Es hätte alles so einfach sein können... von AkiProductions (Glaube an dich selbst!) ================================================================================ Kapitel 9: ... kann es eigentlich nur besser werden! [Last Chapter!] -------------------------------------------------------------------- Weit, so weit, lange schon, Märchentraum im Dezember. Sehnsucht ruft mein Herz nach Haus, über Meere und Länder! Und ein Lied leise klingt: Es war einmal im Dezember. - Anastasia Akis POV Am Tag vor meiner Abreise lief es bei weitem nicht so hektisch ab, wie ich erwartet hatte. Dadurch, dass ich den größten Teil meiner Sachen ohnehin schon seit einer Woche fertig gepackt hatte, stand mir nun einiges an Zeit zur Verfügung. Zeit, die ich zusammen mit Yusei verbrachte und in der ich versuchte, nicht an den morgigen Tag zu denken. Tatsächlich hatte ich im Kopf schon alle Möglichkeiten durchgespielt, wie ich Frau Tudosa davon überzeugen konnte, dass ich doch keinen Umfeldswechsel brauchte, doch irgendwie hatte keine mich zufrieden stellen können. Als ich um die Mittagszeit herum mit Yusei zusammen auf einer Picknickdecke in unserem Garten saß, erzählte ich ihm, dass ich überhaupt nicht mehr weg wollte. Er lachte nur, zog mich an sich heran und nahm mich in den Arm. „Komm schon, Aki, das ist möglicherweise die Chance deines Lebens!“ „Du willst mich loswerden!“, sagte ich und verzog missmutig das Gesicht. Yusei schob mich ein Stück von sich fort und hob beide Augenbrauen. „Glaubst du das allen Ernstes?“ Ich zögerte einen Moment. „Nein. Nein, das glaube ich nicht.“ Er nickte. „Wenn ich könnte, würde ich dich am liebsten überhaupt nirgendwo mehr hingehen lassen, Aki. Erst recht nicht für ein halbes Jahr ans andere Ende der Welt.“ Yuseis Blick verlor sich und er erschauerte bei der Vorstellung, dass wir uns so lange nicht sehen würden. „Aber das kann ich nicht. Außerdem habe ich das Gefühl – und ich kann dir nicht sagen, wieso – dass es dir gut tun wird, einfach Abstand zu nehmen, die Dinge noch einmal objektiv zu betrachten.“ Ich schnaubte. „Als ob ich die Dinge jemals objektiv betrachten könnte! Da kommt es auf die Entfernung, die zwischen uns liegt, überhaupt nicht an!“ Yusei grinste. „Wenn du meinst. Nun, und wenn du dann kurz vor Weihnachten zurück kommst, und mich immer noch liebst…“ Ich hievte mich zu ihm hoch und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Nenn mir einen Grund, warum dem nicht so sein sollte!“ „Was weiß ich. Vielleicht triffst du einen netten Engländer. Oder du entscheidest dich doch gegen mich, nach allem, was vorgefallen ist!“ Ich seufzte schwer. „Ich dachte, das hätten wir geklärt und uns darauf geeinigt, dass es nicht an dir gelegen hat?! Viel beunruhigender finde ich die Vorstellung, dass dir vielleicht auffallen könnte, wie egoistisch ich doch in Wirklichkeit bin und du dann nichts mehr mit mir zu tun haben willst…“ Jetzt küsste er mich und schnitt mir so das Wort ab. „Als ob ich dich jemals nicht wollen würde.“, flüsterte er und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, bevor unsere Lippen sich erneut berührten. So verbrachten wir den ganzen restlichen Tag; eine seltsame Mischung aus Liebe und Furcht lag in der Luft, gepaart mit dem Unwillen zum Abschied. Bevor Yusei spät am Abend nach Hause fuhr, umarmten und küssten wir uns etwa eine geschlagene halbe Stunde lang im Eingangsbereich, und ließen uns weder durch meine Eltern, noch durch Peanut stören, die alle drei hin und wieder die Eingangshalle passierten und uns neugierige Blicke zuwarfen (Peanut weniger, der sprang mehr auf und ab, wenn er uns sah). „Ich bin dann morgen um neun Uhr wieder da, in Ordnung?“, flüsterte Yusei in mein Haar und streichelte mir sanft mit einer Hand über den Rücken. Ich nickte nur widerstrebend an seiner Brust: in Wahrheit wollte ich, dass er die ganze Nacht hier blieb. „Und ich bringe dich mit zum Flughafen.“ Er ließ mich langsam los, und noch bevor wir uns richtig getrennt hatten, fehlte er mir schon. „Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?“ Ich zog besorgt die Augenbrauen zusammen. „Wenn wir uns erst dort voneinander verabschieden… ich weiß ja so schon nicht, wie ich den Flug überstehen soll!“ Er streichelte mir sanft über die Wange. „Glaub mir, du wirst schon nicht den ganzen Flug über weinen müssen. Du fliegst nach England!“ Aber ohne dich, wollte ich sagen, doch irgendwie fanden die Worte ihren Weg über meine Lippen nicht. Stattdessen nickte ich nur und rang mir ein schiefes Lächeln ab. „Glaub mir, du wirst diese Zeit genießen! Es ist doch nur für ein halbes Jahr.“ „Nur?“, stöhnte ich und vergrub den Kopf in meinen Händen. Warum musste ich eigentlich in letzter Zeit so oft weinen? Das war ja kaum auszuhalten! Yusei trat ein Stück an mich heran und gab mir einen Kuss auf den Kopf. „Aki, wie soll ich denn nach Hause fahren, wenn ich weiß, dass ich dich hier weinend zurück lasse?“ „Dann bleib doch hier!“ Trotz den Tränen, die allmählich meine Wangen hinunterliefen, klang meine Stimme fest. „Du musst einfach nur da sein, dann bin ich schon zufrieden und fühle mich nicht so allein.“ Yusei lächelte leicht und nahm mich vorsichtig in den Arm. Ich konnte spüren, dass er nickte. „In Ordnung. Aber weißt du was? Ich könnte noch ein wenig frische Luft vertragen. Gehen wir eine Runde spazieren? Wir könnten sogar Peanut noch mitnehmen!“ Und so trat ich den letzten Spaziergang durch unsere Wohngegend für mindestens ein halbes Jahr an. Zusammen mit Yusei – und einem völlig begeisterten Peanut, dem die Nachtluft scheinbar jede Müdigkeit schlagartig nahm. „Owe“, stöhnte ich, als wir schon eine Weile gegangen waren und nun durch eine Art Parkanlage wanderten, während Peanut an der langen Leine lief und putzmunter über die Wiesen tobte, auf denen Hunde eigentlich verboten waren. Aber wen kümmerte das schon in dieser sternklaren, wundervollen Spätsommernacht? „Ich glaube, der wird diese Nacht nicht mehr schlafen!“ Yusei lachte leise und griff nach meiner Hand. Unsere Finger verschränkten sich ineinander und mir kam es so vor, als würde nichts und niemand sie je wieder trennen können. „Und ob der schlafen wird. Warte nur mal ab! Die Luft wird ihn müde machen und er wird traumlos und fest schlafen.“ Er linste zu mir hinüber. „Den gleichen Effekt wird sie übrigens auch auf dich haben.“ Ich guckte lange schweigend auf den Boden vor mir, bevor ich antwortete. „Ich weiß nicht. Irgendwie habe ich furchtbare Angst vor morgen. Ich weiß, dass es kein Abschied für immer ist und dass ich das Ganze eine Spur zu dramatisch sehe… aber gerade ist alles so, wie ich es mir schon immer gewünscht habe! Und ausgerechnet jetzt soll ich das Land verlassen? Das ist doch ungerecht!“ „Was soll denn großartig anders sein, wenn du wieder zurück kommst?“, fragte Yusei ruhig und starrte geradeaus in die Nacht. „Keine Ahnung! Aber es kann sich so vieles in einem halben Jahr verändern!“ „Ich bin mir sicher, die Dinge hätten sich auch verändert, wenn wir nicht zusammen gekommen wären. Nur vielleicht auf eine andere Art und Weise.“ Diese Antwort stimmte mich nachdenklich. Natürlich hatte er Recht. Noch bevor wir schließlich zusammengekommen waren, war mir bewusst gewesen, dass nichts still stehen, die Veränderung von Dingen nicht stoppen würde, nur weil ich nicht da war. Es hatte mir nichts ausgemacht. Ich hatte gehofft, dass die Dinge sich zum für mich Besseren wenden würden, wenn ich für eine bestimmte Zeit von der Bildfläche verschwand. Dass dies anzunehmen naiv gewesen war, wurde mir erst jetzt so richtig bewusst. Wie konnte sich etwas für mich bessern, wenn ich nicht da war, um die Weichen für meine Zukunft zu legen, eine Zukunft, von der ich von vorneherein gewusst hatte, dass ich sie mit Yusei verbringen wollte, obgleich er mich nun liebte oder nur freundschaftliche Gefühle für mich hegte? Und irgendwie kam ich zu dem Schluss: vielmehr konnte sich nun an der neu eingetretenen Situation auch nicht ändern. Während ich Yusei anguckte, wusste ich, dass er für mich immer etwas Besonderes sein würde. Ich wagte nicht zu denken, dass unsere Liebe ewig hielt – so viele Dinge konnten im Leben geschehen, die es nachhaltig beeinflussten und Beziehungen zu anderen Menschen veränderten. Aber seltsamerweise war ich mir in einem Punkt vollkommen sicher: Yusei und ich würden immer Freunde bleiben. Mein Herz klopfte plötzlich ein paar Takte schneller, meine Lippen verzogen sich zu einem breiten Lächeln. Ruckartig blieb ich stehen. Yusei, der noch zwei Schritte weiter gelaufen war, drehte sich mit überraschter Miene um. „Was ist?“ Ich atmete tief ein. „Du wartest auf mich, nicht wahr…“ Es war keine Frage – vielmehr eine Feststellung. „Du hast immer auf mich gewartet. Wie konnte ich jemals daran zweifeln, dass du es nicht wieder tun wirst?“ Jetzt lächelte auch Yusei. Langsam trat er zu mir heran, blieb dicht vor mir stehen und küsste mich auf die Stirn. „Genau. Ich werde warten. Ich verspreche es dir… ich verspreche es!“ 18. Dezember, 19:30 Uhr Liebes Tagebuch! Es ist nicht zu fassen, wie schnell die Zeit vergeht! Es ist fast, als wäre ich erst vor kurzem angekommen, als hätte ich erst gestern hier in England mein Zimmer bezogen… Und doch ist das „halbe Jahr“ mit dem morgigen Tag vorbei und ich fliege zurück nach Hause (irgendwann ist mir aufgefallen, dass das „halbe Jahr“ gar kein halbes Jahr ist, sondern vielmehr vier Monate…). Wenn ich sage, dass ich hier in England viel für die Schule gelernt habe, würde ich lügen, also lass’ ich's sein. Natürlich konnte ich meine Sprachkenntnisse verbessern, aber alles Weitere ist leider auf der Strecke geblieben… ich denke aber trotzdem, dass ich es schaffen werde, den verpassten Stoff nachzuholen. Irgendwie. Eben habe ich meine E- Mails durchgesehen und ich kann sagen, dass ich froh darüber bin, mit Yusei auf diesem Wege Kontakt gehalten zu haben. Mal von der Ewigkeit abgesehen, die herkömmliche Briefe benötigen, um vom einen Ende der Welt zum anderen zu gelangen, hätte ich einen extra Koffer nur für unser Geschriebenes kaufen und transportieren müssen! Was für unwichtigen Krempel wir uns geschrieben haben… und doch hat es mir in dieser Zeit geholfen, mich nicht so einsam und verloren zu fühlen, kein Heimweh zu haben. … Mir fällt gerade auf, dass ich weniger Kontakt zu meinen Eltern, als zu Yusei hatte! Zehn Briefe haben wir uns geschrieben (fünf sie, fünf ich), in denen ich immer wieder beteuert habe, dass es mir gut ginge und ich sie nicht zu sehr vermissen würde (was, wie mir gerade bewusst wird, nicht sonderlich aufbauend für sie gewesen sein kann – Ups!). Natürlich habe ich auch meine Eltern vermisst! Sehr sogar. Aber da ich auch Zuhause mehr Zeit mit Yusei als mit ihnen verbringe… hat sich meine Sehnsucht nach ihnen irgendwie relativiert. Alles ist relativ! HA! Danke, Albert! Auch wenn ich zugeben muss, dass ich das trotz wiederholtem Durchkauens im Physikunterricht noch immer nicht wirklich verstanden habe! Insbesondere, wenn man die Erklärungen auf Englisch erhält… Wenn es für meinen Abschluss relevant ist, wird Yusei es mir noch mal erklären müssen (Memo an mich: Yusei über Einsteins Relativitätstheorie ausquetschen, bis ich’s verstanden habe! Verbleibe in der Hoffnung, dass er weiß, was der gute Albert uns da hinterlassen hat…)! Meine Güte, wie ich mich freue, ihn morgen wieder zu sehen! Seit Tagen kann ich an nichts anderes mehr denken! Meine neu gewonnenen Freunde hier halten mich vermutlich für verrückt… ich könnte es ihnen jedenfalls nicht verübeln! Wenn ich mich nur halb so merkwürdig verhalte, wie ich mich fühle, würde ich als Außenstehender einen großen Bogen um mich machen. Ich weiß selbst nicht, was genau mit mir los ist. Ich freue mich so sehr, endlich wieder nach Hause zu kommen, andererseits war die (wenn auch verregnete) Zeit hier durchaus lehrreich und gewinnbringend, weswegen mir der Abschied morgen nicht leicht fallen wird. Wieder lasse ich Menschen zurück, die ich über die kurze Zeit ins Herz geschlossen habe, wieder verändert sich mein Leben auf eine Weise, über die ich mir noch nicht bewusst bin. Es fällt mir so schwer, all das in Worte zu fassen und noch schwerer, es einem anderen zu erklären, was auch der Grund dafür ist, warum ich es nur in mein Tagebuch und nicht in eine E- Mail an Yusei schreibe. Vielleicht lasse ich ihn morgen Nacht einfach diese Seiten lesen, damit ich nicht versuchen muss, diese verqueren Gedanken noch einmal in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen. Es bereitet mir Kopfschmerzen… Meine Koffer sind gepackt, meine Abreise ist vorbereitet… Jetzt muss nur noch ich mich zusammenreißen und durchhalten! Ich schaff’ das (YEAH!). Ab Morgen sieht die Welt wieder anders aus! Aki Als ich aus dem Gate heraustrat, sah ich sie bereits von Weitem. Meine Lippen verzogen sich zu dem breitesten Lächeln, das ich jemals zustande gebracht hatte. Ich beschleunigte meinen Schritt und rannte mit drei Trollis im Schlepptau auf die kleine Menschengruppe zu, die sich ihrerseits ebenfalls langsam auf mich zu bewegte. Vorneweg meine Eltern, dicht gefolgt von einem sanft lächelnden Yusei, der unnachahmlich cool die Hände in die Hosentaschen gesteckt hatte. Sogar Crow, Nicky und die Zwillinge waren mit von der Partie! Ein richtiges, kleines Empfangskomitee! Mir wurde augenblicklich warm ums Herz. „Aki!“ Meiner Mutter liefen Freudentränen über die Wangen, als sie mich fest in den Arm schloss. „Mein Engel, ich habe dich so vermisst!“ „Ich dich auch, Mama!“ Ich wusste nicht, ob es jetzt zu spät dafür war, meinen Fehler der letzten vier Monate zu revidieren, aber ich gab mir wenigstens Mühe und versuchte es. Schließlich hatte ich sie wirklich vermisst. WIE sehr wurde mir erst bewusst, als ich die Augen schloss und die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte. Laut schluchzend löste ich mich von ihr und fiel meinem Vater um den Hals, der erst ein wenig verdattert wirkte, bevor er leise lachend seine Arme um mich legte. „Aki!“ Die Zwillinge zupften vorsichtig an meinem Rock und schauten zu mir herauf. „Oh, ihr zwei!“ Seufzend beugte ich mich zu ihnen hinunter und umarmte auch sie. Dann wandte ich mich Crow und Nicky zu, die mich lächelnd beobachteten. Nicky überwand die wenigen Schritte Entfernung zwischen uns im Nu und schlang mir die Arme um den Hals. „Endlich bist du wieder da! Und schau dich nur an: du siehst umwerfend aus!“ Pah. Schamlose Übertreibung. Ich hatte mich keinen Deut verändert. Lächelnd versuchte ich vorsichtig, ihr das klar zu machen. Doch die Blonde schüttelte nur den Kopf. „Du siehst erwachsen und reif aus. Ganz anders. Einfach umwerfend!“ Doch noch bevor ich ihr sagen konnte, dass, wenn sie noch einmal das Wort „umwerfend“ im Bezug auf mich in den Mund nahm, ich ernstzunehmende Schritte für ihre Eliminierung einleiten würde, klopfte Crow mir auf die Schulter. „Hey!“, sagte er breit grinsend. „ Da bist du ja schon wieder!“ „Schon?“, prustete ich, ließ Nicky los und umarmte Crow. „Vier Monate, Crow, vier Monate!“ Er lachte nur und ließ mich los. Langsam – ganz langsam – wandte ich mich der Person zu, die ich mit Absicht erstmal außen vor gelassen hatte. Tausend Sprüche fielen mir ein, als ich erneut anfing, vor lauter Glück zu heulen und auf Yusei zu lief (so was wie „Das Beste kommt zum Schluss“, oder „Das Beste hebt man sich bis zum Schluss auf“ – in solchen Situationen arbeitete mein Hirn irgendwie anders als das anderer Leute. Irgendwie beängstigend.), die Arme ausbreitete und von ihm ebenso liebevoll empfangen wurde. Ich hatte aufgehört darüber nachzudenken, warum ich in seinem Beisein immer anfing zu weinen. Was blieb mir auch anderes übrig? Vielleicht würde sich das ja in Zukunft ändern, aber auch jetzt brachen wieder alle mühsam aufgebauten Dämme. Ich heulte Rotz und Wasser. Mitten in der Eingangshalle vom Flughafen. Grandios, Aki! Das machst du mal wieder toll! Ich biss mir auf die Unterlippe und riss mich mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte, zusammen. Yusei, der bisher noch keinen Ton gesagt und mich einfach sein T- Shirt auf ein Neues hatte ruinieren lassen, entfernte sich nun ein Stück von mir und schaute mir in die verquollenen Augen. Mein Anblick musste amüsant sein, denn seine Lippen umspielte ein Grinsen und das Licht tanzte förmlich in seinen blauen Augen. „Ohhh…“, stöhnte ich und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Sanft umfasste er meine Handgelenke und legte meine Arme um seinen Hals, bevor er seine um meine Taille schlang. „Ich habe dich so lange nicht gesehen, und jetzt versteckst du dich vor mir?“, flüsterte er sanft und küsste mich auf die Stirn. „Du bist wunderschön, auch wenn du geweint hast.“ Ich wurde rot. Na wunderbar! Dann war mein Gesicht zumindest wieder einheitlich gefärbt. „Du hast mir gefehlt!“ Ich konnte nicht anders – ich musste ihn einfach anstarren. Ich vergaß völlig den Trubel, der um uns herum herrschte. Es war, als würde es in dieser Minute nur uns beide geben. Yusei lächelte. „Und du mir. Sehr sogar.“ Dann verstummten wir. Es war kein weiteres Wort mehr nötig. Wir schauten uns eine kleine Ewigkeit unentwegt an, bevor sich unsere Lippen schließlich trafen. Mitten in der Eingangshalle vom Flughafen. Nur, dass es mich dieses Mal nicht im Geringsten interessierte, in aller Öffentlichkeit das zu tun, was ich eben tat. Sollten die Leute doch denken, was sie wollten. Das konnte mir doch egal sein. Ich war glücklich! Restlos, wunschlos, einfach glücklich! Das Warten hatte ein Ende. Endlich war ich da, wo ich hin wollte. Mitten in der Eingangshalle vom Flughafen, schoss es mir durch den Kopf. Argh! Verdammt noch mal! Ich löste mich reichlich widerwillig von Yusei, zog eine Schnute, als er mich ansah und fragend die Augenbrauen hob, griff nach dem letzten, zurückgebliebenen Trolli (meine Eltern hatten die anderen zwei scheinbar schon mitgenommen – hoffentlich!) und verschränkte die Finger meiner linken, noch freien Hand mit Yuseis Rechter. Dieser folgte mir bereitwillig. Ihm war scheinbar etwa zur gleichen Zeit wie mir wieder bewusst geworden, wo wir uns befanden und er war ebenfalls zu dem Schluss gekommen, dass dies nicht gerade ein geeigneter Ort für ein liebevolles Wiedersehen war. Während wir nebeneinander auf der Rückbank im Wagen meiner Eltern saßen, legte ich meinen Kopf auf Yuseis Schulter und obwohl man denken sollte, dass ich im Flugzeug genug hatte schlafen können, fielen mir die Augen zu und ohne es richtig zu beabsichtigen, war ich eingenickt. Die nächsten Wochen vergingen wie im Flug und waren für mich mehr Traum als Wirklichkeit. Ich verbrachte die meiste Zeit mit Yusei, der mir beim Aufholen des Stoffes half, und auch wenn ich die Relativitätstheorie trotz seiner konzentrierten und geduldigen Erklärungsversuche noch immer nicht durchblickt hatte, war ich mir irgendwann doch sicher, das meiste nachgeholt und verstanden zu haben. Ein paar Tage nach meiner Ankunft saßen wir eines Abends jeweils im Schneidersitz dem anderen gegenüber auf meinem Bett und sahen Fotos und Aufzeichnungen durch, die ich während meiner Zeit in England gemacht hatte. Yusei lächelte, als er ein ganz besonders furchtbares Bild von mir aus dem Stapel zog und es einer gründlichen Musterung unterzog. Verzweifelt versuchte ich, es ihm abzunehmen, endete nach einem kurzen Kampf aber leider weniger elegant und mit einem lauten „RUMPS“ neben dem Bett auf dem Boden. Fluchend richtete ich mich auf und schaute ihn wütend an. Er senkte entschuldigend den Kopf. „Tut mir leid. Hast du dir weh getan?“ Und keine Sekunde später stand er vor mir und nahm mich fürsorglich in den Arm. Meine Wut verflog fast augenblicklich und ich kuschelte mich an seine Brust. „Ein bisschen… ich habe mir den Kopf an der Bettkante gestoßen.“ Während er sanft über meinen Hinterkopf strich, nahm der dumpfe Schmerz langsam ab und ich lächelte zufrieden. „Und?“, fragte Yusei in die Stille hinein. „Ist das, wovor du vor deiner Abreise so Angst hattest, eingetreten?“ Ich lachte leise. „Nein. Zumindest glaube ich das.“ Mit zusammengekniffenen Augen drückte ich mich ein Stück von Yusei weg und sah ihm prüfend ins Gesicht. Ich konnte in seinen blauen Augen die anfängliche Verwirrung sehen, gefolgt von der Erleichterung, als er begriff, worauf ich hinaus wollte. Er lächelte glücklich. „Ja, das kannst du auch glauben!“ „Nicht umverliebt?“ „Das Wort gibt es?“ Ich sah ihn abwartend und mit einer gewissen Strenge im Blick an. Er quittierte das mit einem Seufzen, sagte dann aber bereitwillig und ernsthaft: „Nein, Aki, ich habe mich nicht… umverliebt. Das du mir das überhaupt zutraust nach den vergangenen Tagen.“ „Es tut mir leid!“ Er hatte recht. Ich hatte schon wieder grundlos an ihm gezweifelt. An Yusei, der wohl ehrlichsten Haut auf dieser Welt seit Menschengedenken. Als ich mich erneut in seinem Anblick verlor und es nur zu gern zuließ, dass er mich erst sanft, dann leidenschaftlicher küsste, nahm ich mir fest vor, meinen stetigen Begleiter, das Misstrauen, ein für alle mal in eine abgesperrte Ecke meines Hirnes zu verbannen. Oder nein, noch besser: es gleich ganz vor die Türe zu setzen. Ich würde Yusei in Zukunft glauben. Ihm vertrauen. Und nicht nur ihm. Auch Nicky, Crow und meine Eltern hatten es verdient, ihnen gegenüber nicht so misstrauisch zu sein. Sie alle waren feste Bestandteile meines Lebens, Menschen, ohne die ich weder überleben wollte, noch konnte. Wenn ich mit Yusei zusammen war, wurde auf einmal alles klarer, so als würde jemand einen Lichtschalter in einem dunklen Raum betätigen, der durch seine sonstige Dunkelheit bedrohlich und verwirrend erschien. Das Licht nahm die Angst vor dem Ungewissen, erleichterte das Handeln und machte neuen Mut. Yusei war mein Licht, meine… Glühbirne? Verwirrt unterbrach ich den Kuss und schaute mit zusammengezogenen Augenbrauen erst zum Lichtschalter, dann an die Decke zu meiner Lampe. Während Yusei wahrscheinlich überlegte, ob ich nicht doch größeren Schaden bei meinem Sturz davongetragen hatte, dachte ich angestrengt nach. Plötzlich hellte sich mein Blick auf und nun lag es an mir, zu seufzen. „Was ist?“, fragte Yusei besorgt und strich mit seiner Nasenspitze an meiner Wange entlang. „Ich überlege gerade, ob du der Lichtschalter oder doch eher die Glühbirne bist.“ Wäre ich ein Auto gewesen, hätte er mich seinem Blick nach zu urteilen für einen wirtschaftlichen Totalschaden erklärt. Ich musste lachen und strich dabei mit meinen Fingerspitzen über sein Schlüsselbein. „Weißt du… ich glaube, du bist beides.“ „Aki, was meinst…“ Doch weiter kam er nicht. Meine Lippen verschlossen seinen Mund und seine anfängliche Verwirrtheit verflog fast augenblicklich. Schön zu sehen, dass ich nicht die einzige war, die man leicht beeinflussen konnte! Und heute, einige Wochen später… Liebes Tagebuch! Es geht mir gut. Es geht mir so unbeschreiblich gut! Mehr gibt es gar nicht zu sagen! Ich bin zum ersten Mal in meinem Leben mit meinen Weisheiten am Ende – wie schockierend! Keine Metaphern, Personifikationen oder Vergleiche… mir fällt nichts Schlaues sein! Außer vielleicht, dass das Leben gar nichts so bescheiden ist, wie es manchmal vorgibt zu sein! Such’ dir einfach gute Freunde, fabelhafte Eltern (okay, ich gebe es gerne zu: die kann man sich nicht suchen, die muss man haben!) und (allen voran) einen Menschen, den du mehr liebst als alles andere (in meinem Falle ist dieser Mensch auch mein ganz persönliches Lichtsystem)! Im Grunde kann dir dann nichts mehr passieren… denn egal was passiert: Irgendwer ist immer da und fängt dich auf. Du kannst nicht tiefer fallen als in die Hände deiner Liebsten. Ist das nicht wundervoll tröstend zu wissen? Bis bald, Aki Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)