guilt and atonement von Hime-chan (Jede Schuld muss beglichen werden) ================================================================================ Kapitel 2: Takarabune - Heimat der Götter ----------------------------------------- Kapitel 2 Takarabune Was ihn dazu bewogen hatte, dem sprechenden Fuchs, und er war inzwischen davon überzeugt dass dies eine Touristenattraktion war, zu folgen, wusste er selbst nicht genau. Jedenfalls hielt der Fuchs nicht viel von den Sehenswürdigkeiten und jedes mal, wenn Jascha stehen blieb um ein weiteres Monument oder Brunnen zu bewundern, eine Schnitzerei oder die Leute, die hier umher liefen, strich das Tierchen ungeduldig um seine Beine. Inzwischen wünschte er sich Takashi zurück, der zumindest jedes mal wenn etwas Besonderes ihren Weg gekreuzt hatte eine tiefe Verbeugung gemacht hatte, sogar vor jeder der hässlichen Statuen. Vielleicht wünschte er sich ja Kindersegen, wohl mit seiner Schwester, eine grausige Vorstellung, plötzlich Onkel von ein paar umher rennenden Kindern zu sein, die Schlitzaugen hatten. „Wenn du ein Baum wärst, hättest du bereits Wurzeln geschlagen“, tadelte ihn der Fuchs und sprang leichtfüssig auf ein kleines Podest, über dem eine noch viel hässlichere Füchsin abgebildet war, als er bisher gesehen hatte. Hier inmitten des Tempels war niemand mehr ausser ihm und er war sich sicher, dass er sich in einer Zone befand, die nicht für die Öffentlichkeit zugänglich war. „Deine Witze lassen zu wünschen übrig“, beklagte er sich und betrat den nächsten Raum zögerlich. Die Kerzen die hier brannten verströmten einen süssen Duft und warfen flackernde Schatten auf die Wände und den Fuchs, der ihn hierher geführt hatte. Wandteppiche mit Kordeln schmückten die Wände, sie waren mit Blumen, Wäldern und Füchsen bestickt. Sacht berührte Jascha den Stoff mit den Fingern, es war Seide, und je länger er es betrachtete, desto mehr sah er darauf. Es war keine Stickerei, es war ein Gemälde auf Seide. „Das ist die heilige Stätte der Göttin Inari, sie wacht über die Fruchtbarkeit, die Reisernte und wie selbst du bemerkt haben musst, über uns Füchse“, erklärte der weisse Fuchs ungerührt von Jaschas mangelndem Respekt gegenüber diesem heiligen Ort inmitten des Tempels. „Das ist zwar richtig interessant, aber wenn sie so superheilig ist, warum sind dann die Statuen die überall herum stehen so grässlich?“, fragte er und blickte zu dem Eisfuchs hinüber, der es sich inzwischen bequem gemacht hatte. Es erstaunte ihn wirklich, dass dieses schöne Gemälde so versteckt war, es hätte seiner Schwester bestimmt auch gefallen. Dass sie ihn jetzt bestimmt suchte geschah ihr allerdings nur Recht, schliesslich interessierte sie sich im Moment nur noch für ihren Freund, was verständlich, aber dennoch unfein war. Sie hatte ihn vorgestern bei einem Ausflug einfach stehen gelassen und mit Müh und Not hatte er den Weg zurück zum Ausgangspunkt gefunden. „Menschen haben ihr Auge für Kunst verloren“, antwortete sie und hätte wohl geseufzt, wenn sie ein Mensch gewesen wäre. Man konnte jedoch bestimmt darüber streiten, ob das wirklich Kunstwerke sein sollten, Jascha jedenfalls wäre als Gottheit beleidigt gewesen, wenn man in seinem Tempel solche Abscheulichkeiten aufgestellt hätte. „Komm, Mensch. Takarabune wird gleich erscheinen“, forderte sie ihn auf und schob den Wandschirm mit der Pfote auf. Dahinter lag ein Garten, doch wegen den Nebelschwaden konnte er nicht viel davon sehen. „Wer ist denn das?“, fragte er den Fuchs, während er ihr folgte und schob hinter sich den Fusuma, wie er es von Takashi beigebracht bekommen hatte, wieder hinter sich zu. Auf die Knie zu gehen um das zu tun, hatte er allerdings nicht vor. „Takarabune, das Schiff der sieben Götter des Glücks. Es ist eine Ehre für dich, es zu sehen, schon seit Jahrhunderten hat kein sterbliches Wesen mehr die Erlaubnis dazu bekommen, es betreten zu dürfen“, merkte sie an, schien in dem Nebel etwas zu suchen und nicht fündig zu werden, denn sie wedelte wie ein kleines Hündchen nervös mit ihrem buschigen Schwanz. Ein helles Klappern liess ihn zusammen fahren, doch das Plätschern unweit von ihnen verriet, dass es sich um eine dieser Bambuswippen handelte, die man vor allem in alten japanischen Filmen noch sah. Der Garten an sich war jedoch etwas unspektakulär soweit Jascha ausmachen konnte, nur ein kleiner Teich und keine darüber führende Brücke und auch kein kleiner Pavillon war zu sehen. Enttäuscht blieb sein Blick an dem Pfirsichbaum hängen und er blickte wieder hinunter zu der Füchsin. „Das interessiert mich aber kein Stück“, meckerte er und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust. Veralbern konnte er sich auch alleine, um die Spielzeugversionen eines Schiffes, das auf dem kleinen Teich umher tuckern sehen zu wollen war er schon zu alt, und ein richtiges konnte es kaum sein. Kein Fluss, kein Meer und vor allem kein Platz. Wäre es nicht mitten am Tag gewesen, wäre eine Laserprojektion noch denkbar gewesen, doch auch diese Japaner konnten nichts gegen Tageslichteinwirkungen ausrichten, selbst wenn dieser Fuchs erstaunlich gut gemacht war. „Das, Mensch, interessiert wiederum mich nicht“, sagte sie und erstarrte dann sichtlich, vielleicht war der Akku leer oder der Anwender hatte keine Lust mehr, sich um ihn zu kümmern. Er fuhr sich durch die Haare und seufzte, ob er den Weg wieder zurück finden würde bezweifelte er nicht, doch ob er seine Schwester und Takashi finden würde, war äusserst fraglich. Zögernd trat er den Rückzug an, als ein unschönes Krachen an seine Ohren und ein fauliger Geruch an seine Nase drang. Er wirbelte herum und stolperte dabei über seine eigenen Füsse, landete also neben dem Fuchs auf den Knien. Das Schiff war nur zur Hälfte sichtbar, als würde der Res sich im Nebel auflösen oder gar nicht erst existieren. Es war ein altes Holzgebilde, dass sich grünlich erfärbt hatte, die Segel waren auch sehr mitgenommen und hatten bestimmt schon einige Jahre nicht mehr ihren eigentlichen Nutzen. Die Kordeln, die wohl als Schmuck gedient hatten wirkten schmuddelig und waren von einer schmutzigen braunen Farbe, vermutlich waren sie einmal weiss gewesen. Knarrend schob sich das Schiff ohne physischen Einfluss vorwärts und kam schliesslich ächzend zum Stillstand. Jascha kam nicht umhin das Gefährt mit offenem Mund zu bestaunen, sich zu fragen, wie das alles möglich war, während sich eine Planke, die mit Scharnieren fest gemacht worden war, mit einem unschönen Laut mit voller Wucht nach unten klappte und zitternd auf und ab Wippte. Angeekelt schlug sich Jascha die Hand vor Mund und Nase, fauliges Wasser sprudelte aus dem Schiff und setzte die Wiese unter Wasser. Wenn das, das Schiff der Glücksgötter sein sollte, war es wirklich ausgesprochen jämmerlich, er als Gott, würde sicher nicht mit so einem Gefährt umher segeln, das es wohl nicht mehr lange machen würde. Fische wanden sich im Todeskampf und landeten in dem ekligen Wasser, das so trüb war, dass Jascha die Wiese nicht mehr ausmachen konnte. Er blickte zu dem Fuchs hinüber und stellte fest, dass der Nebel inzwischen so dicht geworden war, dass er nicht einmal mehr das Gebäude hinter sich sehen konnte. Es erschien ihm noch viel unwirklicher als sprechende Füchse, dass plötzlich nichts weiter als das ramponierte Götterschiff, der Fuchs, das Wasser, die Holzplanken auf denen er stand und er selbst zu existieren schien. Und natürlich der dichte Weisse, undurchdringliche Nebel. „Ist ja eklig“, murmelte er und ein Windstoff wehte den bestialischen Gestank nach verfaultem Fisch direkt zu ihm herüber. Er hätte dem Schiff ja ein Pfefferminzbonbon angeboten, doch die schlechten Scherze waren ihm gerade vergangen. Ӝ Ein Zimmer nicht auf den Knien zu betreten war eine neue und sehr befremdende Erfahrung. Ihr Haut brannte noch von der unliebsamen Kleie, ihre Haare fühlten sich schwer auf ihrem Kopf an, da man Perlen und Blumen hinein geflochten hatte. Wenn man sich mit Kleie die Haut schrubbte, war sie danach gereinigt und schön, doch ihr wäre es lieber gewesen, so umher zu laufen wie sonst und nicht von den Männern in diesem Raum angestarrt zu werden. Möglichst elegant liess sie sich an jenen Platz nieder, der ihr im Vorfeld Chisato schon angewiesen hatte. Tief verbeugte sie sich und fürchtete schon fast, dass ihre Haare vornüber fallen würden, doch sie hielten erstaunlicherweise, selbst wenn diese Pose der Unterwürfigkeit noch mehr Schmerzen an ihrer Kopfhaut verursachte. „Meine Tochter, Kin“, stellte sie ihr Vater mit kühler Stimme dem Boten vor, der sie eingehend zu mustern schien. Sie mochte diesen Namen und war stolz, ihn tragen zu dürfen. Dass manche Männer sagten es wäre kein angemessener Name für ein Mädchen aus gutem Hause, verstand sie sehr wohl und Kin war davon überzeugt, dass aus diesem Grund bisher noch niemand um ihre Hand angehalten hatte, obwohl der Yuudai-Clan recht wohlhabend war. Auch sie machte sich Sorgen, denn wie die Mädchen aus dem Dorf aus Liebe zu heiraten, das würde ihr versagt bleiben. Jedoch gab es auch niemanden in ihrem Leben, den sie mehr liebte als ihren Bruder. „Ein Jungenname? Sie wird einen anderen annehmen müssen“, bestimmte der Berater sachlich und hob die Schale Sake zu seinem Mund um geräuschvoll zu trinken. Kin musste sich beherrschen, nicht den Blick zu heben und ihren Vater fragend anzusehen, sie hatte bisher noch nie davon gehört, dass jemand einen anderen Namen angenommen hatte, ausser natürlich wenn es sich um eine der Künstlerinnen am Hof des Kaisers handelte, doch man könnte sie unmöglich als solche verdingen wollen, sie war gänzlich untalentiert in solchen Belangen. Sie hatten von Tänzerinnen gehört die mit dem Fächer sicherer umgingen als jeder Samurai und deren Schönheit die Männer den Verstand verlieren liessen, so war sie nicht. „Meine Schwester braucht keinen anderen Namen“, setzte sich Daiki für sie ein und sie verspürte tiefe Dankbarkeit dafür, dass ihr Bruder es so sah wie sie es tat. Ihr grosser Bruder war stark und geschickt, sobald seine Ausbildung beendet sein würde, war es seine Bestimmung dem Kaiser zu dienen so wie es ihr Vater noch heute tat soweit es ihm möglich war. Mit seinen geschundenen Knien konnte er nur noch einfache Arbeiten übernehmen und auch das Reiten blieb ihm verwehrt, so bestand er darauf, dass Daiki sein Schlachtross Shun regelmässig an seiner statt ausritt. Kin mochte Pferde und sie zog es vor, selbst zu reiten statt in einer Sänfte zu reisen, denn es war viel spannender die Umgebung zu sehen statt hinter seidenem Stoff verborgen zu sein. „Schweig mein Sohn“ sprach Masahiro gütig und lehnte sich weit nach vorn um den Berater dazu zu bringen, seine Aufmerksamkeit wieder auf ihn selbst zu lenken. „Ist sie nach Eurem Geschmack?“, fragte er den Berater und Kin glaubte zu hören, dass ihr Vater mit der Antwort, egal wie sie ausfiele, nicht zufrieden sein würde. Würde er verneinen wäre es eine Beleidigung, die nur schwer wieder gut zu machen wäre, doch würde es an ihr sein, diese Schmach zu tilgen weil sie nicht dem Geschmack dieses Mannes entsprach. „Sie ist schön genug, man wird zufrieden sein. Schick sie so bald wie möglich, damit alles nötige in die Wege geleitet werden kann. Lass Daiki sie begleiten, es wird eine bereichernde Erfahrung für ihn sein, den kaiserlichen Hof zu sehen und sich mit den Besten zu messen, wir setzen grosse Erwartungen in ihn“, sprach er und verneigte sich kurz und unhöflich, im Gegensatz zu seinen Worten. Daiki jedoch lächelte, er konnte es kaum erwarten den Kaiserpalast zu sehen während Kin erschauderte und sich fragte, was gerade passiert war. „Dieses Kind wurde meiner Frau versprochen, und der Kaiser hat bisher noch nie sein Wort gebrochen. Warum also will er mich meiner Tochter berauben?“, fragte Masahiro säuerlich, er hatte nicht vergessen was sich vor fünfzehn Jahren abgespielt hatte, dass man ihn nun betrog und die zarte Pflanze die er umsorgt hatte nun grausam aus dem Boden riss, konnte er nicht nachvollziehen. „Du zweifelst an der Güte des Mikados?“, entgegnete der Berater lauernd und nun hatte ihr Vater keine andere Wahl mehr, als den Kopf zu senken und zu gehorchen, wenn er nicht in Ungnade fallen wollte. Natürlich wusste Kin, dass ihr Vater sie nicht gezeugt hatte, doch man hatte ihr nie verraten wer es gewesen war und sie hatte bisher geglaubt, dass es etwas Beschämendes gewesen sein musste über das niemand zu reden wagte. Sie hatte auch nie nachgefragt, denn ihr Vater war Masahiro und ihr Bruder Daiki, mehr zählte für sie nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)