Border von -shiyuu ================================================================================ Kapitel 6: ----------- Es war schon mitten in der Nacht, aber dunkel war es in einer Großstadt ja sowieso nie. Trotzdem fand Nii das gerade äußerst faszinierend. Er lag mehr als dass er saß auf der Rückbank des Taxis, in das Shuu ihn gesteckt hatte, um nach Hause zu fahren und seinen Rausch auszuschlafen, wie der Bassist gemeint hatte, und starrte aus dem Fenster. Bei dem Gedanken an Shuu und seine Überfürsorglichkeit verdrehte er die Augen. Das musste ja nicht sein, immerhin war er alt genug, um auf sich selbst aufzupassen. Das schaffte er sogar noch, wenn er betrunken war. Und das war er jetzt, definitiv. Nachdem Satoshi und Ryo plötzlich spurlos verschwunden waren, hatte er sich eben mit den Staffs weiter betrunken. War ihm ja egal, mit wem, Hauptsache er hatte Spaß dabei. Und den hatte er gehabt, bis jetzt. Irgendwie ging es ihm jetzt nicht mehr so sonderlich gut. Ihm war schlecht und irgendwie sah er nur noch verschwommen. Kein schöner Zustand. Vielleicht hätte er ja doch nicht so viel trinken sollen. Aber wenigstens würde er gleich in ein warmes Bett kriegen und sich an jemanden schmiegen können, der sich morgen auch um ihn kümmern würde. Das tat Kiri nämlich immer, wenn es ihm schlecht ging. Kiri… Irgendetwas ist da doch gewesen… Nii runzelte die Stirn und wandte den Blick von den sich viel zu schnell bewegenden Häusern und Menschen um das Auto herum ab. Stattdessen starrte er jetzt auf seine Hand und wunderte sich, warum die so groß war, doch im nächsten Augenblick war es ihm schon wieder egal. Siedend heiß war ihm eingefallen, was mit Kiri war. Oder eher was nicht. Der Drummer hatte Schluss gemacht, bevor er mit der Band nach Europa geflogen war. Beinahe schlimmer als die Tatsache an sich fand er, dass er morgen allein mit seinem Kater klar kommen musste, da niemand da war, der ihn bemutterte. Aber klug wie er war, fiel ihm schnell die Lösung des Problems ein. „Heeee du!“, lallte er den Fahrer an und hängte sich halb über die Lehne des Beifahrersitzes. „Fahr mich zu mei’m Freund, ja?“ Der Taxifahrer schenkte ihm nur einen mitleidigen Blick. „Aber wir sind gleich da.“ „Is mir egal! Fahr mich hin da.“ Kurz musterte der alte Mann ihn und zuckte dann mit den Schultern. Klar, dem war das egal, immerhin würde er so noch mehr Geld an ihm verdienen. Waren sowieso alle nur auf Geld aus. „Ich brauch dann aber schon ’ne Adresse.“ Nii nickte und öffnete den Mund, um zu sagen, wo Kiri wohnte, doch das war ihm glatt entfallen. Daran konnte er sich im Moment echt nicht erinnern. Aber wahrscheinlich hätte er nicht einmal seine eigene Adresse vollständig sagen können. Wie gut, dass Shuu das übernommen hatte, nachdem er ihn auf die Rückbank geschubst hatte. Dumm nur, dass er jetzt irgendwoher Kiris Adresse brauchte. Er schwieg einige Augenblicke, in denen der Taxifahrer natürlich munter weiter fuhr, was ihn irgendwie aufregte, aber viel wichtiger war jetzt, dass er irgendwo diese Adresse herbekam. Hatte er nicht noch die Rechnung von dem ollen Blumenladen in Finnland, von dem aus er Rosen an seinen Freund geschickt hatte? Da stand doch die Adresse dann mit drauf. Ja, die musste da ganz einfach mit drauf stehen. Also holte er umständlich sein Portmonee heraus und entleerte die ganze Zettelwirtschaft da drinnen erst mal auf dem Rücksitz. Alles war gut, solange er diesen Zettel fand. Nach einigem Rumstöbern saß er in beinahe vollkommenem Chaos da, aber er fand den Zettel und wäre er nicht sicher gewesen, dass der Platz nicht reichte und er sowieso dabei umgefallen wäre, hätte Nii jetzt einen Freudentanz aufgeführt. Aber das konnte er ja immer noch machen, wenn er an seinem Ziel angekommen war. Er knutschte die Rechnung, auf der Kiris Adresse stand und hielt sie dann dem Taxifahrer direkt vors Gesicht. Wie gut, dass der gerade vor einer roten Ampel stand. „Da hin!“, sagte Nii und zeigte auf die Adresse. Der Fahrer las vor, was da stand, und nickte dann. Nii nahm seinen Zettel wieder an sich, und schmuste damit, während der Fahrer das Auto bei der nächsten Möglichkeit wendete und dann in die andere Richtung fuhr. Nii saß da und war einfach nur froh, dass er gleich bei Kiri sein würde. Er müsste die Nacht nicht allein verbringen, also war alles gut. „Wir sind gleich da.“, sagte der Fahrer und Nii grinste breit. „Gut.“ „Vielleicht sollten sie ihren Kram zusammen packen.“ „OH.“ Ja, oh. Nii sah neben sich und hatte irgendwie gar keine Lust, das alles wieder fein säuberlich in sein Portmonee zu sprtieren, also nahm er den Haufen an Zetteln einfach und stopfte ihn in seine Hosentasche. Würde schon gehen. Als der Fahrer hielt, warf er ihm ein paar Scheinchen nach vorne und stieg aus, ging geradewegs auf den Block zu, in dem Kiri wohnte. Der Fahrer rief ihm irgendetwas hinterher, von wegen er hätte zu viel bezahlt, aber Nii winkte nur ab. Er war endlich hier. Das war jeden Preis wert. So dachte er zumindest jetzt darüber. Vor der Tür angekommen, sah Nii auf die vielen Klingelschilder. Entziffern konnte er sie nicht, also drückte er einfach mal mit der Hand darauf und wartete grinsend. Ihm war ja sowas von egal, dass er die meisten Leute damit wahrscheinlich gerade geweckt hatte. Irgendwer schickte ihm auch Flüche durch die Gegensprechanlage, aber Nii klatsche seine Hand nur noch mal auf die Klingelschilder und lallte „Lasst mich raahaaaain!“ und irgendein Idiot tat das tatsächlich. Der Summer ertönte und er schlüpfte schnell in den Flur und dort in den Fahrstuhl. Wie gut, dass er wusste, in welchem Stock sein Kiri wohnte. Und noch besser, dass die Knöpfte hier um einiges größer waren. Endlich stand er dann vor Kiris Tür. Es sollte ihm gut gehen, weil er es trotz aller Probleme geschafft hatte, hierher zu kommen, aber ihm wurde gerade furchtbar schlecht und alleine das Stehen gestaltete sich auch immer schwieriger. Er stützte sich an dem Türrahmen ab und klingelte dann. Drinnen war es still. Kiri schlief wohl auch, aber irgendwie war ihm selbst das egal. Er wollte ihn sehen. Jetzt. Und er würde so lange klingeln, bis ihm aufgemacht wurde. Das dauerte aber zum Glück nicht allzu lange. Erst wurde die Tür nur einen kleinen Spalt aufgemacht, dann öffnete sie sich ganz und vor ihm stand Kiri mit verwuschelten Haaren und seinem hübschen blauen Morgenmantel um den schlanken Körper geschlungen. „Halloooo“, grinste Nii und schwankte leicht. Kiri sah ihn einfach nur an und schwieg. „Ich dachte mir, ich komm dich mal besuchen.“ Immer noch sagte der Drummer nichts, sondern sah ihn einfach nur an. Nii kam das ganze komisch vor. „Freust du dich denn nich, mich zu sehn?“, nuschelte er und schob die Unterlippe vor, zumindest versuchte er es. Kiris Augen verengten sich zu Schlitzen und er verschränkte die Arme vor der Brust. „Ist das dein Ernst? Du kommst hierher, total besoffen, mitten in der Nacht, und das, wo ich dich eigentlich gar nicht sehen will?“ Nii versuchte zu verarbeiten, was sein Gegenüber da gerade gesagt hatte, aber das fiel ihm sichtlich schwer. Sein Mund öffnete und schloss sich wie bei einem Fisch auf dem Trockenen. „Geh bitte wieder…“ „Aaaaaaaaaaber“, sagte Nii laut, kam aber nicht weiter, da sich hinter ihnen plötzlich jemand räusperte. Nii drehte sich um und vor ihm stand eine kleine, dicke Frau, die irgendwie nicht so gut gelaunt aussah. „Wasn?“, fragte Nii und sah dümmlich drein. Die Frau ignorierte das und sah stattdessen Kiri an. „Es ist mitten in der Nacht. Könnten sie vielleicht ein wenig Rücksicht nehmen? Es gibt Menschen, die morgens früh aufstehen müssen um zu arbeiten.“ „Entschuldigen sie bitte.“, sagte Kiri kleinlaut und verbeugte sich leicht. Die Nachbarin schien damit ein wenig zufriedener, warf dann aber noch einen Seitenblick auf Nii. „Dann unterlassen sie das jetzt bitte. Oder soll ich die Polizei rufen?“ „Poliiseiiii?“, platzte es aus Nii heraus, doch Kiri legte schnell die Hand auf seinen Mund und lächelte entschuldigend. „Nein, schon in Ordnung. Tut mir leid. So etwas wird nicht wieder vorkommen.“ Er verbeugte sich noch einmal kurz und zog Nii dann mit sich in die Wohnung. Kaum war die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen, ließ er Nii wieder los und ging einen Schritt zurück. Entnervt strich er sich ein paar Haare aus dem Gesicht. „Was hat’n die Alte fürn Probleeeem?“, fragte Nii und stützte sich an der Wand ab. Kiri sah ihn an und war alles andere als begeistert. „Was hast du für ein Problem?!“ „Eeeeh?“ Nii wusste gar nicht, was er meinte. „Du kommst hier einfach her, und denkst das ist schon in Ordnung. So wie immer!“ Er holte tief Luft. „Nii, ich hab nicht umsonst mit dir Schluss gemacht.“ Nii schluckte. Er war still und versuchte die Gedanken, die er die letzten Tage mehr oder weniger erfolgreich verdrängt hatte, auch jetzt beiseite zu schieben, doch irgendwie gelang ihm das nicht so ganz. Es schien, als würden sie stundenlang schweigen, doch Nii wusste einfach nichts zu sagen. Vielleicht sollte er einfach gehen. „Zieh die Schuhe aus.“, sagte Kiri plötzlich und Nii legte die Stirn in Falten. Als er sich nicht rührte, seufzte Kiri. „Zieh sie aus, ich lass dich bestimmt nicht mit Schuhen auf die Couch.“ Auf die Couch? Er war verwirrt, aber trotzdem striff er sich die Schuhe von den Füßen und warf sie in irgendeine Ecke des Flurs. Zu mehr war er gerade nicht fähig. Dann sah er wieder zu Kiri, der ihn am Ärmel packte und mit ins Wohnzimmer zog. Nii stolperte hinter ihm her und ehe er sich versah, landete er auf dem Sofa und bekam sogar noch eine Decke übergeworfen. „Sag jetzt bloß nichts, sonst überleg ich’s mir nochmal anders!“, zischte Kiri, als Nii etwas sagen wollte, also presste er die Lippen aufeinander und nickte leicht. „Wir reden morgen.“, sagte der Jüngere noch, ehe er sich umdrehte und im Schlafzimmer verschwand. Nii hörte den Schlüssel klacken. Jetzt schließt er sogar schon ab, ging ihm trotzig durch den Kopf, aber zu mehr war er gerade echt nicht fähig. Die Couch war weich, die Decke warm, und der zu viele Alkohol tat sein Übriges und riss ihn schnell mit sich ins Land der Träume. * Als Satoshi wach wurde, wollte er gar nicht die Augen öffnen. Er wusste, dass er die letzte Nacht nicht allein verbracht hatte. Ryo war bei ihm gewesen und sie hatten sich ein wenig miteinander vergnügt. Ja, so konnte man das ausdrücken. Irgendwie erschreckte ihn der Gedanke immer noch ein wenig, dass er einen anderen Mann so angefasst hatte, aber eigentlich war es ja egal. Es war Ryo gewesen. Und es hatte ihnen beiden gefallen. War sonst noch etwas wichtig? Er unterdrückte ein Seufzen und öffnete die Augen, sah neben sich aber nur die verwaiste Bettseite, auf der Ryo geschlafen hatten. Hatte er doch, oder? Warum sollte er auch gehen, noch bevor Satoshi wach wurde? Er bemerkte das Rauschen des Wassers nebenan im Badezimmer und war doch ein wenig beruhigter. Zwar hätte er nicht unbedingt damit gerechnet, dass Ryo so etwas nun peinlich war, aber möglich sein konnte es ja. War es aber zum Glück nicht. Nebenan wurde das Wasser abgedreht und er fand, dass er so langsam auch mal aufstehen konnte, also tat er das und zog sich bequeme Klamotten über, dann ging er in die Küche. Zumindest wollte er dahin. Aber kaum hatte er seine Tür aufgemacht, blieb er stehen, denn da hockte Ryo mitten im Flur, nur mit einem Handtuch um die Hüfte geschlungen, und verteilte den Inhalt seines Koffers auf dem Boden. Er schnappte sich ein paar Klamotten und stand wieder auf, bemerkte dann auch Satoshi und sah ihn an. „Morgen.“ Er hatte ein kleines Grinsen auf den Lippen. „Morgen…“, murmelte Satoshi und konnte nicht anders als auf seinen nackten Oberkörper zu sehen, ja beinahe zu starren, aber Ryo sagte nichts dazu sondern verzog sich ins Bad und zog sich an. Einen Moment blieb er noch stehen, dann ging er weiter in die Küche und setzte erst mal Kaffe auf. Das war es, was er jetzt brauchte. Einen schönen starken Kaffee. Gerade war der fertig, da kam Ryo auch schon in die Küche und strahlte immer noch so unglaublich rum. Wie konnte man nur ständig so verdammt gut drauf sein? Satoshi war ja auch niemand, der mit Trauermiene durchs Leben ging, aber so jemand wie Ryo war ihm selten begegnet. Wenigstens färbte die Laune des Jüngeren des Öfteren auf seine Mitmenschen ab und so sorgte er fortwährend für gute Laune. Wortlos stellte Satoshi zwei Tassen Kaffee auf den Tisch und setzte sich. Ryo tat es ihm gleich und Satoshi konnte nicht anders als ihn wieder anzusehen. Der Jüngere erwiderte den Blick und irgendwie war Satoshi gerade ein wenig angespannt. Aber wirklich nur ein wenig. Was, wenn Ryo jetzt über letzte Nacht reden wollte? Oder überhaupt über das, was da zwischen ihnen war? Obwohl, das war ja irgendwie offensichtlich. Ryo hatte ihm gesagt, dass er ihn mag. Sie hatten geknutscht und sich gegenseitig einen runter geholt. Reden war vielleicht trotzdem nicht verkehrt. Aber auch nur vielleicht. Zu seiner Erleichterung sprach Ryo aber das Thema vorerst nicht an, stattdessen wollte er scheinbar noch mal über die tolle Euro Tour reden und Satoshi machte da nur zu gerne mit. Ein paar Tassen Kaffee später – Essbares war momentan leider kaum da – wollte Ryo dann auch wieder gehen. Schade irgendwie, aber nur weil sie sich mochten, mussten sie ja nicht 24 Stunden täglich aufeinander hocken. Das war sowieso nicht Satoshis Ding. Er brauchte auch mal Zeit für sich. Und da er davon in den letzten Wochen so gut wie gar keine gehabt hatte, beschwerte er sich jetzt mal nicht. Ryo hatte sich vor ein paar Minuten ein Taxi gerufen, das gleich kommen würde. Er packte also seinen ganzen Kram wieder zusammen und zog sich schon mal Schuhe und Jacke wieder an. Da klingelte es auch schon. Satoshi kam zu ihm in den Flur und lächelte. Ryo ebenso. „Danke für den Kaffee.“, grinste der Jüngere und öffnete die Wohnungstür. Satoshi lachte. „Ja. Nächstes Mal gibt’s auch was Essbares, versprochen.“ „Nächstes Mal?“, fragte Ryo und grinste. Satoshi zögerte kurz, nickte dann aber. Ein nächstes Mal würde es ja ganz bestimmt geben irgendwann. Hoffentlich bald. „Okay. Da freu ich mich drauf.“, sagte der junge Drummer und schob seinen Koffer in den Hausflur. Er selbst blieb aber noch drinnen. Satoshi wollte gerade fraden, was los ist, da kam Ryo auf einmal ganz nahe zu ihm ran. „Danke für den netten Abend.“, sagte er leise und küsste ihn kurz. Satoshi kam gar nicht dazu, etwas zu erwidern, da hatte Ryo sich seinen Koffer auch schon geschnappt und war im Fahrstuhl verschwunden. Satoshi stand noch einige Augenblicke in der Tür und blickte auf die Anzeige des Fahrstuhls. Erst als er sah, dass Ryo unten angekommen war, ging er wieder rein und schloss die Tür hinter sich. Irgendwie war er gerade doch sehr glücklich. Es war gut, dass er Ryo gesagt hatte, dass er ihn auch mochte, und zwar mehr als bloß einen Freund. Es entsprach ja der Wahrheit. Und so würde ihm das alles bald vielleicht auch nicht mehr ganz so komisch vorkommen. Nachdem er die Küche aufgeräumt hatte, wollte er gleich seinen Koffer auspacken. Das erste, was er sah, als er ins Schlafzimmer kam, waren die Wichstücher von letzter Nacht. Da wurde er doch glatt rot im Gesicht. * Am nächsten Morgen wurde Nii unsanft geweckt. Ein lautes nerviges Geräusch ertönte und er wurde so plötzlich aus dem Schlaf gerissen, dass er beinahe von der Couch fiel. Genervt wollte er sich sein Kissen auf den Kopf drücken, fand das aber nicht. Moment mal. Er war nicht in seinem Bett, sondern auf irgendeiner Couch. Also hatte er nicht bei sich geschlafen. Er presste die Augen zusammen, um die aufkommenden Kopfschmerzen zu unterdrücken, als er krampfhaft überlegte, was gestern passiert war. Sie waren einen trinken gewesen. Dass er viel zu viel gebechert hatte, wusste er dank seines hämmernden Kopfes und dem flauen Gefühl im Magen. Er wusste noch, dass er im Taxi gesessen hatte. Und dann… Plötzlich saß er kerzengerade da. Als er sich aufsetzte, durchfuhr ihn ein so heftiger Schmerz, dass er glaubte, sein Kopf würde bersten, aber das verflog zum Glück schnell wieder. Er rieb sich die Schläfen und sah sich um. Da stand Kiri und saugte das Wohnzimmer. Ein besserer Zeitpunkt war ihm wohl nicht eingefallen, was? Aber Nii würde sich nicht beschweren. Er war viel zu sehr damit beschäftigt darüber nachzudenken, warum in Gottes Namen er hier her gefahren war. Natürlich hatte er Kiri besuchen und mit ihm reden wollen, aber doch nicht so und nicht so schnell. Erst einmal hatte er sich doch etwas überlegen wollen, um den anderen wieder sanfter zu stimmen, aber das war dann mal gehörig nach hinten losgegangen. Als Kiri merkte, dass er wach war, stellte er den Staubsauger ab und sah ihn an. „Na, hast du deinen Rausch ausgeschlafen?“, fragte er bissig. Nii wusste jetzt schon, dass er sich da noch auf was einstellen konnte. Sie hatten ja oft Streit gehabt, aber immer wegen Kleinigkeiten. Und jetzt hatte Kiri Schluss gemacht, was alles andere als eine Kleinigkeit war, und anscheinend passte es ihm gar nicht, dass Nii jetzt hier war. „Würd ich nich behaupten.“, krächzte der Gitarrist und räusperte sich dann erst einmal. Seine Stimme war aber ordentlich im Eimer. „Oh, hätt ich dich etwa ausschlafen sollen? Oder noch ein schönes Frühstück machen, bevor ich dich wecke?“ Nii musste kurz grinsen. „Wäre mal ‘ne Idee gewesen.“, faselte er los, ohne wirklich drüber nachzudenken. Das war ein Fehler, denn es machte Kiri nur noch wütender. Und ein wütender Kiri war nie gut. „Nii, hör auf mit dem Blödsinn!“, murrte er und stemmte die Hände in die Hüfte. „Du kannst froh sein, dass ich dich nicht wieder rausgeworfen hab. Nach Hause hättest du’s nämlich bestimmt nicht mehr geschafft!“ „Ja, da bin ich dir auch sehr dankbar.“, sagte er leise und lehnte sich zurück, musterte Kiri etwas. Ihr erstes Wiedersehen nach der Euro Tour hatte er sich echt anders vorgestellt. „Hast du meine Blumen bekommen?“, fragte er leise und biss sich auf der Unterlippe rum. Natürlich hatte Kiri die bekommen. Die eigentliche Frage war, was er damit gemacht hatte. Hatte er sie angenommen und sich darüber gefreut, dann jedoch entschieden sich trotzdem nicht zu melden? Oder hatte er die gleich in den Mülleimer gestopft und sich die Augen ausgeheult, weil er so ein Arschloch war und ihn einfach nicht in Ruhe ließ? Er hoffte ja, dass letzteres nicht der Fall war. Dann stünde es echt arg schlimm um ihre Beziehung. „Ja, hab ich.“, sagte Kiri nach einigem Schweigen und ließ die Arme wieder sinken. Er seufzte. „Warum lässt du mich nicht einfach in Ruhe?“, kam es ganz leise über seine Lippen. Nii suchte seinen Blick, doch Kiri wandte sich ab. So typisch. „Warum machst du einfach so Schluss? Ich dachte, bei uns läuft alles gut.“ Ein kurzes, nervöses Lachen kam über die hübschen Lippen des Drummers. „Gut? Ist das dein Ernst?“ Jetzt sah er ihn wieder an, doch als Nii nickte, sah er auf seine Füße und begann, hin und her zu gehen. Auch wieder typisch. Und schlecht, denn es machte Nii nervös. „Nichts lief gut bei uns, gar nichts. Oder fandest du es normal, dass wir jeden zweiten Tag gestritten haben?“ Nii sagte nichts. Er wollte ihn nicht noch wütender machen, denn ja, irgendwie hatte er sich daran gewöhnt. An die ganzen Streitereien zwischen ihnen. Sicherlich waren ihm die auf die Nerven gefallen, aber sie hatten zum Schluss einfach mit dazu gehört. Weil Kiri ständig etwas zu meckern hatte und er einfach nie verstand, wo sein Problem war. Aber bis auf die Streits war doch alles toll gewesen. „Ich jedenfalls finde sowas nicht normal.“, sagte er und fuhr sich unruhig durch die Haare. „Du weißt, dass ich sowas nicht mag. Ich brauch Ruhe und Harmonie und du bist alles andere als ein Ruhepol.“ „Moment mal, was soll das denn heißen?“ Nii stand auf und ging ein paar Schritte auf Kiri zu. „Du machst mich nervös, Nii…“, sagte er leise. „Ich will dich hier nicht haben und jetzt bist du doch da. Geh weg, bitte.“ Weggehen würde er nicht, aber er blieb zumindest mal stehen und seufzte. „Du tust ja so, als würde ich dir weh tun wollen.“ Kiri schluckte. „Ja. Ja, du tust mir weh. Ich weiß nicht, ob du das überhaupt merkst, aber du tust mir weh. Immer wieder. Ich wollte, dass das aufhört, aber du lässt mich einfach nicht in Ruhe.“ Damit war Nii gerade überfordert. Er tat ihm weh? Aber womit denn? „Warum sollte ich dich auch in Ruhe lassen? Du hast einfach so Schluss gesagt, ohne mir zu sagen, warum. Was glaubst du, wie ich mich gefühlt hab? Was glaubst du, warum ich dir Blumen geschickt hab? Es ist ja nicht so, dass ich nur mit dir zusammen bin, weil grade niemand anders da ist.“ Er stockte. Vielleicht war das doch ein wenig hart gewesen, aber nun war es raus. Und irgendwie musste er Kiri ja verständlich machen, was er wollte. Dass er ihn noch wollte. „Wirklich?“, fragte Kiri tonlos und er blieb tatsächlich mal stehen. Nii schluckte. Dachte er wirklich, dass er nur aus Bequemlichkeit bei ihm war? Wie kam er denn auf sowas? Er zögerte, ging dann aber zu Kiri und blieb vor ihm stehen. Er wich seinem Blick aus. Nie sah er ihn an, wenn sie stritten. Vorsichtig legte Nii seine Hand an Kiris Wange, doch der wich vor der Berührung zurück. Seine Unterlippe zitterte. Also dachte er das wirklich… „Manchmal… da hab ich echt das Gefühl, dass du mich liebst.“, sagte Kiri leise und schniefte. Nii konnte kaum glauben, was er da hörte. „A-aber… du bist immer so… Du bist… Du tust mir weh, so oft. Zu oft. Ich kann das nicht mehr…“ Er drehte sich weg, aber Nii griff nach seinem Handgelenk und hielt ihn fest, zog ihn sogar näher zu sich. „Ich weiß zwar nicht, wie ich dir immer weh tue, aber… wenn es so schlimm ist und du mich wirklich nicht mehr sehen willst, warum hast du dann gestern überhaupt die Tür aufgemacht?“ Kiri versuchte sich aus seinem Griff zu lösen, doch Nii hielt ihn fest. Er wollte nicht, dass er immer davon lief, vor allem nicht jetzt. Er wollte endlich wissen, was los war. „Warum hast du mich nicht einfach stehen lassen?“ Ein gequälter Ausdruck huschte über Kiris Gesicht und er war kurz davor, einfach loszuheulen. Er wollte weg, aber Nii ließ nicht locker. „Weil ich dich liebe, du Idiot.“ Eine kleine Träne rann über Kiris Wange. Er sah so zerbrechlich aus, so hilflos. Nii konnte nicht anders, als ihn zu küssen. Er legte seine Lippen beinahe vorsichtig auf die von Kiri und anders als erwartet, blieb der sogar stehen und hielt still. Diese Lippen hatte er so sehr vermisst. Zu gerne hätte er ihn richtig geküsst, doch das war jetzt bestimmt nicht die beste Idee, also löste er sich bald wieder und sah Kiri an. Jetzt hatte er keine Angst mehr, dass er weg lief, also ließ er sogar sein Handgelenk los, und strich stattdessen vorsichtig über Kiris Wange, der unter der Berührung leicht zusammenzuckte. „Ist jetzt alles wieder gut?“, fragte Nii mit einem vorsichtigen Lächeln, doch da hatte er sich wohl zu früh gefreut. Kiri scheuerte ihm eine, dass seine Kopfschmerzen, die beinahe schon weg gewesen waren, in voller Kraft zurückkehrten, und schubste ihn von sich. „Du bist doch bescheuert!“, rief der Jüngere. „Glaubst du, ein Kuss macht alles wieder gut?!“ Fassungslos sah Nii ihn an. Er war unfähig, jetzt auch nur einen Ton rauszukriegen. So zurückhaltend und unsicher Kiri eben auch noch gewesen war, jetzt war er das definitiv nicht mehr. Er schob Nii durch seine Wohnung, und ehe der sich versah, stand er auch schon vor der Wohnungstür, die sein Freund ihm geräuschvoll vor der Nase zu knallte. Das musste er jetzt erst mal verdauen. Nii starrte auf die Tür und rang nach Worten, doch irgendwie war alles weg. Er konnte einfach nicht fassen, was da eben passiert war. Er hatte ihn doch nur geküsst! Genau solche Küsse schafften es doch sonst auch, Kiri wieder zu beruhigen. Und jetzt? Er schluckte schwer. Und wollte gerade gehen, als sich die Tür wider Erwarten noch einmal öffnete. Hoffnungsvoll sah er Kiri an, der ihm aber nur seine Schuhe vor die Füße warf und dann wieder hinter der hellen Holztür verschwunden war. „Kiri…“, sagte er leise und versuchte, erst mal überhaupt wieder einen klaren Gedanken zu fassen. „VERSCHWINDE!“, brüllte Angesprochener auf der anderen Seite der Tür und das war Nii für den Augenblick genug. Er zog sich seine Schuhe an und verschwand, auch wenn er glaubte, ein verräterisches Schluchzen aus Kiris Wohnung gehört zu haben. Jetzt musste er weg von hier. Als er an die frische Luft kam, tat er einen tiefen Atemzug. Jetzt hatten sie zwar geredet, aber schlauer war er deswegen immer noch nicht. Und er fühlte sich verdammt beschissen. ____________ So, das war doch mal ne Menge mit Nii, oder? Auch wenn viele vielleicht anderes gehofft hatten. Wo bliebe denn der Spaß, wenn alles gleich wieder Friede Freude Eierkuchen wäre ;P Es ist jetzt 03:11 und nicht mal mehr eine Stunde, bis die V-ROCK live Übertragung anfängt. yeah ** Allen, die das auch gucken, wünsch ich viel Spaß dabei x] (Schlaf - was ist das? XD) Sorry Isi, dass deine Schlechtwetterfresse es nicht mit rein geschafft hat! XD Kommis? :3 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)