guilt and atonement von Hime-chan (Jede Schuld muss beglichen werden) ================================================================================ Kapitel 3: Shichi Fujin – Die Götter des Glücks ----------------------------------------------- Schimmel hatte sich in den morschen Planken beheimatet und auch Pilze wuchsen aus allen unmöglichen Orten, wie etwa aus dem Ohr des transparent erscheinenden alten Mannes, der sich auf einen knorrigen Stab stützte und dessen Bart ihm bis zu den Füssen reichte. Jascha wunderte sich, dass in seinem Bart noch keine Pilze zu finden waren. Der alte Mann quasselte ihn mit seiner spröden Stimme zu, doch da er japanisch Sprach, verstand er natürlich nichts, ausser den Anfang, da hatte der Mann Hallo gesagt. Er hätte jedoch lieber weniger Zeit gehabt, sich das Schiff genauer anzusehen, es war schon eklig genug bis fast zu den Knöcheln im Wasser zu stehen. Ein Wunder, dass es noch nicht unter gegangen war. Kleine Fische schwammen umher und plötzlich verstand er, warum der Fuchs darauf bestanden hatte, auf der Rehling sitzen zu bleiben. Warum es hier jedoch eine Ratte gab, die sinnlos wie alle Ratten umher rannte, entzog sich seinem Verstand, besonders weil sie auf der Wasseroberfläche umher rannte. Komische Sachen gab es hier in Japan, da war ihm die Heimat wesentlich lieber. Sie kamen ursprünglich aus St. Petersburg, aber da ihre Mutter das Stadtleben nicht gefallen hatte, waren sie vor vier Jahren nach Kusmitzky gezogen und das Leben dort war wirklich sehr langweilig. Es gab in der näheren Umgebung nichts ausser einem Fluss, nicht einmal eine richtige Strasse, für Jugendliche, wie es seine Schwester und er waren, der absolute Horror schlecht hin. Der einzige Junge in ihrem Alter hatte es darauf abgesehen, seine Schwester zu umgarnen, was ihm Jascha nicht wirklich verübeln konnte, jedoch hiess er es nicht gut wenn er jeden Abend Steinchen gegen das Zimmerfenster warf, das er mit seiner Schwester teilen musste. So war er eigentlich ganz froh darum, dass er in die Schule gehen konnte, auch wenn er dafür fast drei ganze Stunden mit dem Fahrrad trampeln musste. „Mensch, antworte gefälligst, wenn du etwas gefragt wirst“, sprach ihn der Fuchs von der Seite her an und Jascha warf dem Vieh einen vorwurfsvollen Blick zu. „Dem wächst ein Pilz aus dem Ohr, wie soll ich ihn da ernst nehmen?“, fragte er und deutete auf den alten Mann der nun mit seinen Erzählungen inne gehalten hatte. Er verzog bedauernd das Gesicht und trat dann auf ihn zu. Misstrauisch wich Jascha zurück und rutschte auf etwas Glitschigem aus, landete in der grässlichen Brühe die sich bestimmt schon mehrere Jahrhunderte auf dem Schiff befinden musste. Die schwarze Ratte rannte quiekend an ihm vorbei. „Trink einen Schluck“, wies ihn der Fuchs an und tippelte auf der Reling hin und her, anscheinend machte die Ratte den Fuchs nervös. „Doch nicht etwa von dem Schimmelwasser hier?“, fragte er entsetzt nach, starrte jedoch weiterhin den alten Mann an der zum Glück stehen geblieben war und im Wasser nach etwas stocherte, er wollte nicht wissen, was sich darin noch ausser den Fischen befand, also rappelte er sich schnell wieder auf. „Natürlich, was denn sonst? Oder soll ich dir auftragen, einen Pilz zu essen?“, erklärte die Füchsin und wich der Ratte, die inzwischen auf die Rehling geklettert war und sie wohl angriff, ohne Umstände aus. Jascha zögerte, sollte er wirklich das Risiko eingehen, sich zu vergiften, oder einfach ertragen, dass er nicht verstand was um ihn herum vorging? „Auf deine Verantwortung“, stellte er klar und war sich nicht sicher, ob er die Schuld wenn er im Krankenhaus landete einem Fuchs geben konnte und dabei überzeugend genug klang. Dennoch formte er mit den Händen eine Schale und schöpfte dieses eklige Wasser, um es dann schnell hinunter zu würgen. Es schmeckte so, wie man es sich vorstellte, wie grünes Schimmelwasser schmecken sollte. Es schüttelte ihn und er wünschte sich eine Cola herbei, um den Geschmack den es hinterlassen hatte, gründlich auszuspülen. „Du bist ein böses Mädchen Kitsune, den armen Jungen so hinters Licht zu führen“, sprach der alte Mann lachend und obwohl Jascha nun jedes Wort verstand, runzelte er die Stirn und sah hinüber zu dem Fuchs, erwartete natürlich auf eine entsprechende Erklärung, was dieser Japaner damit gemeint hatte. „Du musst lediglich daran glauben, dass du ihn verstehst. Ich spreche auch kein Russisch“, erklärte der Fuchs leichtfertig und hätte bestimmt teilnahmslos mit den Schultern gezuckt, wenn sie ein Mensch gewesen wäre. Er hatte also das Wasser umsonst getrunken, dafür würde er sich bei der nächsten Gelegenheit rächen. Er könnte sie einfach in einem Jagdgebiet aussetzen, das wäre doch wirklich eine gute Idee. „Dann erkläre ich es dir noch einmal, Jascha Lisov. Du befindest dich hier auf dem legendären Götterschiff Takarabune, ich bin einer der sieben Götter des Glücks, man nennt mich Daikoku. Die anderen sechs befinden sich gerade auf Reisen und daher bin seit Jahren nur ich hier, um auf unser Schiff acht zu geben. Jedenfalls darfst du dir für deine Aufgabe eines der fünf Schätze aussuchen, die Göttin Inari hat mich um Hilfe gebeten, da sie glaubt, dass du es ohne Hilfe nicht packst. Um sie dir aufzuzählen, du darfst dich zwischen dem unerschöpflichen Geldbeutel, dem unsichtbar machenden Hut, dem Glücksmantel, dem hölzernen Hammer des Reichtums und der geisterjagenden Ratte entscheiden“, erklärte er so langsam und gedehnt, dass Jascha glaubte er würde nie fertig werden, ihm diese wundertolle Geschichte aufzubinden. „Also, dann nehme ich die Ratte“, beschloss er kurzerhand und warf dem Fuchs einen entsprechenden Blick zu, vielleicht würde sie das ärgern wenn er diese Ratte mitnahm, die hier umher rannte. Daran, dass sie Geister jagen sollte, glaubte er sowieso nicht. „Sie wird dir keinen Nutzen für deinen Auftrag bringen“, widersprach ihm die Füchsin und er warf ihr einen wütenden Blick zu. Nicht einmal auswählen durfte er selbst, wenn er schon in einem merkwürdigen Live-Aktion-RPG gelandet war oder wie man das genau nannte, eine Klassenkameradin hatte ihr Hobby einmal erklärt, aber sonderlich interessiert hatte es ihn nicht. „Leider kann ich dir die geisterjagende Ratte nicht mitgeben. Den Geldbeutel hat Ebisu mitgenommen, der Hut schwimmt hier irgendwo, und ob du den Hammer noch gebrauchen kannst…“, plapperte der Alte und hielt ihm dann einen knorrigen Hammer hin, der ebenfalls mit Pilzen überwachsen war, den man definitiv nicht gebrauchen wollte. Man hatte ihm zwar noch immer nicht gesagt, welche Aufgabe er gezogen hatte, doch er würde es wohl demnächst erklärt bekommen, ehe er sich komplett in die falsche Richtung bewegte. „Dann eben den Umhang?“, schlug er vor, sich fragend weshalb man ihm nicht von Anfang an gleich diesen glücklichen Umhang gegeben hatte, sondern sich noch lange mit Formalitäten herum quälte. Der alte Mann nickte erfreut und ging zum Mast der bedrohlich schwankte und knirschte als er begann, an einem Seil zu ziehen als wolle er ein Segel einholen. Als Jascha hinauf sah, erkannte er tatsächlich einen alten, ausrangierten Kapuzenumhang, der als Flagge verwendet worden war. Kurz fragte er sich, ob das Schiff mit weniger Glück einfach auseinander fallen würde und hoffte, zu diesem Zeitpunkt nicht mehr an Bord zu sein. Schliesslich, nach einer halben Ewigkeit wie es ihm erschien, da seine Socken natürlich schon lange durchweicht waren und sich seine Hose bis zu den Knien mit Wasser vollgesogen hatte, wurde ihm der Umhang übergeben und Jascha beäugte ihn kritisch. „Er passt sich dem Träger an, nun, viel Erfolg, Junge“, schloss der alte Mann die Übergabe und wie ihn hinüber zu jener Stelle, an der er vorhin schon eingestiegen war. „Ja, klar, danke Okidoki“, verabschiedete er sich und konnte es gar nicht erwarten, endlich diesem Gestank und den grünen unheimlichen Pilzen zu entkommen. Nachher musste er unbedingt seine Kleider kontrollieren, ob auch ja nichts Wachsendes oder Schädliches an seiner Kleidung hing. „Daikoku, mein Junge, vergiss das nicht“, berichtigte der Gott ihn noch ehe Jascha sich endgültig von Bord begab. Ӝ Die Landschaft war reichlich farblos, Grün in Braun mit einem verhangenen Himmel, der von einem heftigen Sommergewitter zeugte. Das Gras war dürr und entweder reichte es bis zu seinen Hüften, oder war gar nicht erst vorhanden, Es erinnerte ihn an ein Schlachtfeld, einfach fehlten hier die Überreste eines Kampfes, wie etwa Holz, Helme oder Waffen. Prüfend drehte er sich um die eigene Achse und war etwas überfordert damit. Zwei kleine Hügel, kein Tempel, nur in der Ferne ragte der Fuji auf, und der war ja nicht einmal in der Nähe von Kyoto. Er hatte sich darin unterrichten lassen, dass der Berg gar nicht Fujiyama sondern Fujisan hiess, warum auch immer man das anders nannte. Seufzend zog er die Schachtel Zigaretten hervor nur um festzustellen, dass diese völlig durchweicht waren. Er rauchte selten, meist nach einer Prüfung oder wenn er nicht wusste, was er tun wollte. „Tschört!“, fluchte er und schmiss die Packung weit von sich, und stampfte wütend mit dem Fuss auf. Missmutig starrte er den Fetzen an, der sich Glücksumhang schimpfte. Zögernd streifte er ihn sich über die Schultern und war überrascht, als er bemerkte, dass er nicht mehr gammelig und zerfetzt war, sondern von einem dunklen Grün und angenehm leicht zu tragen. Ein rascheln vor ihm liess ihn aufblicken, da das Gras hier so hoch war konnte alles Mögliche auf ihn zukriechen, ein äusserst lebendiger Pilz des Schiffes mit eingeschlossen, eventuell hatte er aber auch wirklich Glück, und es handelte sich um ein Pokémon. Leider fehlte ihm ein dazugehöriger Ball, um es zu fangen. Es stellte sich dann aber schnell heraus, dass es lediglich sein Fuchs war der es wohl auch nicht weiter auf dem Schiff hatte aufhalten wollen, was durchaus verständlich war. Dass hier alles so völlig unrealistisch war überging er grosszügig, ihm blieb auch nichts anderes übrig. „Du, sag mal Fuchs, was muss ich nun tun?“, fragte er das silberweissse Tierchen zu seinen Füssen, schon beinahe liebevoll, das sich gerade hinter dem Öhrchen kratzte. „Folg mir, wir erreichen bald ein Dorf, wo du übernachten solltest“, meinte sie und huschte ihm voraus durch die einfallslose Kulisse. Jascha wollte nicht riskieren, sie zu verlieren und beeilte sich daher, mit ihr Schritt zu halten. Allein die Aussicht auf Zivilisation liess seinen Puls höher schlagen, dort gab es bestimmt einen kleinen Laden, in dem er eine Packung Zigaretten kaufen konnte und etwas zu Trinken, der bitter-säuerliche Geschmack lag ihm noch auf der Zunge. Nachdem er auf den Hügel hinauf geklettert war, sah er, dass es sich nicht um eine Ebene, sondern um ein Hochplateau gehandelt hatte, die Hänge fielen steil hinab, aber nur etwa zwei Meter, natürlich hatte es dann auf ihn gewirkt, als sei sie endlos. Allmählich beschlich ihn ein verwirrendes Gefühl, durch ein Star Gate gerannt zu sein, natürlich konnten nur Ausserirdische so viele rote Torii aufstellen, das war die Erklärung schlechthin. „Hey, warte gefälligst“, schimpfte er, da er sich gerade mit Händen und Füssen an eine Wurzel festklammerte, um sich umständlich heil auf den Erboden gleiten zu lassen. Leider wollte jedoch der Baum nicht wie er und er drohte inzwischen Kopfüber hinunter zu fallen. Umsichtig schaffte er dann aber, erst dann zu fallen, als er sich gedreht hatte und er landete lediglich unsanft auf seinem Hosenboden. „Glück gehabt“, sinnierte das Mistvieh und trippelte sorglos voran, während Jascha ihr auch weiterhin übellaunig folgte. Extrem, wie geschickt diese Japaner Dinge bauen konnten, doch allmählich erschien ihm die Flexibilität des Fuchses doch daran zweifeln, dass es sich hierbei um eine art Tamagochi oder einen Roboter handelte. Wohl eher ein verrücktes Spiel, bei dem sich der Betreffende durch Technikkram das Gefühl haben selbst Teil des Spiels zu sein. „Was muss ich eigentlich tun? Einen Drachen besiegen?“, fragte er nach, schliesslich war es doch immer so, dass der Held einen klugen Gefährten hatte, der ihm aus der Klemme half. „Nein, keinen Drachen, deine Vorfahren musst du besiegen. Dein Name ist Jascha Lisof, dem Clan Szetsu zugehörig und somit Verräter des chinesischen Kaiserreiches, und als solcher ist es deine Pflicht, die Familienehre wieder herzustellen“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)