, die riskant, aber auch nötig war. Gerade, weil der Blade auch aus Metall bestand, würde die Zerstörungskraft überwältigend sein. “Der Stärkste ist gerade stark genug. Genau so etwas brauchen wir!”, nickte Daichi den beiden Technikern zu und Michael schloss sich dem an. “Hundertpro! Enorme Power, enorme Rotation, enorme Geschwindigkeit. Klingt perfekt!” “Ganz Recht. Aber dieser Beyblade ist so stark und hochentwickelt, dass man ihn nur mit totaler Kontrolle beherrschen kann.” “Emily hat völlig Recht. Wir haben hier ein neues Material und eine deutlich veränderte Balance. Das wird ein hartes Stück Arbeit den zu kontrollieren. Unterschätzt das nicht, Leute.”, sprach Akira und sah Tyson direkt an. Sie wusste wie fähig er war, er war nicht umsonst dreifacher Weltmeister, aber das hier war ein ganz anderes Level. “Das schaffen wir! Jeder gute Beyblader braucht ein paar Spins um sich an seinen Beyblade zu gewöhnen. Das wird mit diesem nicht anders sein.”, grinste sie ihr Cousin an. “Ich widerspreche dir nur ungern, Tyson, aber die Power dieses Blades wird riesig sein, erderschütternd, jenseits deiner wildesten Träume. Glaubt mir das, Jungs.” Auch Kenny versuchte den Ernst der Lage zu verdeutlichen und wurde mit überraschten Blicken betrachtet. “Ist ja Wahnsinn...”, flüsterte Max ehrfürchtig, aber Tyson ließ sich nicht beirren. “Haha, für mich klingt das echt cool! Weltmeister? Ein Beyblade mit Power? Dieses Baby werd’ ich in Nullkommanichts beherrschen!” “Nicht, wenn ich es zuerst beherrsche, du Angeber!”, blaffte ihn Daichi an und die beiden begannen sich mal wieder zu kabbeln. “Ich würd’ mir den gerne mal angesehen.”, lächelte Ray und stand nun neben Akira, besah sich die Blaupause selbst einmal. “Das gilt wohl für uns alle.” Max stand zu ihrer anderen Seite und die Jungs klopften dem Mädchen und Kenny anerkennend auf die Schultern. “Chef, Aki, konzentriert eure ganze Energie auf den Bau dieses Prototypen! Und was uns Übrige angeht – bevor wir auch nur dran denken diesen Blade zu benutzen, müssen wir uns vorbereiten.” Tyson hatte sich vom kleinen Disput mit Daichi gelöst und hob siegessicher die Faust hoch. “Das bedeutet trainieren!”, schrie der Rotschopf freudig und hüpfte in die Luft, ehe sich er und Tyson wissend anschauten. “Und wir haben den idealen Ort!!” Am folgenden Wochenende hatte Mr. Tate einen Bus organisiert, mit dem die große Truppe ins Trainingslager startete. Tyson und Daichi hatten sich um die Location vom letzten Mal gekümmert, als sie noch die BBA Revolution waren und mit Hiro hergekommen waren. Aber nicht nur die achtzehn Jugendlichen waren dabei, auch Tysons und Akiras Großvater, sowie Mr. Dickinson, der in letzter Zeit viel bei ihnen Zuhause war, waren mit von der Partie. Bei so viel geballter Energie und Ego auf einem Haufen, war es wirklich keine schlechte Idee mehrere Erwachsene dabei zu haben. Im Camp angekommen, kümmerten sich Hilary und die drei Männer um alles Organisatorische sowie die Verpflegung, Kenny, Akira, Miguel und Emily verschwanden in einem der Räume des Trainingsgebäudes, um sich auf den Zusammenbau des ersten Prototypens zu konzentrieren und der Rest trainierte unter freiem Himmel. Akira besah sich lächelnd die Menge an Bladern, als sie abends nach einem langen Tag zusammen in der großen Küche saßen und gemeinsam aßen. Während der Weltmeisterschaft hatten sie ja leider nur selten die Gelegenheit gehabt mehr Worte zu wechseln. Sie waren auf dem besten Wege von Rivalen zu Freunden zu werden. Sie alle hatten das gleiche Ziel und das schweißte sie offensichtlich zusammen. Aber sie wurde auch das blöde Gefühl nicht los, dass sie einfach nicht vollständig waren. Spencer und Bryan waren seit ihrem Match gegen Garland verschwunden, Tala immer noch bewusstlos im Krankenhaus und Kai... Der Blick der Japanerin verfinsterte sich etwas, als sie an das Zusammentreffen im BEGA-Center dachte. Erst Hiro mit seinem frechen Angebot, das sie wieder fast zum Ausrasten gebracht hatte, und dann hatte der andere nur wortlos da gestanden. Hatte er wirklich wieder helfen wollen, so wie in Rom, oder hatte auch Kai ein höheres Ziel gehabt, als er sie zurückrufen wollte? Akiras Gedanken kreisten wild umher, weil sie einfach nicht schlau daraus wurde und es machte sie verrückt. Nachdem Kai damals den Russen beigetreten war, war er zwar immer noch distanziert gewesen, aber durch so kleine Momente, wie als sie da zu dritt auf dem Flur gesessen haben, hatte Akira spüren können, dass seine Freunde ihm trotzdem nicht egal waren. Er kümmerte sich auch dann noch um sie, obwohl sie nicht mehr im selben Team waren. Es war ihm die ganze Zeit einfach nur darum gegangen seinen offiziellen Kampf gegen Tyson zu bekommen. Nicht mehr und nicht weniger. Das Mädchen konnte sich denken, dass die Beweggründe in dieser Situation ähnlich waren. Immerhin hatte Kai im Finale gegen Tyson verloren und wollte mit Sicherheit eine Revanche. Aber dass er sich dabei auf Boris einlassen würde, damit hatte sie niemals gerechnet. Waren Tala und er denn nicht auch Freunde und hatte der Mann ihm nicht auch die eigene Kindheit schwer gemacht? Frustriert fuhr sie sich durch die Haare und regte sich über sich selbst auf. Kai war weg, das war Fakt. Was nützte es also sich darüber so sehr den Kopf zu zerbrechen, wenn sie es eh nicht ändern konnte. //Soll mir der Idiot doch gestohlen bleiben...//, dachte sie und schnaubte zerknirscht. Am Folgetag hatten es die vier Jugendlichen endlich geschafft den ersten komplett selbstgebauten Blade fertig zu stellen. Freudig liefen sie auf die anderen zu, die beim Waldrand ihr Training fortsetzten. ”Tyson! Der neue Beyblade! Wir haben ihn fertig! Alle Systeme gecheckt, einsatzbereit!”, keuchte Kenny, hielt den neuen Dragoon hoch. “Wow, ehrlich gesagt haben wir nicht erwartet, dass ihr das so schnell hinkriegt.” Max staunte nicht schlecht. “Haben wir auch nicht, aber hier ist er. Unser Meisterstück! Der einzigartige Dragoon Metal Storm.” Angekommen legte Kenny den Blade in Tysons Hände, der ihn prüfend ansah. Rick schaute dem Japaner über die Schulter und zog die Brauen kritisch zusammen. “Dieses winzige Ding? Der ist viel kleiner als ein durchschnittlicher Beyblade.” “Weiterentwickelte Technologie. Mehr Power im kleineren Raum gepackt.” “Richtig, Ray. Vor allem, weil er aus Metall ist, muss er kleiner sein, da er sonst viel zu viel Gewicht hätte und noch schwerer zu kontrollieren wäre.”, erklärte Akira. “Top Arbeit, Leute! Kompliment.”, grinste Max und nickte den Vieren anerkennend zu. “Ich platze gleich vor Spannung! Probier ihn aus!” Kenny tippelte ungeduldig auf den Zehenspitzen, aber auch der Rest war gespannt, zu was das kleine Wunder fähig war. “Seid vorsichtig! Er hat unglaubliche Power.”, warnte Miguel und übergab Tyson einen Starter. “Alles klar. Jetzt werden wir mal sehen was dieser Beyblade kann.” Tyson nahm ihn entgegen und stellte sich in Position. In dem Moment, wo er Dragoon startete, wurde er von einer überwältigenden Druckwelle nach hinten geschleudert und der Blade sauste unkontrolliert gegen Felsen und Bäume, ehe er am Boden aufschlug und eine Senke hinein fräste, bevor er aufhörte sich zu drehen. Die Jugendlichen starrten ungläubig auf Dragoon. “Seht euch diesen Krater an.”, raunte Raul beeindruckt und auch Michael war fassungslos. “Dieses Ding ist ein Monster!” “Ich glaub’ das noch gar nicht.” Max half Ray dabei Tyson wieder auf die Beine zu ziehen. “Jenseits eurer wildesten Träume, hat Kenny gesagt, und das war kein Scherz.” “Ja, unser Traum ist gerade zu Boris’ schlimmsten Albtraum geworden”, antwortete Tyson dem Chinesen und konnte den Blick ebenfalls nicht von seinem neuen Blade abwenden, als er aufstand. Kenny nahm Dragoon aus der Vertiefung und setzte sich mit Dizzy auf den Boden. Der Rest verteilte sich darum, als er die Diagramme und Messungen auf dem Bildschirm erklärte. “Wir können diese neuen Beyblades wegen dem radikalen Poweranstiegs nicht einfach so kontrollieren. Das gilt auch für den wichtigsten Teil der neuen Beyblades, dem Powerring. Wir haben den normalen Powerring verstärkt und die Angriffs- und Verteidigungsgeschwindigkeit erhöht. Das schlechte dabei ist aber, dass die schweren Powerringe unstabil und schwer zu kontrollieren sind.” “Das heißt es liegt nur an uns.” Ray nickte nachdenklich. “Und die Beyblades suchen sich ihren Beyblader aus.”, fuhr Max fort und Kenny nickte ebenfalls bestätigend. “Ja. Man muss nur geschickt genug sein, um sie in Schwung zu bringen.” “Du verwandelst dich in einen Angsthasen, Chef. Wenn wir diese Dinger beherrschen, kann uns die BEGA nicht schlagen, stimmt’s?” Tyson nahm Dragoon wieder in die Hand und sah dann zu dem Kleinen. “Anzunehmen. Sie wurden konstruiert, um alles, was uns die BEGA entgegenwirft, abzuwehren.” “Vor allem gehen die jetzt hoffentlich nicht mehr so schnell kaputt, wie die alten Blades.” Und darüber freute sich Akira mindestens genauso sehr. “Ganz recht. Es sind die besten Geräte, die es jemals gab. Die kriegen wir schon in den Griff!” Ihr Cousin krempelte die Ärmel hoch und grinste. “Oh ja! Gibt mir eins von diesen Hard Metal Beyblades und ich bring’ es zum Drehen!” Auch Daichi war euphorisch das System endlich selbst auszuprobieren. “Komm’ schon, Chef! Sieh’ dir das Team an, das wir zusammengestellt haben. Wir alle haben das gleiche Ziel.”, sagte Tyson und deutete auf die Schar von Freunden, die hier versammelt war. “Wir sind alle bereit diese neuen Kreisel zum Strahlen zu bringen.”, bestätigte Miguel und Kenny lächelte dankbar. “Das ist toll, Leute. Eure Freundschaft macht alles leichter in dieser harten Zeit. Aber es erfordert auch harte Arbeit.” “Also los! Lasst es uns angehen!” Emily klatsche in die Hände. Sie hatten noch viel Arbeit vor sich. Einige Stunden später hatten Kenny, Akira, Emily und Miguel auch Draciel, Driger und Strata Dragoon fertig zusammengestellt und verteilt. Die vier stürzten sich in das Training, was sie bitter benötigten. Niemand von ihnen kam mit dem Hard Metal System klar. Die Amerikanerin und Miguel hatten sich den Kämpfern angeschlossen, damit genügend Gegner zum Üben da waren, während Kenny und die Schwarzhaarige im Gebäude geblieben sind. “Ich frage mich wer der fünfte wird...”, murmelte Kenny vor sich hin und sah von Dizzy auf. Akira war gerade dabei weitere Berechnungen zu machen, bemerkte seinen Blick und sah ebenfalls auf. “Das werden wir sicher noch früh genug erfahren, Chef.”, lächelte sie ihn an und wollte sich wieder ihrem Notizheft zuwenden. “Wie viele Teile haben wir noch, Aki?”, fragte der Kleine schließlich nach einer kurzen Pause und das Mädchen legte den Stift nun weg. “Auf jeden Fall noch genug für einen fünften Blade. Die Frage ist allerdings für wen. Das wird ja immerhin Voraussetzung für die Beschaffenheit. Vielleicht bekommen wir auch noch einen sechsen zusammen, als Ersatz.” Akira sah ihn fragend an, als sie gedanklich den Vorrat durchging. Kenny seufzte und sah wieder auf Dizzys Bildschirm. “Kenny, sag’ was dir durch den Kopf geistert.” Das Mädchen reichte über den Tisch und klappte den Laptop zu, zwang den Kleinen sie wieder anzusehen. “Ich… Ich weiß, es klingt total dämlich, aber...”, setzte er an, schüttelte dann jedoch den Kopf. “Nein, vergiss es...” Akira dämmerte es, worauf er hinaus wollte und ihr Blick wurde wieder traurig. Eigentlich wollte sie damit abschließen sich Hoffnungen zu machen, aber jetzt wo der andere es angesprochen hatte... “Glaubst du wirklich, es besteht auch nur eine einprozentige Chance, dass Kai wieder zurück zu uns kommt?”, fragte sie und der Brünette atmete tief durch, schien wieder in Gedanken zu sein. “Ich weiß es nicht.”, sagte er ehrlich und sie sahen sich niedergeschlagen in die Augen. “Ich war letztens im BEGA-Center.” Die Japanerin nahm einen tiefen Atemzug und senkte ihren Blick. Bisher hatte sie noch keinem davon erzählt. Entsprechend überrascht schaute ihr Gegenüber sie an, blieb jedoch vorerst stumm. “Hiro wollte mich abwerben. Ich bin ihm fast an die Gurgel gegangen. Kai war irgendwann auch da. Keine Ahnung was aktuell in ihm vorgeht.” “Hiro wollte bitteschön was?” “Ja, frag’ nicht. Dem hat echt jemand ins Hirn geschissen. Behalt’s aber bitte für dich, sonst rastet Tyson auch noch aus.”, knurrte sie und spürte wieder die Wut in ihrem Inneren, schluckte sie aber runter. Kenny nickte, blieb wieder kurz stumm, ehe er eine andere Frage stellte. “Hat Kai was gesagt?” “Nicht wirklich. Er hat wohl bemerkt wie nah ich wieder an einem Ausraster war. Ich hab’ ihn aber stehen lassen. Nach seiner Aktion im Anschluss von Talas Match, hatte ich echt keine Lust auf seine Gesellschaft.” Auch den Kleinen erinnerte es an das, was in Rom passiert war, auch wenn er es nur vom Mädchen erzählt bekommen hatte. Er schien wieder zu überlegen und schlug dann plötzlich mit der flachen Hand auf den Tisch, was Akira kurz zusammenzucken ließ. “Sei’s drum! Aki, ich will auch einen neuen Dranzer zusammenbauen. Wenn wir noch genug Teile haben, können wir immer noch ausweichen. Aber ich will auf das eine Prozent hoffen, dass Kai doch wieder zurück kommt.”, donnerte es aus Kenny und Akira sah ihn mit großen Augen an. “Wir haben wirklich unglaublich viele tolle und talentierte Blader hier, aber der Kampf gegen die BEGA und Boris wird der härteste sein, den wir je hatten. Kai wäre einfach perfekt als fünfter Spieler. Das muss ich mir leider mittlerweile eingestehen.”, schnaufte er und das Mädchen sah ihn wieder traurig an. “Sofern er wirklich nicht bei den 5 Spielern der BEGA dabei ist.” “Die Zeit wird es zeigen, es sind noch drei ganze Wochen bis dahin. Da kann noch viel passieren!”, grinste er nun optimistisch, was sie zum Lächeln brachte. “In Ordnung, bauen wir einen neuen Dranzer!” *** Es hatte lange Wochen gedauert, aber Tyson, Ray, Max und Daichi hatten den Dreh unterdessen langsam raus, wie sie die Blades kontrollieren konnten. Vertrackt war jedoch, dass man sich dabei absolut konzentrieren musste. Die kleinste Ablenkung führte unmittelbar dazu, dass die Beyblades aufhörten sich zu drehen, oder ungehindert für Zerstörung sorgten. Da der fünfte Platz immer noch nicht besetzt war, wollten auch die anderen ihr Glück mit den neuen Hard Metal Systemen probieren, doch niemand schaffte es den fünften Blade zu kontrollieren. Unterdessen wurde das BEGA-Turnier zur Ermittlung ihrer fünf Spieler im Fernsehen übertragen. Crusher, MingMing und auch Garland schafften es in ihren Gruppen als letzte übrig zu bleiben. Auch Mystel, von dem die White Tiger X erzählt hatten, war in seiner Gruppe als Sieger hervor gegangen. Der letzte Gruppenkampf stand an und wie erwartet war Kai dabei. Er musste gegen Brooklyn antreten, der als absoluter Neuling vorgestellt wurde. Nichtsdestotrotz machte er den Eindruck, als dürfe man ihn nicht unterschätzen. Mit Schrecken mussten die Freunde zusehen, wie er nach einem harten Kampf besiegt wurde. Egal, was Dranzer tat, Brooklyns Blade kopierte jeden Angriff, nachdem er nicht einmal auch nur gestrauchelt hatte. Selbst die Spezial-Attacke, mit der Kai damals Ray eiskalt erwischt hatte, hatte etwas ausrichten können. Akira starrte mit offenem Mund auf den Fernseher und konnt es nicht glauben. Sie sah hinüber zu Kenny, der ihren Blick nicht minder geschockt erwiderte. Am Abend vor dem Turnier saßen sie wieder alle zusammen im Wohnzimmer bei Tyson und Akira. Es wurde bekannt gegeben, dass der erste Tag mit drei Matches starten würde. Dann folgte ein Tag Pause und am dritten Tag würden die letzten zwei Kämpfe stattfinden. Kenny hatte es auch nicht geschafft aussagekräftige Daten über die Blades ihrer Gegner zu sammeln. Des Weiteren konnte niemand der anderen das neue Hard Metal System beherrschen. Es war zum Verzweifeln. Gerade wurde Tyson von allen gleichzeitig bequatscht sich für einen von ihnen zu entscheiden, weil sie die Auswahl sonst nicht treffen konnten, als er wortlos aufsprang und nach draußen ging. Besorgt sahen sich Akira und Kenny an und folgten dem Jungen auf den Engawa. “Tyson? Hey, was ist denn los?”, fragte der Brünette, als er direkt hinter dem anderen stand. “Äh, ich brauchte frische Luft.” Tyson schien peinlich berührt, dass ihm das gerade alles zu viel war und sah in den sternenklaren Himmel. “Ty, komm’, sei ehrlich.” Akira trat an ihn heran und umarmte ihn von hinten, legte das Kinn auf seine Schulter. Sie ahnte, warum er sich so schwer tat. “Ich hab’ das Gefühl, dass wir auf derselben Wellenlänge liegen.”, lächelte der Kleinste und sah Tyson vielsagend an. Das Mädchen löste sich nun von ihrem Cousin, als der sich verwirrt zu ihnen umdrehte. “Was?” “Aber meinst du wir können ihn dazu überreden? Um nichts in der Welt würde sich Kai unserem Team anschließen. Allein der Gedanke ist schon ziemlich doof, ich weiß. Aber Aki und ich hatten vor Wochen schon den gleichen Gedanken und sind vorbereitet. Hier.” Kenny zog nun den neuen Dranzer aus der Tasche und hielt ihm den Blade hin “Oh wow.” Scheinbar sprachlos, nahm Tyson den Blade und besah sich ihn. “Es fehlt nur noch Dranzers Bit und dann ist er einsatzbereit. Kais Blade ist bei seinem Kampf gegen Brooklyn definitiv geschrottet worden. Er wird einen neuen brauchen, falls er wirklich zur Besinnung und zu uns zurück kommt.”, erklärte das Mädchen und lächelte ihren Cousin an, der nicht glauben konnte, dass sie scheinbar den gleichen Gedanken hatten. “Das Einzige was wir jetzt tun können, ist zu hoffen, dass das Unmögliche geschieht, stimmt’s Tyson?” Kapitel 19: Recovery (G-Revolution) ----------------------------------- Am ersten Matchtag besuchten sie Tala im Krankenhaus, der Gesellschaft von Mr. Dickinson hatte. Auch Wochen nach dem Kampf gegen Garland, war der Russe immer noch bewusstlos. Sie alle machten sich Sorgen um seinen Zustand, versprachen ihm aber seinen Kampf gegen Boris zuende zu bringen und ließen auch Dranzer bei ihm, in der Hoffnung, dass Kai Tala besuchen und den neuen Blade finden würde. Es war unglaublich riskant für das Team auf ihn zu setzen, aber im Moment blieb ihnen nichts weiter übrig. In der Arena angekommen, war der erste Kampf zwischen Daichi und MingMing. Kenny war mal wieder verzaubert vom Anblick ihrer ersten Gegnerin und die genervte Akira gab ihm eine sanfte Kopfnuss. Hilary sah sie dankbar an. Nach einem langen und unerbittlichen Kampf konnte MingMing Daichi tatsächlich besiegen. Der Rotschopf hatte erkannt, dass das Mädchen mit Leib und Seele bladete und reichte ihr anerkennend die Hand. Zumindest wussten sie jetzt, dass die BEGA-Spieler fair kämpfen wollten, was eine Sorge weniger bedeutete. Im zweiten Match trat Ray gegen Crusher an. Beide Blader kämpften so heftig, dass sie die Arena in Stücke rissen. Am Ende flogen beide Blades durch die Luft und Crusher gewann nur dadurch, dass sein Blade, im Gegensatz zu Driger, innerhalb des Bereiches vom BeyStadium landete, obwohl er nur kurz darauf stehen blieb. Somit hatte die BEGA bereits zwei Siege auf ihrer Seite und Crusher bedankte sich mit tränenüberströmtem Gesicht bei Ray für den fairen Kampf. Der Große hatte somit sein Versprechen an seine kranke Schwester einhalten können. Vor dem letzten Match des Tages wuchs der Druck auf Max, der als nächstes gegen Mystel antreten musste. Wenn der Amerikaner verlieren würde, war das Vorhaben Boris aufzuhalten vollends gescheitert. Ein kurzfristiger Streit entbrannte Backstage, aber Rick hatte den Blondschopf beiseite gezogen, um ihm den Kopf zu waschen. Wieder guter Dinge hatte er dann die Arena betreten und konnte am Ende für ein Unentschieden sorgen. Der freie Tag wurde dafür genutzt sich voll ins Training zu werfen. Sie alle saßen am Fluß und Tyson wurde von jedem der Kämpfer rangenommen. Erleichtert hatte Akira festgestellt, dass die neuen Blades dank des Metalls wirklich einiges aushalten konnten. Driger, Draciel und Strata Dragoon hatten trotz der krassen Kämpfe nur sehr wenige Blessuren davongetragen, die vor allem die Einsatzfähigkeit nicht beeinträchtigte. Kenny war zwar immer noch besorgt, dass Dragoon das harte Training nicht überstehen würde, aber Tyson ließ sich nicht reinreden. Da sie immer noch nur zu viert waren, war sein Plan die letzten zwei Matches zur Not beide zu bestreiten und dafür musste er sich ausreichend vorbereiten. Es dauerte bis zum Abend, aber Tyson wollte immer noch nicht aufgeben, auch wenn der Rest am Ende war. “Leute, wir können jetzt noch nicht aufhören!”, rief er und startete Dragoon Richtung Himmel, der plötzlich mit einem anderen Blade kollidierte und zurück zu Tyson schoss. Irritiert sahen sie sich um und erkannten wer da nur wenige Meter von ihnen entfernt stand und seinen Dranzer auffing. “Kai...” Akiras Stimme war nur ein Flüstern, als sie ihn mit weit aufgerissenen Augen auf sie zukommen sah. Insgeheim hatte sie immer noch gehofft, dass er sich blicken ließ, aber ihn jetzt zu sehen war ein überwältigendes Gefühl. Sie spürte, wie ihr Herz einen Hüpfer machte und stockte. //Das… Nein...// “Du kommst spät!” Tyson war der erste, der sich rührte. Ray und Max grinsten freudig und kamen beide wieder auf die Beine, auch der Rest des mannstarken Teams folgte. “Kai, da bist du ja!” Kenny trat neben Tyson, der seinem Freund eine Hand hinhielt. Kai sah wirklich schlimm aus, er hatte sich körperlich noch nicht ganz von seinem Kampf gegen Brooklyn erholt, aber in seinen Augen loderte ein Feuer. “Ja… Ich hab’ ein bisschen Zeit gebraucht.”, sagte er und schlug bei Tyson ein, lächelte entschuldigend. “Und du hast den neuen Dranzer voll unter Kontrolle.” Akira hatte es geschafft sich wieder zu fangen und stellte sich neben den Chef. Die verwirrenden Gedanken von vorhin schob sie bestimmt beiseite. Sie atmete kurz durch und sah dem Jungen das erste Mal seit der Begegnung im BEGA-Center vor einigen Wochen wieder in die Augen. “Was habt ihr damit gemacht?”, fragte er und adressierte sie und Kenny. “Das ist das Hard Metal System, das wir beide entwickelt haben. Da die BEGA ja alles kontrolliert, kamen wir nicht an Ersatzteile ran, also haben wir einfach selbst was entwickelt.”, erklärte der Kleine und grinste stolz. “Ja, Max, Ray, Daichi und ich haben Wochen gebraucht, um es drauf zu bekommen. Die Power von den kleinen Dingern ist echt heftig.”, fuhr Tyson fort und Kai schnaubte lachend. “Das kann man wohl sagen.” Sein Blick wanderte zu der Schwarzhaarigen, die sich bemühte zu lächeln. Sie spürte wie er sie prüfend musterte und klatschte in die Hände. “So Jungs, ihr seid endlich vollzählig. Morgen früh haben wir zwei Matches zu gewinnen, also ruht euch nochmal gut aus.”, sprach sie, drehte sich auf dem Absatz um und drängte sich zwischen den Bladern hinter ihr durch. Tyson hatte heute genug trainiert und Kai, der endlich zurückgekehrt war, hatte Dranzer voll im Griff wie es schien. Jetzt konnten sie nichts weiter machen, als den morgigen Tag abwarten. //… Und schleunigst diesen beschissenen Gedanken loswerden...// “Aki hat Recht. Wir sind bereit, Leute.”, grinste Tyson, der seiner Cousine hinterher sah. *** Am nächsten Tag kamen sie alle gemeinsam in die Arena. Kai wurde nun auch offiziell als fünftes Mitglied der G-Revolution vorgestellt und sollte das erste Match des Tages übernehmen. Eigentlich war Garland derjenige, der zuerst kämpfen sollte, aber Kai verlangte nach einer Revanche mit Brooklyn, die er auch bekommen sollte. Es war ein hitziger Kampf und wie schon bei ihrem ersten Kampf ging Kai in die Vollen und nutzte seine Wut, um Dranzers Power noch mehr zu speisen, während Brooklyn kaum reagierte, aber dennoch die Oberhand zu haben schien. Davon ließ sich Kai aber nicht beeindrucken, wenn er etwas konnte, dann war das hartnäckig sein. Unentwegt attackierte Dranzer Brooklyns Zeus und nach jedem Gegenangriff rappelte sich Kai wieder auf, kam auf die Beine, wenn er am Boden gelegen hatte. Der Kampf verlangte ihm und Dranzer einiges ab, sogar Kenny wurde nervös, da Dizzy ihm anzeigte, dass der Blade nicht mehr viel aushalten konnte. Max und Ray wollten in den Kampf eingreifen, weil das Match immer gefährlicher für Kai wurde, aber Tyson hielt sie auf. Er hatte Kai versprechen müssen, dass sie nicht dazwischen gehen würden, egal was passiert. Auch Akira sah besorgt zu und hoffte, dass Kai nicht über seine Grenzen ging. Dieser Kampf war was Persönliches für ihn und sie kannte ihn und seinen Dickschädel, wenn er etwas wollte. Da war er genau wie Tyson. Die Arena wurde von der Power der Blades zerstört und auch nachdem Kai kurz k.o. gegangen war und DJ Jazzman schon Brooklyn als Gewinner küren wollte, stand der Junge erneut auf, Dranzer hatte immer noch Spin und wehrte sich gegen Zeus Attacken. Sein enormes Durchhaltevermögen verunsicherte den BEGA-Blader zunehmend, der irgendwann die Fassung verlor und unkontrollierte Attacken verteilte, die Dranzer weiter aushielt und konterte. Mit einem finalen Angriff, auf den Kai alles setzte, was er noch an Energie hatte, schaffte er es Brooklyns Blade aus der Arena zu kicken und gewann. Nach seinem Sieg taumelte er die Treppe der Arena hinab zu seinem Team, das ihm entgegen rannte und brach zusammen. Tyson fing ihn gerade noch so und stützte ihn, damit er nicht vollends fiel. “Hey! Was ist? Ich hab’ dich! Kai, was ist denn los?” Tyson hielt den Jungen im Arm, der sich scheinbar nicht regte. “Ja, sag’ mal was hast du denn?”, fragte Ray und versuchte ihm ins Gesicht zu sehen. “Er ist total erschöpft.” Und damit hatte Max vollkommen Recht. Kai hatte diesmal wahrlich seine Grenze erreicht. “Sollen wir einen Arzt holen?” Daichi sah sich bereits um und suchte nach jemandem, der helfen könnte. Akira musste ihm gedanklich zustimmen. Er sah nicht aus, als würde er noch ohne medizinische Hilfe klar kommen. Dafür hatte er einfach zu viel einstecken müssen. “Ich glaube wir müssen ihn zu einem Arzt bringen!”, keuchte Tyson panisch, doch dann bewegte Kai sich endlich wieder, richtete sich auf. “Nein, warte. Ich bin okay.” Tyson ließ ihn los und besah sich ihn immer noch besorgt. “Ruh’ dich jetzt noch ein bisschen aus, Kumpel. Dann gehen wir zusammen hin.” “Ist schon gut, Tyson. Ich brauch’ deine Hilfe nicht. Du machst dir nur Sorgen wegen deinem nächsten Match, stimmts?”, feixte Kai und brachte die anderen damit zum Lächeln. “Was redest du da? Warum sollte ich mir Sorgen machen? Ich werde das nächste Match garantiert gewinnen. Und danach werde ich gegen dich antreten! Ich glaub’ immer noch, dass ich dir was beibringen kann.”, grinste ihn Tyson an und nun war es an Kai, der lächeln musste. “Also, bis später...” Kai drehte sich um und ging noch etwas wackelig auf den Beinen Richtung Ausgang, während ihm der Rest hinterher schaute. “Hey! Wart’ doch mal! Ich mein’s ernst! Du musst mir versprechen, dass du mit mir kämpfst!”, rief Tyson und der andere hob die Faust, blickte jedoch nicht zurück zu ihnen. “Ich fass’ das als ‘Ja’ auf! Hör’ zu, Kai! Ich will dich in der Arena sehen!” Damit verschwand er im Gang und Akira atmete tief durch. Sie war nicht die einzige, die sich Sorgen machte. Kai hatte sich zwar zum erneuten Male berappelt, aber sein Zustand war äußerst kritisch. Mal abgesehen davon, dass sie nicht wussten wie Dranzer aussah. Ray war der erste, der sich löste und ebenfalls die Arena verließ. Akira folgte ihm nur kurz später, als der Rest noch vor Ort den Kampf durchging und vertieft schien. Im Flur sah sie von Weitem, wie sich der Chinese Mitten im Gang hingehockt hatte und zog die Brauen verwirrt zusammen. “AKIRA!!” Der erschrockene Schrei Rays versetzte sie unvermittelt in Panik und sie stürmte auf ihn zu, sah erst kurz vorher, dass er Kai halb im Arm hielt, der bewusstlos war und an der Wand gelehnt auf die Knie gegangen war. “Scheiße, nein!”, keuchte sie und legte sich selbst fast lang, als sie den letzten Meter auf den Knien zum Stehen kam und nun vor den beiden Jungs hockte. Sie tauschte einen Blick mit dem Schwarzhaarigen aus, der auf den Boden neben ihr deutete und sie sah nun, warum er nach ihr gerufen hatte. Dranzer war nicht nur zerbrochen, sondern regelrecht pulverisiert. Sogar der Bit war vollkommen zerstört, was bedeutete, dass das BitBeast sein Leben für diesen Kampf und seinen Besitzer geopfert hatte. “Nein, nein, nein!! Dranzer!”, flüsterte sie und sah dann auf zu Kai. Tränen schossen ihr in die Augen und sie versuchte sich zu beruhigen. Panik würde ihnen jetzt nicht weiterhelfen. “Aki, nimm’ ihn, ich versuche Hilfe zu finden.”, sagte Ray und Akira rutschte näher an den Verletzten heran, lehnte ihn gegen ihre Schulter. Der Chinese sprang auf und verschwand Backstage, während sie ihr Bandana vom Oberarm löste und versuchte Dranzers Einzelteile darin zu sammeln und gleichzeitig den Jungen aufrecht hielt. Als sie fertig war, strich sie Kais Haare zur Seite. Er hatte immer noch die Augen geschlossen und auch sein Atem ging unregelmäßig. “Komm’ schon, Kai. Halt’ durch!”, flüsterte sie ihm zu, wusste nicht, ob er sie überhaupt hören konnte. Sie versuchte ihre Gedanken zu ordnen, vor allem eine Lösung zu finden wie sie Dranzer retten konnte und plötzlich sah sie in der Entfernung die Gestalten ihres restlichen Teams. “Tyson! TY!”, schrie sie und sah, dass sie alle auf sie zugerannt kamen. “Aki, was…? Oh nein!” Ihr Cousin schmiss sich ebenfalls auf die Knie und packte Kai an der Schulter. “Ray ist schon Hilfe holen, aber Dranzer...” Sie deutete mit einem Kopfnicken auf ihr noch offenes Bandana auf dem Boden, auf dem die Stücke verteilt lagen. Kenny, der mit Hilary, Daichi und Max hinter Tyson stand, legte die Hände über den Kopf zusammen. “Nein!!” “Was ist?”, fragte Hilary verwirrt und Max versuchte ebenfalls die Situation zu verdauen. “Dranzer hat sich geopfert. Der Bit ist zerstört.”, erklärte er, woraufhin das Mädchen scharf die Luft einzog. “Kai, nein...”, flüsterte Tyson und Akira spürte wie sehr er sich zusammenreißen musste. Kai hatte wirklich alles gegeben, damit sie siegen und Boris schlagen konnten. “Tyson, ich… Ich weiß zwar nicht, ob es funktioniert, aber vielleicht kann man Dranzer wieder zurück holen.”, setzte die Schwarzhaarige an und versuchte ihren Herzschlag zu regulieren. Sie erinnerte sich an das Buch von Ozuma und einem Ritual, das darin nur kurz erwähnt wurde, aber das könnte ihre Lösung sein. Sie anderen sahen sie irritiert an. “Ich muss zu Ozuma.”, sagte sie und ihr Cousin weitete die Augen. Er wollte wütend ansetzen, aber Kais Anblick ließ ihn stocken. “Bist du dir sicher?”, fragte er stattdessen hoffnungsvoll. “Er ist der Einzige, der uns jetzt helfen kann.” Ihr Ton war ruhig und ihr Griff um Kais reglosen Körper festigte sich. Nur wenig später war sie bereits auf dem Weg in das kleine Dorf in den Bergen. Akira wusste nicht, wie viel Zeit ihr blieb und ob der Faktor Zeit überhaupt etwas ausmachte, also wollte sie so schnell wie möglich dort hinkommen. Sie hatte nicht mal die Möglichkeit gehabt das Buch Zuhause zu holen, aber die Koordinaten kannte sie mittlerweile auch im Schlaf. Erst nachdem ihr Daichi eröffnet hatte, dass er auch von dort kam, hatte sie ihrer Neugier nachgegeben und recherchiert. Das kam ihr nun tatsächlich zugute. Sie musste mit der Bahn aus Tokyo raus und anschließend mit dem Bus weiter in die Berge nördlich von der Großstadt. Der Weg war lang und sie nutzte die Fahrt um nachzudenken. Tyson musste sein Match nun ohne ihre Unterstützung antreten, aber sie war sich sicher, dass die anderen ihm doppelt so optimistisch beiseite standen. Sie glaubte an ihn und seinen Sieg gegen Garland. Auch wenn es ihr unglaublich Leid tat, dass sie das nicht mit ansehen konnte. Das Mädchen atmete zitternd ein. Sie hoffte inständig, dass Ozuma auch da war, sonst hatte sie ein Problem. Nervös dachte sie an das letzte Zusammentreffen mit ihm zurück, als sie sich geküsst hatten. Es war bereits fast ein Jahr her und ihre Gefühle haben sich seitdem zwar verändert, komisch würde es trotzdem sein ihn wieder zu sehen. Sie begann in ihrer Hüfttasche zu wühlen. Falls sie es schaffen sollten, brauchte Dranzer einen Bit, um versiegelt zu werden. Sie hatte zwar noch ein paar Teile für die neuen Blades bei sich, aber als sie ihren Blade aus dem Weltmeisterschaftsturnier ertastete, hielt sie inne. Was wenn sie selbst dafür einen Blade starten müsste. Einen mit Hard Metal System konnten ja selbst die Jungs am Anfang nicht mal kontrollieren, wie sollte sie es also schaffen? Sie zog ihren Beyblade aus der Tasche und betrachtete den leeren Bit darauf. //Das muss reichen, was Besseres hab’ ich nicht...//, seufzte sie gedanklich. Als sie ihn zurück in ihre Tasche steckte, in dem sie auch das verknotete Bandana mit Dranzers Resten verstaut hatte. Endlich angekommen, musste sie nur noch den letzten Hügel hinauf. So schnell sie ihre Beine tragen konnten, eilte sie den Weg entlang und kam nach einer Weile auf der Anhöhe an, auf der einige Hütten standen. Schwer atmend sah sie sich um. Es waren nicht viele Leute zu sehen, aber das was sie sah, erinnerte sie stark an die Kleidung der Saint Shields. “O-... Ozuma!” Ihre Stimme war nicht mehr als ein Keuchen und sie stützte sich auf den Knien ab, um Luft zu bekommen. “Ozuma!” Die Verzweiflung überrollte sie mal wieder, als ihr die Tränen in die Augen schossen. Doch sie besann sich zur Ruhe. Ihr Blick jagte über die Lichtung und sie trat weitere Schritte vor. Ihr Atem zitterte immer noch. “OZUMA!!”, schrie sie ein weiteres Mal und als ein bekanntes Gesicht auftauchte, schluchzte sie erleichtert. “Aki, was…?” Der Junge kam auf sie zugerannt und endlich konnte sie ihre gespannten Nerven beruhigen. Er war da, er konnte ihr helfen. “Ich brauche deine Hilfe, Ozuma.” Ihre Stimme stabilisierte sich wieder und Akira war froh, dass er jetzt endlich vor ihr stand. Die Begrüßung nach so langer Zeit hatte sie sich allerdings eigentlich anders vorgestellt. “Dranzer ist tot.” Seine grünen Augen weiteten sich. “Wie-...” “Er hat sich für Kai geopfert.”, erklärte das Mädchen ohne ihn ausreden zu lassen. Hastig griff sie in ihre Tasche und nahm das Bündel mit Bruchstücken hervor, zeige es dem Jungen, damit er verstand. Ozumas Blick versteinerte sich. “Und warum holt Kai ihn dann nicht selbst zurück?”, fragte er scheinbar erbost darüber, dass sich Dranzers Besitzer nicht persönlich darum kümmerte. “Er ist bewusstlos. Ich bin die einzige, die weiß, wo du zu finden warst. Ich muss es einfach schaffen, okay?” Sie schluckte und atmete tief durch. “Aber es ist möglich, richtig?”, fragte sie dann. Der Junge hatte nicht so reagiert, dass es abwegig war Dranzer retten zu können. Also hatte sie ihre Hoffnung auf den richtigen gesetzt. “Es ist schwierig, aber machbar.”, nickte er und sah ihr in die Augen, sie seufzte erleichtert. “Komm.” Damit nahm er ihre Hand und zog sie mit sich zu einer der Hütten. Ehrfürchtig sah sich das Mädchen um, als sie Dranzers Überreste wieder wegpackte. Das Dorf war wirklich klein. Nur wenige Häuser standen dort und es war umringt von dichtem Wald. “Großvater!”, rief Ozuma, als sie vor dem Eingang standen und eine geduckte Gestalt trat heraus. //Großvater?// Akira sah aufgeregt von Ozuma zu dem alten Mann, der nun vor ihnen stand und sie freundlich betrachtete. Er trug einen weiten Umhang und hatte trotz des scheinbar hohen Alters einen wachen Blick. “Junge, wen haben wir denn hier?” Die Schwarzhaarige senkte höflich den Kopf, wollte sich gerade vorstellen, als Ozuma ihr zuvor kam. “Eine gute Freundin. Sie braucht unsere Hilfe mit dem roten Feuer-Phönix.” Interessiert schaute der Alte nun zu Ozuma. “Phönix? Sagtest du nicht letztes Jahr, dass Dranzer bei einem Jungen ist, genau wie die anderen heiligen BitBeasts?” Der wache Ausdruck in den grünen Augen des Alten hatte nicht getrügt. Er war wirklich gut informiert. “Dranzer gehört meinem Freund Kai, aber er hat sich im Kampf für ihn geopfert und Kai hat das Bewusstsein verloren.” Akira redete einfach drauf los, ohne dass Ozuma eine Chance hatte weiter zu erklären. Sie zwang sich zwar immer noch zur Ruhe, aber innerlich war sie immens aufgewühlt. Ozuma legte ihr eine Hand beruhigend auf den Rücken, bemerkte ihren blanken Nerven und auch der Ältere lächelte ermutigend. “Verstehe. Nun gut, dieser Junge hatte geschworen auf ihn Acht zu geben. Dass Dranzer sich freiwillig für ihn geopfert hat, zeugt von einer außerordentlichen Verbindung zwischen den beiden. Du hast nicht übertrieben, als du damals davon erzählt hattest, Ozuma, mein Junge.” Er nickte verständnisvoll und schritt Richtung Waldrand. Akira sah Ozuma an, der sie anlächelte und wieder ihre Hand griff, damit sie beide dem Mann folgten. “Mein Kind, das wird nicht einfach.”, sprach er während er weiter ging und sie mittlerweile an einer weiteren Lichtung nahe des Dorfes angekommen waren. “Damit habe ich gerechnet.”, antwortete Akira leise, sah sich neugierig um. Ozuma blieb stehen und ließ ihre Hand los. “Akira, es geht hier um ein komplexes Ritual, das auch nicht immer funktioniert. Großvater ist der einzige, der das schon erfolgreich gemacht hat und das ist Jahrzehnte her.”, erklärte der Junge und griff ihre Schultern, damit sie ihn ansah. “Es muss...”, flüsterte sie und man spürte den Ehrgeiz, den Ozuma zum Lächeln brachte. “Du hast dich kein Stück verändert.”, lachte er leise und wandte sich ab und dem Mann zu. “Also, was ist zu tun?”, fragte er ihn. Der Alte setzte sich auf einen Baumstumpf am Rande der Lichtung. Erst jetzt sah Akira die Zeichen, die in die Rinde vieler Bäume geritzt waren. Das hier war ein ritueller Ort, das konnte sie deutlich spüren. Ehrfürchtig atmete sie tief durch. “Ihr müsst einen Kampf starten, ich bete währenddessen die passenden Passagen aus den alten Schriften vor und dann müssen wir hoffen, dass Dranzer euch hören kann und auch hinab steigt, damit er erneut versiegelt werden kann. Er hat zwar seine physische Hülle verloren, aber sein Geist streift immernoch im Diesseits umher. Man muss ihm nur den Weg weisen.”, erklärte der Mann. Es klang so einfach aus seinem Mund, aber das würde es sicher nicht werden. Akira fuhr sich frustriert durch die Haare. Sie musste gegen Ozuma kämpfen? “Ozuma, du weißt ich blade eigentlich nicht, also erwarte nicht zu viel von mir.” Sie wusste genau wie stark er war und vor allem sein Flash Leopard. Der Junge lächelte nur verschmitzt und griff nach seinem Blade. “Ach ja!” Bevor die Jugendlichen in Position gehen konnten, schreckte der Alte auf und sah das Mädchen erwartungsvoll an. “Hast du den Beyblade, in dem Dranzer zuvor eingeschlossen war, dabei?”, fragte er und die Schwarzhaarige nahm erneut das Bandana hervor, ging auf den Mann zu und legte es ausgebreitet vor ihm auf den Waldboden. “Sehr schön, das könnte bei der Verbindung helfen, da du nicht sein Besitzer bist.”, grinste er zufrieden und lehnte sich wieder etwas zurück. Sie wusste nicht mehr wie oft sie neu gestartet hatten. Das Training während der Weltmeisterschaft hatte sie im Umgang mit ihrem Blade zwar etwas sicherer gemacht, aber sie war trotzdem weit entfernt von gut, besonders mit Ozuma als Gegner. Der Großvater hatte unterdessen nur mit geschlossenen Augen auf dem Baumstumpf gesessen und Worte vor sich hingemurmelt, die das Mädchen nicht verstand. Erschöpft war sie irgendwann in die Knie gegangen und stützte sich mit den Händen am Boden ab, ringte zum erneuten Male an diesem Tag um Atem. //Ich muss das hinkriegen, verdammt nochmal!//, dachte sie wütend und schlug mit der Faust auf die Erde. Das hier war ihre einzige Chance, dass Dranzer zurück kam und aufgeben oder versagen war keine Option für sie. Ozuma kam auf sie zu und hockte sich neben sie. “Wir machen jetzt eine Pause.”, befahl er mit sanftem Ton und das Mädchen setzte sich auf ihre Beine, kniete jetzt vor dem Jungen. Akira nickte nur stumm und sah nach oben in den Himmel. Es war bereits Nachmittag und Wolken waren aufgezogen. Tyson würde jeden Moment seinen Kampf haben. Atemzug für Atemzug wurde sie ruhiger, schloss die Augen und dachte an ihren Cousin. Ihre Gedanken wanderten weiter zu Kai. Über den ganzen Trubel hatte sie gar nicht mehr darüber nachgedacht, was am Vortag in ihr vorgegangen war, als der Ältere beim Team aufgetaucht war. //Ist auch besser so...//, fand sie und fühlte wie die Enttäuschung über sich selbst leise hochkroch. Kai war ein Freund. Es hatte lange genug gedauert, dass sie so vertraut miteinander waren, das würde sie sicher nicht einfach aufs Spiel setzen. Als sie ihre Augen wieder öffnete, sah sie, dass Ozuma immer noch vor ihr hockte und sie eingehend musterte. Sie kannte diesen Blick an ihm und gerade gefiel es ihr gar nicht, dass er sie mal wieder wie ein Buch lesen wollte und möglicherweise auch konnte. “Was machen Mariam, Joseph und Dunga eigentlich?”, versuchte sie ihn auf ein anderes Thema zu lenken. Der Junge lächelte nur und ließ sich nun ebenfalls komplett auf dem Boden nieder. “Mariam und Joseph reisen in der Weltgeschichte herum und Dunga müsste irgendwo im Dorf sein.”, antwortete er und Akira nickte verstehend. Sie sah zum Alten, der wie in Trance immer noch die Phrasen vor sich hin sprach. Er wirkte, als würde er nicht viel von seiner Umgebung mitbekommen. “Und euer Team? Die Weltmeisterschaft war ja ein ziemliches Durcheinander.” “Das kannst du laut sagen. Erst verlässt dreiviertel der Spieler das Team und dann muss Tyson mit einem neuen Spieler klar kommen, der ihn echt fordert.”, lachte sie und massierte den Nasenrücken. “Ja, ich hab’ nicht schlecht geguckt, als ich Daichi bei euch gesehen habe.” Akira blinzelte irritiert, sah ihn dann direkt an. “Stimmt ja, er ist ja auch von hier. Das hatte ich im Moment schon wieder vergessen.”, lachte sie und Ozuma begann zu grinsen. “Na klar, er ist mein Cousin.” “Bitte was??” Geschockt sah sie den Jungen an und konnte ihren Ohren kaum trauen. Ihre Reaktion hatte er wohl so nicht erwartet und fing an zu lachen “Was, das wusstest du nicht? Aber du hast doch gerade gesagt, dass du weißt, dass er von hier ist.”, grinste Ozuma und lehnte sich zurück, stützte sich mit den Händen auf dem Waldboden ab. “Ja, weil er mir das auch erst vor ein paar Wochen erzählt hat. Dass er noch Verwandte hier hat, hat er nicht gesagt. Du liebe Güte. Das wird lustig, wenn Tyson das erfährt.” Jetzt musste sie selbst anfangen zu lachen und fuhr sich mit der Hand durch das Gesicht. Sie hatte zwar eine gewisse Ähnlichkeit in Daichi erkannt, aber an so eine Überraschung hatte sie überhaupt nicht gedacht. “Falls es das besser für ihn macht: Ich habe ihn und seine Eltern schon seit Jahren nicht mehr gesehen.”, gluckste er, schüttelte grinsend den Kopf. “Du kennst ihn doch.” Akira spürte feine Tropfen auf ihrer Haut und sah nach oben. Es hatte begonnen zu regnen. //Na super...// Ein Seufzen folgte und sie sah wieder auf den Boden vor sich. Was wenn sie es wirklich nicht schaffen würde Dranzer zurück zu holen? Was wenn sich Kais Zustand verschlechterte? Könnte der gerettete Dranzer auch Kai helfen wieder auf die Beine zu kommen? Akira hatte erlebt wie stark die Verbindung der heiligen BitBeasts zu den Jungs war, sie war sich also sicher, dass das durchaus der Fall sein konnte. Wenn es wirklich funktionieren sollte, musste sie dringend ins Krankenhaus und ihm Dranzer geben. Aber sie hatte auch Angst davor den Jungen womöglich genauso schlimm zugerichtet zu sehen wie Tala, der sich immer noch nicht von seinem Kampf erholt hatte. Ihre Sorgen krochen ihr wieder in die Gedanken. Wie Kai dort im Gang gehangen hatte, sein unregelmäßiger Atem. Mit einem Mal fühlte sie eine Schwere in der Brust, die sie lange nicht mehr gespürt hatte. Sie nahm zitternd Luft, wie so oft an diesem Tage, und versuchte die aufkommenden Tränen wieder runter zu schlucken. Ozuma saß wieder schweigend neben ihr, beobachtete sie und setzte sich dann etwas auf. “Akira...”, flüsterte er und legte seine Hand auf ihre Schulter, versuchte sie sanft aus ihren Gedanken zu holen. Das Mädchen nahm einen tiefen Atemzug, strich die Haare aus dem Gesicht und lächelte ihn entschuldigend an. “Sorry, ich… Ich bin echt durch den Wind gerade.” Es war schon eine seltsame Situation. Der Junge, in den sie vor einem Jahr noch verliebt war, saß hier vor ihr und sie war nicht nur über ihn hinweg, sondern musste gerade mit dem Gedanken klar kommen, dass sie Gefühle für einen ihrer besten Freunde hatte, der auch noch schwer verletzt war. Ein leises, sarkastisches Lachen entfloh ihrer Kehle, als sie sich durch die Haare fuhr. “Aki, kann es sein, dass...”, setzte der Junge an. Er festigte seinen Griff an ihrer Schulter und zwang sie ihm in die Augen zu sehen. “Magst du Kai mehr, als dir lieb ist?” Die Worte, so zaghaft gesprochen, stießen wie Messerspitzen in ihr Herz. Sie trugen in die Welt, was in dem Mädchen vorging und das war eine Wahrheit, die sie eigentlich nicht bereit war sich einzugestehen. Es so frei heraus zu hören, löste Panik in ihrem Inneren aus. Die Augen füllten sich wieder mit Tränen und Akira schüttelte vehement den Kopf, stockte jedoch wieder und wollte sich abwenden, aber Ozuma hatte ihren Blick so eingefangen, dass sie sich nicht wegdrehen konnte. “Nein… Er ist...”, versuchte sie zu argumentieren, merkte aber, dass es nichts bringen würde. Ozuma hatte mal wieder aus ihr gelesen wie aus einem offenen Buch und es auf den Punkt gebracht. “Wie machst du das ständig, Ozuma?”, fragte sie stattdessen und lächelte ihn traurig an. Aber nicht nur Ozuma überraschte sie damit, auch Ray hatte die Gabe ihre Gedanken lesen zu können. Das hatte sie in der Vergangenheit schon oft erleben dürfen. Vielleicht lag es aber auch an ihr, die scheinbar nicht fähig war ihre Emotionen gut verstecken zu können. “Das ist echt gruselig, weißt du das?”, flüsterte sie und rang sich ein leises Lachen ab. Die Situation wurde immer komischer und komischer. Anstatt zu antworten sah sie der Junge schweigend an, er schien in Gedanken zu sein und die Schwarzhaarige konnte den nachdenklichen Gesichtsausdruck nicht deuten. “Das könnte der Schlüssel sein.” Ein Flüstern so leise, dass sie es fast überhörte. “Was?” “Akira, Freundschaft ist eine starke Verbindung, die bei so einem Vorhaben funktionieren kann, aber eine tiefere Zuneigung bedeutet auch eine engere Verbindung. Deine Gefühle für Kai könnten die passende Brücke dafür sein, dass Dranzer dich eher erhören wird.” Die Erklärung klang absolut sinnvoll, aber das bedeutete für sie auch, dass sie diese Gefühle zulassen, sich ihnen vollends ergeben und sie annehmen musste. Akira schätzte die Freundschaft zu dem Größeren sehr, auch wenn er sie und die anderen schon so manches Mal enttäuscht hatte. Aber am Ende war er immer wieder für sie alle da. Gestern war er auch wieder aufgetaucht, als sie ihn am meisten gebraucht hatten. Er hatte alles gegeben, sogar Dranzer, damit er ihnen helfen konnte. Sie wollte das unter keinen Umständen kaputt machen. Akira entsinnte sich an das Vorjahr, wo es ihr nach Ozumas Abschied dreckiger gegangen war, als jemals zuvor. Es würde voraussichtlich ähnlich laufen, wenn sie das jetzt durchziehen würde. Es war ein großes Opfer. Aber auch ein Opfer, das nötig war. Akiras Blick strahlte Entschlossenheit aus, ihre Entscheidung war gefallen. Schnaubend stand sie auf, der Junge folgte ihr. Es war an der Zeit, dass sie es weiter versuchten. Der Regen war unterdessen stärker geworden, die Kleidung war auf gutem Wege vollständig durchnässt zu sein und der Waldboden verwandelte sich in ein Feld aus Pfützen und Matsch, was es nicht einfacher machte ihren Blade zu kontrollieren. Pechschwarze Haarsträhnen klebten ihr im Gesicht und an den nackten Schultern, als sie sich auf Kai konzentrierte. Wie er ihr verziehen hatte, dass sie ihm so misstrauisch gegenüber gewesen war. Wie er sie nach einem Streit mit Tyson wieder aufgebaut hatte. Wie er ihr unbedingt persönlich sagen wollte, dass er das Team verlässt, damit sie ihm nicht nachtragend ist. Wie er ihr hinterher gelaufen war, als sie wieder einen Ausraster hatte und bei ihr geblieben ist, bis sie sich wieder beruhigt hatte, obwohl sie ihn vorher so fies angefahren hatte. Wie er sich Sorgen gemacht hatte, dass Tala ihr zu nahe kommt. Wie er erneut versucht hat mit ihr zu reden, als sie so sauer wegen Hiro war. All die vielen Erinnerungen prasselten auf sie nieder wie der Regen, der ihre Haut benetzte. Die Schwere in ihrem Herzen wurde leichter und leichter, sie spürte das bekannte Flattern in der Magengegend. Ja, sie hatte sich in Kai verliebt. Stück für Stück hatte er sich die letzten Monate heimlich in ihr Herz geschlichen und jetzt erst hatte sie es wirklich bemerkt, was scheinbar schon lange so war. Die ganze Zeit hatte sie die Freude über sein aufmerksames und rücksichtsvolles Wesen, so selten er das auch sonst zeigte oder auch zeigen wollte, auf ihre Freundschaft geschoben. Deswegen war sie auch so verletzt gewesen, als er der BEGA beigetreten war, anstatt sich der G-Revolution anzuschließen. Die Kämpfe gegen Flash Leopard gingen nicht ohne Weiteres an ihr vorüber. Als sie erneut startete, bemerkte sie wie sie Anzahl der Schnitte an ihren Armen und Beinen stetig wuchs. Auch im Gesicht brannte es, aber sie versuchte die Schmerzen zu ignorieren. Akiras einzige Aufgabe war es sich vollends auf den in ihrem Herzen zu konzentrieren. “Komm’ schon, Dranzer... Kai braucht dich...”, presste sie leise zwischen den Zähnen hindurch und unterdrückte einen Schluchzer. Der Regen war mittlerweile zu einem regelrechten Wolkenbruch ausgeartet und übertönte jedes andere Geräusch im Wald. Aber mit einem Mal wurde es ganz leise. Akira keuchte und sah in den Himmel, einen Arm schützend über den Kopf gehalten, damit die dicken Tropfen nicht direkt in ihre Augen fielen. Donner raunte durch den Wald und ein roter Lichtkegel raste von der dichten Wolkendecke auf sie zu. Es war so grell, dass sie die Augen zukniff und die Hände schützend vor sich hielt. Sie konnte gar nicht so schnell reagieren, wie alles passierte. Entkräftet gaben ihre Beine nach, sie rutschte auf den nassen Boden und sah erleichtert wie der Lichtkegel, der auf dem Bit ihres Blades gelandet war, dünner wurde und am Ende versiegte, während Ozuma scheinbar seinen Teil des Rituals vollzog und Flash Leopard um ihren Blade kreiseln ließ. Aber das nahm sie gar nicht mehr wahr. Sie konnte die stummen Tränen nicht mehr aufhalten, die sich nun mit den Tropfen des Regens auf ihren Wangen vermischten. Der Blade kreiselte zu ihr und wie in Zeitlupe griff sie danach. Dranzers Bild war auf dem Bit zu sehen. Sie hatte es geschafft. Immer mehr Tränen sammelten sich, rannen ihr Gesicht hinab und nun konnte sie auch die Schluchzer nicht mehr aufhalten, die ihren Körper beben ließen. Wie eine Ertrinkende hielt sie Dranzer an ihre Brust, hatte Angst, dass er gleich wieder verschwinden würde. Ozuma kam auf sie zugerannt und kniete sich vor sie, nahm sie in den Arm. Er war genauso durchnässt wie sie. “Du hast es geschafft, Aki.”, flüsterte er ihr ins Ohr. “D-... Danke, Ozuma. Ohne euch hätte es nie funktioniert.”, schluchzte sie und erwiderte die Umarmung mit der freien Hand. Ihr Innerstes fühlte sich so wund und unglaublich verletzlich an, es überwältigte sie regelrecht. Sie brauchte wenige Minuten, ehe sie sich soweit gesammelt hatte, dass sie sich von Ozuma lösen konnte. Sein Großvater stand neben den beiden und sah erfreut auf sie hinab. Die Kapuze seines Umhangs hatte er über den Kopf gezogen, um sich vor dem Regen zu schützen. “Gut gemacht, Kind.”, sagte er lächelnd und machte sich wieder auf Richtung Dorf, ehe Akira antworten konnte. Sie sah ihm nur stumm hinterher, doch dann schüttelte sie sich unmerklich. “Ich muss dringend zurück! Die Sonne geht schon unter.”, sagte sie und sprang auf, sammelte Dranzers alte Überreste ein und stopfte alles in ihre Hüfttasche. Kurz sah sie an sich hinab. Sie war wirklich von oben bis unten verdreckt und voll Schlamm, was selbst der Schauer nicht abwaschen konnte. Ozuma und sie rannten dann ebenfalls Richtung Dorf, aber gerade, als sie zu dem Weg laufen wollte, wo sie hergekommen war, hielt er sie auf und zog sie mit sich. Sie standen wieder vor der Hütte des Alten, in der Ozuma kurz verschwand und mit einem Umhang wieder raus kam. Wortlos öffnete er ihn und legte ihn dem Mädchen um. “Du bist klatschnass. Nicht, dass du dich noch erkältest, wenn es gleich dunkel wird.”, grinste er sie an und sie lächelte dankbar. Es stimmte schon, in diesem Moment war es noch so warm, dass sie die nasse Kleidung nicht so massiv auskühlen würde. Aber das sah anders aus, wenn die Nacht hereinbrach, was jeden Moment der Fall war. “Ich begleite dich noch das Stück durch den Wald bis zur Haltestelle.”, sagte er dann und sah sich kurz um, überlegte. “Die nächste Verbindung nach Tokyo ist in ein paar Minuten. Wenn wir laufen, kannst du es noch schaffen.” Ihre Augen weiteten sich. Wenn sie den Bus nicht kriegen würde, müsste sie nochmal mindestens eine Stunde warten. “Na dann los!” Das Mädchen kratzte noch einmal die letzten Kraftreserven zusammen. Dranzer musste schleunigst zu Kai, jede Minute zu lange, könnte Konsequenzen haben. Gemeinsam liefen sie durch den Wald, der durch den einsetzenden Sonnenuntergang immer dunkler wurde. Der Regen hatte sein Übriges getan und den Boden so aufgeweicht, dass sie mehrfach fast ausgerutscht war. Langsamer machen war für sie allerdings keine Option. Von Weitem sah sie die ersten Straßenlaternen und atmete erleichtert auf. Die Haltestelle war nur noch wenige Meter entfernt und der Bus kam bereits auf sie zu. Bevor sie die letzten Meter überbrückte, drehte sie sich nochmal zu Ozuma um, der ebenfalls stehen geblieben war. Schwungvoll legte sie die Arme um seinen Hals und drückte ihn an sich. Er erwiderte die Umarmung mindestens genauso fest. “Danke!” Es tat ihr Leid, dass sie sich unter diesen Umständen wieder gesehen hatten. Auch wenn es gut tat ihn wieder in ihrer Nähe wissen zu können. Sie hatte ihn als Freund schon enorm vermisst. “Nächstes Mal zeigst du mir mehr von eurem Dorf.”, lachte sie leise und löste sich. Sie nahm sich vor nochmal her zu kommen. Vielleicht hatte ja auch Daichi Lust mitzureisen. “Gerne.” Ozuma grinste und sie verabschiedeten sich endlich, damit Akira in den nun wartenden Bus einsteigen konnte. Kapitel 20: Climax (G-Revolution) --------------------------------- Der Regen hatte mittlerweile wieder aufgehört. Es war bereits stockdunkel und nur die Lichter der Stadt erhellten Akiras Weg. Sie nahm die Kapuze des Umhangs ab, als sie das Zimmer betrat. Im Krankenhaus war schon seit ein paar Stunden kein Besuch mehr erlaubt, also hatte sie sich an den Schwestern und Pflegern vorbei geschlichen und stand nun vor dem Bett, in dem Kai lag. Er war direkt im Zimmer neben Tala, wodurch sie nicht lange hatte suchen müssen. Traurig blickte sie auf den Jungen hinab, der zu schlafen schien. Sie wusste nicht, ob er tatsächlich bewusstlos war, oder nur schlief und wollte ihn auch nicht wecken. Er brauchte die Ruhe nach seinem Kampf dringend. Wenigstens war Kai nicht an so viele Maschinen angeschlossen wie Tala nebenan, was sie etwas beruhigte, aber dafür hatte er den halben Körper bandagiert. //Ach Kai...// Wie sollte sie ihm nur wieder unter die Augen treten können, jetzt, wo sie wusste, was sie eigentlich für ihn fühlte? Sie seufzte tonlos und griff in ihre Tasche, zog den Blade heraus und sah auf den Bit mit Dranzers Antlitz. Sie hatte bei ihrer Rückfahrt versucht ihn so gut es ging zu säubern, aber da jedes Stück Stoff an ihr durchnässt und schmutzig war, war das kein leichtes Unterfangen gewesen. Vorsichtig legte sie den Kreisel in Kais Hand, spürte wie kalt sie war. Genau wie ihre. Ozumas Umhang hatte zwar etwas geholfen, aber allmählich war ihr die Kälte bis in die Knochen gekrochen und sie zitterte immer wieder unkontrolliert. Sie hatte ihre Aufgabe erfüllt. Jetzt war es an der Zeit nach Hause zu gehen. Nachdem sie auch noch kurz bei dem Russen vorbeigeschaut hatte, verließ sie das Krankenhaus wieder so ungesehen, wie sie gekommen war. Der Tag war für sie unglaublich anstrengend gewesen, das spürte sie mit jedem Schritt, der sie näher zu ihrem Zuhause brachte. Zitternd zog sie den Umhang enger zusammen und seufzte erleichtert, als sie durch das Eingangstor zum Haus ihres Großvaters schritt. Akira ging durch den Garten in Richtung ihres Zimmers, damit sie den Dreck nicht noch im Haus verteilte, sah hinüber zu Tysons Zimmer, in dem es dunkel war. Er war mit Sicherheit schon schlafen gegangen. Den ganzen Heimweg hatte sie sich schon gefragt wie wohl sein Match gegen Garland ausgegangen war, aber sie war sich auch sicher, dass ihr Cousin es garantiert geschafft hatte. Als sie ungelenk die Schuhe auszog, um auf den Engawa zu steigen, vernahm sie ein Geräusch aus dem Dojo, wo ihre Freunde zur Zeit übernachteten. Müde sah sie auf und erkannte, dass Ray um die Ecke des Gebäudes schaute. Sie hatte gar nicht erwartet, dass noch jemand wach war, da es bereits fast Mitternacht war. Die Erleichterung stand im Gesicht des Chinesen geschrieben, als er auf sie zukam. Mariah bog ebenfalls in den Gang und folgte ihrem Freund. “Aki, da bist du ja endlich!” Rays Stimme war gedämpft, er schien die anderen nicht wecken zu wollen, die wohl alle schon schliefen. “Hey, Leute.” Die Schwarzhaarige versuchte sich ein Lächeln abzuringen. Ray, der zu bemerken schien, wie miserabel sie sich fühlte, wollte sie umarmen, aber sie trat einen Schritt zurück. “Kommt mir besser nicht zu nahe, ich bin von oben bis unten verdreckt und nass.”, lachte sie leise und sah die beiden entschuldigend an. “Alles in Ordnung, Aki-chan? Hat es funktioniert?”, fragte Mariah. Akira war nicht verwundert, dass auch der Rest ihrer Freunde von dem Vorhaben mitbekommen hatten. “Ja, hat es.” Erneut erleichterte Blicke. Dann eine Gegenfrage. “Hat Tyson gewonnen?” “Ja, hat er.” //Ein Glück...//, dachte sie und spürte wie ein weiteres Mal an diesem Tag Tränen ihre Augen füllten. So viel Bangen und Hoffen und endlich schien sich gerade alles wieder zum Guten zu wenden. “Oh, Aki-chan!”, flüsterte die Pinkhaarige und konnte es sich nun nicht nehmen lassen das andere Mädchen in die Arme zu schließen, die keine Kraft mehr hatte sie davon abzuhalten. “Mensch, du gehörst dringend unter die Dusche! Du bist eiskalt und zitterst am ganzen Leib!”, stellte sie dann erschrocken fest, löste sich wieder von ihr. “Ja, da wollte ich direkt als erstes hin.”, flüsterte Akira und strich sich erschöpft eine feuchte Strähne aus dem Gesicht. Sie kam gar nicht dazu mehr zu sagen, als das andere Mädchen sie bestimmt in ihr Zimmer scheuchte. Nach der wohltuenden Dusche fühlte sie sich deutlich besser und vor allem aufgewärmt. Ray und Mariah hatten beide in ihrem Zimmer auf sie gewartet, da sie brennend wissen wollten was passiert war. Akira trat in Schlafsachen in den Raum und schloss die Tür hinter sich. Die Haare mit dem Handtuch trocknend, gesellte sie sich zu den beiden am kleinen Tisch in der Mitte ihres Zimmers. Mica lag neben der Pinkhaarigen auf dem Boden und ließ sich nur zu gerne von ihr den Bauch kraulen. “Wieso seid ihr eigentlich noch wach?”, fragte sie, als sie sich setzte und lächelte kurz, als sie ihren Kater beobachtete. “Ich wollte noch warten, bis du zurück bist. Ich hab’ den anderen gesagt, dass ich sie wecke, falls du nicht auftauchst. Deine Deadline wäre um Mitternacht gewesen.”, erklärte Ray. Ihre Freunde hatten sich wirklich Sorgen um das Mädchen gemacht, weil sie so lange gebraucht hatte. Die Japanerin fühlte sich schuldig, aber sie hatte keine Möglichkeit gehabt ihnen von unterwegs aus Bescheid zu geben. “Und ich wollte ihm Gesellschaft leisten. Ich konnte eh nicht schlafen.” Mariah lächelte sie an und lehnte sich mit der Schulter gegen ihren Freund. Die beiden waren wirklich ein goldiger Anblick zusammen, wie Akira fand. Sie bemerkte, wie ihre Gedanken dabei waren wieder in eine dunkle Ecke abzudriften und schüttelte sich unmerklich. “Tyson hat also gegen Garland gewonnen. Das heißt es ist unentschieden gegen die BEGA-Blader, richtig? Wie ist denn der weitere Plan?”, fragte sie stattdessen. “Morgen ist der letzte Kampf. Tyson wird wohl gegen Brooklyn antreten, wenn Garland Recht hat. Er, MingMing, Crusher und Mystel waren heute Abend hier. Boris hatte MingMing und Crusher befohlen Dragoon zu beschädigen, damit wir morgen verlieren, aber sie haben sich dagegen entschieden, als sie hier waren. Wir haben echt gedacht, dass das noch richtig eskaliert.” Ray schüttelte den Kopf und Akira verzog wütend das Gesicht. “Boris hat sich kein bisschen geändert...”, zischte sie, aber sie war sogar zu müde, um sich richtig aufzuregen. Sie hatten es alle ja schon vorher gewusst, dass er mal wieder alle an der Nase langführte. Wenigstens hatten seine Spieler es mittlerweile selbst verstanden. “Morgen also… Ich hoffe Tyson ist für dann fit.”, sprach sie dann und schaute nachdenklich auf den Tisch vor sich. “Dem geht’s super. Keine Sorge.”, grinste die Pinkhaarige wissend und brachte Akira damit wieder zum Lächeln. “Ist sonst alles vorbereitet?” Ein Kampf gegen Brooklyn war nicht ohne. Das hatten sie an Kai gesehen. Akira hoffte, dass sie das Ganze nicht für Dragoon wiederholen musste und seufzte. “Ja, Tyson und Dragoon sind bestens vorbereitet und heiß auf den Kampf morgen. Aber genug davon, was hast du erlebt? Du siehst ja echt fies aus.” Ray wollte gar nicht so direkt auf ihren Zustand eingehen, aber die Worte waren ausgesprochen treffend. Die Schwarzhaarige lachte leise. “Ich fühl’ mich auch fies.”, sagte sie leise, schluckte kurz, um weiter zu erklären. “Ich bin in Ozumas Dorf angekommen und konnte ihn glücklicherweise direkt finden. Er und sein Großvater haben mit mir ein Ritual durchgezogen, bei dem ich gegen Ozumas Flash Leopard kämpfen musste. Deswegen die Wunden.” Gedankenverloren strich sie über einen Kratzer an ihrer Wange, den sie vorhin erst im Spiegel gesehen hatte. Die beiden Chinesen blieben stumm, damit sie weiter sprach. “Es hat so lange gedauert, dass ich schon fast gedacht hab’, es wird nichts mehr...” Da waren wieder die Gedanken, die ihr Herz so schwer werden ließen. “I-... Irgendwann hat’s aber funktioniert und ich bin direkt wieder zurück nach Tokyo. Ich war vorhin auch bei Kai im Krankenhaus und hab’ ihm Dranzer hingelegt.”, beendete sie, bemüht um einen neutralen Ton, und sah wieder auf den Tisch. Sie hatte Angst, dass Ray, so wie Ozuma vorhin, aus ihr lesen konnte und bemerkte, dass etwas im Busch war. Dieses Gespräch würde sie heute nicht mehr überleben. Und auch für die Zukunft hatte sie sich vorgenommen, niemandem davon zu erzählen. Doch der Schwarzhaarige zog die Brauen zusammen, als er sie eingehend musterte. “Wie war Ozuma drauf?”, fragte er dann aber und Akira sah irritiert auf. Über die vielen Gedanken über Kai hatte sie bei Ozuma nicht mehr weiter über ihre Beziehung zu dem Saint Shields Leader nachgedacht, außer, dass sie über ihn hinweg war. Sie sah Ozuma nicht mehr auf diese Weise und jetzt, wo sie überlegte, wusste sie gar nicht, wie der Junge dazu stand. Vielleicht hatte sie das Thema auch mit Absicht nicht angesprochen, weil sie Angst vor dem hatte, was er sagen würde. Es war ja schon peinlich genug gewesen, dass er herausgefunden hatte, dass sie Kai mag. “Er hat sich gefreut mich zu sehen und direkt geholfen... Aber er war brav, falls du das meinst.” Akira hatte Ray ja von zumindest einem Kuss erzählt, mit dem Ozuma sie damals überrascht hatte. Es war nicht abwegig für ihn zu denken, dass er vielleicht wieder versucht haben könnte ihr näher zu kommen. Mariah unterdessen sah amüsiert zwischen den beiden hin und her. Ray hatte ihr wenn auch nur in abgespeckter Variante von Akiras Zwischenfall mit Ozuma erzählt und nun mitzubekommen wie ihr Freund ihr gegenüber so beschützerisch tat, brachte sie zum Lächeln. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es schon nach Mitternacht war. “Na dann ist ja alles gut und wir können endlich ins Bett. Ach, Aki-chan, alles Liebe zum Geburtstag.” Grinsend schmiss sich die Chinesin auf die Japanerin, überraschte sie mit einer festen Umarmung. “Ach Herrjeh, das hab’ ich ganz vergessen.”, lachte diese und war erschrocken über sich selbst. Über den ganzen Trubel war ihr tatsächlich völlig entfallen, dass sie morgen, beziehungsweise heute, Geburtstag hatte. Ray setzte sich ebenfalls grinsend auf und krabbelte zu den Mädchen, um Akira von der anderen Seite zu umarmen. Zu dritt saßen sie in einem Knäuel auf dem Boden und die Schwarzhaarige war mal wieder froh um ihre Freunde. Die ganze Spannung und Erschöpfung des Tages übermannte sie und sie begann wieder zu weinen. Sie fühlte sich vollkommen überfordert mit all den Gefühlen, mit denen sie innerlich zu kämpfen hatte und hatte auch keine Kraft mehr sich zusammenzureißen. Ray und Mariah bemerkten die Tränen, sagten aber nichts und dafür war Akira unglaublich dankbar. Sie wusste nicht, wie sie das überhaupt irgendwie erklären konnte, ohne auf ihre Zuneigung zu Kai eingehen zu müssen. Schluchzend zog sie Mariah fester an sich und legte die andere Hand auf einen von Ray Armen, die um sie beide geschlungen waren. An nächsten Morgen hatte Tyson sie geweckt. Sie war so erledigt gewesen, dass sie deutlich länger geschlafen hatte, als es sonst für sie üblich war. Ray und Mariah hatten den anderen von Akiras Rückkehr und dem Erfolg erzählt und ihr Cousin wollte es sich nicht nehmen lassen das Mädchen höchstpersönlich zu wecken, damit sie gemeinsam zur Arena los konnten. “Hey, Schlafmütze.”, flüsterte der Japaner grinsend, als er zu ihr ins Bett kroch. “Hm...” Das Mädchen schnaufte, schaffte es nicht die Augen zu öffnen, obwohl sie bereits wach war. “Ich hab’ gehört du hast es geschafft Dranzer zurück zu holen.” Tyson legte sich direkt neben sie, versuchte ihr Gesicht unter der Decke und den Haaren auszumachen. Endlich bewegte sie sich. Die Schwarzhaarige zog die Decke bis zur Nase runter und sah ihn müde an, blieb aber weiterhin stumm, was den Jungen lächeln ließ. Ungelenk versuchte er sie von der Decke zu befreien und zog sie in eine Umarmung. “Ich bin echt stolz auf dich.”, flüsterte er und nun musste sie lächeln. Immer noch schlaftrunken schlang sie einen Arm um Tysons Mitte, machte es sich an seiner Brust gemütlich. Sie hatten oft so gelegen, als das Mädchen im letzten Sommer so schlecht drauf war. Eigentlich waren sie ja nur entfernt verwandt, aber es fühlte sich für die beiden immer mehr so an, als seien sie in Wirklichkeit Bruder und Schwester, die sich nur lange aus den Augen verloren hatten. Es war bemerkenswert wie nah sie sich die letzten zwei Jahre gekommen waren. Damals hatte Akira niemals damit gerechnet, dass es sich so entwickeln würde. “Und alles Gute zum Geburtstag, Aki.”, lachte Tyson dann und drückte sie noch fester an sich. “Uwaa, Ty, du zerquetschst mich!”, rief sie, begann aber ebenfalls zu lachen. Wenig später war sie aufgestanden und hatte sich für den Tag angezogen. Ihre Kleidung vom Vortag lag in der Wäsche und da sie ein wenig besorgt war, sich vollends zu verkühlen, entschied sie sich ungewohnterweise für eine lange, schwarze Jeans, ein Tanktop und zog darüber eine dünne Collegejacke, die sie vor einigen Wochen in New York gekauft, aber noch nicht getragen hatte. Die Hüfttasche war über Nacht nicht getrocknet, also ließ sie sie aus. Dragoon war bereits von Kenny voll vorbereitet worden, sie würde wahrscheinlich keine weiteren Teile benötigen. Als sie auf die anderen getroffen war, hatten auch die ihr überschwänglich gratuliert. Tyson ließ verlauten, dass sie am Abend nicht nur ihren Geburtstag gebührend feiern würden, sondern auch ihren Sieg gegen die BEGA. Eigentlich war dem Mädchen überhaupt nicht nach feiern zumute, hielt sich aber zurück. Gemeinsam gingen sie los zur Arena, die brechend voll war. Für den Kampf, der folgen sollte, war aber niemand von ihnen gewappnet. Brooklyn betrat die Arena nach ihnen und ein erstauntes Raunen ging durch die Menge. Seine Aura war zum Fürchten. Er schien seine Niederlage gegen Kai nicht gut weggesteckt zu haben und wirkte fast apathisch. Seine ruhige Ausstrahlung, die man bisher von ihm kannte, war wie weggeblasen und der psychopathische Ausdruck in seinen Augen sorgte nicht nur bei Akira für eine Gänsehaut. Gleich zu Beginn gab Tyson Vollgas, attackierte Brooklyns Zeus, aber die Angriffe verpufften scheinbar. Zeus war standhaft wie auch in Kais Kampf. Brooklyn wollte das Match wohl schnell beenden und startete einen Angriff, der die Arena in Fetzen riss und Tyson auf dessen Boden fallen ließ. Der Japaner ging kurz k.o., konnte sich aber recht schnell wieder berappeln und stand erneut auf den Beinen. Auch dem heftigen Wind, den Zeus erzeugte, trotzte Dragoon und Brooklyn eskalierte vollends. Der Junge hatte eine unglaubliche Energie und sie wussten gar nicht wie ihnen geschah, als das BEGA-Gebäude kollabierte und sie sich plötzlich in einer anderen Dimension befanden. Der Gedanke, wie sie hier wegkommen sollten, kam auf, aber Tyson erstickte das Gespräch im Keim. Er würde seinen Gegner nicht zurücklassen, sondern ihm den wahren Geist des Beybladens beibringen. Das sei die einzige Möglichkeit ihn vor sich selbst zu retten. Plötzlich bemerkten sie, dass auch Kai da war und Akiras Herz krampfte kurz zusammen. Niemals hätte sie damit gerechnet ihn heute hier zu sehen, so wie er am Vorabend ausgesehen hatte. Er war immer noch bandagiert, schien sonst aber fit zu sein. Er stimmte Tyson zu, sah dann vielsagend zu ihr herüber. Akira schluckte. Der Junge war zwar unglaublich schweigsam, aber er wusste wie er jemandem mit einem Blick sagen konnte, was er sagen wollte. Er hatte Dranzer gefunden und ihn in einem Blade zu finden, der eindeutig nicht für ihn gebaut war, hatte Kai verraten, wer ihm sein BitBeast wohlbehalten wieder zurück gebracht hatte. Das Mädchen löste sich von seinem Anblick. Sie durfte jetzt keinen Gedanken daran verschwenden, wie sie sich fühlte. Ihr Cousin brauchte jetzt all ihre Unterstützung und Energie, damit er den BEGA Blader besiegen konnte. Der Kampf wurde in den Wolken von Brooklyns alternativer Realität fortgesetzt und besorgt sahen die anderen hoch. Eine dicke Wolkendecke versperrte die Sicht, aber zuckende Blitze und Lichter verrieten, dass es unerbittlich zuging. Es wurde zunehmend dunkler und bedrohlicher und selbst Hiro schrie den Jugendlichen zu endlich zu verschwinden. Doch niemand von ihnen dachte daran ihren Freund jetzt alleine zu lassen. Die Geister von Draciel und Wolborg stiegen empor und verschwanden in den Wolken. Driger, Strata Dragoon und Dranzer folgten nur kurz darauf und plötzlich war ein gleißendes Licht zu sehen, das mit einem Mal alles vereinnahmte. Dragoon hatte sich mithilfe der anderen BitBeasts verwandelt und Brooklyns Realität zerfiel. Die Freunde fanden sich in der zerstörten Arena wieder, die umliegende Nachbarschaft sah ähnlich kaputt aus, aber sie waren wieder im Hier und Jetzt, in ihrer richtigen Realität angekommen. Akira, die gefallen war, richtete sich wieder auf und sah, dass Tyson und Brooklyn immer noch am Kämpfen waren. Der Rotschopf schien sich wieder gefangen zu haben und er und Akiras Cousin sahen sich grinsend an, während Dragoon und Zeus weiter um die Oberhand fochten, jedoch mit deutlich weniger Intensität als vorher. Das hier war kein Match mehr zwischen erbitterten Gegner, sondern neuen Freunden. Tyson hatte es geschafft. Aus der Ferne sah das Mädchen Tala und Mr. Dickinson über die Trümmer steigen und sie lächelte erleichtert. Endlich war der Russe wieder wach. Auch die Zuschauer, die diese Dimension nie verlassen hatten, sammelten sich um die beiden Blader, um das Battle hautnah zu verfolgen. Wenig später konnten die beiden Blader ein Unentschieden herausschlagen. Wichtiger war aber, dass Brooklyn endlich seinen Spaß am Spiel gefunden hatte. Er wurde von seinen Teammitgliedern freudig in Empfang genommen, die mitgefiebert hatten und Tyson drehte sich lächelnd um, ging auf seine Freunde zu, die ihn für den heftigen Kampf beglückwünschten, auch wenn er nicht gewonnen hatte. Akira nahm ihren Cousin in den Arm. Sie war froh, dass der Spuk und der Stress endlich vorbei waren. Als sie sich von ihm löste, war Hilary Tyson schon um den Hals gefallen und lachend betrachtete die Schwarzhaarige die beiden, besonders weil Tyson plötzlich rot wurde, da er damit überrumpelt wurde. Akira dachte daran, wie Hilary ihr gesagt hatte, dass sie eventuell Gefühle für den Jungen hatte. Seit diesem Gespräch hatten sich die Mädchen nicht nochmal über das Thema unterhalten, aber scheinbar hatte Hilary ihre Antwort gefunden. Tala trat neben sie und beobachtete das Geschehen ebenfalls grinsend. “Na, wieder auf den Beinen?”, fragte Akira und sah zu dem Russen auf, die Arme vor der Brust verschränkt. “Jap.”, feixte der Rothaarige nur und sah sie an, legte dann einen Arm auf ihre Schulter. Sie ließ ihn gewähren, lachte leise und sah wieder zu ihren Freunden. Hilary hatte Tyson wieder losgelassen und Ray, Max und Daichi redeten angeregt mit Tyson, der laut lachte. Akira hatte nicht zugehört, worüber sie redeten, aber dann vernahm sie Dranzers Namen. Ihre Brauen wanderten neugierig nach oben. “Ja, Ozuma hat zum Glück helfen können. Kein Wunder, da wo der herkommt.”, sprach Ray und Daichis Gesichtsausdruck wurde nachdenklich. “Ozuma?”, fragte der Kleine und Akiras Gesichtsfarbe wurde auf einmal blass. Das hatte sie wieder vollkommen verdrängt. Ehe sie etwas sagen konnte, redete Daichi weiter. “Ihr meint aber nicht den aus dem Dorf von den Saint Shields, oder?” Akira zog scharf die Luft ein und schlug sie die Hände ins Gesicht. Der Jüngere hatte wohl am Vortag nicht mitbekommen, wo genau sie hingefahren war, sonst hätte er da schon davon erzählt. //Das hat er jetzt nicht gesagt, verdammt… Und das auch noch vor der versammelten Mannschaft...// Sie spürte, wie jemand weiteres in die Runde trat und sah Kai neben sich, der ähnlich neugierig wie Tala zu den anderen Jungs sah. //Mit bleibt gerade auch nichts erspart...// “Hä?? Woher kennst du den denn?”, fragte Max und der Kleine kratzte sich nur am Kopf. Er schien sich nicht daran zu erinnern, was Akira und er eigentlich ausgemacht hatten. “Na, das ist ein Cousin von mir. Meine Eltern sind auch aus dem Dorf von dem.”, plapperte er weiter und nun ließ das Mädchen resigniert den Kopf hängen, atmete tief durch. Mehrere Köpfe wirbelten zu ihr, nachdem Daichi kurz schweigend angestarrt wurde. Tala sah verwirrt zwischen den Jugendlichen hin und her. Er verstand gerade überhaupt nichts. “Akira!! Wusstest du das??” Tysons Stimme war unnatürlich hoch, was für den Schrecken sprach, den er gerade bekommen hatte. “Ty, komm runter. Ozuma hat es mir selbst erst gestern erzählt.”, versuchte sie ihn zu beschwichtigen. “Der Zwerg hat dich nackt gesehen!!!”, schrie er und Akira war verwundert, dass seine Stimme noch höher werden konnte. Ihr Gesicht errötete heftig, jetzt, wo sie sich wieder an die Situation von den Vorrunden in Japan entsinnte. “Hey! Ich bin kein Zwe-” “Danke, dass du mich wieder daran erinnerst, aber ich war nicht nackt, sondern immer noch in Unterwäsche! Außerdem stand er nicht alleine in der Tür, du Idiot!” Ihr kleiner Wutausbruch, der Daichi unterbrach, machte es nicht besser, da ihr nun auch wieder einfiel, dass Kai ebenfalls dabei gewesen war. Sofern es überhaupt noch möglich war, wurde ihr Gesicht noch roter. “Waaas?” Talas Stimme war leise, man konnte das fette Grinsen deutlich heraushören, aber da der Rest schwieg, klang es umso lauter. “Och Leute...”, flüsterte Akira frustriert und versuchte sich runterzufahren, massierte den Nasenrücken und atmete tief durch. Tala sah erneut in die Runde und stockte bei Kais ebenfalls rotem Gesicht, das so leicht war, dass man es fast übersehen konnte. Sein Grinsen wurde noch breiter, als er eins und eins zusammen zählte. “Hey, Kai, welche Farbe?”, kicherte er und bekam von dem Mädchen neben sich prompt eine mit der flachen Hand gegen seine Brust, was ihn zusammenzucken ließ. “TALA!”, schrie Akira und sah ihn böse an. “Selbst Schuld.”, kommentierte Kai nur, statt seinem Freund zu antworten, musste dann aber selbst grinsen, da der sich leicht vor Schmerzen krümmte und keuchte. Das Mädchen hatte eine seiner Verletzungen erwischt, die noch nicht ganz verheilt war. Ihr tat es im gleichen Moment schon wieder Leid, aber verdient hatte der Junge es trotzdem. “Was zur Hölle haben Ray und ich noch alles verpasst, als wir weg waren?”, fragte Max nun in die Runde, schien nicht zu wissen, ob er fassungslos oder amüsiert sein sollte. Hilary winkte ab und lachte, versuchte die Situation zu entschärfen. “Ach, nichts weiter.” Sie legte eine Hand beruhigend auf Tysons Schulter, der Tala mittlerweile einen äußerst genervten Blick zuwarf. Hätte er wohl doch besser die Klappe gehalten. Kenny lenkte das Gespräch wieder in eine andere Richtung und Akira sah ihn dankbar an, atmete erneut durch. Der Russe, der sich gequält lächelnd die Brust rieb, zwinkerte der Schwarzhaarigen zu, doch die quittierte das nur mit einem verärgerten Schnauben. “Können wir kurz reden?” Kais Stimme war leise, als sie ihren Kopf wieder zu ihrer anderen Seite drehte, sah sie, dass er sich leicht vorgebeugt hatte, damit sie ihn hören konnte. Der Moment, den sie seit gestern gefürchtet hatte, war nun gekommen. Das Mädchen nickte kurz, versuchte ihren Herzschlag wieder zu regulieren und folgte dem Älteren, der sich abwandte und von der Gruppe entfernte, ehe er einige Meter weiter stehen blieb, damit sie ungestört reden konnten. Akira zwang sich dazu cool zu bleiben, aber sie konnte auch nicht verbergen wie froh sie war den Jungen wieder lebendig zu sehen. Kai sah sie nun wieder direkt an und schien kurz zu überlegen. Dann lächelte er. "Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag." Da war wieder dieses Flattern in ihrer Magengegend. Sie ermahnte sich zur Ruhe, aber der Junge direkt vor ihr machte keine leichte Aufgabe daraus. "Danke." Ihr Lächeln, noch etwas unsicher, stahl sich eher ungewollt auf ihre Lippen und Akira strich sich peinlich berührt eine Strähne hinters Ohr. Es war ihr unangenehm mit ihm alleine zu reden, aber sie genoss es auch. Alles nur wegen dieser blöden Schmetterlingen. Doch sie standen hier sicher nicht nur deswegen hier. Erwartungsvoll sah sie ihn an und wartete auf das, warum er sie eigentlich auf Seite gebeten hatte. Kai bemerkte den Wechsel in ihrem Blick. “Wie hast du Dranzer retten können?”, fragte er schließlich. “Ozuma hat mir geholfen ihn mit einem Ritual wieder zu materialisieren. Der Blade, Dranzers irdische Hülle, war komplett zerbrochen und sein Geist wurde unmittelbar darauf freigelassen.”, begann das Mädchen zu erklären und meinte Trauer in Kais Augen zu sehen. Der Junge nahm den neuen Blade aus der Tasche und blickte darauf. “Bevor ich das Bewusstsein verloren habe, hab’ ich gespürt wie Dranzer gelitten hat. Ich habe gefühlt wie sehr er am Ende war, also sagte ich ihm, dass er gehen kann.” Die Schwarzhaarige konnte ihre Augen nicht von Kais Gesicht loslösen, das plötzlich so emotional wirkte. Der Junge hatte die Entscheidung nur schweren Herzens getroffen und auch damit abgeschlossen seinen Freund nie wieder sehen zu können. “Dranzer hat nur darauf gewartet, dass er zu dir zurückkehren kann. Auch wenn ich einiges an Überzeugungsarbeit leisten musste.” Sie lächelte aufmunternd, versuchte ihren Schmerz zu vergessen. Zumindest für den Moment. Kai schaute sie wieder an. Sie schwiegen einige Sekunden, in denen sie sich einfach nur in die Augen sahen und Akira konnte spüren wie dankbar der Ältere war. Ehe sie verstand, was passierte, hatte ihr Körper bereits reagiert und ihre Arme reichten an Kais Taille vorbei zu seinem Rücken, drückte sich vorsichtig an ihn, damit sie ihm mit seinen Verletzungen nicht weh tat, und legte ihren Stirn in seine Halsbeuge, schloss die Augen. Kai schien zunächst wie versteinert, legte aber nur kurz darauf selbst seine Arme um das Mädchen und erwiderte die Umarmung. Es war das erste Mal, dass sie dem Jungen körperlich so nah war. Sicher hatte sie ihn in der Vergangenheit das ein oder andere Mal umarmt, aber nicht so. Nicht auf diese Weise. Ihn jedoch so verletzlich und emotional vor sich stehen zu sehen, hatte jeglichen Verstand aus ihrem Kopf getrieben. Sie ahnte, dass sie es später sicher bereuen würde, aber das war in diesem Moment nicht wichtig. “Danke, Akira.”, flüsterte er. “Nichts zu danken. Ich bin froh, dass du wieder auf den Beinen bist.” Sie drehte ihren Kopf etwas zur Seite, damit er sie hören konnte. Die Stimme ebenfalls nur ein Flüstern. Sie hatte ganz vergessen wie er roch und atmete tief ein. Endlich löste sie sich wieder von dem Jungen und fuhr sich fahrig über die Augen, in denen sich Tränen gesammelt hatten. Sie hatte bereits am Vortag jegliche Kontrolle verloren und so oft geweint, wie lange nicht mehr. Das wollte sie jetzt nicht auch noch vor demjenigen rauslassen, der mitunter der Grund dafür war. Akira zwang sich wieder zu lächeln, entfernte sich wieder etwas von Kai und sah ihn an. “Sobald ich wieder an ordentliche Teile ran komme, bekommst du natürlich einen richtigen Dranzer. Versprochen.” Der Ältere entgegnete darauf nichts, sah sie aber lächelnd an und strich ihr flüchtig über den Schopf. Bevor sie schon wieder die Fassung verlieren würde, drehte die Japanerin sich um und ging wieder zu den anderen. Sie würde sich ganz bestimmt später selbst verfluchen, dass sie so viel Nähe zu ihm zugelassen hatte, das stand fest. Am späten Nachmittag hatte Tysons und Akiras Großvater alle zu ihnen nach Hause eingeladen. Boris war endgültig besiegt, die BEGA zerschlagen und neue Freunde gefunden. Das Dojo war voll wie nie und Opa hatte Tische und Essen organisiert. Sämtliche Teams und weitere Freunde, wie etwa Mr. Dickinson, saßen verstreut auf dem Boden der eigentlichen Trainingshalle und aßen gemeinsam, feierten ihren Sieg und den Erhalt ihres bekannten und geliebten Bey-Sportes. Auch Akiras Geburtstag wurde gebührend zelebriert, worauf das Mädchen zwar immer noch nicht scharf war, aber den Mund hielt. Tysons und Opas freudige Gesichter waren einfach ein zu guter Anblick. Erleichtert hatte sie auch feststellen können, dass sich ihr Cousin und Daichi soweit wieder vertragen hatten. Irgendwann wurde es ihr jedoch zu laut und sie schlich sich an ihren Freunden vorbei nach draußen. Die Müdigkeit steckte ihr immer noch in den Knochen und Tysons Kampf gegen Brooklyn, sowie das soziale Get-Together gerade hatten ihr noch mehr Energie ausgesaugt. Leise schloss sie die Schiebetür hinter sich, hoffte, dass niemand ihr Verschwinden bemerkt hatte und atmete tief durch. Sie brauchte gerade dringend Ruhe. Sich die Augen reibend ging sie den Engawa entlang um die Ecke und stockte, als sie Kai und Tala dort auf dem Boden an der Wand gelehnt sitzen sah. Eigentlich wollte sie sich auf dem Absatz wieder umdrehen, aber der Russe hatte sie bereits entdeckt und winkte sie grinsend zu sich. Ein lautloses Seufzen folgte und sie ging zu den beiden Jungen. “Auch genug von dem Trubel da drinnen gehabt?”, fragte Tala und beobachtete sie, wie sie sich resigniert neben ihn auf die Holzdielen fallen ließ. Kai, der auf dessen anderer Seite saß, schaute kurz zu dem Mädchen herüber. Die beiden sahen ähnlich müde aus wie sie sich fühlte, ganz besonders mit den vielen Bandagen an ihnen. “Ja, ist grad alles ein bisschen viel.”, antwortete sie nur und schaute in den blauen Himmel, auf dem gerade der Sonnenuntergang einsetzte. “Was ist eigentlich mit deinen Klamotten heute? So zugeknöpft kenn’ ich dich ja gar nicht.” Der Rotschopf zupfte lächelnd an ihrer offenen Jacke, an der sie lediglich die Ärmel mittlerweile hochgezogen hatte, die einen Teil der Kratzer verdeckt hatten. Es war zwar den ganzen Tag warm gewesen, aber die Kälte vom Vortag hatte sie immer noch nicht ganz verlassen, also hatte sie auch die Jacke bisher nicht wieder ausgezogen. “Ich bin gestern den halben Tag durch den Regen gelaufen. Man muss ja nicht übertreiben.”, seufzte sie müde und lehnte ihren Kopf gegen die Wand hinter sich, sah zu dem Jungen. “Stimmt, ich hab’ mitbekommen, dass du Dranzer zurück geholt hast.”, murmelte er vor sich hin und sah ebenfalls in den Himmel. Kai blieb weiterhin stumm. Akira nickte nur wortlos. “Das war bestimmt nicht einfach. Wie hast du das gemacht?”, fragte er dann und nun spürte sie die Blicke beider Jungen auf sich. Das Mädchen überlegte wie genau sie es erklären sollte und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. “Ich kenne jemanden, der unglaublich viel über die heiligen BitBeasts weiß. Er hat mit dem Ältesten aus seinem Dorf ein Ritual vollzogen, bei dem ich mit einem Blade im Kampf antreten musste, um Dranzer heraufzubeschwören. Es hat Stunden gedauert, bevor er mich erhört hatte, aber am Ende hat es tatsächlich funktioniert.”, erklärte sie knapp und hoffte, dass das Thema damit vom Tisch war. Sie hatte keine Energie näher auf das ‘Wie’ einzugehen. “Krass.” Der Rotschopf griff nach ihrer Hand und hob ihren Arm nach oben, besah sich die leichten Verletzungen auf ihrer Haut. “Siehst du deswegen so lädiert aus?” Die Frage brachte das Mädchen zum Lachen. “Sagt der, der wochenlang bewusstlos im Krankenhaus lag.” Leise kichernd schüttelte sie den Kopf, zog ihren Arm sanft wieder zu sich. Tala lehnte sich schelmisch grinsend zu ihr. “Wir können ja einen Invalidenclub gründen, Aki-chan. Und dann rennen wir alle in Unterwäsche rum.” Stöhnend verdrehte die Japanerin die Augen. Sie hätte ahnen können, dass ihr der Kerl wieder irgendeinen Spruch wegen vorhin drücken würde. “Benimm’ dich endlich, Tala. Oder ich setz’ mich zwischen euch.”, zischte Kai und warf ihm einen genervten Blick zu. Akira seufzte und setzte sich auf und kniete sich dem Russen zugewandt hin, damit sie ihm besser ins Gesicht sehen konnte. “Okay, Tala, ...”, setzte sie an und hob beide Hände, um sich zu sammeln. Kai und Tala sahen sie mit großen Augen an. So wie das Mädchen begonnen hatte, klang es deutlich zu vieldeutig. “... ich bin todmüde und gerade auch echt nicht in Stimmung für Blödsinn, also bitte, tu mir den Gefallen und schraub die dummen Sprüche etwas runter.” So viel Spaß es auch sonst machte mit dem Russen so rumzublödeln, aber gerade hatte sie einfach keine Nerven dafür. Kai musste sich ein Grinsen verkneifen und der Rotschopf sah sie mit gespieltem Schmollmund an. “Pf, dann geh’ ich halt wieder rein und rede mit einer der anderen Ladies.”, frotzelte er und wurde prompt von den beiden aufgehalten, ehe er sich erheben konnte. “Lass’ es besser ganz.”, grinste Akira, die wieder die Hände erhoben hatte, während Kai Tala an der Schulter zurück gezogen hatte. Sie konnte ihn jetzt nicht auch noch auf die restlichen Mädchen loslassen und der andere Junge schien den gleichen Gedanken gehabt zu haben. Sie wunderte sich gerade über sich selbst wie ruhig sie in dessen Nähe war, schob es aber auf ihre Müdigkeit, die eh schon ihr Hirn vernebelte. Erschöpft ließ sie sich seitlich kniend auf dem Boden nieder und lehnte sich gegen Talas angewinkelte Beine, legte dann einen Arm auf dessen Knie, um ihren Kopf mit der Hand abzustützen. Wortlos schüttelte sie den Kopf und sah ihm in die Augen. “Du bist echt unglaublich.”, murmelte sie dann schnaubend und Tala grinste nun wieder stolz. Ein Miauen ließ sie alle den Engawa hinab schauen, auf dem Mica gerade entlang tapste. Der Kater rieb sich kurz an Akiras Hüfte, ging dann gemütlichen Schrittes um Tala herum und schnurstracks auf Kai zu, der im Schneidersitz saß. Er kletterte zielgerichtet auf dessen Beine und rollte sich auf dem Schoß zusammen. Drei Augenpaare beobachteten den Kater belustigt. “Da hat dich wohl noch jemand vermisst.” Sie wollte die Worte gar nicht laut von sich geben, konnte aber auch nicht umhin ihren Kater lächelnd zu mustern, der gerade ausgiebige Krauleinheiten von seinem neuen Kissen bekam. Aber der Kater war nicht der Einzige, der zu der kleinen Gruppe gestoßen war. “Aki, da bist du ja-... Tala?!” Tyson stand an der Ecke zum Dojo und sah irritiert zu den Jugendlichen, ehe er auch Kai hinter den beiden ausmachte und sich wieder etwas beruhigte. Das Mädchen verstand warum ihr Cousin das eventuell falsch verstanden hatte, so wie sie gerade an dem Russen hing. Bevor ihr übermüdetes Gehirn jedoch den Befehl sich wieder aufzusetzen an ihre Muskeln weiterleiten konnte, hatte sich Tyson bereits neben sie auf den Boden gesetzt und zog sie schnaubend zu sich. Leise lachend ließ sie ihn machen, legte ihren Kopf auf seine Schulter und schloss die Augen. Einen Arm legte sie um ihn und hielt sich an seinem Shirt fest “Finger weg von ihr, Ivanov, sonst setzt’s was!”, brummte er und legte schützend die Arme um ihren Körper. “Meine Güte, was seid ihr Jungs alle so beschützerisch unterwegs.” Tala rollte theatralisch mit den Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. “Beruhig’ dich Ty, ich kann mich ganz gut gegen den Idioten wehren.”, grinste Akira, die Augen immer noch geschlossen. Irgendwie war es ja schon süß wie ihr Cousin gerade reagierte. So bekam sie auch nicht, dass der Russe sie empört ansah. “Das bin ich also für dich? Ein Idiot?” Der wehleidige Ton brachte das Mädchen wieder zum Lachen und sie öffnete erneut die Augen, um ihm die Zunge rauszustrecken. Tyson schien deutlich beruhigter und lockerte seinen Griff um Akira etwas, die sich aber kein Stück weg bewegte. “Ty, meinst du die anderen sind mir böse, wenn ich ins Bett gehe? Ich schlaf’ gleich echt im Sitzen ein.” Akira unterdrückte ein Gähnen und schloss wieder die Augen, während Tyson sie eingehend betrachtete, soweit es seine Position zuließ. “Was ist los, Aki? Du hast schon bis spät geschlafen? Wirst du krank?” Prüfend hob er die Hand und fühlte ihre Stirn, konnte aber keine stark erhöhte Temperatur feststellen. “Keine Ahnung, ich bin einfach nur durch.” Ganz abwegig war es nicht. Der lange Aufenthalt im Regen gestern, sollte gereicht haben, dass sie jetzt etwas ausbrütete, auch wenn sie gehofft hatte, dass der Kelch an ihr vorüber ging. Seufzend wollte sie sich aus Tysons Armen schälen und aufstehen, da war er ihr bereits zuvor gekommen, hatte sich aufgesetzt und das Mädchen kurzerhand am Rücken und den Beinen gepackt und sie mit einem Ruck hochgehoben. “H-...Hey Tyson, ich kann doch noch selbst laufen!”, rief sie erschrocken, hielt sich aber an ihm fest. Er war doch derjenige, der an zwei Tagen zwei Kämpfe hatte. Der letzte sogar mehr als heftig. Er sollte der sein, der erschöpft ins Bett fällt, aber der Junge war einfach immer noch voller Energie. //Nicht kaputt zu kriegen, der Kerl...//, dachte sie schmunzelnd und ließ ihn machen. Es würde eh nichts bringen zu diskutieren und die Kraft hatte sie auch nicht mehr. Auch Kai und Tala beobachteten das Spiel amüsiert. "Gute Nacht, Prinzessin.", rief der Russe hinterher, als Tyson an ihnen vorbei gegangen war. Akira quittierte das mit einem stummen Peacezeichen hinterm Rücken ihres Cousins, das den Rotschopf lachen ließ. Auch Kai musste schmunzeln, wandte seine Aufmerksamkeit aber wieder zu dem Kater, der immer noch in seinem Schoß lag. Kapitel 21: Euphoria -------------------- Es war ein ruhiger Samstagnachmittag, genau wie die anderen Tage der vergangenen zwei Monate seit dem Finale des Justice Five Turniers und BEGAs Untergang. Der Sommer war im vollen Gange und trotz Taifunzeit begrüßte sie heute ein strahlend blauer Himmel und warme Temperaturen. Es war fast August, die Zeit der Feste und Ferien, und die Freunde hatten sich seit Beginn der Sommerferien fast täglich am Fluss oder bei Tyson und Akira Zuhause getroffen. Die anderen Teams waren zwar schon kurz nachdem Boris besiegt war wieder abgereist, aber Ray und Daichi wollten beide noch einige weitere Wochen bleiben und Akira freute sich, dass sie endlich nochmal alle in Ruhe gemeinsam Zeit verbringen konnten. Sie wollte zwar während der schulfreien Zeit noch kurz nach Deutschland und auch Ozuma ein weiteres Mal besuchen, aber das hatte sie auf das Ende der Ferien geschoben, um die gemeinsame Zeit mit ihren Freunden ausgiebig nutzen zu können. Boris’ Organisation war zwar geschlagen, aber die BBA hatte sich gerade erst wieder berappelt und stand somit quasi noch in Kinderschuhen, wodurch sich das Organisieren von Ersatzteilen weiterhin verzögert hatte. Erst am Vormittag hatten Kenny und sie einige seltene Teile ergattern können und nun saßen sie bei ihr im Zimmer am Tisch und brüteten darüber, während die anderen den Tag wieder am Fluss verbringen wollte. Der Kleinere hatte endlich die Möglichkeit ihr zu zeigen, wie er damals vor Tysons Finalkampf gegen Kai während der Weltmeisterschaft, die Antriebswelle repariert hatte. Mittlerweile waren sie zwar mit den Hard Metal Systemen recht gut aufgestellt, wobei ihnen immer noch einzelne Parts gefehlt hatten, aber Akira war mehr als ehrgeizig ihren Horizont zu erweitern und sie musste schon lange genug darauf warten, dass sie das jetzt endlich mal lernte, da sämtliche alte Blades und deren Teile dafür nicht mehr zu gebrauchen waren. Nachdem Kenny ihr alles ausführlich erklärt hatte, setzte sie die Antriebswelle Teil für Teil auseinander und wieder zusammen. Sie war wirklich froh um ihre ruhigen Hände, sonst wäre das eine noch schwierigere Aufgabe gewesen mit der Pinzette in dem winzigen Bereich zu arbeiten. Das Vergrößerungsglas, das über der Antriebswelle platziert war, half zwar, aber es handelte sich um Millimeterarbeit. Hochkonzentriert starrte das Mädchen auf die Lupe und in das vermeintliche Chaos von winzigen Zahnrädern, während sie auf dem Boden vor dem Tisch kniete. Der Braunhaarige beobachtete ihr Tun mit ähnlicher Aufmerksamkeit und war auch der Einzige, der mitbekam, dass sie Gesellschaft bekommen hatten. Mit erhobenem Zeigefinger und ohne den Blick von Akiras Händen abzuwenden, signalisierte er dem Neuankömmling still zu bleiben, da das Mädchen kurz davor war es zu meistern. Gerade legte sie das letzte Zahnrad ein, teste kurz mit der Pinzette sowohl die Rotationsrichtung als auch den Widerstand und begann zu Grinsen. “Geschafft!”, flüsterte sie und Kenny beugte sich neben ihr vor, um noch besser in das Teil zu sehen. Auch er lächelte breit und sie sahen gleichzeitig auf und sich an. “Perfekte Ausführung, Aki!” Stolz hob der Kleinere die Hand und das Mädchen schlug lachend ein. Sie war jetzt noch mehr beeindruckt von der Leistung des Kleinen bei der Weltmeisterschaft, da er es deutlich schneller hinbekommen hatte das kaputte Teil darin auszutauschen. Erst jetzt, wo sie aufgesehen hatte, fiel ihr ebenfalls auf, dass sie nicht mehr alleine waren. Kai lehnte in der offenen Tür zum Engawa und besah sich die Szene scheinbar amüsiert, die Arme vor der Brust verschränkt. “Schon zurück, Kai?”, fragte der Kleine. “Ja, gerade eben. Tyson sucht dich.” Er nickte Kenny zu, der sich daraufhin erhob. “Sicher wegen dem neuen Dragoon.”, murmelte er vor sich hin. Mit den neuen Teilen hatten sie auch Tysons Blade endlich wieder auf Vordermann bringen können, der beim Match gegen Brooklyn massiv beschädigt wurde. Akira sah vom Älteren zu dem anderen Jungen und beobachtete ihn, wie er an Kai vorbei ging und den Raum verließ. Ihr Blick glitt nun wieder zum Größeren, der ihn erwiderte. Die Japanerin schüttelte sich unmerklich und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Teil vor ihr auf dem Tisch. Die letzten Wochen mit Kai ständig in der Nähe waren nicht die Leichtesten gewesen, aber es waren auch nicht die Schlimmsten. Sie war schon überrascht, wie gut sie das ganze Chaos mit ihren Gefühlen wegsteckte, aber der Fokus, dass ihr die Freundschaft wichtiger war, hatte unglaublich dabei geholfen. Ausgedehnte Meditationsübungen und das wiederaufgenommene Kendo-Training mit ihrem Großvater hatten ihr Übriges getan. Doch auch Kai hatte sich seit dem Finalkampf verändert. Entgegen ihrer Erwartung, war er nach Tysons Match gegen Brooklyn nicht einfach wieder in der Versenkung verschwunden, wie er es die letzten Jahre immer wieder getan hatte. Er war bei ihnen geblieben. Und das obwohl die Jungs nicht mal ordentlich miteinander kämpfen oder trainieren konnten. Ihre Beyblades waren zum großen Teil beschädigt und hatten dringend Reparaturen nötig, die sie bis heute nicht erledigen konnten und durch eine fehlende, große Organisation gab es auch keine Turniere oder Wettkämpfe, auf die man sich vorbereiten musste. Sie hatten einfach nur zusammen Zeit verbracht, Spaß gehabt und sich gezwungenermaßen auf andere Dinge konzentriert. Dass Kai mit von der Partie war, war dabei schon eine kleine Überraschung gewesen. Es war fast so wie im Vorjahr, wo sie sich gemeinsam als Bladebreakers für die damalige Weltmeisterschaft vorbereitet und auch sonst viel miteinander abgehangen hatten, nur dass sie mit Daichi nun ein Mitglied mehr waren. Dadurch, dass zudem Hiro wieder mit Tysons und seinem Vater in der Welt unterwegs war, tat es Akiras jüngerem Cousin unglaublich gut, seine besten Freunde um sich zu haben. Kai löste sich aus seiner Position und kam auf sie zu, ging direkt neben ihr in die Knie, um sich anzusehen, woran die beiden gerade gearbeitet hatten. Das Mädchen nutzte die Gelegenheit und griff neben sich, wo sie den neu gefertigten Dranzer abgelegt hatte und platzierte den Blade direkt vor Kai auf dem Tisch. “Hat lange gedauert, aber er ist auch endlich fertig.” Sie lächelte, vermied es aber ihm direkt in die Augen zu sehen. Kai antwortete erst nicht, nahm Dranzer in die Hand und besah sich das neue Stück genau. Eine seiner Hände griff in seine Hosentasche, nahm den Blade heraus, den er damals von dem Mädchen als Ersatz bekommen hatte und tauschte wortlos den Bit, vervollständigte Dranzer somit. Die ganze Zeit über hatte er Dranzers neue Hülle bei sich getragen, aber eingesetzt hatte er ihn bisher noch nicht. Der Verlust des BitBeasts schien immer noch an ihm zu zehren. Beinahe andächtig schaute er auf den nun komplettierten Dranzer in seiner Hand, während er den anderen Blade vor Akira legte. “Danke.” Sie spürte nun seinen Blick auf sich und sah auf, nickte lächelnd. Ehe sie sich jedoch wieder zusammenreißen musste, wandte er sich wieder der Antriebswelle auf dem Tisch zu. Akira beobachtete den Jungen mehr als sie eigentlich wollte und spürte wieder diese Schwere in der Magengegend. Sie versuchte sich abzulenken und plötzlich kam ihr etwas anderes in den Sinn. “Sag mal… wie hast du das damals hinbekommen, dass sich die Zahnräder andersrum drehen?” Wenn sie gerade schon fast das richtige Teil vor sich liegen hatte, wollte sie auch das nächste Mysterium lösen. Sie hatte viel mit Kenny darüber geredet, aber auch der Kleinere hatte sich keinen Reim darauf machen können, wie Kai es geschafft haben könnte. Er schien eine ähnliche Antriebswelle benutzt zu haben, wie die, die die beiden für Dragoon entwickelt hatten. Sie meinte ein Lächeln zu sehen, als der Junge noch näher rückte und sich vorbeugte. Beide Köpfe hingen über dem Vergrößerungsglas, als Kai die Pinzette nahm und einige der Zahnräder wieder entfernte. Akira wusste ja schon, dass er eine unglaubliche Ruhe ausstrahlte, zumindest solanger er nicht kämpfte, aber dass er zudem auch so ruhige Hände besaß, die die Antriebswelle schnell und präzise auseinander nehmen konnten, überraschte sie. “Die hier ist zwar etwas anders als die, die ich damals hatte, aber auch bei der liegt tiefer unten ein Teil, das man genau anders herum einbauen kann. Dadurch dreht sich das ganze System gegen den Uhrzeigersinn.”, erklärte er und mit zusammengezogenen Brauen studierte die Japanerin jeden Handgriff. Als er ihr zeigte, wie man das besagte Teil anders einsetzen konnte, übernahm sie und fügte den Rest wieder hinzu, um die Rotation erneut zu überprüfen. Ungläubig blinzelte sie, musste dann jedoch leise lachen. “Du Fuchs...”, grinste sie und sah ihn kopfschüttelnd an. Kai lächelte verschmitzt, ein Ausdruck, den sie lange nicht mehr bei dem Jungen gesehen hatte und wandte sich wieder dem Teil zu, um es wieder umzubauen. Gedankenverloren beobachtete sie ihn dabei. Er war ihr gerade wieder so nah und sie musste sich davon abhalten sich nicht weiter vorzubeugen. “Warum hast du früher nicht auch schon gezeigt, dass du sowas kannst?”, fragte sie ihn stattdessen und er sah sie fragend an, schien kurz zu überlegen. “Du wolltest den Job im Team unbedingt übernehmen. Da du keine eigenen Praxiserfahrungen hast, hieß das, dass du dich mehr reinhängen musst, als Kenny, und dafür war Übung nötig. Nur so kann man besser werden.” Seine Erklärung klang einleuchtend und Akira musste ungewollt lächeln. //Typisch Teamkapitän...// Sie fühlte sich wirklich zurückgesetzt in die Zeit bevor das Team auseinandergebrochen war. Kai hatte damals alles daran gesetzt, dass jeder einzelne von ihnen sein volles Potenzial entfalten konnte, damit sie das beste Team werden und gewinnen würden. //Damals, als vieles unkomplizierter war...// Das Mädchen strich sich eine Strähne hinters Ohr. Diese verdammten Schmetterlinge hatten sich mal wieder selbstständig gemacht und es kostete sie sämtliche Beherrschung das nicht nach außen zu zeigen. Doch der Junge bemerkte ihren Wechsel im Blick nicht, da er seinen Fokus ein weiteres Mal zu dem Ersatzteil auf dem Tisch zuwandte. Die Japanerin seufzte lautlos, stützte sich mit dem Ellenbogen auf dem Tisch ab und lehnte ihr Kinn gegen ihre Hand. Kai war so vertieft in seine Bastelei, dass sie sich ein paar Sekunden erlaubte ihn genauer zu betrachten. Und so nah wie er ihr gerade war, konnte sie mehr erhaschen, als sonst seitdem sie ihre Gefühle für ihn erkannt hatte. So oft er die letzten Wochen auch mit ihnen zusammen gewesen war, so hatte Akira stets versucht eine gewisse Distanz zu wahren, um Abstand von ihren Gefühlen zu nehmen. Viel genützt hat es nicht, aber dass sie kein so nervliches Wrack war, wie im letzten Sommer, verbuchte sie eindeutig als Erfolg. Vielleicht lag es zum Teil auch daran, dass sie sich dem Ganzen nicht entziehen konnte und gezwungenermaßen damit konfrontiert war, die Emotionen runterzuschlucken, während er und auch die anderen da waren. Auch wenn Unterdrückung sicher nicht die beste Idee war, waren die Schmetterlinge unglücklicherweise hartnäckiger als ihr Wille. “Aki-chan, bist du hier?”, tönte es aus dem Flur im Haus und plötzlich steckte Hilary ihren Kopf durch die nun geöffnete Tür. Die beiden Jugendlichen sahen beide auf und die Brünette blinzelte verwirrt, ob Akiras aufgeschreckten Blick, die sich ertappt fühlte. Sie räusperte sich kurz und hoffte, dass das Mädchen nicht gesehen hatte, wie sie den Jungen neben sich angestarrt hatte. “Hil, ist es schon so spät?”, fragte sie stattdessen. Sie hatte die Zeit völlig vergessen und noch überhaupt nicht mit ihrem Auftauchen gerechnet. “Ja, wir müssen spätestens in einer Stunde los, wenn wir zeitig beim Fest sein wollen.”, antwortete sie und legte ihre Sachen auf dem Schreibtisch ab, drehte sich dann wieder zu den beiden um. Erleichtert stellte Akira fest, dass ihr wohl nichts aufgefallen war. “So, Kai, und jetzt raus mit dir. Die anderen sind auch schon in Tysons Zimmer.”, grinste die Brünette und scheuchte den Jungen aus dem Raum, der folgsam aufstand und an ihr vorbei ging. Akira beobachtete das Geschehen amüsiert und schüttelte den Kopf. Als die Mädchen alleine und die Tür wieder geschlossen war, lehnte sie sich wieder mit den Ellenbogen auf den Tisch und legte den Kopf in beide Hände. “Was hast du denn bitteschön vor, wenn wir noch eine ganze Stunde haben?”, fragte sie lachend. Das Festival, wo sie mit der großen Gruppe hin wollten, war ein Matsuri am Fluß inklusive riesigem Feuerwerk. Hilary hatte zudem alle überredet, dass sie in Yukatas, traditionellen Sommerkimonos, hingingen. Da Akira selber, die ja erst seit rund zwei Jahren in Japan lebte, noch immer keinen besaß und auch sonst bisher eher selten Zeit gehabt hatte auf eins der vielen Feste zu gehen, hatte Hilary sie vor einigen Tagen erst zum Shoppen mitgezogen. Auch wenn sie noch Hilfe beim anziehen brauchte, so würde das sicherlich nicht so lange dauern, bis sie fertig waren. “Na, das volle Programm natürlich. Yukata, Haare, Make-Up!” Mit offenem Mund starrte die Schwarzhaarige das andere Mädchen an und verarbeitete deren Worte. Dann musste sie jedoch lachen. Natürlich würde Hilary sie nicht damit davonkommen lassen sich einfach nur den Sommerkimono überzuwerfen. Sie haben sich selten so rausgeputzt und allein zu feiern, dass sie als Team den Bey-Sport, wie sie ihn kannten, erhalten konnten, war Grund genug. Auch, wenn sie das eigentlich schon direkt im Anschluss zelebriert hatten. Einige Zeit später traten die Mädchen aus dem Zimmer. Hilary hatte ihnen beide Flechtfrisuren gezaubert und noch Haarschmuck von ihr mitgebracht. Akira trug einen dunkelblauen Yukata mit weißem Katzenmuster und einem weiß-blauem Obi und Hilary hatte einen orangenen Yukata mit buntem Blumenmuster und einem cremefarbenen Obi an. Die Jungs warteten bereits vor dem Haus, als die beiden im Eingangsbereich des Hauses ankamen und die Schuhe anzogen. Gerade wollten sie beide ins Freie treten, als sie aufsahen und die Blicke der anderen bemerkten. “Wow! Warum genau haben wir das nicht schon viel früher gemacht?” Max war der erste, der sich regte und grinsend auf die Mädchen zu ging. Lachend stellte er sich zwischen die beiden und zog sie an sich. “Maaax.”, säuselte Hilary und kicherte. Akira konnte auch nicht anders als zu grinsen. Amüsiert sah sie nun auch, dass Tyson seine Augen kaum von Hilary abwenden konnte. Seit dem Finale hatte das Mädchen wohl, soweit sie wusste, immer noch nicht mit ihrem Cousin geredet, aber es war jetzt offensichtlich, dass auch er gewisse Gefühle für die Brünette hegte. Und sie fand es einfach nur niedlich die beiden zu beobachten. Nun sah sie auch nach den anderen und musste sich eingestehen, dass den Jungs die traditionelle japanische Kleidung ebenfalls ziemlich gut stand. Die Yukatas für Männer waren zwar nicht so farbenfroh, wie die für Frauen, aber bunt waren sie als Gruppe allemal. Tyson trug ebenfalls Dunkelblau, Max ein dunkles Grün, Kai Bordeaux, Ray Weiß, Kenny Braun und Daichi Grau. “Na kommt, lasst uns endlich los. Sonst bekommen wir keinen guten Platz mehr.”, lachte der Chef und sie machten sich auf. Am Matsuri angekommen, teilten sie sich auf. Tyson und Daichi stürzten sich sofort auf die vielen Stände mit Leckereien, während die anderen auf einer Anhöhe in der Nähe vom Fluss einen Platz für die Gruppe suchten, damit sie später einen guten Blick auf das Feuerwerk hatten. Akira sah auf die vielen Buden und Stände. Im Hintergrund sah man den Schrein, dem das Fest gewidmet war, und unzählige Laternen und Lampions, die dem Areal später nach dem Sonnenuntergang, der gleich einsetzen würde, sicher eine unglaubliche Atmosphäre verleihen würden. Letztes Jahr hatte sie es leider verpasst mit ihrem Großvater und Tyson hierher zu kommen, weil sie genau dann in Deutschland war. Umso begeisterter war sie das alles jetzt endlich mal zu sehen. Die beiden Vielfraße kamen nur kurze Zeit später nach. Trotz, dass einiges los war, hatten sie sich in Rekordzeit mit allerlei eingedeckt und nun hielt Tyson Akira grinsend ein Erdbeer-Mochi entgegen. Das Mädchen musste lachen, dass er an sie gedacht hatte, und nahm es dankbar entgegen. Sie sah sich wieder um, während sie aß, konnte kaum genug von den tollen Eindrücken bekommen. Sie verteilten sich wieder, während Daichi und Kenny bei ihrem ergatterten Platz blieben, und auch Akira stürzte sich in das Getummel. Sie hatte Hilary schnell bei einem Stand verloren und drängte sich weiter durch, bis sie am Schrein angekommen war. Sie war schon häufiger hier gewesen, aber heute fühlte es sich anders an. Ehrfürchtig betrachtete sie die alten Gebäude im Licht der vielen Laternen und sah sich um. “Hey, Akira!” Irritiert sah sie sich um und erkannte einen hochgewachsenen Jungen, der auf sie zukam. Es dauerte ein paar Sekunden, ehe sie ihn erkannte und rollte genervt mit den Augen. //Oh, bitte nicht...// Jetzt zu verschwinden würde nichts bringen, er hatte sie definitiv erkannt und so, wie er sie die letzten Wochen vor den Ferien in der Schule verfolgt hatte, würde er sich auch nicht so einfach abschütteln lassen. “Siehst ja zum Anbeißen aus.” Sie versuchte durchzuatmen, damit sie ruhig blieb. Kenta Fujiwara, aus ihrer Parallelklasse, war so ziemlich der beliebteste Junge an ihrer Schule. Zumindest war es der mit dem meisten Einfluss, dank seiner stinkreichen Eltern. Das führte allerdings auch dazu, dass er glaubte sich alles erlauben zu können. Akira hatte schon herausgefunden, dass er ein großer Fan von Tyson und der anderen war und nachdem es in der Schule die Runde gemacht hatte, dass sie seine Cousine ist, hatte er fast täglich versucht sie in Gespräche zu verwickeln. Er war arrogant, aber bisher freundlich zu ihr gewesen, weshalb sie sich auch zusammengerissen hatte ihn nicht einfach links liegen zu lassen. Aber mittlerweile wurden auch so manche Sprüche aufdringlicher, was ihr unangenehm war. Sie sah es jedoch auch nicht ein, dass sie ihm mehr Aufmerksamkeit schenkte, als er verdiente, also blieb sie ruhig und hielt Abstand, selbst wenn es schwer fiel. “Fujiwara.”, begrüßte sie ihn nur knapp, wollte sich auch schon wieder abwenden, aber er hielt sie an der Hand fest. “Aki-chan, wie schön, dass du auch da bist. Komm doch eben mit zu meinen Freunden. Ich würde dich denen gerne mal vorstellen.” Ehe sie überhaupt antworten konnte, zog er sie schon hinter sich her, direkt auf die Gruppe Jugendliche zu, die seitlich vom Schrein versammelt standen. “H-... Hey, Kenta, lass mich los.” Sie versuchte ihren Arm zu befreien, aber sein Griff war fest. Er lächelte ihren Widerstand nur weg, drehte sich kurz zu ihr um, ließ ihre Hand los und legte stattdessen einen Arm um sie und zog sie weiter mit sich. Der Schwarzhaarigen reichte es nun. Sie spürte ihre Wut hochkochen und schnaufte. “Ich hab’ gesagt du sollst mich loslassen!”, rief sie böse, wirbelte herum und fasste seinen Arm und verdrehte ihn so, dass sie ihn fest vor sich im Griff hatte und nun hinter ihm stand. Sie war froh, dass ihr Großvater ihr außer dem traditionellen Schwertkampf auch noch so manche Abwehrübungen gezeigt hatte, die ihr jetzt zugute kamen. Auch wenn er größer und stärker war als sie, konnte sie ihn somit gut fixieren. “Akira, was soll das?” Der Junge schien überrascht und sah über seine Schulter. Akira schob ihn bestimmt von sich und ließ ihn wieder los. Seine Freunde, die nur wenige Meter entfernt standen, beobachteten die beiden mit großen Augen. “Fass’ mich ja nicht nochmal an, verdammt noch mal.”, zischte sie und erntete einen erbosten Blick. Kenta rieb sich den schmerzenden Arm, wollte sich empört aufbäumen und auf sie zugehen, aber stoppte und sah erschrocken an Akira vorbei. “Gibt’s ein Problem?” Das Mädchen erkannte sofort Kais Stimme neben sich und spürte Tysons Arm um ihre Schultern, der auf ihrer anderen Seite stand. Die beiden waren anscheinend in der Nähe gewesen, als sie den Jungen angeschrien hatte. Kenta blickte nur zwischen den Bladern hin und her und sagte nichts. “Nein, nicht mehr.”, schnaubte das Mädchen und verschränkte die Arme vor der Brust. Hoffentlich hatte das gesessen und er ließ sie jetzt endlich in Ruhe. “Komm, Aki.” Ihr Cousin zog sie sanft mit sich und die drei ließen die anderen Jugendlichen einfach stehen, Kentas brennenden Blick auf ihnen ignorierend. “Wer zum Teufel war der Kerl?”, fragte Tyson und sah sie mit zusammengezogenen Brauen an, als sie sich durch die Menge kämpften. Die Schwarzhaarige wartete, bis sie durch das Gröbste durch waren, ehe sie antwortete. “So’n arroganter Typ von meiner Schule. Er ist ein riesiger Fan von euch und versucht seit Wochen mir auf die Pelle zu rücken. Aber so aufdringlich wie heute war er bisher noch nicht gewesen. Hab’ nicht damit gerechnet, dass ich ihn heute auch hier treffe.” Sie war unglaublich genervt, versuchte sich aber wieder runterzufahren. Er war es nicht wert, dass das jetzt ihren Abend versaute. “Ich hab’ ein schlechtes Gefühl bei dem, Akira. Pass besser auf.” Kai sah zurück zum Schrein, wo sie hergekommen waren, und wieder zu ihr. “Ach, was will der Idiot schon machen?”, winkte sie ab und gesellte sich nun mit den beiden wieder zu den anderen. Die Sonne war bereits fast vollständig untergegangen und der Himmel strahlte in prallen Farben. Es würde nur noch wenige Minuten dauern, ehe das Feuerwerk begann und Akira stand am Geländer der Anhöhe und blickte zu ihren Freunden. Tyson und Kai standen mit Max einige Meter entfernt und schienen sich angeregt zu unterhalten, der Rest war noch unterwegs. Seit dem Vorfall vorhin hatten die beiden Jungs sie nicht mehr aus ihren Augen gelassen. Da sie selber allerdings auch keine Lust hatte wieder auf ihren Schulkameraden zu treffen, war sie hier an ihrem Platz geblieben und beobachtete einfach alles aus der Ferne. Seufzend ließ sie ihre Gedanken wandern und konnte nicht umhin den Ältesten der Truppe zu beobachten. Ihm stand der dunkelrote Yukata wirklich unglaublich gut und er hatte sogar die blauen Streifen weggemacht, die sonst immer seine Wangen zierten. Er sah so anders aus und das Mädchen merkte wie das Flattern in ihrer Magengegend stetig zunahm. So tief in ihren Gedanken bemerkte sie auch nicht, dass Ray plötzlich neben ihr stand und sie musterte, anschließend ihrem Blick folgte. “So läuft der Hase also...”, flüsterte er ihr zu und sie erschrak. Mit großen Augen sah sie den Chinesen an, der sie angrinste. Er lehnte sich nun ebenfalls gegen das Geländer und sah zu den anderen, hielt ihr eine Getränkeflasche entgegen, die er vorhin besorgt hatte. “Und ich dachte die ganze Zeit du bist so komisch drauf, weil du bei Ozuma warst.” Akira errötete und nahm die Flasche etwas zögerlich entgegen. //Verdammt Ray… Ich war zu unvorsichtig.// “Wie, komisch?” Eigentlich hatte sie gedacht, dass sie sich so wie immer verhalten hatte. Aber mal wieder hatte sie nicht mit dem unglaublichen Feingefühl des Chinesen kalkuliert. “Du bist stiller als sonst und...” Ray stockte und fing dann an leise zu lachen. “... Und du bist Kai die ganze Zeit aus dem Weg gegangen. Ich hätte es schon früher merken müssen. Ich hatte gedacht, dass du wegen Dranzer ständig wieder an Ozuma denken musst, aber jetzt ergibt es mehr Sinn.” Stolz es selbst herausgefunden zu haben grinste er sie an und kassierte einen Seitenblick vom Mädchen, die anschließend seufzte und resigniert den Kopf schüttelte. Sie öffnete die Flasche und nahm einen Schluck. “Ich war nur deswegen in der Lage Dranzer zurück zu holen. Ozuma hat es sofort gecheckt und nach unzähligen Fehlversuchen hat er mir gesagt, dass ich mir eingestehen muss, dass da mehr ist und mich darauf konzentrieren soll. Erst dann hat es funktioniert.”, erklärte das Mädchen und Ray nickte verstehend. “Ich muss dich nicht erst bitten es für dich zu behalten, oder Ray?”, fragte sie leise und sah wieder zu den anderen. Der Schwarzhaarige musterte sie wieder, das Grinsen war nun verschwunden. “Du hast nicht vor deswegen mit ihm zu reden, oder?” Sie schüttelte den Kopf, wandte ihren Blick aber nicht von Kai ab. Irgendwie hatte sie Angst, dass er ihr Gespräch überhören könnte, obwohl er weit genug weg stand. “Akira...”, setzte der Junge nun an und fasste sie an der Schulter, zwang sie ihn direkt anzusehen. “Ich hab’ das Jahr über gesehen wie gut du dich inzwischen im Griff hast. Bist du immer noch der Meinung, dass du dich weiter darauf konzentrieren solltest, anstatt dich auf jemanden einzulassen?” Die Japanerin blinzelte ihn an, musste dann jedoch leicht lächeln. “Nein, ich glaube ich wäre mittlerweile bereit dafür.” “Und warum willst du dann nicht ehrlich mit ihm sein?” Akira atmete tief durch. “Erstens: Ich bin froh, dass wir mittlerweile so gute Freunde sind. Das will ich unter gar keinen Umständen aufs Spiel setzen. Und zweitens: Wir reden hier von Kai. Ich weiß jetzt schon was dabei rumkommt. Eine Abfuhr und dann wird’s komisch zwischen uns. Nein, Danke.” Sie sah Ray in die Augen, wollte ihm klarmachen, dass ihr Standpunkt feststand. Eine kurze Stille entstand, in der der Chinese versuchte mehr aus dem Mädchen zu lesen und überlegte. Sein Blick schien nun fast amüsiert, was Akira irritierte. “Ist dir eigentlich aufgefallen, dass Kai sich ebenfalls komisch verhält?” “Meinst du, dass er diesem Sommer nicht einfach verschwunden ist, wie üblich?” “Ja, das auch. Aber auch sonst ist er anders.” Ray klang gewollt mysteriös und das machte das Mädchen verrückt. “Hat er was gesagt?” Unbewusst richtete sie sich etwas auf und sie schallte sich innerlich, dass sie gerade so aufgeregt war. “Nein. Aber, wenn du nicht so oft versuchen würdest ihm aus dem Weg zu gehen, wäre es dir mit Sicherheit auch schon aufgefallen.” Das Grinsen war wieder zurück und Akira stockte. “Ray, versuch’ ja nicht mir hier einen Floh ins Ohr zu setzen!” Sie stupste den Jungen bestimmt gegen die Schulter und sah ihn warnend an. //Was zur Hölle soll das werden, Ray?// Ihr Herz raste und die Gedanken jagten durch ihren Kopf. Was soll sie übersehen haben? Doch Ray blieb stumm, lächelte sie nur weiterhin an und ihr Blick glitt ungewollt wieder zum Ältesten der Gruppe, der sie beide scheinbar beobachtet hatte. Erschrocken lief ihr Gesicht erneut rot an und sie senkte ihren Blick. Das letzte, was sie wollte, war zu viel in Kais Verhalten interpretieren und sich eventuell sogar Hoffnungen zu machen. Sie hatte doch bereits eine Entscheidung dazu getroffen, warum brachte Ray sie dazu das nun in Frage zu stellen? Verärgert über sich selbst drehte sie sich um, schaute über das Geländer hinweg zum Fluss und boxte dem Chinesen dabei fester als eigentlich gewollt gegen den Arm. “Au!” Doch anstatt empört zu sein, lachte er leise über ihr Tun, während er sich den schmerzenden Arm rieb. Dann drehte er sich ebenfalls um und stützte sich auf das Geländer. “Hast du nicht gesagt, dass du froh bist, wenn ich erstmal Abstand vom Thema Beziehung halte?” Akira erinnerte sich an ihr Gespräch im Flieger, als sie von Australien zurück nach Tokyo gereist waren und Ray sah nun zu ihr herüber. “Das ist schon Monate her und da dachte ich auch noch, dass du vielleicht noch nicht bereit bist. Es war echt nicht leicht dich so leiden zu sehen wie letzten Sommer.” Die Schwarzhaarige sah nun auch zum Chinesen und konnte nicht umhin zu lächeln. Sie lehnte sich etwas zu ihm und stieß sanft mit ihrer Schulter gegen seine. So oft hatte Ray ihr schon mit Rat und Tat zur Seite gestanden und ihr auch eine Schulter zum Ausweinen geboten. Sie bezweifelte, dass er sie einfach ins offene Messer laufen lassen würde, wenn er sie dazu überreden wollte offen mit Kai zu sein. Hatte er also wirklich eine Ahnung? War sie doch zu vorschnell gewesen eine Entscheidung zu treffen und verzweifelt daran festzuklammern, auch nach der ganzen Zeit, die seit der Erkenntnis verstrichen war? Eigentlich war es doch genau wie mit Ozuma, außer, dass sie diesmal besser damit umgehen konnte und Kai zudem ständig in ihrer Nähe war. Damals hatte sie auch einen Entschluss gefasst, den sie eisern verteidigt hatte, auch wenn sie deswegen sprichwörtlich durch die Hölle gegangen war. Allerdings war sie da wirklich offen mit Ozuma gewesen. Er hatte gewusst, was sie für ihn gefühlt hatte, genau wie sie wusste, wie er empfindet. Und das hatte es am Ende um einiges schwerer gemacht darüber hinweg zu kommen. Schob sie ihre Freundschaft etwa als Grund vor, damit sie das alles besser ertragen konnte? Damit sie sich vor einer Abfuhr bewahren konnte? Akira musste ein Keuchen unterdrücken, als sie die Erkenntnis traf. Sie hatte aus reinem Selbstschutz gehandelt, ohne überhaupt in Betracht zu ziehen, dass Kai ihre Gefühle erwidern könnte. Der Gedanke daran war für sie so absurd, dass ihr diese Möglichkeit überhaupt nicht in den Sinn gekommen war. “Alles okay?” Sie schreckte aus ihren Gedanken, als Ray sie ansprach und blinzelte die aufkommenden Tränen weg, während sie ihren Blick nicht vom Fluss vor ihnen abwandte. “J-... Ja, hab nur nachgedacht.” Ein kleines Lächeln stahl sich wieder auf ihre Lippen. Heute wollten sie alle gemeinsam Spaß haben und da sollten ihre Gedanken dem nicht im Wege stehen. Sie würde noch genügend Zeit haben ihren wirren Kopf zu sortieren. Akira atmete tief durch und sah nun wieder zum Schwarzhaarigen. “Wenn wir schon beim Thema sind: Hast du eigentlich auch mal mit Tyson geredet?” Nun grinste Ray wieder. “Nein, aber witzig, dass dir das auch aufgefallen ist. Obwohl… So offensichtlich wie sich er und auch Hilary verhalten, ist es ein Wunder, dass sie es noch nicht selbst kapiert haben.” Akira kicherte zustimmend und lugte über ihre Schulter, wo ihr Cousin laut lachend irgendetwas erzählte. Die anderen waren auch bereits wieder zurückgekehrt und die beiden sahen Hilary auf sich zukommen. Die Japanerin und der Chinese richteten sich auf und machten ihr Platz, damit sie sich zwischen sie stellen konnte. “Na, was redet ihr zwei Hübschen so?”, grinste die Brünette und Ray und Akira sahen sich schmunzelnd an. Ehe sie jedoch antworten konnten, ertönte ein lauter Knall und ihre Köpfe wirbelten zum Himmel über der Uferwiese auf der anderen Seite des Flusses, was das Signal für den Start des Feuerwerks war. “Na endlich geht’s los!” Tyson stellte sich hinter die beiden Mädchen und sah voller Vorfreude in den Himmel. Lächelnd machten sie auch ihm zwischen ihnen Platz und Akira sah, wie sich Max, Kenny und Daichi zu Ray gesellten, wobei schon so wenig Platz war, dass die beiden Kleineren von Max und Ray ans Geländer geschoben wurden, damit die sich hinter sie stellen konnten. Sonst wurde es auch recht voll auf der Anhöhe. Akira spürte die Wärme eines Körpers direkt hinter ihr. Er war so nah, dass sie es fühlen konnte, jedoch berührten sie sich nicht. //Kai…?// Sie hatte ihn gerade nicht bei den anderen gesehen und zog verwirrt die Brauen zusammen. Ehe sie einen Blick über ihre Schulter werfen konnte, ragte ein Arm von hinter ihr hervor, um sich ebenfalls am Geländer festzuhalten. Der dunkelrote Stoff daran verriet es ihr. //Kai…// Sie stockte, das Herz hüpfte und eine Wärme breitet sich in ihrem Inneren aus. War es vorhin zu offensichtlich gewesen? Wie dachte er wohl darüber? Dachte er überhaupt daran? Die Gedanken rasten erneut, doch ein weiterer Knall riss sie zurück ins Hier und Jetzt. Unzählige Augenpaare beobachteten den dunklen Himmel, der nun stellenweise vom Feuerwerk erleuchtet wurde. Es war ein wunderschöner Anblick, den Akira niemals Leid werden konnte. Das wohlige Gefühl breitete sich noch mehr aus, kitzelte in ihren Fingerspitzen und ließ ihre Knie weich werden. Sie schloss kurz die Augen und sog die vielen Eindrücke ein. Die Präsenz ihrer Freunde, die knisternde Luft, die vielen verschiedenen Gerüche – und der Junge, in den sie verliebt war, ihr so nahe. Die wirren Gedanken von vorhin waren verschwunden und eine Klarheit durchströmte sie, wie sie es lange nicht mehr gespürt hatte. Das Gefühl von Zufriedenheit füllte sie von den Zehen bis zu den Haarspitzen und die genoss jede Sekunde davon. In diesem Moment war sie einfach nur glücklich. Sie öffnete die Augen, blickte in den prächtigen Himmel und lehnte sich ein wenig nach hinten. Kai stand nur wenige Zentimeter hinter ihr und sie spürte seine Wärme an ihrem Rücken, fast wie eine Umarmung, obwohl sie nur aneinander gelehnt dastanden. Es war egal, ob er in diesem Moment wirklich was für sie empfand oder nicht. Was zählte war, dass er da war. Dass sie alle da waren. Die Menschen, die ihr so viel bedeuteten. Wenn es nach ihr ginge, wäre es in Ordnung, wenn dieser Moment niemals enden würde. Später am Abend waren sie alle wieder im Dojo. Das Feuerwerk hatte eine ganze Stunde gedauert und da sie warten wollten, bis der Großteil der Leute weg war, ehe sie sich auch auf den Weg machten, war es recht spät geworden. In zwei Reihen hatten sie wie so oft die letzten Wochen Futons auf dem Boden ausgelegt, wo sie zu acht schlafen würden. Im schummrigen Licht lagen sie nun Kopf an Kopf zugewandt und ließen den Tag Revue passieren. Akira blieb still, während sie auf der Seite liegend die anderen dabei beobachtete. Sie lag ganz außen, da sie als einzige früh raus musste und niemanden unnötig wecken wollte. Ray, ihr gegenüber, lag auf dem Bauch und lachte über Tysons Blödeleien, der in Akiras Reihe als letzter lag, Hilary direkt neben ihm. Max, zwischen den Mädchen, lachte ebenfalls über Tyson. Kai war neben Ray und lag auf dem Rücken, starrte nur schmunzelnd an die Decke, und Kenny und Daichi neben ihm, die ebenfalls lauthals am Lachen waren. Das warme Gefühl von vorhin hatte sie bis jetzt begleitet und sie konnte nicht umhin jeden einzelnen lächelnd zu beobachten. “Was ist los, Aki?” Das Mädchen vernahm Rays Stimme und reckte den Kopf in den Nacken. Fragend sah sie ihn an. “Du siehst so selig aus. Was geht dir durch den Kopf?” Nun sahen noch mehr Augenpaare in ihre Richtung und sie musste grinsen. “Ich musste gerade daran denken wie lieb ich euch alle hab’.” Stille. “Wie schnulzig bist du denn heute drauf?” Tyson schmiss sein Kissen in ihre Richtung und erwischte seine Cousine voll im Gesicht, die daraufhin lachte und es zurück warf. Auch der Rest stieg ein und Max drückte die Japanerin im Liegen theatralisch an sich, die dadurch noch mehr lachen musste. “Ich sprech’ mal für alle, wenn ich sag’, dass wir dich auch lieb haben, Aki-chan!” Der Blondschopf ließ sie wieder los und sie rang um Luft. Immer noch kichernd drehte sie sich auf den Rücken und schloss die Augen. Niemals im Leben hätte sie vor zwei Jahren damit gerechnet, dass sich ihr Leben mal so entwickeln würde. Sie vermisste Robert zwar immer noch als ihren besten Freund, aber die Truppe war ihr so sehr ans Herz gewachsen, dass es durchaus erträglich war so weit weg von ihm zu sein. Lächelnd dachte sie daran, dass sie in einer Woche endlich nochmal nach Deutschland fliegen würde. Genau dann, wenn auch Ray und Daichi abreisen würden. Die Ferien würden dann nur noch zwei Wochen andauern. Es würde für sie zwar nur ein kurzer Besuch werden, aber wenigstens konnte sie diesmal wirklich nochmal ihre Eltern sehen. Und danach würde sie wieder Ozuma besuchen und endlich mehr vom Dorf sehen und hoffentlich auch einiges über die Bitbeasts lernen dürfen. “Wann musst du morgen eigentlich los, Aki-chan?” Hilarys Kopf ragte hinter Max hervor und sie sah die Schwarzhaarige fragend an. Trotz Ferien musste Akira am morgigen Sonntag zur Schule, da ein kleines Schulfest für direkt nach den Ferien geplant war und alle Klassen etwas beitragen und ihre Klassenräume entsprechend vorbereiten sollten. Akira hatte zwar keine Lust dazu, aber sie hatte keine andere Wahl. “Ich soll um acht da sein. Ich hoffe, dass das nicht so lange dauert.” Den Blick auf die Decke gerichtet verzog sie ihr Gesicht. Besonders nach dem Zusammentreffen mit Kenta hatte sie noch weniger Lust morgen in die Schule zu müssen. “Willst du danach auch zum Fluss kommen?”, fragte nun Kenny. Die BBA hatte dort ihren neuen, kleinen Standort aufgebaut. Ganz in der Nähe, wo sie als Team sonst auch trainiert und Zeit verbracht hatten. Die Eröffnung des kleinen Trainingsscenters war erst vor einigen Tagen gewesen und Mr. Dickinson hatte gefragt, ob sie Lust hatten den Neulingen ein paar Tipps zu geben. Natürlich hatten sie zugesagt. Endlich konnten sie nochmal zeigen was sie konnten. “Mal schauen, ob ich’s schaffe. Ansonsten gerne.” “Mr. Dickinson meinte, dass für vormittags und nachmittags Einheiten geplant sind, sonst lasst uns doch für morgen Mittag nochmal hier treffen, wir essen was und gehen dann nachmittags nochmal alle zusammen hin.”, warf Ray ein, der seinen Kopf auf den Händen abstützte und Akira nickte lächelnd. “Klingt doch nach einem guten Plan!”, grinste auch ihr Cousin, der sich sein Kissen wieder zurecht legte und reinkuschelte. Kapitel 22: Destruction ----------------------- Akira war fast schon erstaunt wie schnell sie in der Schule fertig gewesen war und sich nun auf dem Heimweg befand. Die Klasse war sich rasch einig gewesen was sie machen wollten, hatten die Aufgaben verteilt und erste organisatorische Dinge geklärt. Passend zum Mittag würde sie also Zuhause sein und freute sich darauf später mit den anderen Mr. Dickinson besuchen zu können. Am Morgen hatte sie mitbekommen, dass sogar ihr Großvater vormittags zum Fluss wollte, um sich das neue BBA-Center selber einmal anzuschauen. Das Mädchen ließ wieder ihre Gedanken wandern und dachte an das Gespräch mit Ray am Vortag. Ganz schlau daraus geworden war sie zwar immer noch nicht, aber es hatte ihr zumindest einen Denkanstoß gegeben. Vielleicht würde sie wirklich mal mit Kai reden müssen. Wie es in ihm aussah, konnte sie nur vermuten, aber dass er ihr beim Feuerwerk so nah gewesen war – zusätzlich zu Rays kryptischem Hinweis – hatte ihr schon etwas Mut gemacht ihre Entscheidung eventuell nochmal zu überdenken und in naher Zukunft ein Gespräch suchen zu wollen. Sie atmete seufzend aus und bog in die Einfahrt ihres Zuhauses ein. Als sie durch das Tor ging, sah sie Hilary von der anderen Seite des Hauses im Garten auf sie zukommen. Sie schien durch den Seiteneingang gekommen zu sein. Akira stoppte und legte den Kopf schief. Wollten die anderen nicht erst etwas später her kommen? “Hilary, ihr seid schon hier?”, fragte sie das andere Mädchen, das vor ihr zum Stehen kam. “Nein, ich bin vorgegangen, weil ich beim Essen vorbereiten helfen wollte.” Lächelnd hielt sie die Einkaufstüte hoch, die Akira zuerst nicht gesehen hatte. Die Brünette nahm ihre Aufgabe im Team als Managerin immer noch sehr ernst, auch wenn sie im Moment nicht aktiv tätig sein konnten. Dafür hatten die beiden Mädchen mittlerweile sogar das eine oder andere Mal den Großvater aus der Küche gescheucht, damit sie auch ihn etwas entlasten konnten so viele Jugendliche bekochen zu müssen. Allein durch Daichi und Tyson war es nämlich kein leichtes Unterfangen alle satt zu bekommen. Die letzten Wochen war es wirklich turbulent im Haus mit so vielen Leuten. Genau wie in den paar Wochen vor dem Justice Five Turnier, wo zusätzlich auch die aus den anderen Teams bei ihnen aufgeschlagen waren. “Die anderen wollten aber auch nicht mehr lange da bleiben-... Hallo, können wir helfen?” Hilary sah an Akira vorbei zum Tor und die Schwarzhaarige drehte sich um. “Kenta?” Den Vormittag war sie schon froh gewesen den Jungen nicht in der Schule gesehen zu haben und jetzt war er ausgerechnet bei ihr Zuhause aufgeschlagen. Genervt atmete sie aus und ging auf ihn zu. “Was willst du hier?” Sie hatte am gestrigen Abend wirklich gehofft, dass sich das Ganze endlich erledigt hätte, aber der Ausdruck auf Kentas Gesicht sprach etwas anderes. Sie konnte ihn nicht recht deuten, aber verärgert schien der Junge allemal. Hilary verstand schnell, dass es sich um den Schulkameraden handeln musste, der die Schwarzhaarige am Vorabend bedrängt hatte. Sie entschied sich vorerst dazu still zu bleiben und erst einzugreifen, sobald er wieder etwas seltsames versuchen wollte. “Was sollte das gestern, Akira? Du hast mich vor meinen Freunden bloßgestellt. Und vor Tyson und Kai.” Seine Stimme war ruhig, strahlte aber etwas Unheilvolles aus und die Schwarzhaarige zog die Brauen verärgert zusammen. “Ich hatte dir vorher gesagt, dass du mich loslassen sollst, aber du wolltest ja nicht hören.” Sie versuchte sich nicht wieder aufzuregen, aber der Junge strapazierte wirklich ihre Nerven. Anstatt zu antworten ging er auf sie zu und sie hielt sich davon ab aus Reflex einen Schritt nach hinten zu machen. Seine Augen brannten, aber Akira wollte ihm auch nicht die Genugtuung geben, dass sie ihm auswich. Nicht hier in ihrem Zuhause und vor allem nicht mit Hilary direkt hinter ihr, die gegebenenfalls mit in den Zwist hineingezogen werden könnte. Diese hingegen sah unsicher zwischen den beiden hin und her. Stur erwiderte Akira seinen Blick und gerade, als er wie am Vortag nach ihren Arm griff, riss sie sich los und wollte parieren. Sie rechnete jedoch nicht damit, dass sich Kenta blitzschnell lösen konnte, ausholte und ihr mit voller Wucht mit dem Handrücken eine Ohrfeige verpasste, die ihren Kopf zur Seite wirbeln ließ. “Das funktioniert nicht nochmal, Kleines!” Akira und Hilary waren gleichermaßen schockiert und regungslos und die Schwarzhaarige sog scharf die Luft ein. Ein brennender Schmerz breitete sich über ihre rechte Gesichtshälfte aus, der sie in Schockstarre versetzte. Aber auch Hilary konnte nicht so schnell reagieren, wie der Junge Akira nun am Hals gepackt und sie von Hilary weg und gegen die Hauswand des Engawa gedrückt hatte. Mit großen Augen sah die Japanerin den Jungen an und Panik kroch in ihr hoch. “Du hast mich blamiert. Glaub ja nicht, dass du einfach so davon kommst.” Sein Gesicht war so nah, dass sie seinen Atem auf der Haut spüren konnte und sie wusste nicht was ihr unangenehmer war. Der Griff um ihren Hals oder seine Nähe. “Aki, er hat ein Messer...” Hilary hatte sich endlich aus ihrer Position gerührt und die Einkäufe fallen gelassen, zögerte aber immer noch dazwischen zu gehen, jetzt wo sie sah, dass er bewaffnet war. Kenta grinste nur und reichte nach hinten, während seine linke Akiras Hals weiterhin fest im Griff hatte. Sein Blick schien das Mädchen fast zu durchbohren und die Schwarzhaarige zwang sich den Kopf von sämtlicher Panik, die sie gerade noch mehr befiel, frei zu machen und den stechenden Schmerz in ihrem Gesicht zu ignorieren. Er trug eine Waffe bei sich und war nur wegen ihr hier. Hilary durfte unter keinen Umständen verletzt werden. Das würde sie sich niemals verzeihen. Wütend erwiderte sie nun seinen Blick, während er die Klinge hob und nun an ihr Gesicht hielt. “Bleib weg, Hil!”, befahl sie dem anderen Mädchen und hoffte, dass sie sich daran hielt. Sie würde das sicher schon irgendwie ohne Kollateralschäden regeln können. “Du scheinst nicht zu kapieren wer ich bin, Aki-chan. Man serviert mich nicht einfach ab und stellt mich zudem noch vor allen bloß.” Die Stimme fast schon ein Säuseln, wurde sein Blick weicher und er sah auf die Spitze der Klinge, die nahezu liebevoll an Akiras Kinn entlang glitt. “Ich will nichts von dir und ich will auch nichts mit dir zu tun haben. Bekomm’ das endlich in deinen Dickschädel, Kenta.” Die Schwarzhaarige wusste, dass es riskant war ihn noch mehr zu reizen, aber sie konnte sich auch jetzt noch nicht zurück halten. Sie vermutete, dass er ihr damit nur Angst einjagen wollte, damit sie sich fügte. Er war zu beliebt und bekannt an der Schule, als dass er sich das alles mit sowas versauen wollen würde. Sie zwang sich tief durchzuatmen, soweit das mit Kentas Griff möglich war und versuchte erneut den Überraschungsmoment für sich zu gewinnen, indem sie mit beiden Händen nach seinen fasste, um zumindest die mit dem Messer von sich abzuwenden, doch auch damit hatte der Junge wohl gerechnet. Erneut konterte er und mit einem Mal drückte er sie an der Wand hoch, dass sie nur noch mit den Zehenspitzen auf dem Boden Halt hatte und sie spürte, wie ein enormer Ruck durch ihre linke Schulter ging. Kenta hatte sie mit der langen Klinge regelrecht an der hölzernen Hauswand festgepinnt. “AKIRA!!” Die Augen weit aufgerissen, keuchte sie. Der Versuch auf Hilarys Schrei zu reagieren, schlug fehl und so konnte sie nur bewegungslos zusehen, wie die Brünette auf Kenta los wollte, der nun zwar scheinbar nicht mehr bewaffnet war, sich aber dennoch mühelos gegen das andere Mädchen wehren konnte, sie von sich stieß und mit einem gut gezielten Tritt schlitternd auf den Boden beförderte. Alles passierte so schnell, dass die Schwarzhaarige einige Sekunden benötigte, um mit ihrem schmerzvernebelten Hirn die Situation zu verarbeiten. Schwer atmend sah sie zu Hilary, die sich auf dem Boden liegend nun nicht mehr rührte. “Hil… HILARY!!!” Sie wollte zu ihr, ihr helfen und vor allem diesen Mistkerl ausschalten, der sie nun siegessicher angrinste. Wie gerne wollte sie ihm dieses Grinsen aus dem Gesicht wischen. Aber es ging nicht. Sie versuchte irgendwie Halt zu finden, obwohl sie auf Zehenspitzen stand und die Klinge ließ nicht zu, dass sie sich aus ihrer Position lösen konnte. So war es ihr auch nicht möglich auszuweichen, als er wieder auf sie zukam, noch näher als vorher. Sie wollte wütend sein, all ihren Zorn an ihm rauslassen, was sie aktuell als einzige Möglichkeit sah sich gegen ihn zur Wehr zu setzen, aber Panik füllte wieder ihre Gedanken. Niemals hätte sie damit gerechnet, dass er sie wirklich mit dem Messer angreifen würde. Viel zu überrumpelt war sie von dieser Situation und er hatte das gnadenlos ausgenutzt. Akiras Atem ging abgehackt, als sie aufsah. Kenta stand nun direkt vor ihr, das Grinsen wich einem Schmunzeln. Sie spürte, dass er die Panik in ihrem Blick erkannt hatte und es genoss. Er hob seine beiden Hände und fasste erstaunlich sanft ihr Gesicht, sah ihr direkt in die Augen. “Du wirst schon noch nachgeben, Kleines. Eigentlich fand ich dich anfangs interessant, weil du mit Tyson verwandt bist, aber ganz ehrlich… Du kleiner Wildfang hast schon was an dir.” Mit jedem Wort wuchs in dem Mädchen das Entsetzen über das, was gerade hier passierte. Aber der Schock hielt sie davon ab, dass sie etwas entgegnen konnte – weder verbal noch physisch. Ihre Arme hingen leblos an ihrem Körper hinab, während sie all ihre restliche Kraft benötigte aufrecht stehen zu bleiben, damit sich die Klinge nicht noch weiter in ihr Fleisch bohren konnte. Kentas Gesicht kam ihr noch näher und seine linke Hand ließ ihr Gesicht los, wanderte über die Bluse ihrer Schuluniform entlang nach unten und blieb auf Akiras Hüfte liegen. “Nichtsdestotrotz musst du dafür bestraft werden, dass du mich so bloßgestellt hast.” Sie hatte die Worte noch nicht verarbeiten können, da hatte der Junge mit der rechten erneut nach dem Messergriff gefasst und einige Millimeter nach oben gedrückt. Akira verzog das Gesicht schmerzverzerrt und schrie aus tiefster Kehle. Zu viele Rezeptoren schickten den Schmerz in ihr Hirn, dass das Mädchen völlig überfordert war und abschaltete. Das unerträgliche Stechen in ihrer Schulter, das Brennen in ihrem Gesicht, fremde Lippen, die plötzlich ihre Schrei erstickten, und eine forsche Hand, die sich unter ihren Rock verirrt hatte – nein, zwei. Die Zeit stand für sie still und sie empfand den Augenblick als quälende Ewigkeit, in der sie einen absoluten Albtraum erlebte, von dem sie nichtmal wusste, dass es ihn gab. Unfähig sich zu wehren, war sie dem Jungen gnadenlos ausgeliefert, der Grenzen überschritt, die Akira immer als selbstverständliche Barriere wahrgenommen hatte. Und das alles zusätzlich zum Fakt, dass er auch noch Hilary verletzt hatte. Dennoch konnte sie nichts tun und das machte sie auch wütend auf sich selbst. Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als Kenta gewaltsam von ihr weggerissen wurde und nur schemenhaft konnte sie erkennen, dass jemand den Jungen nicht nur von ihr entfernt, sondern ihn auch weit weg von ihr zu Boden befördert hatte. Das Mädchen atmete unregelmäßig und abgehackt, blinzelte ein paar Mal, um die Sicht wieder zu klären. “Aki...” Nur ein Flüstern, fast zaghaft. Dunkle Augen, die sie unsicher musterten, die violette Note der Farbe. Sie kannte diese Augen. Mit einem Mal riss es sie aus dem Nebel der Gedanken und sie nahm zitternd aber erleichtert Luft. “Kai...” Sein Blick wirkte nun gleichermaßen erleichtert. Sie war ansprechbar, das war jetzt das Wichtigste. “Was ist pass-... HEILIGE SCHEISSE!” Akira vernahm das laute Organ ihres Cousins und nun begriff sie, dass die anderen endlich alle vom Fluss zurück waren. Der Albtraum war jetzt vorbei. “Tyson, sieh’ nach Hilary! Kenny, ruf den Notruf an. Max und Daichi, seht nach, ob der Bastard noch ein Messer bei sich hat. Und haltet ihn irgendwie fest, damit er nicht abhauen kann!” Kai hatte sich den anderen zugewandt und schien als einziger klar denken zu können. Akira hatte ihren Kopf endlich wieder soweit sortiert, dass sie ihre Umgebung überblicken konnte und beobachtete, dass der Rest Kais Anweisungen kommentarlos folgte. Unterdessen hatte der Ältere sie an der Taille gepackt und fixiert, damit die Klinge nicht drohte noch mehr Schaden anzurichten, während Akira versuchte aufrecht stehen zu bleiben. “Ray, ich brauch’ deine Hilfe hier!” Der Chinese kam auf sie zu und auch in seinem Blick nahm sie Ungläubigkeit und Schrecken wahr. Als sie ihm entgegen blickte, konnte sie nun auch den Messergriff erkennen, der aus ihrem Körper ragte. Sie nahm wieder zitternd Luft, als sie panisch darauf starrte. Sie war vorhin zu abgelenkt gewesen und hatte das Ausmaß – neben den Schmerzen – noch gar nicht recht realisiert. Die Klinge nun in ihrem Körper stecken zu sehen und das Blut darum, das ihre weiße Bluse tränkte, war nochmal etwas anderes. Kai hatte Ray noch etwas entgegen gerufen, das Akira nicht verstanden hatte, als er ihren Blick auf dem Messer bemerkt hatte und sie sanft aber bestimmt am Kinn fasste und sie zwang wieder aufzusehen. Er sah sie nur kopfschüttelnd an und sie verstand, dass sie sich das nicht antun sollte das Bild weiter in ihre Netzhaut zu brennen. “Sie ist wach!” Erneut Tysons Stimme und Akira atmete erleichtert auf, als sie verstand, dass er Hilary meinte. Aus den Augenwinkeln nahm sie wahr, wie sich der Japaner aufrichten wollte, aber Kai schrie ihn an. “BLEIB BEI IHR, TYSON!” Das Mädchen konnte spüren, wie sich die beiden Jungs anstarrten, ehe Tyson sich wieder auf den Boden kniete. Ray löste Kai ab Akira festzuhalten und stand zu ihrer linken. Auch er sah unsicher zwischen Kai und Tyson hin und her, wandte sich dann aber ab und ihr zu. “Verdammt, er soll bei Hilary bleiben, sonst bringt er den Kerl noch um...”, zischte Kai und nun fiel auch der Schwarzhaarigen auf wie ungehalten ihr Cousin auf den bewusstlosen Kenta blickte. Kai wollte verhindern, dass er etwas tat, was ihm nachher leidtun würde, auch wenn nicht nur der Ältere selbst wahrscheinlich am liebsten das gleiche machen wollte. Das Mädchen sah wieder auf zu Kai, der nun auf ihre Schulter starrte und zu überlegen schien. “Ray, sie muss da runter.” Akira versuchte ihren Blick nicht wieder zu Ray schweifen zu lassen und sah weiter geradeaus, versuchte ihren Atem zu beruhigen. Zur Bestätigung von Kais Aussage spürte sie, wie ihre Beine langsam die Kraft verließ. Trotz Rays festem Griff, drückte dennoch fast ihr ganzes Körpergewicht auf die Klinge. So gut es ging untersuchte der Chinese ihre Schulter und den Winkel, wie das Messer darin versunken war. “Dafür müssen wir das Messer raus holen und dann kann sie unter Umständen verbluten.” “Ich weiß, aber so kann sie nicht hängen bleiben. Der Krankenwagen wird sicher zehn Minuten brauchen, bis der hier ist. So lange wird sie nicht durchhalten.” “Verdammt. Wie hat der Kerl es auch geschafft genau zwischen Schlüsselbein und Schulterblatt zu treffen? Die Spitze steckt zwar nicht weit im Holz, aber das Messer will sich kein Stück bewegen lassen. Das wird nur mit einem ordentlichen Ruck funktionieren, Kai. Und es dabei in einem anderen Winkel rauszuziehen, wie es rein ist, kann noch fataler sein.” Akira blieb stumm. Sie hatte wirklich keine Energie mehr und kämpfte verzweifelt darum auf ihren Zehenspitzen zu bleiben. Das Gewackele von ihr würde sicher nicht besser sein als Kais Vorschlag. Und das erkannte auch Ray sehr schnell. Die beiden Jungen sahen sich kurz an, ehe der Älteste bestätigend nickte. “Der Krankenwagen ist unterwegs! Die sollten in fünf Minuten hier sein.” Kenny kam gerade aus dem Haus herbei geeilt und sie atmeten erleichtert aus. Somit war das kritische Zeitfenster deutlich verkleinert. Die Japanerin war froh, dass sie nicht mehr alleine mit der Situation klar kommen musste. Sie war dermaßen überfordert, dass sie nichtmal anfangen konnte vor Schmerzen zu weinen, wonach ihr aktuell jedoch sehr zumute war. Es war ihr egal was die beiden Jungs taten, um ihr zu helfen, sie vertraute ihnen vollends. Und sie hatte auch nicht mehr die Energie weiter darüber nachzudenken was im Moment das Beste war. “Okay, ich mach’s. Halt sie gut fest, Ray.” Kai zog seinen Schal aus, wickelte einen Teil davon um das kleine Stück Klinge, das aus Akira herausragte und hob seine linke Hand, stockte jedoch und suchte Akiras Blick. Mit verklärten Augen schaute sie auf, als sie Kais Zögern bemerkte und sah wie er fragend erwiderte. Seine Hand schwebte über ihrem Dekolletee und Schlüsselbein und sie verstand. Er fragte stumm um ihre Erlaubnis, dass er sie anfassen und das Messer wirklich entfernen durfte. Zitternd atmete Akira tief ein und nickte leicht. Sie schloss die Augen und bereitete sich auf den nächsten Ruck vor, als sie schließlich die Hand des Jungen fühlen konnte. Kai drückte mit der flachen Hand gegen ihre Schulter und umschloss den Messergriff mit seiner rechten. Auch Rays Griff um ihre Taille wurde fester und Sekunden später durchzuckte ein weiterer Schmerzreiz ihren gesamten Körper. Die Schwarzhaarige keuchte kraftlos und ihre Beine gaben nun endgültig nach. Ray hielt sie und ging langsam mit ihr in die Knie, während sie ein metallisches Geräusch vernahm. Kai hatte das Messer los und auf den Schotter fallen gelassen und half nun Ray zumindest den Oberkörper des Mädchens zu stabilisieren, damit sie zu zweit die Wunde von beiden Seiten mit Kais Schal abdrücken konnten – der Chinese hinter und der andere vor ihr. Die Augen immer noch geschlossen, spürte sie wie ihre Bluse nasser wurde. Akira zwang sich an etwas anderes zu denken und ruhig zu bleiben. Sie fühlte die Panik und den Schrecken immer noch tief in ihrem Knochen, aber dass Kai und auch Ray in diesem Moment so klar denken und entscheiden konnten, beruhigte sie ungemein. Sie wäre nicht im Geringsten dazu in der Lage gewesen und sie bezweifelte, dass Tyson das ebenfalls war, so wie er vorhin reagiert hatte. Die Kraft schwand noch mehr und sie hatte Mühe aufrecht sitzen zu bleiben. Die kleinen Steine auf dem Boden gruben sich in ihre Knie und Schienbeine, aber das Schlimmste war, dass dieser Schmerz im Vergleich minimal war. Selbst das Stechen in ihrer Wange hatte sie kurzzeitig verdrängen können. Ein weiteres Mal versuchte sie tief durchzuatmen und öffnete endlich die Augen. Sie konnte Kai beobachten, der konzentriert vor ihr kniete und mit beiden Händen versuchte den Blutfluss aus der Wunde zu unterbinden. Mehr unbewusst wollten sich ihre Hände bewegen, sich an etwas festhalten, doch nur ihre rechte fasste nach Kais Shirt an dessen Taille, dem einzigen, das nah genug war, um danach zu greifen. Ein Zittern ergriff ihren Körper, als die Japanerin realisierte, dass ihr linker Arm sich nicht nur keinen Millimeter bewegen ließ, sondern sie ihn auch nicht recht fühlen konnte. Akira riss die Augen erschrocken auf und atmete abgehackt. “Ich kann meinen Arm nicht spüren...” Die Stimme nicht mehr als ein Flüstern, aber die beiden hatten es gehört. Kais Blick suchte ihren, aber sie sah nur panisch geradeaus, versuchte verzweifelt nach Luft zu schnappen, als ihr Körper begann zu hyperventilieren. Die Angst hatte wieder übernommen und sie konnte nichts dagegen tun. Sie bekam nur am Rande mit, wie die Jungen unsichere Blicke austauschten, ehe Kai Ray signalisierte sich anders zu positionieren, damit der von beiden Seiten Druck ausüben und er selbst sich um das Mädchen kümmern konnte, das kurz vor einer Panikattacke stand. “Aki... Aki, sieh mich an!” Bestimmt fasste er sie mit beiden Händen an den Wangen und zwang sie ihn direkt anzuschauen. Das Blut daran befleckte nun auch die Haut in ihrem Gesicht, aber das war in diesem Moment egal. Akira folgte seiner Aufforderung, konnte sich aber nicht runterfahren und er sah die blanke Panik in ihren Augen. Auch ihr Atem ließ sich nicht wieder regulieren und Kai ließ ihr Gesicht wieder los, platzierte seine linke Hand auf ihrem Rücken und die andere auf ihrem Zwerchfell, während sich Akiras Finger fester in den Stoff seines Shirts gruben. “Atme in den Bauch. Komm’ schon, tief durchatmen.” Das Mädchen bemühte sich ihren Atem zu verlangsamen, aber es war schwer. Keuchend sog sie die Luft ein, so lange und so tief sie konnte, versuchte so ihre Atmung zu normalisieren. Sie hatte solche Angst, dass sie es nicht einmal in Worte fassen konnte. Angst hier zu verbluten. Angst, dass sie ihren Arm nicht mehr bewegen konnte, sofern sie das hier überlebte. “Kai, ich kann nicht genügend Druck aufbauen.” Rays Stimme klang gepresst und Akira sah, dass Kai überlegte, während er von ihr zum Chinesen und dann auf ihre Schulter sah. Kurzerhand verschwand seine Hand von ihrem Bauch, ließ die andere an ihrem Rücken und zog sie in eine halbe Umarmung, als er noch etwas näher an sie heran rutschte, versuchte so gut es ging mit einer Hand den Schal auf ihre Wunde zu drücken. “Langsamer, Aki. So wie bei mir.” Akira vergrub ihr Gesicht in seine Halsbeuge und schlang ihren freien Arm um ihn. Sie schloss die Augen erneut und versuchte sich auf seine Atmung zu konzentrieren, um ihre daran anzugleichen und allmählich funktionierte es auch. Immer noch zitternd zwang sie sich ihre Gedanken auf den Jungen vor sich zu lenken. Seinen Geruch, seine Ruhe, die er bemerkenswerterweise selbst jetzt noch ausstrahlte. Sie war so froh, dass er hier war, genau wie Ray und die anderen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis sie sich vollends beruhigt hatte, soweit es zumindest in ihrem Zustand möglich war. Sie konzentrierte sich nur noch darauf, dass sie nicht wieder zu hyperventilieren begann, dass sie den Trubel mit eintreffendem Krankenwagen und ihrem ebenfalls gerade angekommenem Großvater nicht registrierte. Ihre erschöpften Kraftreserven hätten das aber ebenfalls nicht zugelassen. Auch als sie sachte von Kai weggezogen wurde, reagierte sie kaum und ließ sich ohne Widerstand auf den Boden legen, damit der Notarzt sie vorerst versorgen konnte. Die Japanerin versuchte die Augen zu öffnen, um ihre Umgebung zu analysieren, wollte verstehen was gerade passierte, aber die Lider waren so unerträglich schwer und am Ende ergab sie sich der erlösenden Dunkelheit, die sie tröstend einlullte. Ihr Körper fühlte sich so schwer an, wie sie es noch nie erlebt hatte. Sie versuchte die Augen zu öffnen, aber vergeblich. Selbst der Versuch auch nur einen Finger zu bewegen endete erfolglos. Es war hell, das konnte sie wahrnehmen. Und es roch nach Mullbinden und… Desinfektionsmittel. //Krankenhaus...// Ein tiefer Atemzug, froh, dass es ihr nun endlich gelang. Auch das Zittern war fort. Der Nebel in ihrem Kopf klärte sich und sie nahm ein weiteres Mal Luft. Schließlich schaffte sie es die Augen einen Spalt zu öffnen, blinzelte ein paar Mal müde, ehe sie in der Lage war sich zu orientieren. Sie lag wirklich in einem Krankenhauszimmer und sie war wach. Akira schluckte und bemerkte wie trocken ihr Mund war. Wie lange lag sie schon hier? Ein weiterer Atemzug. Dann das Geräusch der sich öffnenden Tür. Ihr Blick glitt zur gegenüberliegenden Wand, wo eine Krankenschwester und ihr Großvater gerade das Zimmer betreten hatten. “Sie ist sogar schon wach, Mr. Granger.”, sagte die Frau und lächelte das Mädchen an. Akiras Großvater eilte an der Schwester vorbei direkt an das Bett, in dem die Schwarzhaarige lag und beugte sich über sie. Freude und Trauer zugleich in seinem Blick. “Aki-chan, Kleines. Bin ich froh, dass du endlich wach bist.”, flüsterte er und Akira sah wie sich Tränen in seinen Augen sammelten. Sanft strich er ihr über den Schopf und die Schwarzhaarige war froh ihn zu sehen. Langsam kehrten auch ihre Lebensgeister zurück und sie schaffte es ihre Gliedmaßen soweit zu sortieren, dass sie ihre Beine leicht anwinkeln und mit der rechten Hand, die ihr Opa in seine genommen hatte, seinen Griff mit einem Drücken zu erwidern. Die linke ließ sich jedoch weiterhin nicht bewegen und noch etwas schwerfällig drehte sie ihren Kopf nach links und sah hinab. Die Decke ging ihr nur bis knapp unter die Brust, der linke Arm darunter versteckt. Sie konnte sehen, dass sie ein Krankenhausleibchen trug, das an der Schulter nicht richtig hochgezogen war und darunter ein großflächiger Verband lag. Sie hatte den Angriff also leider nicht nur geträumt. Mit geschlossenen Augen folgte ein weiterer Atemzug. Wo waren die Schmerzen geblieben? //Schmerzmittel...// So viele Fragen sausten ihr durch den Kopf und sie konnte sich nicht für eine entscheiden, mit der sie beginnen sollte. Konnte sie gerade überhaupt reden? Akira räusperte sich. “Opa...” Ihre Stimme klang mehr nach einem Krächzen, aber immerhin war sie in der Lage sich zu artikulieren. Endlich hatte sie einen Anfang gefunden. “Wie lange bin ich schon im Krankenhaus?” “Erst ein paar Stunden. Nachdem der Krankenwagen da war, haben sie sich direkt ins Krankenhaus gefahren und du bist Notoperiert worden. Du bist erst seit einer halben Stunde aus dem OP raus. Weißt du noch was passiert ist?” Akira war überrascht. Ihr Körper fühlte sich an, als würde sie hier schon eine Ewigkeit liegen. Aber das war bestimmt die Nachwirkung von der Narkose, die sie mit Sicherheit bekommen hatte. “Ja, ich erinnere mich. Was ist mit Hilary?” Der leblose Körper ihrer Freundin blitzte vor ihrem inneren Auge auf, dann die Erinnerung, dass Tyson meinte, sie sei wach. “Ihr geht es soweit gut. Sie soll ebenfalls vorerst hier bleiben, nur zur Sicherheit. Sie ist gerade im Wartebereich bei den anderen.”, erklärte ihr Großvater weiter. “Der Oberarzt sollte gleich hier sein, er wird Ihnen über den Verlauf der Operation berichten.” Die Schwester nickte ihnen noch einmal lächelnd zu und verschwand dann wieder aus der Tür. Der Alte half ihr das Kopfteil des Bettes so aufzurichten, dass sie etwas aufrechter lag. “Aki-chan, sobald der Arzt hier war, wird die Polizei mit dir reden wollen. Der Vorfall wird definitiv angezeigt, aber sie brauchen deine Aussage. Vorher darf auch keiner der anderen zu dir. Ich bleibe aber hier. Immerhin bin ich dein Vormund.” Das Mädchen nickte verstehend und versuchte es sich bequemer zu machen. Eigentlich war das gerade alles zu viel für ihr Hirn. Sie war immer noch so unglaublich müde und geschlaucht und sie war froh, dass sie zumindest im Moment nicht auch noch die Schmerzen ertragen musste, die sicher bald zurück kommen würden. Wie auf Stichwort trat nun auch der Doktor in den Raum. Er redete zwar mit ihnen beiden, aber es waren so viele Informationen für Akira, dass sie Mühe hatte ihm zu folgen. //Starker Blutverlust… wichtige Nerven in Schulter beschädigt… OP war aber erfolgreich… Genesung wird Wochen dauern… Arm muss vorerst ruhig gehalten werden…// Für das Mädchen reichte das bereits an nötigen Informationen und ihr Blick wanderte aus dem Fenster direkt neben ihrem Bett. Der Himmel färbte sich allmählich in ein zartes Pink, die Sonne hatte begonnen unterzugehen. Es war also bereits früher Abend. “... Aki? Akira?” Die Schwarzhaarige wurde aus ihren Gedanken gerissen, als ihr Großvater sie ansprach. Sie sah zu ihm herüber und bemerkte nun auch den Blick des Arztes, der sie verständnisvoll anlächelte. “Ich wollte wissen, ob Sie noch Fragen haben, aber sie sind sicher noch erschöpft. Falls Ihnen aber noch etwas einfällt, können Sie einer der Schwestern Bescheid geben.” Sie nickte erneut und sah ihm hinterher, wie er das Zimmer wieder verließ. Nur eine halbe Stunde später war auch das Gespräch mit den beiden Polizeibeamten beendet. So fertig sie vorher schon gewesen war, hatte ihr das fast den Rest gegeben. Alles haarklein zu erzählen, was passiert war und es so ein weiteres Mal zu durchleben war derart psychisch auslaugend gewesen, dass ihr Großvater, der schockiert genug gewesen war zu hören, was genau ihr widerfahren war, die anderen umgehend nach Hause schicken wollte, damit sie Ruhe bekam und sich erstmal ausschlafen konnte. Akira fuhr sich fahrig über die Augen, um auch die letzten kleinen Tränen wegzuwischen, die ihr beim Erzählen in die Augen geschossen waren, und schüttelte unbeholfen den Kopf. “Nein, lass sie ruhig rein, Opa. Sie warten doch schon so lange da draußen. Ist schon in Ordnung.” Wenn sie schon seit ein paar Stunden hier im Krankenhaus war, waren ihre Freunde sicher nur kurz darauf ebenfalls her gekommen und hatten die ganze Zeit gewartet. Sie alle mussten gleichermaßen unter Schock stehen wie sie und sie fühlte sich schuldig, dass sie Hilary in Gefahr und den anderen diese grausame Erfahrung eingebracht hatte. Da konnte sie sich auch noch ein paar weitere Minuten zusammenreißen, ehe sie sich ausruhen würde. Ihr Opa nickte, wenn auch widerwillig und ließ sie wieder alleine, damit er den anderen Bescheid sagen konnte. Als sich die Tür das nächste Mal öffnete, erblickte die Schwarzhaarige zunächst das vertraute Gesicht ihres jüngeren Cousins, der unsicher in den Raum blinzelte. Als er erkannte, dass sie tatsächlich wach war und ihm sogar müde entgegen lächelte, schob er die Tür ganz auf und hastete zu ihr. Akira konnte noch gar nichts sagen, ehe er schon einen Arm vorsichtig um sie geschlungen und sie sachte in eine Umarmung gezogen hatte. “Bin ich froh!”, flüsterte er und hüpfte nun neben seine Cousine auf das Bett, lag nun seitlich zu ihrer rechten. “Tyson, bedräng sie doch nicht so.” Hilarys tadelnde Stimme war zu hören und nun sah Akira auch die anderen Jugendlichen eintreten. “Ist schon okay.”, sagte die Schwarzhaarige und hob bestätigend ihre rechte Hand, um sie auf Tysons Arm zu legen, der immer noch um sie geschlungen war. Die körperliche Nähe tat erstaunlich gut. Sie schloss kurz die Augen, genoss dieses geborgene Gefühl, dass Tyson immer schaffte in ihr auszulösen, wenn er sie umarmte. Nach dem heutigen Tag, hatte sie das wirklich gebraucht. Dann sah sie zu den anderen und stoppte bei Hilary, die sie traurig anlächelte. Die Brünette hatte Pflaster im Gesicht und einen Arm bandagiert. Ansonsten sah sie in Ordnung aus, so wie ihr Großvater gesagt hatte. “Hilary, wie geht’s dir?”, fragte Akira und brachte das andere Mädchen leise zum Lachen. “Du hattest gerade eine Not-OP und siehst aus, als hätte man dich durch den Fleischwolf gedreht, aber du fragst mich, wie es mir geht?” Sie trat näher ans Bett und beugte sich vor, um sie von der anderen Seite zu umarmen, darauf bedacht, nicht an die verletzte Schulter zu kommen. “Ich bin mit Schmerzmitteln vollgepumpt, also alles gut.” So zwischen Tyson und Hilary eingekeilt, musste auch Akira leise lachen, was, wie sie bemerkte, den Restlichen im Zimmer erleichterte Gesichter bescherte. Die beiden Jugendlichen ließen nun von Akira ab, Tyson blieb aber neben ihr auf dem Bett sitzen, als die Schwarzhaarige Hilary fragend ansah. Sie hatte ihre Frage noch nicht beantwortet. “Ich hab’ ein paar Schrammen, als ich über den Schotter gerutscht bin und zwei angeknackste Rippen, aber ansonsten bin ich in Ordnung. Keine Sorge, ich bin hart im Nehmen. Ich soll zur Sicherheit nur noch eine Nacht hier bleiben. Wir sind sogar Zimmergenossen.”, grinste die Brünette das andere Mädchen an und Akira musste schlucken. Sie hatte es zwar erzählt, als sei es keine große Sache, aber nun kam wieder das Schuldgefühl in dem Mädchen hoch. “Es tut mir so Leid, dass du da mit reingeraten bist, Hil.”, setzte sie an, aber sie hatte nicht mit der Reaktion der anderen gerechnet. “Fang ja nicht so an, Aki! Das ist keinesfalls deine Schuld, sondern die von dem Typen, der meinte es sei ‘ne gute Idee mit ‘nem Messer bei euch aufzutauchen!”, schimpfte die Brünette und sah Akira mit erhobenem Zeigefinger an. Mit großen Augen blinzelte sie zurück, konnte nichts darauf entgegnen und seufzte lautlos. “Hilary hat Recht, dieser Kerl ist der einzige, der verantwortlich für das alles ist.” Die Schwarzhaarige sah von Hilary nun auch zu Kenny, der nickte, um seine Aussage zu bekräftigen, und den anderen. Sie alle schauten gleichfalls fertig aus, wie sie um ihr Bett herum versammelt standen. Akiras Blick blieb an den beiden ältesten der Truppe hängen. Ohne die beiden wusste sie nicht, ob sie das ganze überstanden hätte. Kai hatte direkt übernommen alle anzuweisen, was sie tun sollten. Es war bemerkenswert wie gut der Junge in Extremsituationen einen klaren Kopf behielt, aber sie konnte jetzt selbst an ihm sehen, dass das nicht spurlos an ihm vorüber gegangen war. Er und auch der Chinese hatten sich wohl zwischenzeitlich umgezogen und Akira erinnerte sich, dass sie gespürt hatte, viel Blut verloren zu haben, auch wenn sie sich nicht getraut hatte das mit eigenen Augen zu bestätigen. Die zwei, die die Wunde von beiden Seiten abzudrücken versucht hatten, hatten sicher auch einiges davon abbekommen. Sie konnte sich nur vorstellen, was der Anblick in den beiden Jungen ausgelöst haben muss. Um ihre Gedanken nicht schon wieder abdriften zu lassen, entschied sie sich nach mehr Informationen zu fragen. “Was ist passiert, nachdem ich bewusstlos wurde?” “Der Notarzt hatte dich soweit stabilisiert, dass du mit Hilary und eurem Opa transportiert werden konntest. Die Polizei war zeitgleich mit dem Krankenwagen da und hat Kenta sofort festgenommen. Danach haben die uns befragt was passiert ist.”, erklärte Max. “Wir sind dann direkt hier hin, als die Polizisten alles aufgenommen hatten.”, fuhr Kenny fort und Akira nickte verstehend. Sie spürte, dass auch den anderen Fragen auf der Zunge lagen, sie es allerdings nicht recht wagten sie in diesem Moment zu stellen und das Mädchen war dankbar dafür. Ein weiteres Mal zu erzählen, traute sie sich in ihrem aktuellen Zustand wirklich nicht zu. Hilary hatte ja schon vor Ort einiges mitbekommen und das sicher auch schon den Jungs erzählt, aber das was passiert war, nachdem das Mädchen von Kenta niedergeschlagen und bewusstlos wurde, war etwas, was Akira am liebsten aus ihrem Kopf löschen wollte. Dieses selbstgefällige Grinsen, der Genuss in seinem Blick über die Panik, die die Schwarzhaarige ergriffen hatte und dann noch das forsche Vorgehen, als er sie körperlich bedrängt hatte, zusätzlich zum Schrecken, dass sie ein Messer durchbohrt hatte. Ihr Herz setzte kurz aus, als ihre Gedanken wieder zu diesem schrecklichen Moment wanderten, und sie musste sich zwingen die Bilder in den hintersten Teil ihres Hirn zu verbannen. Zitternd atmete sie durch und auch die anderen bemerkten den Wechsel in ihrem Blick. “So, Jungs, ich denke für heute reicht es. Ich will euch nicht verscheuchen, aber Aki-chan und ich brauchen beide dringend etwas Schlaf. Und ich denke euch würde das auch guttun.” Hilary hatte in die Runde geblickt und lächelte dankbar, als die anderen umgehend reagierten. “Ja, gute Idee.” Ray nickte bestätigend und folgte Kenny und Daichi, die bereits auf dem Weg zur Tür waren. Die Brünette schloss sie wieder, als auch die letzten daraus verschwunden waren und drehte sich seufzend zu Akira um. Der Eingang öffnete sich ein weiteres Mal und Akiras Großvater trat wieder ein. “Akira, Hilary, ich bringe den Chaostrupp jetzt mal nach Hause. Morgen komme ich wieder und dann reden wir nochmal, wenn du ausgeruht bist, ja, Akira?” Ihr Großvater strich der Schwarzhaarigen über die Haare, als sie verstehend nickte, und verabschiedete sich dann auch von dem anderen Mädchen, verschwand endgültig für heute. “Oh man, was für ein Tag...”, murmelte Hilary vor sich hin, als sie zu dem anderen Bett ging, das sich an der Tür befand, und sich darauf niederließ. Nachdenklich sah sie zur Schwarzhaarigen, die ihren Blick stumm erwiderte. Sie wussten beide, wie fertig sich die jeweils andere fühlte. Es war unnötig weitere Worte auszutauschen. “Erstmal schlafen und morgen sieht’s bestimmt schon anders aus.” Hilary versuchte aufmunternd zu lächeln. Akira war dankbar, dass sie jetzt nicht alleine war – alleine mit diesen Gedanken. Sie hoffte, dass sie schnell in einen traumlosen Schlaf fallen würde, aber ahnte, dass ihr Kopf ihr diesen Gefallen sicherlich nicht tun würde. Kapitel 23: Awakening --------------------- Vier Tage nach dem Vorfall saß Akira im Auto ihres Großvaters, der sie abgeholt hatte und endlich nach Hause mitnahm. Mit leeren Augen beobachtete sie die vorbeiziehenden Gebäude hinter der Glasscheibe. Die erste Nacht im Krankenhaus war wie erwartet keine erholsame gewesen. Es war ein unruhiger Schlaf, aus dem sie letztendlich Mitten in der Nacht schreiend aufgeschreckt war und auch Hilary damit geweckt hatte. Eine Panikattacke folgte, als die Erinnerungen wieder aufgetaucht waren, und mit mehreren Pflegern hatte man sie fixiert und ihr ein Beruhigungsmittel gegeben, wodurch sie wieder eingeschlafen war. Am darauf folgenden Tag hatte man ihr aufgrund ihres labilen Zustands zusätzlich noch schwach wirkende Neuroleptika verabreicht, die sie, in Kombination mit dem Beruhigungsmittel, für jegliche äußere Einwirkungen abgestumpft hatten. Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen - geschweige denn überhaupt einen - reagierte nur minimal, sobald man sie ansprach, und schlief meist den ganzen Tag. Ganz zu Anfang ihrer Diagnose hatte sie so ähnlche Medikamente schon einmal bekommen, aber ihre Eltern hatten sich dagegen entschieden, als sie sahen, was diese mit ihrer Tochter anstellten. Zwar half es, dass die negativen Gefühle und Gedanken unterdrückt wurden, aber dafür auch die positiven und dieser Preis war ihnen zu hoch gewesen. Auch Akiras Großvater, der verunsichert war das Okay zu geben, hatte dem Drängen der Mediziner nachgegeben und war nun mehr als froh, dass das Mädchen die Tabletten jetzt, wo sie Zuhause sein würde, wieder absetzen konnte. Aufgrund dieses Zustands hatte er den Jugendlichen auch davon abgeraten sie wieder im Krankenhaus besuchen zu kommen, da sie sowieso nur teilnahmslos Löcher in die Decke starrte. Wenn auch widerwillig hatten die Freunde auf den Rat gehört und nutzten die Tage bis zu Akiras Entlassung damit, selber jeder für sich die Geschehnisse zu verarbeiten und zudem das Chaos im Vorgarten der Grangers zu beseitigen. So waren sie auch alle anwesend, als der Wagen vorfuhr und Tyson freudig die Tür öffnete, um seiner Cousine zu helfen auszusteigen. Etwas unbeholfen griff sie nach seiner Hand und stemmte sich aus dem Fahrzeug. Eine Schlinge fixierte den Arm ihrer verletzten Schulter an ihrem Oberkörper, damit sie ihn nicht bewegen konnte und die Wange, die den Schlag abbekommen hatte, leuchtete mittlerweile in den bunten Farben eines Blutergusses. Wenigstens waren die Druckstellen an ihrem Hals mittlerweile nur noch zu erahnen, aber ihr ausdrucksloses Gesicht half auch nicht den Schock der anderen abzumildern, als sie sahen wie schlecht sie aussah. “Aki?” Tyson sah ihr in die Augen, aber keine Reaktion folgte. Unsicher glitt sein Blick zu seinem Großvater, der ebenfalls gerade ausgestiegen und um das Auto herum gegangen war. “Es wird ein Weilchen dauern, ehe sie wieder die Alte ist, Tyson.” Seufzend legte er einen Arm um seine Enkelin, dirigierte sie vorsichtig zum Haus und an den anderen vorbei, die ihnen wortlos hinterher blickten. “Was zur Hölle haben sie ihr gegeben, dass sie so drauf ist?”, fragte Daichi fassungslos. “Ich hab’ euch doch gesagt wie die Nacht im Krankenhaus war. So wie sie im Schlaf geschrien hatte… Das ging echt durch Mark und Bein.” Auch Hilary war erschüttert über den Zustand ihrer Freundin, hatte aber auch aus erster Hand mitbekommen, dass es nötig gewesen war, damit das Mädchen zumindest etwas Schlaf bekommen konnte. Auch wenn es schmerzte sie so zu sehen. “Und Akira hatte damals erzählt, was so Zeug mit ihr anstellt. Deswegen hatten ihre Eltern sich ja dagegen entschieden.”, erinnerte sich Tyson an das Gespräch damals, als seine Cousine mit der Sprache herausgerückt war, wie massiv ihre mentalen Probleme waren. “Sie hatte nicht übertrieben.” Auch Ray sah der Japanerin besorgt hinterher. Sie konnten jetzt nichts für sie tun, als ihr Gesellschaft zu leisten und abzuwarten, bis die Wirkung des Medikaments nachgelassen hatte. ~Da waren sie wieder, diese Augen. Dieser stechende Blick, der sie fast schon auszuziehen schien. Gebleckte Zähne, grinsend, verhöhnend. Hände überall an ihrem Körper. Schmerz.~ Keuchend rang Akira nach Luft, als sie aus dem Schlaf schreckte. Sie spürte den Angstschweiß an ihrer Stirn, ihrem Rücken. Schnaufend versuchte sie ihre Atmung zu regulieren, was ihr erstaunlicherweise gut gelang. Zitternd atmete sie tief ein, unterdrückte ein Schluchzen. Endlich war sie wieder bei klarem Verstand. Erleichtert schloss sie kurz die Augen, drehte sich vom Rücken auf ihre rechte Seite, orientierte sich kurz in ihrem Zimmer und sah dann auf ihren Wecker. Es war halb 6 morgens. Sie wusste schon gar nicht mehr wie viele Tage seit dem Zwischenfall vergangen waren. Die Medikamente hatten die Tage und Nächte für sie zu einem verschwommenen Einheitsmatsch gemacht, den sie nicht mehr entwirren konnte. Irgendwann hatte ihr Großvater sie nach Hause gebracht und die anderen waren da. Sie hatten versucht mit ihr zu reden, aber so sehr sie auch gewollt hatte, hatte sie es nicht geschafft sich zu artikulieren. //Endlich ist das vorbei...// Noch etwas zittrig setzte sie sich auf, ließ die Füße auf die Dielen gleiten und atmete ein paar Mal durch, um den rasenden Herzschlag wieder zu beruhigen. Seufzend sah sie an sich hinab. Sie trug ein Top und Shorts und versuchte sich zu erinnern, wer sie umgezogen hatte. //Hilary...// Das Gesicht des Mädchens blitzte in ihren Gedanken auf. Erst jetzt entdeckte sie ihren Kater, der am Fußende lag und tief am Schlafen war. Der Anblick brachte sie zum Lächeln. Noch etwas wackelig auf den Beinen stand sie auf und öffnete die Schiebetür in den Hausflur. Sie musste als erstes ins Bad und versuchte sich so gut wie möglich mit nur einem freien Arm den Schlaf aus dem Gesicht zu waschen und die Zähne zu putzen. Sie hatte das Gefühl tagelang geschlafen zu haben. Ihr Körper müsste eigentlich mehr als genug Ruhe bekommen haben, aber dennoch war sie erschöpft. Psychisch erschöpft. Akira seufzte und fuhr sich durch die Haare, ehe sie zurück in ihr Zimmer ging. Es war noch niemand wach, aber sich wieder hinzulegen war keine Option. Sie überlegte kurz, ehe sie die Tür zum Engawa öffnete. Die frische Morgenluft, brachte ihr eine leichte Gänsehaut, als sie heraus trat, aber sie empfand es sogar als angenehm. Kurz blickte sie im Halbdunkel den Gang hinab zum Dojo, wo sie die anderen vermutete, die sicher alle noch tief und fest schliefen. Sie hatte zumindest so viel mitbekommen, dass ihre Freunde immer noch alle hier bei ihnen Zuhause waren. Selbst nach den Geschehnissen, oder vielleicht auch gerade deswegen, waren sie geblieben. Sogar Hilary, die ja selbst einiges abbekommen hatte. Rastlos schritt die den Engawa entlang, am Dojo vorbei und um das Haupthaus herum, Richtung Eingangstor, wo der Horror seinen Anfang gefunden hatte. Sie wusste nicht warum, aber ihre Beine liefen auf Autopilot und sie ließ es zu. Als sie angekommen war, ging sie langsam in die Knie, hockte sich auf die Holzdielen und starrte auf die Wand, wo sie vor einigen Tagen noch mit einem Messer festgepinnt wurde. Jetzt sah man nichts mehr davon. Kein Blut, keine anderen Spuren. Unbewusst hob sie ihre rechte Hand und strich gedankenverloren über den Verband an ihrer Schulter. Erst hatte ihr Körper vor Erschöpfung gestreikt, dann war ihr Hirn von den Medikamenten regelrecht ausgeknipst worden. Die ganze Zeit hatte sie das Geschehene nicht verarbeiten können und mit einem Mal brachen alle Dämme. Die Angst, der Frust und die vielen Tränen, die sich aufgestaut hatten, überrollten sie geradezu und brachten ihren Körper zum Beben. Ihre Sicht vernebelte hinter dem Tränenschleier und bitterliche Schluchzer drangen aus ihrer Kehle, die sie zu dämpfen versuchte. Als ihr Körper leicht nach vorne sackte, ragte ein Arm hervor und hielt sie vorsichtig aufrecht. Akira sah auf und erkannte Tyson, der sich neben sie gehockt hatte. So leise sie auch gewesen war, hatte er sie wohl gehört, wie sie draußen herum gewandert war. “Ty...” Sie wurde von weiteren Schluchzern unterbrochen und ihr Cousin zog sie sanft zu sich, legte die Arme um den zitternden Körper des Mädchens, das sich weinend gegen seine Brust drückte. “Ich hatte solche Angst, Ty...”, flüsterte sie, klammerte sich mit einem Arm wie eine Ertrinkende an den Jungen. Sie konnte gar nicht beschreiben wie erleichtert sie war wieder klar denken zu können, aber die Überforderung über das was passiert war, sorgte nun dafür, dass sie sich nicht mehr zusammenreißen konnte. Tyson blieb still und drückte sie weiter an sich, strich ihr beruhigend über den Schopf, als Kai und Ray hinter den beiden zum Stehen kamen. “Aki...” Der Chinese hockte sich hin und nachdem das Mädchen seine Stimme vernommen hatte, löste sie sich von ihrem Cousin und drehte sich immer noch weinend zu den beiden Jungen um. Schwer atmend sah sie auch zum Ältesten und erkannte wie erleichtert die beiden ebenfalls waren, dass sie wieder bei klarem Verstand war. Noch etwas unbeholfen drehte sie sich vollends in ihre Richtung, setzte sich auf ihre angewinkelten Beine und neigte ihren Oberkörper nach unten, bis sie mit der Stirn die Holzdielen des Engawas berührte. “Danke...”, flüsterte sie zwischen herben Schluchzern. Keine Worte der Welt konnten ausdrücken wie dankbar sie besonders den beiden war. Aber es war ihr wichtig, dass sie es zumindest versuchte ihnen verständlich zu machen. “Ich weiß nicht, ob ich das ohne euch überlebt hätte, Kai, Ray.” Ihre Stimme bebte so sehr wie ihr Körper und sie spürte wie Ray sie sanft an der rechten Schulter packte und nach oben zog. “Lass’ das, Akira. Du musst dich nicht bedanken.”, sagte er und fasste vorsichtig ihr Gesicht, damit sie ihn ansah, was durch die Tränen jedoch schwer war. Akira wollte widersprechen, blieb jedoch leise und schniefte, während der Tränenfluss allmählich versiegte. Der Schwarzhaarige lächelte ihr aufmunternd zu und ließ sie schließlich los, als das Mädchen tief durchatmete und sich mit der Hand über die Augen strich, um auch die letzten Tränen wegzuwischen. “Ich hab’ Hunger...”, jammerte sie leise und wollte damit das Thema wechseln. Bestätigend fing ihr Magen an zu Grummeln und die Jungs mussten leise lachen. Kopfschüttelnd half ihr Tyson wieder auf die Beine und auch Ray erhob sich. “Wurd’ auch langsam Zeit. Du hast die letzten Tage nicht wirklich was verdrückt.” Auch daran konnte sich das Mädchen nicht mehr wirklich erinnern und sie seufzte. Aus den Augenwinkeln sah sie wie ihr Cousin ein Gähnen unterdrückte und sie sah ihn und die anderen entschuldigend an. “Geht doch wieder ins Bett. Ich wollte euch eigentlich gar nicht wecken.” “Ich bin jetzt eh wach, ist schon in Ordnung.”, sagte Kai und sah amüsiert zu Tyson, der mit einem weiteren Gähnen kämpfte. “Dann hauen Tyson und ich uns nochmal auf’s Ohr. Wir können ja später quatschen.”, lächelte Ray und nickte Akira zu. Tyson ließ sich ohne Gegenwehr von dem Chinesen zurück zum Dojo scheuchen und wurde dabei von dem Mädchen und Kai beobachtet. Erneut tief durchatmend sah Akira dann zum Älteren und realisierte in diesem Moment erst, dass sie nun alleine waren. Mit dem ganzen Chaos in ihrem Inneren wusste sie aber nicht so recht, wie sie ihre Gefühle einsortieren sollte. Von der Euphorie von Samstagabend war so gut wie nichts mehr übrig. Nur noch Erschöpfung und… Angst. Aber wie lange war dieser Samstag her? “Welcher Tag ist heute?”, fragte sie Kai, der sie nun direkt ansah. Auch er sah mitgenommen aus. Genau wie Tyson und Ray zuvor. Die Schuldgefühle kamen wieder hoch und sie versuchte sie beiseite zu schieben. “Freitag.” //Fünf verdammte Tage hab’ ich verpasst??// Frustriert massierte sie sich den Nasenrücken und seufzte. “Scheiße… Moment...” Die Erkenntnis traf sie und sie sah den Jungen entgeistert an. “Du hattest gestern Geburtstag!” Eigentlich hatten Tyson und sie zusammen mit den anderen eine kleine Überraschung geplant, auch, wenn Kai gesagt hatte, dass er nicht feiern möchte. Aber wenn er mal an seinem Geburtstag bei ihnen war, was dieses Jahr das erste Mal gewesen war, hatte sich besonders Tyson das nicht nehmen lassen wollen. Akira war sich sicher, dass der ganze Plan nach dem letzten Wochenende garantiert vollends ins Wasser gefallen war. Erneut seufzte das Mädchen und bemühte sich um ein Lächeln. “Alles Gute nachträglich.” “Danke.” Nun lächelte auch Kai und Akira hatte Plötzlich das Gefühl eines Déjà-vus. Vor einigen Monaten waren die Rollen umgekehrt, als sie Kais Dranzer retten konnte und der Ältere sich an ihrem Geburtstag dafür bedankt hatte, nachdem er ihr gratulierte. Wäre sie nicht so blass im Gesicht, zusätzlich mit dem blauen Fleck auf ihrer Wange, wäre sie sich sicher gewesen, dass sie in diesem Moment Rot angelaufen wäre, so heftig wie ihr Herz gerade einen Satz gemacht hatte. Und das hatte sie schon etwas überrascht. Auch wenn sie diese Gefühle die letzten Wochen im Keim hatte ersticken wollen, es tat gut dieses positive Kribbeln nochmal zu spüren. Wollte sie sie denn immer noch unterdrücken? Vor einer Woche hatte sie nochmal darüber nachdenken wollen, aber im Moment hatte sie größere Sorgen, als eine eventuell unerwiderte Liebe. Allein schon, dass sie wieder darüber nachdachte, brachte ihr Kopfschmerzen. Es war wirklich einfach alles zu viel für sie. Unsicher sah sie den Engawa hinab und versuchte ihre Gedanken zu sortieren, wurde aber von Kai unterbrochen. “Na komm, lass uns reingehen.” Erst jetzt bemerkte sie wie kalt ihr gerade eigentlich war. Sie schlang den freien Arm um ihren Oberkörper und nickte. Über den Seiteneingang betrat Akira das Hauptgebäude, während Kai nochmal ins Dojo ging. In der Küche traf sie auf ihren Großvater, der bereits das Frühstück für alle vorbereitete. “Akira, guten Morgen.” Freudestrahlend drehte er sich zu ihr um und umarmte seine Enkelin, als er bemerkte, dass sie endlich wieder ansprechbar war. “Morgen, Opa.”, lachte sie leise und ließ sich von ihm an das Kopfende des niedrigen Tisches platzieren, wo sie sich im Schneidersitz niederließ. “Was bin ich froh. Ich hoffe du hast Hunger.”, grinste er und werkelte in der Küche rum, ehe er ihr Onigiri vorsetzte. “Großen Hunger, Opa. Vielen Dank.”, lachte sie weiter und war erleichtert, dass sie ihr Essen in die Hand nehmen konnte. Einhändig mit Stäbchen zu essen würde sicher noch die ein oder andere Herausforderung für sie darstellen. Genüsslich biss sie in das Reisbällchen und hatte das Gefühl, dass sie eine Ewigkeit nichts mehr gegessen hatte. Nur kurze Zeit später trat auch Kai in die Küche. Er war zwischenzeitlich duschen gewesen und hatte sich umgezogen. Noch mit nassen Haaren setzte er sich neben Akira an den Tisch und ehe er ablehnen konnte, hatte der Alte bereits jeweils eine Schüssel Reis und Misosuppe, sowie etwas Fisch vor ihn gestellt. Amüsiert beobachtete das Mädchen die fixe Resignation in Kais Augen. Sie wussten alle, dass er normalerweise nicht frühstückte, aber ihr Großvater war hartnäckig ihm immer wieder etwas unterzujubeln, zumindest solange er hier war. Er wurde einfach nicht müde zu betonen wie wichtig die erste Mahlzeit am Tag war. Seufzend nahm der Junge die Stäbchen und bedankte sich für das Essen. Ein zufriedenes Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des Großvaters aus. “So, Kinder. Ich muss jetzt los zum Markt ein paar Sachen kaufen. Benehmt euch.”, lachte er dann. “Akira, hier sind die Schmerztabletten aus dem Krankenhaus. Du wirst später sicher wieder eine brauchen.”, sagte er anschließend als er die Packung auf dem Tisch ablegte und strich Akira nochmal kurz über den Schopf, bevor er die Küche verließ. Die Schwarzhaarige spürte, dass der Alte mehr als erleichtert war. Sie fragte sich was sie die letzten Tage alles verpasst hatte und versank wieder in ihren Gedanken. Kai bemerkte ihren leeren Blick und sah sie an. “Wie geht’s dir?”, fragte er und wie aus Reflex stahl sich ein Lächeln in ihr Gesicht. Sie sah zu ihm, setzte an, aber stockte. ‘Gut.’, lag ihr auf den Lippen, aber es ging ihr nicht gut. Es ging ihr sogar alles andere als gut. Warum sollte sie lügen? Kai hatte sicher nicht aus Höflichkeit gefragt, oder es als Floskel gemeint. Sie schloss den Mund wieder und lächelte traurig. “... Beschissen.” Auch das letzte Stück ihres zweiten Onigiri verschwand in ihrem Mund. Sie brauchte die Zeit um die Worte zu sortieren und Kai gab ihr die auch, blieb stumm und aß ebenfalls weiter. “Ich… Ich weiß gar nicht was schlimmer ist. Das Messer, das durch mich durch ist wie Butter, oder das, was danach passiert ist. Ich will nicht wissen, was passiert wäre, wenn ihr nicht aufgetaucht wärt.” Akira starrte geradeaus und atmete tief durch, blinzelte die erneut aufkommenden Tränen weg. Sie wollte nicht schon wieder weinen. Kai blieb weiter still. “Und jedes Mal wenn ich die Augen schließe, sehe ich diesen Kerl immer noch vor mir… Was das angeht, haben die Medikamente echt geholfen. Aber dafür hab’ ich auch sonst nichts wirklich mitbekommen und sogar deinen Geburtstag verpennt.” Wieder ein trauriges Lächeln. “Du hast nichts verpasst. Wir waren alle hier und haben darauf gewartet, dass du wieder zu dir kommst.” Die Japanerin sah zu Kai, der ihren Blick erwiderte, und erneut fiel ihr auf wie müde der Junge aussah. Das schlechte Gewissen meldete sich ein weiteres Mal und diesmal ließ es sich nicht mehr verdrängen. Wegen ihr mussten auch ihre Freunde diesen Horror miterleben. Auch wenn sie unglaublich dankbar war, dass sie ihr geholfen haben, so war es offensichtlich nicht ohne Weiteres an ihnen vorbei gegangen, selbst Tage später – besonders beim Ältesten der Truppe, der so bemerkenswert rational und ruhig reagiert und so den Schaden möglichst gering gehalten hatte. “Es tut mir so Leid, dass ihr das-...” “Akira… Hör’ auf dich zu entschuldigen. Das hatten wir im Krankenhaus schon. Es ist nicht deine Schuld und niemand hier macht dir irgendeinen Vorwurf deswegen.”, unterbrach Kai sie leicht aufgebracht und das Mädchen sah ihn mit großen Augen an. Er atmete hörbar aus und schien sich wieder beruhigen zu wollen. Akira biss sich auf die Lippe und senkte den Blick. “Ich hätte zumindest auf dich hören sollen.”, sagte sie anschließend und spielte auf den Abend beim Matsuri an, an dem der Ältere sie vor Kenta gewarnt hatte. “Wie du schon gesagt hattest: Was will der schon machen? Dass er so auf dich losgeht, hätte ich auch nicht gedacht.” Wieder sahen sie sich an, eine kurze Stille entstand. “Und jetzt mach’ dir keinen Kopf. Sieh zu, dass du schnell wieder auf die Beine kommst und melde dich vor allem endlich bei Robert. Der macht hier schon seit Tagen Terror.” “Ach Mist, Robert...” Akira verzog das Gesicht. Sie ahnte schon wie das Gespräch laufen würde. “Wie hat er es mitbekommen?”, fragte sie und fuhr sich seufzend durch die Haare. “Er hat versucht dich am Sonntagabend zu erreichen und als montags immer noch keine Rückmeldung kam, hat er es bei Tyson versucht. Er hat ihn aufgeklärt, aber der Kerl hat keine Ruhe gegeben und täglich angerufen, um zu fragen, ob du wieder ansprechbar bist.” Das Mädchen nickte verstehend. Am Nachmittag würde sie das auf jeden Fall direkt erledigen, sobald in Deutschland der Morgen angebrochen war. Das gleiche galt auch für einen Anruf bei ihren Eltern. Ihr Großvater hatte die beiden sicher ebenfalls bereits informiert. “Weiß er alles?” Ihr Blick fixierte die Tischplatte, während die Gedanken kreisten. Sie wusste nicht, ob sie es schaffen würde das ganze Erlebnis nochmal erzählen zu müssen. Die Befragung der Polizisten im Krankenhaus hatte ihr ehrlich gesagt schon gereicht. “Ja.” Erleichtert atmete sie aus. Ihr Großvater, der die Gespräch ja aus erster Hand mitbekommen hatte, hatte die anderen garantiert über den kompletten Hergang aufgeklärt und auch Kai muss gesehen haben, wie Kenta sie bedrängt hatte, als er ihn von ihr weggezogen hatte. //Und schon wieder ein Jahr, wo ich Mama und Papa nicht sehen werde...// Akira nahm sich vor den Besuch auf die Herbst- oder Winterferien zu verschieben und versuchte sich nicht zu sehr davon herunterziehen zu lassen. Zeit das Thema zu wechseln. “Wie war’s eigentlich am neuen Standort der BBA?” Sie spürte Kais Blick auf sich und sah auf. Er überlegte kurz, ehe er antwortete. “Kein Vergleich zu vorher. Aber der Andrang war wenigstens groß.” Damit hatte das Mädchen gerechnet. Die BBA war zwar wieder an deren Anfänge zurück katapultiert worden, aber bekannt war die Organisation ja immer noch. “Konntet ihr den Neulingen denn was beibringen?” Akira konnte sich gut vorstellen wie sehr die Jungs von den Kindern belagert worden sein mussten. “Keine Ahnung, Tyson und ich waren zu beschäftigt mit unserer offenen Revanche. Die anderen haben deshalb alleine mitgeholfen.” Kai sagte die Worte fast schon gleichgültig daher, als ihm die plötzlich eingetretene Stille aufblicken ließ. Die Schwarzhaarige sah ihn mit großen Augen an. “Dein Ernst? Ihr hattet das Match als ich nicht da war??”, jammerte sie, als sie sich gefangen hatte. “Ihr seid unglaublich! Erst hab ich Rays und Tysons Match verpasst und jetzt auch noch eures. Ich fass es nicht!” Akira ärgerte sich enorm über das Versäumnis und sah Kai schmollend an, der zunächst nicht recht zu wissen schien wie er darauf reagieren sollte. “Wir konnten es nicht beenden und wollten am Nachmittag weitermachen, wenn wir wieder zurück waren.”, versuchte er sich zu erklären und lächelte entschuldigend. Er konnte spüren, dass sie nicht ernsthaft beleidigt darüber war. Das Mädchen seufzte lautlos und schüttelte unmerklich den Kopf. Es dauerte einige Sekunden bis sie wieder aufsah und Kais abwartenden Blick erwiderte “Wie hat sich dein neuer Dranzer geschlagen?” Ein weiterer Grund, dass sie sich ärgerte. Eigentlich hatte sie selbst sehen wollen, ob der Blade doch noch Nachholbedarf hatte. Der Junge lachte leise, als er die Neugier in ihren Augen wahrnahm. “Einwandfrei.”, erwiderte er nur und erntete ein stolzes Grinsen. “Perfekt…” Es war mehr ein Flüstern zu sich selbst, aber der Junge quittierte auch diese Reaktion des Mädchens mit einem Lächeln, wenn auch nur leicht. Akira genoss den friedlichen Moment. Es tat gut über etwas anderes zu reden – überhaupt zu reden. Kai war immer sehr verschlossen gewesen. Umso mehr freute sie sich, dass er hier mit ihr saß und sie sogar ablenken konnte. Lächelnd beobachtete sie den Älteren, der wieder nachdenklich wirkte. Da war es wieder, diese Schmetterlinge in ihrer Körpermitte. Dieses Gefühl von Leichtigkeit, an das sie sich klammerte, solange es anhielt. Es verdrängte die vielen negativen Gedanken und Gefühle und hinterließ Zuversicht, Wohlbefinden. Selbst wenn es unerwidert war – oder sein könnte – war es aktuell ein Lichtblick im Dunkeln, in dem Akira tagelang gefangen gewesen war. Sie versuche dabei jegliche weitere Gedanken an die vielen offenen Fragen zu ignorieren, die ihre Kopfschmerzen nur wieder schlimmer machen würden. “Eigentlich...” Das Mädchen horchte auf, als Kai ansetzte. Er sah wieder zu ihr. “Eigentlich hatte ich damals wirklich gedacht, dass Dranzer für immer weg ist. Ich hatte damit abgeschlossen und entschieden mit dem Bladen aufzuhören, als ich ihn gehen ließ. Und als er dann doch wieder da war, wollte ich trotzdem an meiner Entscheidung festhalten, aber…” War er etwa enttäuscht davon nun doch nachgegeben zu haben? Die Schwarzhaarige lächelte aufmunternd. So ähnliche Worte hatte sie schon einmal von dem Jungen gehört. Und zwar vor ungefähr zwei Jahren nach der ersten Weltmeisterschaft. “Kai, dein entschiedenes Wesen in allen Ehren, aber du hast das schonmal nicht durchgezogen.” Akira pausierte bewusst und beobachtete amüsiert den irritierten Blick in seinem Gesicht. Dann lachte sie leise. “Und das ist vollkommen in Ordnung.”, fuhr sie lächelnd fort und der Junge schnaubte. “Dranzer und du, ihr braucht euch beide gegenseitig. Und der ewige Konkurrenzkampf zwischen dir und Tyson wird wahrscheinlich so lange laufen, bis einer von euch irgendwann ins Gras beißt. Es ist okay, wenn du weitermachst. Es geht doch darum Spaß zu haben und der Leidenschaft zu folgen und nicht nur an der Spitze zu stehen – auch wenn du das manchmal nicht einsehen willst.” Sie konnte nicht umhin ihn etwas zu ärgern und sah ihn herausfordernd an, ehe der Blick wieder weicher wurde. “Warum also solltest du mit etwas aufhören, das du liebst und dir Freude bereitet?” Innerlich freute sich Akira über diese Situation. Als Kai noch ihr Teamkapitän war, hatte er sie, genau wie die anderen, das ein oder andere Mal aus ihrem Loch ziehen müssen, hatte ihr aufmunternde Worte zugesprochen. Nur selten hatte er dabei über seine eigenen Probleme geredet, weshalb viele seiner Entscheidungen nicht nur bei dem Mädchen auf Unverständnis gestoßen waren. Irgendwann hatte sie begonnen genauer hinzusehen, versucht seine Gedanken zu interpretieren, was durchaus geholfen hatte seine Handlungen nachzuvollziehen. So wie beispielsweise sein Ausstieg aus dem Team vor ungefähr einem dreiviertel Jahr. Kai war ihr damals zudem entgegen gekommen, hatte es ihr persönlich gesagt und ist nicht einfach abgehauen, weil er wusste, dass sie ihm das nie verziehen hätte. Auch, wenn er das mit seinem späteren Eintritt in die BEGA wieder relativiert hatte. //Er hat sich echt verändert. Aber am Ende habe ich ihm doch verziehen, nachdem er von der BEGA wieder zu uns zurück kam.// Sie erinnerte sich zurück an den Moment, in dem sie erkannt hatte, dass sie etwas für ihn empfand. Wie glücklich sie sein Auftauchen am Fluss gemacht hatte. Und wie verwirrt sie auch von diesem Gefühlen war. Genau wie jetzt immer noch – Wochen, Monate später. Der Junge sah sie unentwegt an und Akira konnte seinen Blick nicht recht deuten. Sie meinte Verwirrung, aber auch Überraschung darin zu erkennen. Aber da war noch etwas. “Aki-...” “Guten Morgen!”, dröhnte es aus der Tür, die zugleich voller Elan geöffnet wurde und Kai damit abrupt unterbrach. Leicht erschrocken über den plötzlichen Krach sahen die beiden Jugendlichen zum Neuankömmling. Die grinsende Hilary war eingetreten und riss die Augen freudig auf, als sie Akira erblickte, die sie mit ähnlich großen und vor allem wachen Augen ansah. “Aki-chan!!”, rief sie heiter und schritt auf sie zu, kniete sich zwischen Akira und Kai und zog das andere Mädchen vorsichtig aber überschwänglich in eine Umarmung. “Hil, was…?” Akira musste lachen, wie die Brünette so an ihrer rechten Seite klebte. Sie tätschelte Hilarys Arm, der um sie geschlungen war und sah zu Kai, der sich wieder seinem Frühstück zugewandt hatte. Ehe sie einen weiteren Gedanken an das Gespräch vorhin verschwenden konnte, hatte sich das Mädchen wieder von ihr gelöst und sah sie lächelnd an. “Bin ich froh, dass du wieder ansprechbar bist.” Nun fragte Akira sich, warum das Mädchen so unglaublich gut gelaunt war. Sie war es schon, bevor sie sie gesehen hatte, also konnte es nicht unbedingt daran liegen. Sie nahm sich vor dem später mal auf den Grund zu gehen. “Was machen die angeknacksten Rippen?”, fragte sie nun stattdessen. Hilary hatte schon keine Pflaster und Bandagen mehr im Gesicht und am Arm und die Schrammen sahen im Vergleich zu letztem Sonntag schon gut verheilt aus, obwohl sie immer noch nicht zu übersehen waren. “Ach, merk’ ich fast gar nicht. Ich darf halt nur nichts Schweres heben oder mich zu sehr anstrengen.” Die Schwarzhaarige nickte verstehend und strich sich erneut mehr unbewusst über ihre verletzte Schulter. Wie ihr Großvater eben vorausgesagt hatte, kamen die Schmerzen langsam zurück. “Hast du schon gegessen?”, fragte Hilary dann und erntete ein weiteres stummes Nicken als Antwort. “Na dann… Wie wär’s mit einer Dusche? Ich helf’ dir.” Das Mädchen sprach ihr aus der Seele. “Das wäre super.” Sie sah sie dankbar an. Am liebsten wäre sie schon vorhin duschen gegangen, aber sie wusste nicht wie sie das mit dem Verband bewerkstelligen konnte, mal abgesehen mit nur einem Arm. “Alles klar. Dann los. Ich frühstücke danach. Hab’ gerade eh noch keinen Hunger.” Mit einem Mal stand die Brünette und hielt ihr die Hand zum Aufhelfen hin. “Ich komm’ sofort. Geh’ ruhig schonmal vor.” Lächelnd erwiderte Akira Hilarys Blick und sah ihr hinterher, als sie die Küche verließ. Ihr Blick glitt auf die Tischplatte zu den Tabletten. Seufzend zog sie die Beine an um aufzustehen, drückte sich umständlich mit der Hand vom Boden hoch und griff nach dem Medikament. Wie unpraktisch ein Schneidersitz in ihrer Situation war, merkte sie jetzt erst und notierte sich gedanklich das demnächst zu vermeiden. Nachdem sie sich ein Glas mit Wasser genommen hatte, drehte sie sich um und lehnte sich gegen die Küchenzeile, während sie wieder zu Kai sah, der sie zu beobachten schien. “Was wolltest du vorhin sagen?”, fragte sie, nahm eine Tablette in den Mund und leerte das Glas in einem Zug. So wie der Junge sie vorhin angesehen hatte, war sie äußerst neugierig, was er ihr eigentlich hatte mitteilen wollen, bevor Hilary hereingeplatzt war. Kai schwieg kurz und die Schwarzhaarige meinte wieder ein Lächeln zu sehen. “Du hast Recht. Das wollte ich sagen.” Sie lachte leise. “Natürlich hab’ ich das.” Sie stellte das Glas auf die Anrichte und drehte sich wieder zum Spülbecken, damit sie es sauber machen konnte und bemerkte in der gleichen Sekunde den Haken an der Sache. Resigniert seuzfte sie und vernahm Kais amüsierte Stimme hinter sich. “Geh schon, ich mach’ das.” Akira massierte sich eine Schläfe, da sie merkte wie die Kopfschmerzen zurück kamen und sah den Jungen wieder entschuldigend an. “Danke.” Die nächsten Wochen würden noch lustig werden. Erneut konnte sie ein Seufzen nicht zurückhalten, gab aber ihr Bestes sich nicht weiter davon runterziehen zu lassen. Ändern konnte sie es jetzt sowieso nicht mehr. Akira drückte ihren leicht gebeugten Rücken durch und atmete einmal tief durch, ehe sie sich von der Küchenzeile abstieß. Die Dusche war eine gute Gelegenheit nochmal etwas zu entspannen und auch mit Hilary zu reden. Nach einem kurzen Stopp in ihrem Zimmer, um Kleidung zum Wechseln zu holen, betrat Akira das Bad, in dem Hilary bereits wartete. Da sie an der Schulter nicht nass werden durfte, kümmerten sich die Mädchen zunächst um Akiras Haare, ehe Hilary den Verband vorsichtig löste und ihr anschließend auch beim Rest half und unterdessen auf die Wunde aufpasste. Wenigstens hatte sich die Brünette ebenfalls ausgezogen und gewaschen. So kam Akira sich wenigstens nicht völlig hilflos vor, sondern erinnerte sie sogar etwas an den Kyoto-Trip vor einiger Zeit, wo die beiden Mädchen zusammen im Onsen waren. Gerade revanchierte sie sich, als sie Hilary den Rücken einseifte, als Akira wieder deren gute Laune vorhin einfiel. Sie konnte sich schon vorstellen, was Sache war. “Sag mal...” “Hm?” Hilary sah sie über ihre Schulter an. “Ist die letzten Tage was passiert?” “Was meinst du?” “Mit Tyson.” Die Brünette drehte das Gesicht wieder nach vorne, aber Akira konnte sehen, dass eine leichte Röte um ihre Nase lag und musste grinsen. //Volltreffer!// “Ähm...” Man konnte spüren wie Hilary um Worte rang und die Schwarzhaarige blickte irritiert zu ihr. Sie hatten doch schonmal darüber geredet, warum reagierte sie nun so? “... Also... Wo fange ich an?” Ein Seufzen folgte. “Meine Eltern wollten eigentlich, dass ich, nachdem ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, erstmal wieder Zuhause bleibe, was genau einen Tag funktioniert hatte, ehe ich wieder hergekommen bin. Tyson hatte mich sogar mehrfach besucht. Ihm ging’s richtig schlecht, weil er sich so große Sorgen um dich gemacht hatte. Und nachdem ich bemerkt hab, dass er mich auch nicht mehr aus den Augen lassen wollte, konnte ich eins und eins zusammenzählen. Ich hatte ehrlich gesagt gedacht, dass sich seine Gedanken nur noch um deinen Zustand drehen, also war ich positiv überrascht und hab’ ein Gespräch gesucht. Naja, ich hab’ ihn mehr oder weniger dazu gezwungen.” Hilary zuckte schuldbewusst mit den Schultern und Akira musste lächeln. Sie schwieg weiter und lauschte aufmerksam. “Dabei ist er dann auch endlich mit der Sprache rausgerückt, dass er mich auch mag, aber das Timing war halt blöd. Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir erstmal schauen wollten wie es dir geht und dass du wieder soweit fit bist, ehe wir uns in irgendwas stürzen. Vor allem wollten wir das auch erstmal für uns behalten. Vorhin hatte ich nur mitbekommen, dass er zurück ins Dojo kam und er hat sich dann wieder hingelegt und mich dabei umarmt – das erste Mal. Da wusste ich, dass er bei dir war und dass du wieder wach sein musst.” Ihre Stimme war zum Ende hin immer leiser geworden und das Rot im Gesicht kräftiger. Tyson und Hilary hatten sich also endlich ausgesprochen und kapiert was der jeweils andere fühlte. Lächelnd lehnte sich Akira nach vorne und gegen Hilarys Schulter. “Na wurde ja auch langsam mal Zeit.”, kicherte sie und beobachtete das peinlich berührte aber lächelnde Mädchen vor sich. “Keine Sorge, ich plapper nichts weiter.”, versprach sie und Hilary sah sie dankbar an. Akira freute sich für die beiden, die in ihren Augen nichts anderes als das Beste verdient hatten. Und nach dem Gehampel die letzten Monate war es allerhöchste Eisenbahn, dass endlich überhaupt etwas passierte. Wieder kamen ihr ihre eigenen Gefühle in den Sinn und sie hoffte, dass Hilary sie nicht danach fragte. Sie war tatsächlich immernoch unschlüssig wie – und ob – sie die ganze Angelegenheit anpacken und offen mit dem Jungen reden sollte. //Vielleicht ist doch nochmal ein Gespräch mit Ray notwendig um den nötigen Fernblick zu bekommen.// Akira hatte das Gefühl, dass sie den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sah, die Geschehnisse um ihre Verletzung hatten da immerhin auch nicht geholfen. Kapitel 24: Surge ----------------- Weitere Tage waren vergangen und Akira saß in ihrem Zimmer am Tisch, grübelte über Berechnungen zu Dragoons neuer Form, die sie schon vor einer Weile erledigt haben wollte, aber ihr übermüdetes Hirn streikte erbarmungslos. Es war Montag, die letzte Ferienwoche hatte begonnen und Ray und Daichi waren beide am Vortag nach Hause abgereist, auch wenn es lange Diskussionen gegeben hatte, da die beiden Jungs lieber geblieben wären. Das Mädchen hatte es den beiden nicht verdenken können, aber sie fand, dass sie schon mehr als genug für sie getan hatten. Die Gesellschaft tat gut, aber auch nach deren Abreise würde sie immerhin nicht alleine sein. Hilary, Kenny, Max und Kai waren sowieso sonst täglich bei ihnen, bemühten sich die Schwarzhaarige abzulenken, so gut es ging. Kurz bevor Ray gegangen war, hatte er sie nochmal beiseite gezogen und ihr ans Herz gelegt ehrlich mit dem Ältesten der Gruppe zu sein. //“Er hat dich nicht mehr aus den Augen gelassen, seit du aus dem Krankenhaus zurück bist. Er und auch Tyson wollten nicht mal kurz mit uns zum BBA-Center, geschweige denn bladen. So hab’ ich die beiden noch nie erlebt. Von Tyson hab’ ich das fast erwartet, aber bei Kai... Wenn da nicht mehr ist, dann weiß ich’s auch nicht.”// Rays Worte hallten in ihrem Kopf und so gerne sie seinem Rat auch folgen wollte, seit sie die Medikamente abgesetzt hatte, hatte sie nicht mehr wirklich geschlafen. Akira hatte das Gefühl jeden Moment im Stehen einzunicken, aber sobald sie etwas Ruhe hatte, war sie immer wieder aufgeschreckt. Die Panikattacken hatten sich gehäuft und von Tag zu Tag wurde auch ihre Laune schlechter, selbst wenn das Mädchen versuchte sich das nicht anmerken zu lassen. Heute war ein besonders schlechter Tag. Am Morgen hatte ihr ihr Großvater die Zeitung am Frühstückstisch hingelegt, in dem ein Artikel über den Vorfall erschienen war. Akira war ehrlich gesagt verwundert gewesen, dass die Presse es jetzt erst erfahren hatte, da Tyson und die anderen, die ja indirekt involviert waren, durch die gewonnenen Titel im Bey-Sport und vor allem das Justice Five Turnier vor einigen Wochen durchaus bekannt waren. Aber der ausschlaggebende Informat schien von Kentas Seite gewesen zu sein. Der Artikel hatte nur so vor Falschaussagen gestrotzt. Sie habe ihn mit dem Messer angegriffen und er sich nur verteidigen wollen. Auf offene Fragen oder widersprüchliche Aussagen, wurde natürlich nicht näher eingegangen. Und das war der Moment, in dem die Japanerin verstehen musste, dass der Gegner einflussreicher war, als sie zunächst gehofft hatte. Es würde nur noch eine Frage der Zeit sein, bis der Anwalt seiner Familie diesen Mistkerl aus der Untersuchungshaft herausholen würde und sie ahnte, dass sie sich noch auf einen zeitintensiven und unfairen Kampf einstellen musste. Und sie konnte sich auch vorstellen wie Robert oder ihre Eltern reagieren würden, wenn sie davon erfahren würden. Die Schwarzhaarige hatte schon Mühe genug gehabt sie alle zu beruhigen, als sie endlich mit ihnen hatte sprechen können. Sie war zwar angeschlagen, aber sie lebte und noch mehr Leute, die in direkter Umgebung herumwuselten, würden ihr in diesem Moment auch nicht helfen. So sehr sie Stille zur Zeit auch vermeiden wollte, sie war froh, dass sie heute das erste Mal fast alleine Zuhause war. Nach einer gefühlten Ewigkeit waren Max, Hilary und Kenny nochmal bei sich daheim. Kai war geblieben und als Akira am Morgen Dank des Artikels wieder kurz davor gestanden hatte sich zu vergessen, hatte sie um ein wenig Zeit für sich gebeten, nachdem sie vom Kontrolltermin beim Arzt zurück war. Nun saß sie alleine in ihrem Zimmer auf dem Boden und die beiden Jungs waren in Tysons Zimmer. Sie konnte sich nicht mal richtig darüber freuen, dass der Verband durch Pflaster getauscht wurde und sie endlich wieder den linken Unterarm und ihre Hand nutzen durfte, zumindest so weit es die Schmerzen zuließen. Lediglich der Oberarm war noch fest fixiert, damit die Wunde an der Schulter nicht zu sehr strapaziert wurde. Der Chirurg hatte wirklich ganze Arbeit geleistet, da sie mittlerweile auch wieder Gefühl in dem verletzten Arm hatte. Die Wunde musste nur noch vollständig abheilen und sie war wieder fast die Alte. Zumindest äußerlich. Die psychischen Wunden würden länger brauchen. Sie seufzte lautlos und versuchte sich wieder zu konzentrieren, doch die Zahlen auf dem Blatt verschwammen zusehends vor ihren müden Augen. Der Frust kam zum erneuten Mal an diesem Tag hoch und resigniert legte sie den Kopf auf die Tischplatte, versuchte die Tränen zurückzuhalten. “Akira…” Ihr Kopf schnellte hoch und sie versuchte die Sicht zu klären. Das Mädchen konnte nur eine dunkle Gestalt an der offenen Tür zum Garten erkennen und reflexartig verkrampfte sich ihr Körper. Ihre Hand ballte sich zur Faust, um den Stift, den sie hielt, zur Not als Waffe zu verwenden, während sie ihre Beine an ihren Körper heran zog. Erstaunt darüber wie blitzschnell ihr Körper reagiert hatte, blinzelte sie mehrfach und hoffte endlich erkennen zu können, um wen es sich bei dem Eindringling handelte. Es dauerte ein paar Sekunden, ehe sie es endlich verstand. “... Ozuma?” Erst jetzt bemerkte sie, dass sie sogar den Atem angehalten hatte. Das Adrenalin ließ sie zittern und Akira schnappte nach Luft, ließ den Stift augenblicklich wieder fallen, als sei er ganz plötzlich heiß geworden. Sie sank nach vorne, die rechte Hand auf ihr pochendes Herz gelegt und japsend versuchte sie sich zu beruhigen, bekam nur am Rande mit, wie der Junge zögerlich auf sie zukam. “Akira, was…?” Doch ehe er sie erreicht hatte, stürmte bereits Tyson in das Zimmer, dicht gefolgt von Kai, die die unbekannte Stimme gehört haben mussten. Die Jungs tauschten stumm Blicke aus, bevor sich Tyson vor seine Cousine platzierte, die keuchend um Luft rang und mit der drohenden Panikattacke kämpfte. Akira hatte schon einige dieser Anfälle gehabt und so sehr sich der Japaner auch bemühte, so überforderte es ihn auch jedes Mal ungemein. Er versuchte ihr Gesicht zu fassen, damit sie aufsah, aber seine ungewollt hektische Art half ihr nicht wieder runterzufahren. “N-Nicht...”, keuchte sie und legte zittern eine Hand auf seinen Arm, damit er los ließ. Sie fühlte sich, als würde sie ersticken. Der Druck auf ihrer Brust nahm zu und sie begann zu Schluchzen. Ihre Gedanken rasten, als sie versuchte sich zu erinnern, was sie jetzt am besten tun sollte. Hilfesuchend sah Tyson zu Kai, der sich umgehend von seiner Position im Türrahmen löste und die Plätze mit ihm tauschte, sich dabei jedoch seitlich von dem Mädchen auf den Boden kniete. Sein ruhiges Wesen war die letzten Tage oft Akiras Rettung gewesen, selbst, wenn sie sich ärgerte, dass sie es nicht immer alleine schaffte sich wieder zu beruhigen. “Ist gleich wieder vorbei, Akira.” Sie konnte seine leise Stimme direkt neben ihrem Ohr hören, spürte eine seiner Hände an ihrem Rücken und die andere am Zwerchfell, richtete sie so etwas auf, damit sie gerade saß. Er brauchte nicht mehr zu sagen. Diese Situation hatte sich schon oft genug wiederholt, dass die Schwarzhaarige schnell wieder wusste, worauf sie sich konzentrieren musste. Tiefes Ein- und Ausatmen in den Bauch, damit sie nicht wieder zu hyperventilieren begann. Warum zur Hölle schaffte sie es nicht alleine darauf zu kommen? So auf sich selbst konzentriert, bekam das Mädchen auch nicht mit wie Tyson Ozuma zunickte, um ihm mitzuteilen, dass er ihm aus dem Zimmer folgen sollte. Es dauerte einige Minuten, bis Kai sie wieder los ließ und sie sich mit deutlich ruhigerem Atem und geschlossenen Augen gegen die Wand hinter sich lehnte und die Knie an die Brust zog. Der Junge beobachtete sie immer noch mit kritischem Blick und lehnte sich neben ihr ebenfalls gegen die Wand. //”...wenn da nicht mehr ist, dann weiß ich’s auch nicht.”// Erneut Rays Stimme, die Akiras Gedanken einnahm. Der Ältere war mal wieder da gewesen, hatte ihr geholfen, es geschafft sie zu beruhigen. “Danke…” Erleichtert, dass die Attacke vorbei war, ließ das Mädchen den Kopf nach rechts fallen, lehnte ihn an seine Schulter und spürte die wohlbekannte Wärme, während er schwieg. Lange blieb sie jedoch nicht in dieser Position. Als Akira Ozuma und Tyson im Flur hörte, setzte sie sich wieder aufrecht. Nach solchen Anfällen hatte sie oft das Bedürfnis nach Körperkontakt, was die letzten Tage meist durch Tyson gelindert werden konnte, der sie von sich aus in Umarmungen gezogen hatte. Und so gut Kais Nähe in diesem Moment auch tat, besonders, da sie ja doch eher selten war, so hatte Akira keine Lust auf lästige Fragen. In dem Moment, wo die beiden erneut in das Zimmer traten, hatte sich Kai aufgerichtet, ging an Ozuma vorbei und nickte ihm wortlos zur Begrüßung zu. Tyson hingegen stand noch unschlüssig in der Tür, beobachtete seine Cousine, die seinen Blick erwiderte. Sie konnte spüren, dass er sie jetzt nicht schon wieder alleine lassen wollte, auch, wenn es nur Ozuma war. Es war das erste Mal seit der Weltmeisterschaft im Vorjahr, dass die beiden nochmal aufeinander trafen und Akira war froh, dass Tyson keine Szene machte. Sie hoffte, dass er endlich verstanden hatte, dass er sich bei dem Jungen keine Sorgen mehr um sie machen brauchte. “Ist schon in Ordnung, Ty.” Bestätigend und müde lächelte sie ihren Cousin an, der etwas widerwillig nickte und Ozuma anschließend nochmal ansah. Als er sie dann alleine ließ, ließ er absichtlich die Tür zum Flur offen, worauf das Mädchen leise lachend schnaufte. “Hey…” Die Schwarzhaarige sah zu Ozuma, der sie immer noch Mitten im Raum stehend beobachtete. Sie lächelte ihn entschuldigend an, versuchte die gedrückte Stimmung etwas zu heben. “Hey.”, antwortete er, erwiderte das Lächeln und kam nun auf sie zu, kniete sich vor sie und fasste sanft ihr Kinn. Akira war zunächst verwirrt, aber als er ihr Gesicht leicht nach links drehte, verstand sie und ließ ihn machen. Der Junge zog die Brauen zusammen, als er die Überreste des blauen Flecks auf ihrer Wange analysierte. Die Hand verschwand von ihrem Gesicht und als sie ihn wieder ansah, bemerkte sie wie sein Blick nun auf dem Pflaster an ihrer verletzten Schulter lag, das durch das Top, das sie trug, gut sichtbar war. “Ich hab’ heute Morgen den Artikel gelesen und musste direkt her kommen...” Während er sprach, drehte er sich und setzte sich neben das Mädchen auf den Boden, wo vorhin noch Kai gesessen hatte. “Es war vorher schon unnötig zu fragen, ob der Mist darin stimmt, aber Tyson hat mir erzählt wie es wirklich abgelaufen ist.” Die Japanerin schloss die Augen und schnaufte leise. Der Junge kannte sie gut genug, dass er es schon selber gewusst hatte. Sie dankte Tyson innerlich, dass er die Erklärung für sie übernommen hatte. “Tut mir Leid, dass ich dich erschreckt hab’. Ich hätte damit rechnen müssen, dass ich besser nicht einfach so in deinem Zimmer stehen sollte.” Ozuma zog die Knie ebenfalls an und legte die Arme darauf ab. Sein Kopf neigte sich zu ihr und er sah sie direkt an. “Ich hab’ heute generell einen Scheiß-Tag. Ist nicht deine Schuld.” Traurig lächelnd erwiderte sie seinen Blick. “Wegen dem Artikel?” “Auch… Ich kann seit Tagen nicht wirklich schlafen und hab’ deswegen heftige Stimmungsschwankungen und Panikattacken. Der Bericht war also quasi die Kirsche auf der Torte.” Der Junge beobachtete sie einige Sekunden stumm, schien zu überlegen, ehe er anfing wissend zu grinsen und mit gesenkter Stimme sprach. “Aber immerhin scheint das mit Kai und dir ja zu laufen.” Akira sah ihn irritiert an. Dass Kai ihr vorhin geholfen hatte, konnte jetzt nicht wirklich als Indiz für seine Schlussfolgerung zählen, oder hatte er mehr gesehen? “Wie kommst du da drauf?”, fragte sie und Ozuma sah sie überrascht an, ehe sein Grinsen breiter wurde. “Es ist Monate her, seit du bei mir warst, um Dranzer zu retten, und ihr habt immer noch nicht miteinander geredet?” //Wie zur Hölle macht der Kerl das nur immer wieder?// Akira strich sich seufzend durch die Haare. Sie lehnte sich etwas nach vorne, um kurz in den Flur zu sehen, ehe sie noch leiser fortfuhr. “Wenn du’s unbedingt wissen willst: Weil ich das eigentlich so schnell wie möglich wieder vergessen wollte. Erst einen Tag vor dem Angriff hat Ray mir den Floh ins Ohr gesetzt, das doch nochmal zu überdenken, aber im Moment hab’ ich wirklich andere Sorgen.” “... Du hast aber auch immer irgendeinen Grund dich aus der Affaire zu ziehen, oder? Buchstäblich.” Ozuma zog eine Braue skeptisch nach oben und erntete ein genervtes Augenrollen. “Warum müssen du und Ray euch da eigentlich überhaupt einmischen, man? Als wäre ich nicht in der Lage selbstständig Entscheidungen zu treffen.”, jammerte sie kraftlos. Sie wusste insgeheim, dass die beiden Jungs irgendwo Recht hatten, aber es war dennoch nervig. “Weil wir anscheinend sehen, wovor du die Augen verschließen willst. Und wenn du dann doch mal empfänglich für gewisse Anzeichen bist, kommst du nicht in die Gänge.” “Inwiefern?” Warum fragte sie überhaupt? Sie ahnte schon was jetzt kommen würde. Ozuma hatte garantiert mehr gesehen und bei seinem enormen Feingefühl, genau wie bei Ray, konnte Akira sich jetzt denken, dass er in dem kurzen Moment, wo er sie und Kai zusammen gesehen hatte, wirklich schon einiges aufgeschnappt hatte. “Naja, den Blick, den er mir vorhin zugeworfen hat, als er rausgegangen ist, hat Bände gesprochen. Ich bin mir noch nicht sicher welche Bände, aber es war eindeutig.” Akira stockte kurz. Da Kai mit dem Rücken zu ihr gestanden hatte, hatte sie seinen Blick wirklich nicht gesehen. Aber wenn sie ehrlich war, hatte sie keine Energie mehr weiter darauf einzugehen. Ihr müdes Hirn meldete sich mit Kopfschmerzen zurück. “Können wir das Thema jetzt bitte sein lassen?”, fragte sie flehend als sie den Blick wieder geradeaus und von ihm weggedreht hatte und massierte sich die Schläfe. Der Junge beobachtete sie still und seufzte resigniert. Sie wusste, dass er das Ganze mit Sicherheit nochmal ansprechen würde, aber zumindest für jetzt hatte sie Ruhe und das reichte ihr. Ozuma war noch eine ganze Weile geblieben und neben Tysons obligatorisch regelmäßigen Checks, ob auch wirklich alles in Ordnung war, blieb sein Besuch sonst recht ereignislos. Nachdem er sich auch daran gehalten hatte ihre Gefühle gegenüber Kai nicht noch einmal anzusprechen, konnte auch Akira mehr entspannen und die seltene Gesellschaft genießen. Sie gab ihm endlich seinen Umhang zurück und versprach ihn zeitnah nochmal im Dorf besuchen zu kommen, so, wie sie es eigentlich demnächst auch vorgehabt hatte. Aber aktuell stand ihre Genesung an erster Stelle. Sie hatte ihn noch zum Genkan begleitet und stand nun mit ihm in der Haustür, um sich zu verabschieden. “Halt’ die Ohren steif, Aki.”, lächelte er sie an und erntete ein Lachen. “Kennst mich doch.”, gluckste sie und ließ sich von ihm in eine Umarmung ziehen. Gerade, als sie sich wieder lösen wollte, stoppte er sie, nahm eine Hand von ihrem Rücken und legte sie an ihr Gesicht. Irritiert suchte sie nach seinen Augen, spürte aber stattdessen seine Lippen auf ihrer Wange. //Was zur Hölle…??// Sie waren Freunde und nicht mehr. Ozuma wusste das genauso wie sie selbst, wie sie vorhin erneut festgestellt hatte. Körperliche Nähe in Form von Umarmungen war zwar kein Fremdwort für sie beide, trotz ihrer gemeinsamen Geschichte, aber das hier war anders. Er entfernte sich nun vollends von ihr und zwinkerte ihr grinsend zu, während sie sein Verhalten immer noch zu analysieren versuchte. Aber so sehr sie auch nachdachte, ergab es keinen Sinn, warum er sich plötzlich wieder so ähnlich verhielt wie vor einem Jahr, als sie getrennte Wege gegangen waren. Immer noch grinsend drehte sich der Junge um und sie sah ihm nachdenklich hinterher. Seufzend wandte sie sich dann auch selber ab, um wieder ins Haus zu gehen, und stockte. Kai stand im Flur an die Wand gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt und den Blick starr an ihr vorbei. Akira musste tief durchatmen und presste die Lippen aufeinander, während sie versuchte nicht Rot anzulaufen. //Dieser verdammte Blödmann…// Natürlich hatte er das vorhin mit einer Intention gemacht und so wie Kai gerade aussah, hatte er damit wohl voll ins Schwarze getroffen. //“... den Blick, den er mir vorhin zugeworfen hat, als er rausgegangen ist, hat Bände gesprochen. Ich bin mir noch nicht sicher welche Bände, aber es war eindeutig.”// Wie Recht er hatte. Jetzt zwang er sie auch noch dazu tatsächlich mit dem Älteren zu reden. Aber sie sollte zumindest klarstellen, dass da nichts zwischen ihr und Ozuma war, bevor es wieder ein großes Donnerwetter gab. Akira atmete erneut tief durch und betrat den Flur und schloss hinter sich die Tür. Doch ehe sie etwas sagen konnte, hatte der Junge sie nun direkt angesehen. “Ich hoffe das endet nicht so wie beim letzten Mal…” So sehr sich Kai auch um ein Pokerface bemühte, er sah alles andere als begeistert aus. Die Schwarzhaarige versuchte zu erahnen was in ihm vorging. War es Enttäuschung? Eifersucht? Oder doch nur ernsthafte Sorge? In Gedanken ging sie sämtliche Möglichkeiten durch, wie sie nun reagieren könnte und da ihr Hirn immer noch auf halber Geschwindigkeit lief, stand sie sekundenlang schweigend vor ihm, während die Rädchen in ihrem Kopf sichtbar ratterten. “... Es kann nichts enden, wenn da nichts ist. Wir sind nur Freunde. Ich habe schon lange keine Gefühle mehr für ihn.” Kai stieß sich von der Wand ab und sie sah zu ihm auf, hielt dem Blick stand, glaubte sogar einen Moment Erleichterung in seinen Augen erkennen zu können. Eigentlich wollte sie es dabei belassen, aber weitere Worte sprudelten im Flüsterton heraus, ohne, dass sie sie aufhalten konnte. “... Nicht für ihn…” Sie konnte spüren wie sie ungewollt die Kontrolle verlor. Die vielen Wochen, in denen sie sämtliche Gefühle unterdrückt hatte, kamen wieder hervor. Doch diesmal nicht, während sie ihn heimlich beobachte, sondern jetzt in diesem Moment, wo sie sich ansahen und er eindeutig den Wechsel in ihrem Blick erkennen konnte. Und sie sah in seinem Blick, dass er es verstanden hatte. Erschrocken über die unbeabsichtigte Offenbarung weitete Akira die Augen. //Verdammt… Das war so nicht geplant.// “Ist Ozuma schon weg?” Tyson kam gerade den Seiteneingang herein und schritt den Flur entlang direkt auf die beiden zu, die den Blickkontakt dennoch nicht abbrachen. Der Junge hatte mal wieder das perfekte Timing erwischt und wenn Akira ehrlich sein sollte, war sie froh sich fast schon ungeschoren aus der Situation ziehen zu können. Sie war immer noch unglaublich müde und wusste nicht wie sie einem solchen Gespräch standhalten sollte, ohne völligen Blödsinn von sich zu geben. Die kurzzeitige Auseinandersetzung mit Ozuma diesbezüglich hatte ihr für heute schon den Rest gegeben. Mal abgesehen von der Tatsache, dass sie es Kai eigentlich gar nicht so bald hatte sagen wollen. “Ja, seit gerade eben.”, antwortete Akira, die endlich die Beherrschung zurück erlangt hatte und anschließend Tyson ansah. Er schien die Spannung zwischen ihr und dem Ältesten nicht zu bemerken. “Na dann. Gibt’s was Neues bei den Saint Shields?”, fragte ihr Cousin, doch ehe sie antworten konnte, wurde sie von ihrem Großvater unterbrochen, der aus der Küchentür lugte und sie alle zum Mittagessen rief. “Super, ich verhungere schon!” Grinsend legte Tyson vorsichtig einen Arm um ihre Schultern und zog sie freudig in Richtung Küche. Akira verkniff sich einen weiteren Blick zu Kai, der den beiden wenig später folgte. Sie wusste, dass das Gespräch nur vertagt war, aber das verschaffte ihr auch die Zeit, die sie brauchte, um sich dafür zu sammeln. Das Essen war äußerst seltsam gewesen. Während Akira versuchte sich nichts anmerken zu lassen, vermied sie es in Kais Richtung zu sehen, was schwieriger war, als sie gehofft hatte. Tyson und ihr Großvater waren so gut wie die ganze Zeit tief in ein Gespräch wegen des später anstehenden Kendo-Trainings versunken gewesen, zu dem ihr Großvater seinen jüngsten Enkel nach Wochen nochmal überreden konnte und so sehr das Mädchen ihren Fokus auch darauf hatte lenken wollen, so sehr spürte sie auch den eindringlichen Blick des Älteren, der ihr auch noch am Tisch gegenüber gesessen hatte. Als sie fertig war, war sie direkt aufgesprungen und hatte sich entschuldigt, ohne, dass einer der anderen etwas sagen konnte. So Leid es ihr auch tat Kai nun einfach stehen zu lassen, obwohl er jedes Recht dazu hatte Antworten zu bekommen, die er seinem Verhalten nach zu urteilen auch haben wollte, aber das war ihr heute einfach zu viel. Sicherheit suchend war sie ins Bad gestürmt und wollte duschen. Die neu gewonnene Freiheit ihres linken Unterarms war durchaus hilfreich das jetzt auch endlich wieder alleine hinzubekommen. Fieberhaft überlegte sie währenddessen was wohl dabei raus käme, wenn das Gespräch dann doch endlich stattfinden würde. Im Grunde gab es nur zwei Möglichkeiten: er hatte auch Gefühle für sie, oder eben nicht. //Aber so oder so, es wird sich etwas zwischen uns ändern. Und das hab’ ich eigentlich nie gewollt...// Ein weiteres Mal an diesem Tag spürte sie wie Tränen ihre Sicht verschwimmen ließen. Es war alles zu viel. Die chaotischen Emotionen, Depressionen und Glücksgefühle im regen Wechsel, ihre physischen Wunden, die sie einschränkten, der Schlafmangel. Und dann waren da noch die Panikattacken, die sie noch zusätzlich auslaugten. Wie sollte sie denn in der Lage sein so ein anständiges Gespräch zu führen, geschweige denn rationale Entscheidungen treffen zu können? Auch, wenn sie mittlerweile auch die Möglichkeit in Betracht zog, dass er ähnlich fühlte, machte es das Chaos in ihrem Inneren nicht wirklich besser. //Eine von unzähligen Baustellen weniger, macht eigentlich auch keinen Unterschied mehr, oder?// Frustriert schniefte sie und wischte sich fahrig die Tränen von den Wangen. Allein für diesen Gedanken konnte sie jetzt schon das empörte Gemecker von Ray und Ozuma in ihrem inneren Ohr hören, was sie leise zum Lachen brachte. Seit wann war sie eigentlich so passiv drauf? Normalerweise war sie ein Mensch, der Probleme direkt anging und das Eingeständnis, dass sie versuchte vor einer Konfrontation wegzulaufen – eigentlich sogar schon seit Wochen – ärgerte sie. Sie war enttäuscht über sich selbst. Die Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. Es wurde höchste Zeit, dass sie die vielen negativen Gedanken endlich mal los wurde und vor allem aus diesem Loch herauskam. //Wenn ich doch wenigstens endlich mal schlafen könnte...// Erschöpft rieb sich Akira die Augen und blieb einen Moment auf dem Boden hocken, ehe sie endlich begann sich abzutrocknen und etwas überzuziehen. Ein tiefer Atemzug ehe sie die Tür öffnete und seufzend in ihrem Zimmer verschwand. Sie wusste, dass die Weglauferei aufhören musste. Sie konnte Kai ja auch nicht ewig aus dem Weg gehen. Das wäre auch alles andere als fair. Weiter darüber nachzudenken machte im Moment allerdings nur wieder ihre Kopfschmerzen schlimmer, also nahm sie sich vor das Thema am nächsten Tag endlich anzugehen. Ein erneuter Seufzer entrann ihrer Kehle und sie öffnete die Schiebetür zum Garten. Heute war es ausnahmsweise mal nicht ganz so heiß wie die letzten Tage. Dicke Wolken hatten sich vor die Sonne geschoben, aber wenigstens regnete es nicht. Akira atmete den sommerlichen Geruch ein und lauschte den Zikaden. Ihr fiel auf, dass sie schon seit geraumer Zeit nicht mehr meditiert hatte. Vielleicht half das den Kopf nochmal frei zu bekommen und sich vor allem zu entspannen. Kurzerhand setzte sie sich im Schneidersitz auf die Dielen, schloss die Augen und versuchte endlich den dunklen Nebel in ihren Gedanken zu verdrängen. Einige Minuten ging es sogar gut, ehe sie merkte, wie sie einnickte. So sehr sie auch schlafen wollte, diese Position war in ihrem Zustand alles andere als geeignet um an Ort und Stelle einzuschlafen. Und damit war es dann auch mit dem leeren Kopf vorbei. Genervt atmete sie aus, beugte sich nach vorne und massierte sich den Nasenrücken. “Alles okay?” Tyson hatte am Ende des Hauptgebäudes an seinem Zimmer ebenfalls die Tür zum Garten geöffnet und stand in seiner Trainingskleidung auf dem Engawa, sah sie besorgt an. Akira richtete sich wieder etwas auf und lächelte ihn müde an. “Geht so… Heute ist echt nicht mein Tag.” Wieder ein Seufzen. Jetzt wo sie ihren Cousin im Hakama sah, hatte sie auch Lust beim Schwertkampf mitzutrainieren. Aber das würde die nächsten Wochen vorerst nicht möglich sein. “Warum guckst du nicht zu wie Opa mich triezt? Das macht dir doch sonst auch so viel Spaß?”, grinste der Japaner und brachte das Mädchen zum Lachen. “Und Kai musste noch kurz weg, also sind wir eh alleine.” Nun horchte sie auf. “Kai ist weg?”, fragte sie und versuchte nicht zu emotional zu klingen. War ihre Reaktion vorhin etwa zu viel gewesen? Hatte er die Nase voll und ist einfach Heim? Sie versuchte die aufkommende Panik herunterzuschlucken, sich zu sagen, dass es nicht unbedingt mit eben zu tun haben muss. “Ja, ich glaube er wollte noch was besorgen oder so. Er kommt später wieder. Hilary wollte heute Abend auch nochmal vorbei kommen.” Das Mädchen versuchte sich wieder zu beruhigen und schüttelte die rechte Hand aus, die sich unbewusst in den Stoff ihres Oberteils verkrampft hatte. //Hör auf dich wie eine Idiotin zu benehmen, Mensch. Das wird ja langsam wirklich peinlich…//, schallte sie sich in Gedanken und sah endlich wieder auf. Tyson hatte es zum Glück nicht bemerkt und sich bereits Richtung Dojo gedreht. “Kommst du?” Er konnte ihr Nicken zwar nicht sehen, aber zu mehr war sie im Moment nicht imstande. Umständlich kam sie wieder auf die Beine, schnappte sich im Zimmer nochmal ihre Unterlagen mit den offenen Berechnungen und trottete ihm hinterher in die kleine Trainingshalle, wo ihr Großvater bereits auf seine Enkel wartete. Vielleicht konnte sie parallel auch nochmal an ihren Aufgaben arbeiten. Eine Stunde war bereits verstrichen, in der es sich Akira auf einem der Futons bequem gemacht hatte, die noch von den anderen im Dojo zusammengelegt lagen. Mit angewinkelten Beinen saß sie an die Wand gelehnt und tippte mit ihrem Stift auf dem Block herum, während sie mit leerem Blick nach vorne schaute, wo Tyson und ihr Großvater in das Training vertieft waren. Sie war schon einige Male eingenickt, aber bereits nach kurzer Zeit wieder aufgeschreckt. Die Albträume verfolgten sie immer noch und mittlerweile war sie sogar an dem Punkt angelangt, wo sie sich die Beruhigungsmittel zurück wünschte. Die Tür der Halle war offen und aus den Augenwinkeln sah sie jemanden eintreten. Es war Kai, der sich umsah und nun auch sie an der Seite erblickte. Mit Verzögerung erwiderte sie seinen Blick und sah dann wieder runter auf den Block in ihrem Schoß. Sie war froh, dass sie vorhin unbegründet Panik geschoben hatte, aber die Angst, dass er sie zur Rede stellen wollte, war immer noch da, auch wenn sie nicht mehr davor weglaufen wollte. Solange sie nicht alleine waren, würde das allerdings sowieso nicht passieren. So gut kannte sie den Jungen mittlerweile. Tief in Gedanken hatte sie nicht bemerkt, wie der Ältere die Distanz zwischen ihnen verringert und sich neben ihr auf das Futon gesetzt hatte. Sie beide hüllten sich in Schweigen und Akira war sich unsicher wie sie die Situation bewerten solle, bis sie in ihren Gedanken unterbrochen wurde, als der Junge wortlos nach ihrem Block und Stift griff. Bis auf die Werte, die Kenny ihr zur Verfügung gestellt hatte und eine paar Versuche die richtigen Zahlen in den richtigen Formeln einzufügen, hatte sie nichts Brauchbares geschafft. Mit zusammengezogenen Brauen beobachtete sie ihn dabei, wie er ein paar der Formeln nacheinander abarbeitete und ihr anschließend die Notizen zurück auf den Schoß legte. Ihre Augen scannten die Ergebnisse auf Fehler, aber es wunderte sie nicht, dass sie selbst das im Moment nicht hinbekam. “Ich lobe deine Hartnäckigkeit das jetzt unbedingt hinkriegen zu wollen, aber du solltest lernen zu erkennen, wann du aufgeben und dir einfach auch mal die Zeit geben musst, die du anscheinend dringend brauchst.” Die Japanerin sah vom Blatt auf und zu ihm, erwiderte seinen Blick nun das erste Mal länger seit ihrem Ausrutscher heute Mittag. Wieder wusste sie nicht wie sie seine Mimik deuten sollte und über den Gedanken meldeten sich die Kopfschmerzen zurück. Seufzend strich sie sich über die Augen und musste sich eingestehen, dass er wie so oft Recht hatte. Es nützte nichts etwas erzwingen zu wollen, wenn sie es offensichtlich zur Zeit körperlich nicht schaffte. Akira legte die Sachen beiseite und lehnte ihren Kopf gegen die Wand hinter sich. Das Mädchen spürte wie ihr Körper von selbst die geistige Blockade löste, die sie vor Aufregung vorhin unbewusst errichtet hatte. Es war fast surreal. Kai wusste nun offensichtlich von ihren Gefühlen, obwohl sie es eigentlich gar nicht preisgeben wollte, und so angespannt sie auch deswegen war, so schaffte er es mal wieder die Ruhe selbst zu sein und das auch auf sie zu übertragen. Jetzt tat es ihr nur noch mehr Leid, das sie ihm vorhin so vor den Kopf gestoßen und gemieden hatte. Nur ein weiterer Beweis, dass sie aktuell nicht in der Lage war rational zu denken. Die Augenlider wurden erneut schwer und die Schwarzhaarige gab auf sich dagegen zu wehren. Die Hoffnung, dass sie etwas mehr als ein paar Minuten Schlaf bekam, war stets präsent, aber diese wohlbekannte Wärme im Inneren und Kais beruhigende Art stimmten sie seit langem nochmal zuversichtlich. Ehe sie vollends in den Schlaf glitt, bemerkte sie, wie sich ihr Körper zur Seite neigte und ihr Kopf zum zweiten Mal an diesem Tag auf Kais Schulter rutschte. ~Stechende Augen, durchbohrend; Hände, die sie festhielten und dann plötzlich ein unbeschreiblicher Schmerz, der den ganzen Körper durchjagt.~ //Keine Luft...// Mit aufgerissenen Augen rang sie um Atem, den Oberkörper nach vorne gebeugt und in diesem Moment spürte sie die Wunde an ihrer Schulter, die sich schmerzhaft meldete, da Akira so ruckartig aus dem Schlaf gerissen wurde. “Hah… au…” Die Stimme mehr ein Flüstern und ein pochender Puls, der ihr bis zum Hals schlug. Mit zittrigen Fingern hielt sie die rechte Hand an die Schulter und konnte die Schluchzer nicht aufhalten, die sich aus ihrer Kehle kämpften. Schon wieder war sie so brutal geweckt worden. Das Adrenalin schoss ihr durch die Adern, aber zugleich spürte sie auch die unglaubliche Erschöpfung, das kräftezehrende Sehnen nach Ruhe und Erholung, das mal wieder durch die altbekannten Albträume zunichte gemacht wurde. Noch etwas im Halbdelirium bemerkte sie erst jetzt die stützenden Hände an sich, die ihrem Oberkörper wieder vorsichtig nach oben halfen, während sie versuchte ihre Atmung zu regulieren. “Ich will doch einfach nur endlich mal schlafen, verdammt.”, schluchzte sie und ließ sich von Kai aufrecht hinsetzen, damit sie besser Luft bekam. Leise fluchend legte sie den Kopf in den Nacken und kämpfte auch gegen die nun aufkommenden Tränen, eine Hand in Kais Shirt gekrallt, der neben ihr kniete. “Scheiße… ich…” Nur langsam ließ der Druck in Akiras Brust nach. Wenigstens war es diesmal keine heftige Panikattacke, aber der Schreck hatte ihr schon gereicht. Der Junge ließ sie nun los, aber bevor sie sich erneut zurück gegen die Wand lehnen konnte, hatte er sich anders positioniert und zog sie vorsichtig zu sich. Akira fand sich plötzlich mit ihrer rechten Seite an seine Brust gedrückt wieder und spürte, wie ihr Gesicht rot wurde. Die Tränen waren nun schnell vergessen. “Was…?” Sie wollte sich wieder aufrichten, aber ihr fehlte die Energie. “Du brauchst dringend Schlaf.” Und da dachte er etwa es würde ihr helfen, wenn sie zwischen seinen angewinkelten Beinen und an seinem Oberkörper gelehnt dalag? Nur Stunden, nachdem er herausgefunden hatte, dass sie mehr für ihn empfand? Oder dachte er es vielleicht genau deswegen? “Aber…” “Nach müde kommt blöd, also halt den Mund und mach die Augen zu.” Er ließ offensichtlich keine Widerrede zu und das Mädchen gab auf. Blöd fühlte sie sich schon seit Tagen, und davon hatte sie genug. Resigniert seufzte sie, zog die Beine auf dem Futon etwas heran und drehte sich leicht, sodass sie nicht mehr mit der Schulter gegen seine Brust drückte, sondern den rechten Arm halb um seinen Rücken schlang. Das Gesicht vergrub sie in seiner Halsbeuge, die seit dem Angriff nicht mehr von seinem weißen, langen Schal verdeckt wurde, und mehr unbewusst sog sie seinen Geruch ein. Es erstaunte sie wie bequem es sich anfühlte und vor allem wie ruhig sie war. Die Schwarzhaarige schob es auf die Müdigkeit, dass sie innerlich nicht völlig ausrastete, obwohl sie sich seit Wochen insgeheim eigentlich genau eine solche Art Nähe zum Älteren gewünscht hatte. “Wo sind Tyson und Opa?” Erst jetzt registrierte sie, dass sie beide alleine im Dojo war. “Im Haus, die sind vorhin fertig gewesen und wollten dich nicht wecken, als sie gesehen haben, dass du endlich eingeschlafen warst.” “Hm… Wie lange hab’ ich geschlafen?” “Eine halbe Stunde.” Das war quasi nichts. Frustriert schnaufte sie, schloss erschöpft die Augen. “...Kai?” “Hm..?” “Danke.” Eine kurze Stille. “Schlaf endlich.” Sie spürte wie er eine Hand auf ihren Kopf legte. Die andere hatte er auf seinem Knie abgelegt und das Mädchen konnte nicht umhin zu lächeln. Der Ältere war bekannt für seine kalte Art, aber hier und jetzt, wo er sie zwar nicht richtig im Arm hielt, war sie ihm näher wie nie zuvor. Akira wusste, dass sein Handeln weit außerhalb seiner sonstigen Komfortzone war und obwohl er es nicht ausgesprochen hatte, reichte das für sie als Beweis, dass da mehr war. Etwas, das schnellstmöglichen Redebedarf hatte. Kapitel 25: Promise ------------------- Sie wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, seit sie das zweite Mal an diesem Tag richtig eingeschlafen war, aber sie fühlte sich deutlich besser. Auch wenn sie nicht die Menge an Schlaf bekommen hatte, die sie eigentlich benötigte, hatte es enorm geholfen. Die Albträume waren zwar immer noch da, aber sie waren diesmal nicht so schlimm gewesen und hätte sich ihre Blase nicht irgendwann gemeldet, wäre sie sicher auch noch länger so sitzen geblieben. Mehr widerwillig löste sich Akira aus ihrer Position, setzte sich auf und rieb sich die Augen. Kai, der so ruhig geatmet hatte, dass sie sicher war er würde selber schlafen, sah auf und beobachtete sie. Erst, als sich das Mädchen nach ein paar Sekunden gesammelt und die Augen geöffnet hatte, bemerkte sie seinen Blick. Beide blieben stumm und Akira wägte ab, ob sie etwas sagen sollte oder nicht, wurde jedoch dabei unterbrochen. “Endlich wieder wach, ihr zwei Schlafmützen?” Hilary stand grinsend im Eingang und als die Schwarzhaarige verstand, dass das andere Mädchen sie beide so gesehen haben muss, versuchte sie die aufkommende Röte im Gesicht hinter ihren Haaren zu verstecken. Darüber hatte sie natürlich vorhin nicht nachgedacht, als sie seinem Drängen nachgegeben hatte, aber dass Kai selbst kein Problem damit zu haben schien, da er Hilary nur wortlos zunickte, quittierte ihre Mitte mit dem altbekannten Kribbeln. Am liebsten würde sie doch jetzt das Gespräch mit ihm suchen, aber sie wusste, dass jetzt nicht die richtige Gelegenheit war, da sie nicht mehr alleine waren. So viel zu ihrem Vorhaben das Ganze auf morgen zu verschieben. Einmal tief einatmend, entfernte sie sich vollends von dem Jungen und stand auf. “Wir haben das Abendessen vorbereitet, es sollte gleich fertig sein. Max und Kenny sind auch gerade gekommen.”, erklärte die Brünette und beobachtete die beiden immer noch amüsiert. “Ich dachte die wollten morgen erst wieder kommen.” Akira konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen. Wie es schien konnten sie mittlerweile irgendwie doch alle nicht lange ohne einander. Sie überlegte, wenn es schon Zeit für das Abendessen war, muss sie locker vier Stunden geschlummert haben, was sie schon fast beeindruckte. “Ich war vorhin bei seinem Vater im Laden. Da hatte Max schon gesagt, dass er überlegt heute Abend nochmal vorbei zu schauen.” Kai hatte sich ebenfalls erhoben und stand seitlich hinter Akira. Jetzt wusste sie auch, wohin er eben verschwunden war. “Scheinbar hat Kenny den gleichen Gedanken gehabt.”, lachte Hilary darauf, ehe sie auf Akiras Schulter deutete. “Wie ich sehe war der Arzttermin heute Morgen ein voller Erfolg.” “Ja, wenigstens etwas. Ist echt deutlich angenehmer so, aber bis ich das Ding ganz los bin, dauert’s noch ein bisschen. Ich muss nur aufpassen, je nachdem wie ich den Arm bewege, tut’s ziemlich weh.”, sagte die Schwarzhaarige traurig lächelnd und strich über das Pflaster. Es war schwer den Fortschritt von der positiven Seite zu sehen, aber wie ihr mentaler Zustand mal wieder zeigte, hatte sie keine andere Wahl, damit es nicht schlimmer wurde. Von draußen hörten sie laute Stimmen und Hilary wandte sich ab zum Eingang des Dojos. “Na kommt, bevor Tyson wieder Unsinn anstellt, weil er Hunger hat.” Als das Mädchen draußen auf dem Engawa verschwunden war, trat Kai direkt neben sie, während sie beide aus der Tür schauten. “Wie fühlst du dich?”, fragte er und Akira konnte wieder seinen Blick auf sich spüren. “Etwas besser.” Als sie antwortete, sah sie auch zu ihm und glaubte innerlich zu explodieren, als sie sein Lächeln sah. Der Junge strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und folgte anschließend Hilary. Die Schmetterlinge, die sich daraufhin in Akiras Mitte austobten, sorgten dafür, dass ihr schon fast schlecht wurde. Erst durfte sie an ihn geschmiegt endlich ein paar Stunden Schlaf nachholen, wurde sogar regelrecht von ihm dazu gedrängt, und jetzt das. Am liebsten würde sie losstürmen, ihn aufhalten und… Bei dem Gedanken spürte sie wieder die Röte im Gesicht. Sie hoffte, dass sie so schnell wie möglich die Gelegenheit hatte den Älteren beiseite zu ziehen und mit ihm zu reden, ohne dass jemand wieder dazwischen funkte. Aber im Moment waren dafür eindeutig zu viele Personen im Haus. Tief durchatmend schüttelte sie den Kopf, versuchte die rosa Wolken aus ihrem Gehirn zu vertreiben, da sie wusste, dass sie sonst nicht in der Lage war sich vor den anderen unauffällig zu verhalten. Ganz besonders vor Hilary, die sie später garantiert mit Fragen löchern würde. //Schlimmster und bester Tag bisher – und das gleichzeitig… Ich werd’ echt noch verrückt.// Seufzend setzte sie sich auch endlich in Bewegung. Dank großer Runde am Esstisch ging es in Grangers Haus mal wieder rege zu. Hilary, Kenny und Max erzählten, was zwischenzeitlich bei ihnen Zuhause los war und nachdem Akira auch von ihrem Arzttermin und Ozumas Besuch berichten musste, verlagerte sich das Gespräch zum neues Sitz der BBA. Die Schwarzhaarige würde gerne auch nochmal hin, aber wegen ihres labilen Zustands hatte sie sich bisher nicht getraut das Grundstück zu verlassen. Viel zu groß war die Angst vor einer Panikattacke Mitten auf der Straße, wo sie sich noch unsicherer fühlte, als Zuhause schon. Gerade jetzt nach dem erschienenen Artikel, war sie sich sicher, dass das noch eine Weile so bleiben würde. Das Mädchen ließ den Blick über den Tisch schweifen. Auch wenn es nur wenige Stunden gewesen sind, so hatte das bisschen Schlaf tatsächlich schon geholfen ihre Laune wieder etwas zu heben. Wobei wohl eher Kais fürsorgliches Verhalten den Großteil dazu beigetragen hatte. Unbewusst sah sie zum Älteren herüber, der am anderen Tischende saß und Max zuzuhören schien. Unfähig sich gerade davon abzuhalten, beobachtete sie den Jungen, der sich die letzte Zeit doch ziemlich verändert hatte. So ungewohnt es auch immer noch war, trug er seit einer Woche nicht nur den Schal nicht mehr, was, wie sie vermutete, daran lag, dass der, mit dem vielen Blut getränkt, nicht mehr zu retten gewesen war. Sondern auch die blauen Streifen an seinen Wangen hatte sie schon eine Weile nicht mehr an ihm gesehen. Mit dem schlichten dunkelblauen Shirt, das seinem trainierten Oberkörper schmeichelte, wirkte er schon fast unauffällig, was irgendwie nicht so ganz zu seinem rebellischen Wesen passte. Im Kontrast stand da seine Aura, die einen schlichtweg in den Bann ziehen konnte. Zumindest ging es ihr regelmäßig so, wenn er in der Nähe war. Ganz besonders mit seinem Blick konnte er, wenn er wollte, so viel sagen ohne Worte benutzen zu müssen. So wie auch in diesem Moment, wo das dunkle violett in seinen Augen blitzte und ihr Herz umgehend zum Hüpfen brachte, da er ihren Blick bemerkt hatte und ihn vielsagend erwiderte. Da war es wieder. Dieses Lächeln, das sie schier verrückt machte. So unscheinbar, dass man es fast nicht wahrnahm, wenn man nicht direkt darauf achtete, und doch mit solch einer enormen Wirkung, dass es ihr mal wieder den Atem raubte. Doch es war nicht sein Äußeres, in das sie sich hoffnungslos verliebt hatte. Es war seine sensible Art, die er nur bei seinen Freunden zeigte, seine enorme Willensstärke, seine Kraft sich immer wieder aufzurappeln, wenn er am Boden lag, und auch der Drang nach Perfektion, der ihn zwar schon so manches Mal den falschen Weg hatte einschlagen lassen, aber egal wie oft er sich auf seinem Pfad verirrt hatte, er war immer wieder zu ihnen zurückgekommen, war sich nicht zu schade zuzugeben, wenn er im Unrecht gewesen war. Und das war eine seiner größten Stärken, wenn man bedachte was für ein Dickschädel er eigentlich war. Akira wurde aus den Gedanken gerissen, als das Telefon klingelte. Sie sah ihrem Großvater hinterher, der dran ging und anschließend ins Wohnzimmer verschwand, da Tyson lauthals über etwas lachte. Hilary erhob sich direkt danach und gemeinsam räumten sie den Tisch ab, da sie bereits fertig mit dem Essen waren. Ehe sie an die gemeinsame Abendplanung gehen konnten, trat der Alte wieder ins Zimmer und der besorgte Gesichtsausdruck ließ das Mädchen stocken. “Was ist los, Opa?”, fragte sie und nun bemerkten auch die anderen wie angespannt er war. Unsicher sah er zwischen den Jugendlichen umher, bevor sein Blick auf seiner Enkelin stoppte und seine Miene sie nur noch mehr beunruhigte. “Die Polizei hat gerade angerufen.” Die kurze Pause, die er machte, um nach den geeigneten Worten zu suchen, wirkte wie eine kleine Ewigkeit. Gebannt hingen sie dem Alten an den Lippen, ungeduldig und bange zugleich was nun folgen würde. “Kenta Fujiwara ist aus der Untersuchungshaft entlassen worden, gestern sogar schon.” Akira schnappte nach Luft und lehnte sich gegen die Küchenzeile, da sie das Gefühl hatte ihre Beine würden gleich nachgeben. “Seine Familie will dich wegen Verleumdung anzeigen, Akira. Und Kai wegen Körperverletzung. Du hast ihm wohl den Kiefer gebrochen, Junge.” Der nächste Schlag in die Magengegend. Dem Mädchen wurde schlecht. “Ist das sein verkackter Ernst?!?” Tyson war außer sich und erhob seine Stimme. Auch die anderen blickten fassungslos drein. “Kann er das denn einfach so?” Hilary legte eine Hand beruhigend auf Akiras Rücken, die ihren Großvater nur mit aufgerissenen Augen anstarren konnte, nicht glauben wollte, was er ihnen soeben eröffnet hatte. Sie hatte damit gerechnet, dass etwas in der Art passieren könnte, aber dass es nun tatsächlich geschehen ist, und dann auch noch so schnell, überforderte sie maßlos. “Ich hätte wohl doch härter zuschlagen sollen.”, zischte Kai abschätzig und verschränkte die Arme vor der Brust. “Ich hab’ keine Ahnung, ob er damit durchkommt, aber seine Eltern werden wohl einen guten Anwalt eingeschaltet haben. Keine Ahnung was die in der Hand haben wollen. Sämtliche Zeugenaussagen bestätigen ja das Gegenteil von dem, was er behauptet.” Der Alte seufzte ratlos und die Schwarzhaarige senkte ihren Blick. Mit einem Mal schnürte sich erneut an diesem Tag ihre Brust zu und sie hatte das Gefühl zu ersticken. Zittrig versuchte ihren Atem ruhig zu halten. //Ich musst hier raus.// So wackelig sie sich auf ihren Beinen auch fühlte, sie brauchte frische Luft. Mit zusammengepressten Lippen stieß sie sich von der Küchenzeile ab und drängte sich wortlos an den anderen vorbei ins Wohnzimmer und von da nach draußen auf den Engawa, wo sie sich kraftlos gegen die Hauswand fallen und langsam auf den Boden gleiten ließ. Das Atmen wurde immer schwerer und so sehr sie sich auch zusammenreißen wollte, so stand sie schon zum dritten Mal kürzester Zeit vor einer Panikattacke. Ihr Körper streikte, es war einfach alles zu viel. Das war es schon am Morgen gewesen, aber nun brachen sämtliche Dämme. Der Körper bebte vor Schluchzern, was die Atemnot durch den Anfall nicht besser machte. Sie fühlte sich so schwach, so hilflos. Jede noch so kleine Hürde fühlte sich an wie ein massiver Berg, den sie zu erklimmen hatte und mittlerweile würde sie am liebsten aufgeben. Keuchend beugte sie sich nach vorne. “Ich kann nicht mehr…” Die Stimme nur noch ein dünnes Flüstern, aber Tyson, der sich neben sie gekniet hatte, fasste sie vorsichtig an der gesunden Schulter und stützte sie, um sie wieder aufzurichten. “Sag’ das nicht, Aki.” Die Tränen verschleierten ihre Sicht und sie begann wieder zu hyperventilieren. Hilfesuchend sah er auf. Die anderen standen im Durchgang und beobachteten die Szene betroffen. Kai löste sich aus seiner Position hinter Kenny, schickte die anderen wieder rein und schloss die Schiebetür hinter sich, ehe er sich ebenfalls auf den Boden kniete. Fast schon routiniert griff er um ihren Rücken, richtete sie weiter auf. “Komm schon, Aki.”, versuchte er und obwohl das Mädchen protestieren wollte, bekam sie keinen Ton heraus, schüttelte nur fahrig den Kopf. Sie konnte nicht mehr – wollte nicht mehr. Es war genug, sie hatte ihre Grenze erreicht und das spürten auch die beiden Jungen. Da Tyson wieder drohte hektisch zu werden, schnappte sich Kai eine seiner Hände und platzierte sie auf Akiras Zwerchfell. Er musste endlich lernen wie er seiner Cousine am besten helfen konnte. “Bleib ruhig, Tyson! Das hilft ihr gar nicht, wenn du jetzt selber Panik bekommst.”, fuhr er den Jüngeren an, der daraufhin leicht zusammenzuckte, aber schwieg. “Akira, hör mir zu!” Er fasste ihr Gesicht, da sie sich wieder vorbeugen wollte, und zog sie vorsichtig nach oben, zwang sie ihn anzusehen. “Du kennst das Spielchen. Konzentrier dich auf Tysons Hand und atme tief in den Bauch ein. Ich weiß es ist schwer, aber du kannst das! Du kannst das, okay?” Eindringlich sah er sie an und analysierte, ob sie ihn verstanden hatte. Resigniert schloss sie die Augen und versuchte seiner Aufforderung nachzukommen. Aber es war so verdammt schwierig. Ihr Körper wollte ihr nicht gehorchen und ließ vor allem immer wieder die Gedanken zu den neuen Informationen, die ihnen vorhin eröffnet wurden, aufblitzen. “Ich… hah… Er wird… davonkommen… und ich…” Erneut bebte ihr Körper unter den Schluchzern. Sie konnte diesen frustrierende Tatsache einfach nicht ausblenden. Verdiente sie das hier etwa, dass der Kerl es sich so einfach machen konnte? “Vergiss den Bastard! Das regeln wir schon noch, verstanden? Denk jetzt nur an deine Atmung und sonst nichts.” Auf Tysons Gesicht legte sich ein Schatten. Auch er war sichtlich sauer über die Situation, versuchte den Groll aber vorerst herunterzuschlucken. Mehr aus Reflex rutschte er näher an das Mädchen und griff nach ihrem Kopf, den der andere gerade wieder losgelassen hatte. Sanft zog er sie an sich in eine halbe Umarmung, während eine seiner Hände immer noch auf ihrem Bauch lag, damit sie sich weiter darauf konzentrieren konnte. “Kai hat Recht. Wir kriegen dieses Schwein noch dran, also fahr jetzt erstmal runter und beruhig dich.” Kraftlos ließ sich die Schwarzhaarige von ihrem Cousin an ihn lehnen, die Augen weiterhin geschlossen. Nur sehr langsam schaffte sie es die Kontrolle über ihren Körper zurückzuerlangen, aber der Zuspruch der beiden schien geholfen zu haben. Nach einigen Minuten war sie zwar immer noch leise am Weinen, aber wenigstens hatte der Druck nachgelassen und von Mal zu Mal wurde ihr Atem ruhiger. Tyson hatte sich unterdessen vollends auf den Boden gesetzt und gegen die Wand gelehnt, während er dem Mädchen immer noch an sich gedrückt über den Schopf strich. Kai saß ihnen gegenüber im Schneidersitz ebenfalls auf den Dielen und schien tief in Gedanken zu sein. Die Tür zum Wohnzimmer öffnete sich erneut und der Großvater trat heraus. “Besser?”, fragte er nur und besah sich seine Enkel auf dem Boden. Akira hatte ihn zwar gehört, war aber im Moment nicht in der Lage zu irgendeiner Art Kommunikation und blieb still. “Diesmal war es echt heftig.”, antwortete Tyson für sie und sah zum Alten auf. “Das war heute schon das dritte Mal. Kein Wunder, dass sie am Ende ist…” Kais Blick war weiter auf das Mädchen fixiert, als die beiden ihn erschrocken ansahen. “Das dritte Mal??” Der Großvater blickte wieder zu seiner Enkelin und auch er schien zu überlegen. “Tyson, kannst du sie ins Bett bringen? Ich ruf’ beim Arzt an. Das kann so nicht weitergehen.” Der Junge sah ihn mit geweiteten Augen an. “Was hast du vor? Soll sie etwa wieder dieses Zeug nehmen?”, fragte er empört. “Nein, aber sie braucht ein Beruhigungsmittel, damit sie zumindest mal ordentlich ausschlafen kann. Sie ist schon seit Tagen gereizt und der ganze Stress macht es nur noch schlimmer. Es wird ihr besser gehen, wenn sie mal länger als ein paar Stunden geschlafen hat.”, erklärte er und Tyson nickte verstehend, während das Mädchen ihrem Großvater innerlich dankte. Am nächsten Tag wurde Akira erst mittags wach. Die Spritze, die sie am Vorabend vom Arzt bekommen hatte, hatte sie umgehend ausgeknockt und ihr einen langen, traumlosen Schlaf verschafft. Erstaunt hatte sie festgestellt, dass sie fast achtzehn Stunden durchgeschlafen hatte und sie merkte, dass sie das wirklich dringend gebraucht hatte. Nach einer Dusche und etwas zu Essen, saß sie wieder in ihrem Bett, den Laptop auf dem Schoß, um sich heute nochmal an die Arbeit mit Dragoon zu setzen, was ihr glücklicherweise etwas leichter von der Hand ging als am Vortag. Draußen kündigte sich mal wieder ein Taifun an und die anderen waren, wie ihr Großvater berichtet hatte, auch schon alle gestern Abend zurück nach Hause gegangen. Sogar Kai hatte sich wohl verabschiedet, nachdem der Arzt vorbeigekommen war. Sie vermutete, dass sie die Truppe heute auch nicht zu Gesicht bekommen würde, da ihr Großvater darum gebeten hatte, ihr nun doch etwas Ruhe zu geben. Ganz böse darum war sie nicht, wenn sie ehrlich war, auch wenn sie ihre Freunde gerne um sich hatte, aber die Ruhe nach diesem kaputten Tag gestern tat gut. Die Schwarzhaarige dachte nochmal daran, wie nah sie dem Älteren gestern gewesen war. So gut es sich auch angefühlt hatte, die vielen negativen Dinge, die gestern auf sie eingeprasselt waren, hatte es leider nicht aufwiegen können und am Ende war sie so fertig gewesen, wie sie es noch nie erlebt hatte. Jetzt, wo sie wieder bei einigermaßen klarem Verstand war, musste sie unbedingt nochmal über vieles nachdenken, versuchte sich aber nicht wieder so davon überwältigen zu lassen. Dass sie das tun konnte, während sie endlich ausgeruht und allein war, gab ihr die Gelegenheit in sich zu gehen und nochmal alle Fakten für sich zusammenzutragen und rationale Entscheidungen zu treffen, die dringend nötig waren. Gerade war sie mit ihren Berechnungen durch, als sich die Tür zu ihrem Zimmer öffnete. Sie vermutete, dass Tyson in der Tür stand und sah auf, stockte aber, als sie stattdessen jemand anderes im Türrahmen erblickte. “Kai?” Mit ihm hatte sie auf jeden Fall nicht gerechnet und als er die Tür hinter sich schließ, kamen wieder die Gefühle hoch. Doch ehe sich das Mädchen weiter Gedanken darüber machen konnte, hatte er sie erneut angesehen. “Wie geht’s dir heute?”, fragte er und blieb mit den Händen in den Hosentaschen im Raum stehen. Die Schwarzhaarige lächelte ihn an. “Deutlich besser.” Er sah erleichtert aus und ging anschließend auf sie zu. “Ich muss mit dir reden, Akira.” Das Mädchen blinzelte ein paar Mal, beobachtete ihn, wie er näher kam und sich schließlich neben sie auf das Bett setzte. Gestern hatte sie sich diese Situation noch schnellstens gewünscht, aber so wie er klang, wusste sie nicht so recht, was sie jetzt erwarten sollte. Kai bemerkte ihren erschrockenen Gesichtsausdruck und lächelte sie aufmunternd an, was sie wieder ein bisschen beruhigte. Wortlos legte sie den Laptop beiseite und drehte sich etwas in seine Richtung, durchaus gespannt, was er loswerden wollte. “Wegen gestern… Ich habe einen Plan. Aber dafür muss ich eine Weile weg.” Nun war sie verwirrt. “Redest du von dem Anruf von der Polizei, den Opa gestern bekommen hat?” “Genau. Ich weiß nicht wie lange das dauert, deswegen bin ich hier. Wir werden uns vorerst nicht mehr sehen können. Es könnten ein paar Wochen werden, vielleicht sogar länger.” Irritiert erwiderte sie seinen Blick, versuchte herauszufinden was er vorhatte, aber sie wurde nicht schlau aus seiner Aussage. “Und du wirst deinen großen Plan natürlich nicht mit mir teilen, wie ich dich kenne?” Warum hatte er so oft das Bedürfnis Probleme auf Alleingang lösen zu wollen, wenn seine Freunde ihn doch dabei unterstützen könnten? “Du erfährst es schon noch früh genug. Aber erst muss ich sicher gehen, dass das überhaupt funktioniert. Du musst mir hier einfach vertrauen.” Das war wieder typisch für ihn und Akira Miene wurde augenblicklich weicher. “Das mach’ ich doch sowieso schon, Kai.” Er quittierte den Wechsel in ihrem Blick mit einem Lächeln und ihr Herz hätte mal wieder auf der Stelle aufhören können zu schlagen. So wie schon beim Abendessen am Vortag tauschten sie vielsagende Blicke aus und das Mädchen fühlte sich, als würde sie schweben. Doch bevor sie etwas sagen konnte, fuhr Kai bereits fort. “Und wenn ich wieder zurück bin, reden wir über den Elefanten im Raum.” Und sie verstand. Der Ältere wollte vermeiden, dass das Offensichtliche ausgesprochen wird und sie damit die Grenze ihrer Freundschaft unweigerlich überschreiten, während sie einander nicht mal nah sein können, weil er zuerst etwas regeln musste. Akira wurde zudem bewusst, dass es auch bedeutete, dass er nicht mehr in ihrer Nähe war, wenn sie wieder eine Panikattacke hatte. Ob es an dem nachgeholten Schlaf lag, oder daran, dass er ihr etwas versprach, womit sie niemals gerechnet hätte, seit sie von ihren Gefühlen für den Älteren erfahren hatte, aber sie war das erste Mal seit langem nochmal motiviert. Sie wollte dafür kämpfen wieder auf die Beine zu kommen, ihren Geist zu heilen und stark aus dieser Dunkelheit herauskommen. Auch damit sie dem Jungen, den sie liebte, auf Augenhöhe begegnen zu können, wenn er wieder zurückkam, aber vor allem, um zu zeigen, dass sie auf lange Sicht gesehen, nicht einfach so kleinzukriegen war. Von niemandem, nicht mal einem reichen Schnösel, der andere wie Objekte behandelte. “Da ist ja das Feuer, das ich vermisst hab’.”, lachte Kai leise, als er ihren entschlossenen Blick bemerkte und brachte sie damit zum Grinsen. “Du weißt eben wie du dein Team motivierst.” Amüsiert strich er ihr über den Schopf, ehe er dann aufstand. “Wir sehen uns.” Er sah nochmal über seine Schulter zu ihr, drehte sich dann um und wollte die Tür öffnen, um daraus zu verschwinden. “Kai.” Akira war aufgesprungen und stand im Raum. Der Größere stoppte, wandte sich ihr erneut zu und sah sie abwartend an. “Ich will keinen Freund verlieren. Egal was passiert.” Es war ihr wichtig, dass er das wusste. Wochenlang hatte sie ihre Gefühle auch aus diesem Grund unterdrückt, aus Angst, dass sich zwischen ihnen etwas ändern würde. So unabdingbar das nun auch war, nachdem sie beide schon so viel vom jeweils anderen herausgefunde hatten, aber für das Mädchen war es dennoch ein bedeutsamer Wunsch, den sie ihm mitteilen wollte. Dafür hatte sie ihn als Mensch – als Freund – zu sehr in ihr Herz geschlossen. Sie sahen sich einige Sekunden nur an, bevor Kai die Distanz zwischen ihnen verringerte und nun direkt vor ihr stand. Schneller als sie gucken konnte, hatte er seine Hände schon an ihre Wangen gelegt und war ihr plötzlich so nah, dass sie seinen Atem auf der Haut spüren konnte – und sie ihren vor Aufregung anhielt. Es fehlten nur noch wenige Millimeter bis sich ihre Lippen berühren würden, aber sie wussten beide, dass das eine schlechte Idee war. Zumindest jetzt. Würde Kai auch diesen Abstand eliminieren, ahnte Akira schon, dass sie sich nicht aufhalten könnte. Dafür bestand ihr Verlangen nach ihm schon zu lange. In seinem Blick sah sie, dass es ihm ähnlich ging und ihr Herzschlag setzte tatsächlich einen Moment aus, als er die Augen schloss. Doch statt seiner Lippen spürte sie wie er seine Stirn an ihre legte. Erleichtert atmete sie aus. Seine Hände hielten ihr Gesicht immer noch nah bei sich und nun bewegten sich auch ihre wie von alleine. Eine an seiner Taille, die andere suchte ihren Weg über seinen Rücken. Sie wusste nicht wie lange sie selbst noch widerstehen konnte und als er die Umarmung erwiderte, löste sie sich etwas, nur um den Kopf anschließend an seine Schulter zu legen. Mal wieder bemerkte sie wie viel größer er war. Bestimmt ein halber Kopf lag zwischen ihnen. “Du kommst definitiv wieder zurück?” Sie wusste, dass er das immer tat, aber die Frage brannte ihr dennoch auf der Seele. “Versprochen.” Kapitel 26: Reunited -------------------- Konzentriert brütete Akira über den Aufgaben, die sie im Unterricht erledigen sollte. Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie nur noch fünf Minuten vor dem erlösenden Klingeln trennten, das das Ende des heutigen Schultags bekannt geben würde. Es war Frühling. Die Kirschblüten färbten viele Teile Tokyos in zartes Rosa und sie war bereits seit eineinhalb Wochen auf der neuen Oberschule. Fast neun Monate waren seit dem Angriff vergangen und vieles hatte sich seitdem getan. Kentas Anhängerschaft an ihrer Mittelschule hatte ihr den Schulalltag nach ihrer Rückkehr, etwas verspätet nach den Sommerferien, wirklich nicht einfach gemacht. Umso erleichtert war sie gewesen, als sie dann vor einigen Wochen ihren Abschluss gemacht hatte und einen Neuanfang starten konnte. Der juristische Kampf um Kentas frühzeitige Entlassung und seine üble Nachrede inklusive Anzeigen, hatte eine jähe Wendung ergeben, nachdem sich nur eine Woche nach Kais Abschied ein renommierter Anwalt bei Grangers gemeldet und seine Unterstützung angeboten hatte. Akira wusste es zwar nicht mit Bestimmtheit, aber sie vermutete einen Deal zwischen dem Jungen und seinem Großvater, der noch einflussreicher war, als Kentas Eltern. Schließlich war er selbst auch angezeigt worden, was bei dessen Großvater mit Sicherheit auch nicht gut angekommen war. Nichtsdestotrotz war der Konflikt immer noch nicht geregelt, da die Gerichtsverhandlung schon einige Male durch die andere Seite verschoben wurde. Und auch Kai hatten sie seitdem nicht mehr wieder gesehen. Stattdessen war Robert noch im August nach Japan gereist und zwei Wochen bei ihr geblieben, auch, wenn sie ihm mehrfach gesagt hatte, dass das nicht nötig war. Aber der Ältere hatte natürlich nicht auf sie gehört und war in der Zeit seines Besuches fast schon zu ihrem zweiten Schatten geworden – trotz Tyson im selben Haus, den er sonst nie zu lange aushalten konnte. Ihren besten Freund allerdings nochmal so lange nah bei sich zu wissen, hatte sie dennoch gefreut. Manchmal vergaß sie wie sehr sie den Deutschen eigentlich vermisste. Ihr Vorhaben den Besuch bei ihren Eltern auf die Herbstferien zu verlegen, hatte leider nicht funktioniert, da sie den langen Flug körperlich noch nicht geschafft hätte. Aber dafür hatte sie nach Jahren nochmal Weihnachten bei ihnen verbracht und zu sehen wie sehr sie beide sich darüber gefreut hatten, war Balsam für Akiras Seele gewesen. Ganz besonders, da sie länger als die üblichen paar Tage geblieben war und sie dabei nicht einen Aussetzer gehabt hatte, zeigte, wie sehr sie sich zum Positiven verändert hatte. Die körperlichen Wunden waren nach ein paar Monaten äußerlich verheilt gewesen. Nur wenn sie mit ihrem Großvater beim Kendotraining mitmachte, oder neuerdings Aikido praktizierte, spürte sie, dass ihr linker Arm immer noch nicht zu hundert Prozent einsatzbereit war – aber sicherlich bald. Die Physiotherapie unmittelbar nachdem sie die Fixierung losgeworden war, hatte unglaublich geholfen. Genau wie die regelmäßigen Sitzungen beim Psychologen, um das Trauma aufzuarbeiten, das ihre vielen Panikattacken getriggert hatte. Völlig weg waren sie zwar immer noch nicht, doch, genau wie ihre aggressiven Anfälle, haben sie sich deutlich reduziert und Akira fühlte sich so stark wie lange nicht mehr. Endlich hatte sie die Kontrolle zurückerobert, genau, wie sie es sich vorgenommen hatte. Und das war das beste Gefühl der Welt. An den Wochenenden trafen sich die Freunde weiterhin regelmäßig, halfen Mr. Dickinson am neuen BBA Standort, der immer noch recht klein war. Offizielle Wettbewerbe Seitens der Organisation wurden stetig mehr und Tyson und Max nahmen auch fleißig daran Teil, während Kenny und Akira die beiden auf technischer Seite unterstützen und Hilary das Team organisierte. Auf diese Art hatten sie auch schon den ein oder anderen Freund wiedergetroffen. Das Level einer Weltmeisterschaft, oder gar japanischer Meisterschaft, war jedoch noch weit entfernt und es würde auch noch dauern, bis die BBA soweit war solche Wettkämpfe ausrichten zu können. In den Ferien waren Ray und Daichi vorbei gekommen, mit denen die Freunde auch sonst engen Kontakt hielten. Der Chinese hatte selbstverständlich nicht lange gezögert Akira zu fragen was sich mit Kai ergeben hatte, doch solange er nicht wieder da war und sie es ein für alle Mal besprechen würden, wollte sie nicht zu viel preisgeben, auch wenn es ihr Leid tat Ray so hinzuhalten. Das gleiche galt für Ozuma, der sie ebenfalls mit Fragen gelöchert hatte, nachdem sie es endlich geschafft hatte ihn nochmal im Dorf besuchen zu kommen. Nur mit Mühe hatte sie ihn mit den wenigen Informationen, die sie mitteilen konnte, ruhig bekommen, damit sie sich auf das konzentrieren konnten, weswegen das Mädchen eigentlich auch vorbei gekommen war. Was das anging, konnte der Junge wirklich hartnäckig sein. Schon damals vor fast zwei Jahren, als er sie plötzlich zweimal geküsst hatte, hatte sie gemerkt, dass er lieber nach seinen eigenen Regeln spielte. So zuvorkommend und verständnisvoll er auch war, aber sein Level an Zurückhaltung konnte mitunter überraschend niedrig sein, wie sie mittlerweile fand. Lieb hatte sie den Jungen trotzdem gewonnen und sie zählte ihn sogar zu einem ihrer besten Freunde. Das Läuten der Glocke riss das Mädchen aus den Gedanken und erleichtert, dass sie einen weiteren Schultag hinter sich gebracht hatte, packte sie alles zusammen, schulterte ihre Umhängetasche und ging. Auch wenn sie hier neu angefangen hatte, hatte sich ihre Zugehörigkeit zu Tyson und den anderen dennoch rasch verbreitet. Zumeist wurde sie aber trotzdem in Ruhe gelassen, worüber sie sehr dankbar war. Und das Erlebnis vom letzten Sommer hatte ihrer Menschenkenntnis einen so herben Schlag verpasst, dass sie mittlerweile noch vorsichtiger war mit wem sie wie kommunizierte, was sie zwangsläufig noch wortkarger gemacht hatte, sobald sie nicht mit ihren Freunden unterwegs war. Nicht, dass sie das stören würde. Ihre Freunde reichten ihr vollkommen. Seufzend trat sie aus dem Gebäude in die warmen Sonnenstrahlen. Auch auf dem Schulgelände standen ein paar Kirschblütenbäume und einige Sträucher blühten gleichermaßen, verströmen einen frühlingshaften Geruch in der Gegend. Lächelnd sah sie in den blauen Himmel und sog den Duft der Blüten ein. Frühling war für sie einfach die beste Jahreszeit. Sie richtete ihren Blick wieder nach unten, ging geradewegs auf das Eingangstor der Schule zu und stoppte abrupt, als sie eine bekannte Statur an der Mauer gelehnt stehen sah. Sie wollte ihren Augen kaum glauben, doch als sie näher kam, lächelte Kai sie an, stieß sich von der Mauer ab. Er schien selber gerade von der Schule gekommen zu sein, da er seine eigene Schuluniform trug, die Akira vorher, wie sie gerade bemerkte, noch nie an ihm gesehen hatte. War er jetzt nicht sogar schon im dritten Jahr der Oberschule? Als die Information endlich von ihrem Bewusstsein verarbeitet wurde, beschleunigte sie ihren Schritt, bis sie schließlich so schnell sie konnte auf ihn zurannte. Zu lange hatte sie auf sein Auftauchen gewartet, als dass sie sich nun zurückhalten konnte. Wenige Meter vor ihm warf sie ihre Tasche von der Schulter und schmiss sich schwungvoll an ihn, die Arme fest um seinen Hals geschlungen, als hätte sie Angst er würde direkt wieder verschwinden. “Whoah, Aki…” Der Junge hatte Mühe nicht von der Schwarzhaarigen umgeworfen zu werden und erwiderte die Umarmung, hielt sie dabei fest, da sie so hoch gesprungen war, dass sie den Boden nicht mehr berührte. Leicht irritierte Mitschüler gingen an ihnen vorbei, doch die beiden störten sich nicht daran. “Ich hab’ dich vermisst.”, flüsterte sie und spürte wie er sie daraufhin noch enger an sich drückte. Nach einer Weile ließ Kai Akira wieder zu Boden und auch sie löste sich von ihm, ehe sie dem Jungen gegen die Schulter boxte. “Au!” “Ein dreiviertel Jahr hast du mich warten lassen! Neun verdammte Monate, Kai!” Schmollend sah sie ihn an, aber er konnte spüren, dass sie nicht ernsthaft sauer war. Entschuldigend lächelte er sie an, während er sich die schmerzende Stelle rieb. “Es tut mir Leid, aber es ging nicht früher.”, versuchte er zu erklären, aber Akira verschränkte nur weiterhin schmollend die Arme vor der Brust. Er sah sie an und sie nahm wahr, wie sich sein Blick veränderte. “Das ist das erste Mal, dass ich dich seitdem nochmal in einer Uniform sehe.” Seine Worte überraschten sie und traurig lächelnd öffnete sie wieder die Arme, strich sich etwas verlegen eine Strähne hinter das Ohr. Die Uniform ihrer neuen Schule sah der alten in der Tat ziemlich ähnlich und das Mädchen hatte gar nicht mehr darüber nachgedacht, dass sich das Bild mit ihr und ihrer blutbeschmierten Montur, die danach im Müll gelandet war, garantiert in Kais Bewusstsein gebrannt hatte. Als sie damals an ihrem ersten Schultag nach den Sommerferien wieder eine Uniform getragen hatte, hatte Tyson sie mit dem gleichen Gesichtsausdruck angesehen. Das hatte sie bis gerade völlig vergessen gehabt. “Aber deiner Schulter scheint’s wieder gut zu gehen.”, sagte der Ältere dann und lächelte, was das Mädchen erwiderte. “Ja, so gut wie. Noch ein paar Wochen und ich kann endlich wieder alles im Training geben. Die Panikattacken sind auch deutlich weniger geworden.” Er wirkte erleichtert und sie hatte so viele Fragen an ihn. Neun Monate waren eine lange Zeit und sie war mehr als neugierig herauszufinden was er derweil getrieben hatte. Als hätte er ihre Gedanken gelesen, sah er sich kurz um und nickte ihr anschließend zu, signalisierte ihr ihm zu folgen. “Komm. Lass uns wo hingehen, wo wir reden können.” Akira spürte wieder wie unruhig ihre Mitte wurde. Sie hatte dieses Kribbeln schon länger nicht mehr bewusst wahrgenommen, aber es war, als sei der Junge nie weg gewesen. Trotz der langen Zeit waren ihre Gefühle immer noch so stark wie das letzte Mal, als sie ihn gesehen hatte. Und dass er nun endlich hier war und mit ihr klären wollte, was fast ein Jahr hatte warten müssen, machte sie nun doch etwas nervös. Nickend hob sie ihre Tasche vom Boden auf und gemeinsam gingen sie los. Kai führte sie in einen Park, an dem sie sonst auf ihrem Nachhauseweg immer vorbei lief. Die Anlage war recht klein und hatte mehr Sträucher und Bäume als freie Grünfläche, perfekt um sich irgendwo an der Seite ungestört zu unterhalten. Als sich der Junge schließlich gegen eine niedrige Mauer am Rand des Parks hinter einem blühenden Rhododendron-Strauch lehnte, setzte die Schwarzhaarige wieder ihre Tasche ab, blieb vor ihm stehen und sah ihn erwartungsvoll an. Bevor sie ihren Status miteinander genau definieren würden, verlangte sie eine Erklärung von ihm, warum er so lange weg gewesen war. So leicht kam er ihr sicher nicht davon. Und Kai wusste das, konnte es schon fast von ihrem Blick ablesen. “Herrn Andou hast du ja schon kennengelernt, wie ich gehört habe.”, begann er und Akira erinnerte sich zurück an das erste Mal, als der Anwalt vor ihrer Tür gestanden hatte. Es war ein hochgewachsener, freundlicher Mann in seinen Vierzigern, der sein Handwerk durchaus verstand. Er hatte schnell einige Strippen ziehen können, wodurch Kenta wieder in Untersuchungshaft musste und auch, wenn er nicht viel über seine Verbindung zu Kai erzählt hatte, hatte Akira daraufhin schnell verstanden, dass Voltaire Hiwatari und die, die für ihn arbeiteten, genug Macht in Tokyo hatte, um die eine oder andere Gelegenheit diskret aber wirkungsvoll zu regeln. “Ich musste meinem Großvater etwas versprechen, damit er ihn zu euch schickt und er sich um das Problem kümmert. Er hat die Fujiawaras noch nie ausstehen können, deswegen habe ich ihn auch gar nicht lange überreden müssen.” Das hatte sie ja vorher schon geahnt, also nickte sie verstehend, wartete darauf, dass er fortfuhr. “Die Anzeige von Kentas Eltern hat ihn sowieso schon aufgebracht, besonders nachdem ich die Anschuldigungen richtig gestellt hab’. Aber ganz umsonst wollte er natürlich auch nichts machen, also hat er mich auf dem Versprechen festgenagelt, dass ich seine Firma irgendwann doch übernehmen werde.” Entsetzt weiteten sich die Augen der Schwarzhaarigen. Kai hatte sich, seit sie ihn kannte, immer dagegen gestellt einmal in die Fußstapfen seines Großvaters zu treten. Dieser Mann hatte ihm wegen dessen Machthunger so viele Steine in den Weg gelegt, wollte stets unterbinden, dass er seiner eigentlichen Leidenschaft folgt, Kontakt zu seinem Vater hat und ihn zu einem folgsamen jungen Mann heranziehen. Nur um damit kläglich zu scheitern. Dass Kai sich nun doch von ihm breitschlagen lässt und zwar streng genommen nur wegen ihr, erschütterte sie. “Kai, ich…” Doch, bevor sie den Satz weiterführen konnte, unterbrach er sie. “Ich will das, Akira. Mach dir keine Vorwürfe.” Jetzt war sie irritiert. “Die ganze Zeit wusste ich nicht so recht was ich mit meinem Leben anfangen soll, außer zu bladen. Aber nachdem die BBA jetzt bei Null anfangen musste, habe ich den Weg als Profi schnell begraben. Ich habe stets an dir bewundert wie zielstrebig du die letzten Jahre deinen Werdegang beschreitest. Du weißt genau was du später machen willst und setzt alles daran das auch zu erreichen. Diese Motivation hat mir bis jetzt gefehlt.” Akira blieb der Mund offen stehen. Niemals hätte sie geahnt, dass er so über sie dachte und es brachte ihr Herz wieder aufgeregt zum Hüpfen. “Ich will diese Firma umkrempeln, das viele Unrecht aus der Vergangenheit wiedergutmachen. Und das ist die Chance dafür. Leider musste ich mich für das Versprechen aber erst beweisen. Deswegen hat es auch so lange gedauert, bis ich zurück kommen konnte. Mein Großvater hatte damit gedroht seine Unterstützung, auch die von Herrn Andou, einzustellen, sofern er den kleinsten Zweifel daran hat, dass ich mein Versprechen halte. Aber mittlerweile hat er es kapiert, hoffe ich zumindest. Außerdem hat er eigentlich keine andere Wahl. Er ist immerhin auch nicht mehr der Jüngste und seine bisherigen Geschäftspartner sind, wie er sagt, nicht zu gebrauchen.” Sie sah ihn weiterhin nur an und versuchte ihm zu folgen. Der Junge hatte sich einiges aufgehalst, das war klar. Aber es war immerhin Kai, der geborene Anführer, selbst mit seiner distanzierten Art. Ein niedrig gestecktes Ziel würde auch gar nicht zu ihm passen. Leise lachend schüttelte sie den Kopf. “Du bist unglaublich.” “Ist das gut oder schlecht?” Kai grinste verschmitzt und Akira wurde wieder schmerzlich bewusst wie sehr sie den Älteren vermisst hatte. “Ein bisschen was von beidem, würde ich sagen.”, feixte sie schulterzuckend und ging nun auf ihn zu, legte eine Hand auf seine verschränkten Arme, damit er sie öffnete und trat direkt an ihn heran. Fast schon andächtig legte sie ihre Hände an seine Brust, ließ sie nach oben wandern, während er sie beobachtete und seine an ihre Taille legte. Dadurch, dass er angelehnt dastand, war der Größenunterschied zwischen ihnen nicht mehr ganz so verschieden, obwohl auch er ein gutes Stück gewachsen war seit ihrem letzten Treffen. Akira sah ihm in die Augen, eine Hand an seiner Wange, den anderen Arm lose um seinen Nacken gelegt. Ihre Nasenspitzen berührten sich und sie konnte spüren, dass er gleichermaßen aufgeregt war wie sie. “Ich dachte wir reden zuerst darüber.”, witzelte er und brachte sie zum Lächeln. Sie hatte lange genug gewartet. Das hier war für sie schon längst überfällig. “Hat sich der Status quo geändert?”, fragte sie stattdessen grinsend, strich sanft mit ihrer Nase gegen seine. “Nein.” Seine Stimme nur ein Flüstern, aber sie hatte es laut und deutlich gehört. Mehr brauchte sie in diesem Moment nicht zu wissen und so lehnte sie sich weiter vor, versiegelte endlich ihre Lippen. Akira glaubte zu explodieren. Jede Faser ihres Körpers war angespannt und sie konnte regelrecht spüren wie das Dopamin durch ihre Adern schoss. Es fühlte sich besser an, als sie es sich je erträumt hatte und nach einer Weile löste sie sich etwas von ihm, die Augen immer noch geschlossen, ihre Lippen nur Millimeter voneinander entfernt und beide um Luft ringend. Das Herz schien ihr durch die Brust schlagen zu wollen. Es war so laut, dass sie sicher war, dass Kai es hören musste. Doch ehe sie reagieren konnte, hatte er den Abstand erneut verringert, ließ seine Hände über ihren Rücken wandern und zog sie noch näher an sich, sofern das überhaupt möglich war. Auch ihr anderer Arm schlang sich wie von selbst um seinen Hals und erwiderte die innige Umarmung nicht minder fest. Sie waren beide so immens hungrig aufeinander und es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, die dennoch zu kurz war, bevor sie sich erneut voneinander trennten. Akira konnte nicht umhin daran zu denken wie sie sich damals bei Ozuma gefühlt hatte. Das hier war anders, intensiver, atemberaubender – wörtlich. Es hatte Zukunft und obwohl sie sich so lange nicht gesehen hatten, fühlte das Mädchen noch genauso wie vor ungefähr einem Jahr, als sie es das erste Mal erkannt hatte. Und diese Gefühle waren so unglaublich überwältigend, dass sie fürchtete sich nicht mehr auf den Beinen halten zu können, wenn er sie nicht festhalten würde. Langsam öffnete sie wieder die Augen, blickte direkt in seine dunklen. Beide atmeten abgehackt, wollten sich aber nicht weiter voneinander entfernen, als das bisschen nun, wo sich wieder ihre Nasenspitzen berührten und sie den Atem des jeweils anderen auf der Haut spürten. Diese Nähe war alles was sie gerade brauchten, was ihnen so lange verwehrt wurde. //Verdammt, wie sehr ich ihn liebe…// Stimmen erklangen im Park und die Jugendlichen verstanden, dass sie nicht mehr alleine waren. So schwer es auch war, wurde es Zeit etwas Distanz zwischen ihnen zu bringen. Nach einem letzten, flüchtigen Kuss lösten sich die beiden wieder und Akira versuchte ihr rasendes Herz wieder zu beruhigen. “Kommst du noch mit zu uns, oder hast du was vor? Tyson freut sich sicher auch dich endlich nochmal zu sehen.” Das Mädchen versuchte die Hitzewallungen zu verdrängen, die ihren Körper durchzuckten, und sah ihn lächelnd an, war jedoch verwirrt, als er plötzlich leise lachte. “Ich war erst bei Tyson, bevor ich herkam.”, erklärte er und erntete einen weiteren irritierten Blick der Schwarzhaarigen. “Er ist mein bester Freund und das Letzte was ich will, ist Ärger mit ihm zu haben. Ich wollte ihn also vorher fragen, ob es okay für ihn ist. Das mit uns.” Ein weiteres Mal innerhalb weniger Minuten sah sie ihn mit offenem Mund an. Natürlich waren sie beide imstande eigene Entscheidungen zu treffen mit wem sie ausgingen oder nicht, aber dass es Kai so wichtig war Tysons Segen zu bekommen, dass er ihn vorher fragte, zeigte mal wieder wie sensibel er eigentlich hinter seiner harten Schale war. Auch wenn es in der Vergangenheit ein paar Situationen gab, in denen man nicht den Eindruck hatte, waren seine Freunde mit das Wichtigste für ihn. “Was hat er gesagt?”, fragte sie, obwohl sie die Antwort schon erahnen konnte, da der Ältere ja gerade vor ihr stand. “Er hat gelacht und gesagt, dass es auch langsam mal Zeit wurde.” “Er hat was?!?” Die ganze Zeit über hatte ihr Cousin kein Sterbenswörtchen darüber verloren, dass er etwas zwischen ihnen beiden vermutete. Sie musste sich eingestehen, dass sie ihn doch falsch eingeschätzt hatte, was wahrscheinlich an seiner extremen Abwehrhaltung gegenüber Ozuma vor zwei Jahren resultierte. Diesmal verhielt er sich komplett gegensätzlich, hielt die Klappe und vor allem ließ er sie in Ruhe. Aber immerhin handelte es sich hier auch um einen seiner besten Freunde, der Junge, der streng genommen sogar ihr Leben gerettet hatte. Leise lachend schüttelte sie den Kopf. Diese Kerle brachten es immer noch zustande sie zu überraschen. *** Bereits in der Woche darauf war es soweit. Die lang erwartete Gerichtsverhandlung stand an und so sehr sie sich auch freute die Geschichte endlich hinter sich zu bringen, so aufgewühlt und nervös fühlte sie sich auch. Akira stand in ihrem Zimmer vor dem Kleiderschrank und zog grübelnd eine dunkelblaue Bluse hervor, die sie über die schwarze Jeans und das Top, die sie bereits trug, streifen wollte. In Gedanken versuchte sie den heutigen Ablauf durchzugehen. Seit dem Angriff im letzten Sommer, hatte sie Kenta durch die Untersuchungshaft nicht mehr zu Gesicht bekommen. Dementsprechend wusste sie auch nicht, wie ihr Körper und vor allem ihr Kopf auf ihn reagieren würde. So viele Monate hatte sie darum gekämpft mental einigermaßen stabil zu werden und sie hatte mächtig Angst, dass sie das wieder viele Schritte zurückwerfen könnte, da alles wieder hochkam. Auch dass sie das ganze Drama erneut bis ins kleinste Detail schildern musste, bereitete ihr Sorgen. Sie stand mit dem Rücken zur offenen Zimmertür und drehte den Kopf, als sie Schritte vernommen hatte. Kai trat ins Zimmer und an sie heran. Die Schwarzhaarige lächelte ihm zur Begrüßung kurz zu und wandte sich wieder ihrem Vorhaben zu die Bluse anzuziehen. Ehe sie jedoch den Stoff über die Schultern streifen konnte, spürte sie eine Hand an ihrem Rücken, die sie davon abhielt. Das Mädchen stoppte und fühlte wie Kais Finger sanft über die Haut strichen, zu ihrer linken Schulter wanderte und den Träger des Oberteils etwas zur Seite schob. In dem Moment wurde der Schwarzhaarigen bewusst, dass der Junge die Wunde bisher noch nicht gesehen hatte. Bis er verschwunden war, hatte sie immer einen Verband oder Pflaster darüber gehabt. Akira atmete lautlos aus und wand sich langsam zu ihrem Freund, der gedankenverloren mit dem Daumen über die Narbe fuhr, den Blick nun auf die Vorderseite ihrer Schulter legte, wo ein weitere heller Strich ihre Haut zeichnete. Auch diesen schien er zu studieren und sie beobachtete den Älteren stumm. Er trug einen marinefarbenen Anzug. Ein Anblick, in dessen Genuss sie bisher noch nicht gekommen war. Er stand ihm außerordentlich gut und machte ihn älter als er mit seinen 17 Jahren sowieso schon wirkte. Erneut versank sie in ihren Gedanken, starrte mit leerem Blick geradeaus. “Was, wenn ich nachher wieder eine Panikattacke hab…?”, fragte sie leise und sah auf, direkt in Kais Augen, die nun ihr Gesicht musterten. “Ich will ihm nicht schon wieder die Genugtuung geben mich so zu sehen.” Bilder von Kenta blitzten vor ihrem inneren Augen auf. Sein selbstgefälliges Grinsen, als er die blanke Panik in ihr hervorgekitzelt hatte. Wie mächtig er sich in diesem Moment gefühlt haben muss sie so schwach vor sich zu haben. Frustriert atmete sie aus, während der Ältere sanft ihr Gesicht fasste. “Du bist da nicht alleine drin, Aki. Wir sind alle da. Und egal was passiert, er wird dir nichts mehr anhaben können.” Sie wusste das, doch als sie Luft nehmen wollte, um das zu entgegnen, fuhr Kai fort. “Du bist unglaublich stark, vergiss das nie. Und sieh es vor allem nicht als Zeichen von Schwäche, wenn du einen Anfall haben solltest. Du bist in der Lage dich mittlerweile selber wieder zu beruhigen und das ist dein eigener Erfolg, deine innere Stärke, die mehr zählt, als das Ego von diesem Bastard.” Die Worte steckten ihr im Hals fest, als sie ihm zuhörte. Kai schaffte es, dass sie förmlich dahinschmolz und sich gleichzeitig fühlte, als könne sie alles bezwingen. Die Schmetterlinge in ihrem Bauch tanzten wild umher und sie merkte mal wieder wie sehr sie diesem Jungen verfallen war. Stumm lächelte sie ihn dankbar an, erntete ebenfalls ein Lächeln vom Größeren, der sich daraufhin vorbeugte und sie küsste. Kai war zwar bereits seit ein paar Tagen zurück, doch Gelegenheit zur Zweisamkeit hatten sie seitdem eher weniger gehabt, da auch die anderen mehr als erfreut waren, dass der Älteste der Truppe endlich wieder zurück war. Akiras Körper entspannte sich und sie ließ ihre Hände zu seinem Rücken wandern, schloss auch die letzten Millimeter zwischen ihnen, als sie sich sanft an ihn drückte. Kai, der ihr Gesicht immer noch ein seinen Händen hielt, löste sich etwas, drückte ihr noch einen Kuss auf die Stirn und zog sie vollends an sich in eine innige Umarmung. Tief einatmend sog das Mädchen seinen Geruch ein, als sie das Gesicht in seiner Halsbeuge vergrub, und schloss glücklich die Augen. Es war irgendwie immer noch ungewohnt diese Seite an dem Jungen zu erleben, auch, da er sie weiterhin nicht so oft zeigte. Aber umso mehr freute sie sich über solche Moment wie jetzt. Zu sehen wie liebevoll er sein konnte und den engen Körperkontakt zu genießen. Sie beide hörten Schritte im Flur, ehe man Tyson in der offenen Zimmertür stehend leise fluchen vernahm. “Aki, die verdammte Krawatte will mal wieder nicht. Kannst du mir helfen?” Das Mädchen schnaubte amüsiert und entfernte sich von Kai, der gleichermaßen grinste, zog endlich die Bluse über ihre Schultern und ging am Älteren vorbei zu ihrem Cousin, während sie sich das Oberteil zuknöpfte. “Wo ist Opa?”, fragte sie als sie begann den chaotischen Knoten, den Tyson gebunden hatte, wieder zu entwirren und einen ordentlichen daraus zu machen. “Keine Ahnung. Ich glaub’ draußen am Auto.” “Ist Hilary schon da?” Das andere Mädchen wollte zusammen mit ihnen zum Gericht fahren. Die anderen würden sie dann vor Ort treffen. “Ne-...” “Ja, bin ich.”, schallte es aus dem Genkan und Akira sah über Tysons Schulter in den Flur, wo die Brünette gerade die Schiebetür hinter sich schloss. “Hey, Leute.”, lächelte das Mädchen, als auch sie in Akiras Zimmer trat und wurde von den anderen Jugendlichen begrüßt. “So, fertig.” Die Schwarzhaarige zupfte nochmal kurz am Krawattenknoten herum und ließ anschließend von Tyson ab. “Danke.” Akira lächelte und beobachtete wie Tyson dem anderen Mädchen zunickte, da er vorher mit dem Rücken zu ihr gestanden hatte. Die beiden waren gerade mal ein halbes Jahr zusammen gewesen, ehe sie sich so häufig gestritten hatten, dass es in die Brüche gegangen war. So schade sie alle das auch gefunden hatten, so war der Seelenfrieden innerhalb der Gruppe dann doch wichtiger. Es hatte einen ganzen Monat gedauert, ehe beide wieder normal miteinander reden konnten und mittlerweile war es fast wie vorher. “Seid ihr soweit? Euer Großvater steht so wie es aussieht auch schon in den Startlöchern?” “Ja.” Tyson folgte dem Mädchen in den Flur, als auch Akira und Kai hinterher kamen. Während der Fahrt waren sie alle ruhig. Je näher sie ihrem Ziel kamen, desto mehr konnte man die Anspannung spüren. Besonders Akira versuchte ihre Nervosität herunterzuschlucken und dachte wiederholt an Kais Worte. Als sie im Zentrum ankamen, konnten sie schon den Rest vor dem Gebäude sehen. Ray und Daichi waren beide erst diesen Morgen in Tokyo angekommen und zunächst bei Max gewesen, ehe sie alle zusammen mit dessen Eltern hergekommen waren, die es sich beide nicht hatten nehmen lassen wollten dabei zu sein. Zeitgleich kam auch Kenny an, der ihnen bereits von Weitem zugewunken hatte. “Hey.” Ray sah grinsend zwischen der Schwarzhaarigen und Kai hin und her und auch Akira konnte nicht umhin zu lächeln. Es war auch das erste Mal seit dem letzten Sommer, dass die beiden Ältesten der Truppe nochmal aufeinander trafen. “Kai, endlich wieder zurück?”, fragte der Chinese. Den neckischen Unterton brachte auch den Größeren zum Grinsen. Es war ja für keinen von ihnen etwas Neues, dass der Junge mal einfach so verschwunden war, doch auch sie hatten bemerkt, dass es diesmal anders gewesen war. Akira hatte zwar nichts erzählt - so hatte sie selbst ja auch bis vor kurzem gar nicht gewusst warum genau - aber auch die anderen Jugendlichen hatten schnell dahinter geblickt, dass der Grund wichtig gewesen sein musste. Nachtragend war auch vorher niemand von ihnen gewesen, aber allein scherzeshalber konnte der Schwarzhaarige nicht umhin ihn etwas aufzuziehen. Auch um die gespannte Stimmung etwas aufzulockern. Der Anwalt kam ebenfalls bald, ehe die Gespräche vertieft werden konnten, und die Gruppe setzte sich in Bewegung die Treppe zum Haupteingang hinaufzusteigen. Ein paar Schritte davor blieb Akira, die das Schlusslicht bildete, stehen und sah verunsichert am Gebäude hinauf. Sie versuchte die Aufregung zu neutralisieren, aber jetzt, wo sie nur noch Minuten davon entfernt war, ihrem Angreifer erneut in die Augen blicken zu müssen, holte es sie wieder ein. Kai, der ein paar Meter vor ihr war, stoppte und drehte sich zu ihr um. Wortlos ging er die paar Stufen hinab und stand vor ihr, sah sie schweigend an, bis sie ihren Blick wieder senkte und seinen erwiderte. Die Unsicherheit stand ihr ins Gesicht geschrieben, doch als sie ihm in die Augen sah, die sie förmlich anschriehen ‘Gib’ diesem Bastard endlich was er verdient!’, reagierte ihr Körper wie von selbst. Den Rücken gerade und die Schultern zurück gezogen, schnaufte sie lautlos. Und wie sie diesem Bastard das geben würde, was er verdiente. Kai lächelte sie stolz an und wendete sich wieder ab, um seinen Weg fortzusetzen, wissend, dass seine Freundin ihm folgen würde. Es waren nervenaufreibende Stunden gewesen, die die Freunde über sich ergehen lassen mussten. Jedes Detail wurde ausgeführt, jedes gesagte Wort analysiert, jeder geschilderte Hergang genauestens miteinander verglichen. Akira hatte zwischenzeitlich mit sich zu kämpfen gehabt, nicht einfach mit hängendem Kopf sich die Schläfen reibend alles auszublenden, insbesondere als es um den Übergriff nach der Messerattacke ging, der sie lange genug in ihren Albträumen verfolgt hatte. Kenta war genauso überheblich wie zuvor, auch wenn ihm dessen Anwalt oft genug über den Mund fuhr, damit er es nicht noch schlimmer machte, bekam man einen Eindruck was seinen Charakter betraf. Die gegnerische Strategie ihn als eigentliches Opfer darzustellen, war am Ende glücklicherweise nicht aufgegangen und Akira hatte sich gewundert, warum sie es überhaupt versucht hatten. Aber sie wollte sich nicht beschweren. Das Ergebnis war, dass er schuldig gesprochen wurde und über das Urteil des Strafmaßes würden nochmal zwei Wochen vorbei gehen. Doch wenn das Mädchen ehrlich war, interessierte sie das nicht mehr. Sie hatte erreicht, was sie wollte. Die späte Nachmittagssonne färbte die Stadt bereits in gleißendes Gold, als die Gruppe aus dem Gerichtsgebäude trat. Akira und Herr Andou als letzte, besprachen noch die finalen Ergebnisse aus der Verhandlung, ehe Kai dazukam. “Vielen Dank für die Unterstützung, Herr Andou. Ohne Sie hätten wir das nicht geschafft.” Das Mädchen verbeugte sich zur Verdeutlichung. Sie war wirklich mehr als erleichtert, dass endlich alles sein zufriedenstellendes Ende gefunden hatte. “Es war mir eine Freude, Akira. Und ehrlich gesagt, war die Sache ja schon von Anfang an klar. Ich musste gar nicht viel machen.” Der Mann lachte und auch Akira musste lächeln. Befreit seufzend drehte sie sich zu ihren Freunden und Tyson, der grinsend auf sie zukam, während Kai und Herr Andou noch ein paar Worte wechselten. “Endlich geschafft.” Ihr Cousin sprach ihr aus der Seele. Wortlos fiel sie ihm in die Arme und die Schwarzhaarige spürte wie die ganze Anspannung des Tages von ihr abfiel und ohne, dass sie etwas dagegen tun konnte, schossen ihr die Tränen in die Augen. Sie presste die Lippen aufeinander und sah in den Himmel. Sie hatte bereits genug geweint und wollte nicht schon wieder die Führung einfach ihrem Körper überlassen. Tief ein- und ausatmend wollte sie sich wieder beruhigen, was ihr auch einigermaßen gelang. Als Tyson die Umarmung löste, fuhr sie sich kurz über die noch feuchten Augen und lächelte ihn anschließend an. Er hatte es bemerkt, sagte jedoch nichts und wuschelte ihr durch die Haare. Als er sich wieder zu den anderen abwendete, spürte das Mädchen eine Hand an ihrem Rücken, die bestimmt zu ihrem Hinterkopf hinauf wanderte. Kai stand nun neben ihr und zog Akira, die erneut mit den Tränen kämpfte und das Gesicht in ihren Händen vergraben hatte, bestimmt an seine Brust. “Dein Anzug wird dreckig.”, schniefte sie, wehrte sich aber nicht und löste ihre Arme, um sie um Kais Mitte zu legen. “Ich werd’s überleben.” Die Schwarzhaarige konnte nicht umhin zu lächeln, gab es schließlich auf ihre Tränen aufhalten zu wollen. Der Stress des Tages, die vielen aufgewirbelten Erinnerungen und zuletzt die enorme Erleichterung übermannten sie gerade. Es war nicht wie sonst bisher die Trauer und Wut über das, was passiert war, sondern die Freude, dass es endlich ein Ende gefunden hatte. Nur wenige Minuten später hatte sie sich wieder beruhigt. Das schwere Gefühl in ihrer Brust war vollends zerfallen und gefasst löste sie sich wieder von ihrem Freund, fuhr sich fahrig durch das Gesicht und hoffte, dass ihre Augen nicht zu sehr gerötet waren. Der Ältere strich ihr noch einmal durch das Haar und gemeinsam schlossen Sie zu dem Rest auf, der gewartet hatte und sich angeregt zu unterhalten schien. Hilary legte lächelnd einen Arm um das Mädchen, das in die Runde blickte. Die Erwachsenen hatten sich bereits verabschiedet und nun standen die Jugendlichen zusammen, nicht bereit sich nun schon wieder zu trennen. “Also ich weiß ja nicht, wie’s euch geht, aber ich hab’ Hunger.”, tönte es aus Tyson und brachte einige zum Grinsen. “Essen klingt super.” Daichis Augen leuchteten fast schon und Kenny kicherte. “Meine Eltern meinten heute Morgen, wenn wir Lust haben, könnten wir noch zu ihnen ins Restaurant, wenn wir fertig sind. Ich habe mir fast gedacht, dass das Angebot sicher gelegen kommt.”, erklärte er und viele Augenpaare schauten ihn aufgeregt an. “Ramen? Oh yes!!”, jauchzte Max sichtlich glücklich. “Na dann, worauf warten wir noch?”, grinste auch Ray und setzte sich als erster in Bewegung. Am Laden von Kennys Eltern angekommen, trat die ganze Schar ein. Das Restaurant war nicht sehr groß, daher war es nicht verwunderlich, dass die acht Jugendlichen fast das ganze Geschäft in Beschlag nahmen. Der Braunhaarige rückte ein paar Tische um, damit sie zusammen sitzen konnten, während sich die anderen bei seiner Mutter, die sie in Empfang nahm, für die Einladung bedankten und es dauerte auch nicht lange, bis jeder eine dampfende Schüssel Nudelsuppe vor sich stehen hatte. Während des Essens wurde viel geredet. Besonders Kai wurde gnadenlos ausgefragt, was er die letzten Monate getrieben hatte. Der Älteste und Ray, der zwischen ihm und Akira saß, waren in ein tiefes Gespräch verwickelt, bei dem auch Max zwischendurch seinen Kommentar hinzufügte, als Akira ihren Blick über den langen Tisch gleiten ließ. Zu ihrer Rechten war Hilary, die sich mit Kenny, der ihr gegenüber saß, über die neuen Trainingszeiten des BBA-Centers unterhielt. Akira vis-à-vis war Daichi, der zu vertieft in seine Mahlzeit war, um sich um etwas anderes zu kümmern. Zwischen ihm und Max war Tyson, bei dem sie ein ähnliches Bild erwartet hatte, der jedoch eher in Gedanken zu sein schien und eher beiläufig aß. Irritiert zog sie die Brauen zusammen, doch ehe sie ihn fragen konnte, wirbelte sein Kopf hoch zum anderen Ende der Tafel. Die Schwarzhaarige ließ vor Schreck fast die Stäbchen fallen, sah ihn mit hochgezogenen Brauen an, doch sein Blick glitt zielstrebig an ihr vorbei. “Hilary…”, platze es aus ihm raus und die Lautstärke sorgte dafür, dass die restlichen Gespräche mit einem Mal verstummten. Das andere Mädchen schaute nicht minder überrascht. “Hm?” “Hast du Lust morgen was zu machen?” Es war für jeden deutlich, dass er nicht meinte, dass sie was wie sonst üblich mit allen zusammen machen. Tyson fragte nach einem Date und das verstand nun auch Hilary, die ihn blinzelnd anstarrte. Die Rädchen in ihrem Kopf arbeiteten sichtlich auf Hochtouren. Unsicher blickten die Freunde zwischen den beiden hin und her, trauten sich fast nicht zu atmen, um den Moment nicht zu unterbrechen. Sie wussten was beim letzten Mal passiert war, als die zwei miteinander gegangen waren. Akiras Cousin muss lange gebrütet haben, ob es eine gute Idee war dem ganzen doch nochmal eine Chance zu geben oder nicht. Doch das zeigte eigentlich nur, wie ernst es ihm war. Vielleicht schafften sie es ja wirklich ihre Differenzen zu überwinden, die vielen Streitigkeiten in den Griff zu bekommen. Es waren zwar nur drei Monate seit dem Ende der Beziehung vergangen, aber möglicherweise hatten sie beide ausreichend darüber reflektiert, was falsch gelaufen war, damit sie es nun besser machen konnten. Vorausgesetzt beide Parteien wollten das auch. Eine leichte Röte legte sich um Hilarys Nase. Sie schien die Frage wohl am wenigsten erwartet zu haben und brauchte ein paar Sekunden, bis sie schließlich reagierte. Ein noch zögerliches Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. “Okay.” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)