Liebe ist tödlich von Zyra (Kaibas Maxime. Irrtum ausgeschlossen?) ================================================================================ Kapitel 4: Freund ----------------- Kapitel 4: Freund Miss Zedama räusperte sich. „Tsuki.“ „‘Schuldigung! Kommt nicht wieder vor!“, flötete er gutgelaunt. „Das darf doch wohl nicht wahr sein!“ Fäuste knallten auf den Tisch. Im nächsten Moment sprang der Köter wutentbrannt auf. „Miss Zedama, das ist nicht fair!“ „Falls du es noch nicht mitbekommen haben solltest, dieser Test bestimmt die Partner nicht danach, wer wem am häufigsten auf den Arsch gestarrt hat“ , erklärte Tsuki in einer seltsamen Mischung aus Überheblichkeit und Missmut. „ Wenn es so wäre, da gebe ich dir recht, hättest du natürlich die besten Chancen gehabt.“ Wie bitte? Wheeler hatte mir ... Warum hatte ich das nicht bemerkt? Vielleicht war ich zu beschäftigt damit gewesen, ihn zu ignorieren, dass ich auch das nicht realisiert hatte. Was erlaubte er sich überhaupt? „Wie war das?“, fragte er überrumpelt. „Ich denke, du hast mich schon verstanden.“ „Ach ja, ich starr ihm also auf den Arsch?“ „Ja, bei jeder sich bietenden Gelegenheit und das noch nicht mal unauffällig!“ „Und was machst du die ganze Zeit?“ „Du wirst es mir bestimmt gleich sagen.“ „Du tust so, als wäre er viel wichtiger, als er ist. Du versuchst dich die ganze Zeit bei ihm einzuschleimen, weil er reich ist und du Geld brauchst.“ Tsuki starrte ihn einen Moment ungläubig an. „Ach du Schande, jetzt hast du mich aber ertappt“, sagte er ironisch. „Ich bin ja sowas von pleite!“ Fehlte nur noch, dass er sich entsetzt eine Hand vor den Mund schlug. Ich erinnerte mich an die schwarze Zahl auf einem seiner neueren Kontoauszüge und fand seine Ironie schon fast unangebracht gering. Er konnte einen noch so sehr ausschweifenden Lebensstil führen, mittellos wäre er jetzt mit Sicherheit noch nicht. „Aber eigentlich versuchst du mit allen Mitteln, ihn ins Bett zu bekommen“, erklärte Wheeler neunmalklug. Die Ironie schien er völlig überhört zu haben. Einen Moment fragte ich mich, ob meine Wahrnehmung total abgestumpft war. Nein. Der Streuner war der Trottel. Tsukis spöttisches, schallendes Lachen bestätigte mich in meiner Meinung. „Wenn ich wirklich mit allen Mitteln versuchen würde, mit ihm zu schlafen, dann hätte ich das schon getan!“ Einen Augenblick herrschte Stille. Wheeler starrte Tsuki perplex an. Und der Rest der Klasse hatte wohl die wildesten Fantasien, welche Mittel er meinen könnte. Zu meiner Schande musste ich mir eingestehen, dass es mir genauso ging. Auch wenn es absolut irrelevant war und auch niemals relevant sein würde, fragte ich mich wie Tsuki dachte, mich ins Bett bekommen zu können. „Das glaubst du doch selbst nicht“, brachte Wheeler irgendwann hervor. „Oh doch!“ Das klang überzeugt. Betrachtete man das, was ich bis jetzt über ihn gehört hatte und was ich täglich selbst erlebte, gab es tatsächlich etliche Gründe dafür. „Und warum hängst du dann an seinen Lippen, als würde er Gold labern? Hä?“ „Wo-oh, Moment mal. Verdreh hier keine Tatsachen. Du warst es, der am Dienstagmorgen förmlich an seinen Lippen klebte.“ Was – zum Teufel – tat – er da? Er stellte mich bloß. Es hatte nie jemand davon erfahren sollen, was genau am Dienstagmorgen passiert war. Meinem Ruf schadete die Aktion so schon genug. Ganz toll. Der Köter sah ihn aus großen Augen an. „Woher weißt du das? Der reiche Pinkel hat es dir bestimmt nicht erzählt.“ „Nein, das hat er nicht. Das war auch nicht nötig. Ich kann eins und eins zusammenzählen. Im Gegensatz zu dir. Dir scheint gar nicht in den Sinn zu kommen, dass ich ihn einfach gerne mag. Du bist der Meinung, man kann ihn entweder hassen oder lieben. Nein, was red‘ ich denn da. Am besten noch beides gleichzeitig. Einen Kuss nehmen und ihm ein Erlebnis geben, das vergleichbar damit ist, einen Aschenbecher auszulecken. Prima. Du bist so –“ Ehe sich Tsuki noch weiter in Rage reden konnte, unterbrach Miss Zedama ihn – was wahrscheinlich auch gut für mich war: „Tsuki, das reicht. Setz dich hin.“ Murrend tat er wie geheißen. Neben mir ließ er sich auf seinen Stuhl plumpsen. Er murmelte ununterbrochen vor sich hin. Ich verstand kein Wort, aber es war unverkennbar, dass es keine Freundlichkeiten waren. „Seto, stimmt es, dass ein Kuss von Joey dafür verantwortlich war, dass du dich übergeben musstest?“, wendete sich Miss Zedama nun an mich. Na herrlich. War das erniedrigend. Schon fast so sehr, wie die Tatsache selbst, dass ich brechen musste, nachdem Wheeler mich geküsst hatte. Es machte mich lächerlich. Kaiba Seto kotzt nach einem Kuss von einem Raucher. Wie hörte sich das denn an. Grotesk. Aber das eigentlich der Pfefferminzgeschmack der Auslöser gewesen war, würde ich bestimmt nicht zugeben, das würde nur zu noch demütigeren Fragen führen. „Ja“, antwortete ich. „Tsukis Vergleich erscheint mir ziemlich treffend.“ Miss Zedama zog missmutig die Augenbrauen zusammen. „Mister Wheeler, auf ein Wort! Vor die Tür.“ Das war schon einmal etwas. Anschiss von oben. Vielleicht würde er ja einen Verweis bekommen. Möglicherweise sogar zwei. Rauchen war an der Schule schließlich verboten. Obwohl sie ihm meines Wissens nicht nachweisen konnten, dass er auf den Schulgelände geraucht hatte. Befriedigend war es allerdings keinesfalls. „Was sollte das?“, zischte ich meinen Sitznachbarn an, als Miss Zedama und der Köter den Raum verlassen hatten. Tsuki unterbrach sein Gemurmel. Aus großen Augen schaute er mich an. Er schien erst jetzt zu begreifen, was er getan hatte. „Tut mir Leid“, antwortete er. „Ich hab einfach gekontert und nicht nachgedacht. Ich wollte dich nicht bloßstellen.“ „Mach das nicht wieder!“, forderte ich, obwohl mich seine Worte besänftigt hatten. Aus irgendeinem Grund war es eine Erleichterung, dass er es nicht mit Absicht getan hatte. Es ärgerte mich, dass er mich in einem solchen Maß beeinflussen konnte. Zudem verstand ich nicht, warum ihm das gelang. Was schlechte Voraussetzungen waren, um etwas dagegen zu tun. In diesem Moment schien mich aber auch das nicht zu stören. Ich nahm Tsuki den Zettel aus der Hand. Er sah mich entschuldigend an, und begann wieder leise zu fluchen. Ich konnte mir nicht erklären, warum er sich so sehr über den Köter aufregte. Die schlechte Laune passte nicht zu ihm. Ich gestand es mir nicht gerne ein, aber irgendwie hatte ich mich an seine Heiterkeit gewöhnt. „Wenn es dir weiterhilft: Die Besenkammer ist rechts am anderen Ende des Flurs.“ Einen Moment sah er mich wieder aus großen Augen an, dann brach er in schallendes Gelächter aus. Jetzt klang er wieder so fröhlich, wie er es häufig war. ... Sollte ich mich darüber freuen, dass ich ihm anscheinend etwas bedeutete? Ich beschloss, es jetzt nicht weiter zu vertiefen, stattdessen besah ich mir die Aufgabenstellung: Gruppe 1: Aozora Tsuki und Kaiba Seto Fächerübergreifend: Sprachen, Kunst, Musik 1. Schreiben Sie aus weiblicher Sicht ein Lied über die Themen Liebe und Eifersucht. 2. Verfassen Sie dazu eine Melodie mit Akkorden. 3. Verbildlichen Sie sowohl Text als auch Musik in einem Werk. ... Ganz großartig. Ich hatte mir die Sprachen ausgesucht. Aus weiblicher Sicht – das war ohne Frage die besondere Schwierigkeit. Wie sollte ich das denn bewerkstelligen? Allein die Aufgabe ein Liebeslied zu schreiben, spottete schon jeglicher Beschreibung. Ich war nie gut darin gewesen, Gefühle auszudrücken. Ein Beziehungsmensch war ich schon gar nicht. Und jetzt sollte ich einen Text über Liebe und Eifersucht schreiben. Umwerfend. Im Grunde genommen konnte das nur in einer Katastrophe enden. Ich sah meine Punktzahl schon regelrecht den Bach runter rattern. Wäre ich der Meinung, es gäbe Wunder, würde ich mir jetzt wahrscheinlich sehnlichst eins herbeisehnen. Aber so ... Warum verweigerte ich nicht gleich die Aufgabe? Weil ein Kaiba Seto in kurzer Zeit niemals zweimal kniff. *** Die Auseinandersetzungen zwischen Tsuki und dem Köter standen von da an auf der Tagesordnung. Ich begriff weder warum Tsuki sich immer wieder darauf einließ, noch warum er dabei regelmäßig seine Kontrolle verlor. Letztendlich war es mir egal. Es war zugegebenermaßen oftmals recht amüsant, dabei zuzusehen und schließlich ging es nicht mehr um mich. Das dachte ich jedenfalls, bis Tsuki in einer Pause plötzlich vor mir stand und mir kleinlaut erklärte, der Köter hätte ihn dazu gebracht, einem Duell zuzustimmen, dessen Gewinner versuchen durfte, mich zu verführen. Im ersten Moment war ich sprachlos. Allein der Wettinhalt war haarsträubend, und dazu kam auch noch, dass Tsuki sich nicht sonderlich für Duell Monsters interessierte. Mir war immer noch schleierhaft, wie er das Duell gegen den Köter gewinnen konnte. Obwohl ich ihm ausführlich die Regeln erläutert hatte, obwohl ich ihm mein Deck geliehen hatte und obwohl Wheeler ein drittklassiger Duellant war, hätte Tsuki logisch betrachtet verlieren müssen. Wahrscheinlich hatten Wheelers Überheblichkeit und sein jämmerliches, auf Glück basierendes Deck Tsuki diesen Sieg geschenkt. Nicht dass es mich störte. Der Köter war unter normalen Umständen schon nervig genug, da musste er nicht auch noch lächerliche Versuche starten, mich zu verführen. Das wäre wirklich enervierend geworden. Tsuki war mir seitdem aus dem Weg gegangen. Er hatte sich nur noch mal für die Umstände entschuldigt und sich für meine Hilfe bedankt, danach hatte er sich mehr oder weniger in seinem Zimmer verbarrikadiert. Ich schätzte, dass er die Sache einfach unter den Tisch fallen lassen würde. So war auch das Problem erledigt. Eigentlich war alles geklärt, was irgendeine Relevanz hatte. Dennoch rekapitulierte ich die Geschehnisse immer und immer wieder, schon seit mehreren Tagen. Meine Wut, übergangen worden zu sein, war sicherlich nicht der Grund. Die hatte sich schon ein paar Stunden nach dem Duell gelegt. Begeistert war ich von den Ereignissen selbstverständlich immer noch nicht, aber es hatte keine schwerwiegenden Konsequenzen gehabt. Also war es unsinnig, Energie darauf zu verschwenden, sich aufzuregen. Zumal ich mir sehr sicher war, dass Tsuki wusste, dass ich von seinem Handeln nicht angetan war, und dass er klug genug war, es nicht wieder zu tun. Es war etwas anderes. Ich fragte mich fortwährend, wie es dazu gekommen war. Wieso es mich interessierte, war mir schleierhaft. Es war nicht wichtig. Die Situation war bereinigt. Das Duell würde keine Folgen haben. Demnach sollte das Thema abgeschlossen sein. Hellwach drehte ich mich auf die andere Seite. Es war kurz nach halb eins. Es wäre wirklich angebrachter zu schlafen, als mir unnötige Gedanken zu machen. Eigentlich. Denn, obwohl das eine Tatsache war, lag ich in meinem Bett und grübelte, warum Tsuki sich auf ein Duell mit diesem Wettinhalt eingelassen hatte. Dachte er, mich beschützen zu müssen, das ich dazu selbst nicht in der Lage war? Lag ihm mehr an mir, als ich bisher gedacht hatte? Oder war das seine Art, mich zu ärgern? Über seine Andeutungen, dass ich ihm etwas bedeutete, hatte ich ebenfalls nachgedacht, aber ich konnte nicht einordnen, ob es sein Ernst gewesen war. Ich fand schlicht keine Antwort. Egal, wie sehr ich sein Verhalten mir gegenüber unter die Lupe nahm, ich fand keine Beweise für irgendeine Theorie. Ich verstand ihn nicht. Nachdem mehrere Versuche, das Thema zu verdrängen und einzuschlafen, scheiterten, beschloss ich aufzustehen. Ich ging in mein kleines Fernsehzimmer hinüber. Vielleicht würde ich so auf andere Gedanken kommen und einschlafen können. Den Fernseher und Verstärker angemacht, streckte ich mich auf der einen Seite des L-Förmigen Sofas aus und begann durch die Programme zu schalten. *** „Kannst du nicht schlafen?“ Es fehlte nicht viel und ich wäre zusammen gezuckt. Was tat er hier? Da wollte ich ihn und sein nicht nachvollziehbares Verhalten aus meinem Kopf vertreiben, und er tauchte auf. Toll. „Nein.“ „Kann ich dir irgendwie helfen?“ Ohne auf eine Antwort zu warten, kam er um das Sofa herum und ließ sich neben mir nieder. Ja, in dem du verschwindest. „Nein.“ Er seufzte. „Ist es wegen des Duells?“ „Ist was wegen des Duells?“ Ich versuchte, mich auf den Fernseher zu konzentrieren. Gelingen wollte es mir nicht. „Dass du nicht schlafen kannst.“ „Nein.“ Gut, das war gelogen. Aber egal. Hauptsache er ging wieder. „Du bist sauer auf mich wegen des Wettinhalts. Hör zu, ich wollte nur helfen –“ „Was ist so schwer daran zu begreifen, dass ich alleine klar komme. Ich kann mich selbst verteidigen. Ich brauche keinen Babysitter, der jeden Konflikt für mich ausfechtet.“ Das erste Mal an diesem Abend sah ich ihn an. Seine Haare waren etwas zerzaust und einige Strähnen hingen ihm im Gesicht. Er trug ein einfaches T-Shirt und eine Jogginghose. Die grünen Augen blickten mich entschuldigend an. Er wirkte niedergeschlagen, bedrückt. Sein Anblick milderte meine Wut, auch wenn ich nicht wusste warum. „Das weiß ich. Ich kann verstehen, dass du nicht gut auf mich zu sprechen bist. Es ist mir auch klar, dass die Aktion absolut unnötig und unüberlegt war. Es ist nur so, dass –“ Es war das erste Mal, seitdem ich Tsuki kannte, dass er von sich aus einen Satz abbrach. Ich kam meiner Antwort näher. Auch wenn es untypisch für mich war, neugierig zu sein, sah ich darin im Moment die beste Möglichkeit, heute noch zu Schlaf zu kommen. Und seltsamerweise interessierte es mich wirklich. Aus irgendeinem Grund konnte ich nicht genug über ihn erfahren. Wahrscheinlich weil es mir missfiel, ihn nicht durchschauen zu können. „Ich höre“, antwortete ich, bemüht emotionslos zu klingen. Tsuki lächelte traurig. „Ich habe in den letzten Jahren einige Menschen verloren, die mir sehr am Herzen lagen. Jetzt hab ich Angst, dass du der Nächste bist. Ich weiß, dass sie ziemlich unbegründet ist, besonders, wenn es um jemanden wie Wheeler Joey geht – er hat zwar ne große Klappe und handelt des Öfteren unüberlegt, aber im Grunde will er dich nicht verletzten. Wahrscheinlich wirst du sogar besser mit ihm fertig als ich. Jedenfalls weckt diese Angst meinen Beschützerinstinkt, wenn auch nur die geringste Gefahr besteht, dass dich jemand verletzten könnte. Es tut mir Leid, dass ich dir dadurch schon mehrmals auf die Füße getreten bin.“ Kurzgesagt: Er empfand bei der kleinsten Gefahr eine irrationale Angst, jemand könnte mich verletzen. Ich musste gestehen, mit derartigen hatte ich nicht gerechnet. Ich wusste nicht warum, aber ich glaubte ihm. Auch wenn es absurd klang, dass jemand mich dermaßen mochte. Es verwirrte mich regelrecht, dass ich ihm anscheinend so wichtig war. Ich konnte nicht nachvollziehen warum. Davon abgesehen wusste ich nicht, wie ich damit umgehen sollte. Ich war nicht gut in Dingen, die zwischenmenschliche Beziehungen betrafen. Es war mir auch nie wichtig gewesen, übermäßig Kontakt mit Anderen zu haben. Ich hatte Mokuba, und der verstand mich meistens auch ohne Worte. Jemand anderen hatte ich in meiner Nähe nie gebraucht. Und jetzt? Änderte sich das? Mit Tsuki. Wollte ich überhaupt eine Änderung? Sacht spürte ich Fingerspitzen an meinem Arm. Wieder fehlte nicht viel und ich wäre zusammengezuckt. Die Berührung war ganz leicht, so als würde er um Erlaubnis fragen, mich anfassen zu dürfen. Die Wärme war angenehm, tröstlich. ... Wie kam ich denn auf den Gedanken? Und warum protestierte ich nicht? Oder entzog ihm zumindest den Arm? „Seto.“ Tsuki legte seine ganze Hand auf meinen Arm. „Ich wollte dich nicht kränken oder dir irgendwie den Eindruck vermitteln, ich zweifele an deinen Fähigkeiten. Ich hatte Angst und ich verspreche dir, ich werde mich bemühen, sie zu unterdrücken, aber gebe mir bitte die Chance, ein Freund zu sein.“ „Warum?“ Ehe ich mich zurückhalten konnte, war die ganze Frage heraus. „Warum magst du mich?“ Er blinzelte überrascht. „Ist das ein Verbrechen?“ „Nein, wenn es ehrlich ist nicht.“ Ich fragte mich, warum ich ihm das erzählte. Weil ich Ehrlichkeit schätzte? „Es ist ehrlich, glaub mir.“ Tsuki lächelte leicht. Er drückte leicht meinen Arm und zog seine Hand zurück. Ich strafte mich für den Gedanken, aber ich vermisste die Wärme schon jetzt. „Auch wenn ich nicht genau sagen kann warum. Als ich dich kennenlernte, hast du mich unglaublich fasziniert. Obwohl du dich in einer so ... unkomfortabelen Situation befandest, hast du immer noch eine gewisse Stärke und Souveränität ausgestrahlt. Und je besser ich dich kennenlernte, desto mehr hab ich dich ins Herz geschlossen. Ich bewundere es, wie du es schaffst eine gewisse Distanz zwischen dich und Geschehnisse zu bringen, sodass du die Dinge relativ objektiv beurteilen kannst. Ich mag deinen Humor, deine Ehrlichkeit und Fairness. Ich mag, dass du mich immer wieder überraschst und dass ich dich nicht richtig durchschauen kann. Ich hab einfach den Menschen Kaiba Seto gern!“ Ich gab es nicht gerne zu, aber seine Worte schmeichelten mir. Ich wollte sie gern glauben, aber ich sträubte mich dagegen. Ein gewisses Maß an Misstrauen war mir angeboren. Ich war mir nicht sicher, ob er mich vielleicht belog. „Warum bist du so gut in deinem Beruf?“, fragte ich deshalb. Tsuki sah mich verwirrt an. Er durchschaute die Frage nicht. Ein wenig legte sich das Misstrauen. „Ich denke, weil ich eine gute Menschenkenntnis habe“, antwortete er, obwohl er den Zusammenhang nicht verstand. „Ich erfasse schnell, was für Wünsche mein Gegenüber hat und bin gut darin, sie zu erfüllen.“ Er stockte. „Oh nein. Du irrst dich, wenn du denkst, ich hätte dir nur das erzählt, von dem ich glaube, dass du es hören willst. Ich weiß nicht mal, was das ist. Ich durchschaue dich nicht, und selbst wenn ich es tät, hätte ich dir genau dasselbe gesagt“, endete er energisch. Ich glaubte ihm. Er war zwar ein guter Schauspieler, aber das traute ich ihm nicht zu. Ganz zu schweigen davon, dass er nicht der Typ dafür war, jemanden so zu belügen. So gut kannte ich ihn dann doch. Nun stellte sich ernsthaft die Frage, ob ich sein Freund sein wollte. Ich war mir unsicher. Bisher hatte ich nie das Bedürfnis gehabt, Freunde zu haben. Ich kam auch ohne zurecht – und das sehr gut. Aber bewies nicht allein die Tatsache, dass ich überhaupt über die Frage nachdachte, dass ich ihm ein bestimmtes Vertrauen entgegenbrachte und mir die Freundschaft ebenfalls wünschte? Mokuba sagte immer wieder, dass ich mehr auf mein Herz hören sollte, nicht nur auf meinen Verstand. Bislang hatte ich das für lächerlich gehalten. Das Herz sprach nicht und rational begründete Entscheidungen treffen, konnte es erst recht nicht. Dennoch hatte ich jetzt zum ersten Mal das Gefühl, diesen Ausspruch zu verstehen. Ich konnte nicht begründen, warum eine Freundschaft gut sein könnte, aber ich spürte, dass sie mein Wunsch war. „Du bekommst deine Chance.“ Tsuki strahlte über das ganze Gesicht. Ich begann zu ahnen, dass es das Richtige gewesen war. Nicht nur für ihn. 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