Koi no Mega Lover von Yuu- ================================================================================ Kapitel 1: Liebe ist die Fähigkeit, Ähnliches an Unähnlichem wahrzunehmen ------------------------------------------------------------------------- Auf diesem großen Planeten gibt es immer nur eine Hand voll Menschen, mit denen du jeden Blödsinn anstellen und denen du wirklich alles erzählen würdest, und wenn es noch so unwichtig und sinnlos erscheint. Und dann gibt es immer einen Menschen, dem du sowohl Körper als auch Seele verschrieben hast. Wenn du Glück hast, dann erwidert diese Person deine Gefühle und ihr werdet glücklich bis an euer Lebensende. Mein Name ist Shougo und ich gehe in die 12. Klasse der Oshienoniwa Oberschule für Jungen. Man erkennt mich an meiner auffälligen Mütze, die zu jeder Jahreszeit mein Haupt ziert und wegen der ich den Spitznamen ‚Bommel’ trage. Zusammen mit meinen Freunden Reita, dessen Markenzeichen dieser ausgefallene Nasentanga ist, SAN mit den blauen Haaren und Genki, der im wahrsten Sinne des Wortes mit gespaltener Zunge spricht, meistern wir unser letztes Schuljahr dort gemeinsam. Von unseren Klassenkameraden werden wir liebevoll als „Freaks“ bezeichnet, womit wir uns aber schon in der Mittelschule abgefunden haben. Momentan ist große Mittagspause und wir befinden uns auf dem Schulhof, wo sich Genki schon wieder mal am laufenden Bande über Reita und SAN beschwert, die an nichts Anderem Interessiert sind, als an der Zunge des jeweils Anderen. Die beiden haben im letzten Schuljahr doch noch zusammen gefunden und sind noch immer in ihrer Frisch-Verliebt-Phase, die sie wohl auch so bald nicht verlassen werden. Ich beneide die beiden. Das war so ein typischer Fall von gesucht und gefunden. Gern würde ich, so wie SAN, auf dem Schoß meines Liebsten sitzen und mit ihm heiße Küsse austauschen. Aber das es dazu niemals kommen wird, brauche ich euch ja nicht zu erzählen. Warum? Weil ich mich in einen Jungen verliebt habe, von dessen Liga ich mich mindestens eine Drillarden Meilen weg befinde. Als mein Blick wieder über den eingezäunten Schulhof schweift, fällt er mir auch sofort wieder ins Auge. Sein Name ist Jui. Er geht in die Parallelklasse, ist Schulsprecher und darüber hinaus Kapitän der Cheerleadertruppe, die unter Anderem aus Miyavi, einem in seiner Kindheit wohl zu oft auf den Kopf gefallenen Spinner, Uruha, der scheinbar gerne die abgetragenen Klamotten seiner kleinen (!) Schwester trägt, die ihm natürlich an allen Ecken und Kanten deutlich zu kurz sind und K.T, einem Katzen liebenden Irren besteht. Das sind die ‚coolen Kids’, welche nicht mit jedem abhängen würden, schon gar nicht mit so einer Freakshow wie uns. „Ernsthaft, könnt ihr euch kein Zimmer nehmen?! Das ist ja widerlich.“ Der Trend zur Homosexualität ist an Genki wohl spurlos vorbei gegangen, und das obwohl wir uns auf einer reinen Jungenschule befinden. Aber er selbst behauptet ja, sich nur für Frauen zu interessieren und das, so sagt er selbst, könne ihm auch kein Trend der Welt austreiben. „Aber Tongue hat Recht. Es wäre wirklich schön, wenn ihr euch mal wieder mehr an unseren Gesprächen beteiligen könntet.“, mische ich mich ein und bekomme verständnislose Blicke zu geworfen. „Ihr seid doch nur neidisch, weil euch keiner will.“, entgegnet Reita zunächst, löst sich aber dann doch Widerwillen von seinem Freund mit den blauen Haaren. Was mich betrifft, hat Reita mit seiner Aussage nicht ganz Unrecht. Ich meine, ich bin tatsächlich ein bisschen neidisch. Liebend gerne würde ich dasselbe mit einem gewissen Kapitän der Cheerleader tun und darüber hinaus noch viel mehr versaute Dinge. Aber darauf, dass er mich überhaupt wahrnimmt, werde ich wohl noch Jahrzehnte warten. Außerdem ist er momentan sowieso mit Daisuke, dem Schönling und Fußballspieler aus unserer Klasse, zusammen. „Du bist aber auch nicht viel besser, Bommel. Jedes mal gaffst du zu den Cheerleadern und ich darf dir dann beim Sabbern zusehen.“ mault Genki mich an. „Dein Rumgemaule geht auf den Keks, Tongue. In meinen Augen gehörst du einfach mal wieder ordentlich durchgefickt!“ entgegnet SAN grinsend und wuschelt durch das helle Haar des daraufhin sehr grimmig Guckenden. „Ach sei ruhig. Ich geh in die Cafeteria. Das ist mir eindeutig alles zu schwul hier.“ Als Genki im Gebäude verschwunden ist, spüre ich auch schon Reitas Ellenbogen unsanft in meinen Rippen. „Willst du uns nicht endlich mal verraten, wer es dir denn genau von den Cheerleadern angetan hat?“ Er grinst mich an und lässt seine Augenbrauen wippen, ehe ich, rot geworden, zu Boden sehe. „Jui…“ Verlegen scharre ich im Boden herum, während ich deutlich spüre, wie mich zwei ungläubige Blicke mustern. „Jui?! Das ist nicht dein Ernst, oder?“ SANs Stimme hätte sich beinahe überschlagen, wenn er noch eine Oktave höher gesprochen hätte. „Aber ehrlich, was willst du denn mit der Bitch? Ich meine, der hat doch schon so ziemlich jeden gutaussehenden 12.-klässler durch.“, meint Reita und hat noch im selben Moment ein zustimmendes Nicken seines Freundes erhalten. „Noseless hat Recht. Außerdem ist er an Freaks sowieso nicht interessiert.“ „Wie schön, dass ihr mich daran erinnert.“, meine ich wütend, beende meine Pause frühzeitig und trample angepisst in das Klassenzimmer zurück, in dem überraschenderweise auch schon Genki zwischen all den Strebern und Daisuke sitzt. Ich setze mich also auf meinen Platz, krame einen Manga aus meiner Tasche und entschließe mich, ihn zu lesen, als sich just in diesem Moment meine Blase als Voll meldet. Also lege ich den Manga auf den Tisch und erhebe mich wieder. Der Idiot, der unser Schulgebäude entworfen hat, muss den Sicherheitsinspektor genagelt oder anderweitig bestochen haben, denn eigentlich haben Klassenzimmertüren nach außen aufzugehen. Das dies hier nicht der Fall ist, ist mir schmerzlich in die Erinnerung zurück gerufen worden, als ich die Tür mit voller Wucht im Gesicht kleben habe und daraufhin zu Boden gefallen bin. „Oh tut mir leid~.“ Diese Stimme kenne ich doch. Ist das nicht? Ich blicke nach oben und traue meinen Augen nicht. Es ist tatsächlich Jui. „Warte, ich helf dir auf.“ Meint er schließlich und reicht mir doch tatsächlich seine Hand. Ich, natürlich unfähig mich zu bewegen, sitze hier unten und gaffe zu dem gut aussehenden Blondschopf nach oben, der heute ausnahmsweise auch noch einen Rock trägt. „Oh Gott, du blutest ja!“ hallt es im nächsten Moment durch das Klassenzimmer, und ich werde knallrot. Glücklicherweise beschuldigst du mein Zusammenprallen mit der Tür an meinem Nasenbluten schuld zu sein, merkst nicht, dass diese Reaktion eigentlich auf dich und deine heiße Unterwäsche zurückzuführen ist. Hastig richte ich mich auf, woraufhin Jui gleich mit einem Taschentuch bewaffnet das Blut von meiner Nase wischt und sich tausendmal entschuldigt. Ich liebe diese Stimme. Sie animiert mich auch zu so einigem, aber weniger zu dem, wozu sie zum Beispiel das Fußballteam animieren will. „Jui, lass den Freak doch verbluten, sag mir lieber, was du hier willst.“ Ich habe es zwar nicht bemerkt, aber Daisuke war aufgestanden und hatte sich eben eingemischt. Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass ich ihn dafür gehasst habe. Natürlich habe ich das zu keinem Zeitpunkt laut erwähnt, stehe nun wie angewurzelt zwischen den beiden und sehe hin und her. Ich habe es so im Gefühl, das sich da etwas zusammenbraut. In diesem Moment ertönt aber auch schon die Schulgocke und Jui seufzt entnervt. „Ich erzähl es dir in der Pause, mein Schatz!“ Mit diesen Worten beugt er sich kurz zu dem Schwarzhaarigen hinüber und haucht ihm einen Kuss auf die Wange. „Und noch mal Sorry wegen deiner Nase. Übrigens – ich mag deine Mütze!“ Er zwinkert mir zu und hechtet in das Klassenzimmer nebenan, was sich jedoch als etwas schwerer erweist, als geplant, da ihm ja dutzende von Schüler entgegen kommen. Aber mir ist das ganze Recht, so kann ich meinen Blick wenigstens länger so perplex auf ihm gerichtet lassen. „Alter, du stehst im Weg.“ Noch bevor ich darauf reagieren kann, hat man mich mit einem kräftigen Schubser aus dem Weg geräumt. Zu meinem Glück lande ich nicht gleich wieder auf meinen vier Buchstaben. Dem Unterricht nach so einem Szenario zu folgen ist echt schwer. Immerhin hat mich Jui endlich beachtet. Gut, er hat mir dazu erst eine halbe Gehirnerschütterung verpassen müssen, aber immerhin – er hat mich beachtet! UND er fand meine Mütze toll. Die Mütze, die mich damals offiziell zum Freak abgestempelt hat. Besser kann es doch gar nicht mehr werden, oder? „Wegen einer Lehrerkonferenz entfallen heute die letzten beiden Stunden.“ Oh doch, es kann! „Hört mal Jungs. Wo wir doch schon so zeitig Schulschluss haben, wollen wir den Jungs nicht noch ein bisschen beim Spielen zuschauen?“ schlage ich vor als ich beim Verlassen des Schulgebäudes sehe, dass die Fußballer den Sportplatz belegen. „Das ist eine tolle Idee!“ entgegnen mir Reita und Genki fast zeitgleich, als sie noch im nächsten Moment losrennen und mich mit SAN zurück lassen. Ihr müsst wissen, dass die Beiden große Fußballfans sind, aber leider selbst viel zu unsportlich sind um ein Teil des Teams sein zu können. Natürlich geht es MIR nicht um die Fußballer, sondern um die Cheerleader. Vielmehr um einen Bestimmten. Jui. Das hat natürlich auch SAN gleich begriffen und grinst mich seither blöd von der Seite an. „Blue, wenn du mir was sagen willst, sag es, aber gaff mich nicht so blöd von der Seite an!“ Kaum habe ich meinen Satz beendet, legt der Blauschopf seinen Arm um meine Schulter und schlendert so mit mir gen Sportplatz. „Weißt du, wenn du diese dämliche Mütze nicht tragen würdest, dann wärst du bestimmt eins von den coolen Kids, für das sich Jui interessieren könnte!“ - „Aber er hat doch gesagt, dass er meine Mütze toll findet…“ „Das hat der doch nicht so gemeint. Ernsthaft, sogar ich finde die Mütze irgendwie…blöde, vor allem jetzt im Hochsommer.“ Mittlerweile haben wir den Platz erreicht und stehen neben Genki und Reita, die sich die Seele aus dem Leib plärren. „Glaub mir, ein Tag ohne diese Mütze wird dein Leben verändern!“ Mit diesen Worten ziert meine schöne Mütze plötzlich den Kopf Reitas, der sich erschrocken zu seinem Liebsten umdreht und schon im nächsten Moment von eben diesem ausgelacht wird. „Hey, ich finde das überhaupt nicht lustig!“ keift der Nasenbandträger gleich los und will sich die Mütze wieder vom Kopf reisen, woran SAN ihn allerdings hindert. Ich fahre mir einmal durch das Haar, damit die Frisur wieder richtig steht und sehe mir das Szenario an. Meine arme Mütze. Doch ich sage nichts, sondern warte auf weitere Instruktionen des Blauhaarigen. „Wenn sie die nächste Pause einlegen, gehst du mal rüber. Und verhalte dich gefälligst so cool wie möglich, hast du das verstanden?!“ Ich nicke leicht, ehe ich meinen Blick einmal kurz über das Fußballfeld gleiten lasse und letztendlich bei den Cheerleadern stoppte, die gerade einen ihrer Beifalltänze strampeln und dabei ganz laut schreien. Als Jui dann die Spitze einer Pyramide krönt, mach ich mich schweren Schrittes auf den Weg zu dieser hinüber. Je näher ich ihnen komme, umso schwerer scheinen meine Beine zu werden. Dennoch will ich es durchziehen, vielleicht lohnt es sich ja doch. „Wo hast du geplant, hinzugehen?!“ Uruha hat sich vor mir aufgebaut und sieht zu mir herab, seine Arme verschränkt. „Wollte mit Jui reden…“ brabble ich vor mir her, versuche dabei gezwungenermaßen cool zu klingen. „Siehst du nicht, dass er keine Zeit hat?“ Ich will gerade etwas erwidern, als ein schreiender Miyavi auf uns zugelaufen kommt. „URUHA!“ kreischt er und wedelt wie wild mit den Armen auf und ab. „Schrei nicht so Idiot. Überhaupt, was ist dein Problem?!“ Ich sehe zwischen den Beiden hin und her. Irgendwie machen sie mir ja schon ein bisschen Angst. Sie sind beide locker einen Kopf größer und nicht mehr ganz klar im Kopf. Die könnten mich ohne viel Mühe umhauen. „Da hockt eine fette Spinne auf meiner Jacke!“ „Wieso kommst du damit zu mir?!“ mault Uruha ihn an. „Hab K.T nicht finden können…“ „Mein Gott, stell dich doch nicht so an.“ Zu meinem Glück macht sich Uruha dennoch zusammen mit Miyavi auf den Weg zu besagter Spinnenjacke. Mein Weg zu Jui war somit frei. „H-hey!“, meine ich schließlich und sehe zu Jui hinab, der gerade auf der Bank sitzt und an seinen Stümpfen herumhantiert. Als sie wieder richtig sitzen, sieht er hinauf und mich mit fragendem Blick an. „Ja?“ -„Ich bin’s, Shougo.“ sage ich, lächle ihn verlegen an. „Shougo?“ -„J-ja. Der…mit der Tür im Gesicht, erinnerst du dich?“ „Achso! Ohne deine tolle Mütze hab ich dich gar nicht erkannt! Wie geht es deiner Nase?“ -„M-einer Nase?“ „Du hast doch geblutet~“ Kaum erinnere ich mich daran, steigt mir wieder Unmengen an Blut in den Kopf und ich muss mich verlegen wegdrehen. „A-achso das. Ist halb so wild.“ „Ich entschuldige mich trotzdem noch mal. Zur Entschädigung lade ich dich auf ein Eis ein, ja?“ Ich traue meinen Ohren nicht, noch weniger will ich meinen Augen trauen. Er hat mir tatsächlich zugezwinkert und mich zum Eis essen eingeladen. Ein Date? Ich habe gerade das dringende Bedürfnis, in Ohnmacht zu fallen, aber natürlich reise ich mich zusammen, konzentriere mich darauf, auf meinen puddingweichen Beinen stehen zu bleiben. „Jui, wo bleibst du denn?“ wird er von dem wieder aufgetauchten K.T gerufen, woraufhin er sich mit einem „Also bis nachher, Süßer.“ von mir abwendet und zu den Anderen Cheerleadern zurückeilt. „Was willst du denn von dem Freak?!“ höre ich K.T über mich reden, nehme es allerdings gar nicht wirklich wahr. „Ich finde ihn irgendwie süß.“ Kaum haben sich die Cheerleader weit genug von mir entfernt, trauen sich meine Freunde wieder an mich ran. „Und, wie ist es gelaufen?“ fragt mich SAN gleich mit einem fetten Grinsen im Gesicht. „Ja erzähl schon, was hat er gesagt?“ harkt Reita nach. „Er will mit mir ein Eis essen gehen…“ bringe ich über meine Lippen, deutlich hörbar, dass ich es selbst noch gar nicht fassen kann. Der Traum meiner schlaflosen Nächte möchte mit mir, einem Freak, ein Eis essen gehen. „Na das ist doch toll!“ freut sich der Blauhaarige für mich und nimmt mich in die Arme. Ich bin immer noch zu unfähig, irgendetwas zu tun, deswegen reagiere ich auf diese freundschaftliche Umarmung SANs, als auch auf das Schulterklopfen Reitas nicht wirklich. „Kann ich diese olle Mütze jetzt endlich runter nehmen?!“ höre ich Genki keifen und drehe mich zu ihm um. Bei diesem Anblick kann ich nicht anders, als laut loszulachen. „Ach Tongue, keiner hat gesagt, das du sie tragen musst. Du solltest sie nur halten~“ entgegnet SAN ebenfalls grinsend und verschränkt die Arme. „Ich verstehe nicht, wieso du sie dir überhaupt freiwillig auf den Kopf gesetzt hast.“ Reita kratzt sich fragend an seiner nicht vorhandenen Nase und schmunzelte ebenfalls. Peinlich berührt nimmt er die Kopfbedeckung von seinem Haupt und drückt sie mir in die Hand. „Ich brauche nun mal beide Hände beim Anfeuern!“, erklärt der Blondhaarige knapp, woraufhin wir alle erstmal noch eine Runde über ihn lachen. Es ist immerhin eine Seltenheit, das man den sonst so coolen Genki mit hochrotem Kopf zu Gesicht bekommt. Ich setze mir meine Mütze also wieder auf den Kopf und lächle meine Freunde an. „Ich hab das Gefühl ich, spiele doch nicht so viele Liegen unter Jui.“, meine ich freudig. „Und ich hab das Gefühl, dass das nur daran liegt, dass du deine Mütze nicht getragen hast!“ versichert mir Genki. „Damit auf dem Kopf fühlt man sich wie der totale Oberfreak.“ „Der bist du auch ohne die Mütze.“, meint Reita schließlich und zupft an den blonden Strähnen seines Freundes. „Ach halt die Klappe, Noseless. Nach deiner Meinung hat doch jetzt gar keiner gefragt.“ Bevor das jetzt wieder in einer heftigen Debatte endet, sollte schnell jemand dazwischen gehen. Etwas hilflos sehe ich zu SAN, der sich Reita gleich um den Hals geschmissen hat und ihn nun leidenschaftlich küsst. „Na wenigstens eine gute Sache hat diese Mandelleckerei ja doch.“ Ich sehe Genki fragend an. „Na, Noseless gibt mal Ruhe!“ Einige Minuten Später befinden wir uns schon vor der Eisdiele und warten darauf, dass der von mir so heiß begehrte Kapitän der Cheerleader hier auftaucht. „Aber wenn er kommt, verzieht ihr euch gefälligst!“ Mit einem alles sagenden Blick sehe ich meine Eis essenden Freunde an. „Keine Panik. DAS will ich mir eh nicht antun. Reicht, dass ich mit den beiden Turteltauben hier zu Gange bin.“ Dabei deutet er auf SAN und Reita, die sich gerade gegenseitig füttern und gar nicht wirklich mitbekommen, dass schon wieder über sie gesprochen wird. Die beiden sind wirklich süß. Kaum sitzt Reita auf seinen vier Buchstaben, sitzt SAN auch schon auf seinem Schoß und turtelt mit ihm herum. Die beiden küssen sich manchmal so innig, dass ich Genki schon verstehen kann, wenn er ihnen sagt, sie sollen sich ein Zimmer nehmen. Aber wenn ich anfange zu fantasieren, und in den Beiden mich und Jui zu sehen, dann dürften sie gern mal einen Schritt weiter gehen, auch, wenn ich zusehe. „Hey, was meinst du….haben die beiden schon?“ „Nani?“ Genki hat mich aus den Gedanken gerissen und sieht mich grinsend an. „Na ob die beiden schon…miteinander…?“ „Weiß ich doch nicht. Frag sie doch. Überhaupt, wieso interessiert dich das?!“ „Tut es nicht. Aber du sabberst schon wieder und anders hätte ich deine Aufmerksamkeit ja nicht bekommen.“ „Wie?!“ Ich wische mir demonstrativ mit dem Ärmel über die Mundwinkel, woraufhin Genki lauthals zu lachen beginnt und somit auch wieder die Aufmerksamkeit von SAN und Reita auf sich zieht. „Was ist denn jetzt schon wieder so lustig?“ will Reita wissen und schiebt SAN erstmal von seinem Schoß, was den Blauschopf dazu bringt ein Geräusch des Missfallens von sich zu geben. „Nichts…“, antworte ich ihm murrend, da Genki noch lange keine Anstalten macht, seinen Lachanfall zu unterbrechen. Der Nasenbandträger sieht zwischen mir und Genki hin und her, ehe er seine Augenbrauen hebt und kurz daraufhin aufsteht. „Na ja, ich muss jetzt eh nach Hause.“ Mit diesen Worten beugt er sich noch mal zu SAN nach vorne, um ihm ein Abschiedsküsschen auf die Lippen zu hauchen. Auch Genki erhebt sich – immer noch lachend und wischt sich die Tränen aus den Augen. „Ich bin dann auch mal weg, bis morgen Jungs!“ Mit diesen Worten treten die beiden ihren Heimweg an und lassen uns schon zum zweiten Mal an dem Tag zurück. „Im Übrigen hatten Noseless und ich noch keinen Sex.“ meint der Blauhaarige, kaum das die anderen Beiden um die Ecke verschwunden sind. Ich hebe meine Augenbraue und sehe ihn erstaunt, aber zugegebenermaßen auch neugierig an. „Guck nicht so. Ich weiß selbst nicht warum.“ Ich hätte dieses Gespräch nur zu gerne vertieft, aber in dem Moment kommt Jui um die Ecke und sieht sich suchend nach mir um. „Tya, das ist mein Stichwort. Ich geh dann besser. Viel Glück, Bommel!“ meint SAN, erhebt sich und will gehen, woran ich ihn allerdings hindere. „N-nein bitte…bleib da!“ Ich dachte zwar, ich schaffe es alleine, doch jetzt wo ich ihn mir zuwinken sehe, bekomme ich doch Muffensausen. Natürlich hat SAN das gleich verstanden und setzt sich wieder zu mir, nimmt meine Hand in die seine und drückt sie fest. Das ist genau das, was ich jetzt brauche, eine Hand, die mich auf dem Boden der Tatsachen hält. Beide sehen wir zu Jui, der jemanden zu sich winkt und wir trauen unseren Augen nicht, als er doch tatsächlich einen seiner Cheerleader-Freunde dabei hat. „Sieht so aus, als braucht deine Flamme auch seelischen Beistand.“ meint der Blauhaarige zu mir und bekommt es nun selbst ein bisschen mit der Angst zu tun. „Hey, tut mir leid, dass wir so spät sind!“ meint Jui bevor er sich setzt und meinen Begleiter mustert. „Wer ist das?“ SAN erhebt sich, lässt dabei meine Hand los, um sich leicht und freundlich zu verbeugen. „Ich bin Blue…ich meine, mein Name ist SAN.“, stellt er sich lächelnd vor und setzt sich wieder. „Ah ja…“ entgegnet Jui daraufhin immer noch recht skeptisch und setzt sich. Sein Freund und Partner tut es ihm gleich. „Das ist übrigens Uruha. Uruha, das ist Shougo.“ Uruha verschränkt die Arme und betrachtet uns beide ebenfalls mit diesem eingebildeten ‚Ich bin was Besseres als ihr’-Blick. „Kannst du mir mal verraten, wieso wir uns mit den totalen Oberfreaks treffen, Jui? Ich meine ich fühle richtig, wie meine Beliebtheit in deren Gegenwart sinkt.“ Typische Worte, die man von so jemandem wie Uruha schon gewohnt ist. „Uruha, ich hab dich gebeten diese schnippischen Kommentare sein zu lassen, sobald wir hier sind. Und um deine Frage zu beantworten – ich bin Shougo noch was schuldig, also benimm dich gefälligst, kapiert?“ Wow. Das war schon irgendwie ein cooles Gefühl, wenn sich eines von den ‚coolen Kids’ für uns Freaks einsetzt. Sowohl ich als auch SAN können sich ein überhebliches Grinsen in Uruhas Richtung nicht verkneifen, woraufhin dieser beleidigt die Arme verschränkt und den Blick vorerst abwendet. Nach seiner Ansprache lächelt Jui uns wieder an, woraufhin ich nur spüre, wie mein Herz mitten in der Hose landet. „Also, ich lade euch ein. Sagt mir nur was ihr wollt.“ „Ich hatte schon, aber trotzdem danke für die Einladung.“ reagiert SAN sofort, woraufhin alle Blicke auf mir liegen wovon ich mal wieder nichts mitbekomme. Ich bin schon wieder abgehoben, starre auf die vollen Lippen Juis die ich mir so sehr wünsche zu küssen, zu schmecken. Und diese wahnsinnig tollen Augen, in denen ich mich so gerne verliere, ertrinken möchte um nur von dir selbst gerettet zu werden. Dein- „Au!“ Mir entweicht ein leises Keuchen als ich SANs Ellenbogen in meinem Gerippe spüre und ihn verständnislos ansehe. Dieser deutet mir nur an, dass mir Jui eine Frage gestellt hat, auf die ich besser bald mal antworten solle. „Was du möchtest, will ich wissen.“ Jui lächelt immer noch. Mir ist das Ganze natürlich äußerst peinlich. Ich bin ganz froh, dass es in unmittelbarer Nähe keine Spiegel gibt, denn es reicht vollkommen aus, zu spüren, dass ich schon wieder hochrot geworden bin. „M-melone…“ Jui nickte freundlich und sieht dann zu seinem Begleiter Uruha, der auch ein bisschen neben der Spur wirkt. Seine Brauen waren zusammengezogen und so sieht er mich an, als würde er etwas aushecken. „Uhm…Einen Vanillebecher hätte ich gerne.“ Wieder ein Nicken seitens Jui ehe er sich erhebt und erstmal seinen gefährlich weit nach oben gerutschten Rock wieder nach unten zieht, wobei ich ihm natürlich auffälliger beobachte, als ich sollte. „Ich werde beim Tragen Hilfe brauchen.“ Wieder spüre ich SANs Ellenbogen in meiner Seite und springe quietschend auf, sehe SAN böse an und reibe mir die schmerzende Stelle. SAN selbst grinst mich an und hebt seinen Daumen. Ehe ich verstehe, was überhaupt jetzt schon wieder los ist, greift Jui nach meiner Hand und zieht mich mit in die Eisdiele hinein. Bei dieser unerwarteten Berührung werden meine Knie ganz weich und ich stolpere mehr hinterher, als das ich laufe. „Sag mal, Glue, oder wie auch immer du heißt.“ meldet sich Uruha wieder zu Wort, kaum das wir in der Eisdiele verschwunden waren. „Blue. Aber für dich sowieso SAN.“ „Ja, ja. Wie dem auch sei. Dein kleiner Freund ist ein bisschen in Jui verschossen, kann das sein?“ Der Blauhaarige verschränkt die Arme und sieht sein Gegenüber skeptisch an. „Das ist doch offensichtlich, oder nicht?“ Das Grinsen, das plötzlich Uruhas Gesichtszüge ziert, ist SAN nicht ganz geheuer, weswegen er den Sicherheitsabstand auch um wenige Millimeter vergrößert. „Das ist doch prima. Wäre es nicht wahnsinnig toll, wenn Jui diese Gefühle erwidern würde?!“ Er reibt sich die Hände, wie diese ultimativen Superschurken aus diversen Animes. „Natürlich. Aber Jui ist doch sowieso mit Daisuke zusammen.“ entgegnet SAN. „Ach…DEN lass mal meine Sorge sein!“ Just in diesem Moment unterbrechen Jui und ich die Unterhaltung der beiden dadurch, dass wir die Eisdiele mit dem Eis in unseren Händen wieder verlassen und uns zu ihnen setzen. „Was ist denn los Uru? Was grinst du so?“ will Jui wissen, der ihm gerade seinen Vanillebecher vor die Nase geschoben hatte. „Ach, weißt du, SAN hat mir nur gerade einen wahnsinnigen tollen Witz erzählt.“ „Einen Witz? Lass mal hören.“ Juis Blick legt sich auf den Blauschopf ehe er damit beginnt, genüsslich an seinem Eis zu lecken und damit wieder meine volle Aufmerksamkeit auf sich zieht. „Nun…“ Natürlich hat SAN keine Ahnung, was er Jui jetzt erzählen soll. Gute Witze kennt er nämlich gar nicht. Aber zu seinem Glück und meinem Pech beginnt meine Nase erneut zu bluten. Ich sollte wirklich aufhören, in Juis Gegenwart soviel zu fantasieren. Und vor allem sollte ich endlich damit aufhören, ständig zu bluten. Sofort stehe ich auf und halte mir die Hand vor das Gesicht. „I-ich…Mir ist gerade eingefallen, das ich jetzt ganz dringend nach Hause muss!“ Und schneller, als irgendjemand hätte irgendwie reagieren können, bin ich in der nächsten Seitenstraße verschwunden. Die Zurückgelassenen sehen mir mehr oder minder verwirrt nach. SAN war der erste, der mit den Schultern zuckt und sich mein Eis schnappt, das ich nicht mal angerührt habe. „Hab ich irgendwas Falsches gesagt?“ will der Cheerleader Kapitän gleich wissen und sieht SAN daher fragend an, kratzt sich dabei leicht an seiner Wange. Der Angesprochene schüttelt daraufhin nur seinen Kopf und isst weiter. Uruha kramt unterdessen in seiner Tasche und holt einen Stift und einen Zettel heraus. Mit dem Stift schreibt er SAN seine Handynummer auf den Zettel und schiebt sie ihm vor die Nase. „Wir sollten das bald mal wiederholen, alleine. Dann kannst du mir ja noch mehr deiner tollen Witze erzählen.“ Dann steht er auf, zwinkert SAN noch einmal zu und verabschiedet sich schließlich auch. SAN schiebt den mittlerweile leeren Eisbecher zur Seite und mustert den Zettel mit Uruhas Nummer mit gehobener Augenbraue, ehe er ihn einsteckt. Da Jui keine Anstalten macht, so schnell wieder etwas zu sagen, da er immer noch nicht verstanden hat, was gerade passiert ist, ergreift SAN schließlich das Wort. „Und, wie läuft es so mit Daisuke?“ Jui senkt seinen Blick leicht und lächelt schief. „Eigentlich kann ich mich nicht beklagen.“ - „Aber?“ „Aber er nimmt mich doch ein bisschen ZU selbstverständlich, dabei bin ich doch ein hoffnungsloser Romantiker.“ - „Dann sag ihm das doch.“ „Ich traue mich nicht. Ich weiß ganz genau, dass er auf so was überhaupt nicht steht, leider.“ SAN beugt sich zu seinem Gesprächspartner hinüber. „Vielleicht solltest du dir dann jemanden suchen, der deinem Wunsch nach Romantik nachkommt?“ - „Darüber habe ich auch schon nachgedacht…“ „Mit welchem Ergebnis?“ - „Mit dem Ergebnis, dass kaum ein Kerl aus dem Fußballclub auf Romantik steht.“ „Warum denn auch der Fußballclub? Dass du bei Sportlern keine Romantik findest, ist doch irgendwie klar.“ Jui nickt zustimmend. „Deswegen habe ich mich schon damit abgefunden.“ In diesem Moment klingelt das Handy des Cheerleaders und er betrachtet neugierig das Display. „Ohje. Eine SMS von Miyavi. Er hat schon wieder Streit mit K.T.“ Er drückt die Textnachricht weg, verstaut sein Handy wieder in seiner Handtasche und steht schließlich auf. „Man sieht sich in der Schule, schätze ich. Und richte Shougo liebe Grüße von mir aus.“ „Werd ich machen. Ganz bestimmt sogar.“ So trennen sich die Wege zweier sich eigentlich nicht vertragenden Spezies wieder. Und wir als Freaks sind uns sicher, dass man dieses harmonische Zusammenleben morgen schon wieder vergessen hat. Dann wird man wieder so tun als würde es uns gar nicht geben. Kapitel 2: Wenn zwei sich streiten, lächelt die Wahrheit -------------------------------------------------------- „Lebe den Moment, denn Morgen kann bereits alles anders sein.“ Als meine Oma noch gelebt hat, sagte sie diese Worte oft zu mir. Ich habe nie wirklich verstanden, was sie damit meint. Jedenfalls nicht bis zu dem heutigen Morgen. Es ist wirklich erschreckend, wie sich tatsächlich alles über Nacht verändern kann. „Ich versteh nicht, wieso du dich so darüber aufregst. Es ist bloß eine Nummer. Du kannst gern mein Handy überprüfen, ich hab ihn ja noch nicht mal angerufen.“ „Aber du hast es vor, sonst hättest du sie ja wohl nicht aufgehoben!“ So geht das schon die ganze Zeit. SAN und Reita streiten sich, wegen Uruhas Handynummer, die der Nasenbandträger mehr durch Zufall in SANs Eigentum gefunden hat. Ich habe mich recht schnell dafür entschlossen, mich da besser nicht einzumischen. Ich meine, ich bin sowieso nicht der größte. Wenn ich mich einmische bin ich bestimmt einen weiteren Kopf kleiner. Wir bleiben vor Genkis Haus stehen und ich klingle, woraufhin Besagter stürmisch die Haustür öffnet und durch den Garten zu uns flitzt. „Morgen, ihr Freaks!“ begrüßt er uns wie jedes Mal und schließt das Gartentor hinter sich. Da er nur ein einziges „Guten Morgen“ zurückbekommt, weil sich SAN und Reita noch immer anschreien, sieht er mich fragend an, in der Hoffnung ich könne ihm das erklären. „Uruha hat Blue wohl seine Handynummer gegeben und Noseless glaubt, dass er ihn mit Uruha betrügen will.“ erkläre ich die Situation, soweit ich sie selbst mitbekommen habe. „Du hast Uruhas Handynummer?!“ Für einen Moment war ein Blitzen in Genkis Augen zu sehen, doch genauso schnell wieder verschwunden. „Ich meine…wie hast du den denn dazu gebracht, dir seine Handynummer zu geben?“ meint der Blondgebleichte und klingt schon desinteressierter als gerade eben noch. „Er hat sie mir einfach in die Hand gedrückt und ist dann gegangen.“ erklärt SAN knapp. „Ja, in der Hoffnung, du würdest dich melden und dich einmal kräftig von ihm durchnudeln lassen!“ wirft Reita ihm gleich wieder schreiend vor. „Na und wenn schon?! Ich HABE ihn ja NICHT angerufen, also WAS ist dein verficktes Problem?!“ „Mein Problem ist, das du es bestimmt noch getan hättest, sonst hättest du die Nummer ja nicht behalten, oder sehe ich das falsch?!“ „Mo-moment mal!“ mischt sich Genki wieder ein und sieht zwischen den beiden hin und her. „Wieso sollte jemand wie Uruha denn einen Freak wie Blue vögeln wollen?“ Na super. Von Genkis Art und Weise Streitereien zu schlichten, habe ich ja noch nie sehr viel gehalten. Aber besser er muss dran glauben, als ich. „Weil er ein Cheerleader ist. Cheerleader poppen alles, was nicht bei drei auf dem nächsten Baum ist!“ erklärt Reita noch immer in einer unangenehmen Lautstärke. „Aber keine Freaks.“ „Na scheinbar ja doch, sonst hätte er Blue ja nicht seine Handynummer gegeben!“ Als plötzlich an unserer aller Ohren das Geräusch von Papier, das zerrissen wird, dringt, sehen wir fragend in die Richtung. „Da, bitteschön. Ich hab die Nummer zerrissen. Bist du jetzt zufrieden?!“ meint der Blauhaarige schließlich gekränkt und lässt die Papierschnitzel vom nächsten Windzug davontragen. Reita grummelt etwas für mich Unverständliches, als er an SAN vorbei geht um den Schulweg anzutreten. Der Blauschopf schüttelt daraufhin verständnislos mit seinem Kopf und folgt seinem Freund schnellen Schrittes. Ich will dasselbe tun, wundere mich aber, warum Genki keine Anstalten macht, sich ebenfalls in Bewegung zu setzen. „Was ist denn los Tongue? Wir kommen noch zu spät wenn du nicht gleich einen Zahn zulegst.“ „Ach,…mir ist gerade eingefallen dass….dass… Ach ja, ich hab was zuhause vergessen! Geh schon mal vor und pass auf, dass die beiden sich nicht köpfen!“ Als ich mich zu besagten Streithähnen umdrehe und sehe, dass sie sich tatsächlich schon wieder anschreien, nicke ich und renne zu den beiden, um sie auseinander zu halten. Später im Klassenzimmer habe ich mich dazu entschieden, sicherheitshalber Reitas Platz, der nämlich neben SANs gewesen wäre, einzunehmen. In jedem anderen Fall hätten sich die beiden wohl tatsächlich noch die Köpfe eingeschlagen. „Kannst du verstehen, warum er sich über so etwas Bescheuertes aufregt?!“ flüstert mir SAN schließlich zu, kaum das der Unterricht begonnen hat. Ich überlege kurz, ehe ich meinen Kopf schüttle. „Ich verstehe nicht, warum er immer noch sauer ist. Wo du die Nummer doch entsorgt hast…“ „Ich verstehe nicht, warum er überhaupt sauer ist. Ich dachte, er würde mir vertrauen.“ Vertrauen, etwas sehr Wichtiges in jeder Beziehung. Wieder einmal übertrage ich die Situation meines Vorbildpärchens auf mich und meine unerwiderte Liebe. Könnte ich jemandem wie ihm vertrauen? Immerhin kursieren öfter mal Gerüchte um den heißen Cheerleader-Kapitän darum, dass er untreu sei und auch Daisuke schon betrogen habe. Ein zerknülltes Stück Papier, das gegen meinen Hinterkopf prallt, reist mich aus meinen Gedanken und ich drehe mich zu dem Werfer um. Es ist Reita, der nur ein genervtes „Na endlich“ von sich gibt, als ich ihn ansehe. Der Platz neben ihm ist noch immer leer. Komisch, normalerweise müsste Genki doch schon längst aufgetaucht sein. Sollte das nämlich nicht bis zur Pause geschehen, wird es mit absoluter Wahrscheinlichkeit eine Katastrophe geben. Immerhin kann ich mich nicht in der Luft zerreisen und für beide gleichzeitig da sein. „Kommst du nächste Stunde nach hinten?“ Ich nicke dem Nasenbandträger zu und drehe mich dann wieder nach vorne. „Was schreibst du da?“ frage ich meinen blauhaarigen Banknachbar und sehe ihn fragend an. „Wir sollen abschreiben was auf der Tafel steht.“, antwortet er knapp und deutet einmal nach vorne. „Kann ich ein Blockblatt haben?“ Die erste Stunde ist relativ schnell vergangen, weswegen ich mich schließlich erhebe und mich nach hinten zu Reita setze. „Was haben wir jetzt?“, will dieser gleich von mir wissen. Da haben wir den Stundenplan schon eine halbe Ewigkeit und der Kerl kennt ihn immer noch nicht. Das war so typisch. Immerhin kennt er ja noch nicht einmal die ganzen Namen unserer Klassenkameraden, und das, obwohl sich diese Klasse hier seit der Mittelschule kaum verändert hat. „Geschichte.“ Ich krame also in meiner Tasche nach meinem Geschichtsbuch und finde es schließlich, als der Lehrer zur Tür hereinkommt um den Unterricht wenige Minuten später zu beginnen. „Ich werde mit ihm Schluss machen…“ höre ich Reita plötzlich sagen und drehe mich ungläubig zu jenem um. „Aber wieso denn?“ Das darf nicht sein! Wenn SAN und Reita kein Paar mehr wären, würde das doch mein komplettes Weltbild von der perfekten, wahren Liebe zerstören. Außerdem, wer hilft mir dann dabei, meine Tagträume interessanter zu gestalten?! „Weil mich der Gedanke verrückt macht, dass er mich betrügen könnte. Und dann auch noch mit einem Cheerleader.“ „Aber Blue hat doch gar nichts getan. Findest du nicht, dass du gerade ein bisschen übertreibst?“ Seine Brauen ziehen sich gefährlich zusammen und seine Stirn liegt in Falten. „Du findest also, dass ich übertreibe?! War irgendwie so klar, das du zu Blue hältst.“, muss ich mir schon im nächsten Moment vorwerfen lassen. Ich will gerade erwidern, als die Türe aufgerissen wird und sich die Blicke aller auf den stürmisch eintretenden Genki richten. „Sorry, hab verschlafen.“ Mit diesen Worten setzt er sich auf den freien Platz im Klassenraum, welcher zu diesem Zeitpunkt der neben SAN ist. Dann dreht er sich zu mir um. „Streiten die etwa immer noch?“ Ich nicke ihm etwas verzweifelnd zu, sehe, wie Genki sich nach einem kurzen Nicken zu San dreht. Weil der Unterricht natürlich weiter geht, sind die beiden gezwungen, sich so leise wie möglich zu unterhalten, was zur Folge hat, dass ich kaum etwas davon mitbekomme. Andererseits habe ich mit Reita aber auch genug zu tun. Natürlich versuche ich ihm diese dumme Idee, die Liebe seines Lebens wegen so einer Kleinigkeit zu verlassen, auszutreiben. Aber je mehr ich sage umso sauerer wird er dabei auf mich. Also ein geborener Streitschlichter bin ich ja auch nicht gerade, das wird mir in solchen Momenten wieder klar. Deswegen entscheide ich mich dazu, aufzugeben und schweige stattdessen bedrückt. Endlich, der erlösende Klang der Pausenglocke. Die Luft hier ist nicht mehr auszuhalten, weswegen ich auch einer der Ersten bin, der das Klassenzimmer in Windeseile verlässt. SAN folgt mir zügig, während Reita sich Zeit lässt und Genki seinen Hintern gar nicht erst in Bewegung setzt. „Was hat Noseless dir gesagt?“ „Nichts…“, lüge ich, ohne dabei stehen zu bleiben, bis ich tatsächlich im Pausenhof angekommen bin. „Bommel?!“, nehme ich erneut SANs Stimme wahr, drehe mich dennoch nicht zu ihm. Ich kann ihn nicht ansehen, es geht einfach nicht. „Mh?“, gebe ich daher kurz und knapp von mir, suche einen Punkt den ich in aller Ruhe anstarren kann, nur um meinem Freund nicht ins Gesicht sehen zu müssen. Reita will ihn verlassen, möchte sich wirklich von ihm trennen. Und das nur wegen einer dummen Kleinigkeit. Natürlich gebe ich mir selbst die Schuld daran. Wenn ich SAN nämlich nicht festgehalten und gebeten hätte, nicht von meiner Seite zu weichen, und wenn ich dann nicht panisch die Flucht ergriffen hätte, dann wäre es mit Sicherheit gar nicht erst so weit gekommen. Ich spüre, wie mich der Blauhaarige unsanft zu sich dreht und versucht, Augenkontakt herzustellen. „WAS hat Noseless zu dir gesagt?!“ „Ich habe ihm gesagt dass ich mich von dir trennen werde, Blue…“ Der Angesprochene zuckt leicht zusammen, als er so plötzlich Reitas Stimme wahrnimmt und seine Augen weiten sich schlagartig, als er sich über den Inhalt der Worte bewusst geworden ist. Eilig dreht er sich zu dem Nasenbandträger um, während mein Blick den Boden sucht. „Was?! A-aber das kannst du doch nicht machen…“ Dafür, dass er gerade verlassen worden ist, schlägt er sich tapfer. Seine Stimme ist nur leiser geworden. Ich dagegen kämpfe mit den Tränen. Wenn man bedenkt, dass ich deren Beziehung irgendwie indirekt mitgeführt habe, dann ist das auch gar nicht so absurd, wie es sich vielleicht anhören mag. „Du siehst doch, dass ich es kann.“, entgegnet Reita knapp. Man hört ihm an, dass er noch immer wütend ist. „Und das nur, wegen dieser dummen Nummer?!“ „Es geht hier ums Prinzip, Blue.“ „Was denn bitte für ein Prinzip?!“ Nun klingt auch SAN wieder wütend, verschränkt seine Arme. „Weißt du was? Mit jemandem, der mir kein bisschen vertraut, will ich gar nicht zusammen sein.“ „Na fein. Dann hat sich die Sache ja damit erledigt.“ Mit diesen Worten entfernt sich Reita von uns und verschwindet schließlich wieder im Schulgebäude. „G-Gomen…“ schluchze ich leise und wische mir die Tränen aus dem Gesicht, noch bevor SAN sie sehen kann. „Wofür entschuldigst du dich denn?“ Er sieht mich durchdringend an, ehe er mich kurz entschlossen in den Arm nimmt. „Du kannst doch nichts dafür. Außerdem…wir reden von Noseless. Der wird sich schon wieder beruhigen…“ Dass er selbst nicht an seine Worte glaubt, ist deutlich zu hören. Ich bin wirklich jämmerlich. SAN ist der Verlassene, derjenige, der jetzt Trost braucht. Stattdessen heule ich hier rum und muss mich von ihm trösten lassen. „Hör mal, ich krieg das schon wieder hin, ja Bommelchen? Ich glaube, ich weiß auch schon wie…“ Ich sehe auf und dem Blauhaarigen ins Gesicht, bevor ich seinem Blick folge. Schnell erblicke ich sein Ziel: den Cheerleader Uruha, der gerade neben dem beliebten Fußballer Daisuke sitzt und sich mit ihm unterhält. Wenn ich so darüber nachdenke, dann sehe ich diesen Anblick relativ häufig. Er wird Jui doch nicht etwa fremdgehen? Ich glaube ich müsste ihn töten, sollte ich etwas Derartiges mitbekommen. Aber vermutlich geht das gar nicht so tief. Er wäre ja auch schön blöd, wenn er so jemandem wie Jui betrügen würde. Ich habe zwar mal wieder nicht realisiert, dass sich SAN von mir gelöst und zu den beiden hinüber gegangen ist, aber zum Glück sind meine Augen gerade noch so gut, dass ich es sehen kann. „Wir müssen uns unterhalten.“ SAN baute sich vor Uruha auf und verschränkte wütend die Arme. Die Blicke Uruhas, als auch die Daisukes richten sich auf ihn. „Verschwinde, Freak.“, entgegnet Uruha gleich und deutet mit einer Handbewegung an, das SAN sich verziehen soll. „Aber er hat mich verlassen, deinetwegen.“ Der Blick des schwarzhaarigen Fußballers richtet sich auf Uruha. Ungläubig hebt er seine Augenbraue und sieht den Cheerleader an, als habe er ihn gerade in diesem Moment ebenfalls als Freak abgestempelt. „Ich weiß überhaupt nicht, wovon er spricht!“, versichert Uruha daher gleich, erhebt sich aber doch und schubst SAN im nächsten Moment von der Bank soweit weg, das sie sich unterhalten können, ohne das eben dieser mithören kann. „Was bildest du dir eigentlich ein mich in aller Öffentlichkeit anzusprechen? Glaubst du etwa, dass wir Freunde sind, nur weil wir gestern zusammen Eis essen waren??“ giftet Uruha gleich los und sieht sein Gegenüber verständnislos an. „Nein, aber mein Freund glaubt das und hat mich deswegen verlassen!“ Der Cheerleader hob ungläubig eine Augenbraue. „Du hast einen Freund?“ „Hast du mir nicht zugehört? Ich sagte ich HATTE einen Freund, der mich deinetwegen verlassen hat.“ Uruha hat seine Schwierigkeiten, dem zu folgen, was der Blauhaarige ihm sagt, da ihm die Blicke Daisukes irgendwie nervös zu machen scheinen. „Ach, und da dachtest du, du könntest vielleicht mit mir zusammen kommen, oder wie?“ „Bist du so doof oder tust du nur so?! Ich möchte, dass du Reita erklärst, warum du mir deine Handynummer gegeben hast.“ Sogar Uruha hört die Verzweiflung die in SANs Worten und hätte vermutlich auch darauf reagiert, wenn ihm DIE nicht im Nacken sitzen würde. So aber ist sein Ziel vor dem Fußballer möglichst cool zu wirken und cool ist man in so einer Situation nur, wenn man gemein und herablassend zu dem Freak ist. „Ich werde niemandem irgendwas erklären. Ernsthaft, was geht mich fremdes Elend an?!“ Mit diesen Worten dreht er SAN schließlich den Rücken zu und will sich wieder auf den freien Platz neben Daisuke setzen, als er relativ unsanft zurückgehalten wird. SAN hat nach seinem Arm gegriffen und zieht ihn zu sich. Dabei hat er wohl seine Kraft unterschätzt. Oder Uruha hat nicht mit so einer Zugkraft gerechnet. Auf jeden Fall landet der Cheerleader sanft auf dem Freak, während dieser unsanft auf dem Boden aufschlägt. Weil das verdammt schmerzhaft aussieht, zumindest für den armen SAN, kneife ich die Augen zu, blinzle nachdem ich keine Reaktion hören kann. Die beiden waren sich, dafür, dass sie sich nicht mal wirklich leiden können verboten nahe und sehen sich fest in die Augen. Fast schon panisch sehe ich mich auf dem Schulhof um und einmal hinüber zum Gebäude, den Blick über die Fenster schweifend. Fast schon erleichtert bin ich darüber, dass ich von Reita weit und breit nichts sehen kann. Denn würde er diesen Anblick erspähen, dann wäre es wohl endgültig aus. „Würdest du bitte HEUTE noch von mir runtergehen?!“ keift SAN schließlich, nachdem Uruha von sich aus keine Anstalten macht, sich zu erheben. „Wenn du nicht an mir gezogen hättest, wie ein Blöder, dann wären wir nicht in diese scheiß Situation gekommen.“, murrt der Brünette und klopft sich die Klamotten sauber, nachdem er sich erhoben hat. Dann dreht er sich erneut zu der Bank, um frustrierender Weise festzustellen, das Daisuke bereits verschwunden ist. Ist aber auch kein Wunder, denn schließlich ist die Pause schon seit wenigen Minuten zu Ende, stelle ich fest, als ich einen Blick auf die Uhr werfe. Also begebe ich mich zu meinem Freund und reiche ihm die Hand um ihm das Aufstehen zu erleichtern. Zusammen machen wir uns auf, dem Cheerleader zu folgen und zurück in unser Klassenzimmer zu gehen. Ich öffne die Tür zum Klassenzimmer und mache mich schon darauf gefasst, mächtigen Anschiss vom Lehrer zu bekommen, als ich erleichtert feststelle, dass er noch gar nicht da zu sein scheint. Mein Blick schweift zu unseren Plätzen. Reita sitzt auf seinem Platz und nimmt gerade einen Fineliner durch die Mangel, verzieht dabei wütend das Gesicht, während Genki eine Reihe weiter vorne saß und Papierschnitzel zusammen fügt. Dieser Anblick hat was von Beschäftigungstherapie im Irrenhaus. Irgendwie lustig. „Was machst du denn da, Tongue?“ Völlig verschreckt über SANs plötzliches Erscheinen schiebt der Angesprochene die Papierschnitzel zurück auf einen wirren Haufen und sieht den Blauhaarigen ertappt an. „G-Garnichts.“ Ich setze mich zu Reita. „Wo ist der Lehrer?“ „Freistunde.“ bekomme ich die knappe Antwort, während ich ihm weiter dabei zusehen darf, wie er den armen Fineliner misshandelt und dabei wütend zu SAN nach vorne sieht. „Alles in Ordnung…?“, frage ich besorgt und sehe den Nasenbandträger an. „Wie konntest du das zulassen?!“ „Was zulassen?“ Mein Blick wirkt verwirrt. Vermutlich, weil ich es auch bin. „Dass Uruha gleich über Blue herfällt. Wie konntest du dabei stehen und zulassen, dass ich so gedemütigt werde?!“ Na toll. Er hat es also doch gesehen. Und wieder ist er sauer auf …mich?! „Was hätte ich denn deiner Meinung nach machen sollen? Mich dazwischen werfen?!“ Langsam reist auch mir der Geduldsfaden. „Wäre zumindest eine Möglichkeit gewesen.“ „Reita, es reicht.“ mischt sich schließlich SAN ein und dreht sich zu uns um. „Glaub von mir aus, was du glauben willst, aber lass gefälligst Bommel da raus. Er hat nichts damit zu tun.“ Spinne ich oder ist SAN tatsächlich kurz vorm weinen? Seine Stimme klingt zumindest sehr danach und er hat Reita auch bei seinem Namen genannt, das tut er sonst nur wenn er wirklich angefressen ist. Der Blauhaarige erhebt sich und sieht starr zu Boden, kämpft krampfhaft mit seinen Tränen. „Ich geh ins Sekretariat und lass mich befreien. Mir geht es nicht gut.“ Wenige Sekunden später ist die Tür ins Schloss zurückgefallen und SAN durch diese verschwunden. Seufzend sehe ich ihm nach. Vor der Tür wischt er sich die Tränen ab und bleibt kurz stehen um sich zu besinnen, als sich just in diesem Moment die gegenüberliegende Tür öffnet und Uruha hinaustritt. Sofort verfinstert sich SANs Blick und Uruha sieht auf. „Na so was, du schon wieder. Wenn das so weiter geht, muss ich wohl wirklich langsam befürchten, dass du mich bestalkst.“, meint er scherzhaft und grinst blöd. „Halt die Klappe!“, keift SAN, sieht den Cheerleader abwertend an. „Du und deine dämliche Handynummer haben mein Leben zerstört!“ Der Beschuldigte hebt ungläubig eine Augenbraue. „Was habe ich? Meinst du nicht, das du jetzt ein bisschen übertreibst?“ „Ich übertreibe nicht!“, schluchzt SAN, kann seine Tränen nicht mehr zurückhalten. „Reita hat mich verlassen. Deinetwegen misstraut er mir. Ich hasse dich!“ Das sind die letzten Worte gewesen, die der Blauhaarige Uruha an den Kopf geworfen hat, ehe er so schnell seine Füße ihn tragen können in Richtung Sekretariat verschwunden ist. Dieser verschränkt grübelnd die Arme und sieht dem Blauschopf nach, bis er schließlich nicht mehr zu sehen ist. Dann seufzt er resigniert und verschwindet im Jungenklo. Als wir am Ende des Schultages das Schulgebäude zum Heimgehen verlassen, fällt mir ein Flyer an der großen Eingangstür auf. „Cheerleading Competition“. Stimmt ja, die ist ja auch bald wieder. Das dürfte auch erklären, warum mir der Traum meiner schlaflosen Nächte heute kein einziges Mal über den Weg gelaufen ist. Ich habe es bis jetzt nicht einmal bemerkt, wegen dem ganzen Stress um SAN und Reita. Auch wenn ich deren erneutes Zusammenkommen aufgegeben habe, so wünsche ich mir doch, dass die beiden wenigstens wieder Freunde werden können. Immerhin habe ich sie beide sehr gerne. Endlich macht es auch Sinn, das Genki am Anfang so gegen diese Beziehung war. Er hat wohl geahnt, dass es so enden wird. Dennoch wirkt auch er darüber überrascht. Kein Wunder, gestern hingen die beiden noch turtelnd aneinander und heute ist bereits alles vorbei, ein Universum zerstört. So einfach kann es gehen. Erschreckend. „He, du da. Warte mal.“ dringt plötzlich eine Stimme an unsere Ohren und wir drehen uns zu dieser um. „Uruha?!“ stellt Genki wieder mit diesem Glitzern in seinen Augen fest. Tatsächlich stehen der Cheerleader Uruha und der Fußballer Daisuke nun vor uns. „Ähhh…kennen wir uns?“ entgegnet der Cheerleader Genki mit gehobener Augenbraue. Dieser schüttelt daraufhin mit dem Kopf und geht einen Schritt zurück, sodass es den Anschein hat, als würde er sich leicht hinter Reita verstecken wollen. „Was willst du?“ frage ich Uruha ruhig. „Hugo, richtig? Ich wollte mir mal deinen Freund mit der Nasenbinde ausleihen.“ „Sprich nicht von mir in der dritten Person. Ich steh neben dir, du Arsch!“ regt sich Reita gleich wieder künstlich auf, stellt dabei einen Fuß nach vorne und ballt die Hände zur Faust, hält sie zudem in Brusthöhe. Eine eindeutige Angriffshaltung, die Genki Gott sei Dank dazu animiert, seine Hand auf die Schulter des aggressiven Nasenbandträgers zu legen und somit zu signalisieren, dass er sich doch bitte beruhigen soll. „Komm mal wieder runter, Kleiner. Ich muss mit dir sprechen. Alleine.“ Reita plustert sich demonstrativ auf. „Kleiner?! Du bist gerade mal n paar cm größer als ich!“ „Hör zu, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit und was ich dir sagen will könnte dich durchaus interessieren.“ Uruha verschränkt seine Arme und sieht Reita durchdringend an. Die Neugierde von mir und Genki hat er schon lange auf seiner Seite, doch Reita stellt sich noch immer quer. „Noseless komm schon. Du kannst ihn dir ja wenigstens mal anhören…“, schlage ich vor. „Ja, genau! Aber denk dran, ne Prügelei bringt dich auch nur in sofern weiter, dass du suspendiert wirst!“, wirft Genki mit ein. Reita sieht überlegend zu Boden und schweigt in sich hinein. „Uruha vergiss es. Das sind Freaks, mit denen solltest du dich sowieso nicht abgeben.“, meldet sich der bis eben stille Beobachter Daisuke, der Uruha gleich am Arm packt und mit sich mitzieht. „Wo du Recht hast. Da will man ihnen einmal einen Gefallen tun~“ „Halt warte!“ meint Reita schließlich, woraufhin Uruha stehen bleibt, während Daisuke nur ein „Ich hab für so was echt keine Zeit“ von sich gibt und weiter Richtung Turnhalle geht, letztendlich in dieser verschwindet. „Sag, was du zu sagen hast, aber tu es schnell.“ Uruha verschränkt daraufhin seine Arme und sieht erst Genki, dann mich mit viel sagendem Blick an. Da der Blonde allerdings nicht so wirklich zu verstehen scheint, greife ich nach seiner Hand und ziehe ihn mit mir. „Komm Tongue, sonst verpassen wir noch den Bus.“ Genki stolpert mir hinterher. „Aber wir fahren nie mit dem Bus!“ „Halt den Mund und komm einfach mit.“ „Also, du bist dann also Reita?“ meint Uruha schließlich, als wir außer Reichweite waren. „Wer will das wissen?!“, keift der Angesprochene gleich giftig zurück. „Ich, damit ich dem Richtigen sage, was ich zu sagen hab.“ „Keine Angst, Reita steht vor dir.“ Uruha nickt leicht, sieht sein Gegenüber dann fest an. „Ich habe SAN meine Handynummer gegeben, damit wir deinen kleinen Freund vermitteln können.“ Die Augen des Kurzhaarigen weiteten sich. „Shougo?!“ Uruha nickt. „War nicht zu übersehen, dass er auf Jui steht. Aber was das Cool-Sein betrifft, braucht er dringend Nachhilfe.“ „Das stimmt wohl, aber was interessiert es dich? Ich meine, was hast du davon? Das du jetzt einen auf Samariter machen willst, kauf ich dir nicht ab.“ Der Cheerleader verzieht wütend sein Gesicht. „Na hör mal. SO egoistisch wie du tust, bin ich nun auch wieder nicht.“ Auf die Aussage hin hebt Reita ungläubig eine Augenbraue und sieht den Anderen fest an. „Na schön, na schön. Du hast natürlich Recht. Mir geht es dabei um Daisuke.“ „Um Daisuke?!“ „Ja. Aber solltest du darüber ein einziges Wort zu irgendjemanden verlieren, bist du tot.“ Der Nasenbandträger zuckt mit seinen Schultern und sieht sein Gegenüber desinteressiert an. „Ist mir eigentlich vollkommen gleich was du tust und treibst, solange du meine Freunde in soweit raus hältst, dass sie am Ende nicht für deine Fehler gerade stehen müssen. Andernfalls kann ich dir nicht versprechen, dass dein Geheimnis bei mir sicher ist.“ Uruha nickt einwilligend und reicht Reita seine Hand. „Abgemacht.“ Reita greift nach der Hand um das ganze schließlich Offiziell zu besiegeln, zieht den Cheerleader dann aber an sich heran. „Aber lass deine Finger von SAN. Er gehört mir!“, wispert er drohend in Uruhas Ohr. Dieser nickt gelassen. „Dann solltest du jetzt aber auch zügig zu ihm gehen, und ihm sagen, dass es wieder so ist.“ „Gute Idee~“, meint der Nasenbandträger schließlich, löst sich von dem Anderen um dann zügig seinen Heimweg anzutreten. „Na ihr Hampelmänner, wie geht’s voran?“ Daisuke betritt die Turnhalle grinsend und sieht zu den Cheerleadern, die gerade mit ihren Ponpons rhythmisch zur Musik tanzen, als Jui abrupt stoppt und seinem Freund in die Arme stürmt, ihn zur Begrüßung küsst, ehe er ihm auf die gestellte Frage eine Antwort gibt. „Nicht so besonders. Ohne Uruha bringt das Training sowieso nichts. Aber was soll man machen? War eben ein schlechtes Timing, dass er ausgerechnet heute diese Klausur nachschreiben musste.“ „Klausur?“ Der Schwarzhaarige hob eine Augenbraue. „Aber Uruha hat heut gar keine Klausur geschrieben. Ich meine, ansonsten wäre er doch nicht normal in die Pause gekommen.“ Jui sieht seinen Freund ungläubig an. „Er…war in der Pause…?“ Dieser nickt. „Ja, wenn ich es doch sage. Ich mein ich muss es wissen, er hing nämlich die meiste Zeit bei mir ab.“ Der Cheerleader Kapitän löst die Umarmung zu seinem Freund und sieht irritiert und recht nachdenklich zu Boden, solange, bis DIE sein Kinn anhebt um erneut Augenkontakt herzustellen. „Hey, Süßer. Du wolltest mir doch noch irgendwas sagen, oder? Da wir das gestern ja wegen meines Trainings nicht mehr hinbekommen haben, wollte ich mal nachfragen, ob das noch irgendeine Relevanz hat.“ Es dauert eine Weile, bis Jui darauf reagieren kann, da er seine Gedanken erst einmal sortieren muss, um überhaupt wieder darauf zu kommen, was er gestern von Dai gewollt hat. „Achso!“, meint er schließlich und lächelt leicht. „Ich wollte dich fragen, ob du mit mir ein Eis essen gehst. Aber es hat sich ja dann doch noch jemand gefunden, der mich begleitet hat, also war das nicht so tragisch.“ Daisuke nicht verstehend und lächelt Jui dann wieder an. „Okay. Dann holen wir beide das eben heute nach, wenn du willst und hier rechtzeitig raus kommst.“ Er löst sich von seinem Freund und geht auf den Ausgang zu. „Ruf mich an, ja Süßer?! Und noch viel Spaß euch allen!“ „Tschau Daisuke!“ verabschiedet sich auch der Rest der Truppe von dem Schwarzhaarigen. „Was machen wir jetzt, Jui? Ich meine, wollen wir jetzt wirklich noch auf Uruha warten?“ will Miyavi wissen und sieht den Kapitän fragend an, bemerkt dabei nicht, dass sich sein Freund und Liebhaber von hinten nähert, ihm im nächsten Moment ein Haarreif mit Katzenohren aufsetzt und freudig „Neko!“ durch die Sporthalle ruft. Dieser zuckt im ersten Moment kreischend zusammen. „Boah, ich HASSE es wenn du das tust…“, murrt er leise und schmollt gespielt. Jui beginnt daraufhin zu kichern. „Nein, ihr müsst nicht auf Uruha warten. Geht ruhig nach Hause und amüsiert euch noch ein bisschen. Und bloß nicht wieder streiten, habt ihr verstanden?“ „YAY!“, entgegnet K.T darauf freudig und hängt im nächsten Moment schon an Miyavis Arm. Die Reaktion des Schwarzhaarigen war ähnlich. „Danke Chef!“ Die beiden setzen sich in Bewegung und schlendern Richtung Ausgang, als Miyavi nach dem Haarreif tastet, der noch immer seinen Kopf ziert. „Wo bekommst du so was eigentlich immer her?“ „Cosplay-Shop!“ „DAS hätte ich eigentlich wissen müssen!“ Rums. Die Tür ist zurück ins Schloss gefallen. Doch Jui ist nicht lange allein. Wenige Minuten später öffnet sich die Tür wieder und das vermisste Schaf tritt ein. „Sorry das ich so spät bin, aber ich musste noch was klären.“ Uruha sieht sich in der großen, leeren Sporthalle um. „Wo sind denn die Anderen?“ „Ich hab sie nach Hause geschickt. Wie lief die Klausur?“ Juis Stimme klingt verdächtig, doch das scheint Uruha nicht so wirklich zu bemerken. „Klausur? Achso. Na ja, hätte besser laufen können.“ Jui verschränkt seine Arme und sieht seinen Freund und Kollegen durchdringend an. „So, so.“ Dann schultert der Kapitän seine Tasche und geht an Uruha vorbei. „Wie dem auch sei. Geh nach hause – das Training ist vorbei.“ Im nächsten Moment fällt die Tür erneut ins Schloss und der Alleingelassene dieses Mal war ein verwirrter Uruha, der nicht versteht, warum Jui so extrem wütend darüber ist, dass er zu spät gekommen ist. Ist ja immerhin nicht unbedingt das erste Mal gewesen. Da sieht man mal, wie schnell verborgene Tatsachen ins Licht treten können. Wann immer das geschieht, ist die Veränderung in der Regel nicht mehr aufzuhalten. Aber hinterher sind wir bekanntlich immer schlauer, nicht wahr? Kapitel 3: Liebe ohne Leiden - aber viel Leid ohne Liebe -------------------------------------------------------- Jede Tat setzt ein erstes Mal voraus und in den meisten Fällen ist das erste Mal, auch wenn nicht für einen selbst, etwas ganz besonderes. Ganz gleich ob man es als positiv oder negativ betrachtet. Irgendwann ist immer das erste Mal. Man kann davor wegrennen, aber nur wenn man sich stellt, kann man im Leben Erfahrungen sammeln. Ich selbst befinde mich schon viel zu lange in der „Zum ersten Mal wirklich verliebt“ -Phase und glaubt mir, manchmal würde ich alles darum geben, dieser zu entfliehen. Aber sie ist zu präsent und Jui entflammt mein Herz jedes Mal aufs Neue. Das mag jetzt vielleicht alles vollkommen kitschig klingen, was es zugegeben auch ist, aber so ist das nun einmal, wenn man verliebt ist. „Alter, nehmt euch gefälligst ein Zimmer!“ Herrlich, der Klang des Vertrauten an meinem Ohr. Reita und SAN haben sich wieder vertragen und hängen aneinander, als wäre nie etwas gewesen. Und Genki regt sich, wie sonst eben auch, künstlich darüber auf. Alles ist wieder beim alten. Zum Glück. „Du bist doch nur neidisch.“, höre ich SAN sagen, als ich meinen Blick über das Schulgelände schweifen lasse. Er bleibt an der Sporthalle haften, als ich sehe wie sich die Tür öffnet und die Cheerleader hinaustreten, was zu dieser Zeit wegen der alljährigen Competition eigentlich nie so ist. Aber mir soll es recht sein. Es gefällt mir, Jui hüpfen und strampeln zu sehen. Er hat eine wahnsinns Ausdauer. Ob er diese auch bei bettsportlichen Tätigkeiten an den Tag legt? Davon bin ich überzeugt! Wovon ich weniger überzeugt bin, ist die Antwort auf die Frage, ob ich dieser Ausdauer denn auch gewachsen wäre. „He Jui, ich will ja nichts sagen, aber hältst du es für klug dass wir draußen trainieren?“ „Ja. Zweifelst du etwa an mir?“ antwortet Jui knapp und sieht seinen Kollegen standhaft an. „Wenn ich ehrlich sein soll – gerade eben schon, ja. Ich meine du kennst doch die Weiber von der Mädchenschule am anderen Ende der Stadt. Die haben sich ja darauf spezialisiert uns unsere Moves zu klauen und du machst es ihnen gerade sehr viel einfacher.“ Als Jui daraufhin stehen bleibt, tun es ihm die anderen Cheerleader gleich. „Trotzdem bin ICH der Kapitän und du machst, was ich dir sage, klar?!“ Uruha zuckt leicht zusammen, hat mit so einem Ausbruch nicht gerechnet. „Kannst du mir vielleicht mal verraten, was ich dir getan habe, das du so schlecht drauf bist?“ „Das kann ich dir sofort sagen!“, entgegnet Jui plärrend. „Ähm …. Jungs?“ „HALT DIE KLAPPE!“ kommt es simultan aus den Mündern der beiden Cheerleader, die mit ihrem Geschrei einen großen Miyavi ganz klein gemacht und ihn dazu gebracht haben, sich panisch hinter K.T zu verstecken. „Die sind total bösartig.“ „Stimmt. Was ist denn nur los?“ „Ich weis auch nicht. Lassen wir sie besser alleine“ „Ja, ist vermutlich besser, sonst müssen am ende wir noch dran glauben!“ „Schon, dabei haben wir gar nicht gemacht.“ Als Miyavi und K.T ihren Dialog beendet und im Schulgebäude den ersehnten Schutz vor den Streithähnen gefunden haben, entweicht Jui schließlich ein tiefes, gekünsteltes seufzen. „Ich bin gar nicht sauer auf dich, sondern darauf, dass es mit Daisuke nicht mehr so gut läuft wie es sollte.“ Wenn man, anders als Uruha, auf die Tonlage Juis anstatt auf den Namen Daisuke gehört hätte, dann hätte man dieses schauspielerische Getue das Jui soeben an den Tag legt auch als solches entlarvt und es nicht weiter ernst genommen. „Ach ja? Wieso denn das?“ will Uruha gleich wissen. Dieses Interesse für Juis Beziehung lässt selbigen sofort in dem Glauben, dass seine Befürchtung wahr ist: Uruha will etwas von SEINEM Daisuke und traut sich auch noch, ihn deswegen zu belügen um Zeit mit dem beliebten Fußballer verbringen zu können. Grund genug, dieser falschen Schlange eine Lektion zu erteilen, die sie so schnell nicht vergessen wird. Eifersucht ist schon etwas Heimtückisches. „Er meinte gestern zu mir, dass ich ihn im Bett mit meinem Blümchensex langweile und dass er gern mal etwas anderes ausprobieren möchte.“ Uruha legt seinen Kopf neugierig zur Seite. „Etwas anderes?“ „Ja. Er sagt er steht auf Fesseln und hat mich gebeten, mir dafür meine Brustwarzen Piercen zu lassen, aber ich befürchte, das ich mich das nicht traue.“ „Oh…“, entgegnet Uruha zaghaft und sichtlich eingeschüchtert durch diese neue Erkenntnis über den Jungen, auf den er so scharf ist. „Ja. Ich glaube, das er mich verlassen wird, wenn ich ihm beichte, das ich dass nicht für ihn tun kann…“ Rrring! In diesem wahrlich unpassenden Moment vibriert plötzlich das Handy in Uruhas Hosentasche und man kann einen der zahlreichen Nummereins-Hits über den halben Pausenhof hören, welchen er als Klingelton benutzt. „Ja, hallo? …Hallo?“ Nachdem sich auch nach dem fünften Mal niemand meldet legt Uruha wieder auf und sieht Jui entschuldigend an. „Sorry. Der Spinner ruft seid gestern Abend an und bringt sein Maul nicht auf.“ „Na Gott sei dank haben wir keinen Unterricht, sonst wäre dein Handy jetzt bis zum Schuljahresende weg.“ Anhand Juis Stimmlage erkennt Uruha, das der Cheerleader Kapitän selbst nach seiner Aussprache noch deutlich angepisst ist. „Lass den Kopf doch wegen Daisuke nicht hängen. Wenn er dich wirklich liebt, dann wird er dich wegen so was schon nicht verlassen. Wenn doch dann hast du ihn…ich meine, dann hat ER DICH sowieso nicht verdient.“ „Gerade noch mal so die Kurve gekriegt, Uruha.“ Angesprochener atmet erleichtert aus. „Jetzt komm, wir müssen unsere beiden Quasselstrippen finden damit wir weiter trainieren können. Bringt ja auch nichts wenn wir alleine weiter machen.“, äußert sich Jui schließlich und verschwindet mit Uruha genauso wie die beiden anderen Cheerleader wenige Minuten zuvor im Schulgebäude. „Wow, es ist tatsächlich seine!“ Genki entreißt mich schließlich aus meinen Gedanken. Ich wende mich von dem Haupteingang der Schule ab um ihn anzusehen. „Hast du gerade was gesagt?“, frage ich sicherheitshalber nach. „Ach nein, gar nichts!“ entgegnet er mir allerdings gleich und steckt sein Handy in die Hosentasche. Ich hebe meine Augenbraue, beschließe aber, nicht weiter nachzufragen. Da ich mich suchend nach dem Rest unserer Truppe umsehe und weder SAN noch Reita erblicke, stelle ich Genki die mir nun auf der Zunge brennende Frage: „Wo sind Blue und Noseless?“ „In die Cafeteria. Hast du etwa wieder geträumt als sie weg sind?!“ Da ich es wirklich nicht mitbekommen habe, streite ich diesen Vorwurf auch gar nicht erst ab sondern lächle ertappt. „Gott, Kinder. Bin ich denn der einzige Vernünftige hier?!“ Ich hebe meine Augenbraue und sehe mein Gegenüber skeptisch an. „Du und vernünftig? Na ich weis ja nicht, ob es vernünftig ist, sein Gesicht so zuzutackern wie du es mit deinem machst. Ich meine, das ist doch schon wieder ein neues Piercing, oder?!“ Genki grinst zufrieden. „Ah, du hast es also doch bemerkt, ja? Ich hab’s mir im Laden von meinem Vater heimlich selbst gestochen.“ Ich schüttle den Kopf. „Du bist doch wahnsinnig!“ „Was hätte ich denn tun sollen? Mein Alter erlaubt mir keine Piercings mehr und sein Studio ist nun mal das Einzige in einem Umkreis von mehreren Meilen.“ Ich will etwas darauf erwidern, aber glücklicherweise (?) hält mich die Pausenglocke davon ab. Sonst hätte ich ihm die Frage schon gestellt. Mich würde nämlich mal interessieren, was er mit diesen ganzen unnötigen Zusatzlöchern in seinem Gesicht und sonst wo kompensieren will. Weil unser Lehrer immer noch krank ist, geht auch dieser Schultag schneller vorbei, als etwas Ereignisreiches hätte passieren können und so befinden wir uns schon wieder auf dem Heimweg. „Leute, habt ihr nicht Lust, alle mit zu mir zu kommen? Noseless und ich wollen feiern, das wir unsere erste Krise so schnell überwunden haben. Meine Eltern kommen erst am Freitag wieder nach Hause, ich hab also sturmfrei!“ Der Blauhaarige sieht fragend in die Runde. „Sorry, ich kann leider nicht. Dads Assistentin ist schon wieder krank und jetzt muss ich für sie einspringen.“ SAN seufzt langgezogen, sieht dann aber abwartend zu mir. „Und was ist mit dir Bommel? Du kommst doch mit, oder?“ „Natürlich!“, nicke ich und lächle die beiden an. „Sehr schön~“ Schneller als ich schauen kann liege ich SAN schon in den Armen, als ich ihm und Reita kurz darauf folge. „Tschau Tongue und viel spaß beim schuften!“ verabschieden wir uns, nachdem wir Genki vor seiner Haustür abgesetzt haben. Während wir also kurz daraufhin spaß mit SANs Wii-Konsole haben, macht sich der Blonde kaum das er umgezogen ist, wieder auf den Weg in die Innenstadt zum Piercing-Studio seines Vaters. „Da bist du ja mein Junge. Du kannst gleich hinter den Tresen. Ich hab Kundschaft, wie du siehst.“ Was für ein Empfang. Aber Genki stellt sich gleich wie angeordnet hinter den Tresen, wo er sich jetzt den Rest des Tages langweilen darf. Katsching! „Danke und beehren sie uns bald wieder. Empfehlen sie uns ihren Freunden.“ Leiert er die Floskel herunter und legt das Geld in die Kasse. „Sag mal, Pa. Wieso kündigst du diese unfähige Zimtzicke nicht endlich?“ murrt er gleich, kaum das die Kundin verschwunden ist. „Ich meine, sie ist jede zweite Woche krank. Mum kann sie auch nicht ersetzen, die ist viel zu jung und ich mag sie nicht.“ Ihr müsst wissen, dass Genkis Mutter vor einigen Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Er ist zwar nicht abgeneigt, für seinen Vater eine neue Frau sowie auch für ihn eine neue Mutter zu finden, aber die Frauen die sein alter Herr anschleppt, haben ihm bislang einfach nicht zugesagt. „Du bist viel zu wählerisch, Junge. Ich bin in einem Alter wo ich mir das nicht mehr erlauben kann, wenn ich überhaupt noch eine abkriegen will.“ „Du bist 39, also übertreib mal nicht.“ „39 ist alt!“, versichert Genkis Vater und grinst, ehe er in einer kleinen Kammer verschwindet. „Ich mach eben Inventur. Wenn Kundschaft kommt, ruf mich bitte.“ „Geht klar.“ Er stützt seinen Kopf auf der Hand ab, deren Ellenbogen sich gegen den Tisch stemmt. Gerade als er sich eine der Zeitschriften aus dem Regal fischen will, kommt ihm eine viel bessere Idee, die ihn dazu veranlasst, sein Handy aus der Hosentasche zu fischen und eine ganz bestimmte Nummer zu wählen. Als es, kaum das er ein Freizeichen hat, plötzlich draußen im Flur klingelt, legt er vor schreck gleich wieder auf und sieht starr auf die milchige Glastür. Das Klingeln verstummt, kurz bevor eine bekannte Silhouette vor der Tür erscheint, die die Türklinke nach unten drückt. Wie gebannt schaut Genki auf diese Tür, die sich, zumindest für ihn, in Zeitlupe zu öffnen scheint. Und dann steht er doch tatsächlich vor ihm: Der Cheerleader Uruha. Genki muss schlucken. „W-willkommen.“ Krampfhaft versucht er, cool zu bleiben. „Ich kenn dich doch. Du gehst auch auf die Oshienoniwa, oder?“ Genki nickt, da er dies als einfacher empfindet, als zu reden, wenn es schon nicht sein muss. „UND du hängst immer bei diesen anderen Freaks herum. Wie waren die Namen gleich? SAN, Reita und …Hugo?“ „Ich weis zwar nicht, wer Hugo ist, aber ansonsten liegst du vollkommen richtig – ich bin beeindruckt!“ Und Genki ist nach dieser Aussage auch äußerst Beeindruckt von sich selbst. Ist also doch nicht so schwer, mit einem von den ‚Coolen’ zu reden und dabei selbst cool zu bleiben. Aber irgendwie scheint Uruha außerhalb der Schulmauern eine weniger große Klappe zu haben. Gut, vielleicht liegt das auch nur gerade an gegebener Situation. Scheint immerhin sein erstes Piercing zu sein und die tollen Schilder mit der Aufschrift „JA, es tut weh!“, die hier im ganzen Laden verteilt hängen, bringen wohl ein wenig Unbehagen in seinem Kunden auf. „Also…ich hätte gern ein Piercing.“ „Scherzkeks. Das du nicht hier bist um dir die Haare richten zu lassen, ist mir klar.“ Genki grinst den vermeintlichen Kunden an und hält ihm ein Klemmbrett mit einem Zettel unter die Nase. „Füll das aus. Ich sag meinem Chef das du da bist.“ Uruha nickt, nimmt das Klemmbrett samt Stift entgegen und beginnt es auszufüllen. „Du bist ganz schön frech… das gefällt mir!“ Diese Aussage zaubert Genki wieder dieses Glitzern in die Augen. „Du gefällst mir au-… Ich meine...ich weiß.“ Damit Uruha nicht sieht, wie Genkis gepierstes Gesicht rot anläuft, verschwindet er zügig im Lager, wo sein Vater am Boden herumkrabbelt und mit einer Pinzette die aus dem Regal gefallenen Verschluss- und Klemmkugeln zurück in eine Schale aus Plastik zu sortieren. „Fünftausendzwölf…Fünftausenddreizehn…“ „WAS genau treibst du da?“ Sein Vater sieht zu ihm hinauf. „Inventur, hab ich doch gesagt. Und jetzt verschwinde und bring mich nicht raus, sonst muss ich wieder von vorne.“ „Dir wird sowieso nichts anderes übrig bleiben. Du hast Kundschaft.“ Das scheint seinem Alten aber gerade weniger zu stören, der schon, kaum das Genki angefangen hat zu reden, weiter zählt. „Hörst du nicht? Da draußen steht jemand und will ein Piercing!“ „Dann mach’s ihm doch.“ „Was, ich? Aber…“ „Aber was? Du hast dir neulich auch selbst eins stechen können, oder nicht? Muss neidlos zugeben das es gut geworden ist, dann wirst du das sicher auch hinbekommen.“ Genki fasst sich an die Nase und ertastet sich so sein neuestes Piercing. „A-aber ich bin doch gar nicht berechtigt. Ich hab immerhin keine Lizenz.“ „Das weis der doch nicht. Und wenn’s schief läuft kann dir auch nichts passieren. Deswegen lassen wir unsere Kunden diesen Wisch ja unterschreiben.“ Auf diese Aussage hin kann Genki nicht anders, als mit seinen Augen zu Rollen. „Wow, Dad. Klasse wie du den Laden führst. Mum wäre begeistert.“ Doch weil sein Vater schon wieder mit dem Zählen der Kugeln beschäftigt ist, schüttelt Genki noch ein letztes Mal den Kopf, bevor er das Lager verlässt und nun wieder vor seinem Kunden steht. Er zuckt leicht, als er wieder realisiert, wer dieser Kunde ist. Uruha legt ihm gerade das ausgefüllte Formular auf den Tresen, welches er entgegen nimmt und damit der Türen geht, die er kurz daraufhin öffnet. „Dann komm mal mit.“ „Was, du stichst es mir?“ „Gibt es irgendein Problem damit?!“ „Na ja…“, Uruha besieht sich den Blondschopf eindringlich, ehe er fortfährt. „Bist du dazu überhaupt autorisiert?“ Genki nickt und grinst dabei bis über beide Ohren. „Bin gerade dazu autorisiert worden.“ Erneut hebt sich eine Augenbraue des Cheerleaders argwöhnisch in die Höhe. „Soll das heißen, ich bin dein erster?“ Genki nickte. „In jeder Hinsicht.“ „Bitte?“ „Ach…vergiss es!“ Besser schnell damit aufhören, laut zu denken. Seine Gedanken gehen schließlich niemanden etwas an, schon gar nicht Uruha. „Was ist denn jetzt?“ meint er schließlich um ganz von seinen eben gesagten Worten abzulenken. „Ja, ja.“, entgegnet Uruha und betritt endlich den Raum, in dessen Mitte ein Behandlungsstuhl steht, der an eine Zahnarztpraxis erinnert. „Setz dich.“ Gemeinter nickt und setzt sich schließlich. Erst jetzt überfliegt Genki das Formular, bekommt dabei einen halben Kollaps. „Was ist?“ Der Cheerleader sieht den gerade noch bleicher gewordenen Genki an. „Ach…gar nichts. Ich glaube nur meine Augen spielen mir einen Streich. Hier steht, das du ein Brustwarzenpiercing möchtest…“ „Das ist auch richtig.“ Nun sieht Genki sein Gegenüber schweigend an. Das wird er nicht überleben. Ein halbnackter Uruha vor ihm und er soll garantieren, das es nur beim Stechen des Piercings bleibt?! „A-also gut dann mach dich mal frei.“ Das unglaublichste für Genki an der ganzen Sache ist, das Uruha gezwungenermaßen auf ihn hören muss. Deswegen sitzt er wenige Sekunden später auch tatsächlich oben ohne da und der Blonde kann nicht anders, als zu stieren. „Gibt’s ein Problem?“ Im ersten Moment sieht der Blonde seinen Kunden verplant an, ehe er hektisch den Kopf schüttelt und die Lehne des Stuhls nach unten fahren lässt. Dann beist er sich schließlich fest auf die Unterlippe, ehe er mit den Fingerspitzen sachte Uruhas Nippel berührt. Dieser zuckt dabei leicht zusammen. „Du hast ganz schön kalte Hände…“, lügt er, da der Cheerleader nämlich tatsächlich einfach nur sehr empfindlich ist. Seine Brustwarze streckt sich nämlich schon bei dieser kurzen Berührung dem Anderen entgegen, was ihm dann doch ein bisschen peinlich ist. „Sorry…“ entgegnet Genki vollkommen konzentriert und mit starrem Blick auf die Brustwarze, leckt sich dabei ungeniert über die Lippen. Viel länger als nötig reizt er ihn, bringt Uruha dabei in die missliche Lage, sich penetrant auf die Unterlippe beißen zu müssen, um nicht doch aus Versehen einen Laut von sich zu geben, der gerade unangebracht wäre. „Hast du es jetzt bald?!“ Der Angesprochene Blickt zu seinem putativen Kunden hinauf, der mittlerweile total verkrampft in diesem Stuhl sitzt. Genki muss grinsen. „Hast du schiss?“ „Nein. Aber deswegen muss es ja nicht zwangsläufig in die Länge gezogen werden, oder?!“ Der Blondschopf nickt zustimmend, ehe er nach einer Zange und einem Stift greift, um die spätere Ein- und Austrittsstelle zu markieren. Dann hascht er nach der Kanüle. „Ich will dich nicht anlügen Uruha, das wird jetzt gleich ziemlich wehtun.“ Uruha nickt vorbereitet und schließt daraufhin die Augen. „Atme tief ein und erst wieder aus, wenn ich es dir sage.“ Der Brustkorb Uruhas hebt sich und Genki setzt die Kanüle an. „Jetzt!“ Auf das Kommando hin atmet der Cheerleader aus, zuckt aber dennoch zusammen, als ihm der Schmerz durch die gesamte Brust fährt. „Schon vorbei~“ meint Genki schließlich wenige Handgriffe später und betrachtet sein Werk während Uruha noch immer mit zugekniffenen Augen dasitzt und sogar ein bisschen zittert. „Du kannst es dir da drüben im Spiegel mal an-“ Heiße Lippen, die auf seine gepresst worden sind, haben ihn mitten im Satz unterbrochen. Schneller als er hätte reagieren können, hat ihn Uruha am Kragen gepackt und zu sich gezogen. „Was zum…?!“ gibt Genki verwirrt und mit hochrotem Kopf von sich, als der Kuss wieder gelöst ist. „Hör zu. Seitdem dieser doofe Jui an unserer doofen Schule ist, hatte ich keinen Sex mehr. Der Kerl schnappt sich alles, wofür ich mich interessiere.“, rechtfertigt Uruha seine Tat, redet dabei deutlich hektischer als sonst. „Ich weis zwar nicht warum, aber diese Sache macht mich unglaublich an, also lass dich jetzt nicht unnötig darum bitten und fick mich.“ Wieder lässt Uruha dem Blonden keine Zeit, auf das gesagte zu reagieren, zieht ihn stattdessen gleich wieder zu um den Kuss wieder aufzunehmen. Bei dem Versuch sich irgendwo abzustützen um nicht gleich ganz auf dem Cheerleader zu liegen, greift Genki diesem voll in den Schritt, woraufhin er sowohl Gesicht als auch Hand erschrocken zurückzieht. „Du bist tatsächlich spitz wie Nachbars Lumpi!“, meint Genki dann aber grinsend und beugt sich wieder über den Anderen um ihn weiter zu küssen. Dabei legt sich auch seine Hand wieder in Uruhas Schritt, dieses Mal aber bestimmt. Als er damit beginnt, ihn dort zu massieren entlockt er dem Cheerleader Geräusche, die er sich in seinen wildesten und feuchtesten Träumen nicht hat vorstellen können. Soviel zu dem Hetero-Sein. Aber dieser verboten gutaussehende Kerl schafft ihn. Doch wie war das gleich? Nur der ‚gefickte’ ist schwul, der Andere demonstriert bloß seine Macht. Solange sich Genki also an diesen proletarischen Spruch klammern kann ist es auch vollkommen in Ordnung, was hier gerade passiert. Denn Uruha macht keine Anstalten, dominant zu sein - Gott sei Dank. Ein gepresstes Keuchen entweicht dem Blonden, als er plötzlich einen angenehmen Druck in seinem Schritt spürt. Etwas erschrocken darüber, löst er sich von seinem heiß begehrten Cheerleader und sieht ihn mit einer sanften Röte in seinem Gesicht an. „Mach hin. Ich will die ganze Sache schnell hinter mich bringen.“, wispert Uruha erregt. Obwohl Quickies durchaus Genkis stärke sind, hat er sich das hier doch ein wenig anders vorgestellt. Trotzdem will er diese womöglich einmalige Gelegenheit nutzen, denn wann bietet sich ihm schon mal ein Cheerleader an? Und dann auch noch der schärfste von allen? Also kommt er Uruhas Wunsch nach und beschleunigte die Sache, indem er dem Brünetten die Hose öffnet und samt Shorts über den Hintern zieht. Dieser hebt dabei willig sein Becken um es Genki zu erleichtern. Als ihm dann Uruhas nicht zu verachtende, bereits bis aufs äußerste erregte Männlichkeit entgegen springt, muss er doch schlucken. Noch direkter als mit so einer Größe kann man Genki gar nicht darauf hinweisen, das er gerade kurz davor ist, es mit einem Kerl zu treiben. Der Cheerleader blinzelte erneut. „Was is los, überrascht dass ich so viel in der Hose hab?“ Gefragter schüttelte hektisch den Kopf. Uruha grinste. „Keine Angst, ich bleibe passiv. Es sei denn, du willst es anders~“ Wieder ein nervöses Kopfschütteln seitens Genki. „Hab ich mir gedacht.“ Uruhas Hände legen sich sachte auf den Bund von Genkis Hose, ehe seine Daumen dahinter verschwinden und die restlichen Finger den Knopf aus der Lache lösen. Danach folgt das surrende Geräusch des sich öffnenden Reisverschlusses. Er zieht die Hose nach unten und lässt die schwarzen Shorts direkt folgen. Mit einem prüfenden Blick begutachtet der Sitzende kurz den blonden Stehenden, ehe er sich nach vorne beugt und die Männlichkeit Genkis komplett in sich aufnimmt. Genkis Augen weiten sich erst überrascht, ehe sie sich genießend schließen und ihm ein unterdrücktes Keuchen entweicht. Er spürt deutlich, wie Uruha kräftig an ihm saugt und sein Glied mit einer feinen Schicht heißem Speichel benetzt, ehe er sich allerdings kurz daraufhin wieder löst und zurück in den Stuhl legt. Fügsam spreizt er seine langen, schmalen Beine und sieht abwartend zu Genki hinauf. Natürlich kommt der Blondschopf dieser Einladung entgegen, platziert sich zwischen ihm und beginnt, die Spitze seiner Erregung gegen Uruhas Muskelring zu pressen um wenige Sekunden später von diesem aufgenommen zu werden. Sachte verschwindet er tiefer in der engen Lustgrotte des Cheerleaders, der keuchend den Kopf in den Nacken wirft. Nachdem er vollends in Uruha verschwunden ist, verweilt er einen Moment, beugt sich nach vorne und küsst den Femininen. Uruhas Arme schlingen sich um den Nacken Genkis und ziehen ihn an sich heran, während sich seine Lippen und die Zunge dem feuchten Tanz hingeben. Doch bevor Genki damit beginnt, sich zu bewegen, löst er diesen Kuss und sieht Uruha tief in die wunderschönen, schwarzen Augen. „Beweg dich…“, raunt Uruha gegen Genkis Lippen, ehe er den Kuss wieder aufnimmt. Jetzt wird er ja doch dominiert, irgendwie zumindest. Aber eine Sekunde länger würde er es ruhig auch gar nicht mehr in Uruha aushalten, also kommt er der Aufforderung entgegen. Langsam beginnt er sein Becken vor und zurück zu bewegen, dabei immer wieder tief in Uruha zu stoßen und ihm ein unterdrücktes Stöhnen zu entlocken. Genki spürt wie sich eine angenehme Hitze von der Lendengegend aus in ihm ausbreitet und kann sein eigenes Keuchen immer weniger kontrollieren. Es war schließlich auch bei ihm eine weile her und genauso wie bei Uruha hat sich einiges an Wollust in ihm aufgestaut. Die heißen Körper der Beiden glänzen und die Perlen tropfen ihnen von der Stirn. Genki spürt, dadurch dass er dem Anderen so unsagbar nah ist, wie dessen Glied immer wieder gegen seinen Bauch stößt und dabei tatsächlich immer noch härter zu werden scheint. Das Stöhnen der Beiden ist im Einklang, passt sich Genkis schneller werdenden Stößen an. Das warme, sich ausbreitende Gefühl nimmt sie mehr und mehr ein, bis es schließlich fast zeitgleich aus ihnen heraus bricht. Während Genki tief in dem Anderen gekommen ist, hat sich Uruha auf Genkis Waschbrettbauch ergossen. Der Cheerleader sinkt zurück in den Stuhl und weil er den Anderen nicht loslassen will, zieht er ihn mit sich. „Das war so was von nötig…“ murmelt Uruha sichtlich befriedigt und grinst dabei. „Das war so was von geil.“ Entgegnet der Blondschopf daraufhin und grinst ebenso dreckig. Wieder versiegeln sich die Lippen der beiden zu einem gierigen Kuss, der allerdings von dem plötzlichen, penetranten Klopfen an der Tür unterbrochen wird. Erschrocken lösen sich die beiden voneinander. „Genki? Was treibst du da drin?!“ Der Angesprochene zuckt zusammen. „Shit, das is mein Vater.“ Schnell greift er nach der Papierhandtuchrolle und entfernt das immer noch warme Sperma von seinem Bauch, ehe er sich wieder anzieht. „Schnell zieh dich an!“ hetzt er Uruha und wirft ihm die Rolle zu. Schon im nächsten Moment öffnet sich die Tür und Genkis Vater tritt ein, besieht sich erst seinen Sohn und dann den Kunden, der sich gerade die Hose zuknöpft und sich vom Stuhl erhebt. „Huch, entschuldige, ich wusste nicht, das du immer noch Kundschaft hast“, äußert er sich und verlässt das Zimmer auch schon wieder. Uruha und Genki sehen sich kurz an, haben beide eine zarte Röte im Gesicht und fühlen sich ertappt, dennoch ist das Grinsen nicht von ihren Gesichtszügen gewichen. „Wie wäre es, wenn wir das bei Gelegenheit wiederholen?“ Genki sieht den Cheerleader abwartend an. Dieser zuckte bloß mit den Schultern. „Wenn es sich ergibt schon. Aber erwarte jetzt bloß nichts, was darüber hinaus geht. Sobald ich Daisuke habe ist alles andere Geschichte.“ Der Blondgebleichte nickt. Etwas anderes hat er sich zwar erhofft aber nicht erwartet. Die beiden verlassen das Zimmer und Genki kassiert das Geld für den Piercing. „Vielen Dank, beehren sie uns bald wieder und empfehlen sie uns weiter!“ Genkis Vater hat Uruha mit dieser Floskel verabschiedet und sieht seinen Sohn dann neugierig an. „Und, was?“ „Wie was?“ „Na, was wollte er denn?“ „Brustwarze.“ Sein Vater verzieht ein fragendes, gleich verwirrendes Gesicht. „Brustwarze?“ Genki nickt. „Yo~“ Mit diesen Worten drückt er seinem Vater das ausgefüllte Formular in die Hand und mit einem angefügten „Ich geh nach hause“ verlässt er anschließend das Studio. Sein Vater kommt unterdessen schwer ins grübeln. Er könnte schwören, dass er genau gesehen hat, wie sich Genkis Kunde die Hose zugeknöpft hat. Deswegen hat er eigentlich auch erwartet, dass ihm sein Sohn gleich erzählen wird, dass sein allererstes Piercing das er stechen durfte, ein Intimpiercing gewesen ist. Aber auch auf dem Formular ist ein Brustwarzenpiercing angegeben. Allmählich macht sich in dem schwarzhaarigen Mann mittleren Alters ein unschöner Gedanke breit. „Das kann doch nich…“ Zügig verschwindet er noch einmal in dem Zimmer und sieht sich darin genauestens um. „Mein Sohn ist nicht…auf keinen Fall!“ Im Mülleimer entdeckt er schließlich die zerknüllten Papierhandtücher. Gehemmt greift er nach einem und begutachtet es genau. „IH!“, quietscht er plötzlich und wirft es sofort zurück in den Müll. Entsetzt sah er zu den spermaverklebten Papierhandtüchern im Müll. Da fällt ihm zu allem Übel auch noch ein, das er das Piercing dieses Kerls nicht einmal gesehen hat. Am Ende hat sein über alles geliebter Sohn womöglich seinen Körper an diesen Kerl verkauft. Ja genau! Sein Sohn ist nämlich nicht schwul, auf keinen Fall! Das abstrakte Denken liegt hier scheinbar in der Familie. Zur Sicherheit jedoch tätigt der Vater lieber einen Anruf. „Oshienoniwa Oberschule, sie sprechen mit Rektor Ishihara Issei?“ „Wie gut, dass ich Sie gleich erreiche. Es geht um meinen Sohn Genki. Ich möchte ihn austragen lassen.“ … Manchmal spielt das Leben einem schon einen seltsamen Streich. Oder hättet ihr gedacht, das ausgerechnet Genki, der ja so steif und fest darauf plädiert, hetero zu sein, noch vor uns anderen mit einem Kerl schläft? Und dann auch noch in unmittelbarer Nähe seines Vaters, der sowieso einer der konservativsten Menschen ist, den ich kenne. Dafür bekommt er meinen vollsten Respekt, auch wenn ich offiziell natürlich ja noch gar nichts davon weiß ;) Kapitel 4: Jede Zeit ist umso kürzer, je glücklicher man ist - Teil 1 - ----------------------------------------------------------------------- Die Zeit ist etwas sehr kostbares. Viele Menschen jammern, dass sie nicht genügend davon haben und die die zu viel davon besitzen, beschweren sich darüber, dass das Warten auf gewisse Dinge viel zu lange dauert. Tatsächlich ist Zeit begrenzt und man sollte sie nicht sinnlos vergeuden. Am besten ist die Zeit dort aufgehoben, wo man sie mit den Menschen, die man Liebt, verbringen kann. Ich bereue keine einzelne Sekunde, die ich mit meinen besten Freunden verbringe, selbst wenn sie augenscheinlich verschwendet wirken. Denn auch wenn es ausgeschlossen scheint, so kann es doch plötzlich vorbei sein. „HA, GEWONNEN!“, plärre ich durch das Gebäude, nachdem ich vom Sofa hochgefahren bin. Kunstvoll wird die Wii-Fernbedienung samt Nun-Chuck in meinen Siegestanz mit eingebaut. „Ich habe gewonnen, gewonnen, ich habe gewonnen! Und das zum siebzehnten Mal in Folge!“, trällere ich vor mir her und ernte dafür sichtlich entnervte Blicke von meinen Freunden. „Komm mal wieder runter, Bommel.“, höre ich SAN protestieren. „Ja, genau, komm mal wieder runter, ich will ne Revanche!“ Ich stoppe meinen Freudentanz und sehe Reita blinzelnd an, hebe eine Augenbraue. „Bist du sicher? Kannst du denn noch eine Niederlage verkraften?!“ „Pft, Niederlage. Von wegen! Das nächste Spiel gewinne ich!“ Ein breites Grinsen schleicht sich in meine Züge. „Das hast du die letzten siebzehn Mal auch schon gesagt.“ Der Blauhaarige nickt zustimmend. „Sei kein schlechter Verlierer und geb dich geschlagen, Schatz. Außerdem habe ich keine Lust mehr.“ Ich werfe einen Blick auf die Uhr und nicke dann leicht. „Genau. Außerdem habe ich sowieso keine Zeit mehr. Ich muss nach Hause sonst machen sich meine Alten doch tatsächlich noch Sorgen um mich.“ Während ich diese Worte spreche, habe ich mir schon meine Jacke über geworfen und bin kurz vorm gehen. „Also gut, überredet. Dann revanchiere ich mich eben morgen.“ Ich grinse. „Na wenn du das sagst. Vergiss nicht, morgen ist Tongue bestimmt auch mit von der Partie, dann seht ihr wirklich alt aus.“ „Ach ja?! Wer sagt denn, das Tongue in dein Team kommt?!“ „ICH sage das!“, mischt sich SAN wieder ein und sieht seinen Freund gespielt verärgert an. Nach einer kurzen Stille brechen wir schließlich alle in tönendem Gelächter aus. „Na ja, ich muss jetzt wirklich gehen. Macht’s gut ihr zwei und seid artig!“ Zwinkere ich Ihnen zu, nachdem ich sie kurz freundschaftlich Umarmt habe. Dann lasse ich mich noch von SAN zur Tür bringen und bin wenige Sekunden später auch schon auf dem Heimweg. Es ist mittlerweile ganz schön dunkel geworden, aber wenn es etwas gibt, wovor ich keine Angst habe, dann ist das die Dunkelheit. SAN setzt sich wieder dicht an seinen Freund und schmiegt sich an diesen. „Und, was wollen wir machen? Jetzt wo wir ganz~ alleine sind?“ Seine Tonlage hat etwas bewusst Lustvolles, denn der Blauschopf hat schon ganz gewisse Vorstellungen, was heute Nacht endlich passieren soll. Um diese Aussage zu verdeutlichen, beginnt er zusätzlich gierig über Reitas Hals zu lecken. „Mh. Ich weis nicht. DVD schauen vielleicht?“ SAN dropte. „Ja genau. Das ist doch genau das, was ich jetzt mit dir machen möchte, wo ich schon mal das Glück habe, Sturmfreie zu haben.“ Natürlich war das Sarkasmus pur, aber diese Sprache hat Reita noch nie verstanden. Absicht? Auf jeden Fall erhebt er sich nach dieser Aussage freudig und stelzt zu dem Regal indem SANs DVD Sammlung zu finden ist. „So wie ich dich kenne, hast du doch bestimmt den neuen FD, oder?“ „Sicher.“, gibt SAN schmollend von sich und verschränkt schließlich die Arme. „Toll! Den habe ich nämlich noch nicht gesehen.“ Erklärt der Nasenlose Kurz, ehe er besagte DVD im Regal gefunden hat. „Es gibt noch viel mehr, das du noch nicht gesehen hast. Aber anscheinend willst du das auch gar nicht sehen, jedenfalls nicht so dringend wie den blöden Film.“, murrt SAN, nachdem sich sein Freund mit der Fernbedienung in der Hand wieder zu ihm gesetzt hat. Auf diesen schnippischen Kommentar jedoch reagiert der Kurzhaarige nicht, kümmert sich lieber darum, den Film zum Laufen zu bringen. Als das geschafft war, legt er seinen Arm um den Blauhaarigen und drückt ihn sanft an sich. Damit verbannt er auch das Schmollen aus dessen Zügen. SAN hat sich den Verlauf des Abends zwar anders vorgestellt, als jetzt hier mit Reita Horrorfilme zu gucken, doch es hat trotzdem seinen Reiz noch nicht verloren, einfach nur in dessen starken Armen zu liegen und zu kuscheln. „Noseless?“ „Ja, was ist denn?“ „Du liebst mich doch, oder?“ „Über alles~“ und mit einem Kuss ist diese Aussage erneut besiegelt worden. Als die beiden nach ihrem Horrorfilm dann aneinander gekuschelt in SANs großem Bett liegen, beschließt der Blauhaarige einen weiteren Versuch zu wagen. Er rollt sich über Reita und beginnt ihn wild zu küssen. Natürlich erwiedert Reita diesen Kuss mit derselben Leidenschaft und hat keine Sekunde später SAN ins Bett gedrückt, ohne dabei besagten Kuss auch nur ansatzweise zu lösen. Auch seine Hände werden aktiv, streichen über SANs Oberkörper und die Seiten. Doch gerade als SAN geglaubt hat, den prüden Nasenlosen wach gekitzelt, und somit endlich zu bekommen was er will, löst sich dieser vom Blauschopf, gibt ihm noch einen kurzen Schmatzer auf den Mund, ehe er sich wieder zurück ins Bett legt. „Gute Nacht, Blue.“ „Ja….gute Nacht…“ Doch für SAN beginnt diese Nacht tatsächlich erst sehr spät. Ihm kreist die Frage im Kopf herum, warum Reita ihn nie unterhalb der Gürtellinie berührt. Hat dieser Kerl etwa ein Keuschheitsgelübde abgelegt oder was ist sein Problem? Wenn er wenigstens darüber sprechen würde, aber sogar das Gespräch darüber ist bisher immer irgendwie übergangen worden… Am nächsten Morgen mache ich mich – wie jeden Morgen - auf den Weg, alle einzusammeln. Mein erster Stopp war dabei – wie jeden Morgen – das Haus von SAN. Ich klingle an der Haustür und die beiden kommen mir schon entgegen. Der Blauhaarige zieht dabei ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter, während Reita sich davon anscheinend nach und nach anstecken lässt. „Was ist denn los, habt ihr etwa schon wieder gestritten?“ Frage ich sie schließlich, nachdem keiner von beiden ihren Mund aufzubekommen scheint. Synchron schütteln sie den Kopf, schweigen allerdings auch weiter vor sich her. Ich bin noch nie ein Aufdringlicher Mensch gewesen, deswegen habe ich es auch dieses Mal dabei belassen. Wenige Minuten später klingle ich an der Haustür von Genki. Irgendwas scheine ich verpasst zu haben, denn auch er wirkte sehr geknickt und nicht wirklich in Stimmung, darüber zu reden. Weil dieser Zustand bis zur ersten Pause angehalten hat, will ich nun schon einmal wissen, wer denn wichtiges gestorben ist. „Sag mal ist heute der Tag der vereinten Trauerklösse oder warum zieht ihr alle so ein Gesicht?“ Ich sehe dabei zu Genki, der sehr unruhig auf dem Stuhl sitzt und sich suchend umzusehen scheint. „Später…“, gibt er schließlich von sich und erhebt sich daraufhin, um gen Schulgebäude zu sprinten. „Tongue, warte!“ und schneller als ich schauen kann, ist Reita ihm gefolgt. Ich sehe den mit mir zurückgelassenen an, der seinen kopf senkt. „Was ist denn los…?“ versuche ich erneut mein Glück, irgendetwas zu erfahren. „Noseless will einfach nicht mit mir schlafen.“ Ich zucke leicht zusammen. Auf so etwas Intimes war ich dann doch nicht vorbereitet. „U-und deswegen verziehst du so ein Gesicht?“ „Na hör mal! Ich weis ja nicht wie es dir dabei gehen würde, dich wieder und wieder ohne jeglichen Erfolg anzubieten. Ich weis einfach nicht mehr, was ich noch tun soll. Ich meine, ich kann ja schlecht zu ihm sagen, das ich jetzt gefälligst Sex mit ihm haben will.“ Ich kratze mich an der Schläfe. „Und warum kannst du das nicht?“ „Na, das wäre doch total unromantisch. Und irgendwie auch total komisch…“ Über diese Aussage muss ich schmunzeln. Normalerweise, zumindest habe ich das bis jetzt immer gedacht, hällt SAN nicht sonderlich viel von Romantik. Aber auf der anderen Seite verstehe ich ihn schon. Das erste Mal ist immerhin etwas ganz besonderes. „Blue, wir reden hier von Noseless. Er versteht eben nur den direkten Weg, wenn überhaupt.“ Natürlich habe ich übertrieben, in der Hoffnung, SAN damit wieder ein lächeln ins Gesicht zaubern zu können. Dies ist jedoch von mäßigem Erfolg gekrönt. „Ich glaube, er stellt sich da absichtlich so dumm. Er will mich einfach nicht…“ „So ein Blödsinn. Natürlich will er dich. Vielleicht ist er einfach noch nicht so weit.“ „Ja, oder es gibt einen Anderen.“ Bei solchen Aussagen möchte ich sogar einem SAN jedes Mal an die Gurgel gehen. Immerhin sind die beiden neben Ihrer Beziehung ja auch Freunde. Wie können sie da nur dauernd aneinander zweifeln? „Als ob er sich für irgendjemanden außer dir interessieren würde. Mal ehrlich, der Kerl ist genauso Blind vor Liebe, wie du.“ „Was willst du denn damit sagen?!“, werde ich gleich angefahren. „Na, das, Noseless Keuschheit dir gegenüber jeden Grund haben könnte, aber ganz bestimmt nicht den, das er dich betrügt.“ … Etwas Abseits und zwei Stockwerke über uns, nämlich in unserem Klassenzimmer unterhalten sich Reita und Genki gerade über genau dasselbe Thema. Zumindest anfänglich. „Blue will unbedingt, das ich mit ihm schlafe…“ „Und, was genau ist jetzt dein Problem?“ Genki hebt genervt eine Augenbraue und sieht den Nasenbandträger fragend an. „Ich…trau mich einfach nicht. Die Tatsache, das er ein Kerl ist, ist dabei viel zu präsent.“ „Ist das dein Ernst?!“ Irgendwie tut Genki sich gerade schwer, das zu glauben. Hier in der Schule waren die beiden ja auch immer aneinander geklebt, als wollen sie es jeden Moment miteinander tun. Reita senkt den Blick peinlich berührt und nickt schwach. „So einen Mist habe ich ja noch nie gehört. Also als ich gestern mit Uruha geschlafen habe, habe ich dabei kein Stück gedacht. Und das tue ich jetzt im Nachhinein auch nicht.“ Als Genki sehen kann, wie sich Reitas Augen ungläubig weiten, kommt ihm erst, womit er gerade herausgerückt ist. „Bitte was? Du sollst mit Uruha geschlafen haben? DEM Uruha?“ Nun ist es Genki, der peinlich berührt nickt. „Ausgerechnet du? Mister Ich-bin-sowas-von-überhaupt-nicht-schwul?!“ Wieder ein zaghaftes Nicken. Sein Gesicht nimmt sogar eine leichte Röte an. „Und du sagst das jetzt nicht nur, um mich irgendwie aufzubauen?“ „Na hör mal! So eine Lüge hätte ich dazu nicht nötig.“ Reita schmunzelt nachdenklich. Irgendwie hat Genki ja recht, aber das zu glauben ist trotzdem schwer. Immerhin reden sie hier von Uruha. Dem nach Jui angesehensten und beliebtesten Cheerleader überhaupt. „Wie hast du denn den geknackt?“ „Tut das denn jetzt irgendwas zur Sache?!“ fährt er Reita im ersten Moment an. „Ich meine…hör auf darüber nachzudenken. Tu es einfach. Ich meine, du liebst ihn – es kann nur richtig sein…“ Eine Stille entsteht, in welcher der Nasenbandträger den Blonden ausgiebig mustert. „Wenn ich dich nicht so gut kennen würde Tongue, würde ich fast behaupten, Uruha ist für dich mehr als ein One Night Stand. Bist du vielleicht deswegen so frustriert?“ „Quatsch! Das hat damit nichts zu tun.“, versichert er gleich und seufzt kurz daraufhin tief. „Es ist mein Dad. Er will seid gestern plötzlich unbedingt weg ziehen…“ Schon zum zweiten Mal hat der Blonde es geschafft, Reita das pure Entsetzen ins Gesicht zu zaubern. „Wie? Aber warum dass denn?!“ „Keine Ahnung. Er meinte, dass sein Geschäft hier nicht mehr liefe, wie es sollte. Und das das die ultimative Chance für mich wäre, wieder auf eine Mischschule zu kommen.“ „Hast du etwa so einen Wunsch geäußert?“ „Als Mutter noch lebte schon, aber seither eigentlich nicht. Ich möchte auch gar nicht die Schule wechseln. Bin doch total aufgeschmissen ohne euch.“ Reita seufzt langgezogen. „Dann musst du ihn unbedingt von dieser dummen Idee abbringen!“ „Zu spät. Unser Haus ist bereits verkauft und muss innerhalb einer Woche geräumt sein. Außerdem hat mein Vater schon ne Wohnung irgendwo in Osaka besorgt.“ „Wer hat ne Wohnung in Osaka?“ Die beiden haben unser erscheinen nicht bemerkt, weswegen Reita leicht zusammenzuckt, als er so plötzlich von SAN in die Arme geschlossen wird, bevor eben diese Frage gestellt hat. „Tongues Vater. “ Entgegnet Reita knapp und sieht dabei zu Genki, der betrübt mit seiner Schere spielt. „Aha?“ SAN und ich setzen uns zu den Beiden und sehen nun, ebenso wie Reita zu dem Blondschopf hinüber. „Ich ziehe wohl nach Osaka...“, murmelt er schließlich. „WAS? Wann?“ „Ja, und wieso?“ Doch um uns das zu erzählen, was Reita schon weiß, blieb keine Zeit mehr. Gerade in diesem Moment ertönt die Pausenglocke und leitet das Ende der Pause ein. Doch weder SAN noch ich selbst sind in der Lage dazu gewesen, dieses Thema bis zur nächsten Pause auf sich beruhen zu lassen. So fliegen die Zettelchen. Das wir in der darauf folgenden Pause Regenwettergesicht verziehen, ist wohl zu erwarten gewesen. „Du ziehst also tatsächlich weg…“ „Sieht so aus…“ Frustriertes Schweigen. Soll das jetzt etwa die ganze Woche so gehen, bis Genki schließlich weg ist?! „Blue, wann kommen deine Eltern noch mal zurück?“ Frage ich SAN und sehe ihn dabei abwartend an. „Ich weis nich genau, aber vor Samstag sind sie auf keinen Fall wieder zurück.“ „Gut, dann gehen wir nach der Schule zu Blue, zumindest diese eine Woche lang. Und während der Schulzeit tun wir gefälligst auch mehr, als nur Trübsal zu blasen. Wir können es zwar nicht mehr verhindern, das Tongue geht, aber wir können die kommenden vier Tage unvergesslich machen.“ Auf meine Worte hin fährt sich der Blondschopf leicht berührt durch die zottelig toupierte Mähne. „Das ist lieb Bommel. Aber jeder Tag mit euch war unvergesslich. Ihr seid die besten Freunde die man haben kann. Ihr seid zwar tuckisch und total verweichlicht, aber wenn ich zwischen euch und anderen Homos wählen müsste, ich würde mich sofort für euch entscheiden!“ „Ha ha, sehr witzig.“ Kommt es von SAN. Reita nickt zustimmend. „Vor allem wenn man bedenkt dass du seit gestern die meiste Erfahrung von uns hast, was das Schwulsein betrifft.“ „Genau!“ werfe ich mich mit in das Gespräch mit ein, ohne wirklich zu wissen, wovon gerade die Rede ist. „Ich meine, ach ja, hat er?“ Fragend blicke ich zwischen Genki und Reita hin und her als Reita schließlich nickt. „Fragt ihn doch mal, wen er gestern geknackt hat.“ „Wen hast du denn gestern geknackt, Tongue? Bist du auf einen Transvestiten reingefallen oder was?“ SAN grinst den Blonden an, ich tue es ihm gleich. „Besser! Nun sag’s ihnen schon Tongue, sonst mach ich’s!“ auch auf Reitas Züge schleicht sich nach und nach ein breites Grinsen während Genki uns nur vollkommen teilnahmslos ansieht. „Jui…“, gibt er dann schließlich von sich, wobei ich erstmal schwer schlucke. „War es nicht vorhin noch Uruha?!“ wirft Reita gleich ein, da sein Freund mit den blauen Haaren kurz davor war, auszurasten. Ihr müsst wissen, dass es für SAN einer Todsünde gleichkommt, einem Freund seine Liebe auszuspannen. „Nein, ich meine, da vorne kommt Jui.“ Obwohl ihm das keiner von uns in diesem Moment geglaubt hat, drehen wir uns alle um. Und tatsächlich, mein Jui ist in eiligem Schritt auf dem Weg zu uns, besser noch, er hat direkt mich im Visier. „Na endlich lauf ich dir mal wieder über den weg Shougo~“ du lächelst mich liebevoll an und bringst mein Herz damit fast zum explodieren. „…“ Wieder bleiben mir sämtliche Worte im Hals stecken. „Du warst neulich so schnell weg. Tut mir leid, dass ich Uruha mitgeschleppt hatte, aber ich hab den Kerl lieber um mich. Dann weis ich wenigstens, das er mit seinem Hintern nicht wieder an Daisuke klebt…“ Sehr schön, und warum genau erzählst du mir das? Richtig, weil du nicht weist, was ich für dich empfinde. Und du wirst es wohl auch niemals erfahren. „Wie dem auch sei, wollen wir das mit dem Eis morgen nach der Schule noch mal probieren?“ „Na klar will er das!“, kommt es alsbald von SAN, der mich Jui gleich entgegen schiebt. „Was? Nein…“, murmle ich dann und sehe zu Boden. „Wie nein?“ SANs Ton hat sich förmlich überschlagen, als er mein ‚nein’ wahrgenommen hat. Ich lächle Jui entschuldigend an. „Ich kann diese Woche kein Eis mit dir essen gehen. Genki zieht weg und ich möchte die Zeit die uns noch bleibt mit ihm und meinen Freunden verbringen…“ Auch Jui lächelt nun zurück. „Ach so, kein Thema. Dann eben ein andermal!“ Mit diesen Worten entfernt sich mein Objekt der Begierde wieder. „Wow, ich kann nicht glauben, das du dass gemacht hast“ Das konnte ich selbst noch nicht so richtig. Aber ich weis, dass ich diese Entscheidung nicht bereuen werde. Selbst wenn das gerade die letzte Möglichkeit gewesen wäre Zeit mit Jui zu verbringen. Meine Freunde stehen darüber. Es heißt doch schließlich so schön, dass Liebe kommt und geht während eine wahre Freundschaft ewig währt. Ich lächle zu SAN und den Anderen. „Dann lasst uns viel unternehmen, damit ich mich nicht ganz so mies deswegen fühle, ja?“ „Na darauf kannst du aber wetten!“ „Entschuldigt meine Verspätung.“ Der Cheerleader Kapitän betritt, nach dem kurzen Dialog mit mir, sein Reich, die Turnhalle, wo seine ‚Untertanen’ bereits auf ihn warten. Es haben sich zwei Grüppchen gebildet. Das eine, bestehend aus K.T und Miyavi, die die Verspätung des Kapitäns ausgenutzt haben, und es nun sichtlich geniesen, wild miteinander rumzuknutschen. Das zweite Grüppchen, das zu Juis missfallen auch immer häufiger angetroffen werden kann, waren sein Erzrivale Uruha und sein Freund Daisuke, der nach dem Fußballtraining den Cheerleadern schon immer zugesehen hat. Auch schon bevor er dadurch mit Jui zusammen gekommen ist. DIE und Uruha unterhalten sich, während der Cheerleader dabei mit seinem Haar spielt und deutliche Signale an den Fußballer gibt. Jui räuspert sich. „Ich sagte: Entschuldigt die Verspätung!“ wiederholt der nun deutlich verärgerte Jui, als ihm beim ersten Mal wirklich keiner Aufmerksamkeit schenkt. „Schatz~“ meint Daisuke dann freudig und erhebt sich schließlich, um seinen Freund in die Arme zu schließen. Das hat bis jetzt immer geholfen, um den gereizten Jui wieder zu besänftigen. So ist es auch dieses mal. Der zierliche Jui schmiegt sich eng in die Arme seines starken Lovers und schließt kurz genüsslich die Augen. „Sieht so aus, als hätte ich morgen doch zeit für dich. Meine Verabredung hat eben abgesagt.“ „Oh…“ „Oh? Du freust dich ja gar nicht.“ „Doch, schon. Na ja. Ich habe jetzt schon was mit Uru ausgemacht. Immerhin meintest du, das dieser ‚Freund’ von ‚außerhalb’ den du morgen treffen wolltest, wichtig für dich wäre, da du ihn so lange nicht mehr gesehen hättest. Ich…hab fest damit gerechnet das du keine Zeit hast…“ Sofort als Uruhas Namen gefallen ist, hat sich Jui bereits beleidigt von Daisuke gelöst und kann nun das fiese Grinsen in Uruhas Gesicht im Augenwinkel erkennen. „Schon gut, red nicht weiter.“, murrt er dann und dreht ihm und somit auch Uruha den Rücken zu. „K.T, Myv. Hört auf rumzuknutschen, es geht los. Wir haben nicht mehr viel Zeit bis zur Competition.“ Die angesprochenen lösen sich voneinander und sehen ihren Kapitän schmollend an. „Maul uns doch nicht gleich so an.“ „Genau. Wir maulen ja auch nicht, wenn deine Zunge in Daisukes Hals hängt.“ „Nur leider kommt das immer seltener vor, falls ihr Schwachköpfe das nicht bemerkt…“, denkt Jui still bei sich und stellt sich dann einfach in Position, beginnt die Schritte anzuzählen. Als Genki und ich abends SANs zuhause verlassen, werde ich ihm gefragt, ob er nicht die Nacht bei mir verbringen könne. Er meint, dass er momentan einfach keinen Bock auf seinen Alten habe, was ja auch irgendwie mehr als verständlich ist. Natürlich habe ich eingewilligt und nun sitzen wir in meinem Zimmer und unterhalten uns. Ich habe mich zuvor noch nie so gut mit ihm unterhalten können. Den Grund dafür kenne ich selbst nicht. Er erzählt mir von Uruha und dem ‚Spaß’, den er mit ihm gehabt hat. „Eigentlich sind diese Wichtigtuer auch nicht anders, als wir. Sie schaffen es nur, dabei cool und beliebt zu sein.“ „Ganz meine Rede!“ Just in diesem Moment beginnen unsere Mobiltelefone fast synchron zueinander, zu klingeln. Da Genki sofort ran geht, setze ich mich auf und stelle mich etwas abseits, damit wir uns nicht ins Gehege kommen. „Ja, Blue, was gibt es denn?“ Frage ich. Am Klingelton habe ich erkannt, dass er es ist. „Wir haben es getan! Noseless und ich hatten Sex“ Über diese Aussage musste ich schwer dropen. „Und dafür rufst du mich mitten in der Nacht an? Das hätte doch auch morgen noch gereicht.“ „Nein, hätte es nicht! Oh Bommel, es war so traumhaft schön. Ich habe mich so wohl dabei gefühlt.“ „Na sehr schön.“, reagiere ich etwas patzig auf SANs Worte. Das liegt wohl daran, das ich zum einen hundemüde, und zum anderen, und dazu stehe ich voll und ganz, so dermaßen Neidisch auf die beiden bin. „Ja~“, säuselt es mir ins Ohr. „Oh, ich muss Schluss machen, er kommt zurück!“ Dropend sehe ich mein Handy an, das jetzt nur noch ein langgezogenes tuten von sich gibt, bis ich schließlich ebenfalls auflege und mich wieder zurück zu Genki setze. „Und, wer wars?“, werde ich von dem Blonden gefragt. „Blue. Er und Noseless haben’s wohl endlich getan.“, antworte ich knapp. Nun muss Genki breit grinsen. „Ich weiß~“ „Ach? Woher?“ „Na rate mal. Ich hatte Noseless am Apparat.“ Ich lasse ein pompöses Seufzen von mir hören. „Ich beneide die beiden so. Ich wünschte, ich könnte wenigstens das mit Jui haben, was du mit Uruha hattest. Das würde mich so glücklich machen~“ „Würde es nicht.“, widerspricht er mir gleich, worauf hin ich ihn nur fragend ansehe. „Du bist zu verknallt in den Typen, als das du es seelisch ertragen könntest, nur ein Lückenfüller zu sein. Muss ja ich schon ganz schön mit kämpfen…“ Das klingt ja beinahe so, als ob bei der Sache mit Uruha doch ein paar Gefühle seinerseits im Spiel waren. Wenn ich ihn jetzt danach frage, und er austicken sollte, dann ist da dieses Mal kein SAN, der mich beschützen würde. Trotzdem brennt es auf der Zunge und ich lass es einfach raus. „Magst du Uruha? So…ein kleines bisschen vielleicht?“ Sicherheitshalber nehme ich etwas Abstand von ihm, bekomme widererwartens nur ein zaghaftes Nicken. „Vielleicht ein…verdammt winzig kleines bisschen.“ „Wie süß~“ „Aber wehe du verrätst es Noseless und Blue. Ich hab keinen Bock auf Noseless Sticheleien und Blues fruchtlose Verkupplungsversuche. Ich weis, wo ich bei Uruha stehe, das ich nicht bin, was er will. Zumindest nicht öfter als gelegentlich.“ Ich seufze erneut, kann ich doch so gut nachvollziehen, wie Genki sich fühlen muss. Nur, das so jemand wie er vermutlich mehr Mut dazu hätte, das Ruder herumzureisen und sich zu holen, was er will. Er ist immerhin nicht so wortkarg wie ich. Aber leider macht ihm da ja jetzt sein Vater auch noch einen Strich durch die Rechnung. Moment, sein Vater? Hat er nicht erzählt, dass das im Studio passiert ist? Vielleicht hat sein Vater irgendwas mitbekommen und will deshalb so schnell wie möglich weg von hier?? „Ich verstehe sowieso nicht, was jeder an diesem Daisuke so toll findet. Er sieht aus wie tausend Andere und ist auch genauso bedeutungslos.“ Über diese Aussage kann ich nur zustimmend nicken, denn ich bin genau derselben Meinung. „Na ja, lass uns schlafen. Ist schon spät.“ Mit diesen Worten knipst er das Licht, das auf dem Nachtkästchen steht aus und kuschelt sich dann unter die Decke. „Und bleib gefälligst auf deiner Seite des Bettes.“ „Na hör mal, das ganze Bett ist meine Seite des Bettes. Ich hab nun mal einen lebhaften Schlaf!“ „Ja, ich und meine Rippen wissen das.“ Nachdem wir uns mit einem erleichternden Seufzen von dem auf diesen Dialog gefolgten Lachkrampf erholt haben, melde ich mich wieder zu Wort. „Wirst du dich von Uruha verabschieden?“ „Ich werde ihm auf jeden Fall sagen, das ich umziehe. Eigentlich wollte ich das morgen sowieso machen. Wenn du willst, richte ich Jui dann auch schöne grüße aus, wenn es sich ergeben sollte.“ Ich muss unweigerlich lächeln. „Das musst du nicht. Diese letzte Woche hier gehört ganz alleine dir.“ „Hör auf das zu sagen. Das klingt, als würden wir uns nie wieder sehen und das ist quatsch. Dad kann mich zwar von hier wegschleppen, aber er kann mich nicht ewig von euch fern halten.“ Wer geglaubt hat, SAN und Reita können gar nicht mehr aneinander kleben, als sie es ohnehin schon tun, der hat noch nicht gesehen, wie der Nasenbandträger seinen Liebsten huckepack trägt. „Meint ihr nicht solche Stellungen gehören ins Schlafzimmer?!“ kommt es natürlich gleich wieder von Genki, der die beiden grinsend ansieht. „Man, werde ich diese Sticheleien vermissen~“, säuselt SAN bis über beide Ohren grinsend und lässt sich von Reita behutsam auf den Boden zurück stellen. Dann setzen wir uns alle Richtung Schule in Bewegung. „Und, weißt du schon etwas über die Schule, auf die du in Osaka kommst?“ höre ich Reita fragen. Und weil mich die Antwort darauf genauso brennend interessiert, wie die Anderen, sehe ich abwartend und gespannt zu dem blonden Struppelpeter hin. Dieser nickt kurz und seufzt übertrieben. „Ja. Es herrscht Uniformpflicht. Und meine Piercings werde ich auch nicht tragen dürfen. Ätzend.“ „Oh je, Tongue ohne Metall in der Fresse? Das geht ja mal gar nicht!“, grinse ich ihn überheblich an. „Du sagst es! Aber Dad meint, um die Uniformpflicht werde ich in Osaka eh nicht herumkommen, egal auf welche Schule er mich dort schickt.“ Reita muss schmunzeln. „Da merkt man erstmal, was wir an der Oshienoniwa haben.“ „Ja. Schulen ohne Uniformpflicht sind eine Rarität in Japan. Die Oshienoniwa hat diesen Trend doch auch nur aus dem Westen aufgeschnappt.“ Ich nicke zustimmend und sehe SAN an. „Gut so. Sonst ist dich der Westen immer der, der von uns klaut! Das nennt sich ausgleichende Gerechtigkeit.“ Als wir die Schwelle zum Pausenhof überschreiten, bleibt Genki abrupt stehen und sieht zu dem Stammplatz der Cheerleader, die wegen der Competition am Ende dieser Woche wohl alle eine Frühschicht eingelegt haben. Ich wende den Blick allerdings gleich wieder ab, als ich sehe, das auch der Fußballer Daisuke früh aus dem Bett gefallen sein muss. Wie die Liebe meines Lebens an diesem Kerl hängt, will ich mir nämlich nicht freiwillig antun. „Geht schon mal vor ins Klassenzimmer. Ich hab noch was zu erledigen.“, kommt es schließlich von Genki, der sich dann auch schon in Bewegung setzt und kerzengerade auf die Cheerleadertruppe zugeht. Ich tue gleich, was er sagt und verschwinde im Schulgebäude, während sich Reita erst von SAN darum bitten lassen muss: „Na los Noseless. Das geht uns nichts an!“ „Ist ja gut, hör auf mich zu schubsen!“ Der Blondgebleichte baut sich vor dem brünetten Cheerleader auf, welcher dem Treiben seines Kapitän und dem Fußballer murrisch zusieht und Genkis Annährungsversuch erst mitbekommt, als er aus dessen Mund seinen Namen wahrnimmt. „Was willst du?!“ giftet er den Freak an. „Mit dir reden.“ Uruha sieht kurz zu Jui und Daisuke, die noch immer mit sich beschäftigt sind, und dann zu K.T und Miyavi, die neugierig zu ihm und Genki blicken. Dann stellt er sich rasch auf die Beine, packt den Freak am Kragen und zieht ihn einmal um die Ecke, rechts am Schulgebäude entlang. „Spinnst du?! Wie kommst du dazu, mich in aller Öffentlichkeit anzuquatschen?!“ faucht er den Blonden an, den er zuvor an die Wand genagelt hat. „Tschuldige, wusste nicht, dass das verboten ist.“, gibt er leicht murrend zur Antwort und sieht Uruha gelassen an, ohne sich irgendwie zu rühren oder gar zu wehren. „Natürlich ist es dass. Wenn mich einer mit dir sieht, könnte man noch glauben, wir seien befreundet.“ Direkt im Anschluss auf diesen Satz presst der Cheerleader seine Lippen stürmisch auf Genkis und küsst ihn gierig, sodass er ihm auf diese Aussage keine Antwort geben kann. Genkis schlapp herunterhängenden Arme heben sich zaghaft und legen sich auf Uruhas hüften. Erst, um ihn etwas an sich zu drücken, dann aber, um ihn sanft von sich zu stoßen. Seine Augen, die sich während diesen wenigen Sekunden, die für Genki selbst wie gefühlte Stunden gewesen sind, geschlossen haben, öffnet er schließlich wieder und er sieht Uruha feste an. „Hör zu, ich wollte dir eigentlich nur sagen, das ich ende dieser Woche nach Osaka ziehe.“ Uruha, der ein ersticktes murren von sich gibt, als Genki sich gelöst hat, klebt unterdessen schon längst wieder mit seinen Lippen an dessen Hals. „Dann müssen wir es diese Woche eben sooft miteinander tun wie möglich.“ Zwar genießt Genki Uruhas Treiben sichtlich, legt sogar den Kopf zur Seite um dem Cheerleader mehr Spielraum zu geben, doch genauso sehr schmerzt es auch, von allen unbemerkt, in ihm. „Und dann? Suchst du dir jemanden anders, bis du kriegst was du willst.“ Nun löst sich Uruha doch von dem anderen, hebt eine Augenbraue und sieht ihn an. „Habe ich mich etwa nicht deutlich genug ausgedrückt, das du nichts zu erwarten hast?“ Angesprochener schüttelt den Kopf, gibt aber keinen mucks von sich. „Warum kommt es mir dann gerade so vor, als müsse ich mir jetzt vorwerfen lassen, dass ich nur meinen Spaß mit dir habe?“ „Hey, ich wollte dir nur gesagt haben, das du mich nicht mehr lange zum spielen hast.“ Mit geweiteten Augen sieht Uruha zu dem Blonden hin, so als habe er gerade eben erst begriffen, was dieser ihm eigentlich sagen will. Er spürt Genkis weiche Lippen und die pieksenden Piercings kurzzeitig an seiner Wange, ehe ihm die Worte „Ich weis ja nicht wie es dir geht, aber du wirst mir fehlen…“ ins Ohr gehaucht werden. Kurz darauf befreit sich Genki aus dieser Lage und verschwindet mit einem „Shougo trifft sich übrigens gerne heute Abend mit dir!“ zu Jui, der davon vollkommen überrannt wird, im Schulgebäude. So starrt Uruha nun noch eine Weile auf die Backsteinwand ehe er von einem Rascheln im Gebüsch abgelenkt wird. Doch auch dem schenkt er keine Aufmerksamkeit mehr, sondern begibt sich wieder zu seinen vermeintlichen Freunden. Und obwohl Daisuke und Jui, wegen Genkis Aussage von gerade, heftig am Diskutieren sind, kann er sich darüber nicht, wie sonst freuen. Momentan scheint es sogar vollkommen egal. „Shougo? Der Shougo aus meiner Klasse? Der Freak?! Das ist deine wichtige Verabredung?!“ „Reg dich jetzt bitte nicht auf Daisuke. Ich habe es dir nur verschwiegen weil ich WUSSTE, dass du genau SO reagierst.“ DIE schnaubt, als er die Gelegenheit beim Schopf packt und sich Uruha, der ja gerade wieder aufgetaucht ist, in die Arme zieht. „FEIN. Ich und Uruha werden auch viel spaß haben heute Abend, versprochen!“ „NA FEIN!!“ […] Kapitel 5: Jede Zeit ist umso kürzer, je glücklicher man ist - Teil 2 - ----------------------------------------------------------------------- […] Als Genki das Klassenzimmer betreten und sich auf seinen Platz, welcher der neben meinem ist, gesetzt hat, rutsche ich neugierig näher und sehe ihn durchdringend an. „Und?“ Ich bin zwar der erste gewesen, der freiwillig das weite gesucht hat, doch das heißt ja noch lange nicht, dass ich deswegen nicht neugierig darauf bin zu erfahren, wie es gerade mit Uruha gelaufen ist. „Nix und. Obwohl, dein Date mit Jui steht wieder~“ er grinst mich an. „Was? Aber wie?!“ „Ich hab ihm gesagt dass du dich heute nach der Schule sehr gerne mit ihm treffen würdest.“ Ich sehe ihn an und lächle schief. „Für mich hättest du das nicht tun brauchen~“ Genki zuckt mit den Schultern ehe er sich zurück lehnt. „Dann hab ichs eben für Uruha getan. Hauptsache ich konnte irgendwem noch einen Gefallen tun, bevor ich verschwinde.“ Wieder muss ich unwillkürlich lächeln. Ja, Genki ist eben ein Freund, auf den man sich, trotz großer Klappe, immer verlassen kann. „Danke…“ „Ach was!“ Genki winkt ab. „Nicht dafür.“ In dem Moment betritt unser Mathematiklehrer das Klassenzimmer. Kaum will dieser mit dem Unterricht beginnen, stürmt Daisuke das Klassenzimmer und setzt sich entschuldigend auf seinen Platz. Danach geht es aber wirklich los. Während der Lehrer irgendwas von Zahlen, Gleichen und Variablen faselt, spüre ich den strengen Blick des Fußballers in meinem Nacken. Einmal drehe ich mich sogar zu ihm um, nur um festzustellen, dass ich mir das nicht eingebildet habe. „Tongue…“, flüstere ich zu meinem Banknachbar. „Was hast du getan?!“ Verwirrt blickt er mich an. „Was meinst du?“ Ich versuche, so unauffällig wie nur irgendwie möglich auf den schwarzhaarigen Fußballer zu deuten, der mich immer noch anstarrt, als würde er mich im nächstbesten Moment wie eine Raubkatze anfallen und zerfleischen. Genki folgt dem Wink und zuckt dann unwissend mit der Schulter. „Keine Ahnung was sein Problem ist.“ „Was ist denn da unten noch passiert?!“ frage ich mit quietschender Stimme, was dann leider auch dem werten Herrn Lehrer nicht entgeht. „Meine Herren, dies hier ist eine Lehranstalt und keine Lärmanstalt. Was sie sich erzählen wollen kann unmöglich wichtiger sein, als Mathematik.“ „Nein, Herr Lehrer. Entschuldigung.“ Ich erhebe mich kurz und verbeuge mich etwas, so wie es eben üblich ist. Der Lehrer dreht sich wieder zur Tafel um und vervollständigt seine Formel, die ich schon seid dem ersten ‚X’ nicht mehr verstehe. Na ja, da ich keine Lust auf eine weitere Ermahnung habe, die mit Sicherheit mit mir vor der Tür endet, belasse ich es erstmal dabei und ertrage die bohrenden Blicke Daisukes. Dann – endlich – der erlösende Klang der Pausenglocke. Doch ist er dieses Mal wirklich so erlösend? Wenn man in betracht zieht, das Daisuke gleich auf mich zugestürmt kommt und wutentbrannt seine Hände auf meinen Tisch knallen lässt, dann nein. Zumindest stelle ich mir unter einer Erlösung etwas anderes vor. „Hör zu, du Freak. Wenn du Jui auch nur einmal schief ansiehst, brech ich dir sämtliche Knochen, hast du das verstanden?!“ Ich muss schlucken und sehe hilfesuchend zu meinen Freunden. Genki erhebt sich, legt einen Arm um das Raubtier und zieht ihn etwas zu sich. Völlig Irritiert darüber, lässt der Fußballer das sogar mit sich machen, auch wenn Genki gerade doch sehr gefährlich lebt. „Du willst mir doch nicht allen ernstes sagen, dass du Eifersüchtig auf einen Freak bist, oder?“ „Natürlich nicht!“ murrt DIE und stößt Genki wieder von sich. „Solltest du auch nicht. Das schadet deinem Image.“ Mit einem Handzeichen deutet Genki uns an, ihm zu Folgen. „Würdest du uns jetzt bitte entschuldigen, Daisuke?“ Mit diesen Worten stolziert Genki an dem verblufften Fußballer vorbei und wir folgen ihm zügig in die Pause. „Das war so geil!“ kommt es von SAN, der Genki breit grinsend ansieht. „Endlich hat diesem Angeber mal einer gesagt, wo der Hammer hängt!“ grinst Reita. „Ja, das schon“, murmle ich grübelnd und sehe dabei zu Boden. „Aber wie kam es überhaupt so weit? Was hab ich denn getan??“ „Ach~“, meint Genki schließlich und winkt ab. „Vermutlich, weil Daisuke direkt neben Jui stand, als ich es ihm gesagt habe.“ Ich werde hellhörig. „Du meinst…Daisuke wusste nichts davon, das Jui sich mit mir treffen wollte?“ „Scheinbar nicht, nein. Und wenn ich mal raten müsste, würde ich sagen, Daisuke weis noch überhaupt nicht davon, das du schon einmal ausgiebigen Kontakt mit Jui genießen konntest…“ Ich muss seufzen. „Na ja, ‚ausgiebig’ sei mal dahin gestellt, aber wie kommst du darauf?“ Genki lächelt bitter und sieht zur Seite. „Weil diese Kerle doch alle gleich sind. Wehe man könnte sie mit einem Freak sehen und dabei nur den geringsten Verdacht einer Freundschaft oder dergleichen erwecken, dann kennen sie dich plötzlich nicht mehr und leugnen, was war. Da ist auch dein Jui nicht anders.“ Da spricht Genki zwar ein wahres Wort, doch deswegen würde sich trotzdem nichts ändern. Ich glaube, wenn ich die Möglichkeit hätte, Zeit mit Jui verbringen zu können, würde ich sogar damit leben, vor jedem Anderen geleugnet zu werden. Ich meine, es ist doch vollkommen egal, was alle denken. Ich kenne die Wahrheit und das würde mir reichen. „Es hat seinen Grund das ich mir meinen Traumprinzen bei meinesgleichen gesucht habe~“ meint SAN lächelnd und schlingt sich wieder um Reita, der das Lächeln verlegen erwiderte. „Vielleicht solltet ihr beide es auch mal miteinander versuchen?“ SANs lächeln hat sich in ein Grinsen gewandelt und mit seinen Worten hat er mir und sogar ,Genki, die wir uns kurz gegenseitig ansehen, die Röte ins Gesicht gezaubert. „Davon hätte Bommel auch nichts mehr. Schon vergessen? Ab Montag seid ihr mich los!“ Ein synchrones Seufzen ist zu hören. „Vergessen nicht, eher verdrängt.“ Wieder ist gemeinsames Trübsalblasen angesagt. „Der Lehrer war heute aber auch wieder geil oder nich?“ versuche ich das Thema zu wechseln. Reita grinst nickend. „Dies ist eine Lehranstalt und keine Lärmanstalt~“, wiederholt der Nasenlose den Lehrer grinsend mit ins lächerlich verstellter Stimme, woraufhin wir alle lachten. „Was sie sich erzählen wollen ist unmöglich wichtiger als Mathe. Bla, bla. Wenn ich Mathe Heiraten könnte, ich hätte es schon längst getan~“ setzt SAN noch eins drauf. Genki wischt sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln und seufzt einmal genüsslich. „Ich hoffe mal, dass ich auf der neuen Schule nicht nur in ihr Fach verliebte, alte Säcke als Lehrer abbekomme.“ „Wir drücken dir sämtliche Finger und Daumen, das du einen heißen, jungen, gutaussehenden Lehrer bekommst, mit dem du dann durchbrennen kannst!“, meine ich grinsend und stoße ihm dabei sanft mit dem Ellenbogen in die Seite. „Jetzt wird mal nicht frech!“, meint er, noch immer lachend. „Was ist denn da drüben los?“ Reita deutet dabei in die Richtung der Cheerleader, die anders als üblich in zwei statt in einem Grüppchen beieinander sitzen: während Jui mit K.T und Miyavi zu Mittag isst, sitzt Uruha bei dem Fußballer Daisuke. Mein hübscher vergewaltigt gerade seine Gabel, während er wütend zu seinem Freund und Uruha hinüber sieht, der sich gerade mehr als nur offensichtlich von DIE anmachen lassen muss, dies aber, anders als ihr jetzt vielleicht denkt, kein bisschen erwidert, sondern einfach nur total in Gedanken versunken dasitzt und auf sein Essen starrt. „Na hoppla~“, grübelt Genki und fährt sich durch die Haare. „Da hab ich wohl ein bisschen mehr erreicht, als ich wollte.“ „Aber das ist doch gut!“ mischt sich SAN freudig ein und strahlt mich an. „Vielleicht trennen sich die beiden ja, dann hast du freie Bahn Bommel. Jui ganz für dich alleine!“ Ich muss stutzen. „Na, also ich weis nicht so recht. Nur weil sie sich einmal streiten…“ „Sie streiten doch aber wegen dir, oder Tongue?“ Der Angesprochene zuckt mit den Schultern. „Sieht ganz danach aus.“ Ein eifriges Nicken seitens SAN. „Natürlich tun sie das! Sie streiten weil Jui dich heute nach der Schule treffen will, oder nicht?! Er mag dich!“ Wenn ich über SANs Worte nachdenke, dann zaubert es mir schon ein sanftes Lächeln ins Gesicht. Jui mag mich. Das fühlt sich einfach toll an. Aber das heißt auf der Anderen Seite auch, dass ich für das hier verantwortlich bin. Ich bin zwar Schadenfroh ohne ende, aber was weis ich, wie viel Jui wirklich für Daisuke empfindet. Vielleicht habe ich gerade sein Leben zerstört. Das wäre wirklich nicht das, was ich will – trotz Schadenfreude. „Worauf hast du denn heute nach der Schule Lust, Uruha?“ Mit seiner rechten Hand streift er dem Cheerleader die Haare hinters Ohr und lächelt ihn kokett an. Dieser zuckt nur mit den Schultern, ehe er seinen Blick zunächst zu dem schon aus den Ohren qualmenden Jui schweifen lässt. Er fragt sich, wieso ihn dieses Szenario nicht so glücklich macht, wie er es zuvor immer geglaubt hat. Dann schweift sein Blick zu uns, was Genki natürlich nicht verborgen bleibt. Genki lächelt ihm zu und winkt leicht, woraufhin für den Bruchteil einer Sekunde ein Lächeln in Uruhas Gesicht zu sehen ist. Von diesem flüchtigen Augenkontakt bekommt DIE natürlich wieder nichts mit. Der interessiert sich nämlich nur dafür, Jui jetzt so richtig schön wütend und vor allem eifersüchtig zu machen. Dafür, dass er es sich traut, mich, einen Freak, ihm vorzuziehen. So was macht man schließlich nicht mit dem begehrtesten Fußballer der Schule. „Und das alles nur, weil DU meinst dich bei irgendeinem dahergelaufenen Freak entschuldigen zu müssen.“ Fällt Jui plötzlich Miyavi in den Rücken. „Ja. Weist du, wir haben dich damals zum neuen Kapitän gewählt, weil wir dachten du bist cool. Aber vielleicht sollte Uruha dieses Amt besser wieder übernehmen.“ Jui sieht Miyavi ungläubig an und weitet die Augen. „Ach, ist das jetzt etwa meine Schuld?!“ „Na hör mal. Die halbe Schule steht auf Daisuke und du hast nichts Besseres zu tun, als nem Freak nachzurennen. Er zeigt dir nur, dass er nicht auf dich angewiesen ist und jeden haben könnte. So läuft das nun mal.“ Erläutert der schwarzhaarige knapp, woraufhin Jui hilfesuchend zu K.T hinüberblickt. Dieser scheint zwar nicht unbedingt Miyavis Meinung, sagt aber dennoch nichts dazu. „Wir sind Cheerleader. Wir freunden uns nicht mit Freaks an. Da gelten auch für dich keine Ausnahmen.“ „Was?!“ Jui kann seinen Ohren kaum trauen. Eigentlich hat er gedacht, die Cheerleader seien seine Freunde und jetzt fallen sie ihm alle so in den Rücken. Erst Uruha, der sich heimlich an seinen Freund ranschmeißt und jetzt auch noch K.T und Miyavi. Es verschlägt ihm doch glatt die Sprache, aber selbst wenn ihm ein Wort oder ein Satz dazu eingefallen wäre hat er nicht mehr die Zeit dazu, es los zu werden, da in diesem Moment die Pausenglocke läutet und sich K.T und Miyavi gleich von ihm in Richtung Schulgebäude entfernen. Da ich von dem ganzen trara der sich um mich und meine Person zu drehen scheint – offiziell – noch nichts weiß, stehe ich nach dem Unterricht vor dem großen Tor des Schulgeländes und warte nichts ahnend. Noch stehen meine Freunde bei mir. „Es ist wirklich okay, dass ich mich mit ihm treffe?“ Ich blicke in die Runde und sehe dabei vor allem Genki fragend an, denn seinetwegen habe ich Jui ja überhaupt erst abgesagt gehabt. „Hey, Gelegenheiten soll man nutzen. Egal wie unpassend sie im Moment noch erscheinen!“ Der Blondierte lächelt mich freundschaftlich an. „Tongue hat Recht. Wir haben ja immer noch drei Tage zusammen und so eine Gelegenheit bietet sich vielleicht nie wieder!“ Ich persönlich mag es ja nicht so gerne, wenn SAN so spricht, denn ich weiß auch ohne sein Zutun, das Jui unerreichbar bleiben wird. Dieses Treffen habe ich ja auch nur durch einen dummen Zufall gewonnen. „Also gut…“, meine ich schließlich und schicke meine Freunde weg. „Jui hat mir versprochen, niemanden mitzubringen, also ist es nur fair, wenn ihr euch auch verzieht. Und habt nicht so viel Spaß ohne mich, verstanden!“ Ich werde von SAN noch einmal brüderlich Umarmt und bekomme einen Handschlag von Genki und Reita, ehe sich letzterer wieder an seinen blauhaarigen Freund hängt und mit Genki im Schlepptau den Heimweg antritt. Somit werde ich also auf meinen Wunsch hin alleine gelassen. Mal sehen ob ich mit einem Kerl wie Jui schon alleine fertig werde. Das letzte Mal habe ich ja, trotz seelischen Beistands, schnell das Weite gesucht. Ich schüttle den Gedanken des Versagens schnell wieder ab, atme einmal tief durch und sehe mich dann wartend um. Auch wenn es immer später wird und noch immer kein Jui in Sichtweite ist, gebe ich den Mut nicht auf. „Er wird schon noch kommen“, sage ich mir, und meine Geduld wird tatsächlich noch belohnt: wenige Minuten vor dem Sonnenuntergang taucht er endlich auf. Ich wusste es! Ich habe Jui nicht so eingeschätzt, das er einen einfach so sitzen lässt und meine Menschenkenntnis hat mich mal wieder nicht im Stich gelassen. „Hey. Entschuldige bitte, dass ich so spät bin.“ „N-nicht so schlimm“, beginne ich sofort wieder zu stottern und fühle auch schon, wie meine Knie weich werden. „I-ich meine…es war gar keine Uhrzeit ausgemacht, o-oder?“ Du lächelst mit freundlich entgegen ehe du leicht nickst. Dass du eigentlich gar nicht kommen wolltest, verschweigst du mir, wofür ich dir – wenn ich es wüsste – äußerst dankbar wäre. „Ich weiß, wir wollten Eis essen gehen, aber die Dielen schließen sowieso jede Minute und ich hab meinen Geldbeutel zuhause liegen lassen, also…“ Ich sehe dich abwartend an, mit voller Konzentration darauf, dabei auch stehen zu bleiben. „…kannst du mich vielleicht irgendwo hinbringen? Am besten, wo uns keiner sieht.“ Ich muss bitter lächeln. Genki hat recht gehabt, mit dem was er heute Vormittag behauptet hat. Das ist zwar etwas gewesen, das ich Jui auch nicht unbedingt zugetraut habe, aber auch meine Menschenkenntnis ist scheinbar nicht unfehlbar. Außerdem, was erwarte ich schon groß? Ich meine, sollte ich nicht glücklich darüber sein, das er sich überhaupt mit mir trifft? Doch wohin soll ich ihn bringen? Der Sonnenuntergang bringt mich auf die perfekte Idee. „I-ich weiß wo wir hingehen können~“ Wenn das Pudding in meinen Knien nicht wäre, dann hätte ich es ganz bestimmt auch irgendwie geschafft, halbwegs normal und unauffällig an Jui vorbei zu gehen. Aber mein Körper hat sich blöderweise dazu entschieden, mich über meine eigenen Fuß stolpern zu lassen, sodass ich halb in Juis Armen lande, die er sogar nach mir ausstreckt, nachdem er blitzschnell reagiert hat. Erschrocken sehe ich dich an und rühre mich nicht mehr. Körperlich sieht er gar nicht so kräftig aus und jetzt hält er mein gesamtes Körpergewicht mit seinem rechten Arm – mit Leichtigkeit. Dabei ist er Linkshänder. „Flieg langsam, dann hast du mehr davon!“ meinst du grinsend und stellst mich wieder auf meine Beine, da ich mich selbst ja nicht mehr rühre. „D-danke…“, murmle ich beschämt und sehe rot geworden zu Boden. Wo wir beim Thema rot werden sind – der Sonnenuntergang wartet nicht. Vielleicht sehen wir noch ein bisschen davon, wenn wir uns beeilen. „K-komm, wir müssen uns beeilen!“ ohne darüber nachzudenken, nehme ich deine Hand und ziehe dich hinter mir her. „Wieso haben wir es denn so Eilig?“ fragst du mich, ohne dabei selbst stehen zu bleiben. „Siehst du gleich.“ So bringe ich dich zügig zu der Wiese auf dem Berg, der an das Städtchen angrenzt. Weil wir uns so beeilt haben, falle ich erst einmal keuchend in das Gras. Ich bin verärgert, denn als wir den Ort erreicht haben, war die Sonne bereits weg. So ein mist aber auch. Da habe ich schon mal die Möglichkeit, dich zu beeindrucken und dann so was. „Wow…“ Ich blinzle zu dir. Du stehst da und betrachtet fasziniert den sternenklaren Himmel. Das zaubert mir dann doch ein lächeln ins Gesicht. „Das beste haben wir leider verpasst…“ murmle ich und setze mich auf. Du setzt dich zu mir und siehst weiter in den Himmel. „Deswegen haben wir uns so beeilt, du wolltest mir den Sonnenuntergang zeigen?“ Ich nicke und werde dabei wieder rot. „Dann zeigst du ihn mir eben morgen, ja?“ Du lässt sich in das Gras fallen und ich sehe verdutzt zu dir herunter. „ Morgen? Heißt das etwa…?“ „Nur, wenn du Zeit und Lust hast, versteht sich~“ Ich muss wieder schmunzeln. „Ich…weiß nicht…“ „Wenn du keine Lust hast, kannst du es mir ruhig sagen...“ Sofort schüttle ich hektisch meinen Kopf. „Nein, das ist es nicht. Aber mein Freund, Genki, der zieht doch bald weg. Ich hab ihm versprochen noch ein bisschen Zeit mit ihm zu verbringen.“ Nun siehst du mich schmunzelnd an. „Dein…’Freund’?“ „N-nicht SO ein Freund“, berichtige ich meine zweideutige Aussage gleich, woraufhin du kicherst. „He, Shougo. Entspann dich!“ Ich versuche deiner ‚Anweisung’ zu folgen und lege mich zu dir um den Sternenhimmel ebenfalls zu betrachten. Wir liegen eine gute Stunde so da und sprechen keinen Ton miteinander. Aber das macht gar nichts. Schweigen ist in so einer romantischen Situation Gold wert. Als du dich wieder aufsetzt, spüre ich, wie deine Hand die meinige berührt und ich erstarre erneut. „Danke, dass du mir diesen wunderbaren Ort gezeigt hast.“ „N-n-nichts zu d-danken“ Spinne ich oder ist das mit dem Stottern gerade schlimmer geworden?! Unglaublich wie sehr mich eine derartige Berührung von dir aus der Bahn wirft. „Aber ich muss nun wirklich nach Hause~“ Als du dich wieder hinstellst, versuche ich, es dir gleich zu tun. Sogar mit erfolg. Ich stehe und das sogar relativ sicher…bis du mich wiedererwarten freundschaftlich in die Arme schließt. Und als du mir auch noch einen Kuss auf die Wange hauchst, wäre ich mit Sicherheit umgefallen, wenn du mich nicht noch immer in den Armen halten würdest. „Wenn wir uns morgen Abend gleich hier treffen, dann kannst du bis dahin doch Zeit mit diesem Genki und deinen Freunden verbringen.“ Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht, aber das ist wirklich eine clevere Idee. So kann ich es jedem recht machen – meinen Freunden UND mir selbst. Vielleicht auch Jui ein kleines bisschen? Immerhin scheint er sich ja weiterhin mit mir treffen zu wollen. Oh, ich kann mein Glück noch gar nicht fassen. Wie schade, dass dieser Abend so verdammt schnell vergangen ist... „Und, wie war’s?“ SAN hüpft um mich herum wie ein kleines Kind und strahlt dabei. Aber nur, weil ich damit selbst nicht aufhören kann. „Blue, krieg dich mal wieder ein“, murrt Genki genervt, grinst mich dann aber an. „Na los, erzähl schon!“ Während Reita also seinen hibbeligen Freund ruhig hält, beginne ich ihnen von dem Abend und der Tatsache, dass er mich heute Abend wieder sehen will, zu berichten. „Das ist ja so romantisch!“, beginnt SAN gleich zu schwärmen, während mir Genki auf die Schulter klopft. „Ich bin stolz auf dich, Bommel“, meint er grinsend. Nur Reita wollte sich dazu nicht äußern. „Noseless?“ Ich sehe ihn abwartend an, doch er verschränkt nur seine Arme und sieht zur Seite. „Das ist ja alles schön und gut, aber Tongue wird und demnächst verlassen und dich interessiert nur dieser dumme Cheerleader.“ SAN verzieht verärgert seine Miene und stößt Reita in die Seite. „Noseless!“, protestiert er gegen die Aussage seines Freundes. „Aber ist doch so. Ihr interessiert euch nur noch für Bommels kleine Liebesgeschichte, dabei wollten wir doch, das in Tongues letzter Woche hier nurt um ihn geht.“ Ich lächle schief. „Komm mal wieder runter, Noseless. Erstens geht es hier, wie du selbst so schön sagst um Tongue und der hat ja am allerwenigsten was dagegen, oder?“ Ich sehe fragend in die Richtung des Langhaarigen, der daraufhin gleich nickt. „Das stimmt. Oder stand ich euch im weg, als ihr endlich mal zusammen gefunden habt? Nein, also wieso sollte ich mich dann bei Bommel so querstellen? Weil er sich in einen Cheerleader verknallt hat? Bitte, ich bin der letzte der ihm da irgendwelche Vorwürfe machen kann. Und das ich wegziehen muss…tja, scheiße gelaufen, aber damit hat Bommel auch nichts zu tun.“ Das Genki gleich so hinter mir steht, habe ich nicht gedacht, aber ich lächle ihn willkommen an. „Na meinetwegen. Aber ich hab trotzdem keine Lust, die letzten drei Tage nur von Jui zu quatschen. Wenn du unbedingt wegbleiben willst, um dich mit dem Cheerleader-Snob zu treffen, dann gut. Aber müssen wir deswegen die ganze Zeit darüber reden?!“ „Jetzt reg dich doch nicht so darüber auf. Außerdem werde ich heute Abend gar nicht weg bleiben. Du hast mich also an der Backe Noseless. Und ich werde mich höchstpersönlich darum bemühen, das dieses Thema aus bleibt, versprochen.“ Genki und SAN sehen mich verwundert an. „Und dein Treffen mit Jui?“ „Das habe ich trotzdem. Aber erst, wenn so kleine Kinder wie Ihr schon im Bettchen liegen und schlafen“, meine ich grinsend, woraufhin ich mir ein paar, um genau zu sein genau drei Kopfnüsse einfangen darf. „Jetzt mal nicht frech werden, Herr Nesthäkchen.“ „Hey!“, meine ich und reibe mir theatralisch über die Stelle, die nicht einmal schmerzt. „Man schlägt keine Kinder!“ Ich fange an zu lachen, woraufhin meine Freunde es mir gleich tun. Reita ist der Erste, der sich aus seinem Lachanfall befreien kann. „Auch von mir viel Glück mit Jui heute Nacht.“ Ich lächle den Nasenlosen an und nicke schließlich. „Jetzt aber wirklich genug davon.“ Das zögerlichste Nicken kam von SAN, aber als auch der Blauschopf endlich zugestimmt hat, können wir den ersten unserer letzten drei Tage endlich beginnen, ohne von so einem tollen und begehrenswerten Cheerleader Kapitän abgelenkt zu werden… Hey, schaut mich nicht so an. Die Gedanken sind schließlich frei~ Während ich also den lieben langen Tag damit kämpfe, meine Vorfreude auf das abendliche Treffen mit Jui nicht fröhlich in der Welt herauszuposaunen, kämpft er mit einem ganz anderen Problem. „Habe ich mich gestern eigentlich nicht klar und deutlich ausgedrückt, Jui? Keine Dates mit Freaks.“ Miyavi hat sich gefährlich vor Jui aufgebaut und seine Arme verschränkt. „Das war kein Date.“, entgegnet er trocken und nimmt dieselbe Pose ein, wie der Schwarzhaarige. „Hör mir jetzt mal gut zu“, beginnt Miyavi in drohendem Ton. „ICH habe dich zu dem gemacht, was du jetzt bist. Wenn du also ernsthaft der Annahme bist, mich verarschen zu können, indem du dich heimlich mit irgendwelchen Freaks triffst und glaubst, dass ich es nicht erfahre, dann schwöre ich bei Gott, dass ich dir das alles wieder nehme.“ Jui sieht Myv kopfschüttelnd hinterher, als dieser im Schulgebäude verschwindet, bevor er ihm kurz daraufhin folgt. Den Rest des Tages sehen die Gedanken von mir und dem Cheerleader ähnlich aus. Wir denken beide an den bevorstehenden Abend zusammen, nur das ich mir ernsthaft überlege, was ich anziehen soll, während er darüber nachdenkt, dieses mal wirklich nicht zu erscheinen. Doch Gott sei dank bist du dazu einfach viel zu gut. Du hat mich nicht sitzen lassen und wir hatten sogar einen wunderschönen Abend, beziehungsweise eine wunderschöne Nacht zusammen, die den gestrigen Abend locker in den Schatten stellt. Wir haben geredet, stundenlang. Ich habe also endlich die Gelegenheit, dich besser kennen zu lernen. Wir haben zusammen die Sternenbilder gesucht und benannt und als wir uns voneinander verabschieden wollen, passiert es endlich. Ein Traum wird wahr. Wie schon die Nacht zuvor umarmst du mich freundschaftlich und auch der Kuss auf die Wange bleibt nicht aus. Doch als du dich gerade zurückziehen willst, hältst du inne, siehst mir tief in die dunklen Augen und versiegelst meine Lippen mit den Eigenen. Zum glück hast du dabei mitgedacht und mich nicht losgelassen, denn mein Körper hat soeben den Geist aufgegeben. Ich rühre mich nicht, kann kaum selber stehen und atme weder ein noch aus. Ich kann sehen, wie du deine Augen schließt und diese Berührung genießt, obwohl ich es einfach nicht schaffe, zu erwidern. Doch dann löst du dich wieder von mir und siehst betrübt zu Boden. „Danke für alles, Shougo, aber wir sollten uns nicht wieder sehen.“ Ich atme erst einmal tief ein, nachdem du dich gelöst hast, da ich schon kurz davor war, blau anzulaufen. Dann sehe ich dich verwundert an. „D-d-d-d“ Es geht nicht mehr. Du hast mir meine Worte geklaut. Mit einem bitteren lächeln schüttelst du nur deinen Kopf und legst deinen Zeigefinger auf meine Lippen, willst mir sagen, das ich schweigen soll. „Es tut mir so leid, Shougo. Aber ich habe so viel erreicht, das will ich nicht mehr verlieren. Ich meine…ich bin beliebt und ich habe einen wahnsinnig tollen Freund.“ Verletzt sehe ich dich an, möchte jetzt am liebsten wegrennen und heulen. „Es ging mir…sowieso nur darum, meine Schuld zu begleichen und den Anderen zu trotzen." Reicht es nicht, mir mein Herz einmal zu brechen? Du löst dich von mir und verschwindest in der Nacht, während ich zu Boden gehe. Ich möchte weinen, ehrlich. Doch irgendwie bin ich einfach nicht in der Lage dazu. Der Schock sitzt einfach noch zu tief. Am liebsten will ich mit jemandem darüber reden. Aber ich selbst habe das Thema noch am selben Tag wegen Genkis Umzug verbannt. Also kann ich jetzt mit niemanden darüber sprechen. Zumindest nicht, bis Genki fort ist, was ja zu allem übel noch zu diesem ganzen Drama dazu kommt. Dabei ist er doch der einzige der mich wirklich versteht, aufgrund seiner ähnlichen Situation. Und jetzt muss er fort. Dann werde ich mit diesem glücklichen Paar alleine zurückgelassen und darf mir jeden Tag ansehen was ich nie bekommen werde, jetzt wo die letzte Seifenblase geplatzt ist. Endlich rollt die erste Träne, die bald daraufhin ihre salzigen Kameraden mitreist. Warum reist das Leben das Ruder bloß immer dann herum, wenn man gerade glücklich ist? Damit lässt es die Zeit des Glückes so gering erscheinen, als habe man es nicht einmal verdient. Auch wenn schlechte Zeiten kommen und gehen, so hat man an diese meist weit mehr Erinnerung, als an all die guten. So verdrängt man sich selbst das Glück das man einmal gehabt hat und ersetzt es mit all dem schlechten. Und im Endeffekt sieht es dann so aus, als ob man niemals wirklich glücklich gewesen ist. Als ob das Pech und die damit verbundene Trauer und der Schmerz unsere ständigen Begleiter sind. Wir fühlen uns so elend, weil wir selbst es sind, die es zulassen, das uns die Gefühle die wir für andere empfinden, kontrollieren. Kapitel 6: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt ------------------------------------------------------------- Wer jetzt wieder eine ach so poetische Einleitung von mir erwartet, die das kommende treffend formuliert, den muss ich an dieser Stelle leider enttäuschen. Mir gehen im Moment ganz andere Dinge durch den Kopf. Wer gut aufgepasst hat, weiß, dass mir vor Kurzem das Herz gebrochen wurde. Und heute ist der Tag des Abschieds. Einer meiner wohl besten Freunde zieht weg und ich darf ihm und den Anderen nicht einmal sagen, wie ich mich fühle. Ich habe es versprochen – das Thema Jui ist bis zu Genkis Abreise tabu. Deswegen versuche ich mich zusammen zu reisen. Zum Glück ist ein trauriges beziehungsweise verletztes Gesicht heute kein Anlass, sich gleich um mich zu sorgen. Reita und SAN verziehen schließlich dieselbe Miene. Der Einzige der jetzt noch lächelt, ist Genki selbst. Natürlich geht es ihm auch an die Nieren, doch er hat noch nie gerne Schwäche gezeigt. Außerdem erhofft er sich wohl, uns mit seinem Lächeln etwas aufzubauen. „Na kommt schon. Ich bin doch nicht aus der Welt! Hey, es ist sogar noch besser, ich bin schließlich auch weiterhin in Japan. Das sind doch nur drei Stunden Fahrt von hier bis nach Osaka.“ Genki versucht schon seid geschlagenen zehn Minuten uns davon zu überzeugen, das es doch gar nicht so schlimm ist, wie wir tun. „Ja super. Meinst du nicht, dass es einer Degration gleichkommt, wenn wir uns nur noch ein oder zweimal im Monat sehen können, wo wir uns bis jetzt täglich gesehen haben?“ Genki muss lachen und klopft Reita auf die Schulter. „Du solltest echt damit aufhören, Wörter zu benutzen, die du selbst nicht verstehst.“ Der Angesprochene verschränkt seine Arme und zieht seinen Mund zu einer schmollenden Schnute. „Aber er hat doch Recht.“ „In diesem Fall schon, auch wenn der Vergleich schon ein bisschen hinkt. Ihr dramatisiert das alles viel zu sehr. Ich meine, es ist ja nicht so, das wir uns deswegen nicht trotzdem jeden Tag unterhalten können. Wisst ihr, da gibt es eine Erfindung, die nennt man Handy.“ Ich bin schon immer ein Fan davon gewesen, wie Genki die Dinge regelt. In den meisten Fällen muss man dazu schon eine gewisse Portion Mut aufweisen. Aber irgendwie kränkt es mich gerade genauso wie SAN und Reita, das er diesen Abschied so ins Lächerliche zieht. „Tongue, du weist doch ganz genau, dass das nicht dasselbe ist.“, melde ich mich zu Wort und bekomme von SAN gleich ein hektisches Nicken als Zustimmung. „Ja! Mein Handy lässt sich nämlich so schlecht umarmen.“ Genki fährt sich durch sein blondiertes Haar, streift sich dann eine Strähne aus dem Gesicht und seufzt einmal tief. „Du hast doch Noseless. Dem ist das mit Sicherheit auch viel lieber, wenn du ihn umarmst anstatt mich.“ Erwartungsvoll sieht er dabei zu dem Nasenbandträger, der nur leicht mit den Schultern zuckt und wieder den Boden anfixiert. Wieder kann man ein tiefes Seufzen von Genki hören. Es klingt dabei fast so, als habe er mit Diesem seine Tränen erweckt, denn als er danach weiterspricht, klingt der sonst so starke Genki schon ein bisschen weinerlich: „Hey, mir gefällt die Scheiße genauso wenig wie euch. Wenn es einen Weg geben würde, diesem behinderten Umzug zu entgehen, dann glaubt mir, ich hätte ihn benutzt.“ „Sag mal, weiß dein Vater eigentlich, was zwischen dir und Uruha passiert ist?“ Ich spüre, wie plötzlich alle Blicke auf mir liegen, als ich Genki diese Frage stelle. „Uhm…eigentlich nicht, wieso fragst du?“ Ich zucke mit den Schultern. „Nur so. Was meinst du, wie er darauf reagieren würde, wenn du es ihm erzählen würdest?“ Der Blonde nimmt eine denkende Pose ein, ehe er mir auf die Frage antwortet: „Er hätte mich wohl von der Schule genommen und wir wären umgezogen.“ Meine Arme verschränken sich und ich sehe Genki durchdringend an. Immerhin könnte er jetzt schon selbst darauf kommen, worauf ich hinaus will. Doch zur Sicherheit gebe ich ihm noch einen weiteren Tipp. „Wo sagtest du gleich, ist es passiert?“ „Im Studio meines Vaters, als dieser im Lager war und sinnloser Weise Inventur machte.“ Widererwarten ist es SAN, der am Schnellsten kombiniert. „Er hat es bestimmt mitbekommen und nimmt uns dich deshalb weg!“ Genki sieht den Blauschopf an, dann wieder zu mir. „Darüber habe ich noch gar nicht wirklich nachgedacht…“ „Dann…ist es also meine Schuld?“ Erschrocken drehen wir uns in die Richtung, aus die diese Stimme gekommen ist und entdecken…nun, zunächst nichts, bis Uruha sich hinter dem Baum hervortraut, hinter dem er wohl schon eine ganze Weile gestanden ist. „Uruha…w-was machst du denn hier?! Ich dachte du bist schon längst beim Training.“ Der Cheerleader bewegt sich ein paar Schritte auf uns zu, lächelt Genki dann bitter an. „Eigentlich wollte ich sofort nach Hause gehen, aber aus irgendeinem Grund bin ich dann doch noch ein bisschen hier geblieben~“ Auch Genki verlässt unseren Kreis und kommt Uruha ein Stück entgegen, sodass sie sich jetzt gegenüber stehen. „Und das Training? Heute Abend ist doch die Competition.“ „Ja. Aber ich kann auch noch genügend trainieren, nachdem ich mich von dir verabschiedet habe.“ Uruha legt seine Hand auf Genkis Schulter, zieht ihn zu sich und gibt ihm schließlich einen sanften Kuss auf die Lippen. Ich wende meinen Blick ab, fühle in diesem Moment ein starkes Stechen in meinem Brustkorb. Ist es etwa nur mir bestimmt, nicht zu bekommen, was ich mir wünsche? Das ist doch nicht fair. Oder muss ich mich wohl oder übel doch endlich damit abfinden mich einfach in den falschen verliebt zu haben? Bevor ich jetzt nicht wollend in Tränen ausbreche, entscheide ich mich dafür wegzurennen. Während SAN und Reita mir verplant nachsehen, reagiert Genki sofort, löst sich von Uruha und sprintet mir hinterher. „Genki, warte!“ hört er Uruha noch schreien, woraufhin er sich, während seines Sprints noch einmal umdreht, den Daumen und den kleinen Finger seiner rechten Hand abspreizt und sie an sein Ohr hält. „Ich ruf dich an.“ „A-aber wie…?“ Uruha sieht verwirrt zu seiner zur Faust geballten Hand, in welcher er einen Zettel versteckt. „Hey…“, murmelt Reita dann und kratzt sich dabei etwas verlegen am Hinterkopf. „Keine Sorge. Er hat deine Nummer längst.“ Nun wird er nicht nur von Uruha, nein auch von seinem Freund verwirrt angestarrt. „Was?! Er hat mir erzählt das er die Nummer die du damals von ihm bekommen und zerrissen hast, wieder zusammengesetzt und behalten hat.“ In SANs Gesicht zauberte sich ein strahlendes Lächeln. „Wie süß. Wer hätte gedacht, dass in Tongue so ein Romantiker steckt!“ Auch Uruha lächelt, wird sogar ein bisschen rot dabei. Und wenn es leiser gewesen wäre, hätte man hören können, wie sein Herz mit einem mal gut doppelt so schnell gegen seinen Brustkorb schlägt. Er dreht den beiden den Rücken zu. „Danke. Für Freaks seid ihr gar nicht mal so übel.“ Mit diesen Worten entfernt sich der junge Cheerleader von dem Paar. Inzwischen hat Genki mich eingeholt und hält mich jetzt am Handgelenk fest, damit ich nicht wieder fliehen kann. „Lass mich los verdammt noch mal!“, schreie ich ihn an und ziehe an meinem Arm, versuche mich los zu reisen. „Nicht, bevor du mir nicht erzählt hast, was los ist.“ „Das geht dich gar nichts an. Lass mich los und verzieh dich endlich nach Osaka.“ Ich bin so wütend auf mich selbst, und dennoch lasse ich diese Wut gerade an dem armen Genki aus, der ja nicht mal etwas dafür kann. Scheinbar aber scheint er es auch zu wissen, denn er lässt mich nicht los, sondern zieht mich zu sich in seine Arme, drückt mich dann sanft an sich. „Ich werde schon noch früh genug nach Osaka verschwinden. Aber bevor du mir nicht endlich erzählst, was los ist, gehen wir beide nirgendwo hin.“ Ich versuche mich immer noch zu wehren, aber Genki ist eindeutig der Stärkere von uns beiden. So gebe ich irgendwann nach und verkralle mich heulend in seinem Oberteil, drücke mich an ihn. „Shhh~“, säuselt er mir sachte ins Ohr, und streicht mir sanft über den Rücken um mich zu beruhigen – mit Erfolg. „Geht’s wieder?“ Fragend sieht mich der Blonde an und obwohl ich nicht mehr weine, schüttle ich dennoch meinen Kopf. „Was ist los, rede schon.“ Ich löse mich etwas von ihm, soweit er es zulässt, denn los lässt er mich nicht, da ich ja wieder wegrennen könnte. „Jui…er hat…wir haben uns geküsst…“, beginne ich leise zu berichten. Verwirrt zieht der Andere eine Augenbraue nach oben und sieht mich an. „Wie? Und deswegen flennst du hier so rum?“ Ich schüttle meinen Kopf. „Natürlich nicht!“ „Sondern?“ „Mein Leben…ist die reinste Katastrophe.“ Genki sieht mich weiterhin durchdringend an und ich merke, dass ihm diese Aussage nicht als Begründung nicht ausreicht. „Erst bekomme ich den so heiß ersehnten Kuss meines Lebens, nur um danach zu erfahren, dass der Preis dafür der ist, keinen Kontakt mehr mit Jui haben zu können und dann musst du auch noch wegziehen, nur weil dein blöder Vater so scheiß konservativ ist. Ich werde alleine zurückgelassen mit einem kitschigen Liebespaar dass mir immer wieder vor Augen führen wird was ich niemals bekomme und dann sehe ich, wie du von Uruha auf diese Weise geküsst wirst…das ist…“ „Zu viel…?“ Ich nicke leicht und sehe zu Boden. „Ja…“ Wieder werde ich von dem Blondschopf in die Arme gezogen und an ihn gedrückt. Ich erwidere die Umarmung krampfhaft. „Sorry, ich hatte keine Ahnung…“ „Du musst dich nicht entschuldigen. Es ist doch nicht deine Schuld, dass ich mittlerweile so kaputt bin, dass ich nicht einmal mehr das Glück meiner eigenen Freunde vertrage…“ „Aber es ist durchaus verständlich. Mensch, wieso hast du denn nicht gleich etwas gesagt. Ich bin sicher das hätte auch Noseless verstanden!“ Ich zucke mit den Schultern und sehe wieder zu Boden, nachdem wir uns voneinander lösen. „Hör zu. Ich weiß, das sagt sich leichter, als es umzusetzen ist, aber ich schätze, es ist besser, Jui endlich aufzugeben. Guck dich doch an – ist er dir das wirklich noch wert?“ Wie ich so über diese Frage nachdenke, komme ich zu dem Schluss, das Genki eigentlich im Recht ist. Was hat mir diese Liebe bis jetzt gebracht, außer diesen einen, jämmerlichen Trostkuss? Eigentlich nur Kummer und Ärger. Und diesen unerträglichen Schmerz. „Jui hatte seine Chance. Dass er sie nicht genutzt hat, zeigt doch nur, dass er dich nicht verdient.“ Ich nicke leicht zustimmend und falle Genki noch einmal um den Hals. Es ist falsch gewesen, zu schweigen. Ich meine, wozu hat man denn sonst seine Freunde, wenn man nicht mindestens über alles mit ihnen reden kann? „Ach hier seid ihr!“ Inzwischen haben uns auch Reita und SAN eingeholt und stehen nun neben uns. „Was ist denn los?“ „Jui hat unserem Bommel das Herz gebrochen…“ Die beiden sehen mich entsetzt an, doch anstatt mich darüber auszufragen und mich damit zu zwingen, die Geschichte noch einmal zu erzählen, nehmen sie mich, jeder für sich noch einmal in den Arm. Das tut wirklich gut und ist wie Balsam für meine Seele. Es ist wahr. Eine gute Freundschaft ist die beste Medizin gegen jeden noch so schlimmen Herzschmerz. Natürlich wird es dauern, bis der Schmerz endgültig nachlässt. Aber ein Knochenbruch ist ja bekanntlich auch nicht gleich geheilt. Doch ich hab die besten Ärzte und auch wenn mich einer davon heute verlässt, so wird er mir trotzdem aus der Ferne dabei helfen, Jui endlich zu vergessen und über ihn hinweg zu kommen. Da habt ihr euere tiefgründigen Gedankengänge wieder. Ich hoffe ihr seid jetzt zufrieden. Geplant ist ha gewesen ja, dass wir uns am Ende dieser Woche die Competition zwischen den Cheerleadermannschaften der Gegend ansehen und die unsere tatkräftig unterstützen und anfeuern. So als Höhepunkt unserer letzten Woche zu viert. Doch meinetwegen hat sogar Genki darauf verzichtet und damit auch die letzte Chance, Uruha noch einmal zu sehen, verschenkt. „Ihr müsst wirklich nicht hier bleiben. Ich komm schon alleine klar. Seht euch ruhig die Competition an.“ So ein Opfer will ich nicht von meinen Freunden verlangen. „Ach komm schon. Noseless wollte sich das sowieso nicht antun. Und weil Blue auch lieber bei dir sein wollte, hab ich mir gedacht, bleib ich auch. Alleine hätte es nur ein viertel so viel Spaß gemacht.“ „Und Uruha?“ „Hat jetzt eben mal Pech gehabt.“ Ich muss lächeln und beginne wieder zu heulen. Aber nur, weil ich so gerührt bin. „Keine Liebe geht über unsere Freundschaft!“ Die Liebe mag vielleicht nicht über diese Freundschaft gegangen sein, aber dafür das Wort eines Vaters, der uns aus Angst sein Sohn könnte vielleicht schwul sein, auseinander gerissen hat. Jetzt sitze ich also völlig verlassen auf meinem Platz. Der Tisch erscheint mir riesig, soviel Platz bin ich einfach nicht gewöhnt, zumal Genki sich immer ausgebreitet hat, als wäre er alleine hier. Wenn ich meinen Blick stur nach vorne richte, erblicke ich die, sich aneinander schmiegenden Hinterköpfe meiner anderen beiden Freunde und muss tief seufzen. Es ist genauso, wie ich es erwartet habe: Während die beiden sich so ausgiebig trösten können, stehe – nein, pardon, sitze ich alleine und kann sehen, wie ich selbstständig mit diesem durch Genkis Abreise entstandenen, riesigen Loch zurechtkomme. Ich weis ja, dass sie es nicht bewusst tun, aber sie tun es. Jetzt kann ich sowieso nichts dazu sagen und selbst wenn ich es tun würde, würde nichts geschehen. Denn die Welt dreht sich weiter und nimmt keine Rücksicht auf unseren Verlust. Es käme schon ein bisschen eigenartig, wenn wir während des Unterrichts Gruppenkuscheln betreiben würden. Und die dummen Kommentare unseres Mathelehrers will ich mir dazu auch ersparen. Also heißt es ausharren, bis zur großen Pause. In dieser werde ich auf jeden Fall den Beistand meiner verbliebenen Freunde brauchen. Ich kann nämlich nicht dafür garantieren, nicht wieder zusammen zu brechen, wenn mir Jui unter die Augen kommt. „Ruhe bitte!“ Der Lehrer hat soeben das Klassenzimmer betreten und die schwätzende Klasse zur Ruhe gebeten, bevor er jemanden ins Klassenzimmer winkt. Als die feminine Gestalt das Zimmer betritt, weiteten sich synchron die Augen der Schüler, inklusive der meinigen. Die Frage, die uns allen in diesem Moment im Kopf herumgeistert, ist, seit wann die Oshienoniwa Mädchen aufnimmt. „Stell dich der Klasse vor, Rame.“ Angesprochene verbeugt sich leicht und wirft einen kurzen, suchenden Blick in die Runde. „Ich bin Rame-Tan und ich freue mich wahnsinnig, hier sein zu dürfen!“ Dieser Satz erschlägt und alle. Nicht wegen den gesprochenen Worten sondern einzig und allein wegen der Tonlage. Entweder hat dieses Mädchen einen verdammt krassen Stimmbruch hinter sich, oder es handelt sich gar nicht um eines. Weil wir ja bekannterweise auf einer Jungenschule sind, nehmen wir letzteres an. Sofort geht das Getuschel los und auch SAN und Reita drehen sich zu mir um. „Guck dir den an. Der trägt ein Kleid!“ „Ich hab’s gesehen.“ Der Lehrer deutet auf den einzigen freien Platz im Raum, der, wie soll es auch anders sein, genau der neben mir ist. „Hallo, ich bin Rame-Tan~“, meint der Feminine freudig, als er sich zu mir setzt. Ich kann nicht anders als genervt zu seufzen und drehe mich weg. Auch SAN und Reita richten ihren Blick lieber wieder nach vorne. Ja, gut. Unser, und besonders mein Verhalten ist nicht sehr freundlich gewesen, aber was erwartet ihr? Kaum ist ein Platz, Genkis Platz frei, setzt die Schulverwaltung einen Neuen drauf. Mir ist bewusst, dass diese Schule so begehrt ist, dass es sogar Wartelisten gibt. Es ist also nur eine Frage der Zeit gewesen, bis diese Klasse wieder auf ihre 25 Schüler aufgestockt wird. Doch nur weil die Schulverwaltung einen Schüler so einfach ersetzen kann, heißt das doch nicht gleich, dass ich das auch kann. Vor allem, wenn es um den Ersetzten eines so guten Freundes wie Genki geht. Ich fühle, wie die Blicke des Neuen noch eine ganze Weile auf mir liegen, ehe auch dieser seinen Blick nach vorne an die Tafel richtet. „Nicht zu fassen. Wie kann man sich in Mathe nur so gut auskennen, wie der?!“ Kaum haben wir das Klassenzimmer zur Pause verlassen, reden wir über das Gesprächsthema Nummer eins: den Neuen. „Der hat ja sogar mehr auf dem Kasten, als Shinya.“, werfe ich in die Diskussion mit ein. „Ja, vor allem was das Schleimen angeht.“, murrt Reita etwas genervt. „Habt ihr Shinyas Gesicht gesehen, als Rame diese eine schwere Gleichung gelöst hat? Das war doch göttlich!“ „Was war göttlich?“ Erschrocken zucken wir zeitgleich zusammen, als Rame so böse von hinten angeschlichen gekommen ist. „Ich habe meinen Namen gehört“, er klingt recht freudig, während wir ihn sichtlich genervt ansehen. „Was willst du?“, murre ich ihn an. Er soll ruhig wissen, dass ich nicht viel von ihm halte. „Euch kennen lernen“. Wieder zaubert sich dieses zuckersüße Lächeln in das Gesicht des Neuen, das durch sein Äußeres nur noch mehr unterstrichen wird. Da könnte man ja fast weich werden. Aber nur fasst – ich lasse nicht zu, dass dieser Kleider tragende Kerl unseren Genki ersetzt. Während Reita wohl einen ähnlichen Gedanken hegt, lächelt SAN den Brünetten freundlich an, reicht ihm sogar die Hand. „Ich bin SAN, aber meine Freunde nennen mich Blue.“ Reita und ich sehen uns ungläubig an, als der Blauhaarige dem Fremden gleich seinen Spitznamen anbietet. „Ähm, Schatz, können wir mal kurz miteinander reden?!“ Zusammen mit dem Nasenbandträger entfernen wir uns einige Meter von Rame, der uns nur schief nachsieht, aber brav an Ort und Stelle stehen bleibt und wartet. „Bist du verrückt? Du kennst den Kerl doch noch gar nicht. Und jetzt hast du ihm auch noch die Hoffnung gemacht, dass wir uns mit ihm anfreunden könnten“, fährt Reita seinen Freund gleich an, der, natürlich gar nicht versteht, was das Problem an der Sache ist. „Na und? Er ist doch nett. Außerdem…seht ihn euch doch mal an. So wie der herum rennt, hat der doch keine Chance alleine.“ „Ist das unser Problem?“ Ich sehe den Blauschopf durchdringend an. „Mein Gott. Ihr benehmt euch schon genauso wie die dummen Cheerleader. Was ist los, ist er etwa nicht ‚cool’ genug für uns?!“ Dieser Vergleich kränkt mich mehr, als Reita, weswegen ich nun richtig wütend die Arme verschränke. „Das hat doch DAMIT gar nichts zu tun! Genki ist erst einen Tag weg und DU ersetzt ihn gleich mit so einem Freak?!?“ Meine Stimme ist dabei lauter geworden, als geplant und vor allem das Wort Freak hat Rame erreicht, der daraufhin etwas betrübt den Kopf senkt, trotzdem tapfer stehen bleibt. „Sprach der Freak mit dem Bommelmützenfetisch“, entgegnet mir SAN trocken, ehe er uns den Rücken zudreht. „Es geht nicht darum, Genki zu ersetzen. Das kann sowieso niemand. Aber erinnert ihr euch doch mal an die Zeit zurück, in denen ihr auf euch selbst gestellt wart. Wir waren dabei noch Kinder und haben vieles, was man zu uns sagte, noch gar nicht wirklich richtig verstanden und es hat trotzdem wehgetan, bis wir einander fanden. Wir können jetzt über die Sticheleien und die Ausdrücke die man uns nachruft lachen. Aber würdet ihr auch darüber lachen, wenn ihr immer noch alleine wärt?“ Von diesem Standpunkt aus habe ich es noch gar nicht betrachtet. Plötzlich fühle ich mich schuldig, habe ich mich doch gerade wirklich nicht besser, wie einer dieser versnobten Cheerleader verhalten. „Wenn ihr nichts dagegen habt – der Neue wartet. Und ich für meinen Teil würde ihn sehr gerne kennen lernen.“ Mit diesen Worten entfernt sich SAN von Reita und mir, geht lächelnd auf Rame zu. „Warte Blue!“ schreie ich ihm nach und folge ihm hastig. Als ich vor Rame stehe und von diesem sichtlich verwirrt angesehen werde – immerhin habe ich ihn ja gerade noch für den halben Pausenhof hörbar als Freak beschimpft. Ich lächle entschuldigend und reiche ihm meine Hand. „Mein Name ist Shougo, aber du darfst mich gerne Bommel nennen.“ Mein Lächeln wird erwidert und meine Hand kurz geschüttelt, ehe sich Rames Blick auf Reita legt, der noch immer ganz alleine Abseits steht, was uns aber nicht überrascht. Bei Reita dauert es nämlich immer ein bisschen länger. „Ach was solls…“, hören wir ihn murmeln, ehe er ebenfalls auf Rame zugeht und ihm dann die Hand reicht. In diesem Moment weitet Rame seine Augen ehe er an uns vorbei stürmt und schreit. Nun steht Reita da, wie bestellt und nicht abgeholt, hält noch immer seine Hand hin und versteht plötzlich die Welt nicht mehr. „Sehe ich wirklich so schrecklich aus?“ „Quatsch~“, baut SAN seinen Freund gleich auf, der sich gleich theatralisch schniefend an dessen Schulter lehnt, während ich Rame genauso verwirrt nachsehe. „JUI, JUI!“ Höre ich richtig? Ruft Rame gerade den Namen meiner Flamme? Kennen die sich etwa? Das kann doch gar nicht sein! Mein Blick richtet sich auf Jui, der zusammen mit Daisuke und den Anderen Cheerleadern gerade das Schulgebäude verlässt. „Was zum Teufel?“ Daisuke, der sich wohl wieder mit Jui vertragen und seinen Arm um diesen gelegt hat, sieht das auf sie zukommende, feminine etwas ein bisschen schockiert an. „Jui!!“ schreit Rame weiter, bis er schließlich vor dem Kapitän steht, der ihn ungläubig und auch ein bisschen verwirrt ansieht. „Kennst du ‚ES’ etwa?“ hat Jui gleich wieder die Stimme Miyavis im Nacken. „Ähm…“ der Angesprochene scheint sich nicht zu erinnern. „Ich bins, Rame!“ Als er den Namen des vermeintlich Fremden hört, fällt es ihm wie Schuppen von den Augen. „R-Rame, was machst du denn hier? Und wie siehst du aus?“ Während die erste Frage vorerst übergangen wird, antwortet der Feminine auf die Zweite, indem er sich einmal in dem Kleid dreht. „Hübsch, oder?“ „Ja, wirklich, sehr hübsch. Würdest du uns jetzt bitte in Frieden lassen? Für gewöhnlich unterhält sich der Kapitän der Cheerleader nämlich nicht mit Freaks.“ Kommt es von, wie sollte es anders sein, Miyavi, der sogleich ungeduldig die Arme verschränkt und Jui mit einem drohenden Blick ansieht und von Rame vollkommen ignoriert wird. „Du bist Cheerleader Kapitän? Wirklich? Wow!“ So unbeeindruckt Rame von Miyavi war, umso mehr ließ sich Jui davon einschüchtern, sah kurz zu Miyavi, ehe er den Kopf etwas senkt. „Ja…ich muss dann gehen…wir haben es eilig.“ Mit diesen Worten entfernt sich das Grüppchen schließlich vom Neuen, der Jui sichtlich verwirrt nachsieht. „Was hat denn das zu bedeuten?“ frage ich ihn, als wir uns wieder in seine Nähe getraut haben. „Du…kennst Jui?“ Rame nickt freudig. „Ja. Wir waren damals in derselben Klasse und unzertrennlich, die besten Freunde!“ Dann sieht der Feminine verlegen lächelnd zu Boden und schabt den Dreck vor sich her. „Ich war so verknallt in ihn…“ Während ich mit einem mal brutal auf meinen Lippen herumkaue und krampfhaft zu Boden sehe, ergreift SAN das Wort: „Oh. Lass mich raten, er hat dir auch das Herz gebrochen?!“ „Was? Nein, hat er nicht. Und wieso überhaupt auch?“ „Na weil dein Kumpel meinem besten Freund hier das Herz gebrochen hat. Ist noch gar nicht so lange her.“ Selbstverständlicherweise deutet SAN dabei auf mich und ich spüre, wie nun wieder alle Blicke auf mir liegen. „Achso? Was ist denn passiert?“ Weil Reita und SAN selbst noch nicht wissen, was tatsächlich geschehen ist, bleibt es wohl an mir hängen. „Er…hat mich geküsst, um mir dann zu sagen, das er sein ach so erfolgreiches Leben, wofür er ja so hart gearbeitet hat, nicht aufs Spiel setzen will, indem er sich mit mir trifft.“ Rame legt seinen Kopf schief und sieht mich überlegend an. „Es fällt mir schwer, das zu glauben. So kenne ich Jui gar nicht. Normalerweise ist ihm egal, was Andere denken…“ „Willst du etwa behaupten, Bommel lügt?!“ keift der Nasenbandträger ihn gleich an. „Was? Nein! Ich sage doch nur, dass ich Jui so nicht kenne.“ „Dein Freund hat sich eben verändert. Du hast es doch eben selbst mitbekommen.“ Der weibliche Brünette sieht grübelnd zu Boden. „Das Einzige, was ich mitbekommen habe, ist, das dieser komische Kerl seinen Arm um ihn gelegt hatte.“ SAN nickt leicht und verzieht angewidert sein Gesicht. „Das ist Daisuke. Sein Freund. Genauso ein Arsch wie Miyavi.“ „S-sein Freund?“ Irgendwie scheint Rame das zu überraschen. „Ihr meint, die beiden sind zusammen? So richtig?“ „Ja. Überrascht dich das?“ „Ich dachte immer, er steht nur auf Frauen…“ etwas verzweifelt fummelt Rame an seinem Kleid herum. In mir macht sich der Verdacht breit, dass er diesen Fummel nicht grundlos trägt. „Warst du in ihn verliebt…oder bist du es immer noch?“, frage ich ihn, sehe ihn dabei durchdringend an. Mein Blick hat dabei etwas Konkurrierendes an sich. Sofort steigt dem Neuen die Röte ins Gesicht und er sieht zur Seite. „Ist das etwa so offensichtlich?“ „Sorry, das ich dein Weltbild zerstören muss, aber gibs auf. Er ist jetzt zu cool für uns Freaks.“, meine ich trocken und bewege mich dann Richtung Schulgebäude, da die Pausenglocke bereits läutet. Natürlich will sich Rame damit nicht zufrieden geben, weswegen er nach dem Unterricht das Gespräch mit seinem ehemaligen besten Freund sucht. Er hat sogar Glück, da außer Uruha, der gerade an seinem Handy hängt, sonst kein weiterer Cheerleader geschweige denn der Fußballer DIE in Juis Nähe sind. Während sich der Cheerleader Kapitän also gerade wundert, mit wem Uruha gerade spricht, weil dieser soviel Süßholz raspelt, beschleunigt Rame seinen Schritt um die beiden einzuholen. Die Anderen und ich bleiben dabei abseits stehen und fragen uns noch, was Rame denn jetzt wohl vorhabe. „Jui? Können wir reden?“ Angesprochener dreht sich zum Femininen um. „Ähm…“ Jui wirft einen prüfenden Blick zu Uruha, der sich gleich ein gutes Stück entfernt um in aller Ruhe weiter telefonieren zu können. „S-sicher, aber mach schnell. Miyavi und die Anderen kommen gleich.“ „Und?“ „Nichts und. Was ist denn?“ Rame muss den Kopf schütteln, und das, wo noch kein aussagekräftiges Wort gewechselt worden ist. „Was ist nur aus dir geworden? Ich wollte nicht glauben, was du Shougo angetan haben sollst. Aber dein Verhalten macht es mir schwer, dir mehr zu glauben.“ „W-Was?!“ Juis Blick richtet sich sofort auf mich, als würde er mich dafür verurteilen, dass ich erzählt habe, was geschehen ist. Doch genauso schnell richtet er seinen Blick wieder auf Rame, den er dann am Arm packt und ein ganzes Stück mit sich zieht, sodass die beiden aus unserer Sicht- und somit auch aus unserer Hörweite sind. „Rame, hör zu. Du musst das verstehen. Ich meine, ich bin Kapitän der Cheerleader. Ich bin beliebt. Das will ich nicht aufs Spiel setzen. Ich meine…du weißt was für ein Loser ich war…“ Der Feminine muss bitter lächeln. „Das ist deine Begründung für das Verhalten, das du an den Tag legst? Du bist also endlich beliebt?“ Jui nickt und lächelt seinen Freund an. Er ist der Meinung, dass er das schon verstehen wird. „Und welchen Preis zahlst du dafür, dass sich eigentlich nichts geändert hat?“ „Wie meinst du das?“ „Du bist immer noch ein Loser. Ein schlimmerer, als vorher, weil du dich für deinen so genannten Erfolg verkaufst. Vielleicht bist du jetzt beliebt, aber hinter den Kulissen des Ruhmes hat sich nichts geändert. Du wirst immer noch von den ‚Coolen’ herumgeschubst. Und wer bitte ist da, wenn das ganze sein Ende findet?“ „Was redest du denn da? Die Cheerleader sind meine Freunde!“ Bei dieser Aussage ist Juis Kehle ganz trocken geworden. Ein Resultat daraus, sich gerade selbst belogen zu haben und den Schwachsinn auch noch zu glauben. „Ach ja? Wirklich?“ Weil Jui darauf keine Antwort mehr gegeben hat, verlässt Rame das kleine Gässlein und kommt mit gesengtem Blick wieder zu uns zurück. Wir alle schauen ihn erwartungsvoll an. „Du hattest Recht, Bommel. Das ist nicht mehr mein Jui, sondern nur noch ein selbstverliebter, egoistischer Cheerleader-Snob.“ Mit diesen Worten macht sich der Feminine auf den Heimweg, was wir ihm gleichtun wollen und uns in Bewegung setzen. „Wartet mal!“ Wir drehen uns zu Uruha um, der gerade aufgehängt hat, sehen ihn fragend an. „Schöne Grüße von Genki. Ich soll euch sagen, dass er sich heut Abend bei euch meldet.“ Verwirrt blicken wir uns an, ehe wir wieder zu Uruha sehen. „Ähm…danke. „Meint ihr, die beiden sind jetzt zusammen?“ Der Blauschopf sieht uns fragend an, während wir langsamen Schrittes nach Hause spazieren. Der Nasenbandträger zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung. Mir auch egal.“ „Jetzt sei doch nicht so mürrisch, Noseless. Man könnte ja glatt denken, das du eifersüchtig bist.“ Reita sah seinen Freund ungläubig an. „Und wenns so wäre? Hab immerhin allen Grund dazu. Hast du gesehen wie lange die telefoniert haben?!“ SAN rollt mit seinen Augen. „Du wirst schon nicht zu kurz kommen, Jammerlappen.“ „JAMMERLAPPEN?!“ „Ja ehrlich, an allem hast du was auszusetzen, ständig bist du am rummaulen.“ „Freunde bitte…“, mische ich mich in das Wortgefecht ein. „Bitte nicht streiten. Genki ist gerade mal einen Tag weg und ihr liegt euch schon in den Haaren.“ Sowohl Reita als auch SAN schieben im ersten Moment schmollend die Unterlippe nach vorne, ehe SAN wieder auf das Thema Genki und Uruha zu sprechen kommt. Während wir also rätseln, ob Mister Hetero tatsächlich einen Freund hat, macht sich Jui ganz andere Gedanken. Gedanken darüber, was Rame zu ihm gesagt hat. „Hey, Jui?“ Aus seinen Gedanken gerissen sieht der Angesprochene zu seinem Freund, der neben ihm auf seinem Bett schon eine Weile damit verbracht hat, Jui zu verwöhnen. „Du bist ja gar nicht bei der Sache heute.“ „Was? Ich…tut mir leid.“ Daisuke löst sich von Jui und sieht ihn fragend an, „Was ist los, was bedrückt dich?“ Es überrascht den Cheerleader, dass Daisuke diese führsorgliche Frage stellt. Auf der anderen Seite fühlt er sich in dem Moment ein bisschen schadenfroh weil er sich gegenüber Rame doch im Recht fühlte. Aber dieses Gefühl ist so schnell wieder verschwunden, wie es gekommen ist. Daisuke hat gar kein Interesse am Reden und klebt mit seinen Lippen schon wieder liebkosend an Juis Hals, fährt mit seiner Hand unter dessen Oberteil. „Daisuke, wir…müssen reden.“ „Das können wir auch, wenn wir fertig sind.“ Jui beginnt, den Fußballer von sich zu schieben. „Nein, es ist wichtig…“ Genervt löst sich DIE ganz von Jui und sieht ihn abwartend an. „Was ist so wichtig, das es nicht HINTERHER geklärt werden kann?!“ Jui seufzt und sieht auf seine gefalteten Hände herunter. „Wir…sollten…uns eine Pause gönnen…“ „Eine Pause wovon?“ „Na, von uns. Ich meine…“ Daisuke springt auf, kaum das er diese Worte vernommen hat. „DU MACHST SCHLUSS?!“ „N-nein! Ich sage doch nur, dass wir eine Auszeit nehmen sollten. Immerhin warst du neulich noch offensichtlich an Uruha dran geklebt.“ „Ja, weil du mich wegen dieses Freaks versetzt hast!“ Jui nickt. „Genau deswegen sollten wir…“ Der Fußballer erhebt sich und zieht seine Klamotten wieder anständig an. „Habe verstanden. Tschüss.“ Jetzt kann der Cheerleader-Kapitän nur noch zusehen, wie sein Freund…pardon sein ‚Ex-Freund auf Probe’ das Zimmer und kurz daraufhin das Gebäude verlässt. Er wundert sich gerade selbst über diese Entscheidung, die er getroffen hat, wo Daisuke doch eines der Dinge gewesen ist, die er auf keinen Fall verlieren wolle, zusammen mit dem Erfolg und der Beliebtheit. Und dann kommt dieser Freak in sein Leben, der ihm mit seinem schüchternen Blick den Kopf verdreht. Oder liegt es an den hypnotisierenden Bommeln seiner Mütze? Und dann holt ihn auch noch seine Vergangenheit in Form eines neuen, für ihn altbekannten Schülers ein und legt ihm offen, was aus ihm geworden ist. Was ist der Preis, den er für diesen Erfolg zahlt? Seine Freiheit, er selbst zu sein. Während Jui seine Beine anzieht und seine Arme darum schlingt, verspricht er sich selbst, dass ab heute Schluss damit sein soll... Kapitel 7: Die Zukunft entsteht in der Gegenwart ------------------------------------------------ Als Reita und ich das Klassenzimmer betreten, trauen wir unseren Augen nicht. Auch die Anderen blicken illusioniert zu dem Tisch in der Mitte des Raumes, der ja bekannterweise der meinige ist. Die Person die dort sitzt und so fremd erscheint, winkt uns zu. „R-Rame, bist du das?“ Er sieht vollkommen anders aus als gestern: Da war kein Make-Up in seinem Gesicht und er trägt Klamotten, die nicht widersprüchlich zu seinem Geschlecht sind. Die Extensions sind auch nicht mehr in seinem Haar, das heute einfach nur gewöhnlich nach unten fällt und vielleicht gerade mal einen Kamm oder eine Bürste gesehen hat. Zuckersüß lächelt er uns an. „Wo ist denn der Blaue?“ Der Nasenbandträger und ich setzen uns auf unsere Plätze, ehe ich auf diese Frage antworte: „Beim Arzt. Ihm ging es nicht so sonderlich heute Morgen.“ „WAS auch kein Wunder ist, wenn er sich zum Schlafen nicht wieder anzieht, so kalt wie die Nächte zurzeit sind“, geht Reita gleich wieder ins Detail. Ihr müsst wissen dass die beiden beinahe jede Nacht miteinander verbringen, seitdem sie es zum ersten Mal getan haben. Noch öfter also, als davor schon. Und ich bin immer noch Jungfrau, das ödet so an. Besser ich nehme, was ich kriegen kann, da was ich will ja immer außer Reichweite bleiben wird. „Aber sag mal, was ist denn mit dir über Nacht passiert? Verpennt und nicht genügend Zeit zum fertig machen gehabt oder warum so …männlich?“ Ich stoße Reita für diese unsensible Aussage mit meinem Ellenbogen in die Seite. Als dieser darauf ein quiekendes Geräusch von sich gibt, muss Rame kichern. „Ist doch ganz einfach. Ich bin jetzt auf einer Jungenschule, da muss ich keine Kleider mehr tragen, damit die Kerle auf mich fliegen~“ „Na wenn du dich da mal nicht täuscht. Laufen noch genügend Kerle herum, die nicht schwul sind.“ Wieder landet mein Ellenbogen in Reitas Gerippe. „Au, jetzt lass doch mal den Scheiß hier.“ „Dann benimm dich gefälligst!“ „Ich mach doch gar nichts.“ „Schön wärs.“ Von Rames Lachen wieder voneinander abgelenkt, sehen wir den nicht mehr ganz so femininen dumm an, begreifen nicht, was er so lustig findet. „Ihr zwei seid niedlich…“ Weil uns Rame nach dieser Aussage irgendwie ein bisschen geknickt vorkommt, sehen Reita und ich uns kurz an um das Kriegsbeil erstmal zu begraben, denn normalerweise, wenn wir erstmal so richtig in Fahrt kommen, dann finden solche sinnfreien Wortgefechte kein Ende mehr. Passiert zwar reichlich selten, aber wenn, möchte man bestimmt nicht zwischen den Fronten stehen. "Ist alles okay bei dir?" Rame nickt eifrig und lächelt wieder gespielt. Es sieht nicht so aus, als ob er darüber reden will, also belassen wir es dabei. Auch, weil unser Lieblingslehrer gerade das Klassenzimmer betritt, also setzen wir uns und widmen uns dem Unterricht. Irgendwie zumindest. Als mein Blick so durch das Klassenzimmer schweift, entdecke ich ein weiteres frustriert wirkendes Gesicht. Daisuke, der Fußballer zieht heute eine Miene wie sieben Tage Regenwetter. Bestimmt streitet er sich wieder mit Jui. Wäre ja nicht das Erste mal. Vor ein paar Wochen hätte ich mir jetzt wieder Hoffnungen gemacht, aber die beiden vertragen sich ja sowieso immer wieder. Das die sich dauerhaft Trennen, da muss schon ein Wunder geschehen. Und Wunder geschehen nicht. Nicht in meiner Welt. Bevor mich diese Gedanken launenmäßig wieder nach unten ziehen, entschließe ich mich, mich doch einmal konstruktiv am Unterricht zu beteiligen. Auch wenn das mit Rame an meiner Seite nicht gerade einfach ist - er ist nicht nur ein Mathegenie sondern auch noch ein wandelndes Geschichtsbuch. Bei dem was der drauf hat, wundert es mich, dass er auf die Warteliste gekommen und nicht gleich aufgenommen worden ist. Während ich also über alles Mögliche nachdenke, nur um mich bei Laune zu halten, denkt Jui tatsächlich darüber nach, die Sache mit Daisuke zu beenden. Immerhin hat er sich selbst geschworen, endlich wieder zu sich und dem was er will zu stehen. Er weiß, dass ihm das vermutlich die Beliebtheit kosten wird. Doch in einer Lüge will er auch keine Sekunde länger leben. ja, er hat Daisuke geliebt, aber von diesen Gefühlen ist einfach nichts mehr da. Ich ahne ja nicht, welches Glück ich im laufe des Tages noch haben werde. Der Klang der Pausenglocke ertönt und anders als sonst, habe ich es gar nicht so eilig, das Klassenzimmer zu verlassen. So sind Reita, Rame und ich die letzten die es verlassen und nun durch die Gänge Richtung Cafeteria schlendern, wo wir dann das, was dort als Nahrung deklariert wird, zu uns nehmen. Dort erfahren wir auch, so ganz beiläufig, wer die Competition gewonnen hat. Unsere Schule ist es dieses Mal wohl leider nicht gewesen. Das erklärt wohl auch die Tatsache, dass sich die Cheerleader im selben Moment vor der Turnhalle versammeln um nach dem Grund des Versagens zu forschen. "Du warst unkonzentriert, Uruha." "Das sagt gerade der richtige. Du hast ja selbst genug Schritte verhaut. Synchron ist was anderes." "Hey, ihr wart Freitag beide miserabel.", mischt sich Miyavi in das Wortgefecht von Jui und Uruha ein und verschränkt gestresst die Arme. "Aber was geschehen ist, ist geschehen. Am besten wir fangen gleich an, für nächstes Jahr zu üben", versucht K.T die Stimmung etwas zu lockern. Dazu stellt er sich sogar hinter seinen Freund und Liebhaber, um ihm spontan eine Massage zu verpassen. Jedoch ohne Erfolg. "Ich bin eher dafür, dass wir eine Neuwahl der Kapitän-Position durchführen. Immerhin hat Jui uns nicht zum Sieg geführt." "Wenn ich dich daran erinnern darf, Miyavi...", mischte sich Uruha wieder ein und verschränkt seine Arme. "In dem ersten Jahr indem du Kapitän warst, haben wir auch nicht gewonnen und dich auch nicht gleich wieder abgewählt." Etwas verblüfft darüber, das sich Uruha gerade für ihn stark macht, sieht Jui den Cheerleader dementsprechend an. "Außerdem hätten wir mit Sicherheit gewonnen, wenn Jui und ich nicht andere Sorgen gehabt hätten, wie diese scheiß Competition." "U-Uruha..?" "Na ist doch so, oder etwa nicht?" Weil sich Jui gar nicht traut, dem zu widersprechen, wo Uruha schon einmal für ihn Partei ergreift, nickt er daraufhin nur. "Also gut, von mir aus. Gehen wir uns umziehen und fangen mit dem Training an. Hab mit dem Direx gesprochen. Wird sind für die kommenden zwei Stunden freigestellt." "Danke Mausebein~", säuselt K.T beruhigt und haucht Miyavi schließlich einen Kuss auf die Lippen, den dieser natürlich erwidert. "Heb dir deine Boshaftigkeit fürs Bett auf Schatz und verschleudere es nicht an Jui.", wispert er dann, nur für den Schwarzhaarigen hörbar in dessen Ohr, woraufhin dieser seine aufkommende Röte mit dem Rollen seiner Augen zu überspielen versucht und dafür gleich noch einen Kuss von seinem Freund ergattert. „Was ist das?“ Jui hat unterdessen eine ganz Andere Entdeckung gemacht, als er eher zufällig zu Uruha sieht, während dieser sich gerade das Shirt über den Kopf gezogen hat. Angesprochener dreht ihm daraufhin sofort den Rücken zu. „Nichts?“ Weil es dem Cheerleader Kapitän aber nicht nach ‚nichts’ ausgesehen hat, packt er den Brünetten an der Schulter und dreht seine Front wieder zu sich. „Das nennst du nichts?“ Mit seinem Zeigefinger stupst er Uruhas Brustwarzenpiercing an, woraufhin dieser ein angedeutetes „Au“ von sich gibt und leicht zusammen zuckt. „S-sorry.“ Unbehagen steigt in dem femininen Cheerleader auf wenn er darüber nachdenkt, zu welchem Zweck er sich ursprünglich dieses Ding hat stechen lassen. „Wieso entschuldigst du dich, Uruha? Mir tut es leid. Das Daisuke auf so was steht war gelogen. Zumindest wüsste ich davon nichts.“ Verdattert sieht Jui Uruha an, der, anders als erwartet völlig ruhig zu bleiben scheint, ihn dann sogar anlächelt. „Danke!“ wofür er sich jetzt so aufrichtig bedankt, will er auch noch nicht so recht begreifen. Vielleicht für seine Ehrlichkeit? Auf jeden Fall ist es in Uruhas Interesse, dass Jui seinen Dank darauf bezieht und nicht auf die Tatsache, dass er dadurch die Möglichkeit gehabt hat, Genki kennen zu lernen. Es weis ja noch keiner seiner Freunde, was passiert ist. „Na ja…auf jeden Fall sieht es entzündet aus…“, meint Jui noch beiläufig ehe er sich wieder entfernt um in seine Trainingsklamotten zu schlüpfen. Uruha besieht sich daraufhin erst einmal das Piercing. Jetzt, wo Jui ihn darauf hingewiesen hat, fällt es ihm auch auf. Zumindest würde das die Schmerzen erklären, die er hat wenn er es berührt. Weil er jetzt aber keine Zeit hat, irgendwas dagegen zu unternehmen, belässt er es erst einmal dabei und zieht sich ebenfalls vorsichtig um. Da der Unterricht für uns Normalos auch genauso standardmäßig nach einer viertel Stunde weitergeht, begeben Rame, Reita und Ich uns zurück ins Klassenzimmer und ziehen die zwei Stunden den trockenen Stoff durch. Noch kurz vor der nächsten Pause lässt sich Reita, ebenfalls vom Lehrer befreien. Dieser Verräter! Aber dieses Spielchen spielten SAN und Reita nicht zum ersten Mal. Unsere Lehrer sind nur zu beschränkt um es zu begreifen. Normalerweise ist das kein Problem, weil ja immer noch Genki hier war. Da er aber nun fort ist, fühle ich mich jetzt schon ein bisschen im Stich gelassen. Frustriert verschränke ich die Arme auf dem Tisch und bette meinen Kopf darauf. „Kommst du, Bommel?“ werde ich von Rame gefragt, der mich wie immer zuckersüß anlächelt. Ich schüttle meinen Kopf. Da ich noch Satt von der ersten Pause bin, rentiert sich ein weiterer Kantinengang nicht. Und auf den Hof will ich auch nicht gehen, wegen Jui. Ich möchte diesem Kerl momentan einfach nicht begegnen, und das ist auf diesem Weg das einfachste. Also zieht Rame alleine los um seine Pause im Freien zu genießen. Im Hof angekommen setzt er sich auf eine freie Bank die unter einem Baum steht und sieht hinauf zum Himmel, beobachtet die vorbeiziehenden Wolken und versinkt so in Gedanken, das er nicht merkt, wie sich jemand mit gebührendem Abstand zu ihm setzt. „Hey…“ Erschrocken blickt Rame zu dem Anderen und ist ziemlich überrascht. Es hat nicht nur nach Daisuke geklungen, nein, er ist es tatsächlich auch gewesen. „Hey..?“ der Braunhaarige sieht den Fußballer schief an. „Du kennst Jui doch sehr gut, oder?“ „Das…dachte ich zumindest, wieso?“ DIE seufzt tief. „Er hat mir gestern Abend eine Pause vorgeschlagen.“ „Oh. Das tut mir leid…“ „Mir nicht. Klar war ich am Anfang total aufgebracht darüber. Aber Jui hat Recht, mit dem was er sagte. Und nachdem ich darüber nachgedacht habe, ist mir aufgefallen, dass ich eigentlich gar nichts mehr für ihn empfinde. Wie mache ich ihm das klar, ohne ihn dabei zu verletzen...?“ „Mhhh…“ Rame wendet den Blick ab und sieht grübelnd auf seine gefalteten Hände. „Ich denke, das wird sich nicht vermeiden lassen. Aber wenn du ehrlich bist, wird er das schon verstehen und keine Szene machen.“ Na ja, wirklich weitergeholfen hat ihm Rames Aussage nicht. Immerhin ist jeder glücklicher über die Wahrheit, als über eine Lüge, auch wenn die Wahrheit wie in solchen Fällen das Schmerzhaftere Übel ist. Wenigstens hat ihn Rame darauf vorbereitet, wie Jui reagieren könnte. Denn so lange er jetzt schon mit ihm zusammen ist, so unberechenbar ist der Cheerleader Kapitän bis zum heutigen Tag auch geblieben. Zumindest für ihn. Und irgendwie haben ihm diese Worte auch die Kraft gegeben, den Mut aufzubringen sich Jui gegenüber zu stellen. Deswegen beugt sich der Fußballer zum Dank hinüber zu Rame und umarmt ihn freundschaftlich, womit dieser nicht wirklich gerechnet hat. Darum dauert es auch eine Weile, bis Rame die Umarmung erwidert. Als der Schwarzhaarige sich dann wieder lösen will, hält er auf halbem Weg inne und sieht in Rames Augen, die ihn verwirrt und verlegen zugleich anblinzeln. „Du gefällst mir so übrigens viel besser…“, meint Daisuke schließlich und hatte Rames Lippen im nächsten Moment schon mit den eigenen versiegelt. „DAISUKE, WO STECKST DU?!“, dringt es plötzlich an die Ohren der beiden, woraufhin sich Dai schlagartig von Rame löst, diesen selbst total erstaunt über gerade geschehenes ansieht und sich mit einem „Verrückt…“ erhebt und seinem Kumpel dann entgegen rennt. „Ver..rückt?“, wiederholt Rame Daisukes Bemerkung und streift sich dabei über die geküssten Lippen. Ja, diese Situation eben, ist wirklich irgendwie verrückt und in irgendeiner Form geplant ist es wohl auch von keiner Seite gewesen. In nicht einmal einer Minute, was für einen Sportler wie Daisuke ein Kinderspiel ist, kommt der Schwarzhaarige vor seinem Kumpel zum stehen. „Alter, wo hast du gesteckt? Wir wollten ein paar Tore schießen, bist du dabei?“ Wenn nicht, just in diesem Moment Jui wie ein verrückter aus der Turnhalle gestürmt gekommen wäre, hätte er diese Frage mit ja beantwortet. Stattdessen antwortet er gar nicht und stellt sich Jui in den Weg, stoppt den Cheerleader somit aus. „Können wir reden?“ „Ja, sicher. Ich wollte zwar eigentlich vorher gerade mit Shougo sprechen, aber danach wäre ich sowieso auf dich zugekommen. Ich muss dir nämlich auch etwas Wichtiges sagen Daisuke.“ Weil Jui ihn daraufhin so anlächelt muss der Schwarzhaarige kurz schlucken. „Darf ich zuerst?“ Nachdem Jui mit einem Nicken eingewilligt hat, muss Daisuke schwer seufzen und erst einmal nach den richtigen Worten suchen. „Es ist so…also, wegen unserer Pause meine ich. Ich bin der Meinung, das wir es offiziell beenden sollten…“ Prüfend sieht er zu seinem Freund, der ungläubig die Augen weitet, was Daisuke dazu verleitet, weiter zu sprechen. „I-ich meine nur, das du recht hattest. Wir streiten wirklich viel zu häufig in letzter Zeit und meine Gefühle für dich-“ „Shhhhh~“ Jui hat seinen Finger auf Daisukes Lippen platziert und lächelt ihn nun an. „Ist in Ordnung Daisuke. Mir geht es genauso. Im Prinzip wollte ich dir eigentlich dasselbe sagen…“ Nun lächelte auch der Fußballer erleichtert. „Ich habe da nämlich jemanden kennen gelernt. Und ich war gerade auf dem Weg zu ihm, um ihm zu sagen was ich empfinde~“ „Ich glaube…ich habe auch gerade jemanden kennen gelernt.“ Entgegnet Daisuke knapp und muss über sich selbst schmunzeln. „Dann bleiben wir freunde, ja?“ „Auf jeden Fall.“ Beide Seiten sind froh über diese Einigung, die sie mit einer freundschaftlichen Umarmung besiegeln. Dann ertönt die Pausenglocke und Jui hat es auf einmal besonders Eilig. „Ähm, wir sehen uns!“ zügig rennt er an seinem Ex vorbei und stürmt in das Gebäude, in welches sich nun auch all die anderen Schüler begeben. Ich erschrecke mich unheimlich, als Jui plötzlich mit all dem Lärm den er dabei verursacht hat, in der Tür steht und sich suchend umsieht. Natürlich drehe ich ihm sofort den Rücken zu und mach mich klein. Ich meine erwähnt zu haben, das ich den Kerl nicht mehr sehen oder sprechen möchte, oder? Außerdem wird er eh nach Daisuke suchen, davon gehe ich zumindest aus. „Shougo?“ Ich mache mich noch kleiner, als ich meinen Namen höre und presse meine Augenlider aufeinander, was zur folge hat, das ich eine Hand auf meiner Schulter spüre, was mich dann doch dazu bringt ihn anzusehen. „Was ist? Was willst du?!“, gifte ich ihn an, versuche dabei stark zu wirken. „Können wir uns unterhalten? Vielleicht, unter vier Augen?“ „Nein. Ich habe dir nichts mehr zu sagen Jui.“ „Dann…hör mich bitte an.“ Mittlerweile haben sich einige Schüler um uns versammelt und lauschen mit neugierigen Blicken. Auch die anderen Cheerleader scheinen Jui eingeholt zu haben. „I-ich verstehe ja das du wütend bist. Aber es tut mir leid, hörst du?“ „Und weiter?“ Ich sehe Jui skeptisch an. Bei diesen Augen könnte ich glatt wieder Schwach werden. „Ich…Shougo…“ „Was ist denn hier los? Schülerversammlung oder was?“ Der Lehrer zwängt sich gerade durch die Schülermassen und versucht, seinen Platz hinter dem Pult und vor der Tafel zu erreichen. „Ich habe meine Klasse kleiner in Erinnerung.“ Mit dieser Aussage sieht er zu den Parallelschülern und bittet sie hiermit zu gehen. „Na los, wird’s bald? Die Zeit wird euch sonst von dem Test abgezogen.“ Ja richtig, der Mathetest. Denn hab ich vor lauter Selbstmitleid vollkommen vergessen. Aber ich bin ehrlich. Ich schreibe lieber den Test, als mir diese lächerlichen Entschuldigungsversuche von Jui weiterhin geben zu müssen. Ich bin doch kein Ball, den er sich zuspielen lassen kann, wann immer er Lust darauf hat. „Hast du nicht gehört, Jui? Verzieh dich“, helfe ich ihm auf die Sprünge und sehe ihn dabei feste an. Daraufhin sieht der Cheerleader kurz zum Lehrer und dann wieder zu mir. „Komm nachher in der großen Mittagspause hinter das Schulgebäude. Es ist wichtig…“ flüstert er mir schließlich zu, ehe er dann das Klassenzimmer verlässt, woraufhin ihm jeder folgt, der nicht zu uns gehört. Alle anderen setzen sich auf ihre Plätze. „Vielleicht solltest du dir anhören, was er zu sagen hat?“ höre ich Rame sagen, der sich soeben zu mir setzt. „Pff. Misch du dich da nicht ein.“ Ich möchte nicht mit ihm reden. Unter keinen Umständen mehr. Doch um auf Nummer sicher zu gehen, dass ich mich nicht doch dort Blicken lasse, wohin mich Jui geordert hat, lasse ich mich nach dem Test ebenfalls befreien. Wenn ich jetzt nach hause gehe, dann komme ich auch nicht auf irgendwelche Dummen Gedanken. Wenn Genki jetzt noch hier wäre, würde er mir mit Sicherheit auch raten, standhaft zu bleiben und mich auf keinen Fall mehr auf Juis Spielchen einzulassen. So geschieht es, das Jui auf mein erscheinen wartet, während ich schon längst zuhause sitze. Vergessen habe ich die ganze Sache noch nicht. Es liegt mir immer noch schwer im Magen. Und diese unausstehliche Neugier. Was er mir wohl sagen will? Ich muss mich ablenken, also rufe ich bei SAN an, um ihn und Reita mal die Leviten zu lesen. Natürlich heben weder Reita noch SAN ab, als ich sie anklingle. Haben vermutlich ausgelassenen Spaß miteinander während ich hier sitze und vergeblich versuche mich abzulenken. Ich versuche es noch ein, zweimal einen meiner Freunde zu erreichen, als ich frustriert mein Mobiltelefon zuklappe und es in die nächste Ecke donnere. Wo sind die blöden Freunde, wenn man sie wirklich mal braucht? Hocken zuhause und Vögeln sich gegenseitig das Hirn raus. Das die beiden damit schon vor Stunden fertig waren und jetzt sabbernd aneinandergekuschelt in SANs Bett liegen und schlafen, weis ich ja nicht. Grübelnd starre ich das geschrotete Handy an und erschrecke mich im nächsten Moment wahnsinnig, als dieses plötzlich vibriert. Damit habe ich so, wie es mittlerweile aussieht einfach nicht mehr gerechnet. Zügig hebe ich es auf und werfe einen Blick auf das Display. Es ist pechschwarz, aber das macht nichts. Ich nehme an, da ich davon ausgehe es handelt sich bei dem Anrufer vermutlich um SAN oder Reita, der zurückruft. „Ja, hallo?“ „Hey, Bommel, ich bin’s, Tongue“ Überrascht weite ich meine Augen. Mit einem Anruf von Genki habe ich zu so einer Uhrzeit nicht gerechnet. Immerhin sollte er ja eigentlich in der Schule sein. „Tongue?! So eine Überraschung. Warum rufst du an?“ „Nichts Besonderes. Hab auch gar nicht so viel Zeit zum quatschen. Ich wollte dich eigentlich nur fragen, ob es etwas Neues von Jui gibt.“ Genki ist mir ja schon immer ein bisschen Unheimlich gewesen aber dieser Anruf setzte dieser Tatsache noch einmal die Krone auf. Man könnte meinen, er wäre immer noch hier und hätte es mitbekommen. „Also…wenn du schon so fragst, da ist tatsächlich was. Er wollte mich in der Mittagspause treffen. Aber ich schätze ich gehe nicht hin…“ „Falsch! Du wirst da gefälligst hingehen!“ „Wieso sollte ich das tun? Du hast selbst gesagt, dass ich aufhören soll, mir Hoffnungen zu machen. Ich bin außerdem sowieso schon zuhause.“ Man hört ein Lahngezogenes Stöhnen durch den Hörer. „Ach vergiss doch was ich gesagt habe. Ich war noch nie ein guter Ratgeber, was diese Thematiken betrifft. Ich hätte dir nie dazu raten dürfen! Du solltest auf jeden Fall mit Jui sprechen!“ Der von ihm ungesehene Blick auf meinen Zügen sagt ‚Jetzt verstehe ich die Welt nicht mehr’, doch um diese Mimik bei ihm ankommen zu lassen, muss ich auch etwas dazu sagen. „Wieso auf einmal?“ „Na ja weißt du- FUCK, ich muss Schluss machen. Geh einfach hin, du wirst es nicht bereuen, glaub mir!“ „Was? Hey, warte mal?!“ Doch ich höre nur noch ein klicken in der Leitung und dann ein Freizeichen. Dieser Anruf hat wirklich nichts besser gemacht. Eigentlich nur schlimmer, denn jetzt wächst meine Neugierde erst recht ins unermessliche. Als ich wieder aufgelegt habe, vibriert mein mobiles Telefon erneut, allerdings kürzer. Eine SMS, die ich aufgrund permanent schwarzen Displays ohnehin nicht lesen kann. Also stecke ich das Schrottteil in meine Gesäßtasche und mache mich, wirklich NUR aufgrund Genkis Anruf – glaubt mir ich hätte es geschafft standhaft zu bleiben! – auf den Weg zur Schule. Wenn ich mich beeile, dann schaffe ich es vielleicht, dort anzukommen bevor die Mittagspause zu Ende ist. Währenddessen war Jui schon kurz vorm verzweifeln. Die große Pause neigte sich dem Ende zu und ich bin noch immer nicht in Sichtweite. Wenige Minuten später ertönte die Pausenglocke, was den Cheerleader dazu veranlasste, sich noch einmal verzweifelt umzusehen, dann aber den Kopf hängen zu lassen und sich in Bewegung zu setzen. Als er um das Schulgebäude herum zum Vordereingang gehen will, stoße ich, weil ich just in diesem Moment um dieselbe Ecke biegen wollte, frontal mit ihm zusammen. Weil wir uns vor schreck aneinander krallen, fallen wir nicht um, sehen uns dafür mit geweiteten Augen starr an, ehe wir uns zügig voneinander lösen und beschämt zu Boden sehen. „Shougo, Gott sei Dank. Ich dachte nicht, das du noch kommst…“ „Da dachtest du wohl falsch. Was willst du mir denn so wichtiges sagen?“ Ich versuche trocken zu klingen. Er soll ruhig wissen und spüren, dass ich immer noch wütend bin und eigentlich nur hier stehe, weil Genki es so will. „Okay…Shougo…hör zu…“ beginnt der Cheerleader schließlich und schabt den Dreck unter seinen Solen vor sich her. „Es tut mir leid, was ich dir angetan habe. Ich war ein Vollidiot und ich wünsche mir nichts mehr, als dass du mir verzeihst…“ „Wieso sollte ich das tun?“ Ich verschränke meine Arme, sehe Jui an und hebe eine Augenbraue. Damit überrasche ich mich selbst, so Standhaft bin ich mein Leben lang noch nicht aufgetreten. Doch damit war es auch vorbei, als er nach meinen Händen greift und sie in die Seinen nimmt, während er mich feste ansieht und mich damit schon wieder sichtlich einschüchtert. „Ich habe mich von Daisuke getrennt. Endgültig.“ „D-das ist alles? Ich meine, mehr hast du mir nicht zu sagen?!“ „Also, wenn du gar nicht wissen willst, wieso ich mich von ihm getrennt habe, dann habe ich wohl wirklich nichts mehr zu sagen…“ „Du kannst es mir auch einfach sagen, anstatt das hier unnötig in die Länge zu ziehen. Du hast ja eigentlich Unterricht, nehme ich an?“ Ich spüre, wie Juis griff stärker wird und er ein sanftes Lächeln auf seine Züge legt. Ich liebe dieses lächeln, das eine Sonne in mir aufgehen lässt und ich liebe auch diese Augen, in denen ich wieder problemlos ertrinken könnte. „Shougo, ich möchte mit DIR zusammen sein…“ Wieder weiten sich meine Augen überrascht und meine Sprache hat es mir auch verschlagen. Ich brauch einen Moment um mich wieder zu Sammeln. Man kann mir gerade in diesem Moment wohl ansehen, wie skeptisch ich bin. Das muss ein Traum sein. So wie der Kuss. Oder ich habe mich einfach nur verhört. In meinem Liebeswahn habe ich Jui schon oft etwas sagen hören, das er gar nicht gesagt hat. Wunschdenken, Tagträume, nichts weiter. „W-warum auf einmal…?“ bringe ich stotternd über meine zitternden Lippen. „Weil…ich mich unsterblich in dich verliebt habe, du Idiot!“ Meine Augen weiten sich noch mehr, sofern das überhaupt noch möglich ist und ich sehe Jui ungläubig an. Ich kann es einfach nicht glauben. Das alles passiert doch gerade nicht wirklich, oder doch? Weil ich darauf nichts erwidern kann, ergreift Jui die Initiative und ich erlebe das, wovon ich vor ein paar Minuten noch geglaubt habe, es nie wieder erleben zu dürfen. Ich spüre diese unglaublichen Lippen auf meinen. Wie auf Knopfdruck fallen meine Augen zu, mein Körper lehnt sich an den des Anderen und als ich die warme Zunge spüre, traue ich mich sogar zu erwidern. Schon wenige Sekunden später war der Kuss bereits wieder gelöst. Er hat auch gar nicht so lange gedauert, wie er sich angefühlt hat. Mit hochrotem Kopf blinzle ich Jui an. Vermutlich wartet Dieser darauf, dass ich es auch sage, doch ich kann nicht. Meine Lippen, meine Zunge, ich fühle mich wie gelähmt. Das hier ist kein Traum. Das hier ist die Realität. Andernfalls wäre es der realste Tagtraum den ich je geträumt habe. „Um dir zu beweisen, dass ich es ernst meine, sollte ich dich…na ja, meinen Freunden vorstellen, meinst du nicht?“ Wie in Trance nicke ich, obwohl ich nicht einmal richtig verstanden habe, was er gerade gesagt hat. Aber das spielt doch keine Rolle, oder? Ich meine, gerade jetzt, in diesem Augenblick erfüllt sich mein sehnlichster Wunsch. Mein Traum wird zur Realität. Ich bin weiß Gott kein egoistischer Mensch, aber habe ich es nicht verdient, diesen Moment auszukosten? Ich spüre, wie er meine Rechte wieder in seine Hand nimmt und mich hinter sich herzieht. Ich habe das Gefühl ihm hinterher zu fliegen. Meine Füße sind so leicht und ich spüre den Boden unter meinen Füßen nicht mehr. Alles was ich wahrnehme, ist das ich zu einem Gebäude, vermutlich die Turnhalle, geschleift werde. Und als ich dort zum stehen komme, komme ich langsam wieder zu mir. Ein grauenhaftes Erwachen, als ich mich so plötzlich bei den Cheerleadern befinde, die mich komisch anblicken. Jetzt würde ich ja am liebsten auf den Fersen kehrt machen und davon laufen, so wie immer. Aber Juis Hand, die die Meine fest umschlingt, hält mich davon ab. „Was wird das, wenn es fertig wird? Habe ich etwa verpasst das heute ‚Bring-deinen-Freak-mit-zum-Training-Tag ist?“, fährt Miyavi gleich wieder zu Hochleistungen auf. „Ich wollte dir eigentlich nur sagen, das Shougo und ich jetzt zusammen sind. Und wenn du und der Rest von euch damit ein Problem haben sollten, und ich deswegen kein Cheerleader mehr sein kann, dann ist mir das egal.“ Miyavi traut seinen Ohren nicht, reißt ungläubig seine Augen auf. „Bitte?! Erst fünfzehn Minuten zu spät erscheinen und dann auch noch so einen Dünnpfiff labern?!“ der schwarzhaarige Cheerleader war außer sich. „Das ist kein Schwachsinn sondern mein voller Ernst.“ Mit festem Blick sieht Jui Miyavi in die geweiteten Augen. Tapfer hält er diesen Blick und bekräftigt den Druck seiner Hand. Zwar würde ich immer noch lieber davon rennen, aber Jui scheint mich hier wirklich zu brauchen. Außerdem sind meine Füße immer noch Matsch von dem Kuss vorhin. Und das er gleich ‚anbietet’ aus der Mannschaft auszusteigen, überrascht mich fast gleichermaßen. Immerhin hat er das Team beim letzten Mal noch als Grund genannt, warum wir nicht zusammen sein können. Es wäre ihm so wichtig, und jetzt? Mir geht das wohl alles viel zu schnell gerade. Deswegen bin ich besser still und gebe Kraft durch meine Anwesenheit. Auch Miyavi hat verstanden, das Jui es ernst meint. „Okay, wie du willst. Uruha, nimm ihm die Pompoms weg.“ Stille. Niemand regt sich. Der Cheerleader Uruha scheint der Aufforderung nicht nachkommen zu wollen. „URUHA?!“ „Nein.“ „Bitte?!“ Uruha wechselt die Seite und steht nun hinter uns. „Ich hab die Schnauze so was von gestrichen voll. Ständig schreibst du uns vor, was wir tun und machen sollen und mit wem wir verkehren und mit wem nicht.“ „Was redest du denn da? Das hat euch sonst auch nicht gestört. Uruha, mach was ich sage oder du fliegst gleich als nächster.“ Der Angesprochene schüttelt seinen Kopf, sieht Miyavi fest an. „Nein, Miyavi. Jui hat vollkommen Recht mit dem was er sagt. Ständig bestimmst du über das Schicksal der Schüler, ganz egal was wir wollen. Wenn du Juis Trikot haben willst, dann kannst du meines auch haben. Ich hab nämlich auch keinen Bock mehr, dir noch eine Sekunde länger zu verheimlichen, das ich ebenfalls mit einem deiner so genannten Freaks gehe und verdammt noch mal glücklich bin.“ „K.T, sag doch was!“ Panisch dreht sich der schwarzhaarige zu seinem Lebenspartner, in der Hoffnung, dass dieser diesen Boykott noch irgendwie herumreisen würde. Doch K.T sieht nur entschuldigend zu Miyavi, ehe er ebenfalls die Seite wechselt. „W-was? Du etwa auch?!“ K.T seufzte leicht. „Shinya gibt mir Nachhilfe. Das ist laut deinen Ansichten ja auch schon zuviel Kontakt zu einem Freak, deswegen habe ich dir das verheimlicht…“ gesteht der Schwarz-Blonde. „KYAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!!! IHR SCHEISS VERRÄTER! IHR SEID HIERMIT ALLESAMT AUS DEM TEAM VERBANNT!!!“ Mit diesen Worten stürmt der aufgebrachte Japaner aus der Turnhalle und rennt dabei fast in den Fußballer Daisuke und den Freak Rame. „Daisuke!“, man will es nicht glauben, aber Miyavis stimme klingt wirklich extrem verheult und er hat wirklich tränen in den Augen. „Die sind alle verrückt geworden, ich sag es dir“ Erst bei genauerem Hinsehen bemerkte Myv, dass DIE und Rame Händchen halten, was ihn dazu brachte, erneut so laut zu schreien und sich die Haare zu raufen, ehe er panisch vom Gelände rennt und am laut hinterm Horizont verschwunden ist. „Das war ja krass. Ich hoff der kriegt sich wieder ein.“ Wir waren ihm nach draußen gefolgt und haben ihn noch verschwinden sehen. „Bestimmt“, entgegnet K.T knapp und verschränkt seine Arme. „Wenn nicht sind wir wohl alle unsere Cheerleader-Aktivität los, was?“ „Ach quatsch. Du bist doch der Kapitän Jui. Und du hast mehr als 25 Prozent des Teams hinter dir. Wenn er jetzt immer noch meint sich aufspielen zu müssen, dann ist er der Einzige, der das Team verlassen wird.“ K.T nickt zustimmend. „Auch wenn ich hoffe, dass er sich wieder einkriegt. Auch wenn er ein Arsch ist. Er ist mein Arsch und ich liebe ihn.“ Ja und mit diesen Worten möchte ich die Geschichte meiner ersten und einzigen großen Liebe beenden. Ich hoffe, ihr habt die Botschaft, die ich euch damit vermitteln möchte auch alle verstanden. Niemand weiß, was die Zukunft mit sich bringt. Doch egal wie schlecht die Situation aussieht, so kann sie morgen doch schon wieder ganz anders aussehen. Ihr könnt jetzt gerne behaupten, dass ich einfach nur eine Menge Glück gehabt habe und das kann ich aufgrund vorliegender Tatsachen auch gar nicht abstreiten, aber merkt euch eins. Die Zukunft entsteht in der Gegenwart. Und zwar mit jedem Schritt, den ihr geht, mit jedem Wort, das ihr aussprecht und mit jedem Gedanken den ihr habt. was IHR tut. Wenn ihr etwas verändern wollt, dann handelt, anstatt zu jammern. Der weiche Flügelschlag eines zarten Schmetterlings verursacht woanders einen Wirbelsturm. Seid der Schmetterling und verursacht den Wirbelsturm, der euer Leben erst lebenswert macht, handelt. Mit diesen Worten verabschiede ich mich von euch. Ich hoffe ihr hattet viel Spaß beim Lesen meiner Geschichte. Wer weiß, vielleicht melde ich mich ja noch einmal aus der Zukunft, irgendwann? Haltet die Ohren steif, euer Shougo, alias Bommel. Ende. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)