MICHI von Sunrisepainter (Geh deinen Weg) ================================================================================ Kapitel 1: Sag mir deinen Namen ------------------------------- KAPITEL 1: Sag mir deinen Name Es war merkwürdig. Nicht, dass er nach so vielen Jahren sich nicht daran gewöhnt hätte, dass sie alle ein bisschen anders waren als andere Kinder. Doch war es wirklich seltsam, dass sich das Digivice nach so vielen Monaten wieder bemerkbar machte. Und das noch bei ihm und den anderen „alten“ Digirittern. Dabei waren die „Neuen“ doch nun für die Digiwelt verantwortlich. »Was brauchst du denn solange? Beeil dich mal, Taichichi!«, seine kleine Schwester zog ihn ungeduldig hinter sich her. »Hikari?«, fragte er ohne sie anzusehen. »Huh...?«, sie drehte ihr Gesicht zu ihm, während sie ihr Tempo verlangsamte. Wenn Taichi eine so ernste Miene aufsetzte, dann stimmte etwas nicht mit ihm. »Findest du es nicht auch seltsam, dass das Digivice Alarm schlägt, obwohl wir alle bösen Digimon besiegt haben?« »Natürlich. Warum glaubst du, sind wir auf den Weg in den Computerraum? Wir wollen wissen, ob das Tor der Digiwelt wieder offen ist. Wir machen uns doch alle Sorgen«, erklärte sie und umklammerte fest ihr Digivice. Taichi zog nachdenklich die Stirn kraus und versenkte seine Hände in den Hosentaschen. Er hatte eigentlich geglaubt, dass das Böse endgültig besiegt worden sei und nun die Digiwelt in Frieden leben würde, doch er musste sich geirrt haben. Genau wie die anderen machte auch er sich große Sorgen. Um die Digimon. Besonders natürlich um Agumon. Er konnte gar nicht erwarten seinen Digimonpartner wieder zutreffen, obwohl er sich natürlich einen netteren Anlass gewünscht hätte. »Hast du das auch gehört?« Hikari blieb plötzlich stehen, sodass ihr Bruder fast in sie hineingelaufen wäre. Gerade wollte er sich lauthals beschweren, als ein gellender Schrei durch den Park hallte, gefolgt von einem unheimlichen Grollen. Die Geschwister blickten sich alarmiert an und sprinteten dann ohne groß darüber nachzudenken los, um dem Schrei auf den Grund zu gehen. »Hier ist ein Digimon in der Nähe!«, rief Hikari während sie liefen, »ich kann es spüren!« Taichi hatte fast vergessen, dass sie diese besondere Gabe besaß die Anwesenheit und Gefühle der Digimon wahrzunehmen. »Dann muss das Tor doch auf sein«, gab er zurück, ballte seine Hände zu Fäuste und legte einen astreinen Sprint hin. »Da!«, rief Hikari und deutete nach rechts. Vor Schreck wäre Taichi fast über seine eigenen Füße gestolpert. Wenige Meter entfernt von ihnen bewegte sich DarkTyrannomon genau auf die beiden zu. »Verflixt und wir haben unsere Digimon nicht hier«, Taichi stellte sich in eine Art Kampfposition. »Wer hat aber vorhin geschrien?«, fragte Hikari besorgt und sah sich nach allen Seiten um. »Hal-!«, Taichi konnte ihr gerade noch rechtzeitig den Mund zuhalten bevor sie nach der Person rief, die den Schrei ausgestoßen hatte. »Nein Hikari oder willst du das es uns entdeckt. Es scheint uns noch nicht bemerkt zu haben.« In diesem Moment stieß DarkTyrannomon ein Brüllen aus und ein weiterer Schrei war zu vernehmen. »Taichi!« »Du hast Recht. Ich werde sehen, wer da ist und helfen, aber du bleibst hier. Ohne unsere Digimon sind wir wehrlos«, und ehe Hikari etwas erwidern konnte, war ihr Bruder verschwunden. Taichi wusste, dass es hierbei wirklich um Leben und Tod ging. Das Digimon schien einen Menschen wirklich zu bedrohen. Im Schatten der Bäume nährte er sich vorsichtig dem DarkTyrannomon, welches noch ein wenig weiter in seine Richtung bewegte ihn aber noch nicht wahrgenommen zu haben schien. Es war viel zu abgelenkt von einer Person, die sich eng mit ihrem Rücken an einen Baumstamm presste. Taichi konnte ein Mädchen erkennen, welches ungefähr in sein Alter sein musste. Mit panischem Blick starrte sie zu dem riesigen Monster empor und wirkte als würde sie jeden Moment zusammenklappen. »Verdammt!«, murmelte Taichi. Um ihr zu Helfen musste er sich bemerkbar machen, auch auf die Gefahr hin, dass er selbst angegriffen wurde. Er durfte nicht noch mehr Zeit verlieren. DarkTyrannomon konnte jeden Moment angreifen. »Hey, du Ungeheuer!«, brüllte er so laut er konnte, »hier bin ich!« Durch sein Gezappel und sein Geschrei gewann er wirklich die Aufmerksamkeit des Digimons. Schnaubend drehte es sich zu ihm um. »Warum kommst du nicht her und wir plaudern ein bisschen?« Obwohl Taichi tierische Angst hatte, versuchte er seine Stimme so mutig wie möglich klingen zu lassen. Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt für das Mädchen gewesen wegzulaufen, doch sie bewegte sich keinen Zentimeter. Sie schien vor Angst wie erstarrt. Am liebsten hätte er sie angeschrien, aber er war immer noch mit dem dunklen Digimon beschäftigt, welches in jetzt aus seinen pechschwarzen Augen desinteressiert musterte. Für einen Moment starrten sie sich gegenseitig in die Augen. Dann wandte das Digimon seinen Blick ab, um wieder sein erstes Opfer ins Visier zu nehmen. Doch zu seinem Verdruss musste es feststellen, dass das junge Mädchen verschwunden war. Vor Wut stieß es ein Brüllen aus, dass den ganzen Park erbeben ließ und fixierte jetzt mit glühenden Augen Taichi, der ebenfalls überrascht war, dass die Fremde doch noch hatte fliehen können. Gerade noch sah er zwei braune Haarschöpfe hinter den Bäumen verschwinden – Zwei? »Diese Hikari«, stieß er aus, aber er musste seiner Schwester dankbar sein. Sicher hatte sie das Mädchen in Sicherheit gebracht. Vor lauter Erstaunen hatte er gar nicht gemerkt, dass DarkTyrannomon seine Kralle gehoben hatte, und diese nun auf ihn niedersausen ließ. Gerade noch so konnte Taichi einen Satz zur Seite machen. »Hikari!«, seine Stimme hallte durch den ganzen Park, »rennt so schnell ihr könnt!« Und damit setzte auch er selbst sich in Bewegung. Mit DarkTyrannomon dicht auf den Versen, lief er Slalom um Bäume und sprang über niedrige Mauern. Bald hatte er Hikari eingeholt, die das Mädchen an der Hand hinter sich herzerrte, wie eine leblose Puppe. »Wir schaffen es nicht!«, rief Hikari, »wir brauchen Hilfe!« Sie konnten das Digimon hinter sich Bäume umlegen hören. Es war ein ohrenbetäubendes Spektakel. Nun schienen auch andere Menschen das Monster bemerkt zu haben und flüchteten panisch in alle Himmelsrichtungen. »Nicht schon wieder so ein Vieh!«, konnte Hikari eine Frau mit schriller Stimme kreischen hören. »Zum Computerraum«, jappste Taichi. Er war schon nach diesen wenigen Metern außer Puste. »Und was, wenn es uns folgt?« »Denk nicht darüber nach. Koshiro wird schon wissen, was zu tun ist.« »Na hoffentlich«, murmelte Hikari. »Was war das für ein Tier?« Die Geschwister drehten sich nach hinten um. Sie hatten das Mädchen schon fast vergessen. Es war das erste Mal, dass sie sich zu Wort meldete. Ihre Stimme war leise und ängstlich. »Das ist ein Digimon. Hast du davon schon mal gehört?«, Hikari schaute wieder nach vorne, damit sie beim Laufen nicht über ihre eigenen Füße stolperte. »Nein«, meinte die Fremde. Taichi wurde nachdenklich. Wenn sie nichts von den Digimon wusste, warum wurde sie dann von DarkTyrannomon angegriffen? Es schien als wäre das Digimon nur auf dieses Mädchen fixiert gewesen. Welchen Grund gab es dafür? Etwas außer Atem erreichten sie das Haus, indem die beiden Geschwister lebten. Das Digimon konnten sie nicht mehr sehen, aber sie mussten es so schnell wie möglich besiegen bevor es noch die Stadt zerstörte. Taichi stürmte die Treppe hinauf und donnerte seine Faust and die Haustür der Izumis. »Koshiro? Bist du da?«, rief er aufgewühlt. Statt Koshiro öffnete seine Mutter die Tür. Erschrocken starrte sie den Freund ihres Sohnes an, der mitten in der Bewegung innehielt und zurück starrte. »Was machst du denn für einen Krach, Taichi? Koshiro ist in seinem Zimmer, aber-«, Frau hatte ihren Satz noch nicht mal zu Ende gesprochen, da war Taichi schon an ihr vorbei gestürmt. »Entschuldigung, dass wir stören Frau, aber es ist wichtig«, Hikari schämte sich etwas für ihren Bruder und machte deshalb eine freundliche Verbeugung. »Komm schnell mit«, sagte sie dann zu dem Mädchen und zog sie hinter sich in die Wohnung. Kopfschüttelnd sah Frau ihnen nach, aber musste dann doch lachen. Als Hikari mit der Fremden an der Hand ins Zimmer kam, saßen die beiden Jungen schon an Koshiros Computer und waren in eine hitzige Diskussion verstrickt. »Wir müssen sofort die anderen einschalten«, Taichi fuchtelte wild mit den Armen herum. »Ich bin doch schon dabei«, Kushiro verdrehte genervt die Augen und hämmerte wie ein Wilder auf seiner Tastatur herum. »Jungs?«, fragte Hikari. Keine Reaktion. »Kannst du hier das Tor zur Digiwelt öffnen?« »Wir brauchen erstmal einen der neuen. Miyako ist schon auf den Weg und sie bringt Takeru und Iori mit.« »Und was ist mit Daisuke und Ken?« »Koshiro? Taichi?« »Die haben noch nicht geantwortet.« »Verdammter Mist! Wir brauchen aber alle dafür.« »HEY!« Endlich drehten sich die Jungen langsam zu Hikari um und starrten sie an wie zwei geprügelte Hunde. »Na endlich! Ich wollte euch schon die ganze Zeit sagen, dass wir erstmal herausfinden sollten, warum DarkTyrannomon gerade sie angegriffen hat«, meinte Hikari und blickte die Fremde ernst an. Diese wurde sofort rot, als sie bemerkte, dass sie nun von sechs Augen neugierig angestarrt wurde. »Ich weiß nicht, warum es mich angegriffen hat«, sagte sie mit immer noch leiser Stimme, »ich war eigentlich nur auf den Weg zu meiner Tante. Da...da ist es plötzlich wie aus dem Nichts vor mir aufgetaucht.« »Und ist dir vorher schon mal was aufgefallen?«, fragte Koshiro nachdenklich. Sie wollte schon den Kopf schütteln, doch dann hielt sie im letzten Moment inne und dachte noch einmal nach: »Na ja, ich hatte irgendwie das Gefühl beobachtet zu werden, aber...« »Danke, aber ich weiß nicht, ob uns das groß hilft«, meinte Kushiro und drehte sich wieder zum Bildschirm. »Oh, hier ist eine Nachricht von Daisuke. Er hat DarkTyrannomon auch gesehen und ist auf den Weg hier her«, Taichi nickte bloß. Er schien immer noch über etwas nachzudenken. »Wie heißt du eigentlich?«, Hikari lächelte das Mädchen freundlich an. »Yuna. Yuna....Hayashi«, antwortete sie schüchtern. __*__*__ Daisuke war gerade dabei seine Sachen fürs Training zu packen, als seine Schwester aufgeregt ins Zimmer stürmte. »Jin, du- «, wollte er sie schon anfahren, doch sie fuhr ihn über den Mund. »Schnell, dass musst du dir ansehen! Es ist schon wieder so eins!« Bevor er protestieren konnte hatte sie ihn hinter sich auf den Balkon gezerrt. »Was soll-«, mit großen Augen starrte Daisuke auf das riesige Digimon, welches durch ihre Straße stapfte und so aussah, als wäre es mächtig wütend. »Aber das ist ja...«, stammelte er. »Daiukes, du hast eine E-Mail bekommen!«, rief da sein Vater aus dem Arbeitszimmer. Sofort ließ er die aufgeregte Jin stehen und sauste an den Computer. Er wusste schon vorher, worum es ging: Das Tor ist wieder auf. Ihr müsst alle ganz schnell zu mir kommen! Gruß Koshiro »Was hat das zu bedeuten: Das Tor ist wieder auf?« Daisuke hatte ganz vergessen, dass sein Vater immer noch direkt neben ihm stand. »Das bedeutet ich muss los«, meinte Daisuke und verließ schon fast fluchtartig die Wohnung, aus Angst noch irgendwelche Erklärungen abgeben zu müssen. Draußen stellte er fest, dass bereits Einsatzkräfte dabei waren das Digimon zu bekämpfen. Sie hatten natürlich nicht die geringste Chance. Schnell schwang er sich auf sein Fahrrad und fuhr Richtung West- End- Viertel. © ぁキ Kapitel 2: Ich werde da sein, wenn ihr mich braucht --------------------------------------------------- KAPITEL 2: Ich werde da sein, wenn ihr mich braucht Das Erste, was an ihr auffiel waren ihre Augen. Sie waren bernsteinfarben und schimmerten, wenn das Sonnenlicht in sie hineinfiel. Genauso wie ihre Haare. Wie sie dort saß und verwirrt und ängstlich zugleich zwischen all den fremden Menschen hin und her schaute, ließ sie verletzlich wirken. Sie war einer von dieser Sorte Mädchen, die man beschützen musste. Das war ihm gleich klar. Am liebsten hätte er sie versucht zu beruhigen. Ihr zu zeigen, dass sie keine Angst zu haben brauchte. Dass sie alles tun würden damit ihr nichts geschah. Obwohl er sie noch nicht lange kannte, spürte er eine Art Verantwortung für sie. Immerhin schien sie nicht mal zu wissen, was das alles zu bedeuten hatte. Nun, das wussten sie selbst auch nicht mehr. Außer vielleicht, dass sie die Wesen kannten mit denen sie es zu tun hatten. In diesem Moment hob sie ihren Blick und ihre Augen trafen sich. Er wurde schlagartig rot und heftete seinen Blick schnell wieder auf den Computerbildschirm. Doch für einen Moment hatte er ein seltsames Gefühl gespürt –und er konnte es nicht benennen. Sie konnte immer noch seinen Blick auf sich spüren. Durchdringend und irgendwie beunruhigend. Der Schock saß immer noch tief. Sie konnte sich nur noch daran erinnern, dass sie auf dem Weg nach Hause gewesen war. Sie sollte für ihre Mutter einkaufen und war froh gewesen an diesem sonnigen Nachmittag an die frische Luft zu können. Kurzfristig hatte sie sich dazu entschlossen den Weg durch den Park zu nehmen und dabei noch kurz bei ihrer geliebten Patentante vorbei zu schauen. Dieser Weg war zwar viel länger, aber dafür auch schöner. Schon als sie durch das große Tor spaziert war, hatte sie dieses seltsame Gefühl gehabt beobachtet zu werden. Doch auch nachdem sie sich einmal um sich selbst gedreht hatte, konnte sie niemanden entdecken. Ein paar Kinder spielten auf dem Spielplatz und eine alte Dame fütterte die Tauben. Es schien ein friedlicher Tag zu sein. Schließlich war sie einfach unbeschwert weitergelaufen. Die Einkaufstüte fest in ihren Armen und den Sommerwind um sich, der ihr leicht durch die Haare fuhr. Der Weg führte bald durch eine Reihe von dichten Bäumen und Büschen. Aus der Ferne konnte man noch das Lachen der Kinder hören, aber ansonsten war niemand zu sehen. Sie war durch den Schatten gelaufen und konnte es gar nicht erwarten endlich wieder ins warme Sonnenlicht zu treten. Als sie dann plötzlich ein Knacken hinter sich hörte, war sie wie angewurzelt stehen geblieben und hatte vorsichtig über ihre Schulter geschaut. Der Wind wurde auf einmal schärfer und sie hatte irgendwie das Gefühl gehabt, als ob plötzlich etwas zwischen den Bäumen gewesen wäre. Etwas Lebendiges. Um diesen Gedanken los zu werden, schüttelte sie ihren Kopf. Das war doch sicher alles nur Einbildung! Durch die Hitze... Gerade wollte sie sich wieder umdrehen, da merkte sie, dass sie sich doch nicht geirrt hatte. Ein Flackern ging durch die Luft. Dunkle Pigmente setzten sich zusammen. Wie aus dem Nichts erschien plötzlich vor ihr ein Ungetüm. Es war mindestens zehn Fuß hoch und kam dem Bild eines Dinosauriers wohl schon sehr nahe. Sie war sich nicht sicher je so etwas Abstoßendes und so etwas Abscheuliches gesehen zu haben. Zudem war das Vieh auch noch aus dem Nichts aufgetaucht. Es war dunkel und hatte blaue Streifen, die wie die eines Tigers aussahen. Es stand auf seine Hinterpfoten und hatte an Füßen, sowie Händen scharfe Krallen. Doch am schrecklichsten sah immer noch sein Kopf aus. Seine Schnauze zierte ein mächtiges Horn, während sie selbst aus stählernen Metall bestand. Zu beiden Seiten seines Kopfes standen zwei weitete Hörner ab, die dem eines ausgewachsenen Büffels große Konkurrenz machten. Sie war so überrascht gewesen, dass sie nicht mal schreien konnte. Geschweige denn sich vom Fleck zu bewegen. Bis zu dem Zeitpunkt da das Ungetüm ein Brüllen ausstieß und seine stahlgrauen Augen auf sie richtete. Es bäumte sich über ihr auf und versuchte mit seinen Krallen nach ihr zu schlagen. Im letzten Moment machte sie einen Satz nach hinten. Die Einkaufstüte landete klirrend auf dem Boden und eine Pfütze aus zerbrochenen Eiern, Milch und Orangensaft sammelte sich vor ihren Füßen. Ein kleiner, entsetzter Aufschrei folgte, dann reagierten ihre Beine wie automatisch. Sie wirbelte herum und rannte. Richtung Bäume. Die Menschen um sie herum nahm sie nur halb wahr, wie sie kreischend in Panik verfielen und in die Gebäude flüchteten. Doch das Monster schien nicht an ihnen interessiert zu sein. Dafür aber an ihr. Sie war so geschockt, dass sie nicht mal schreien konnte oder ähnliches. Ihre Flucht hatte ein jähes Ende auf einer großen Lichtung im Kaiserpark gefunden. Von hier gab es jetzt kein Entkommen mehr. Sie waren eingekesselt gewesen von Kirschbäumen, die dicht an dicht standen und in voller Pracht blühten. Das Monster hatte sich drohend über sie geschoben, sodass sie im Halbschatten verborgen geblieben war und es mit seinen roten Augen auf sie hinabgeschaut hatte. Da hatte sie doch ganz intuitiv einen Hilfeschrei ausgestoßen, obwohl sie sich fast sicher gewesen war, dass niemand sie hätte hören können. Hören wollte. In jenem Moment hatten sich so viele Gedanken, Fragen, Gefühle und Wünsche in ihrem Kopf gesammelt, dass sie kaum noch klar denken konnte. Verschwommen hatte sie Bewegungen vor ihren Augen wahrgenommen, aber hatte nicht erkennen können, was das Ungetüm tat. Irgendwie glaubte sie auch Rufe zu hören... Es schien eine Ewigkeit vergangen zu sein, als dass sie nichts hörte außer ihrem rasenden Puls und das laute Atmen des Monsters. Da spürte sie urplötzlich einen sanften Druck an ihrem rechten Arm. Jemand oder Etwas hatte sie gepackt und zog sie mit sich. Sie war so erstarrt, dass sie sich nicht mal hatte wehren können. Sie wurde zwischen die Bäume gezerrt. Weg von dem Monster, welches nun wieder ein grauenhaftes Brüllen ausstieß. Dann war aus der Ferne eine leise Stimme in ihr Ohr gedrungen: »Keine Angst, wir helfen dir. Es wird dich nicht angreifen.« Diese Stimme war so sanft und ruhig gewesen, dass sie wieder etwas zur Ruhe kam. Ihr Herzschlag wurde wieder regelmäßiger und auch der Nebel vor ihren Augen begann sich zu lichten. Bis sie schließlich das Gesicht eines Mädchens vor sich erkannte. Zwei braune Augen musterten sie und blickten dann immer wieder nervös an ihr vorbei. Hinter sich hörte sie immer noch das Monster. Bevor sie irgendwelche Fragen stellen konnte, hörte sie hinter sich schon eine zweite Stimme, die eines Jungen. »Hikari! Rennt so schnell ihr könnt!« Hikari....dieses Mädchen lächelte ihr jetzt freundlich zu. Etwas schüchtern erwiderte sie das Lächeln. Wie hieß nochmal der Junge mit dem Computer? Koshiro. Richtig! Netter Kerl. Sie waren eigentlich alle nett. Die meisten der Namen hatte sie sich gut merken können. Zum einen war da Sora. Sie war von Anfang an eher ruhig gewesen und das älteste der Mädchen. Sie war hübsch, nett, intelligent und hatte sie mit einem freundlichen Lächeln begrüßt. Ein Mensch mit dem man von Anfang an gut auskommen konnte. Genau wie mit Takeru. Auch er war gleich auf sie zu gekommen und hatte sich ihr vorgestellt. Ganz im Gegensatz zu dem Jüngsten. Iori hatte sich lieber etwas im Hintergrund gehalten, aber sie höflich begrüßt. Genauso wie Ken. Sie kannte ihn bereits aus der Presse als das „Wunderkind“, welches vor einem Jahr verschwunden und überraschend wiederaufgetaucht war. Sie fand ihn ein bisschen seltsam, was nicht heißen musste, dass er nicht nett war. Aber sie fragte sich wirklich wie der höfliche Ken mit einem aufdringlichen Jungen, wie Daisuke, befreundet sein konnte. Daisuke erkannte sie als den Kapitän ihrer Schulmannschaft. Er war der einzige, den sie bewusst schon gesehen hatte. Natürlich hatte sie nie mit ihm geredet, aber man konnte sich schon bei seinem ersten Auftreten ein Bild von ihm machen: Er war laut, voreilig und liebte es im Mittelpunkt zu stehen. Außerdem merkte sie von Anfang an, dass er sehr für Hikari schwärmte und deshalb eifersüchtig auf Takeru war, weil die beiden sich so gut verstanden. Das fremde Mädchen hatte er nicht mal beachtet, als er zusammen mit Ken ins Zimmer gestürzt war. Sofort hatte er sich an Taichi gewandt und ihn mit Fragen über die Geschehnisse gelöchert. Für das Mädchen, welches immer noch unscheinbar zwischen Hikari und Iori auf Koshiros Bett hockte, hatte er, im Gegensatz zu allen anderen, keinen Blick. Jedoch war das noch besser, als der Blick des letzten Mädchens im Bunde. Miyako war ihr Name und sie war nicht nur genau so alt wie Yuna und genauso laut wie Daisuke, sondern auch noch sehr misstrauisch. Jedenfalls war es Yuna so vorgekommen. Der Blick, den Miyako ihr durch ihre Brillengläser zuwarf, sprach Bände. »Das Digimon muss heute Vormittag schon in unsere Welt gekommen sein. Ich habe bereits eine Nachricht von Tentomon erhalten, und wie es aussieht sind in der Digiwelt wieder böse Digimon aufgetaucht. Sie scheinen auch die Menschenwelt zu bedrohen. Unsere Digivices haben wahrscheinlich die Anwesenheit dieser Digimon gespürt. Ich habe gerade auch eine Nachricht von Willis aus Amerika bekommen, auch bei ihnen ist ein böses Digimon aufgetaucht. Zum Glück konnte er es mit Hilfe von anderen Digirittern aus den Staaten bekämpfen«, fasste Koshiro kurz zusammen und ließ seinen Blick durch die Runde schweifen. »Aber wieso? Ich dachte, es gäbe keine bösen Digimon mehr seit wir Myotismon engültig vernichtet haben«, wunderte sich Hikari. »Wie es aussieht, gibt es wieder neue Probleme. Wir können jetzt noch nicht sagen, wer oder was dahintersteckt, aber wir müssen wohl wieder kämpfen«, seufzte der Computerspezialist. »Heißt das, wir sehen unsere Partner wieder?«, rief Daisuke begeistert. Nachdem im letzten Jahr Yukio Oikawa mit allen Mitteln versucht hatte, die Digiwelt zu betreten, hielten es die Digititter für das beste ihre Digimonpartner nicht wieder in die Welt der Menschen mitzunehmen. Auch wenn viele Tränen gerollt waren, war das Risiko einfach zu groß, dass man ihr Geheimnis aufdecken und die Digimon für Forschungszwecke verwenden würde. »Irgendwann kommt der Tag an dem Digimon und Menschen friedlich zusammenleben können«, hatte Taichi zum Abschied zu seinem geliebten Freund Agumon gesagt. Das kleine Dino- Digimon hatte mit traurigen Augen zu ihm hochgesehen und tapfer genickt. Niemand von ihnen hatte sich bis jetzt getraut nochmal einen Fuß in die Digiwelt zu setzten, weil auch keiner die Trauer ertragen konnte, sich irgendwann wieder verabschieden zu müssen. Doch die Sehnsucht besuchte jeden einzelnen von ihnen in ihren Träumen. In ihren Herzen wusste sie alle, dass sie ein Teil dieser fremden Welt geworden waren. Dass sie jetzt noch einmal dorthin reisen würden, löste eine Welle der Glücksgefühle aus. »Hey, da fällt mir gerade ein, wo ist eigentlich Yamato?«, Taichi sah sich suchend nach seinem besten Freund um. Doch er war nirgends zu sehen. »Keine Ahnung. Ich habe mein Brüderchen schon seit einer Weile nicht mehr gesehen«, erklärte Takeru. Ein Schnauben war aus der rechten Ecke des Zimmers zu hören und alle drehten sich überrascht zu Sora um. Das rothaarige Mädchen lehnte gegen eine Wand und hatte eine finstere Miene aufgesetzt. »Genau, du müsstet doch wissen, wo sich dein Freund gerade aufhält«, meinte Miyako und schob ihre Brille bis auf ihre Nasenwurzel. »Wahrscheinlich ist er mal wieder viel zu beschäftigt mit seiner Band, als an seine Freunde und die Digiwelt zu denken«, erklärte Sora spitz. Man konnte hören, dass sie ihre Wut richtig zurückhalten musste. »Äh, habe ich da was verpasst?«, Taichi legte den Kopf schief und sah seine beste Freundin fragend an. Sora jedoch wandte ihren Blick zum Fenster. »Er hat sich verändert«, sagte sie leise, »ich erkenne ihn gar nicht mehr wieder...« »Was meinst du? « »Der Ruhm ist ihm zu Kopf gestiegen. Er hat kaum noch Zeit für andere Dinge außer seiner Musik. Andauernd schließt er sich in seinem Zimmer ein und wenn nicht, dann ist er bei irgendwelchen Konzerten oder Interviews. Letzt Woche haben wir uns deswegen in die Haare gekriegt. Da habe ich Schluss gemacht «, murmelte Sora und wagte es nicht die anderen anzusehen. Taichi klappte der Mund runter, Ken runzelte nachdenklich die Stirn und Hikari sah ihre ältere Freundin mitleidig an. Keiner wusste daraufhin was er sagen sollte. Matt und Sora waren knapp ein halbes Jahr ein Paar gewesen. Er hatte sogar Songs für sie geschrieben und beide waren so glücklich gewesen. Yamato ohne Sora, Sora ohne Yamato. Das konnten sich die anderen gar nicht mehr vorstellen. Besonders Taichi wusste nicht wie er sich verhalten sollte. Immerhin waren die beiden seine besten Freunde und wenn er jetzt zwischen die Fronten geraten würde... »Und was ist mit Mimi und Jyou?«, wechselte Takeru schnell das Thema. Sora warf ihm einen dankbaren Blick zu. »Jyou hat keine Zeit, weil er gerade im Prüfungstress ist, aber er möchte heute Abend nochmal vorbeikommen«, ließ sich jetzt Koshiro vernehmen, »und Mimi....« Er zuckte die Schultern. Sie hatten lange von ihrer Freundin, die zurzeit in Amerika lebte, nichts mehr gehört. »Ich schätze mal, dann sind wir jetzt nur noch zu neunt«, murmelte Taichi. »Zu zehnt!« Alle drehten sich erstaunt um. Es war das erste Mal, dass sich das Mädchen bemerkbar machte. Auf ihrem Gesicht lag ein entschlossener Ausdruck. »Wie bitte?«, Tai sah sie an, als hätte er sie nicht richtig verstanden. Das Mädchen wurde rot und senkte den Blick: »Ich meine ja nur, dass ich euch gerne helfen würde.« Die Digiritter blickten sie erstaunt an, doch sie hatten ihren Blick wiederum stumm zu Boden gerichtet. Ihre braunen Haare verdeckten das blasse Gesicht. »Aber wir können sie doch nicht mitnehmen in die Digiwelt«, erklärte Miyako missbilligend, »sie hat doch gar nichts damit zu tun.« »Also ich finde schon. Sie ist doch von einem Digimon angegriffen worden. Und sie konnte es sehen bevor es die anderen Leute im Park bemerkt haben. Vielleicht ist sie ja auch eine Auserwählte«, ergriff Hikari sofort Yunas Partei. »Ich gebe Hikari vollkommen Recht«, krähte Daisuke und grinste verliebt. Takeru verdrehte nur die Augen über den Gleichaltrigen, doch er konnte ihm nur zustimmen: »Sie steckt in dem neuen Abenteru jetzt sowieso schon mit drin. Ich kann verstehen, dass sie auch wissen möchte, warum sie angegriffen wurde.« »Also, ich muss Miyako Recht geben«, sagte Taichi und blickte Yuna entschuldigend an, »ich halte es für viel zu gefährlich. Immerhin ist sie schon einmal angegriffen worden. Wenn sie unbedingt wissen möchte, was hier vor sich geht, dann sollte sie lieber hier bei Koshiro bleiben.« Hikari sah ihren Bruder wütend an. Es war wieder mal einer dieser Momente, wo sie sich gegen seine Entscheidung stellte: »Glaubst du, nur weil sie ein Mädchen ist, ist die Digiwelt zu gefährlich für sie? Sollten Miyako, Sora und ich auch lieber hierbleiben? Manchmal bist du echt ein Idiot, Taichi! Es ist wichtig, dass sie mitkommt, das spüre ich.« Der ehemalige Anführer der Digiritter schluckte. Wenn Hikari einer ihrer Vorahnungen hatte, dann trafen sie meistens zu. Eigentlich hatte sie ihn fast überzeugt, doch es war nun Sora, die ihn endgültig Schachmatt setzte: » Wenn sie nicht mitkommt, dann trifft sie vielleicht nie ihr Digimon. Was wäre, wenn du niemals die Chance gehabt hättest Agumon zu treffen? Du wüsstest dann wahrscheinlich nicht mal, dass es existiert und hättest nie dieses Gefühl erlebt von jemanden gebraucht zu werde. Willst du ihr dieses Gefühl wirklich vorenthalten?« »Also gut«, sagte Taichi langsam und richtete seinen ernsten Blick auf Yuna, »von mir aus, aber lass dir vorher von Koshiro etwas über die Digiwelt erzählen, damit du dich dort zurechtfindest.« »Danke, das bedeutet mir sehr viel«, meinte das Mädchen und strahlte ihn an. Er brummte etwas Unverständliches und drehte sich dann schnell um. »Na los Leute, wir müssen unsere Freunde holen«, enthusiastisch wie immer streckte Miyako ihr Digvice in die Luft. © ぁキ Kapitel 3: Weit weit weg ------------------------ KAPITEL 3: Weit weit weg »Hast du alles verstanden?«, Koshiro blickte sie fragend an. Yuna nickte. Sie waren mittlerweile nur noch zu fünft in Koshiros Zimmer. Yuna hatte nicht schlecht gestaunt, als diese Miyako ihr Digivice (so hatte sie es jedenfalls genannt) in die Höhe gehalten hatte und sich darin am Computer ein Bildschirm öffnete. Die, die direkt davorgestanden hatten, wurden regelrecht davon verschluckt, so als würden sie im Inneren des Bildschirms verschwinden. Hikari hatte jedoch Yuna vorher zwischen sich und ihren Bruder geschoben, damit sie nicht auch vom Sog erfasst wurde. Da sie nicht viel Zeit hatten, aber das neue Mädchen nicht ahnungslos in die Digiwelt geschickt werden sollte, hatten sich die Geschwister erbarmt und versprochen mit ihr später nachzukommen, während die anderen schon begannen ihre Digimon zu suchen, »Vielleicht sind sie schneller zurück als wir denken. Immerhin vergeht die Zeit in der Digiwelt viel schneller als hier«, Taichi kratzte sich nachdenklich am Kopf. »Hm«, machte seine Schwester nur. Sie schien über etwas fieberhaft nachzudenken. Auch Yuna hörte nur halb zu. Sie versuchte immer noch zu begreifen, was Koshiro ihr gerade über die Digiwelt erzählt hatte. »Worauf warten wir dann noch? Lasst uns endlich los!«, meinte eine ungeduldige Stimme. Daisuke. Er hatte sich vorhin in einer misslichen Lage befunden: Einerseits konnte er es gar nicht erwarten endlich in die Digiwelt zu kommen, aber andererseits witterte er auch seine Chance ohne Takeru in Hikaris Nähe sein zu können. Kurzerhand hatte er entschieden auch zurückzubleiben, aber langsam bereute er seine Entscheidung. »Wisst ihr denn in welchem Teil der Digiwelt wir landen werden?«, fragte Yuna und sah in die Runde. »Ich habe vor zwei Sekunden eine Mail von Iori bekommen. Sie sind gerade an der östlichen Küste. Dort werde ich euch ebenfalls hinschicken«, erklärte der Koshiro. »Also dann los «, entschlossen stellte sich Tai vor den Computerbildschirm, genau wie es Miyako vorhin getan hatte. Bei ihm sah es genauso albern aus. Doch es war nicht er, der sein Digivice zog, sondern Daisuke. Vor Aufregung hätte er fast fallen gelassen. Hikari verdrehte die Augen in Yunas Richtung. Yuna lächelte schüchtern zurück. Hikari bemerkte auf einmal, dass das andere Mädchen nervös zu sein schien und griff mit einem aufmunternden Lächeln nach ihrer Hand. »Danke«, murmelte Yuna, sodass es nur Hikari hören konnte. »Also dann viel Glück«, hörten sie Koshiro noch rufen, bevor seine Gestalt sich vor ihren Augen auflöste. Sie wurden in den Computer gezogen. Yuna wusste gar nicht wie ihr geschah, da war das Ganze auch schon vorbei. Ihre Reise durch den Bildschirm endete sogar so abrupt, dass es sie von den Füßen riss. Mit einem leisen Aufschrei, strauchelte sie nach vorne und wäre wahrscheinlich einen Abhang hinunter direkt in tiefes Wasser gerauscht, hätten sie nicht zwei Hände im letzten Moment davor bewahrt. Immer noch etwas benommen schielte sie über ihre Schulter und konnte Taichis Gesicht direkt hinter sich erkennen. »Da – Danke!«, stammelte sie. Er grinste sie nur breit an und zwinkerte: »Na, die Landung üben wir wohl noch, wenn du nächstes Mal wieder mitwillst.« Sie wurde rot und bedankte sich noch ein weiteres Mal. »Daisuke- kun! Hikari- chan! Taichi- senpai!«, rief hinter ihnen jemand. Die drei Angesprochenen sahen sich um, und auch Yuna lugte über Tais Schulter. Miyako kam freudestrahlend auf sie zu gelaufen. Neben ihr in der Luft flatterte ein Wesen, das aussah wie ein kleiner Adler. Direkt hinter ihr folgte Iori. Er sah ein bisschen geknickt aus. »Na nu? Was ist denn hier los?«, Miyako blinzelte ein paar Mal und blickte dann Taichi und Yuna misstrauisch an. Da bemerkten die beiden, dass er sie immer noch halb in seinen Arm hielt. Schnell fuhren sie auseinander und blickten in eine andere Richtung. »Wo sind die anderen geblieben?«, Hikari runzelte die Stirn und sah sich suchend um. »Sora und Takeru suchen zusammen mit Gabumon und Patamon im Bambuswald nach weiteren Digimon, während Jyou, Ken, Veemon und Tentomon weiter nach Locomotown gegangen sind«, murmelte der Jüngste. »Was ist denn los, Iori?«, Taichi sah ihn besorgt an. »Ach, er ist bloß ein bisschen geknickt, weil uns niemand sagen konnte, wo Armadillomon geblieben ist.« »Von ihm fehlt jede Spur«, Iori ließ den Kopf hängen und tat den anderen wirklich leid. »Kopf hoch, wir werden ihn einfach gemeinsam suchen. Er wird schon wiederauftauchen und wenn wir die ganze Digiwelt nach ihm absuchen.« Dankbar lächelnd sah Iori zu Taichi hoch. »Ja, aber wenn wir länger hier herumstehen, wird das nie was! Lasst uns endlich los!«, ungeduldig hüpfte Daisuke auf der Stelle. »Du hast Recht. Wir müssen uns auch aufteilen«, meinte Hikari. »Also, ich gehe mit Iori und helfe ihm dabei Armadillomon zu finden«, entschlossen legte der Älteste eine Hand um die Schulter des Jüngsten. Hoffnungsvoll zwinkerte Daisuke in die Richtung seines Schwarmes, doch Miyako kam ihm zuvor. Mit einem hinterlistigen Grinsen hakte sie sich bei Hikari unter und zog sie mit sich: »Los, wir suchen im Wald.« Daisuke warf ihr einen Killerblick zu und verzog dann beleidigt den Mund. Hikari kicherte und tätschelte ihm den Kopf: »Nächstes Mal vielleicht, aber jemand muss doch auf Yuna aufpassen. Und wer könnte dafür besser geeignet sein, als der Stärkste von uns.« Der Honig tropfte geradezu von ihren Lippen und der Junge sprang voll drauf an. Ein leichter Rotschimmer legte sich auf seine Nase und er streckte die Brust vor. »Aber natürlich, Hikari. Ich werde schon aufpassen, dass der Kleinen nichts passiert.« »Klein?!«, lachte Hikari, »na hör mal, sie ist sogar ein Jahr älter als du, oder?« Yuna nickte zur Bestätigung mit dem Kopf. Sie fühlte sich unwohl, denn sie hatte das Gefühl, dass sie eigentlich niemand außer Hikari dabeihaben wollte. Davis zog den Kopf ein, als hätte er Angst sie würde jeden Moment auf ihn losgehen und meinte in Yunas Richtung: »Sorry, ich wollte dich nicht beleidigen, Yuna- senpai.« Die anderen lachten sich halb kaputt über seine plötzliche Unterwürfigkeit. Selbst über Ioris Gesicht huschte der Anschein seines Lächelns. Er blickte fragend zu Taichi, der ihm wiederum zunickte. Die beiden machten sich also auf die Suche nach Armadillomon. Jedoch konnte Taichi es nicht vermeiden noch einen letzten nachdenklichen Blick auf Yuna zu werfen. Nicht, dass er ihr misstraute, aber er hatte doch ein ungutes Gefühl dabei sie einfach so mit in die Digiwelt genommen zu haben. Was, wenn sie in Gefahr geriet? Würden die Digiritter sie im Notfall beschützen können? »Also, viel Spaß euch beiden. Ich bin sicher Daisuke wird gut auf dich aufpassen«, Hikari winkte zum Abschied. Miyako hingegen war schon vorausgelaufen. Ihr Digimon flatterte lustig neben ihr her. Daisuke starrte ihnen sehnsüchtig hinterher. »Welches Digimon war das?« Erschrocken fuhr er herum. Er hatte vergessen, dass sie immer noch hinter ihm stand. Mit offenem und auch etwas neugierigen Gesichtsausdruck sah sie ihn an. »Hawkmon«, murmelte er und sie nickte, als hätte sie sich das schon gedacht. »Na also dann, bleibt uns ja jetzt nichts anderes übrig als los zu gehen. Ich schlage diese Richtung vor«, er versenkte seine Hände in den Hosentaschen und schlenderte Richtung Süden. Nach wenigen Schritten merkte er, dass sie ihm nicht folgte. »Was ist denn noch?«, genervt wirbelte sie herum. Sie starrte ihn mit einem seltsamen Blick an. »Tut mir leid, dass ich eine Last für euch bin«, sie senkte den Kopf und starrte angestrengt auf den Boden. »Aber...nein...ich...«, meinte er schnell und machte einen Schritt in ihre Richtung. Er hielt den Arm ausgetreckt in der Luft, doch ließ ihn dann resigniert fallen. »Ich habe schon verstanden«, ihr Kopf flog nach oben und sie sah ihm fest in die Augen, »ich kann auch alleine auf mich aufpassen. Geh und suche deine Freunde. Ihr habt doch nicht viel Zeit, wenn ihr WarGreymon davon abhalten wollt ganz Tokio zu zerstören.« Sie wusste, dass sie sich niemals alleine in dieser fremden Welt zu Recht finden würde, aber sie wollte auch niemanden zur Last fallen. Sie würde schon irgendwie einen Weg finden herauszufinden, warum sie auf einmal in diese ganze Sache verwickelt war. Als sie einen Druck auf ihrer Schulter spürte sah sie auf und direkt in Daisukes Gesicht. Sie kannte ihn noch nicht lange, aber sie hatte das Gefühl, dass er selten so ernst blickte wie in diesem Moment: »Ich werde dich nicht alleine lassen. Wir kennen uns noch nicht gut, aber wenn Hikari sagt, dass du in Ordnung bist, dann glaube ich ihr das. Also was hältst du davon, wenn du uns zuerst bei der Suche nach den Digimon hilfst und wir danach dir helfen?« Sie starrte ihn einige Minuten nur nachdenklich an. Es fiel ihr immer schwer Menschen zu vertrauen. »Meinst du das ernst oder sagst du das nur, weil du zu nett bist mir ehrlich zu sagen, dass ich eine Belastung für euch bin?« Sie ballte die Hände zu Fäusten und sah ihn durchdringlich an. Doch er hielt ihrem Blick stand: »Ich meine immer, was ich sage.« Yuna erwiderte seinen Blick einige Sekunden bevor sich ihre Körperhaltung wieder entspannte. Auch nach vielen Jahren konnte sie nicht mehr genau sagen, warum sie in diesem Moment angefangen hatte Daisuke zu mögen. Vielleicht weil er trotz seiner Energie und Lebensfreue, auch eine aufrichtige Seite hatte. Er war ganz anders als sie selbst. Er sagte das, was sie sich nicht zu sagen traute. Er war der Junge mit dem schiefen Grinsen und sie das Mädchen mit dem gesenkten Blick. Wie konnten diese beiden Persönlichkeiten Freunde werden. Aber sie würden es werden. Und in diesem einen Moment war der Grundstein für ihre Freundschaft gelegt wurden, auch wenn die beiden selbst davon noch nichts wussten. Besiegelt wurde das ganze mit einem sympathischen Lächeln, das die beiden austauschten. »Du bist gar nicht so nervig, wie ich im ersten Moment gedacht habe«, murmelte sie und wandte ihren Blick ab. »Danke, du auch nicht.« Sie blickten sich wieder an und begannen dann schallend zu lachen. »Also komm schon. Wir müssen uns beeilen«, meinte Daisuke und rannte voraus. Yuna folgte ihm lachend. Sie liefen eine Weile schweigend nebeneinander her, bis ihnen urplötzlich ein Digimon vor die Füße sprang. Yuna machte erschrocken einen Satz rückwärts, während Daisuke zu grinsen begann: »Keine Angst. Das ist nur ein Chuumon. Ein mäusenähnliches Digimon im Rookie-Level und ganz harmlos.« Er hatte Recht. Das Digimon sah wirklich aus wie eine hässliche, pinke Maus. Und wirkte auch alles andere als gefährlich. »Hey Süße, heute Abend schon was vor?«, es zwinkerte in ihre Richtung. Daisuke lachte: »Aber es ist ziemlich frech.« »Pah, frech«, schnaubte das Chuumon, »ich bin im Gegensatz zu dir nur charmant!« Yuna kicherte: »Ja, das bist du wirklich. Tut mir leid, aber heute Abend bin ich sicher wieder zurück in meiner Welt.« »Na dann vielleicht beim nächsten Mal«, das Chuumon schien sich nicht so leicht unterkriegen zu lassen. »Aber sag mal, hast du vielleicht eines der Digimon gesehen, die einen menschlichen Partner haben? Byomon, Armadillomon oder zum Beispiel Agumon?«, Davis ging etwas in die Hocke um mit dem verrückten Digimon auf einer Augenhöhe zu sein. »Nö, aber ich frag mal meinen Freund Sukamon. Hey Sukamon, hast du eines der Haustiere gesehen, die hier überall rumlaufen?!« »Haustiere?«, wiederholte Daisuke fassungslos und sah das Digimon ärgerlich an. Chuumon tat so als bemerke es seinen Blick gar nicht und Yuna war viel zu abgelenkt von dem Digimon, dass jetzt um einen Baum herum gehüpft kam. Sie verzog angewidert das Gesicht, denn es sah aus wie ein goldener Kothaufen. »Was ist das denn?«, wisperte sie in Daisukes Richtung, »doch nicht etwa auch ein Digimon, oder?« »Doch. Das ist ein Sukamon. Ein Digimon im Champion- Level. Eher etwas dümmlich, wenn du mich fragst. Warum es ziemlich unbeliebt in der Digiwelt ist, kannst du dir sicher denken.« Yuna nickte nur. »Ach, schon wieder diese Digiritter «, plapperte das Sukamon auch gleich drauf los, als es die Kinder sah, »ich habe erst vor Kurzem dieses Agumon gesehen. Hat seine Schnauze in einen Busch gesteckt und ist dann weitergelaufen.« »Und in welche Richtung?«, fragte Daisuke. »Das«, begann das Digimon und grinste breit, »verrat ich dir erst, wenn die Süße mit mir ausgeht.« »Nicht noch so einer! «, stießen die beiden Menschen aus. »Okay, dann vielleicht nur einen Kuss?«, Sukamon spitzte die Lippen. Yuna verzog angewidert das Gesicht. »Ach komm schon, Süße. Nur ein ganz kleines Küsschen auf die Wange...« »Vergiss es!«, lachte Yuna. »Na gut, dann verrate ich euch auch nicht in welche Richtung das dumme Agumon gelaufen ist«, meinte das Digimon eingeschnappt und das Chuumon nickte zur Bestätigung. »Du mieses...!«, aufgebracht schwenkte Daisuke seine Faust. Er war drauf und dran auf das ekelige Sukamon zu vermöbeln, da ertönte ein Piepsen: »Bitte streitet euch doch nicht!« Etwas Weißes huschte um die Ecke. Etwas, das einem Hasen sehr ähnlichsah, nur dass es längere Ohren hatte und ein halbmondartiges Mal auf der Stirn. »Was ist das für ein Digimon?«, fragte das Mädchen leise. »Ich weiß nicht«, flüsterte Daisuke zurück. Er schien genauso erstaunt zu sein wie sie. »Was mischt du dich denn ein, du feiges Lunamon?«, höhnte das Sukamon. »Ja, das sind unsere Geschäftspartner!«, das Chuumon schwenkte wütend seine kleine Faust. »Bitte, bevor ihr den beiden vertraut kommt mit mir«, das Lunamon wandte sich nun direkt an die Kinder, »ich habe Agumon auch gesehen. Nicht weit weg von hier an einem See. Wenn ihr wollt, kann ich euch hinführen.« »Und was willst du dafür?«, misstrauisch zog Daisuke eine Augenbraue hoch. »Nichts«, mit großen Augen sah da weiße Digimon ihn an. »Das glaub ich dir nicht! Au!« Wütend drehte er sich zu Yuna um, die ihm gerade fest in die Seite gekniffen hatte. »Was soll denn das?« »Sei nicht so unfreundlich«, flüsterte sie, »im Gegensatz zu den anderen beiden will es uns bloß helfen.« »Woher willst du das wissen? Was wenn es eine Falle ist?« »Aber guck es dir doch mal an. Es machte einen ehrlichen Eindruck. Das spürt man doch. Und wer sollte uns schon in eine Falle locken wollen?« Daisuke biss sich auf die Unterlippe. Er wechselte schnell einen Blick zwischen dem Sukamon und dem Lunamon und nickte dann. »Okay, dann zeig uns bitte den Weg.« Das Lunamon lächelte freudig und schwebte voraus. Die Kinder wechselten noch einen Blick und folgten dem kleinen Digimon dann. »Ich hoffe wirklich, du hast Recht und es ist keine Falle«, murmelte Daisuke. Yuna schwieg. Sie wusste nicht viel über die Digiwelt. Sie hatte keine Ahnung, was hier „Gut“ oder „Böse“ war. Aber eines wusste sie: Sie vertraute diesem Lunamon. Aus irgendeinem Grund wusste sie, dass sie diesem Digimon vertrauen konnten. »Ihr werdet noch sehen, was ihr davon habt einem feigen Lunamon zu vertrauen!«, beleidigt verschwand das Sukamon mit dem Chuumon im Wald. © ぁキ Kapitel 4: Umringt von dunklen Mächten -------------------------------------- KAPITEL 4: Umringt von dunklen Mächten Eine ganze Weile lang führte sie das Lunamon durch den Wald. Zu Yunas Enttäuschung waren sie bisher auf kein weiteres Digimon gestoßen. Daisuke merkte irgendwann, dass sie immer mehr an den Waldrand kamen und blieb stehen. »Wartete mal einen Augenblick«, er kniff misstrauisch die Augen zusammen, »wo genau führst du uns jetzt hin?« »Haben wir nicht eben besprochen, dass wir Lunamon vertrauen«, Yuna konnte nicht anders, als ein bisschen verärgert zu klingen. »Ja, das haben wir«, meinte Daisuke und verschränkte die Arme, »aber dir muss doch auch langsam auffallen, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt. Dieses Kaninchen lügt.« »Tu nicht so, als ob es dich nicht hören kann «, Yuna blickte ihn verärgert an, »es tut sein Bestes siehst du das denn nicht?« »Bitte streitet euch nicht «, das Lunamon sah ängstlich zwischen den beiden Kindern hin und her. »Tut mir leid «, entschuldigte sich das Mädchen und lächelte das Digimon freundlich an, »er meint es gar nicht so. « »Ich kann verstehen, dass ihr misstrauisch seid «, das Lunamon schwebte nun etwas weiter nach unten, sodass es mit den Menschen auf einer Augenhöhe war. »Nein, das sind wir nicht«, meinte Yuna sofort, aber Daisuke stieß nur ein Schnauben aus. » Er hat Recht. In der Digiwelt muss man vorsichtig sein, wem man vertraut «, piepste das Digimon, »besonders im Moment. Ich bin euch deshalb nicht böse und gebe euch gerne Antwort auf alle eure Fragen.« »Gut, wo bringst du uns hin?«, kam es sofort von Daisuke bevor Yuna auch nur den Mund aufmachen konnte. »Am Ende dieses Waldes gibt es einen Pfad, der direkt in die Wüste führt. In diese Richtung ist das Agumon verschwunden. Ich vermute es hat sich eine Weile im Dorf der Yokomon einquartiert.« »Jetzt zufrieden?«, Yuna stieß den Jungen an. Dieser murmelte nur etwas Unverständliches. Sie fasste das jetzt mal als ein Ja auf. »Dann habe ich jetzt noch eine Frage: Was meinst du damit, dass man in der Digiwelt nicht mehr sicher ist und niemanden trauen kann? War es denn vorher anders?«, fragte Yuna neugierig. »Nachdem die tapferen Digiritter und ihre Digimon das böse Mytismon besiegt hatten, herrschte Frieden in unserer Welt. Der grausame Digikaiser war gestürzt und einer von ihnen geworden. Einer der Helden «, erzählte das Lunamon, während es ihnen weiter den Weg weiste, »doch es macht uns Sorgen, dass in letzter Zeit wieder seltsame Dinge geschehen.« »Was für seltsame Dinge?« , fragte Yuna aufgeregt und auch Daisuke spitze interessiert die Ohren. »Manche unserer Freunde sind spurlos verschwunden. Niemand weiß wohin. Und manchmal dringen seltsame Geräusche in unsere Welt. Ein lautes Summen und Hupen. Stimmen, die in allen Sprachen wild durcheinanderreden. Und es sind wieder mehr böse Digimon aufgetaucht. Am Tage verstecken sie sich in dunklen Höhlen oder im Schatten der Felsen und Bäume, aber bei Nacht verlassen sie ihre Verstecke und kämpfen gegen unschuldige Digimon, um stärker zu werden.« »Was hat das alles zu bedeuten, Daisuke- kun?«, Yuna sah ihren Begleiter fragend an. »Ich weiß es nicht «, er runzelte genauso ratlos die Stirn, »das ganze hört sich ziemlich übel an, wenn das Kaninchen nicht lügt.« »Oh nein, das tue ich nicht. Wenn ihr mir nicht glaubt, dann fragt doch eure Freunde, die hier leben. Wir wissen alle nicht, was dahintersteckt. Viele von uns haben sogar Angst als nächstes zu verschwinden oder angegriffen zu werden.« »Oh, ihr Armen!«, Yuna schüttelte mitfühlend den Kopf. Der Wald lichtete sich und die Pflanzen wurden immer kleine. Bald sackten ihre Füße in weichem Sand ein und die Hitze wurde unerträglich. Die Sonne prallte auf ihre Köpfe, die noch an den Schatten der Bäume gewöhnt waren und brannten unangenehm. »Manno«, Daisuke wischte sich den Schweiß von der Stirn, »warum müssen Digimon immer dahinlaufen, wo wir Menschen es kaum aushalten!« »Es ist nicht mehr weit «, meinte das Lunamon und flog weiter nach oben. Ihm schien die Hitze überhaupt nichts auszumachen. »Wieso hat mir keiner erzählt, dass es hier auch eine Wüste gibt «, stöhnte Yuna und fächerte sich mit der flachen Hand etwas Luft zu, was natürlich nichts brachte. »Wasser «, krächzte Daisuke nach einer Weile und ließ die Schultern hängen. »Ach komm schon, trinken können wir immer noch diesem Dorf«, sie zog ihm am Arm hinter sich her. Doch nach einiger Zeit ließ sie ihn wieder los, weil sie selber jetzt unheimlichen Durst verspürte. »Ich kann nicht mehr! «, nörgelte der Junge und ließ sich einfach mit dem Gesicht in den Sand fallen. Yuna biss die Zähne zusammen. Auch ihr war heiß, sie hatte Durst und ihre Beine taten weh, aber sie wollte nicht so schnell aufgeben. Sie musste wieder an das WarGreymon denken, welches wahrscheinlich gerade dabei war mit seinen großen Pranken ihre Heimatstadt zu zerlegen. Sie brauchten die Hilfe von Agumon. Das hatten die anderen jedenfalls gesagt. Auch wenn sie sich nur mühsam auf Knien fortbewegte, wollte sie das Digimon auf jeden Fall finden. »Juhu, da ist das Dorf der Yokomon schon!«, jubelte Lunamon und drehte sich zu den Kindern freudig um. »Was?«, mit einem Mal waren Müdigkeit und Hitze vergessen. Yuna sprang auf und rannte los. Hinter dem kleinen Sandhügel erstreckte sich ein Miniaturdorf. Zwischen kleinen Hütten aus Sand, wuselten aufgeregt kleine pinke Digimon herum. »Daisuke- kun, steh auf! Wir sind endlich da! «, rief sie und machte vor Freude einen Luftsprung. »Endlich «, murmelte sie, »endlich werde ich noch mehr Digimon treffen. Und vielleicht haben sie sogar etwas Wasser für uns.« Der Junge rührte sich nicht, sondern grummelte nur vor sich hin. Yuna verdrehte die Augen. Er schien kurz davor zu sein einzuschlafen. Schnell lief sie zu ihm und ruckelte ihn unsanft wach. »Was ist denn?«, brummte er und hob halbherzig seinen Kopf. Dabei rieselte etwas Sand von seiner Haut. »Dort unten ist schon das Dorf. Wir haben es geschafft!«, wiederholte sie und wedelte wild in die Richtung der Düne. »Das ist sicher nur eine Fatamorgana«, Daisuke setzte sich auf und gähnte. Das Mädchen wurde ungeduldig und riss ihm am Arm hoch. »Nein, nein, ganz bestimmt nicht «, versicherte sie ihm und zerrte ihn hinter sich her. »Du bist vielleicht eine Nervensäge!«, seufzte er, aber folgte ihr letztendlich doch. »Tatsächlich «, Daisuke rieb sich die Augen. Er träumte nicht und es schien auch keine Fatamorgana zu sein. Auf einmal war auch er ganz aufgeregt und zu dritt stürmten sie hinunter. Die Yokomon empfingen sie mit freundlich Worten und Lachen. Yuna hätte am liebsten eines nach dem anderen fest in den Arm genommen und gedrückt, so süß fand sie die kleinen Digimon. Daisuke versuchte sich seine eigene Entzückung nicht anmerken zu lassen, aber auch er grinste breit als eine Schar Yokomon singend um ihn herumsprang. »Hey, habt ihr vielleicht ein Agumon vorbeikommen sehen?«, fragte er sie aufgeregt. »Ist das so ein oranges, freches Digimon mit spitzen Zähnen «, sofort hüpfte ein Yokomon auf die Neuankömmlinge zu. Daisuke nickte. »Das schläft da hinten. Wir führen euch gerne hin «, sagten nun alle Yokomon im Chor. Und schon waren sie wieder losgehüpft. Yuna begriff schnell, dass dieses Digimon sehr gesprächig und immer in Bewegung waren. »Man, ich hoffe wir sind hier schnell wieder weg. Die nerven ja noch mehr als du«, wisperte Daisuke ihr zur, dem es in diesem Moment wohl auch zu viel geworden sein schien. Eigentlich hätte sie jetzt beleidigt sein sollen, aber sie musste ihm ausnahmsweise mal Recht geben. Sie wusste, dass sie manchmal anstrengend war, aber diese Yokomon waren auf Dauer unerträglich und hatten sicher mehr Energie als ein kleines Kind, nachdem es Süßigkeiten gegessen hatte. Die Yokomon hatten jedenfalls nicht gelogen: Hinter einen der winzigen Hütten lag ein dinosaurierartiges Digimon und schnarchte. Ab und zu kam feiner, weißer Rauch aus seinen Nasenlöchern. »Hey, Agumon!«, rief Daisuke, doch das Digimon schlief seelenruhig weiter. »Dieses Digimon! Es ändert sich wohl nie«, seufzte er und brachte damit Yuna zum Lachen. »HEY AGUMON DA HINTEN GIBT ES FUTTER! «, brüllte Daisuke nun aus voller Lunge, sodass Lunamon die Ohren anlegte. »Futter??« Agumon war auf einmal hellwach. Es sprang mit einem Satz auf und schaute sich nach allen Seiten um. »Wo? Wo? Wo ist es denn? « Yuna, Daisuke, Lunamon und die Yokomon brachen in großes Gelächter aus. Agumon sah sie erst verwirrt und dann etwas enttäuscht an: »Es gibt gar nichts zu essen?« »Nein, aber wenn wir Taichi und die anderen gefunden haben, dann spendieren wir dir bestimmt etwas«, versprach Daisuke. »Taichi ist hier?«, das Digimon war auf einmal ganz aufgeregt und blickte wieder überall herum. »Nicht hier, aber wir treffen die anderen sicher bald. Außerdem müssen wir noch die anderen Digimon finden. Hast du einen von ihnen gesehen?« »Nein «, meinte Agumon. Es schien enttäuscht zu sein, dass Taichi nicht dabei war. Allerdings bemerkte er ein fremdes Mädchen- Es legte seinen Kopf schief und sah sie aus seinen großen Augen neugierig an: »Wer bist du? Dich habe ich noch nie hier gesehen.« »Ich bin auch das erste Mal hier«, erklärte sie mit einem Lächeln, »ich bin Yuna und komme auch aus der Welt der Menschen.« »Bist du auch ein Digiritter?« »Nein, leider nicht «, sie schüttelte den Kopf. »Und wieso bist du dann hier?« »Das erklären wir euch später «, meinte Daisuke ungeduldig, »jetzt müssen wir schnell die anderen finden. Unsere Welt ist in Gefahr und ihr müsst uns helfen ein böses Digimon zu bekämpfen.« Agumon nickte. Es wirkte auf einmal viel ernster als vorher und entschlossener. Yuna war sich sicher auch so etwas wie Freude in seinen Augen zu erkennen. Entweder darüber, dass es Taichi wiedersah, oder dass es endlich wieder kämpfen konnte. Auf einmal begann die Erde zu vibrieren. Es passierte so plötzlich, dass die Yokomon kreischend durcheinanderpurzelten. Das Beben wurde immer stärker. »Was soll das denn auf einmal?«, rief Yuna panisch und zuckte zusammen, als sie spürte, wie Daisuke sie schützend festhielt. Doch er konnte ihr nicht mehr antworten, da sie im nächsten Moment zu Boden fielen. Der einzige der noch stand war Agumon, doch auch er wankte bedrohlich und hielt sich die Arme über den Kopf. »Ich weiß nicht, was das ist! Eigentlich gibt es kein Erdbeben in der Digiwelt!«, brüllte Daisuke gegen das Grollen an. Sand wirbelte um sie herum und nahm ihnen die Sicht. »Auf den Bauch!«, rief er dann und wirbelte herum, sodass er halb auf ihr lag und sie fest auf den Boden presste. Ein Sturm aus Sand fegte über sie hinweg und Yuna begann zu Husten als sie eine volle Ladung in den Mund bekam. Da schloss sie fest Augen und Mund und betete, dass es bald vorbei war. Sie hörten ein lautes Krachen und dann war es plötzlich vorbei. Es war so als wäre nie etwas gewesen. Totenstille herrschte wieder. Vorsichtig richteten sich die Kinder auf. Yuna klopfte sich den Sand von der Kleidung. Sie zitterte etwas. Daisuke Kopf ruckte herum: »Alles in Ordnung, Agumon? « »Ja«, das Digimon befreite sich ebenfalls von dem Sand, der ihn begraben hatte. »Ich frage mich, ob das wirklich ein Erbeben war?«, meinte Daisuke nachdenklich. »Schaut mal da!«, rief Yuna plötzlich und deutete auf die Stelle einige Meter entfernt von ihnen. Dort hatte das Erdbeben eine Felsspalte mitten in den Boden gerissen. Die Kluft erstreckte sich uneben mindestens vierzig Fuß vor ihnen und gab nur einen Streifen völliger Dunkelheit frei. Yuna lief neugierig darauf zu. Kurz vor dem Abgrund blieb sie stehen und starrte vorsichtig und die Dunkelheit. »Es ist so tief, dass man den Grund nicht mehr sehen kann «, meinte sie. »Pass lieber auf!«, rief Daisuke. Sie drehte sich zu ihm um: »Keine Angst. Ich fall schon nicht rein. Ich- « »Pass auf! «, brüllte Daisuke, »hinter dir!« Bevor sie wusste, wovon er sprach, hatte sich etwas um ihren rechten Knöchel gewickelt und schien sie mit sich in die Tiefe reißen zu wollen. Sie schrie auf und versuchte sich von dem zu befreien, was sie auch immer da umklammert hielt. Sie geriet dabei ins Straucheln und begann wild mit den Armen zu rudern. Doch sie konnte ihr Gleichgewicht nicht mehr halten und stürzte auf den Boden. Sie versuchte sich an etwas festzuhalten, doch da war nichts außer Sand. Der Griff um ihren Knöchel verstärkte sich und das Etwas begann heftig zu ziehen, sodass sie dem Abgrund immer näherkam. »Hilfe!« »Yuna- senpai!« Daisuke löste sich endlich auf seiner Starre und stürzte auf sie zu. Er warf sich auf den Boden und griff nach ihren Händen. »Halt dich fest, ja?« Sie nickte und sah ihn mit ängstlichen Augen an. »Mist!«, fluchte er, als er merkte, dass er nicht stark genug war, und dass Etwas sie jetzt beide auf den Abgrund zuzog. Yuna kreischte, als die scharfe Felskannte ihren Fuß aufriss. Agumon versuchte ihnen zu helfen und griff nach Daisukes Beinen. Doch auch er schaffte es nicht sie zu halten. Daisuke Hände wurden schwitzig. Er spürte wie Yunas Hand aus seiner rutschte. »Nicht loslassen. bitte, versuch dich fest zu halten. Wir schaffen das schon«, rief er zwischen zusammengebissenen Zähnen und zog mit aller Karft. Doch es war bereits zu spät. Ihre Hand rutschte endgültig aus seiner und sie stürzte mit einem lauten Schrei in die Tiefe. »Nein!«, brüllte Daisuke und rutschte bis zum Abgrund vor. Wie in Trance sah er etwas Weißes an sich vorbeihuschen. Die Bilder verschwammen. Seine Hände und Beine fühlten sich plötzlich taub an. »Ich habe sie nicht halten können!« Er hätte am liebsten geschrien, doch es kam kein Ton aus seiner Kehle. Es war wie in einem Alptraum. Sein Herzschlag war auf einmal lauter denn je. Sie war weg. »Ist sie tot?«, hörte er hinter sich das Agumon leise frage. Als Antwort ließ Daisuke nur traurig den Kopf hängen. Dann drehte er sich um: »Komm lass uns gehen «, seine Stimme war ganz rau und belegt, »Taichi will dich sicher schnell wiedersehen.« »Aber Daisuke «, stammelte Agumon fassungslos. Der Junge schüttelte bloß den Kopf: »Wir können nichts mehr tun.« Er schluckte uns lief ein paar Schritte vorwärts. »Daisuke, du- « »Komm schon, wir haben hier nichts mehr zu suchen«, Daisuke drehte sich nicht mal zu dem aufgeregten Digimon um. »Aber Yuna- « Langsam wurde Daisuke wütend: »Verdammt! Kapier das doch Agumon. Yuna- sepai ist…«, er wirbelte herum, »... am leben?« Er traute seinen Augen kaum und starrte bloß mit offenem Mund auf die Szenerie, die Agumon ihm zeigen wollte. Mitten über der Felsschlucht schwebte der Körper von Yuna. Sie schien ohnmächtig zu sein, aber er konnte sehen, dass sie noch atmete. »Das ist unmöglich «, flüsterte er. Die Yokomon schienen nicht so überrascht wie er zu sein. Sie sprangen im Kreis herum und sangen im Chor mit Agumon: »Sie lebt! Sie lebt!« »Yuna- senpai!« Daisuke versuchte verzweifelt sie zu berühren aber es war als wäre ein unsichbares Schutzschild um sie herum. Sanft schwebte ihr lebloser Körper nach unten und legte sich in den Sand. Jetzt konnte Daisuke erkennen woher das Licht kam. Aus Lunamons Mondmal stoben blaue Funken auf die Wolke zu, die das Mädchen umgaben. Das Licht erlosch und Yuna lag bewusstlos und blass im weichen Sand. Sofort hockte er sich neben sie und schüttelte sie leicht an der Schulter. »Hey, kannst du mich hören, Yuna- senpai?« Mit einem Schlag öffnete sie die Augen und blickte ihn verwirrt an. Für einen Moment schien es als wüsste sie nicht, wo sie war, doch dann richtete sie sich stöhnend auf. »Mein Kopf. Was ist passiert?« Daisuke atmete erleichtert aus: »Mensch ich dachte schon du wärst- « Seine Stimme erstarb. Erst jetzt wurde ihm bewusst, was es bedeutet hätte, wenn sie wirklich gestorben wäre. »Ich weiß nur noch, dass ich gefallen bin und dann waren da diese großen, gelben Augen«, sie fröstelte etwas, »es war schrecklich.« »Sie lebt! Sie lebt!« »Hast du mich gerettet?« Er schüttelte den Kopf: »Nein. Lunamon war es.« »Sie lebt! Sie lebt!« »Könnt ihr jetzt endlich mal die Klappe halten?«, etwas auf Daisukes Stirn begann zu zucken. »Sie lebt! Sie lebt!« »RUHE!« Sofort riss der ausgelassene Gesang ab und Daisuke wandte sicher wieder Yuna zu, die immer noch auf dem Boden neben ihm hockte und sich den Kopf rieb. »Wo ist es denn?«, sie sah sich suchend um. Nun fiel auch Daisuke auf, dass das weiße Digimon verschwunden war. »Es liegt dort im Sand «, meldete sich Agumon nun zu Wort. Yuna sprang auf und wollte hinüberlaufen, doch mit einem Schmerzensschrei plumpste sie zurück in den Sand. »Autsch, ich glaube ich glaube die felskannte hat mir den Fuß aufgeschnitten«, jammerte sie und versuchte mit ihrem Halstuch die die Blutung zu stoppen. »Auch das noch «, seufzte Daisuke, »warte kurz hier. Ich schau nach, ob es Lunamon gut geht. Und nicht wieder einfach abhauen, ja?« »Wie denn? «, brummte sie und rieb sich den schmerzenden Knöchel. Sie wollte gar nicht wissen, was für ein Digimon sie da eben angegriffen hatte. Geschweige denn, wie es aussah. Daisuke kam gleich, mit dem Lunamon auf dem Arm, zu ihr und Agumon zurück. »Es scheint nur bewusstlos zu sein. Es hat wahrscheinlich unendlich viel Energie gekostet dich zu retten.« Eine Träne lief über Yunas Wange: »Das ärmste. Nur wegen mir.« »Mach dir keine Vorwürfe, ja?«, versuchte Daisuke sie zu trösten, »du konntest ja nicht wissen, dass ein böses Digimon dort wohnt. Ich frage mich, ob es mit dem Erbeben zu tun hatte.« »Wir sollten auf jeden Fall so schnell wie möglich von hier verschwinden, bevor es uns nochmal angreift«, meinte Agumon und warf besorgt einen Blick Richtung Felsspalte. »Du hast Recht «, pflichtete Daisuke ihm bei und sah zu Yuna und Lunamon. »Guck mich nicht so an«, sie hatte seinen Blick gleich durchschaut, »die paar Schritte werde ich wohl schaffen.« »Kommt gar nicht in Frage «, widersprach Daisuke sofort, »Agumon, schaffst du es Lunamon zu tragen?« Das Digimon nickte und legte sich das bewusstlose Lunamon behutsam auf den Rücken. »Und ich nehme dich Huckepack.«, Daisuke machte Anstalten Yuna aufzuhelfen. »Kommt gar nicht in die Tüte! «, wütend funkelte sie zu ihm hoch, »ich kann alleine laufen!« So rappelte sie sich mühsam auf und ging vorsichtig humpelnd ein paar Schritte vorwärts. Gerade wollte sie sich frohlockend zu ihm umdrehen, da knickte ihr Fuß beiseite und sie landete ein weiteres Mal im Sand. »Warum müssen Mädchen immer so stur sein? «, Daisuke verdrehte die Augen. »Ist ja schon gut«, murmelte sie, »aber, wenn ich zu schwer werde, dann lässt du mich sofort runter, verstanden? »Ey, ey, Madame «, versprach er. Also liefen sie wieder Richtung Wald. Yuna mit unzufriedenem Gesicht auf Daisukes und das bewusstlose Lunamon auf Agumons Rücken. Es dauerte nicht lange und da hatten sie den Waldrand erreicht. Auch wenn Yuna unentwegt quengelte, er solle sie doch runterlassen, ließ sich Daisuke nicht anmerken, dass er in Wahrheit selbst keine Kraft mehr hatte. Im Bambuswald trafen sie auf Sora und Takeru mit Wormon und Palmon. Die halfen den beiden anderen Kindern sofort. Allerdings hatten auch sie eine aufregende Geschichte zu erzählen. © ぁキ Kapitel 5: Mit dem Kopf durch die Wand -------------------------------------- KAPITEL 5:Mit dem Kopf durch die Wand »Autsch!« »Entschuldigung. Das sieht ja böse aus«, besorgt musterte Sora die Wunde an Yunas Fuß. Die vier Kinder und die fünf Digimon saßen auf dem Rasen außerhalb des Waldes. Sora hatte darauf bestanden, dass sie sich erst Yunas Verletzung genauer ansahen, bevor sie weitergingen. Die anderen hatten nichts dagegen eingewendet. Besonders Daisuke war froh, sich endlich mal etwas ausruhen zu dürfen, auch wenn er vorgab topfit zu sein. Außerdem hatten er die Pause genutzt, um den anderen beiden in Stichworten zu berichten, wie es zu dem Unfall gekommen war. Takeru wirkte sehr nachdenklich. »Etwas Merkwürdiges scheint hier vorzugehen «, meinte er schließlich, »kurz nachdem wir auf Palmon gestoßen sind, haben wir so seltsame Geräusche gehört.« »Es klang ganz ähnlich wie der Verkehrslärm in Tokio«, erklärte Sora, die nun notdürftig Yunas Knöchel verband. Diese biss die Zähne vor Schmerz zusammen und streichelte das Lunamon, welches auf ihrem Schoss gebettet war. Es war immer noch bewusstlos. »Es kam uns auch so vor, als wären am Himmel plötzlich die Umrisse einiger Wolkenkratzer zu sehen gewesen. Sora hat geschworen, dass eines der Gebäude die Odaiba High School war«, ergänzte Takeru. »Von Geräuschen hat uns Lunamon auch schon erzählt«, Daisuke kratzte sich am Hinterkopf, »es kommt mir fast der Verdacht, dass es irgendwie Spiegelungen aus unserer Welt sind.« Takeru nickte. Er hatte bereits einen ähnlichen Gedanken gehabt. »Dann sollten wir so schnell wie möglich zurück und mit Koshiro reden. Er hat doch sicher eine Theorie für dieses Phänomen«, Sora stopfte das Verbandszeug in ihre Notfalltasche, die sie vor ihrem Aufbruch schnell noch zusammengepackt hatte. Sie erfüllte ihren Zweck. »Also los, aufsteigen, Madame«, bot Daisuke Yuna wieder seinen Rücken an. »Aber du hast sie doch schon genug getragen. Am besten stützen wir sie beide ab, dann kann sie selber laufen.« Yuna war erleichtert über Takerus Vorschlag. Wenigstens musste Daisuke so nichts ihr gesamtes Gewicht tragen. Also gingen sie wieder los. Yuna zwischen beiden Jungen vor sich hin hüpfend, gefolgt von Sora mit Lunamon auf den Armen und den anderen drei Digimon. In Locomotown trafen sie dann noch auf Jyou, Iori, Taichi, Ken, Veemon und Tentomon. Erstmal gab es natürlich ein freudiges Wiedersehen zu feiern. Agumon flitzte an seinen Begleitern vorbei und Taichi direkt in die Arme, der ihn liebevoll an sich drückte. Und auch Veemon konnte sich vor Freude kaum beherrschen, als er Daisuke sah. Doch er musste sich noch etwas gedulden, weil dieser Takeru dabei half das verletzte Mädchen auf einen Stein zu setzten. Zwischen Ken und Wormon fiel das Wiedersehen etwas bescheidener aus, wenn auch nicht weniger liebevoll. Mit grimmiger Miene stand Iori daneben. Also hatten sie Armadillomon noch nicht finden können. »Und könnt ihr mir jetzt vielleicht mal erklären, was mit ihr geschehen ist?«, nachdem sich alle wieder beruhigt hatten, deutete Taichi vorwurfsvoll mit dem Finger auf Yuna. Diese verzog das Gesicht. »Ich habe auch einen Namen«, murmelte sie beleidigt. Doch Taichi beachtete ihren Einwand gar nicht. Er fuhr sich mit der Hand durch seine widerspenstigen Haare und brummte schlecht gelaunt: »Ich habe es doch geahnt. Die Digiwelt ist viel zu gefährlich für sie. Sie hat keinen Digimonpartner und sich selbst verteidigen kann sie auch nicht, wenn es hart auf hart kommt.« »Jetzt beruhig dich, Taichi «, Jyou rückte seine Brille zurecht, »vielleicht ist es ja gar so dramatisch wie du denkst. Lass sie doch erstmal ausreden.« Daisuke und Yuna warfen sich Blicke zu. Sie wussten, dass ihre Geschichte Taichi nicht beruhigen, sondern seine Aussage noch bestätigen würden. Trotzdem schilderte Daisuke ein weiteres Mal, was im Dorf der Yokomon geschehen war. Und beide behielten Recht. Taichi wurde rot vor Wut und konnte sich kaum noch beherrschen: »Ich habe es doch von immer gesagt: Sie hat in dieser Welt nichts zu suchen! Sie ist kein Digiritter. Weißt du eigentlich wie viel Glück du gehabt hast nicht tot zu sein?« Er fuchtelte wild mit den Armen vor Yunas Gesicht herum. Sie senkte den Blick und versuchte die Tränen zurückzuhalten: »Ich weiß, dass ich hätte vorsichtiger sein müssen.« »Ach ja, findest du? Und dann wäre alles besser ausgegangen?«, meinte Taichi. »Taichi-kun«, beruhigend legte Sora ihrem besten Freund einen Arm auf die Schulter, doch er schüttelte ihn einfach wieder ab. »Und du? «, ging er jetzt auf den armen Daisuke los, »hättest du nicht besser auf sie aufpassen können? Du hast doch sonst so eine große Klappe, oder?« Daisuke zog den Kopf ein. Jedem anderen hätte er Widerworte gegeben, aber vor seinem Idol hatte er einfach zu viel Respekt und außerdem war Tai unberechenbar, wenn er wütend wurde. Doch Yuna war auf einmal nicht mehr eingeschüchtert von diesem Wutausbruch, sondern furchtbar sauer. Wenn Taichi sie verantwortlich machen wollte, dann konnte sie ihm kaum widersprechen, aber Daisuke hatte das nicht verdient. »Bitte hör auf, Daisuke-kun anzuschreien«, obwohl ihr Fuß höllisch schmerzte, stand sie auf und stolperte einige Schritte auf den älteren Jungen zu, »du bist doch gar nicht dabei gewesen. Du weißt nicht, was er alles getan hat um mich zu retten. Ja, ich gebe zu, dass ich besser hätte aufpassen müssen, aber Daisuke trifft keine Schuld. Ich möchte euch kein Klotz am Bein sein und ihr braucht euch auch nicht für mich verantwortlich zu fühlen. Ich bin aus eigenen Stücken mit euch gekommen und trage selbst die Verantwortung für mich.« Taichi schaute sie mit großen Augen an, während sie mit entschlossenem Gesichtsausdruck zurückstarrte. Anscheinend wusste er nicht, was er noch erwidern wollte. »Ich möchte doch nur wissen, warum ich von diesem schrecklichen Digimon angegriffen worden bin«, meinte sie mit bebender Stimme. Erschrocken sah er sie an als sie in Tränen ausbrach. Schnell drehte sie sich von ihm weg und hielt sich die Hände vor die Augen. Um sie zu trösten legte Daisuke einen Arm um sie und warf seinem Idol einen düsteren Blick zu. So viel traute er sich dann doch. Taichi stand da wie vom Donner gerührt. Er hatte sie nicht so verletzten wollen. Es musste wirklich alles sehr angsteinflößend für sie sein, aber sie konnte trotzdem nicht einfach nach Hause gehen und den Rest dieses Tages versuchen zu vergessen. »Es tut mir leid«, sagte er leise, »du bist uns kein Klotz am Bein, aber wir können dich in der Not auch nicht einfach alleine lassen, weißt. Entschuldige meinen Ausbruch, aber ich war nur so sauer, weil ihr beide euch unnötig in Gefahr begeben habt. Euch hätte sonst was passieren können. Ich habe mir nur Sorgen gemacht.« »Schon gut«, schluchzte Yuna, die immer noch mit dem Rücken zu ihm stand, »ich habe auch nur so ein schlechtes Gewissen, weil Lunamon wegen mir bewusstlos ist.« Sie wischte sich mit dem Ärmel die letzten Tränen weg, dann drehte sie sich zu den anderen um. »Wir haben nicht weit von hier einen Fernseher entdeckt. Ich glaube es ist and er Zeit Hikari-san und Miyako-san zu finden und zurück in unsere Welt zu kehren«, füllte Ken das Schweigen. »Und was ist mit Armadillomon?«, kam es leise von Iori. »Es tut mir leid, aber wir müssen wohl ohne ihn gehen. Er wird sicher schon wiederauftauchen. Wenn wir mehr Zeit haben, dann suchen wir weiter nach ihm, versprochen«, meinte Jyou entschuldigend. Alle wussten, was sie da von Iori verlangten. Er schien eine ganze Zeit mit sich selbst zu kämpfen, dann nickte er. »Und was ist mit Yuna-chan? Ihr Fuß scheint wirklich sehr stark verletzt worden zu sein. Er darf jetzt nicht belastet werden«, merkte Sora an. Taichi schien immer noch ein schlechtes Gewissen zu haben, denn er bot sich an Yuna zu tragen. »Nein!«, kam es sofort von der Verletzten. Sie schüttelte demonstrativ den Kopf. »Bist du immer noch sauer auf mich?«, fragte Taichi seufzend. Wieder verneinte sie. »Ich kann selber laufen.« »Diese Leier kennen wir schon«, Daisuke verdrehte die Augen, »stur wie ein Esel.« »Sei nicht albern, Yuna-chan«, meinte Sora eindringlich. Yuna verschränkte die Arme und weigerte sich. »Geht ihr schon mal vor. Wir klären das eben mal«, meinte Taichi ohne die Augen von der Verletzten zu nehmen. Amüsiert bemerkte Jyou das Funkeln in seinen Augen. Ihr ehemaliger Anführer schien eine Idee zu haben. Eine, die Yuna wahrscheinlich weniger gefallen würde- Also ließen die anderen sie zurück. Daisuke warf noch einen unsicheren Blick über seine Schulter, wurde aber von Ken weitergezogen. »Also, du hast jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder du kommst jetzt freiwillig auf meinen Rücken oder ich zwinge dich dazu«, drohte Taichi als die anderen außer Hörweite waren. »Ich kann selber laufen, warum versteht ihr das nicht«, meinte sie und stand wackelig auf. »Na gut, wie es aussieht hast du es nicht anders gewollt«, ein diabolisches Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Er packte das sich sträubende Mädchen und schwang sie wie einen Sandsack auf seine Schulter. Yuna gab einen Laut der Überraschung von sich. »Lass mich runter!«, sie trommelte mit aller Kraft auf seinen Rücken. Doch er lachte bloß: »Wer nicht hört...« »Lass mich bitte runter. Ich bin viel zu schwer für dich«, jammerte sie. Er ließ sich davon nicht beeindrucken, sondern lief einfach den anderen hinterher. Schon bald hatten sie die anderen eingeholt und als sie Yuna sahen, die hilflos über Tais Schulter baumelte, brachen sie in großes Gelächter aus. »Also gut, du hast gewonnen«, meinte die Verletzte nach einiger Zeit zerknirscht, »aber könntest du mich vielleicht anders tragen? Das ist unbequem.« Taichi kam dieser Anfrage gerne nach, denn er spürte wie seine Schulter schon taub wurde. Er half ihr sich Huckepack auf seinen Rücken zu setzten. Sie hatte zwar immer noch ein rotes Gesicht, aber zumindest konnte sie sich nun besser festhalten. Denn langsam wurde sie müde. Der nächste Fernseher war doch weiter weg als Ken und Jyou gedacht hatten. Die Erschöpfung der letzten Stunden überrollte Yuna wie ein Sturm. Das gleichmäßiges Schaukeln auf Taichis Rücken und sein beruhigender Herzschlag, den sie hören konnte, ließen die Müdigkeit von selbst kommen. Schon bald sackte sie mit dem Kopf auf seine Schulter. Ihre Haare kitzelten an seiner Nase und er musste niesen. Sie kicherte leise. »Taichi-san?« »Mhm?« »Glaubst du Lunamon ist mein Digimonpartner?« »Keine Ahnung.« »Spürt man das irgendwie? Also, dass man zusammengehört? « Er dachte einen Moment über seine erste Begegnung mit Agumon nach. Eigentlich gab es auf ihre Frage nur eine Antwort: »Ja, ich denke schon.« »Weißt du, es ist doch sicher nicht immer so, dass dich einfach irgendein Digimon rettet, oder? Es muss doch einen Grund dafür geben. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass ich Lunamon schon einmal begegnet bin. So, als würde es... «, ihre Stimme war immer leiser geworden und brach schließlich ganz ab. »Hayashi?«, fragte Tai. »Sie ist eingeschlafen«, lachte Hikari, die nun mit Gatomon im Arm neben ihm lief. Die beiden waren vor kurzem zusammen mit Miyako, Hawkmon und Biomon zu ihnen gestoßen. Taichi schmunzelte, als er Yunas gleichmäßiges Atmen hörte. Yuna wurde von Soras aufgeregter Stimme geweckt. »Seht mal Leute, Lunamon wacht auf!«, rief sie aus. Ruckartig und noch etwas benommen vom Schlaf hob Yuna den Kopf: »Lunamon?« »Und unser Dornröschen ist auch aus dem Land der Träume zurückgekehrt.« Sie ignorierte Daisukes Kommentar und rutschte von Taichis Rücken bevor er sie aufhalten konnte. Sora übergab ihr behutsam das kleine Digimon. Es bewegte seinen kleinen Kopf hin und her und schlug dann seine Augen auf. »Wie geht es dir?«, fragte das Digimon ohne an seine eigene Gesundheit zu denken. Yuna lächelte: »Dank dir, super. Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll.« Lunamon sah sie mit großen Augen an: »Was meinst du?« »Du hast mich gerettet. Dafür würde ich mich gerne bei dir bedanken. Deshalb habe ich beschlossen dich vorerst mit in meine Welt zu nehmen. Wir müssen unbedingt zurück und ich möchte dich in diesem Zustand nicht zurücklassen«, erklärte Yuna. Sie hatte sich Worte bereits vorher in ihrem Kopf zurechtgelegt. Lunamon konnte nur schwach mit dem Kopf Nicken. Die Kinder und die Digimon wurden allesamt durch den Bildschirm des Fernsehers gezogen landeten wild durcheinander als bunter Haufen in Koshiros Zimmer. Ein Stöhnen und Fluchen war zu hören. Yuna hatte Lunamon gerade noch so auffangen können, aber Sora lag quer über ihr, sodass sie sich nicht bewegen konnte. »Sora, könntest du vielleicht von mir runtergehen?«, brachte sie mit erstickter Stimme hervor. »Würde ich ja gerne«, kam es bissig, »leider hat sich Taichi auf mir breitgemacht.« »Hey, ich kann gerade mal meine Hände bewegen. Jyou liegt auf meinen Beinen«, stöhnte Taichi. »Wartet, ich helfe euch «, meinte Koshiro sofort, der sich vor Lachen kaum noch halten konnte. Er half einem nach dem anderen sich zu befreien und aufzurichten. Yuna schielte über ihre Schultern und konnte erkennen, dass ganz unter Füßen, Gliedmaßen und Fell begraben, Miyako auf Daisuke gelandet waren. Ihre Gesichter waren sich so nahe, dass sich beinahe ihre Nasenspitzen berührten. Beide liefen gleichzeitig knallrot an. »Hey, wir haben keine Zeit zum knutschen!«, neckte Takeru sie. Sofort sprangen sie auf und entfernten sich so weit von einander, wie es das Zimmer zu ließ. »Mensch wo seid ihr denn so lange gewesen? Ihr müsst mindestens drei Wochen in der Digiwelt verbracht haben«, meldete sich nun Koshiro zu Wort. »Drei Wochen? Wir waren gerade mal einen Tag da«, meinte Jyou der wieder mal seine Brille putzte. »Das kann nicht sein«, erklärte der IT-Spezialist fassungslos, »ich habe auf die Uhr geschaut. Ihr seid fast eine halbe Stunde weg gewesen.« »Wie bitte?«, riefen die anderen Digiritter im Chor. »Irgendwas scheint hier ganz und gar nicht zustimmen«, meinte Ken kopfschüttelnd. »Ja, und das ist mindestens sechs Meter groß und gerade dabei unsere schöne Stadt zu zerstören«, meinte Miyako trocken. »Sie hat Recht. Wir sollten jetzt wirklich los. Wenn wir eine halbe Stunde weg waren, dann kann wer weiß was schon passiert sein«, Daisuke tippelte ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. »Es ist doch okay, wenn Yuna solange hier in deinem Zimmer wartet, oder?«, fragte Sora. Koshiros Blick wanderte zu Yunas verbundenen Fuß und er nickte. »Ihr wollt mich doch nicht alleine zurücklassen, oder?«, fassungslos sah Yuna die anderen an. »Na, jemand muss doch auf Lunamon aufpassen und hier die Stellung halten«, versuchte Takeru sie zu beruhigen, »es ist noch schwach und konnte bei einem Kampf noch mehr verletzt werden.« »Also, sei brav und mach keinen Unsinn, ja?«, Daisuke kniff Yuna spielerisch in die Wange. Dafür trat sie ihm gegen das Schienbein, nahm dazu aber ihr verletztes Bein und so kam es das beide vor Schmerz aufheulten, was wiederum die anderen zum Lachen brachte. Gomamon und Agumon bekamen sich nicht mehr ein. Sie mussten sich an ihren Freunden abstützen um nicht vor Lachen auf dem Boden zu landen. Selbst Iori huschte wieder ein Lächeln übers Gesicht. Yuna verpasste Agumon einen leichten schlag auf den Kopf, während Daisuke Gomamon einen Kinnhaken gab. Als die beiden Digimon ebenfalls vor Schmerz aufheulten, gaben sich die beiden Kinder zufrieden ein High Five. »Könntet ihr vielleicht mal aufhören mit dem Kindertheater?« meinte Jyou und auch Sora stemmte vorwurfsvoll die Hände an die Hüften. Die Streithähne zogen bloß die Köpfe ein. »Also, während wir weg sind könnt ihr euch ein bisschen dort ausruhen«, Koshiro deutete auf die Couch in seinem Zimmer, »wenn etwas ist, dann sagt meiner Mutter Bescheid. Sie ist nebenan. Aber passt auf, dass sie Lunamon nicht zu Gesicht bekommt. Sie würde sich nur zu viele Sorgen machen, wenn sie wüsste, dass wir die Digimon zurückgeholt haben.« Yuna nickte und ließ sich mit Lunamon auf das gemütliche Sofa fallen. »Und denk bloß nicht daran, uns nach zu laufen oder auf irgendwelche anderen dummen Ideen zu kommen«, drohte Hikari mit einem Lächeln. Yuna nickte artig. Dann fiel die Tür ins Schloss und es wurde still im Zimmer. »Puh, ihr seid ganz schön anstrengend«, stöhnte Lunamon und brachte damit Yuna zum Kichern. Sie wollte gerade etwas erwidern, da hörte sie Schritte auf dem Flur. Sie schaffte es gerade noch eine Wolldecke über das erschrockene Lunamon zu werfen, bevor sich die Tür öffnete und Frau Izumi im Rahmen erschien. »Ach, hier ist ja noch wer«, meinte sie erstaunt, » bist du nicht das Mädchen von vorhin?« Yuna nickte: »Es tut mir leid, Frau Izumi. Die anderen müssen etwas Wichtiges erledigen und ich konnte nicht mitgehen, weil ich mich verletzt habe.« Sie deutet auf ihren in Verband. »Wie ist das denn passiert? Wieso habt ihr nicht Bescheid gesagt?«, besorgt beugte sich Koshiros Mutter über ihr Bein. Auf einmal musste Lunamon niesen. »Hatschi!«, machte Yuna schnell. Frau Izumi lachte: »Und erkältet hast du dich auch noch. Du solltest dich zu decken und dann- « »Nein!« Yuna hielt schnell Frau Izumis Arm fest, die gerade dabei war die Wolldecke von Lunas Kopf zu nehmen. Das Mädchen lächelte schüchtern: »Ich meine, das mache ich gleich selbst. Ich möchte Ihnen nicht so viele Umstände machen.« »Aber das tust du doch gar nicht«, lachte Koshiros Mutter, »ich bin froh, dass mein Sohn so liebe Freunde hat. Kann ich dir dann vielleicht einen Tee anbieten?« »Ja gerne.« Nachdem Frau Izumi verschwunden war, atmete Yuna erleichtert aus. Das wäre beinahe schiefgegangen. »Dieses kratzige Ding hat mich zum Niesen gebracht!«, das Digimon schüttelte die Decke vom Kopf und musste ein weiteres Mal niesen. Yuna lachte: »Jetzt suche dir aber mal ein besseres Versteck. Frau Izumi ist sicher gleich wieder da.« Schnell huschte das Lunamon in Koshiros Kleiderschrank. Eine Weile später saßen Yuna und Lunamon nebeneinander auf dem Sofa. Das Mädchen schlürfte ihren Tee, während Lunamon begeistert die Kekse knabberte, die Frau Izumi ebenfalls mitgebracht hatte. Eine lange Zeit sagte niemand der beiden etwas, bis Yuna es nicht mehr länger aushielt. »Vielen Dank übrigens nochmal, dass du mich gerettet hast. Ich finde, ich sollte dir mit einem Geschenk dafür danken. Hast du einen Wunsch« Das Digimon sah sie wieder mit großen Augen an: »Man braucht doch niemanden etwas schenken, der einen gerettet hat. Ich bin bloß so froh, dass es dir so gut geht und dir nichts weiter geschehen ist.« Yuna lächelte gerührt. So ein selbstloses Wesen hatte sie noch nie erlebt. »Wenn du dir solche Sorgen um mich gemacht hast und ich mich um dich, kann es dann nicht sein, dass wieder beide Partner sind? Das wir so zusammengehören wie Agumon und Taichi oder Hikari und Gatomon?«, Yuna war die Frage herausgerutscht, bevor sie daran dachte, dass es vielleicht etwas zu überstürzt war. Immerhin war Lunamon noch nicht ganz erholt. Doch das weiße Digimon schien sich nicht weiter daran zu stören, obwohl es daraufhin ziemlich nachdenklich wurde: »Ich denke, das ist eher unwahrscheinlich, aber ganz ausgeschlossen ist es auch nicht.« Das Mädchen wurde vor Aufregung ganz zappelig: »Und woran würden wir das merken?« »Ich weiß es nicht«, gab Lunamon zu, »aber alle Digiritter haben ein Digivice, hast du auch eins?« »Nein«, enttäuscht schüttelte Yuna den Kopf. Es wäre so schön gewesen Lunamon als Digimonpartner zu haben. »Um herauszufinden, ob das wirklich der Fall ist, ob du wirklich mein Partner bist, müssten wir in die Digiwelt zurückkehren. Dann hätten wir vielleicht noch eine Chance, denn ein anderer Partner scheint für dich nicht vorgesehen zu sein«, meinte das Digimon. »Worauf warten wir dann?«, Yunas Miene hellte sich sofort wieder auf und ihre Augen begannen vor Begeisterung zu strahlen. Lunamon lachte: »Du bist wirklich ein Menschenmädchen, dass mit dem Kopf durch die Wand will. Wir sollten warten bis die anderen zurück sind, findest du nicht? Außerdem sind wir beide noch zu schwach um zu reisen.« Yuna verzog den Mund, aber nickte. Lunamon hatte ja recht. Alleine hätten sie bestimmt keine Chance in die Digiwelt zu kommen, so ganz ohne Digivice. © ぁキ Kapitel 6: Durch den Regen dringt ein Sonnenstrahl -------------------------------------------------- KAPITEL 6: Durch den Regen dringt ein Sonnenstrahl Die Zeit schien schleppend langsam zu vergehen. Irgendwann konnte Yuna nicht mehr stillsitzen und warten. Sie humpelte durch den Raum, warf einen Blick aus dem Fenster und starrte dann die Tapete an. Seitdem die anderen verschwunden waren, waren bereits zwei Stunden verstrichen und Lunamon war bereits nach einer Stunde eingeschlafen und seitdem langweilte sich das Mädchen. Am liebsten wäre sie den anderen gefolgt, aber sie hatte versprochen es nicht zu tun und außerdem wusste sie gar nicht wo sie waren. Ob sie das WarGreymon schon besiegt hatten? In Koshiros Zimmer drangen keine Geräusche eines Kampfes mit einem gigantischen Digimon. Nur der übliche Verkehrslärm Tokios. »Die Nachrichten«, fiel ihr da plötzlich ein, so als hätte sie eine Eingebung. In Koshiros Zimmer stand ein kleiner Fernseher. Schnell schaltete sie ihn an und landete gleich auf dem richtigen Sender. »...der Unfall kostete drei Menschen das Leben und... « Während sie gebannt auf den Bildschirm starrte, kaute sie nervös an den Fingernägeln. »Nun mach schon«, murmelte sie ungeduldig. Es kamen noch dutzende andere Nachrichten und Yuna fragte sich so langsam, ob diese so wichtig waren wie ein Monster, das die halbe Stadt zerstörte. Hatte sie das alles doch nur geträumt? »In der Mittagszeit ist im Stadtteil Shibuya ein Monster aufgetaucht und versetzte die Bevölkerung in Aufruhr. Ein ähnlicher Zwischenfall ereignete sich vor einem Jahr. Wie aus dem nichts tauchte das zirka sechs Meter hohe Ungetüm im Stadtpark auf und trampelte eine Reihe von Bäumen und Häusern nieder. Die Bewohner wurden dazu aufgerufen so schnell wie möglich ihre Wohnungen zu verlassen. Als sich das Ungeheuer selbst nicht von der Polizei und Feuerwehr bändigen ließ, sahen sich die Behörde gezwungen das Militär zu benachrichtigen. « Yuna zog scharf die Luft ein, als sie die Hubschrauberbilder sah. Das WarGreymon hatte wirklich großartige Arbeit geleistet. Laternen und Straßenschilder hatte es verbogen und überall lagen Trümmer. Die Digiritter oder Digimon waren nicht zu sehen. Erschrocken schlug sie sich die Hand vor den Mund. Ob sie in Gefahr waren? Im nächsten Moment ging die Tür auf und eine aufgewühlte Frau Izumi kam zurück ins Zimmer: »Du hast den Bericht also auch gesehen. Wir sollen vorsichtshalber auch evakuiert werden. Wo sind die anderen?« Sie zog Yuna auf die Beine. Das Mädchen war wie gelähmt. Sie starrte unentwegt auf den Bildschirm, wo eine Reporterin live vor Ort von den Geschehnissen berichtete. »Ich weiß schon, dass es dir Angst macht, aber du musst unbedingt sagen, wo Koshiro und die anderen sind. Sie könnten in Gefahr sein!«, die besorgte Mutter sah sie ernst an. Erst langsam drangen die Worte zu Yuna durch und ergaben einen Sinn. Mit großen Augen starrte sie Frau Izumi an. Was sollte sie jetzt tun? »Ich...ich...«, stammelte sie und wusste nicht, wo sie hinschauen sollte. »Hat es wieder mit diesen Digimon zu tun? Ist das Monster ein Digimon?« Die Frau schien sich wirklich Sorgen zu machen, deshalb konnte Yuna sie auch nicht weiter belügen. »Sie wollen es bekämpfen «, murmelte Yuna nach einer Weile und senkte den Kopf. »Ganz alleine?«, Koshiros Mutter schüttelte den Kopf, »manchmal habe ich das Gefühl sie führen so etwas wie ein Doppelleben.« Sie wusste gar nicht wie Recht sie damit hatte. »Ihre Digimon sind doch bei ihnen. Sie werden sie sicher beschützen «, versuchte Yuna sie zu beruhigen. Sie bekam jetzt schon ein schlechtes Gewissen, dass sie die anderen verraten hatte. »Und du konntest wegen deiner Verletzung nicht mitgehen?« »Und weil ich selbst kein Digimon habe«, meinte sie und in Gedanken fügte sie hinzu: »Bis jetzt jedenfalls noch nicht!« »Dann dürfen wir keine Zeit verlieren. Wir müssen sie unbedingt finden und ihnen helfen«, meinte die Frau entschlossen. In diesem Moment wurden beide wieder auf den Bericht in den Nachrichten Aufmerksam: »Wie es aussieht ist das Ungeheuer genauso schnell verschwunden wie es aufgetaucht ist. Es hat sich gerade vor unseren Augen einfach in Luft aufgelöst, nachdem es von anderen unbekannten Wesen angegriffen worden war«, bemerkte die Reporterin verblüfft, während die Kamera eine leere Trümmerwüste zeigte. Yuna und Frau Izumi sahen sich erstaunt an und dann wieder zum Fernsehen. Es kamen noch andere wichtige Leute zu Wort. Unter anderen ein Feuerwehrmann, der behauptete einen grellen Blitz beobachtet zu haben. »Das ist doch unfassbar!«, Koshiros Mutter ließ sich aufs Sofa fallen und fuhr sich durchs Haar. Yuna biss sich aufgeregt auf der Unterlippe herum. Sie kapierte gar nichts mehr. Für einige Minuten verfolgten sie gespannt den Bericht. Doch niemand konnte genau sagen, was das große Ungetüm vertrieben hatte. Beide zuckten zusammen, als die Haustür ins Schloss fiel. Die Frau war mit einem Satz im Flur. Lunamon war von dem Krach ebenfalls geweckt worden. Yuna hatte ganz vergessen, dass Frau Izumi es eigentlich nicht hätte sehen dürfen, aber sie war anscheinend viel zu aufgeregt gewesen, um das seltsame Wesen neben sich zu bemerken. Vielleicht aber war das auch nicht ihre erste Begegnung mit einem Digimon gewesen. Yuna konnte hören wie die Dame auf dem Flur anfing zu schimpfen: »Ich habe mir solche Sorgen gemacht, Koshiro! Du hättest mir auch mal ruhig sagen können, dass wieder diese Digimon aufgetaucht sind!« »Tut mir leid, Mama, aber ich wollte dich nicht beunruhigen«, meinte Koshiro kleinlaut. Es folgten noch ein paar Moralpredigten, dann kamen ein ziemlich bedröppelt dreinblickender Koshiro, eine besorgte Hikari und ein strahlender Taichi mit Tentomon, Gatomon und Agumon ins Zimmer. »Koshiro, es tut mir wirklich leid, dass ich euch verraten habe. Ich wollte nichts sagen, ehrlich nicht, aber deine Mutter ist schon fast selbst draufgekommen, als sie WarGreymon gesehen hat. Es tut mir wirklich, wirklich leid«, plapperte Yuna gleich drauf los und machte ein reumütiges Gesicht. »Jetzt beruhige dich erstmal«, Hikari legte ihr einen Arm um die Schulter, »es ist doch gar nicht so schlimm.« Yuna atmete ein paar Mal tief ein und aus und merkte wie sie sich wieder etwas beruhigte. »Meine Mama weiß sowieso manchmal mehr, als ich ahne. Also ist es gar nicht deine Schuld«, meinte nun auch Koshiro schulterzuckend und stellte seinen Laptop zurück auf den Tisch. »Wo sind denn die anderen abgeblieben?«, fragte Yuna nachdem sie sich zusammen mit Hikari aufs Sofa gesetzt hatte. »Nach Hause«, Taichi hockte sich im Schneidesitz auf den Boden. »Habt ihr denn das WarGreymon besiegt?« Hikari schüttelte frustriert den Kopf: »Es war nicht einfach an den ganzen Sicherheitskräften vorbeizukommen, aber Jyou konnte sie zum Glück ablenken. Als wir dann in der Nähe des Digimons waren, mussten wir uns eine Strategie überlegen. Daisuke war natürlich dafür sofort anzugreifen, aber wir anderen hielten es für besser nicht zu viel Aufmerksamkeit zu erregen.« »Was bei den vielen Kameras ja fast unmöglich war«, warf Koshiro ein. »Uns blieb auch nicht viel Zeit, deshalb blieb uns nichts anderes übrig als von hinten anzugreifen, wo keine Kameras waren. Doch bevor wir das konnten, löste sich das Digimon in Daten auf und verschwand einfach zurück in die Digiwelt«, erzählte Hikari. »Wir konnten noch nicht einmal ein bisschen kämpfen«, meinte Agumon enttäuscht. Yuna erinnerte sich daran wie aufgeregt es in der Digiwelt gewesen war, endlich wieder kämpfen zu können. Doch im Gegensatz zu Agumon war sie ziemlich froh, dass den Digirittern das erspart geblieben ist. »Na dann ist ja alles gut oder nicht?«, meinte sie und lächelte in die Ruhe. Als sie die ernsten Gesichter sah, wusste sie, dass sie sich zu früh freute. »Wir wissen immer noch nicht, was das WarGreymon hier wollte«, erklärte Koshiro, »Digimon kommen nicht einfach so in unsere Welt. Es muss einen Grund gehabt haben. Es muss etwas gesucht haben. Und wenn meine These stimmt, dann kann jeder Zeit wiederkommen oder noch schlimmer...« Yuna schluckte: »Was meinst du mit schlimmer?« »Es werden noch stärkere Digimon kommen und ihm helfen.« Nachdem Koshiro diesen Satz ausgesprochen hatte, herrschte eine ganze Weile Schweigen im Zimmer. Jeder von ihnen wusste, dass das bedeutete, dass ihre Stadt nicht mehr länger sicher war und Yuna wurde mit schmerzender Bitterkeit bewusst, dass es keinen anderen Ausweg außer einem Kampf geben konnte. »Heißt das wir müssen hierbleiben?«, wandte sich Gatomon nun an Hikari. Diese nickte bloß. Yuna warf Lunamon einen Blick zu. Was war mit ihm? Wollte es auch bleiben? »Vorerst denke ich, dass das die einzige Möglichkeit wäre jeder Zeit bereit zu sein«, meinte Taichi. »Aber wir sollten vielleicht erstmal in die Digiwelt zurückkehren und herausfinden, was die Ursache der Angriffe ist«, schlug Koshiro vor. Die anderen beiden Digiritter nickten. Nun fiel Yuna wieder etwas ein. Sie wusste nicht wie die anderen darauf reagieren würden: »Könntet ihr mich vielleicht wieder mitnehmen? Ich weiß, dass es beim letzten Mal nicht so gut gelaufen ist, aber es ist wichtig. Lunamon und ich wollen dort herausfinden, ob wir Partner sind.« »Partner?«, Koshiro kratzte sich am Kopf, »hättest du dann nicht längst ein Digivice haben müssen? Wir haben unsere bekommen bevor wir unsere Digimon kennen gelernt haben. Ich glaube nicht, dass das so eine gute Idee wäre.« Zu ihrer Überraschung war es diesmal Taichi, der für sie Partei ergriff: »Ich kann verstehen, dass du es für keine gute Idee hältst, Koshiro. Und ihr wisst, dass ich der letzte wäre, der sie einfach so mitnehmen würde, nachdem ganzen Chaos. Ich glaube allerdings, dass wir es trotzdem tun sollten. Wenn nicht, dann werden Lunamon und sie nie wissen, ob sie zusammengehören.« Er dachte an Hikaris Worte. Sie hatte ihn gefragt wie es ihm wohl gehen würde, wenn er Agumon nie getroffen hätte. Immer, wenn er sein Digimon anblickte, dann wusste er, dass Agumon für immer sein Partner sein würde, egal, wie viele Welten sie voneinander entfernt waren. »Ui, vielen Dank!«, quietschte Yuna, nachdem sie ihre Sprache wiedergefunden hatte, und fiel ihm um den Hals. Taichi wurde knallrot und kratzte sich verlegen am Hinterkopf: »Ich muss doch irgendwie wieder gut machen, dass ich dich so angeschnauzt habe.« Er warf seiner Schwester einen scharfen Blick zu, die sich über seine Reaktion kringelte vor Lachen. »Also gut. Wenn ihr das für richtig haltet, dann nehmen wir sie mit«, Koshiro klappte seinen Laptop zu. »Und dich bringen wir jetzt erstmal nach Hause. Alleine können wir dich doch nicht durch die Stadt humpeln lassen«, beschloss Hikari. »Und wo sind die anderen?«, diese Frage lag Yuna schon lange auf den Lippen. »Sie sind auch schon nach Hause gegangen. Daisuke wollte dich übrigens auch höchstpersönlich nach Hause bringen«, Hikari zwinkerte ihr vielsagend zu. »Aber es wäre für ihn ja der totale Umweg gewesen«, erklärte Agumon, »deswegen hat Taichi sofort vorgeschlagen, dass wir das machen.« »Weil das natürlich überhaupt kein Umweg ist«, murmelte Koshiro, sodass es nur Yuna und Hikari hören konnten. »Ach, sei doch still, Agumon«, Taichi blitzte seinen Freund an und wurde noch röter als er sowieso schon war. »Also Lunamon und ich nehmen das Angebot sehr gerne an«, meinte Yuna mit einem dankbaren Lächeln. »Ich soll mit zu dir kommen?«, piepte das weiße Digimon erschrocken. »Natürlich, es sei denn...«, das Mädchen zögerte kurz, »es sei denn, du möchtest das nicht.« »Aber Yuna«, Lunamons Augen begannen zu schimmern, »natürlich will ich das! Ich finde das super!« Beide strahlten sich an. »Also los, bevor es stockduster ist«, Gatomon hüpfte von Hikaris Schoß. »Gehen wir auch mit, Koshiro?«, fragte Tentomon und schwebte unter die Zimmerdecke. Das Computergenie schüttelte den Kopf: »Nein, wir bleiben hier und schauen, ob wir noch etwas herausfinden können. Die sechs schaffen das schon alleine.« Und das schafften sie wirklich. Lunamon hatte sich schon so gut erholt, dass es wieder schweben konnte und Yuna humpelte halb alleine, halb von Taichi gestürzt einigermaßen sicher. Sie hatte darauf bestanden, dass er sie nicht wieder auf dem Rücken trug und diesmal hatte er zugestimmt. »Wohnst du dort?«, fragte Hikari und deutete überrascht auf das kleine beleuchtete Haus. Es fiel zwischen den großen Hochhäusern und Supermärkten kaum auf. Ein Haus, das wirklich besser zu einem Platz außerhalb Tokios gepasst hätte. Yuna nickte: »Das Haus gehört schon seit Ewigkeiten unserer Familie. Es stand schon hier, bevor die Wolkenkratzer gebaut wurden sind. Bauunternehmer wollten es immer kaufen, aber mein Großvater hat dafür gekämpft, dass es bleibt. Genau wie meine Eltern heute.« »Und wenn du erwachsen bist, dann übernimmst du es?«, hakte Gatomon nach. Yuna lachte: »Nein leider nicht, obwohl ich es sicher schön hier gehabt hätte. Aber mein älterer Bruder hat die Vorrechte.« »Du hast einen Bruder? Wie alt ist er?«, Hikari schien sich wirklich dafür zu interessieren, »ist er genauso ein Holzkopf wie mein Brüderchen?« »Hey!« »Er ist neunzehn und studiert schon an der Universität. Heute sehe ich ihn kaum noch und früher, na ja, er hat sich nie wirklich für mich interessiert«, meinte Yuna traurig. Die Yagami- Geschwister sahen sie mitleidig an. »Wieso denn ich?«, fragte Lunamon und schwebte neben ihrem Gesicht. Yuna senkte den Kopf: »Ich habe Wataru nie danach gefragt, aber immer, wenn ich mit ihm spielen wollte, hat er mich nur böse angeguckt und gemeint, dass er zu alt dafür wäre. Ich war für ihn immer nur das verwöhnte Kleinkind.« Schnell wischte sie eine Träne weg und lächelte dann müde: »Aber ich kann ihm keinen Vorwurf machen. Er hat halt immer viel um die Ohren gehabt und immerhin sind sechs Jahre ein ganz schöner Altersunterschied.« Daraufhin wussten die Geschwister nichts mehr zu erwidern. Sie liefen den Gartenweg entlang zu dem hübschen, kleinen Haus. Bevor Yuna klingeln konnte, wurde die Haustür auch schon aufgerissen und eine mittelalte Frau erschien im Türrahmen. »Da bist du ja! Ich habe mir schon solche Sorgen gemacht. Dein Vater war kurz davor die Polizei anzurufen. Weißt du eigentlich was hier los war?«, schluchzte die Frau, die offensichtlich Yunas Mutter war. Ihre Tochter zog etwas den Kopf ein. »Hier ist ein Ungeheuer durch die Gegend gelaufen. Was wenn es dich gefressen hätte?«, dramatisch gestikulierte Frau Hayashi mit den Armen. »Bitte Mama, sei nicht böse. Wir...wir waren nur im Einkaufscenter und haben die Zeit vergessen«, log Yuna und traute sich nicht ihrer Mutter in die Augen zu schauen. Im Lügen war sie schon immer schlecht gewesen. »Wir?«, erst jetzt bemerkte Frau Hayashi die Kinder, die hinter ihrer Tochter standen. »Guten Abend, Frau Hayashi«, meinte Hikari höflich, »ich bin Hikari Yagami und das ist mein großer Bruder Taichi. Wir haben Yuna heute im Einkaufscenter kennen gelernt und dann etwas Zeit zusammen verbracht. Es tut uns leid, dass wir so spät sind.« »Aber...«, stammelte Yunas Mutter und schaute verwirrt in die drei strahlenden Kindergesichter. Dann lächelte sie warm: »Also, wenn das so ist, dann vielen Dank, dass ihr meine Tochter sicher nach Hause gebracht habt. Und was sind das für niedliche Stofftiere? Habt ihr die gekauft?« Yuna nickte. Lunamon saß auf ihrem Arm und tat so, als wäre es nicht lebendig. Während Agumon zurück digitiert war, weil es in seiner Rookie-Form viel zu Auffällig gewesen wäre. »Ähm, Mama, da ist noch etwas«, meinte Yuna nervös. Sie hatte beschlossen es ihrer Mutter sofort zu beichten, wenn Hikari und Taichi dabei waren, würde sie vielleicht nicht so ein Theater darum machen. »Was ist passiert?«, fragte Frau Hayashi besorgter als zuvor. »Na ja, nichts Schlimmes. Ich bin bloß im Park über einen Stein gestolpert und hab mir ein bisschen den Fuß verletzt«, meinte sie kleinlaut. Ihre Mutter sah im ersten Moment so aus, als wolle sie noch ein zweites Mal schimpfen, doch dann atmete sie tief durch und nickte: »Dann schnell ins Bett, damit ich ihn mir mal ansehen kann.« »Auf Wiedersehen und vielen Dank«, Yuna drehte sich nochmal lächelnd zu den Geschwistern um, »für alles.« »Ja, wir holen dich dann morgen wieder ab«, meinte Hikari und zwinkerte ihr verschwörerisch zu. Yuna nickte strahlend und winkte ihnen hinterher bis die vier verschwunden waren. »Nette Kinder«, schmunzelte ihre Mutter, »ich bin froh, dass du endlich Freunde gefunden hast.« »Hat deine Mutter noch sehr geschimpft, nachdem wir weg waren?«, erkundigte sich Hikari. »Nein, sie hat nur noch meinen Fuß neu verbunden und mich dann ins Bett geschickt. Bloß mein Vater hat mir nochmal klargemacht, dass ich mich hätte bei ihnen melden sollen, nachdem ich gefallen war.« Sie saßen zu siebt in Koshiros Zimmer. Daisuke und Ken hockten auf dem Boden, während Iori zwischen Yuna und Takeru auf dem Sofa saß. Hikari saß auf der Lehne neben ihrem besten Freund. »Kommen die anderen noch?«, fragte Miyako, die nervös hinter Koshiro auf und ab spazierte. Sie hatte das Gesicht verzogen, als sie sah, dass Yuna schon wieder dabei war. Es war nicht zu übersehen, dass sie das neue Mädchen nicht leiden konnte. Aus welchen Gründen auch immer. »Nein. Yamato konnte ich immer noch nicht erreichen, Sora hat heute Training, Jyou ist im Unterricht und Taichi…keine Ahnung. Und könntest du dich vielleicht jetzt mal hinsetzten? Du machst mich ganz nervös«, erklärte Koshiro genervt. Miyako streckte ihm die Zunge raus und setzte sich dann beleidigt neben Ken auf den Boden. »Taichi wurde von Mama dazu verdonnert unser Zimmer aufzuräumen«, kicherte Hikari, »ich war letzte Woche dran.« »Ach, wir schaffen das auch ohne die älteren«, meinte Daisuke überzeugt, »lasst uns endlich los oder - « Bevor er seinen Satz beenden konnte, flog die Tür auf und alle zuckten zusammen. »Hallo Leute, schaut mal wen ich mitgebracht habe«, Sora strahlte in die Runde. »Was machst du denn hier? Ich dachte du wärst beim Training?«, fragte Takeru überrascht. »Ja, damit ich euch überraschen kann. In Wirklichkeit musste ich nur unseren Gast vom Flughafen abholen«, erklärte die Rothaarige. »Welchen Gast?«, Daisuke zog eine Augenbraue hoch. »Na mich«, ein hübsches Mädchen erschien hinter Sora und warf ihr braunes, lockiges Haar zurück. »Mimi-chan!«, riefen die Digiritter im Chor. »Höchstpersönlich!«, meinte diese stolz. »Aber was machst du denn hier?«, lachte Hikari. »Wenn ihr wollt, kann ich auch gerne wieder gehen«, meinte Mimi gespielt beleidigt. »Bin ich froh dich wieder zu sehen«, Miyakos Augen begannen zu glänzen und sie fiel Mimi um den Hals. Einer nach dem anderen begrüßte das Mädchen mit den pinken Kleidern. Währenddessen erklärte Hikari Yuna, dass Mimi ebenfalls ein Digiritter war und zur Zeit in den Staaten lebte. »Und du bist Yuna Hayashi, oder?«, Mimi grinste sie an und gab ihr die Hand, »Sora hat mir von dir erzählt. Ich freue mich wirklich dich kennen zu lernen. Ich bin Mimi Tachikawa und so froh wieder in Japan zu sein. Ich habe euch alle so vermisst.« Mimi wollte sich gar nicht mehr einkriegen. Sie war so happy, dass sie einem nach dem anderen umarmte und Koshiro als letzte sogar noch auf die Wange küsste. Dieser lief Verlegenheit knallrot an. Mimi registrierte das in ihrer Aufregung gar nicht. »Unser Wirbelsturm ist zurück«, amüsierte sich Sora. »Also ich finde sie ist eher ein Sonnenstrahl«, vermittelte Yuna ihren ersten Eindruck und schlug sich dann auf den Mund, weil sie ja eigentlich nicht das Recht hatte sich an dieser Konversation zu beteiligen. Sie kannte Mimi ja gar nicht. Doch diese schien ihr das nicht krumm zu nehmen. Ganz im Gegenteil. »Du triffst den Nagel auf den Kopf«, Mimi zwinkerte ihr vergnügt zu. »Ich möchte eure furchtbar wichtigen Mädchengespräche ja nicht unterbrechen, aber ich will endlich herausfinden, was in der Digiwelt los ist«, Daisuke begann schon wieder zu drängeln. »Klar, ihr beide kommt doch mit, oder?«, wandte sich Miyako nun an Sora und Mimi. Beide Mädchen nickten begeistert und Mimi bekam ganz glänzende Augen. Sie konnte es kaum erwarten ihren Digimonpartner wiederzusehen. © ぁキ Kapitel 7: Schwankende Welt --------------------------- KAPITEL 7Schwankende Welt »Oh Palmon, ich habe dich so vermisst!« So ging es nun schon seit fünf Minuten. Mimi wollte ihr Digimon gar nicht mehr loslassen. Die anderen hatte ihnen eine ganze Weile bei ihrer Wiedersehenszeremonie zu gesehen, doch jetzt setzten sie sich alle im Kreis auf den Boden und besprachen, wohin sie als nächstes gehen wollten. »Ich schlage uns vor, dass wir uns erstmal ein bisschen im Wald umsehen und zwar dort, wo Takeru und ich diese seltsamen Bilder gesehen haben«, machte Sora den Anfang und sah in die Runde. »Aber bist du sicher, dass wir das an derselben Stelle noch einmal erleben? Nachdem, was ich gehört habe, treten diese Phänomene an den unterschiedlichsten Stellen auf«, gab Tentomon zu bedenken. »Aber wo sollen wir sonst hin?«, fragte Hikari, »wir haben keinerlei Anhaltspunkte.« »Ich bin dafür, dass wir in die Wüste gehen«, ließ sich Iori nun leise vernehmen. »Wieso ausgerechnet dorthin?«, fragte Takeru überrascht. Der Jüngere senkte den Blick. »Weil Armadillomon dort immer gerne war«, murmelte Iori und wurde rot. Yuna hatte fast vergessen, dass er neben ihr im Moment ebenfalls keinen Digimonpartner hatte. Die anderen sahen sich verlegen an. Keiner von ihnen hatte wirklich Lust durch die Hitze zu wandern, aber sie wollten ihren Freund auch nicht im Stich lassen. »Also gut, dann gehen wir eben Armadillomon suchen«, beschloss Hikari. Sie konnte es nicht ertragen, wenn ein anderer traurig war. »Ich bin immer noch dafür, dass wir in den Wald gehen«, meinte Sora hingegen. Die anderen sahen zwischen den beiden hin und her und schließlich war es Daisuke, der zum Erstaunen aller eine Antwort wusste: »Dann bleibt uns wohl wieder mal nichts anderes übrig als uns aufzuteilen. Ein Team wären dann schon mal Iori und Hikari. Ich schlage vor, dass Mimi und Takeru ebenfalls mit in die Wüste gehen. Wir anderen versuchen im Wald herauszufinden, ob wieder etwas passiert ist.« »Wow, Daisuke!«, Takeru grinste, »seit wann denkst du so sachlich?« »Und seit wann lässt du dir die Chance entgehen mit Hikari zu gehen?«, setzte Veemon noch einen drauf. Der Junge mit der Pilotenbrille warf seinem Digimonfreund einen bitterbösen Blick zu, aber dann kratzte sich verlegen am Hinterkopf und wurde etwas rot um die Nase. »Ich schätze mal er ist erwachsen geworden«, Sora zwinkerte ihm vergnügt zu. Daisuke Brust schwoll vor Stolz an. Er hatte noch nie darüber nachgedacht, dass er sich möglicherweise verändert haben könnte. »Also ist jeder mit der Aufteilung einverstanden?«, lenkte Ken ein. Alle nickten. »Ich glaube hier war es«, Gabumon legte seinen Kopf schief. Sora jedoch versprach ihm: »Nein, es war weiter dort drüben.« »Könnt ihr euch vielleicht mal entscheiden«, seufzte Miyako. Sie waren jetzt schon seit zehn Minuten durch den Wald gelaufen und weder Sora noch Gabumon hatten eine Ahnung davon, wo sie damals dieses komische Phänomen beobachtet hatten. »Vielleicht sollten wir einfach eine Münze werfen«, murmelte Daisuke und brachte damit Wormon und Miyako zum Kichern. Ken schmunzelte bloß und schüttelte den Kopf. Länger konnte er die Diskussion nicht mehr ertragen. »Aber Sora, denk doch nochmal genau nach«, Biyomon flatterte wild auf und ab. »Na ja«, Gabumon kratzte sich am Kopf, »es könnte natürlich auch ganz wo anders gewesen sein.« Die anderen stöhnten. »Hey, einen Moment«, meinte Sora langsam, »sind wir an diesem Stein nicht auch vorbeigekommen, Gabumon?« »Kann sein«, meinte das Digimon bloß. »Nein, nein, ich bin mir ganz sicher. Wir sind hier rechts abgebogen und dann hat Patamon uns auf die Spiegelung aufmerksam gemacht«, erklärte das Mädchen aufgeregt, »dort war die Odaiba High. Ich bin mir ganz sicher.« Sie deutete gen Himmel. Daisuke kniff die Augen zusammen, doch er konnte nichts erkennen. »Aber da ist nichts!«, meinte Veemon laut. »Das hat nichts zu bedeuten. Diese Geräusche und Bilder kommen und verschwinden, sodass man schlecht sagen kann, wo sie als nächstes auftauchen werden«, meinte Lunamon. »Wie sollen wir dann je herausfinden, was dahintersteckt?«, jammerte Miyako und ließ den Kopf hängen. »Ich wette, da steckt ein böses Digimon dahinter«, meinte Ken nachdenklich. »Ja, daran habe ich auch schon gedacht«, Daisuke legte sich einen Finger ans Kinn, »doch ich frage mich welches und was es damit bewirken möchte. Ich wette, das Erdbeben in der Wüste hängt auch damit zusammen, oder Yuna-chan?« Er drehte sich um und stellte fest, dass sie nicht mehr da war. »Na nu? Wo ist sie denn?«, er blickte sich nach allen Seiten um. Miyako zuckte unbeteiligt mit den Schultern, während Ken ein besorgtes Gesicht machte. »Eben war sie noch direkt hinter mir«, piepste Lunamon aufgeregt. »Yuna-chan?«, rief Sora und machte ein paar Schritte vorwärts. Auch die anderen begannen den Namen der Vermissten zu rufen, doch niemand antwortete. »Mist, sie wird sich doch wohl nicht verlaufen haben!«, fluchte Daisuke nervös. »Aquilamon und ich könnten mal von oben gucken«, schlug Miyako etwas widerstrebend vor. »Gute Idee«, stimmte Sora ihr zu. »Hawkmon digitiert zu...« »Hä?«, Miyako blinzelte ein Paar mal mit den Augen, »warum passiert denn nichts?« »Ich weiß es nicht, aber ich habe nicht genug Energie«, meinte Hawkmon und versuchte es gleich noch einmal, doch wieder scheiterte es. »Warum funktionierst du nicht?«, wütend schlug Miyako gegen ihr Digivice. »Vielleicht ist es kaputt«, vermutete ihr Digimon. »Das ist unmöglich«, widersprach Sora, »ein Digivice kann keinen technischen Defekt haben. Es sei denn, es wurde brutal zerstört. Und Miyako-chans weist immerhin nicht den geringsten Kratzer auf.« »Los, Veemon versuch du mal zu digitieren«, Daisuke ballte die Hände zu Fäusten. Das kleine, blaue Digimon nickte entschlossen. »Veemon digitiert zu...« »Verdammt, was ist denn hier los?« »Tut mir leid, Daisuke.« »Das ist sicher nicht deine Schuld, Veemon. Ich könnte mir vorstellen, dass hier irgendwo in der Nähe etwas sein muss, dass euch die Energie zum Digitieren nimmt. So etwas ähnliches wie schwarze Türme«, Ken presste fest die Lippen aufeinander. Er war so froh gewesen, dass er endlich mit der Vergangenheit abgeschlossen hatte und deshalb wollte er nicht, dass sich so etwas ähnliches wiederholte. »Und wie sollen wir jetzt Yuna-chan finden?«, fragte Daisuke aufgebracht. »Oh wie toll! Ein böses Digimon treibt sein Unwesen, wobei es uns jederzeit angreifen könnte und unsere Digimon können nicht mal digitieren. Wir haben echt ernsthafte Probleme und du denkst nur daran einem Mädchen mit Koordinationsdefiziten hinterher zu rennen?«, fauchte Miyako und funkelte ihn an. »Du hast sie ja nicht mehr alle! Wir können sie doch nicht alleine im Wald herumirren lassen. Wie egoistisch bist du eigentlich?«, gab ihr Anführer genauso wütend zurück. »Du bist der Egoist!« »Und du eine Zicke!« »He Leute, jetzt reicht es aber«, Ken schob sich ärgerlich zwischen die beiden, »ich muss Daisuke vollkommen recht geben. Wir müssen Hayashi-san so schnell wie möglich finden, aber streiten ist auch keine Lösung.« »Pah!«, beleidigt drehte sich Miyako um und stampfte davon. Hawkmon flatterte ihr schnell hinterher. »He, wo willst du denn hin?«, rief Sora ihr hinterher. »Weg von diesem Idioten!« »Wenn wir uns jetzt trennen, könnte das gefährlich werden«, warnte Gabumon sie. Doch Miyako hörte nicht mehr zu. Sie war viel zu sauer auf Daisuke und achtete nicht mal auf Hawkmon, welches die ganze Zeit auf sie einredete. »Und was jetzt?«, fragte Wormon bestürzt als Miyako und Hawkmon verschwunden waren. Sora zuckte mutlos mit den Schultern und Ken rieb sich die Stirn. Auch er wusste keinen Rat mehr. Daisuke hatte sich mittlerweile wieder beruhigt und seufzte: »Ich glaube Miyako-chan muss erstmal wieder runterkommen. Soll sie doch machen was sie will! Ich geh jetzt jedenfalls erstmal Yuna -chan suchen.« »Gut, dann kommen wir mit«, erklärte Biyomon. Sora und Ken nickten. »Und wo ist denn Lunamon jetzt hin?«, fragte Veemon. »Wahrscheinlich ist es bereits auf der Suche nach Hayashi-san«, meinte Ken. »Hoffentlich läuft es bei den anderen besser, als bei uns«, seufzte Sora. Sie wusste schon jetzt, dass das Ganze in einer Katastrophe enden würde. Wenn sich die Digiritter aufsplitteten, hieß das meistens nichts Gutes. Eigentlich war sie nur einen Moment stehen geblieben, um eine Verschnaufpause zu machen. Ihr Fuß hatte wieder etwas gepocht vor Schmerz, deswegen hatte sie sich gegen einen Baum gelehnt und für einen Moment die Augen geschlossen. Doch als sie sie wieder geöffnet hatte, waren die anderen plötzlich verschwunden. Sie war in alle Richtungen gelaufen und hatte ihre Namen gerufen, doch niemand antwortete ihr. Dabei waren das weiße Lunamon und Soras roter Haarschopf doch immerhin kaum zu übersehen. Dann hatte ihr Fuß plötzlich so sehr geschmerzt, dass sie sich auf einen flachen Stein hatte setzten müssen. Leider hatte sich der Stein als ein unbekanntes Digimon herausgestellt, welches ziemlich sauer über das Gewicht der Fremden auf seinem Rücken geworden war. Yuna hatte sich noch im letzten Moment in eine kleine Höhle verkriechen können. Jetzt hockte sie in der Dunkelheit und lauschte ihren eigenen unregelmäßigen Atemzügen. Ihre Hände tasteten nach der kalten Steinwand und sie bewegte sich langsam daran vorwärts. Sie hatte nicht vor noch tiefer in die Höhle zu laufen, deshalb kauerte sie sich auf den Boden und wartete. Sie hörte wie das Digimon draußen ein Grunzen von sich gab und etwas murmelte. Dann war es verschwunden und Yuna atmete erleichtert aus. Zur Sicherheit blieb sie aber noch etwas länger in der Höhle. Vielleicht würde das Digimon nochmal zurückkehren. Sie zuckte zusammen als sie Schritte und eine Stimme hörte. »Aber du kannst doch nicht einfach gehen.« »Und ob ich das kann! Die werden schon sehen, was sie davon haben!« Es waren also zwei Stimmen und die zweite konnte Yuna, als die von Miyako identifizieren. Sie wollte gerade erleichtert aus ihrem Versteck kriechen, da hörte sie ihren Namen fallen. »Du kannst Yuna Hayashi wirklich nicht leiden, oder?«, fragte die erste Stimme behutsam (es musste sich um Hawkmon handeln). »Und wenn schon! Mir glaubt sowieso keiner. Ich habe von Anfang an gesagt, dass seine eine Verräterin ist, aber sie wollten mir nicht glauben. Besonders Daisuke«, spuckte sie wütend aus, »dabei ist es doch so offensichtlich, dass sie uns in eine Falle locken will. Sie möchte doch nur, dass wir sie suchen und dann greift sie uns an. So etwas Hinterhältiges!« »Aber warum bist du dir so sicher?«, Hawkmon flatterte geräuschvoll mit den Flügeln. »Als Mädchen spürt man so etwas einfach.« »Aber-« »Sag nichts. Sora und Hikari lassen sich doch auch von ihrem süßen Getue einwickeln. Man, ich scheine hier wirklich die einzige zu sein, die noch bei Verstand ist.« Yuna konnte nicht glauben, was Miyako eben gesagt hatte. Sie hatte schon immer gewusst, dass das aufgedrehte Mädchen mit den lila Haaren sie nicht leiden konnte, aber dass Miyako sie sogar für eine Verräterin hielt, machte Yuna wütend und traurig zu gleich. »Weißt du, wo wir jetzt entlanggehen sollen?«, fragte Miyako nachdenklich ihr Digimon. »Zurück vielleicht?« »Bestimmt nicht. Sollen sie doch sehen wie sie ohne mich zurechtkommen!« Kaum hatte Miyako diesen Satz ausgesprochen, begann auf einmal die Erde zu Beben. Blätter und Tannennadeln rieselten auf die Erde und die alten Bäume begannen unheilvoll zu knartschen. Erschrocken warf sich Yuna in ihrem Versteck auf den Boden. Sie konnte das andere Mädchen kreischen hören. Ängstlich presste sie ihr Gesicht auf den Boden und hoffte, dass es bald vorbei war. Das Geröll vibrierte und Hawkmon schien Miyakos Namen zu rufen. Da draußen schien irgendetwas zu sein, was ihnen Angst machte. Yuna vergaß das Erdbeben und stürzte aus der Höhle. Nur mühsam kam sie vorwärts und purzelte mehr als das sie lief. Erschrocken wich sie einem großen Ast aus und wirbelte dann herum. Vielleicht fünfzig Schritte von ihr entfernt kauerte Miyako auf dem Boden. Yuna konnte bloß erkennen, dass sie ihre Hände über den Kopf gelegt hatte. Von Hawkmon fehlte jede Spur. »MIYAKO-CHAN!«, brüllte Yuna so laut sie konnte. Das andere Mädchen hob den Kopf und sah sich ängstlich um. Yuna stürzte auf sie zu und warf sich neben ihr auf den Bauch. »Ist alles in Ordnung?« »Ja. Was passiert hier?« So ängstlich hatte Yuna sie bisher noch nie erlebt. »Ich habe keine Ahnung, aber wir müssen schnell hier weg« Yuna versuchte ruhig zu bleiben. Miyako nickte. Die beiden Mädchen sprangen auf und liefen los. Sie waren kaum drei Meter gerannt, da wurde das Vibrieren des Bodens noch stärker. Feine Risse bildeten sich an der Oberfläche. Blätter wirbelten ihnen ins Gesicht und die beiden klammerten sich ängstlich aneinander. Jetzt hatte sich auch Yuna nicht mehr unter Kontrolle. Sie konnte sich schon denken, was als nächstes passieren würde. Es krachte laut und Felsbrocken und Erde flogen um sie herum. Sie versteckten sich hinter einem breiteren Baumstamm. Dort harrten sie aus bis das Beben endete. »Ist es vorbei?«, flüsterte Miyako. »Das Erdbeben bestimmt«, Yuna zerbiss sich die Unterlippe und versenkte ihre Fingernägel in der Baumrinde. Auch wenn sie bereits wusste, was sie ungefähr erwartete, spähte sie um den Baumstamm herum. Miyako linste über ihre Schulter. »Oh mein Gott!«, hauchte sie und schlug sich die Hand vor den Mund. Yuna wurde schwindelig. Sie konnte sich kaum noch auf den Beinen halten und wäre wahrscheinlich umgefallen, hätte der Baum sie nicht gestützt. Mitten aus dem großen Loch im Boden des Waldes, kroch ein riesiges Lebewesen. Es hatte mindestens einen Durchmesser von drei Metern und bestand aus vielen breiten schwarzen Segmenten, die aussahen als wären sie aus Stahl. Wie ein Wurm kroch es aus dem Loch und machte alles platt, dass ihn in dem Weg kam. »Hast du das Vieh schon mal gesehen?«, flüsterte Yuna über ihre Schulter. Miyako schüttelte den Kopf. Sie war blass im Gesicht. Ihre Stimme zitterte: »Aber es muss auch ein Digimon sein.« »Los, wir müssen den anderen Bescheid sagen«, Yuna packte ihre Hand, doch Miyako bewegte sich nicht vom Fleck. »Hawkmon.« Mehr brauchte sie nicht zu sagen und Yuna verstand. »Es wurde von einem Baum begraben «, eine Träne rollte über Miyakos Gesicht, »ich muss es befreien.« Bevor Yuna sie zurückhalten konnte, war Miyako davon gestürmt. Yuna blieb nichts anderes übrig als ihr zu folgen. Der gigantische Riesenwurm schien sie erst nicht zu bemerken. Jetzt, wo er vollständig aus dem Loch gekrochen war, konnte man erkennen, dass er mindestens zehn Meter lang war. Sie schluckte und hockte sich so lautlos wie möglich neben Miyako, die bereits dabei war das bewusstlose Hawkmon zwischen Ästen und Blättern hervor zu ziehen. »Hawkmon«, wisperte sie mit Tränen erstickter Stimme und strich ihrem Digimon liebevoll über den Schnabel. Da beschlich Yuna auf einmal das seltsame Gefühl, dass etwas hinter ihnen war. Langsam drehte sie um und ihre Augen weitete sich vor Schreck: »MIYAKO-CHAN! ACHTUNG!« Sie machte einen Satz nach vorne und riss Miyako samt Hawkmon zur Seite, sodass sie auf ihnen lag. Keinen Moment zu früh, dann da war schon ein lautes Krachen zu hören. Der Riesenwurm hatte sie angreifen wollen. Stattdessen prallte seine Attacke ins Unterholz. »Warum greift es uns an?!«, kreischte Miyako und klammerte ihr Digimon zwischen ihre Arme. Yuna antwortete nicht, sondern sprang wieder auf und stellte sich schützend vor die beiden anderen. Plötzlich kam es ihr sofort als hätte es das Digimon wieder nur auf sie abgesehen. Vielleicht irrte sie sich auch, aber sein Interesse an Miyako und Hawkmon schien sich wirklich in Grenzen zu halten. »Was willst du von mir?«, zischte sie mit zitternder Stimme und ballte die Hände zu Fäusten. Ängstlich starrte das andere Mädchen zu ihr hoch, doch Yunas Blick war mit dem des Ungetüms verhakt. »Ich bin hier um dich mitzunehmen«, die Stimme des Digimons war nur ein Wispern, aber ließ ihr die Nackenhaare zu Berge stehen. »Wohin?« Sie wollte es eigentlich gar nicht wissen. »Zu unserem Meister. Dem zukünftigen Herrscher aller Welten.« »Wer soll das sein?«, Miyako hatte endlich ihre Sprach wiedergefunden. Ihre Stimme war mindestens zehn Oktaven höher als gewöhnlich. Der Riesenwurm antworte ihr nicht. Er schien von ihr noch nicht mal Notiz zu nehmen. »Ich habe den Auftrag dich nicht zu töten, also folge mir freiwillig und dir wird nichts geschehen.« Yuna wusste nicht wie sie darauf reagieren sollte. Sie konnte sich nicht vorstellen, warum jemand daran interessiert war sie gefangen zu nehmen oder was man von ihr wollte. Sie warf einen nachdenklichen Blick auf Miyako, die genauso wenig zu verstehen schien wie sie selbst. »Also gut, ich komme mit zu diesem Meister, aber nur wenn du mir versprichst meine Freunde in Ruhe zu lassen.« »Yuna, du willst doch nicht...«, murmelte Miyako und wurde ganz blass um die Nase. Yuna blickte sie nicht an. Sie hatte nur einen Gedanken im Kopf: Miyako und die anderen sollten in Sicherheit sein. »Lass gefälligst deinen schleimigen Körper von ihnen!«, rief da eine Stimme, die die beiden Mädchen auf Anhieb erkannten. Zwischen den Bäumen traten Daisuke, Veemon, Ken, Wormon und Lunamon hervor. Ersteres stürmte dabei vorne weg und baute sich vor dem unbekannten Digimon auf. »Das ist ja ein Sidmon«, meinte Lunamon überrascht. »Was hat das zu bedeuten?«, piepste Wormon. »Sidmons sind Urdigimon, die eigentlich gar mehr existieren. Dieses hier scheint das letzte ihrer Art zu sein«, erklärte das weiße Digimon. »Ganz egal, was für ein Teil das ist. Es wird heute weder jemanden angreifen, noch irgendwo hinschleppen!«, stieß Daisuke wütend aus und stürzte hinüber zu den beiden Mädchen. »Alles in Ordnung?«, er beugte sich besorgt zu Miyako hinunter. Diese nickte, jedoch ohne ihn anzusehen. »Hör zu, es mag vielleicht nicht der richtige Moment sein«, meinte er mit leiser Stimme, »aber es tut mir wirklich leid.« Sie sah überrascht zu ihm auf. Es war noch nie vorgekommen, dass er sich bei ihr entschuldigt hatte. »Könntet ihr das vielleicht später ausdiskutieren«, Veemon hüpfte ungeduldig von einem Bein aufs andere. »Ach ja, hätte ich fast vergessen«, David grinste und zog sein Digivice aus der Hosentasche, »Digiarmorei der Freundschaft erstrahle!« Es war das erste Mal in ihrem Leben, dass Yuna ein Digimon auf ein höheres Level digitieren sah und sie wäre wirklich fasziniert gewesen, hätten sie nicht alle gerade in Gefahr geschwebt. »Veemon, Armordigitation zu Raidramon, Sturm der Freundschaft.« Nun war Miyako baff: »Ihr könnt wieder Armordigitationen durchführen?« »Wir haben es einfach ausprobiert und es hat geklappt «, meinte Daisuke und so etwas wie Genugtuung lag in seiner Stimme. Das Sidmon lachte: »Glaubt ihr wirklich so ein mickriges Digimon wird mich von meinem Auftrag abhalten?« »Er ist nicht alleine!«, plötzlich waren auch Takeru und Hikari neben Daisuke aufgetaucht und streckten ihre Digivices in die Höhe. »Digiarmorei der Hoffnung erstrahle!« »Digiarmorei des Lichts erstrahle!« »Patamon! Armordigitation zu Pegasusmon!« »Gatomon! Armordigitation zu Nefertimon!« »Himmelschuss!« »Heiliger Strahl!« »Blauer Donnerschlag!« Die Attacken der drei Armordigimon prasselte unvorbereitet auf das Sidmon nieder. Doch dieses schien recht unbeeindruckt davon zu sein. »Wieso zeigt es keine Anzeichen von Schwäche?«, wunderte sich Takeru, der auf Pegasusmons Rücken saß. »Es ist ein Urdigimon auf dem Megalevel. Es hat viel Power«, meinte Lunamon besorgt. »Wenn ich doch nur auch digitieren könnte«, seufzte Wormon. Ken machte ein schuldiges Gesicht. Er machte sich immer noch furchtbare Vorwürfe, dass er durch sein Verhalten als Digimonkaiser nie die Chance auf ein Digiarmorei gehabt hatte. »Sie werden es doch trotzdem schaffen, oder?«, Miyako biss sich auf der Unterlippe herum und warf immer wieder nervöse Blicke auf das Kampfgeschehen. Yuna konnte sehen, dass sie auch gerne geholfen hätte. Sie konnte sich vorstellen, was in Miyakos und Kens Inneren vor sich ging. Dieses Bedürfnis unbedingt etwas tun zu müssen, aber nicht zu können, war schrecklich. »Heiliges Band«, Nefertimon und Pegasusmon versuchten es nun gemeinsam, doch das Sidmon lachte nur wieder. Die Digiritter wussten nicht, was sie noch tun sollten. Die Digimon waren noch immer zu schwach, um so ein großes Digimon bekämpfen zu können. Plötzlich begann die Luft um sie herum zu flimmern. Es wie an einem heißen Sommertag, an dem die Luft zu vibrieren schien. Yuna wurde auf einmal ganz schummerig und ihr Kopf pochte. Das Sidmon gab einen schmerzvollen Laut von sich. »Ich bin unterwegs, Meister!«, stieß es aus. Yuna konnte nicht mehr erkennen, was um sie herum geschah, doch die Erde begann wieder zu beben. Das letzte was sie spürte, war es weiches an ihrer Wange, dann wurde alles schwarz um sie herum. © ぁキ Kapitel 8: Du bist mein Digimon ------------------------------- KAPITEL 8: Du bist mein Digimon Wieder einmal war es Daisukes Gesicht, dass sie nach ihrem Aufwachen erblickte. Stöhnend richtete sie sich auf. Ihr Kopf dröhnte immer noch und alles um sie herum schien sich zu bewegen. »Sag mal, irgendetwas in der Digiwelt scheint dich wirklich umzuhauen, oder?«, versuchte der Junge einen Witz, doch nicht mal er konnte darüber lachen. Die Situation war einfach zu ernst. Yuna lag immer noch auf der Lichtung, aber nun mit dem Kopf in Hikaris Schoß. Sora, Mimi, Takeru und die Digimon standen verlegen um die beiden herum. »Was ist passiert? Wo ist Miyako? Und Ken?«, fragte sie. Alle machten besorgte Gesichter »Sie kümmern sich um Hawkmon. Es ist zwar wieder bei Bewusstsein, aber immer noch schwach«, meinte Mimi. In ihren Haaren hingen Blätter. Genau wie bei Sora. Yuna vermutete, dass sie sich zwischen den Bäumen versteckt gehalten hatten. »Ist Sidmon weg?« Yuna richtete sich auf, auch wenn Hikari sie wieder zurück auf den Boden drücken wollte. »Ja, es ist zurück in der Erde verschwunden und dann bist du ohnmächtig geworden«, erklärte Daisuke und kratzte sich am Hinterkopf. »Und wohin?« »Keine Ahnung, aber Hauptsache es ist weg.« »Es könnte jeder Zeit wiederkommen«, gab Tentomon zu bedenken. »Das ist jetzt unsere kleinste Sorge«, winkte Takeru ab. »Wieso? Was ist denn sonst noch geschehen?« Yuna sah von einem zum anderen. Sie hatte ein ungutes Gefühl. Die Digiritter tauschten nervöse Blicke aus. Sollten sie es ihr verraten? »Kommt schon. Was ist passiert?«, meinte sie nun mit Nachdruck. »Na ja, irgendwie können wir das Tor zwischen den Welten nicht öffnen«, Daisuke vergrub die Hände in den Hosentaschen und spähte hinüber zu Ken und Miyako. Sie kauerten viel zu dicht beieinander. Er wusste selbst nicht, was ihm daran störte. »Heißt das wir sitzen hier fest?«, schockiert sprang Yuna auf. Das Schwindelgefühl verdrängte sie dabei. »Es scheint fast so« Sora war die Sorge in Person. »Aber es muss doch einen Weg geben. Habt ihr Koshiro schon kontaktiert?« »Natürlich haben wir das versucht. Aber wir können ihn nicht erreichen«, mischte sich jetzt auch Iori ein. Ihn schien noch mehr zu bedrücken. Wahrscheinlich hatten sie sein Digimon immer noch nicht gefunden. Yuna ließ die Schultern hängen. Sie schienen ganz schön in der Klemme zu sitzen. »Und kannst du uns jetzt vielleicht mal erklären, was das Sidmon von dir wollte?«, Mimi stemmte die Hände in die Hüften und sah sie durchdringend an. »Ich weiß es nicht. Ich kenne diesen Meister nicht. Ich schwöre euch: Ich habe keine Ahnung warum die ganzen Digimon hinter mir her sind.« »Aber es muss doch einen Grund geben«, Biyomon lief nervös auf und ab. »Hayashi«, Takeru. ging vor ihr in die Hocke, sodass er ihr direkt in die Augen blicken konnte, »denk nochmal scharf nach. Jeder Hinweis könnte wichtig für uns sein. Bitte.« Sie dachte nochmal angestrengt nach. Ließ alles nochmal Revue passieren, aber sie fand nichts. Betroffen schüttelte sie den Kopf. »Bitte«, verzweifelt rüttelte der blonde Junge an ihren Schultern. Tränen liefen über ihre schmutzigen Wangen und hinterließen helle Streifen: »Ich weiß es nicht!« »Jetzt lass sie doch mal. Siehst du nicht, dass es ihr schlecht geht?«, grob riss Daisuke ihn von ihr weg. Betroffen sah Takeru ihn an. »Tut mir leid«, murmelte er, »aber ich bin einfach nervös.« Yuna zog die Knie an ihren Oberkörper, während Sora tröstend einen Arm um sie legte. »Würde es euch was ausmachen, wenn ich kurz alleine mit Yuna rede?« Erstaunt blickten alle zu Lunamon. Es schwebte über ihnen und schien wirklich etwas auf dem Herzen zu haben. Yuna wischte sich die restlichen Tränen weg und schaute es fragend an. Lunamon erwiderte ihren Blick mit einem kleinen Lächeln. »Klar, wir müssen uns sowieso noch überlegen wo wir die Nacht hier verbringen. Es wird bald dunkel und wir müssen bis morgen warten bis wir uns etwas einfallen lassen können. Ich meine, wie wir wieder nach Hause kommen«, meinte Daisuke und lächelte leicht. Die anderen nickten und gingen dann einer nach dem anderen zu Ken, Hawkmon und Miyako hinüber. Sora warf Lunamon nochmal einen nachdenklichen Blick zu, doch dann drehte auch sie sich um. »Könnten wir vielleicht etwas in den Wald hineingehen?«, fragte Lunamon nervös. Yuna nickte. Sie fragte sich, was das Digimon wichtiges mit ihr zu bereden hatte. Vielleicht hatte es herausgefunden, dass sie doch Partner waren. Sie spürte wie ihr Magen einen Luftsprung machte. Sie folgte dem weißen Digimon ein paar Schritte tiefer in den Wald. Lunamon hockte sich schließlich auf einen vermoosten Stein, während Yuna sich davor auf den Boden kniete. »Also, worüber wolltest du mit mir reden?«, neugierig blickte sie zu dem Digimon hoch. »Nun ja, was ich dir jetzt sagen werde, wird dich vielleicht nicht glücklich machen oder sogar doch. Ich weiß nicht wie du darauf reagieren wirst. Ich habe das Gefühl, du bist fest von etwas überzeugt, was nicht sein kann«, Lunamon klang ernster denn je und Yuna zog die Augenbrauen zusammen. »Du bist nicht mein Partnerdigimon«, stellte sie mit leiser Stimme fest. Lunamon schüttelte den Kopf. Yuna konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen. Es wäre ja zu schön gewesen, um wahr zu sein. »Woher weißt du das so genau?« Lunamon sah ihr fest in die Augen: »Eigentlich von Anfang an, aber du warst dir so sicher, dass ich dich vorerst in dem Glauben gelassen habe.« Dem Mädchen liefen Tränen übers Gesicht. Tränen der Enttäuschung. Fest krallten sich ihre Hände in den Stoff ihrer Jeans. »Es tut mir leid, Yuna-chan«, es klang aufrichtig, »aber ich habe eine andere Aufgabe.« »Und was soll das sein?« »Das kann ich nicht verraten. Jedenfalls jetzt noch nicht, aber du wirst es noch erfahren.« »Und was soll ich dann hier, wenn mir keiner sagt, was das alles zu bedeuten hat«, Yuna hatte das Gefühl, dass Lunamon mehr wusste. Und es machte sie wütend, dass sie keine Antworten bekam. »Bitte, du musst Geduld haben. Deine Aufgabe wird es fürs erste sein deinen wahren Digimonpartner zu finden.« »Ich habe trotzdem einen Digimonpartner?«, obwohl sie immer noch etwas geknickt war, begannen Yunas Augen zu leuchten. Auf Lunamons Mund erschien ein kleines Lächeln. »Kannst du mir sagen, wo ich es finde?«, aufgeregt rutschte die Brünette hin und her. »Mach die Augen zu und streckt deine Hände aus«, meinte das Lunamon geheimnisvoll. Sofort gehorchte Yuna und wurde ganz hibbelig. Lunamon legte ihr einen harten, kalten Gegenstand auf die Handflächee. Sie spürte, was es war und riss die Augen auf. In ihren Händen lag ein gelbes Gerät. »Mein Digivice«, jauchzte sie glücklich, »du hattest es die ganze Zeit bei dir?« »Ja, und heute hast du bewiesen, dass du es wirklich verdient hast.« Yuna fuhr andächtig über den Bildschirm. Sie war überglücklich. »Aber es funktioniert ja gar nicht«, für einen Moment verrutschte ihr Lächeln. Lunamon lachte: »Du musst zuerst deinen Partner finden.« »Und wie?« »Geht in die Stadt des Anfangs. Dort werdet ihr viele Digieier finden. Eines davon gehört zu dir. Dein Herz wird dich zu ihm leiten.« »Mein Herz?«, Yuna runzelte die Stirn. »Du wirst es dann schon sehen«, lächelte Lunamon und strich ihr mit ihrer weichen Pfote über die Stirn. »Darf ich dir noch eine Frage stellen, Lunamon?« »Aber klar doch.« »Wieso hast ausgerechnet du mein Digivice und warum ist dieser Meister hinter mir her?« »Das waren schon zwei«, amüsierte sich das Digimon, doch dann wurde es wieder ernst. »Du bist noch nicht bereit, dass alles jetzt zu erfahren. Der Meister ist ein böses Digimon, dass schon seit Tausenden von Jahren im Untergrund der Digiwelt lebt. Er braucht dich, weil dein und mein Schicksal miteinander verstrickt sind. Aber du darfst ihn auf keinen Fall unterstützen. Egal, was er dir erzählen mag. Hör immer auf deine neuen Freunde und bringt euch nicht unnötig in Gefahr. Wenn wir uns das nächste Mal wiedersehen, werde ich dir mehr erzählen.« »Heißt das du verlässt uns?«, überrascht sprang Yuna auf. Sie hatte doch noch so viele Fragen. »Mach´s gut, Yuna-chan. Ich wünsche dir viel Glück und seid vorsichtig«, meinte Lunamon und erhob sich in die Luft. »Nein, bleib hier!«, das Mädchen reckte die Hände in die Luft, doch Lunamon war viel zu hoch. Auf einmal war es ganz zwischen den Bäumen verschwunden und Yuna kam der Verdacht, dass es sich irgendwie unsichtbar machen konnte. Nun stand sie alleine im Wald und starrte nachdenklich auf ihr gelbes Digivice. »Ich weiß doch gar nicht, wo ich dich finden kann.« »Wo ist Lunamon?« Dies war natürlich die erste Frage, welche die anderen ihr stellten, als sie zurückkam. Es dämmerte bereits und so hatten sie ein Lagerfeuer entzündet. Yuna war nicht in der Stimmung, um darüber nachzudenken, wie sie das geschafft hatten. »Hörst du überhaupt zu?«, Hikari wedelte mit der Hand vor ihrem Gesicht herum. »Es ist gegangen«, traurig schaute Yuna auf. »Oh, was hat es dir denn gesagt?«, fragte Mimi neugierig. Halbherzig hob Yuna ihr Digivice und zeigte es den anderen. »Das hat es mir gegeben. Mein Digimon ist in der Stadt des ewigen Anfangs.« »Natürlich«, stieß Ken aus, »dort hätten wir mal zuerst schauen sollen!« »Aber das sind doch dann gute Neuigkeiten«, meinte Biyomon fröhlich. »Das ist noch nicht alles, oder?«, Hikari konnte an ihrem Blick ablesen, dass Lunamon noch mehr gesagt haben musste. Yuna seufzte und erklärte dann in kurzen Sätzen, was das Digimon ihr annährend über diesen Meister erklärt hatte. Sie saßen bereits ums Feuer herum, als der erste seine Sprache wiederfand. »Dann haben wir jetzt also einen neuen Feind«, Gabumons Augen wirkten leer. Er hockte dicht neben Sora und Biyomon. Hikari und Miyako hatten sich dicht zusammengedrängt. Hawkmon war mittlerweile bei vollem Bewusstsein. Daisuke und Ken starrten nachdenklich ins Feuer, während Takeru und Mimi immer wieder Blicke austauschten. Yuna hatte die Beine angezogen und sich mit den Rücken gegen einen Baum gelehnt. Sie konnte immer noch nicht glauben, dass Lunamon weg war. Immer wieder musterte sie ihr Digivice und hoffte, dass es doch im nächsten Moment anfangen wurde zu leuchten. Es war bereits dunkel geworden und die Nacht versprach kalt zu werden. »Ich wünschte die anderen wären hier«, seufzte Iori, der im Schneidersitz neben Mimi saß, »Yamato und Taichi wüssten bestimmt, was wir jetzt tun sollen.« Daisukes rechtes Auge begann zu zucken: »Soll das etwa bedeuten ich bin ein schlechter Anführer?« »Na ja, einen Plan hast du doch auch nicht, oder?«, nahm Takeru den jüngsten in Schutz. Der Junge mit der Pilotenbrille musste wohl übel einsehen, dass er Recht hatte. »Wenn wir uns ausgeschlafen haben müssen wir unbedingt in die Stadt des Anfangs«, erklärte Gatomon, »und danach suchen wir nach dem Weg zurück in die reale Welt.« »Das ist eine gute Idee«, pflichtete Ken bei. »Glaubst du, du schaffst das?«, Miyako blickte Hawkmon besorgt an. Dieser nickte. »Bist du damit einverstanden?«, Daisuke stieß Yuna an, die bis jetzt nichts mehr gesagt hatte. Sie blickte zuerst auf ihr Digivice und dann wieder ins Feuer. Es knackte laut und brizzelte. »Ich denke schon.« Danach legte sich einer nach dem anderem schlafen. Die Jungen beschlossen sich mit der Nachtwache abzuwechseln. Takeru übernahm freiwillig die erste Schicht. »Diese Art von ihm kommt mir irgendwie bekannt vor«, kicherte Mimi und wechselte einen schnellen Blick mit Sora. Jeder baute sich notdürftig ein Bett aus Blättern und Moos. Yuna konnte nicht schlafen, sodass sie nur mit offenen Augen dalag und nachdachte. Sie hatte keine Angst. Weder vor diesem Meister, noch vor den Digimon, die ihm anscheinend folgten. Sie wollte nur nicht, dass die anderen darunter leiden mussten. Sie wollte die anderen nicht weiter in Gefahr begeben. »Yuna-chan? Schläfst du?« Sie drehte sich um und sah, dass nun Miyako neben ihr kniete. Hawkmon lag zwischen Gatomon und Hikari, die alle ruhig schliefen. »Was ist denn?«, flüsterte Yuna, um die anderen nicht zu wecken. Patamon und Takeru blickten kurz zu ihnen hinüber, doch keiner der beiden sagte etwas. »Kann ich kurz mit dir sprechen?« »Klar«, die Brünette richtete sich auf und sah sie fragend an. Miyako schien etwas verlegen zu sein. Nervös zwirbelte sie ihre Haare um ihren Finger: »Ich wollte nur mal wissen, ob du das mitbekommen hast. Ich meine...Daisuke und ich... « »Du magst ihn sehr gerne oder?«, fragte Yuna halb schlaftrunken und Miyako lief knallrot an. »Nein, das meine ich doch gar nicht. Ich...ich rede doch von unserem Streit... «, Miyako gestikulierte wild mit den Armen und Yuna begann langsam zu verstehen. »Habt ihr euch wegen mir gestritten? «, fragte sie bedrückt. Miyako nickte: »Du hast es vielleicht gemerkt. Ich war von Anfang an nicht begeistert, dass du dabei bist. Ich dachte, du würdest uns irgendwie in eine Falle locken. Es tut mir wirklich leid, Yuna-chan. Nachdem du mich heute gerettet hast, glaube ich das nicht mehr. Ich bin dir endlos dankbar «, Miyako schien es wirklich peinlich zu, dass sie so schlecht über sie gedacht hatte. Sie wich ihrem Blick aus und fixierte einen Punkt hinter ihr. Yuna war ehrlich überrascht: »Aber das heute war doch nichts Besonderes. Das hätte doch jeder getan.« »Eben nicht. Ich glaube, ich hätte nicht so schnell geschaltet«, gab Miyako zu. Es wirkte als wolle sie noch etwas hinzufügen, aber sie schwieg. »Ich weiß, dass ich bisher keine große Hilfe für euch war«, fuhr Yuna fort, »aber ich möchte das in Zukunft ändern. Ich möchte strärker werden und meinen Digimonpartner finden. Dann bin ich dir auch nicht länger ein Klotz am Bein.« Miyako wollte protestieren, doch Yuna fuhr ihr lächelnd über den Mund, »streit es nicht ab! Ich weiß, dass das zuerst über mich gedacht habe. Aber ich weiß, dass du es gar nicht so meinst. « Yuna lächelte das andere Mädchen freundlich an. »Unglaublich«, murmelte Miyako und starrte sie fassungslos an, »ich war so mies zu dir und du versuchst immer noch mein Verhalten dir gegenüber zu rechtfertigen.« Yuna wurde ganz rot im Gesicht, was Miyako wiederum zum Lachen brachte. »Du bist wirklich ein seltsames Mädchen, Yuna- chan. Und deshalb würde ich gerne deine Freundin sein. Ist das okay für dich?« Miyako streckte ihr die Hand hin. Für einen Moment war Yuna sprachlos, doch dann strahlte sie und gab dem anderen Mädchen die Hand: »Aber sicher doch. Nichts lieber als das.« Sie war froh, dass Miyako ihre feindselige Haltung endlich aufgeben hatte. Eigentlich konnte man doch ganz gut mit ihr zu Recht kommen. Daisuke schnarchte laut und die beiden Mädchen kicherten leise. »Gute Nacht, Miyako-chan!« »Gute Nacht und lass dich nicht unterkriegen. Wir werden dein Digimonpartner finden und wenn wir durch die halbe Digiwelt streifen müssen.« Zuversichtliche Menschen waren die beste Medizin für entmutigte Seelen. Der nächste Morgen begann mit einer echten Überraschung. »Mein Digivice piepst!«, rief Daisuke aufgeregt und fummelte das Gerät aus seiner Hosentasche. Sofort hatten sich alle im Kreis um ihn versammelt. »Koshiro!«, riefen sie im Chor als das Gesicht des Rothaarigen auf dem Display erschien. »Was ist los bei euch? Ihr seid bereits seit einem Tag verschwunden und ich konnte euch nicht erreichen. Eure Eltern sind schon auf der Suche nach euch«, er war wirklich aufgebracht. »Es sind hier ein paar seltsame Dinge geschehen «, erklärte Daisuke und warf Yuna einen unsicheren Blick zu. Diese nickte und er begann zu erzählen, was ihnen passiert war. Koshiro schien nicht im Geringsten überrascht zu sein. »Ich dachte mir schon, dass ein böses Digimon wieder mal dahintersteckt. Indem es Daten bearbeitet, versucht es die Welten miteinander zu verschmelzen. Wie genau weiß ich es nicht, aber ich werde es herausfinden«, versprach er. »Gut, kannst du uns vielleicht sagen, wo wir den nächsten Fernseher finden?«, Sora beugte sich über den Bildschirm. Koshiros Gesicht verschwand und tauchte kurze Zeit später wieder auf: »Im Bambuswald ist einer. Aber ihr müsst euch beeilen. Ihr habt vielleicht zwei Stunden.« Dann war Daisukes Digivice wieder wie vorher. »Und was ist mit der Stadt des ewigen Anfangs?«, fragte Palmon. »Dann müssen wir uns eben beeilen «, meinte Hikari entschlossen. Also löschten sie das Feuer und machten sich auf den Weg. Sie fanden den Weg problemlos und zum Glück gab es auch keine weiteren Zwischenfälle. Als sie den Wald verließen, wurde auch Yunas Laune besser. Auf Dauer war die Dunkelheit zwischen den Bäumen nicht auszuhalten. Takeru. und Hikari führten die Gruppe an, während Daisuke und Yuna das Schlusslicht bildeten. Sie hatte sich extra zurückfallen lassen, um in Ruhe nachdenken zu können. Doch Daisuke war bereits dabei sie mit den unterschiedlichsten Dingen voll zu plappern. Sie sagte ihm nicht, dass er nervte. Einmal weil sie ihn nicht verletzten wollte, und dann weil er viel zu aufgeregt wirkte. »Was glaubst du: Wie wird dein Digimon aussehen?«, er verschränkte die Hände hinterm Kopf und blickte sie von der Seite an. »Keine Ahnung«, er konnte nicht wissen, dass sie sich das ebenfalls schon gefragt hatte. »Vielleicht ist es ein Pflanzendigimon«, ließ sich Palmon vernehmen, »das könne ich mir gut vorstellen.« »Ich tippe eher darauf, dass es ein Wasserdigimon wird«, vermutete Gatomon. »Wie kommst du darauf?«, Patamon sah es fragend an. »Wasser bedeutet Ruhe und Frieden und genau das strahlt sie doch irgendwie aus, oder?« Ohne dass er es wollte, hatte Daisuke mit dieser Frage eine große Diskussion unter den Digimon verursacht. Ein jedes stellte seine eigene Theorie auf wie das neue Digimon in ihrer Gruppe aussehen würde und welche Fähigkeiten es wohl hätte. Plötzlich begann Yuna schallend zu kichern. »Was ist denn jetzt los?«, verdutzt blickte Wormon sie an. »Wenn ich euch so höre, kann ich nur hoffen, dass keines davon genauso wird wie ihr«, kicherte Yuna. »Was soll das denn bedeuten?«, Biyomon schien wirklich beleidigt zu sein. Entschuldigend blickte Yuna es an: »Ich wollte euch nicht verletzen. Es ist mir eigentlich egal, wie es aussieht oder was für Fähigkeiten es hat. Hauptsache es ist freundlich und lieb.« »Hm, da hast du irgendwie Recht«, gab Hawkmon zu. Es konnte schon wieder fliegen. »Solange es kein böses Digimon ist, werden wir sicher mit ihm klarkommen.« Bald erreichten sie die Stadt des ewigen Anfangs und Yuna war wirklich beeindruckt. »Wow, das sieht hier ja aus wie in einem riesigen Kinderzimmer. Und die ganzen Eier…wie an Ostern.« Sie lachten alle, doch das Mädchen wirkte auf einmal besorgt. »Wie soll ich da nur das richtige Ei finden?« Ken legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter: »Das wirst du. Glaub mir, es ist ganz einfach. Du musst einfach nur daran glauben.« Sie nickte und schritt dann durch die Reihen. Daisuke wollte ihr hinterher, doch Sora hielt ihn zurück. »Nein, sie muss das ganz alleine machen.« Yuna betrachtet jedes einzelne Ei genauer. Ab und zu berührte sie eines sachte und zuckte zusammen, wenn es sich bewegte. Doch bei keinem von ihnen geschah irgendetwas, dass ihr sagte, dass es das Richtige war. Je mehr Reihen sie durchquerte, desto ungeduldiger wurde sie. Und auch der letzte Funken Hoffnung verschwand. Enttäuscht kehrte sie zu den anderen zurück. »Und du hast es wirklich nicht gefunden?«, fragte Hikari. Yuna schüttelte traurig den Kopf. »Das kann doch gar nicht sein«, Veemon kratzte sich am Kopf. »Vielleicht hat sich Lunamon doch nur geirrt«, seufzte Yuna und starrte wieder auf ihr Digivice. Auch das hatte sich bis jetzt nicht gemeldet. Sie schüttelte es und drückte jeden Knopf, doch es tat immer noch nichts. Daisuke legte ihr tröstend den Arm um die Schulter: »Sei nicht traurig. Wenigstens hast du es versucht.« »Ich will es aber nicht nur versucht haben«, meinte sie fest und blickte ihn an, »ich möchte, dass es funktioniert. Ich weiß, dass mein Digimon irgendwo hier sein muss. Ich spüre es!« Da begann plötzlich etwas an ihrem Hals zu leuchten. »Was ist das?«, Daisuke ließ sie wie von der Tarantel gestochen los. Yuna schaute verwirrt an sich hinunter. »Deine Kette. Sie leuchtet«, meinte Iori verblüffte. Er hatte Recht. Yuna trug immer einen Herzanhänger um den Hals. Den hatte sie schon seit sie sich erinnern konnte. Ihre Mutter hatte ihr erklärt, dass es ein Erbstück war. Es war kein echter Rubin, aber der Stein war trotzdem wunderschön. Nun leuchtete er rot und erhob sich in die Luft. Das Kettchen, an dem der Anhänger befestigt war, schnitt ihr schon in den Nacken. Es fühlte sich an, als würde eine unsichtbare Kraft daran ziehen. Wie in Trance folgte Yuna ihm. Sie fürchtete sich, aber war auch gleichzeitig neugierig, wo er sie hinführte. Die anderen folgten mit Sicherheitsabstand. »Was passiert hier?«, flüsterte Gatomon. Hikari antwortete nicht. Und da sah Yuna es. Ein gelbes Digiei, das ebenfalls leuchtete. Es zitterte unruhig und hatte ein leuchtendes orangenes Zeichen auf der Schale. Das japanische Schriftzeichen für Gerechtigkeit. Sie hatte es bei ihrer ersten Suche zwar wahrgenommen, aber sich nichts dabei gedacht. Als Yuna kurz davor zum Stehen kam, bündelten sich die Strahlen ihres Herzanhängers und richteten sich auf das leuchtende Digiei. Es saugte die Strahlen regelrecht auf und wurde immer heller. Schließlich mussten die acht Kinder und ihre Digimon die Augen zusammenkneifen, weil das Licht so sehr blendete. Yuna zwinkerte ein paar Mal als es plötzlich wieder verschwunden war. Anstatt des Digieis, hockte nun ein kleines Wesen vor ihr auf auf dem Boden. Es erinnerte an einen Samen, dass auf seinem pflanzenartigen Schwanz auf und ab hüpfte. Etwas überrascht blickte es die Menschen an. Dann musterte es genauer das Mädchen mit den braunen Haaren und begann zu strahlen. »Endlich hast du mich gefunden, Yuna Hayashi. Ich habe so lange gewartet.« »W-woher kennst du meinen Namen?«, stammelte sie. »Keine Ahnung, ich weiß es einfach. Ich bin Popomon und freue mich dein Digimonpartner zu sein«, vor Begeisterung hüpfte es in ihre Arme und drückte sich an sie. Yuna war ein wenig überrumpelt, aber ihr Magen machte Luftsprünge. Endlich hatte sie ihr Partnerdigimon gefunden! Popomon fühlte sich weich und warm an und sie mochte es von Anfang an. »Endlich, ich dachte wir bekommen diese Szene gar nicht mehr zu sehen«, lachte Takeru und auch die anderen freuten sich für Yuna und Popomon. »Wer ist das alles?«, neugierig musterte das Babydigimon die anderen. »Das erzähle ich dir alles, wenn wir mehr Zeit haben. Jetzt müssen wir erst mal zurück nach Hause, in unsere Welt. Begleitest du uns?« »Aber natürlich. Glaubst du ich trenne mich von dir, wo ich dich gerade gefunden habe?« Liebevoll strich Yuna ihm über den Kopf und lächelte. Sie war überglücklich. »Na los, wenn wir uns beeilen, dann schaffen wir es noch«, trieb Daisuke sie an. Und sie schafften es wirklich. Der Fernseher im Bambuswald war schnell gefunden. Gabumon und Tentomon verabschiedeten sich von ihnen. Sie wollten lieber in der Digiwelt bleiben. Yuna spürte, dass Popomon aufgeregt war. Während sie gelaufen waren (und das hatte fast zwei Stunden gedauert) hatte es zufrieden in ihren Armen geschlummert. Aber jetzt zappelte es in ihren Armen hin und her. Immerhin würde es gleich das erste Mal die menschliche Welt betreten, wo es doch noch nicht einmal die Digiwelt wirklich kannte. »Keine Angst«, flüsterte Yuna so leise, dass es nur Popomon hören konnte, »dir passiert nichts. Ich bin doch bei dir.« »Ich weiß. Du bist mein Partner, du lässt mich niemals im Stich, egal was passiert und ich dich auch nicht.« Dann wurden sie in Koshiros Zimmer zurückgeschickt. © ぁキ Kapitel 9: Wirst du noch derselbe sein? --------------------------------------- KAPITEL9: Wirst du noch derselbe sein? »Da seid ihr ja endlich«, Koshiro war richtig erleichtert. »Wir können auch wieder gehen«, knurrte Mimi, die unsanft auf ihrem Hinterteil gelandet war. Verzweifelt versuchte sie wieder ihre zerzausten Haare zu richten. »War nicht so gemeint«, murmelte Koshiro und bot ihr seine Hand an. Als er sie sie nahm schien er so überrascht zu sein, dass er sie wieder losließ. »Hilfst du mir jetzt oder nicht?«, Mimi schenkte ihm ein amüsiertes Lächeln. Der Arme wurde knallrot und schaffte es dann doch noch irgendwie ihr auf die Beine zu helfen. »Hat Mama dich endlich gehen lassen?«, Hikari fiel zuerst auf, dass Taichi zusammen mit Agumon auf Koshiros Bett hockte und die anderen neugierig musterte. Er schien ganz heiß auf Neuigkeiten zu sein. Sora warf ihm einen Blick zu, der bedeutete er solle sich noch etwas gedulden. »Super, ist das Yunas Digimon?«, Agumon sprang aufgeregt auf und ab. »Was ist denn mit dir passiert, Popomon?«, erschrocken starrte Yuna ihr Digimon an. Sie hatte während dem Übergang in die reale Welt gar nicht gemerkt, dass ihr Digimon plötzlich die Gestalt gewechselt hatte. Es sah nun mehr aus wie ein Seepferdchen mit Fell und Katzenkopf. »Es ist zu Frimon digitiert«, meinte Ken fasziniert, mit einem Blick in die Daten seines Digivices, »das ging aber schnell!« »Sicher hat es durch euren Übergang in unsere Welt einen Energieschub abbekommen«, erklärte Koshiro und musterte das neue Digimon eingehend. »Wahnsinn, dann ist es jetzt auf dem Ausbildungslevel!«, grinste Daisuke. »Ist das denn gut?«, Frimon sah mit großen Augen zu seiner Partnerin hoch. Yuna lächelte sanft und nahm es auf den Arm: »Bestimmt!« »Dann musst du mit Frimon unbedingt trainieren«, meinte Taichi ernst. »Aber dränge es nicht zu sehr. Wichtig ist, dass ihr euch vertraut«, fügte Sora hinzu. »Und füttere es ordentlich. Digimon verputzen viel«, riet Takeru ihr. »Hey stopp«, Hikari drängte sich zwischen ihre Freunde und stand nun direkt vor Yuna, die nur die ganze Zeit genickt hatte, »du musst selbst herausfinden, was dich und Frimon auszeichnet. Vielleicht ist es zwischen euch ganz anders als mit unserem Digimon. Ihr müsst euer eigenes Tempo finden, aber ihr wisst, dass wir euch immer helfen werde.« »Danke, Hikari-chan«, Yuna lächelte gerührt, »ich meine euch allen. Dafür, dass ihr uns geholfen habt.« »Gern geschehen«, Miyako grinste schief, »am besten geht ihr beide jetzt nach Hause und lernt euch besser kennen.« »Ich und Veemon begleiten euch«, kam es wie aus der Pistole geschossen von Daisuke. »Erstens heißt es Veemon und ich, der Esel nennt sich selbst zuerst, und zweitens wird Yuna-chan den Weg nach Hause sicher alleine finden«, wies Miyako ihn zurecht. Daisuke machte den Mund, um etwas nicht sehr nettes zu erwidern, doch Yuna unterbrach ihn schnell: »Das ist sehr aufmerksam von dir Daisuke-kun, aber Miyako-chan hat Recht. Frimon und ich werden schon zurechtkommen. Es braucht sicher auch etwas Ruhe, genau wie ich. Es ist sehr viel heute passiert.« »Okay«, er zuckte mit den Schultern und Miyako schien erleichtert auszuatmen. Nur Mimi und Sora schienen das zu bemerken und warfen sich wieder mal gegenseitig vielsagende Blicke zu. »Also dann auf Wiedersehen. Schön dich kennen gelernt zu haben«, Mimi schüttelte ihr lächelnd die Hand. Yuna und Frimon verabschiedeten sich auch von den anderen und verließen dann zusammen die Wohnung der Izumis. Vorher erinnerte Hikari sie nochmal daran, dass Frimon sich wie ein Stofftier benehmen sollte, damit es nicht zu sehr auffiel. Außerdem wollten sie sich am nächsten Tag an der Odaiba High treffen. »Die waren aber alle nett «, piepste Frimon und hüpfte auf und ab. »Pst! Willst du meine Eltern wecken?«, Yuna lauschte noch ein letztes Mal an der Tür und schloss sie mit einem leisen Klicken ab. Auch wenn ihre Eltern schon schliefen, wurde sie vorgewarnt, wenn sie kamen. Es war gar nicht so einfach gewesen, dass aufgeregte Digimon in ihr Zimmer zu schmuggeln. Doch es hatte wunderbar funktioniert. Ihre Mutter hatte wirklich geglaubt, dass sie sich noch ein Stofftier wie ihre Freunde gekauft hatte. Auch wenn sie sich wunderte, wo das erste geblieben war. »Äh, kaputt. Ein Hund hat es zerfetzt«, hatte Yuna gestammelt und war rot dabei geworden. Zum Glück hatte ihre Mutter, dass nicht bemerkt sonst wäre sie wirklich misstrauisch gewesen. Frimon hatte sich ein paar Mal in ihren Armen bewegt und mit dem Schwanz gezuckt, doch auch das hatte niemand bemerkt. »Und was machen wir jetzt?«, fragte es und hüpfte von ihrem Bett auf ihren Schreibtisch und wieder zurück. »Wir gehen jetzt schlafen«, gähnte Yuna und zog sich die Spangen aus dem Haar. Das Digimon machte ein enttäuschtes Gesicht: »Jetzt schon?« »Du konntest ja auch schlafen, während ich laufen musste«, lachte die Brünette und sprang in ihr Bett. »Ich habe aber noch Hunger«, maulte Frimon und als wollte er seine Aussage bestätigten knurrte sein Magen laut. Yuna seufzte und schlug die Bettdecke zurück: »Also gut, warte hier und sei leise, ja? Ich geh dir schnell noch was holen.« »Ist gut!« Das Mädchen schloss leise wieder die Tür auf und schlich über den Flur in die Küche. Das fahle Licht des Mondes wies ihr den Weg zum Kühlschrank. »Das wird noch ein laaange Nacht werden, wenn das so weitergeht«, dachte sie, während sie die Leckerbissen auf ihre Arme lud. Sie betete, dass Frimon irgendwas davon mochte. Immerhin waren Digimon keine Haustiere, für die man in der Zoohandlung das passende Fressen kaufen konnte. Auf dem Flur löste sich ein Apfel auf dem Lebensmittel-Haufen und landete mit einem » Plong!« auf dem Boden. Sie erfror mitten in ihrer Bewegung, hielt die Luft an und lauschte. In Gedanken verfluchte sie sich bereits für ihr Ungeschick. Doch im Zimmer ihrer Eltern blieb es leise. Lediglich der Verkehrslärm war zu hören. Langsam schlich sie weiter und ließ den Apfel auf dem Flur liegen. Sie würde ihn später holen, wenn die anderen Sachen in ihrem Zimmer waren. Doch als sie ihre Tür öffnete, erwartete sie eine Überraschung. »Na toll!«, murmelte sie und musste dann doch schmunzeln. Frimon hatte sich auf ihrem Kopfkissen zu einem Fellball zusammengerollt und schnarchte leise. Es sah einfach nur zu knuffig aus. Sie legte die Lebensmittel auf ihren Schreibtisch, löschte das Licht und kroch dann vorsichtig, und darauf bedacht es nicht zu wecken, neben ihr Digimon. Frimon seufzte leise und schmuste sich an ihr Kinn. Yuna hatte sich wirklich noch nie so glücklich gefühlt wie in diesem Moment. Doch bereits am nächsten Tag stand den beiden das nächste Problem bevor: Was sollte Frimon machen, während Yuna in der Schule war? Ihr war es nur Recht, wenn es in ihrem Zimmer blieb und sich so ruhig wie möglich verhielt. Doch das quirlige Digimon wollte unbedingt mitkommen. »Aber Frimon, das geht doch nicht. Du würdest viel zu sehr auffallen und langweilig ist es in der Schule auch«, erklärte Yuna, während sie Schulbücher in ihre Tasche stopfte. »Yuna-chan? Kommst du gleich? Ich will los «, rief ihr Vater und klimperte mit den Autoschlüsseln. Wie jeden Morgen wollte er sie an der Schule absetzen bevor er zur Arbeit fuhr. »Komme gleich, Papa«, rief seine Tochter zurück. »Das ist mir egal wie die Schule ist. Hauptsache ich bin bei dir«, erklärte Frimon und hüpfte in ihre Schultasche. Genervt packte Yuna es und zog es wieder heraus: »Nein, es tut mir leid, Frimon. Es wäre einfach zu gefährlich.« »Och bitte!« »Yuna-chan, ich muss los. Sonst komme ich zu spät!« »Bitte! Wenn du mich nicht mitnimmst, dann komme ich einfach hinterher.« »Sei nicht albern, Frimon. Du kennst dich in Tokio gar nicht aus«, Yuna wurde langsam ungeduldig. Sie verschloss ihren Rucksack und setzte ihn auf. Das Frimon verzog beleidigt den Mund: »Du bist gemein!« »Wenn du nicht in einer Sekunde da bist, dann musst du mit dem Bus fahren.« »Ich komme, Papa!« Yuna seufzte resigniert und öffnete wieder ihre Tasche: »Also gut, spring rein!« Frimon strahlte und war mit einem Satz zwischen den Schulbüchern und Heften verschwunden. »Aber verhalte dich so unauffällig wie möglich, sonst kann ich dich beim nächsten Mal nocht mehr mitnehmen?«, meinte Yuna noch bevor sie den Reißverschluss halb zuzog und rannte schnell hinaus um ihren Vater nicht noch wütender zu machen. »Hey Yuna-chan, na wie geht es dir?«, grinsend kam Hikari auf sie zu, nachdem ihr Vater an ihrer Schule abgesetzt hatte. Die beiden Mädchen waren zusammen mit Daisuke und Takeru im Abschlussjahrgang der Grundschule. Im nächsten Jahr würden sie, wie alle anderen Digiritter, die Odaiba High besuchen, ausgeschlossen Iori natürlich. Es war ein seltsames Gefühl von Leuten begrüßt zu werden, mit denen man vorher nichts zu tun gehabt hatte. Und auch die anderen Schüler, die die ruhige Yuna kannten blickten fragend zu den beiden hinüber. »Guten Morgen, Hikari-chan«, sie lächelte freundlich zurück. »Ist dein Fuß wieder verheilt?« Yuna nickte. »Toll «, lächelte Hikari und sah sich dann nervös um. Sie senkte ihre Stimme, damit niemand etwas verstehen konnte: »Und wie geht es Frimon? Hat es sich an unsere Welt soweit gewöhnt?« »Frimon geht es super «, flüsterte Yuna zurück und umklammerte noch fester ihre Schultasche. Doch Hikari war nicht blöd und sah auf Anhieb, dass sich etwas darin bewegte. Yuna sah sie entschuldigend an: »Ich konnte es nicht alleine lassen. Es hätte vielleicht sonst was angestellt, so aufgedreht wie es ist.« »Versteh schon, aber pass auf, dass niemand es bemerkt.« Die Schulklingel zwang sie in verschiedenen Klassen zu verschwinden. »Hatschi!« »Wer war das?«, die anderen Kinder sahen sich verwirrt um. Frau Urimaku, die gerade dabei war eine Formel an die Tafel zu schreiben, hielt in ihrer Bewegung inne und drehte sich zu ihren Schülern um. »Einer von euch muss geniest haben.« »Nein, das hat keiner «, behauptete ein Mädchen aus der vorderen Reihe. Yuna lief der Schweiß über den Rücken und versetzte ihrer Schultasche auf dem Boden einen vorsichtigen Tritt. Dann simulierte sie selbst ein Niesen. »Entschuldigung, Frau Urimaku. Ich muss mich erkältet haben«, schniefte sie. Die Lehrerin blickte sie besorgt an: »Möchtest du lieber nach Hause gehen, Yuna?« Die Brünette schüttelte den Kopf und Frau Urimaku fuhr schulterzuckend mit dem Unterricht fort. »Sie hat aber vorhin nicht geniest, das habe ich ganz genau gesehen «, flüsterte eine Stimme hinter Yuna. Sie versuchte ein unschuldiges Gesicht zu machen und die Matheaufgaben zu berechnen. »Da hast du gerade nochmal Glück gehabt «, wisperte Yuna in ihren Rucksack, als sie zusammen mit Hikari, Daisuke, Iori und Takeru Richtung Odiaba High lief. »Tut mir leid«, piepste Frimon, »aber es ist so eng und staubig hier drin.« »Na, dann komm raus«, seufzte Yuna. Die anderen Digimon waren schließlich auch dabei. Im Gegensatz zu Frimon allerdings konnte man sie schon mal während der Schulzeit alleine zu Hause lassen. »Sei nicht so streng. Wir mussten uns alle erst an die menschliche Welt gewöhnen«, erklärte Patamon. »Ich meine es doch gar nicht böse«, erklärte Yuna, »aber ich habe nun mal Angst, dass man Frimon entdeckt und dann irgendwie in ein Labor bringt.« »Aber Yuna, du machst dir viel zu viele Sorgen«, Frimon drehte sich in ihren Armen so, dass es sie angucken konnte. »Du hast Recht«, sie lächelte, »von jetzt an werde ich versuchen unbesorgter zu sein und dir zu vertrauen.« »Hey, schaut mal. Was machen denn Taichi-kun und Yamato-kun da?«, Daisuke deutete auf den Schulhof der Oberschule, wo sich die beiden Freunde gerade gegenüberstanden. Ihre Mienen wirkten wütend und angriffslustig. »Das bedeutet bestimmt nichts Gutes«, meinte Gatomon. Sofort rannten sie los. Es schien als hätten Taichi und Yamato bereits die Aufmerksamkeit des gesamten Schulhofes auf sich gezogen. »Die Beziehung zwischen mir und Sora-chan geht dich gar nichts an, kapiert?«, schnaubte Yamato. »Sie ist meine beste Freundin und es geht mich ja wohl etwas an, wenn ich sehe, dass es ihr schlecht geht!«, Taichi zitterte schon vor Wut. »Ihr geht es doch gar nicht schlecht!« »Woher willst du das wissen? Du siehst uns doch gar nicht mehr! Du bist so ein Egoist geworden!« »Ich und egoistisch? Du bist doch immer derjenige, der einen auf Anführer macht! So warst du schon immer!« »Jetzt werde nicht albern! Wenigstens interessiere ich mich noch für meine Freunde und denke nicht nur daran Karriere zu machen! Du bist der einzige, der hier querschießt!« »Und was ist mit Mimi-chan oder Jyou-san? Haben die beiden uns auch nicht immer im Stich gelassen?«, knurrte der Blonde und funkelte seinen gegenüber an. »Mimi war gezwungen nach Amerika zu gehen und sie hat jede Gelegenheit genutzt uns zu unterstützen. Und was Jyou-san betrifft...der war sogar beim letzten Mal dabei, obwohl er mitten im Studium steckt. Der hatte sicher auch etwas Besseres zu tun, aber er hat zu uns gehalten im Gegensatz zu dir!« »Der hat ja auch das Wappen der Zuverlässigkeit« »Und du der Freundschaft «, Taichi sah Yamato fest in die Augen, »und im Moment hast du dir das nicht verdient gemacht, so wie du uns und vor allem Sora-chan behandelst.« »Weißt du was?«, Yamato machte einen Schritt auf den Brünetten zu, »ich habe fast das Gefühl, dass du ganz froh bist, dass Sora-chan und ich im Moment Zoff haben.« »Was meinst du, verdammt?« »Na, immer hin warst du doch schon immer ins sie verknallt. Jetzt glaubst du endlich eine Chance bei ihr zu haben!« Taichi starrte ihn einige Sekunden lang fassungslos an. Jeder auf dem Schulhof spürte die plötzliche Spannung zwischen den beiden noch viel stärker als vorher. »Das nimmst du sofort zurück!«, meinte Taichi mit leiser Stimme. Sein Unterton war drohend. »Wieso sollte ich etwas zurücknehmen, was der Wahrheit entspricht?«, der blonde Junge zog herausfordernd eine Augenbraue hoch. »Du nimmst das jetzt verdammt nochmal zurück!«, brüllte Taichi und griff nach Yamatos T-Shirt. »Bring mich dazu«, hauchte Yamato ihm kühl ins Gesicht. Da konnte sich auch Taichi nicht mehr weiter beherrschen. Mit einem wütenden Schrei stürzte er sich auf seinen ehemals besten Freund und verpasste ihm einen Kinnhaken. Yamato ließ das natürlich nicht auf sich sitzen und wenige Sekunden später wälzten sich die beiden kämpfend und auf dem Boden herum. »Ich kann das nicht mit ansehen«, murmelte ein Mädchen neben Yuna und drehte sich einfach weg. Takeru und Hikari wechselten einen kurzen Blick und nickten sich dann zu. »Jetzt ist aber genug, ihr Kindsköpfe! «, meinte Hikari mit schriller Stimme und baute sich vor den beiden Streithähnen auf. Als die beiden nicht reagierten, ergriffen ihre beiden Geschwister die Initiative. Hikari packte Taichi am Arm und Taker zog seinen großen Bruder an der Schulter von Taichi weg. Yamato gab sehr schnell auf, Taichi hingegen versuchte jedoch gegen den Griff seiner Schwester anzukämpfen. »Lass mich los, Hikari-chan! Ich will diesem Idioten zeigen, was ich von ihm halte!« »Taichi-nii!«, Hikari verstärkte den Griff, war aber nicht stark genug alleine. Sofort war Daisuke an ihrer Seite und packte sein Idol am anderen Arm. »Hikari-chan hat Recht, er ist es doch gar nicht wert.« »Jetzt hast du nochmal Glück gehabt, Ichida, aber beim nächsten Mal bist du fällig!«, knurrte Taichi und wirbelte herum. »Warte, Taichi-san! Wir müssen noch auf die anderen warten «, Iori lief ihm hinterher. »Ich warte auf euch woanders «, erklärte Taichi ohne sich umzudrehen. Niemand hielt ihn auf als er das Schulgelände verließ. Alle wussten, dass er kurz alleine sein musste, um sich abzureagieren. »Warum hast du ihn so provoziert?«, fragte Takeru seinen Bruder, als Taichi außer Hörweite war. »Das geht euch nichts an«, meinte Yamato cool und vergrub seine Hände in den Taschen. »Alter, was ist mit dir los?«, Daisuke schüttelte bloß den Kopf. »Seid ihr hier, um mir auch noch Vorwürfe zu machen?«, fragte der Ältere angriffslustig. »Das wollte er doch gar nicht. Wir wollten uns doch nur versichern, dass es dir gut geht. Wir machen uns Sorgen«, erklärte Hikari mit ruhiger Stimme. »Mir geht es prima. Wirklich.«, Yamato sah in die Runde. Er versuchte ein Lächeln, doch der Versuch misslang. »Ich muss jetzt los. Ich habe Bandprobe.« Damit schnappte er sich seine Jacke, die auf einer Bank lag. »Auf Wiedersehen«, er hob die Hand und machte sich dann auf den Weg. »Ich versteh die beiden nicht«, seufzte Hikari. »Hey Leute, was macht ihr denn für Gesicht?«, strahlend kam Miyako mit Koshiro und Ken im Schlepptau auf sie zugelaufen. Wie immer schien sie bester Laune zu sein. »Erzählen wir euch gleich. Jetzt müssen wir erstmal zu Koshiro. Wo sind Mimi-chan und Sora-chan?«, Takeru sah sich suchend um. »Sora-chan hat heute wieder Training und ich schätze Mal Mimi-chan ist entweder bei den Takenouchis und langweilt sich oder einne Runde shoppen«, Miyako zuckte mit den Achseln. »Wir können sie ja immer noch anrufen. Sie wird sich sicher über etwas Abwechslung freuen«, Hikari konnte sich schon genau Mimis begeistertes Gesicht vorstellen. »Taichi gabeln wir dann gleich wieder auf«, fügte Takeru hinzu, was Ken und Miyako dazu veranlasste fragende Blicke auszutauschen. »Wirklich, Taichi-san, du hättest dich nicht so von ihm provozieren lassen sollen.« »Aber hat doch nicht das Recht so über Sora-chan zu reden«, auf Taichis Stirn lag eine tiefe Falte. »Iori-chan hat Recht. Du hast wieder mal etwas überreagiert.« »Musst du mir jetzt auch nicht in den Rücken fallen, Agumon? Ich dachte du wärst mein Freund.« »Entschuldigung«, das Digimon senkte beschämt den Kopf. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Taichi-kun hat selber Schuld an der ganzen Sache«, beruhigte Takeru es. »War klar, dass du deinen Bruder auch noch in Schutz nimmst«, knurrte Taichi beleidigt. Yuna verdrehte kopfschüttelnd die Augen. Er wollte seinen Fehler einfach nicht einsehen. Sie liefen zu acht durch den Bambuswald: Sie, Frimon, Agumon, Iori, Patamon, Taichi und Takeru. Wieder einmal hatten sie sich in zwei Gruppen aufgeteilt, um mehr über diese Vorkommnisse herauszufinden und warum die Digimon wieder nur zu Armordigimon digitieren konnten. Außerdem hielten sie immer noch nach Armadillomon Ausschau. Hikari, Ken, Miyako, Mimi, Daisuke und ihre Digimon waren in eine andere Richtung verschwunden. »Könnt ihr das Thema vielleicht mal lassen? Wir können immer noch darüber diskutieren, wenn wie wieder in eurer Welt sind?«, Patamon schlug heftig mit den Flügeln. »Du hast recht. Jetzt sollten wir uns darauf konzentrieren, dass wir uns nicht wieder von einem Erdbeben überraschen lassen«, meinte Takeru und blieb stehen. »Ja, wahrscheinlich taucht dann wieder ein böses Digimon auf und will Yuna zu diesem Meister der Finsternis verschleppen. Eigentlich hätten wir dich nicht mitnehmen dürfen«, erklärte Iori nachdenklich. Das Mädchen blieb stehen und blickte ihn ärgerlich an: »Du glaubst doch nicht, dass ich mich zu Hause in meinem Zimmer verkrieche und nicht weiter versuche herauszufinden, warum er hinter mir her ist?« »Was bedeutet das alles? Bist du in Gefahr?« Sie hatte vergessen, dass Frimon noch gar nichts von der ganzen Geschichte wusste und sie schämte sich jetzt, dass sie davon noch nichts gesagt hatte. »Du brauchst dir um mich keine Sorgen machen, Frimon«, lächelte sie beruhigend und strich ihrem Digimon liebevoll über den Kopf, »aber ich bin nicht die einzige, die in Gefahr ist. Ich habe auch Angst um dich. Ich hoffe dieser dumme Meister hat noch nicht herausgefunden, dass du mein Digimonpartner bist.« Sie machte sich wirklich große Sorgen deswegen. Was wenn er Frimon entführen würde, um sie auf seine Seite zu bringen? Vielleicht sollte sie sich doch beim nächsten Zusammentreffen mit einem bösen Digimon ausliefern. Vielleicht würde dieser „dunkle Meister“ ihre Freunde dann in Ruhe lassen. »Ich weiß, was du gerade denkst, aber glaub mir: Das ist keine Lösung. Ganz im Gegenteil, es würde alles nur noch schlimmer machen.« Yuna blickte Taichi überrascht an. Woher wusste er, worüber sie gerade nachgedacht hatte? »Aber ich will- « »Ich kann verstehen, dass dein Digimon beschützen möchtest. Aber trotzdem bringt es uns auch nicht, wenn du dich dafür unnötig in Gefahr begibst. Es würde alles nur noch schlimmer machen.« »Aber- « »Wenn wir zusammenhalten, dann können wir ihn doch gemeinsam bekämpfen. Wir haben so etwas schon zweimal durchgemacht.« Taichi klang so zuversichtlich, dass sie nicht mehr widersprechen konnte. »Worüber reden die?«, wisperte Patamon Agumon zu. Das Drachendigimon sah jedoch genauso ahnungslos aus. © ぁキ Kapitel 10: Ich dreh die Zeit zurück ------------------------------------ KAPITEL 10: Ich dreh die Zeit zurück »Was soll das heißen? Das Tor ist zu?«, Taichi raufte sich die Haare. »Hast du mir nicht richtig zugehört? Das heißt wir kommen nicht mehr zurück in unsere Welt. Koshiro hat alles versucht, aber das Tor ist zu. Dicht. Perfecto oder?«, Miyako knirschte mit den Zähnen »Das darf doch nicht wahr sein «, Takeru raufte sich die Haare. So etwas hatten sie wirklich nicht erwartet, als sie sich vor zehn Minuten auf der Lichtung, von der aus sie gestartet waren, wiedertrafen. Doch es war kein Witz. Es gab keinen Fernseher oder zumindest Bildschirm, der sie in ihre Welt zurückbringen konnte. Und sie hatten auch keine weiteren Hinweise auf die seltsamen Begebenheiten in der Digiwelt gefunden. Doch glücklicherweise war ihnen auch kein weiteres böses Digimon über den Weg gelaufen. »Na super, und das heißt jetzt im Klartext?«, seufzte Mimi und sah einem nach dem anderen an. »Wir dürfen wohl unsere Nacht in der Digiwelt verbringen «. antwortete Ken für die anderen. »Ach, wir haben lange nicht mehr zusammen die Nacht verbracht. Das war früher immer so gemütlich«, schwärmte Biyomon. Die anderen Digimon waren ebenfalls begeistert. »Am besten suchen wir uns dazu eine schöne Lichtung und schlagen ein Nachtlager auf. Ihr habt Recht, heute kommen wir nicht mehr zurück«, entschied Daisuke. »Ich hoffe nur, dass nicht wieder die Zeit verrücktspielt und in unserer Welt ebenso viele Stunden vergehen«, Sora machte sich wirklich Sorgen. »Koshiro wird das schon hinkriegen«, beruhigte sie Mimi. Die anderen schauten sie überrascht an. Meistens war sie es immer gewesen, die als erstes aufgeben hatte und den Tränen nahe war. Doch diesmal war Mimi die Ruhe in Person und Palmon konnte nicht verhindern, stolz auf sie zu sein. Sie suchten sich eine einigermaßen geschützte Lichtung und die Kinder bauten sich provisorisch Betten aus Blättern und Moos. Agumon entzündete mit Taichis Hilfe ein Feuer und die restlichen gingen los um etwas Essbares zu suchen. Nur Mimi, Hikari, Yuna und ihre Digimon blieben ebenfalls zurück. Die Mädchen waren noch dabei ihre „Betten“ zurecht zu machen. Außerdem wollte Yuna noch etwas mit Frimon trainieren. »Was macht man eigentlich, damit ein Digimon stärker wird?«, sie wandte sich fragend an Mimi, »also ich meine, wie muss man trainieren?« »Normalerweise gewinnt ein Digimon am Besten im Kampf Erfahrung und Stärke«, erklärte diese. »Aber erinnere dich doch an Daisuke-kun: Als er versuchte Veemon digitieren zu lassen, hat das auch nicht von alleine geklappt. Es war wie bei uns anderen auch. Der Partner muss erst in Gefahr geraten, dann digitiert ein Digimon«, erinnerte Hikari. »Heißt das Yuna muss sich absichtlich in Gefahr begeben, damit ich digitiere?«, wollte Frimon erschrocken wissen. »Nein, das würde ich nie tun. Ich würde nie eine Digitation erzwingen«, versprach Yuna. »Das wäre auch der falsche Weg. Oder Taichi?«, grinste seine Schwester. Taichi brummte bloß etwas vor sich hin. Er hatte nur halb zugehört und war viel zu sehr damit beschäftigt Holzscheite ins Feuer zu werfen. »Warum haben dein Bruder und Ishida-san sich eigentlich gestritten? Ich dachte sie wären gute Freunde?«, Yuna senkte etwas ihre Stimme. »Jungen sind einfach manchmal seltsam«, meinte Hikari achselzuckend. »Nicht alle«, kicherte Mimi. »Aber Taichi-nii und Yamato-kun im Moment schon. Obwohl ich kann meinen Bruder schon verstehen: Yamato-kun behandelt Sora-chan wirklich mies. Ich hätte eigentlich erwartet, dass er nicht so ist«, meinte Hikari. »Außerdem will er mit uns und der Digiwelt auch nichts mehr zu tun haben. Er ist nicht mehr derselbe«, fügte Gatomon nachdenklich hinzu. »Vielleicht macht ihm etwas Angst«, überlegte Yuna laut, »habt ihr mal versucht mit ihm zu reden?« »Takeru hat es als einziger versucht. Immerhin ist er sein Bruder, aber er hat auch nicht mehr erfahren als wir. Yamato ist seine Band die Teenage Wolfs im Moment einfach wichtiger.« Yuna legte die Stirn in Falten. Sie konnte nicht verhindern intensiv darüber nachzudenken. Zugegeben hatte sie Yamato gerade einmal getroffen und noch nicht mal ein Wort mit ihm gewechselt. Sie konnte also nicht über ihn urteilen, trotzdem kam ihr der Gedanke, dass Yamato vielleicht mehr bedrückte als man annehmen konnte. Sie konnte Menschen noch nie wirklich gut einschätzen, aber diesmal war sie sicher, dass ihr Gefühl richtig war. »Du meinst es bringt etwas mit ihm zu reden?«, flüsterte Frimon, sodass nur Yuna es hören konnte. Sie schaute es überrascht an: »Woher weißt du, woran ich gerade gedacht habe?« Das Digimon lächelte leicht: »So langsam kann ich deine Gesichtsausdrücke deuten. Ich kenne dich besser als jeder andere. Wir sind Digimonpartner.« »Du sagst das als sei es selbstverständlich«, stellte sie fest, »möchtest du also mitkommen, wenn ich mit Ishida-san rede oder findest du ich sollte mich lieber nicht einmischen. Immerhin kennen wir ihn nicht so wie die anderen.« Frimon zögerte einen Moment, doch dann nickte es: »Ich finde schon wir sollten ihn einmal besuchen. Vielleicht ist es ganz gut, wenn wir mit ihm reden. Zu verlieren haben wir doch wirklich nichts, oder?« »Da hast du Recht!«, stimmte sie zu. »Ich habe gerade Koshiro-kuns Gesicht auf meinem Digivice gesehen«, hallte da plötzlich Daisuke Stimme über die Lichtung. Aufgeregt kam er mit den anderen zwischen den Schatten der Bäume hervor. Sofort ließen alle alles stehen und liegen und eilten zu ihm hinüber. Doch schnell stellte sich heraus, dass er sich entweder geirrt haben musste oder sie nur für einen kurzen Moment Kontakt in ihre Welt gehabt hatten. »Tja, da kann man eben nichts ändern«, meinte Ken enttäuscht, »wir müssen vorerst wirklich hierbleiben.« Damit setzten sich Menschen und Digimon dicht aneinandergedrängt um das Feuer herum und schauten missmutig in die Glut. Bald hatte Miyako genug. Für sie kam so eine Trauerstimmung gar nicht in Frage: »Hey Leute, das ist doch nicht schlimm. Eine Nacht in der Digiwelt ist doch spitze. Schaut doch mal zum Himmel.« Alle folgten ihrem Fingerzeig und waren wirklich beeindruckt. Am nächtlichen Himmel funkelten Millionen von Sternen, dicht aneinandergedrängt. »Wow, so etwas Schönes gibt es in Tokio nicht zu sehen«, wisperte Yuna. »Wenn wir Glück haben sehen vielleicht noch eine Sternschnuppe«, meinte Patamon begeistert. Sofort kniff Mimi die Augen zusammen und starrte angestrengt in den Nachthimmel. In der Hoffnung eine zu erhaschen. Die anderen begannen sich leise zu unterhalten. Ken versuchte Iori zu trösten, weil sie Armadillomon immer noch nicht gefunden hatten und Sora, Taichi, Takeru und Hikari berieten, ob es Alternativen gab um in die Welt der Menschen zurückzukehren. Miyako gähnte und lehnte müde ihren Kopf an Daisukes Schulter. Dieser zuckte erst kurz zusammen, aber ließ sie dann gewähren. Yuna glaubte ihn sogar kurz lächeln zu sehen. »Und willst du nicht für immer hierbleiben?«, fragte er als er ihren Blick bemerkte. Frimon drehte seinen Kopf auf ihrem Schoß, damit es sie ansehen konnte. Es war ebenfalls neugierig, was seine Partnerin antworten würde. Yuna antwortete eine ganze Weile nicht. Stattdessen schaute sie in die Glut des Feuers und beobachtete wie die Funken der sich windenden Flamme entwichen und in der kalten Nachtluft verpufften. »Versteht mich nicht falsch. Ich mag die Digiwelt. Sie ist faszinierend und geheimnisvoll, aber wieder zu schön, um wahr zu sein. Wie eine Traumwelt, die man nur in seinem Schlaf besucht«, erklärte sie mit verträumter Stimme. »Aber es ist alles real, Yuna«, flüsterte Daisuke eindringlich und beugte sich etwas vor um ihr Gesicht sehen zu können, »es ist kein Traum.« Etwas abwesend strich sie Frimon über den Kopf. Es rollte sich zusammen und schloss müde die Augen. »Trotzdem hoffe ich, dass ich nie aufwache.« Sie fing Taichis Blick auf. Er schien sie etwas fragen zu wollen, aber tat es nicht und sie wusste, dass sie ihm die Antwort darauf auch noch nicht hätte geben können. Noch nicht. Schatten huschten an der Wand entlang und verflüchtigten sich im Zimmer. Sie tanzten einen unheimlichen Tanz und wurden abwechselnd größer und kleiner. Man hätte vermuten können, sie wären lebendige Wesen mit eigenem Willen. Schwarze Seelen. Doch sie wurden nur durch die hohen Bäume verursacht, die vor dem Fenster des Hauses standen. Durch den stürmischen Herbstwind tanzten ihre Äste auf und ab und mit dem Licht des Vollmondes huschten die spielenden Schatten durch den dunklen Raum. Ein Kinderzimmer. An einer Wand stand ein Wickeltisch und gegenüber einem Kinderbett, indem friedlich ein Kleinkind schlummerte. Das Haus war in völliger Stille und Dunkelheit versunken. Yuna fragte sich, wo sie hier schon wieder gelandet war. Die Digiwelt war das sicher nicht und ihre Freunde waren auch verschwunden. Selbst Frimon lag nicht mehr in ihren Armen. Ängstlich blickte sie sich um. Alles kam ihr so vertraut vor, als wäre sie hier schon einmal gewesen. Sie wagte es nicht auch nur einen Mucks zu machen, aus Angst die Besitzer des Hauses zu wecken und sich damit noch mehr Probleme zu machen. Sie wollte gerade leise die Tür öffnen, um so schnell wie möglich die Wohnung zu verlassen, da zeichnete sich ein großer Schatten an der Wand ab. Erschrocken wirbelte sie herum und erkannte eine dunkle Gestalt auf der Fensterbank. Ihr Herz klopfte bis zum Hals und wie von selbst trugen sie ihre Beine zu einem Versteck hinter dem Kleiderschrank. Voller Angst beobachtete sie die Gestalt, die dort vor dem Fenster hockte und sich nicht regte. Das Kind im Bett seufzte im Schlaf und drehte sich auf den Rücken. Erst jetzt konnte Yuna erkennen, dass es sich um ein Mädchen handeln musste. Ihr Blick wanderte wieder zum Fenster als dieses mit einem leisen Knacken geöffnet wurde. Zitternd drückte sie noch ein bisschen mehr in den Schatten des Schrankes und verfolgte jede der anmutigen Bewegungen der Gestalt. An der Silhouette konnte sie sehen, dass es kein gewöhnlicher Mensch war. Das Wesen war ein bisschen größer und hatte eine weiße Haut. Oder war es Fell? Es schimmerte so. Wäre es nicht so groß gewesen, dann hätte sie es für einen Hasen mit menschlichen Bewegungen gehalten. Es schlich zu dem Kinderbett hinüber und beugte sich darüber. Yuna hielt die Luft an. Es wollte dem Kind doch wohl nichts antun! Automatisch spannte sie jeden ihrer Muskeln im Körper, bereit jederzeit aus ihrem Versteck zu springen und dem Wesen Einheit zu gebieten. Doch anstatt anzugreifen, zog die Gestalt etwas aus einer Tasche und legte den Gegenstand auf das Kissen neben dem kleinen Kinderkopf. Yuna konnte nur einen kurzen Blick darauf erhaschen, doch sie war sich sicher, dass es kurz aufleuchtete. »Pass gut drauf, Kleine. In wenigen Jahren werden wir uns wiedersehen«, murmelte das Wesen mit weiblicher Stimme und Yuna zuckte zusammen. Sie hatte nie mit so einer schönen Stimme gerechnet. Zudem kam sie ihr auch noch bekannt vor. Sie konnte sie nur nicht einordnen. Dann passierte etwas Sonderbares. Die Form des Wesens veränderte sich auf einmal. Es wurde kleiner und erhob sich schließlich in die Lüfte. Dann schwebte es durch das offene Fenster in die Luft. Sofort sprang Yuna aus ihrem Versteck und hastete hinterher. »Lunamon!«, keuchte sie und lehnte sich weiter ins Freie. Sie konnte gar nicht glauben, dass Lunamon hier gewesen war. Hier in der realen Welt. Ob es sie hierhergebracht hatte? Und warum hatte es nicht mit ihr geredet, wenn es wusste wo sie war? Da viel ihr wieder ein, dass Lunamon dem Kind etwas gegeben hatte. Yuna löste ihren Blick vom strahlenden Vollmond und schlich leise zum Kinderbett. Auch das Gesicht des Kindes kam ihr mehr als bekannt vor. Und der Gegenstand neben dem Gesicht erst recht. Erschrocken fasste sie sich um den Hals und spürte das kalte Metall ihrer Herzkette, deren Ebenbild jetzt auf dem Kissen neben dem kleinen Mädchen lag. »Aber wie...«, flüsterte sie. Auf einmal gab alles ein Sinn. Sie hatte nie gewusst, woher die Kette kam. Ihre Eltern hatten behauptet es sei ein Geburtstagsgeschenk gewesen, aber in Wirklichkeit musste Lunamon sie ihr gegeben haben. Das kleine Mädchen war sie selbst! Trotzdem blieben so viele Fragen offen und niemand außer Lunamon konnte sie beantworten. Eine Träne rollte ihr übers Gesicht. Sie hatte aber keine Ahnung, wo es oder was sie mit dieser Erkenntnis anfangen sollte. »Warum?«, schluchzte sie, »was soll das alles? Warum ich?« Sie sank auf die Knie und weinte leise. »Frimon! Frimon! Wo bist du?« Sie wollte nach der Kette im Bettchen greifen, doch stattdessen griff sie durch das Möbelstück hindurch. Da bemerkte sie, dass sich plötzlich alles um sie herum auflöste. Die Möbel, das Mädchen, die Kette. Stattdessen war da nur Leere. »Nein«, murmelte sie verzweifelt, »wo bin ich? Lunamon! Frimon!« Sie verlor den Boden und stürzte. In die unendlich Tiefe. »Verschwinde du Monster! Lass sie in Ruhe!« »Frimon!« Erschrocken öffnete Yuna die Augen und starrte auf die Szene, die sich ihr bot. Frimon hatte sich vor ihr aufgebaut und blickte das erste Mal ziemlich wütend drein. Über ihnen schwebte ein Digimon, dass einem kleinen Elefanten ähnelte. »Was ist das?«, fragte sie immer noch ein wenig benommen und krabbelte rückwärts. »Ein Tapirmon«, erklärte Daisuke und half ihr wieder auf die Beine. »Du hattest einen Alptraum, oder?«, erkundigte sich Hikari besorgt. »Etwas in der Art «, meinte sie, »aber ich glaube ich war in der Vergangenheit.« »In der Vergangenheit? «, fragte alle im Chor. Yuna wurde ein wenig verlegen. Immerhin klang das ziemlich seltsam. Selbst in der Digiwelt. »Das glaub ich nicht. Du hast nach Frimon und Lunamon gerufen. Du musst einen Alptraum gehabt haben«, meinte Biyomon sofort. »Lass sie doch erstmal erzählen«, fuhr Sora ihrem Digimon dazwischen. »Kann das nicht warten?«, bemerkte Miyako und deutete auf Tapirmon, »ich glaub Frimon hat vor anzugreifen.« Kaum hatte sie das gesagt, da war Frimon auch schon in die Luft gesprungen und vergrub seine spitzen Zähne im Bein des anderen Digimon. »Frimon! Was soll denn das?«, rief Yuna ärgerlich, »es hat uns doch gar nichts getan.« Das Tapirmon ließ sich den Angriff natürlich nicht gefallen und schüttelte Frimon ab. Dieses flog durch die Luft. Yuna zögerte keine Sekunde und warf sich auf dem Boden, um ihr Digimon noch zu fangen. Sicher landete Frimon in ihren Händen. »Lass mich los«, es wandte sich hin und her, »es hat dich verletzt, deswegen will ich kämpfen.« Yuna verstärkte ihren Griff: »Sei nicht albern. Es ist kein böses Digimon und du bist noch nicht so weit für einen richtigen Kampf. Es wäre verschwendete Energie, glaub mir Frimon.« »Außerdem ist das Tapirmon schon wieder verschwunden«, bemerkte Ken trocken. »Siehst du das Problem hat sich von selbst erledigt«, meinte Yuna. Frimon blickte sie beleidigt an: »Aber ich hätte es besiegt. Ich weiß es. Aber du scheinst mir ja nicht zu vertrauen!« Diese Worte trafen das Mädchen hart und der Blick ihres Digimon verletzt sie noch mehr. Sie ließ es los und wischte sich schnell eine Träne aus den Augenwinkeln. Bestürzt sah Frimon sie an. »E-es tut mir leid. Das wollte ich nicht sagen. Ich wollte dich nicht zum Weinen bringen«, flüsterte es reumütig. »Wenn ihr euch nicht gegenseitig vertraut, dann habt ihr keine Chance stärker zu werden. Und wenn ihr nicht kämpft, dann erst recht nicht«, merkte Hawkmon an. »Versteht ihr das denn nicht?«, mit Tränen in den Augen sah die Brünette die anderen an, »ich habe Angst! Angst zu kämpfen! Angst um Frimon! Angst darum, dass ich Sschuld bin, wenn dieser schwarze Kerl die Digiwelt untergehen lässt!« »Hey, beruhige dich«, tröstend legte Miyako einen Arm um sie. »Yuna!«, piepste Frimon und hatte ebenfalls Tränen in den Augen. Yuna vergrub ihr Gesicht in Miyakos Jacke. Sie wollte nicht, dass man sie so schwach und ängstlich sah. Da spürte sie plötzlich eine warme Hand an ihrer Schulter. Sie wurde herumgewirbelt und stand plötzlich Auge in Auge mit Taichi. »Jetzt hör mir mal zu«, seine Stimme war hart, »wir haben es dir schon so oft gesagt, aber irgendwie scheint es bei dir noch nicht angekommen zu sein: Wir sind alle deine Freunde und würden dich nie im Stich lassen. Dich nicht und auch nicht Frimon. Wir werden euch beiden helfen. Und jetzt hörst du auf zu heulen und erzählst uns, was du verdammt nochmal geträumt hast. Das scheint ja wichtig zu sein.« Erschrocken starrte sie ihn an. Auch ihm wurde jetzt erst bewusst wie nah sich ihre Gesichter waren. Er wich einige Meter zurück und wurde etwas rot um die Nase. Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf. Zum Glück brach Takeru die peinliche Stille: »Du hast gesagt, du wärst in der Vergangenheit gewesen, wie meinst du das?« Yuna atmete einmal tief durch und versuchte sich wieder zu beruhigen, dann begann sie zu erzählen. Taichi versuchte angestrengt in eine andere Richtung zu gucken, aber seltsamerweise hatte er immer wieder das Verlangen nochmal ihren braunen Augen zu begegnen. Es war schwer für ihn sich zusammenzureißen, deshalb versuchte er sich mehr auf ihre Schilderung zu konzentrieren. »Ja, ich hatte schon mal ein ähnliches Erlebnis. Damals als wir das erste Mal in der Digiwelt waren, aber da war sicher kein Tapirmon im Spiel gewesen«, meinte er. »Ist es denn möglich, dass Tapirmon uns nicht nur Alpträume bescheren, sondern uns auch unsere Vergangenheit sehen lassen?«, stellte Hikari ihre Frage an alle. »Ich befürchte, dass du den Schatten deiner Vergangenheit gesehen hast«, antwortete Ken prompt, »damals, als ich noch der Digikaiser war, habe ich einmal gehört, dass die Tapirmon in der Lage seien durch die Schatten der Zeit zu reisen.« »Wer hat die das denn erzählt?«, fragte Daisuke überrascht. »Ich weiß so einiges, was uns vielleicht irgendwann mal ganz nützlich sein könnte«, sein Freund zuckte nur mit den Schultern, aber man konnte ihm ansehen, dass er nicht sehr begeistert von diesem Wissen war. Ken hätte alles dafür gegeben, dass es diesen dunklen Fleck in seinem Leben nie gegeben hätte. »Also gut, wir wissen, dass Lunamon Yuna damals diese seltsame Kette gegeben hat und dabei anscheinend zurück digitiert ist«, fasste Sora nochmal zusammen, »aber wir wissen weder warum, und was das alles mit den Geschehnissen hier zu tun hat.« »Darf ich mir die Kette mal anschauen?«, fragte Mimi. Yuna nickte und gab sie ihr. Bedächtig ließ Mimi das Schmuckstück durch ihre Finger gleiten und begutachtete es von allen Seiten. »Sie ist wunderschön, aber sieht aus wie jede andere Halskette auch«, fällte sie ihr Urteil. »Und du hattest vorher wirklich keine Ahnung, woher sie kommt?«, Iori schien das ihr nicht abzukaufen. Yuna schüttelte den Kopf: »Meine Mutter hat mir mal erzählt, dass ich sie von einer Tante zum Geburtstag geschenkt bekommen habe. Aber ich frage mich, warum sie mir nicht die Wahrheit gesagt hat. Sie waren doch sicher überrascht, dass sie plötzlich auf meinem Kopfkissen gelegen hat.« »Vielleicht haben sie deswegen geschwiegen«, vermutete Hikari, »weil sie nicht wollten, dass du irgendwie Angst bekommst. Immerhin eine seltsame Vorstellung, dass nachts einer in deinem Zimmer herumschleicht und Schmuckstücke zurücklässt.« »Möglich«, meinte Yuna, war aber noch nicht ganz davon überzeugt. Warum hatten ihre Eltern dann die Kette nicht gleich entsorgt? »Wichtig ist, dass wir morgen Lunamon suchen gehen. Immerhin muss es doch wissen, warum es dir die Kette gab. Aber jetzt bin ich müde«, Miyako gähnte und streckte sich. »Ich bleib wach und halte Wache«, erklärte Daisuke und hockte sich mit Veemon auf den Boden. Die anderen wünschten sich noch einmal gute Nacht und legten sich dann wieder schlafen. Jedenfalls versuchten sie zu schlafen. Jedoch war Yuna nicht die einzige, die nach dieser Aufregung kein Auge zubekam. Ihr Kopf war immer noch so voller Gedanken, dass sie einfach nur dalag und in die Stille lauschte. »Yuna?«, flüsterte Frimon. Zwischen den beiden war ein kleiner Sicherheitsabstand. »Ja?«, fragte sie schläfrig. »Bist du immer noch böse auf mich?« Die Brünette konnte sich das Lachen nicht verkneifen. Sie war einfach zu gerührt, dass es sich wirklich solche Sorgen machte. »Nein, ich denke nicht.« Sie konnte die Erleichterung ihres Digimons förmlich hören. »Ich habe es wirklich nicht so gemeint, aber ich möchte nicht weiterhin so schwach sein. Ich will genauso stark werden wie Angumon, Gatomon, Palmon und all' die anderen«, meinte es ganz aufgeregt. Yuna lächelte noch breiter und zog es wieder in ihre Arme. Es war weich und warm und löste auch jeden noch so negativen Gedanken in ihrem Inneren einfach in Luft auf. »Und ich weiß, dass du es schaffen kannst.« »Nein«, widersprach Frimon, »wir schaffen es!« Es war so überzeugt, dass sich das Mädchen davon anstecken ließ. Sie war im Unrecht gewesen, so einem selbstbewussten und bereits starken Digimon das Kämpfen zu verbieten. Frimon war bereiter dazu als sie selbst und das machte ihr doch Sorgen. »Und Taichi ist doch auch wirklich nett. Für einen Menschen jedenfalls«, murmelte das Digimon müde und drückte sich gegen ihren Pullover. © ぁキ Kapitel 11: Gehen ineinander über --------------------------------- KAPITEL 10: Gehen ineinander über Der nächste Morgen brachte auch nicht viel Neues. Sie saßen immer noch in der Digiwelt fest und wussten nicht, wohin sie gehen sollten. »Jedenfalls nützt hier sitzen und Trübsal blasen rein gar nichts«, Miyako sprang voller Enthusiasmus auf. »Herumlaufen auch nichts«, brummte Iori, der aus irgendeinem Grund schlecht gelaunt war. »Vielleicht können wir wieder ein Paar Digimon fragen, ob sie einen Bildschirm gesehen haben«, überlegte Gatomon laut. »Vielleicht weiß auch jemand, wo sich noch böse Digimon aufhalten, die wir bekämpfen müssen«, fügte Patamon nachdenklich hinzu. »Egal was. Die Hauptsache ist wir tun etwas und sitzen hier nicht nur blöd herum«, fand auch Daisuke und erhob sich vom Waldboden. Dann hielt er Yuna seine Hand hin und zog die ebenfalls auf die Beine. »Meine Eltern machen sich sicher schon Sorgen«, meinte sie etwas betrübt. »Ja, meine Mutter sicher auch«, Sora senkte den Blick. »Ach, Koshiro-kun und die anderen haben sich bestimmt eine Ausrede ausgedacht, warum wir solange weg sind«, versuchte Hikari sie zu beruhigen, doch so sicher schien sie sich auch nicht zu sein. »Welche anderen?«, feixte ihr Bruder, wurde aber ignoriert, weil sie schon wussten, wen er mit „die anderen“ hauptsächlich meinte. »Hey warte mal«, rief Mimi einem kleinen Digimon zu, das eilig an ihnen vorbei hastete. Als es nicht reagierte setzte die Brünette ihm nach. Palmon zögerte keinen Moment und war nur einen Schritt hinter ihr. »Hallo, du liebes Betamon! Wir brauchen deine Hilfe!« Mimi wedelte mit den Armen und das orange-grüne Digimon blieb erstaunt stehen. Es sah das Mädchen und Palmon mit großen Augen an. Mimi lächelte so lieb wie möglich und kniete sich vor das Betamon, damit sie nicht so groß und einschüchternd wirkte. »Kannst du uns vielleicht sagen, ob…na ja...du irgendetwas in der Nähe gesehen hast, was nicht hierhergehört...?« »Was nicht hierhergehört?«, wiederholte das Digimon verständnislos. »Ach, das weiß doch gar nicht, was du meinst. Wir verschwenden hier nur unsere Zeit«, Taichi verdrehte die Augen und wollte Mimi weiterziehen. Heute schien er wirklich mit dem falschen Fuß aufgestanden zu sein. »Du kannst ja schon mal vorgehen, aber glaub ja nicht, dass wir alle hinterherkommen. Du bist schon längst nicht mehr der Anführer hier«, fauchte Mimi und befreite sich grob aus seinem Griff. Dann lächelte sie das Betamon freundlich an: »Ich meine etwas, dass nicht zur Digiwelt gehört. Einen Bildschirm zum Beispiel.« »Nein, einen Bildschirm habe ich nicht gesehen«, schüttelte das Digimon den Kopf. Mimi machte ein enttäuschtes Gesicht und Taichichi grinste überheblich. Seine Schwester konnte ihn neben sich »Ich habe es doch gesagt, aber auf mich hört mal wieder keiner!« murmeln hören. »Aber da hinten steht ein schwarzes Schloss«, meldete sich Betamon zu aller Verwunderung nochmal zu Wort. »Du meinst ein Schloss mit Mauern und Dach. Also so etwas wie eine Burg?«, fragte Hikari nochmal verdutzt, weil sie dachte sie hätte sich verhört. Betamon nickte: »Ich lebe schon länger in dieser Gegend und es steht dort noch nicht allzu lange. Erst seit Digimon spurlos verschwinden und andauernd die Erde bebt. Wir alle glauben, dass alles zusammenhängt, deshalb haben wir beschlossen von dort wegzugehen. Die Dunkelheit breitete sich immer mehr aus.« Das Betamon klang als würde es mit ihnen ein gemütliches Plauschen halten, auch wenn es über beängstigende Dinge sprach. »Meint ihr das Schloss gehört dem dunklen Meister von dem wir schon so viel gehört haben?«, Sora blickte die anderen fragend an. Takeru war es, der ihr antwortete: »Ich befürchte es auch. Vielleicht sollten uns wir das mal anschauen gehen, wenn wir schon mal hier sind.« »Seit wann bestimmst du das denn?«, Daisuke blickte ihn ärgerlich an. »Bitte, lass nicht den nächsten zum Streithahn werden«, dachte Yuna bei sich und konnte sehen, dass Miyako etwas ähnliches befürchtete. »Ach Daisuke-kun«, seufzte Hikari, »wir wissen doch alle, dass du den gleichen Vorschlag machen wolltest.« Ihr Anführer wurde rot. Ob es jetzt deswegen war, dass Hikari Recht hatte oder dafür, dass sie ihn lieblich anblinzelte, konnte man nicht sagen. »Also gut, dann lasst uns gehen bevor wir wieder hier herumdiskutieren«, resignierte Daisuke. In der Beziehung schien er auf einmal völlig anders zu sein als sein Idol. Im Gegensatz zu Taichi, konnte er plötzlich viel leichter Mal anderen das Feld überlassen. Sora fand das ziemlich seltsam und musterte beide Jungen prüfend. Sonst war es immer andersherum gewesen. Taichi hatte sich in letzter Zeit sowieso stark verändert. Zum einen vermutete sie, dass Yamato einer der Gründe war und zum anderen aufgrund von...ja warum eigentlich? Sie warf ihrem besten Freund seit Kindertagen einen Seitenblick zu. Er bemerkte es und erwiderte ihren Blick grimmig. Sie runzelte die Stirn und blickte ihn fragend an. Er wusste, dass sie sich fragte, warum er auf einmal so schlecht gelaunt war und er zuckte bloß mit den Schultern. Anscheinend wusste er selbst es auch nicht genau. »Wollt ihr uns jetzt an eurer stillen Konversation teilhaben lassen oder können wir endlich weitergehen?«, unterbrach Mimis Stimme Soras Gedanken. »Uns bleibt ja nichts anderes übrig. Unser Anführer hat gesprochen«, brummte Taichi und schritt voran. Schnell stolperte Agumon ihm hinterher. Das arme Digimon musste meistens unter Taichis Launen leiden. Zusammen liefen sie in die Richtung, die das Betamon Mimi beschrieben hatte. Das hieß, sie mussten den Wald verlassen und ein Stück durch eine verlassene Steinwüste laufen. Hier schien kein einziges Digimon zu leben und das bereitete ihnen Sorge. »Vielleicht wurden sie alle entführt«, flüsterte Wormon ängstlich. »Ja, das halte ich auch für möglich. Selbst, wenn das ein erschreckender Gedanke ist«, stimmte Takeru ihm zu. Biyomon sah ängstlich zu seiner Partnerin: »Sora, glaubst du das man Armadillomon auch entführt hat?« Alle drehten sich gleichzeitig zu Iori um, der schon lange nichts mehr gesagt hatte. Er presste die Lippen zusammen und ballte die Hände zu Fäusten. »Wenn das so ist, werde ich Armadillomon auf jeden Fall befreien. Und wenn dieser Herr der Finsternis ihm irgendetwas angetan hat, dann wird er dafür bezahlen«, knurrte er ohne die anderen anzusehen. »Rache war noch nie gut. Egal wie sehr es derjenige auch verdient hat.« »Palmon hat Recht. Bis jetzt sind wir uns ja noch nicht mal sicher, ob wirklich der Herr der Finsternis hinter alledem steckt. Oder was er vorhat. Vielleicht hat sich Armadillomon auch mit den anderen Digimon versteckt«, meinte Hikari und legte dem Jüngsten eine Hand auf die Schulter. Iori nickte, aber überzeugt schien er von ihren Worten nicht zu sein. Als die Felsen immer höher wurden, bemerkten sie, dass es auch immer dunkler wurde und sie mussten aufpassen, wohin sie traten. Bald setzte auch leichter Nieselregen ein und sie fragten sich alle ob es so eine gute Idee gewesen war Hals über Kopf los zu laufen. »Ich habe es in der Digiwelt noch nie regnen sehen«, kommentierte Gatomon und sah besorgt zum Himmel. »Hey, seht ihr das?!«, rief plötzlich Agumon, dass ganz vorne lief und versuchte die Aufmerksamkeit seiner Begleiter zu erregen. Digimon sowie Menschen folgten seinem Fingerzeig und erschauerten. In der Ferne konnte man die Konturen eines großen, dunklen Etwas erkennen, dass auf einem schwarzen Felsen thronte. »Wie ein Märchenschloss sieht das nicht gerade aus«, stellte Daisuke fest. »Ne, eher wie ein dunkler, düsterer Kasten mit Türmen«, Veemon hüpfte auf und ab. »Was habt ihr erwartet? Ein traumhaftes Schloss mit Kutschen und Park?«, spottete Taichi, »der Kerl wird nicht umsonst der Herr der Finsternis genannt.« »Seid ihr sicher, dass wir da reingehen sollten?«, fragte Miyako unsicher und wechselte einen Blick mit ihrem Digimon. Daisuke lächelte sie sanft an: »Du musst nicht, wenn du nicht willst. Du kannst gerne mit Hawkmon, Yuna und Frimon hierbleiben.« Miyako wurde knallrot und flüsterte ein erleichtertes »Danke«, während Yuna gekränkt die Arme verschränkte. Frimon blickte Daisuke böse an: »Soll das etwa heißen, ich darf immer noch nicht kämpfen?« »Ja...also...«, stammelte Daisuke und warf Yuna einen hilflosen Blick zu, als erwartete er sie würde ihm Recht geben. Doch auch sie blickte ihn genauso enttäuscht an. »Frimon hat Recht. Wir wollen beide mit hineingehen. Nur weil wir noch nicht so stark sind, heißt das nicht, dass wir uns seelenruhig hier verstecken, während ihr da drinnen euer Leben aufs Spiel setzt.« Daisuke wollte gerade etwas erwidern, doch Taichi kam ihm zuvor: »Ihr beide bleibt hier und damit basta! Diesmal muss ich Daisuke-kun Recht geben. Der bescheuerte Typ da drinnen wartet doch nur darauf, dass ihr ihm in die Arme lauft. Also ist es wohl logischer, wenn ihr hier draußen bleibt und euch die Zeit mit Spielen oder so vertreibt.« Für einen Moment war es still. So still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören. Alle hielten die Luft an und beobachten Yunas Gesichtsausdruck, der sich schlagartig veränderte, genauso wie ihre Hautfarbe. Von blau zu pink und schließlich zu Signalrot. Und dann explodierte sie. »Warum behandelst du mich wie ein Kleinkind? Du bist im Moment derjenige, der sich trotzig verhältst, also müsstest du hier warten! Du bist egoistisch, besserwisserisch und ein totaler Diktator! Warum kommandierst du uns immer alle herum? Du hast doch einen Knall!« »Du kennst mich doch gar nicht, also hör auf mich so zu verurteilen! Ich sage nur meine Meinung!«, konterte er in der gleichen Lautstärke. »Du kennst mich und Frimon auch noch gar nicht richtig, du Idot!« »Sag noch einmal Idiot zu mir und...« »Was? Machst du dann das gleiche mit mir wie mit deinem besten Freund?« »Ich schlag keine Mädchen!« »Ach, ein Feigling bist du auch noch! Ich- « Bevor sie ihren Satz beenden konnte, passierten mehrere Dinge gleichzeitig. Miyako schrie auf, als sich etwas Großes aus dem Himmel schwang und sich Yuna schnappte. Diese hörte wie mehrmals ihr Name gebrüllt wurde und spürte wie sie plötzlich den Boden unter ihren Füßen verlor. Eine Hand griff nach ihrem Knöchel und als sie nach unten blickte, sah sie, dass es Daisuke war. Zusammen mit ihr, schwebte er mit ihr mehrere Meter in der Luft. Was auch immer sie an den Schultern gepackt hatte, verstärkte seinen Griff und sie konnte sehen, dass Frimon in die Luft hüpfte und sich auf das stürzte, was auch immer sie da gefangen hatte. Die anderen unter ihnen wurden immer kleiner. »Daisuke- kun! Lass mich los!« »Nein!«, brüllte er zurück. »Was auch immer mich da gepackt hat, es will nur mich, also sei nicht dämlich! Rette dein Leben!« »Und was wird dann aus dir? Ich lasse meine Freunde nicht im Stich!« »Bitte Daisuke-kun«, flehte sie. Doch bevor sie weiter diskutieren konnten, hörten sie schon zwei bekannte Stimmen. »Daisuke-kun!« »Yuna-chan!« Sie blickten sich um und sahen Nefertimon und Pegasusmon auf sich zu fliegen. »Was wollt ihr denn?«, röhrte eine Stimme und Yuna zuckte zusammen. Es war das Digimon, welches sie gepackt hatte. Er jetzt wagte sie es vorsichtig nach oben zu blinzeln. Es sah aus wie ein riesiger Geier. Mit einem spitzen Schnabel, roten Augen und graue Federn. Wirklich hässlich. Wieder einmal ein Beweis, dass nicht alle Digimon niedlich waren. »Wir können es nicht angreifen. Wir würden die beiden verletzen!«, rief Nefertimon den Personen unten zu. »Schon verstanden!«, brüllte Miyako zurück, »Hawkmon. Armordigitation zu Halsemon!« Halsemon flog jetzt direkt unter ihnen. Daisuke schien zu ahnen, was sie vorhatten. »Wenn ich jetzt sage, dann darfst du dich auf keinen Fall irgendwo festhalten.« »Wie bitte?«, rief sie panisch, aber sie bekam keine Antwort mehr. »Heiliges Band!«, riefen Pegasusmon und Nefertimon im Chor und flogen einmal um das hässliche Digimon herum. Ihr Plan schien aufzugehen, denn vor Überraschung ließ es die Kinder los. Yuna kreischte, doch Daisuke griff einfach nach ihr und zusammen landeten sie auf Halsemons Rücken. Sie atmete vor Erleichterung aus, aber ließ Daisuke nicht los. Sie zitterte immer noch. Halsemon brachte sie sicher zurück auf den Boden. Kaum hatten Yunas Füße den Boden berührt, wurde sie auch schon in eine feste Umarmung gezogen. Vor Aufregung nahm sie es erst gar nicht wahr, bis Taichi ihr etwas zuflüsterte: »Es tut mir leid, was ich eben gesagt habe. Ich habe doch schon oft gesehen, dass du manchmal besser mit Gefahren umgehen kannst als wir selbst. Ich weiß, dass du und Frimon sich noch beweisen müssen. Aber ich hatte einfach nur Angst, dass so etwas wie eben passiert.« Daraufhin sagte sie gar nichts wieder. Immer wieder wurde sie überrascht. Hatte der Junge eigentlich so etwas wie Stimmungsschwankungen? Andauernd schien er seine Meinung zu ändern. Deshalb erwiderte sie erstmal gar nichts, sondern drehte sich zu den beiden Digimon um, die immer noch in der Luft schwebten. »Wo ist es hin?« »Keine Ahnung. Es ist abgestürzt«, es war Takeru der ihr antwortete. Er machte ein sehr angespanntes Gesicht. »Wir können es nicht mehr sehen«, meinte Pegasusmon, »So ein Mist! Dabei müssen wir uns unbedingt vergewissern, dass uns heute nicht mehr angreift«, fluchte Daisuke. Veemon war ebenfalls schon digitiert, genauso wie Wormmon. »Taichi, pass auf Yuna auf und du Iori, halt dich auch zurück. Wir gehen es suchen«, meinte Daisuke und wechselte einen Blick mit Flamedramon. Dann liefen sie in die Richtung, in der sie das Digimon vermuteten. »Was ist das eigentlich für ein Digimon gewesen?«, wandte sich Frimon auf und ab hüpfend an Sora und Biyomon. Doch stattdessen antwortete Iori ihm: »Das Digivice meint es ist ein Alietumon. Ich kann aber keine weiteren Informationen darüber finden.« »Vielleicht ist es wieder eins dieser Urdigimon«, vermutete Sora. Yuna entfernte sich etwas von den anderen vier und lehnte sich gegen einen Felsvorsprung. Taichi blickte besorgt in ihre Richtung, aber er sagte nichts. Sie versuchte ihren Puls wieder einigermaßen zu beruhigen. Alles war so schnell gegangen, dass sie gar nicht gespürt hatte, in was für einer Gefahr sie und Daisuke eben geschwebt hatten. Was wäre gewesen, wenn das Alietumon sie wirklich in die dunkle Burg gebracht hätten? Was wäre mit ihr passiert? Und was noch viel wichtiger war: Was hätte der Herr der Finsternis mit Daisuke gemacht? Sie wollte gar nicht darüber nachdenken. Plötzlich krachte es laut und sie konnte Mimi kreischen hören. Sora brüllte ihren Namen und da sah Yuna wieder den dunklen Schatten, der auf sie zuschoss. Doch diesmal geschah alles in Zeitlupe. Sie hörte ihren lauten Atem und dann plötzlich einen zweiten Herzschlag. Ein kleineren. Sie blickte sich um, doch neben ihr stand niemand. Da begann ihre Herzkette plötzlich zu leuchten und sie spürte wie sie ein warmer Sonnenwind umhüllte. Sie fühlte sich plötzlich glücklich. Und vor allem stark. Aus der Kette schoss ein Strahl, der noch heller war als den, den sie in der Stadt des Anfangs gesehen hatte, und traf das geschockte Frimon. Beide blickten sich einen Moment an und die Zeit schien still zu stehen. Ihre Herzen schlugen in einem Rhythmus und ihre Gedanken waren Frimons und seine Gedanken waren Yunas. Und dann veränderte ihr Digimon ein weiteres Mal die Gestalt. Und dann schien die Zeit wieder zurückzukehren. Ein Brüllen war zu vernehmen und sie wurde mit solcher Wucht zur Seite geworfen, dass sie auf den harten Boden krachte. Erst als sich ein Gewicht von ihr hob, konnte sie sich aufrichten. Sofort griffen mehrere Hände nach ihr und zerrten sie zurück auf die Beine. Sie taumelte etwas und Sora legte stützend den Arm um sie. »Geht es dir gut, Yuna-chan?«, fragte sie besorgt. Die Brünette nickte und drehte ihren Kopf dann so, dass sie hinter sich sehen konnte. Nur einige Schritte von ihnen entfernt, schwebte Alietumon und wirkte ziemlich wütend. Seine Augen fixierten das andere Digimon, welches sich schützend vor Sora und Yuna positioniert hatte. »Leormon«, dieses Mal musste ihr niemand sagen, wie das nächste Level von Frimon hieß. Der Name klang so vertraut, als kannte sie ihn schon ihr ganzes Leben. »Goldregen!«, knurrte es seine erste Attacke und ein goldener Funkenregen prasselten dem überraschten Alietumon entgegen. Die Attacke war nicht stark und doch brachte sie das Alietumon aus der Fassung. Es kreischte und schwang sich etwas in Lüfte. Gerade in diesem Moment kamen die anderen Digimon Leormon zur Hilfe. Zusammen schafften sie es in die Enge zu treiben und nach einer letzten gemeinsamen Attacke, verschwand es spurlos zwischen den Wolken. So als wäre es nie da gewesen. Yuna schluchzte auf. Einerseits vor Erleichterung, andererseits, weil sie wusste, dass dieses böse Digimon jederzeit wiederkommen könnte. Nun konnte Yuna ihren Tränen nicht mehr zurückhalten. »Schon gut, mir ging es nach meinem ersten Kampf auch so«, diesmal war es Mimi, die ihr beruhigend einen Arm um die Schulter schlang. Dankbar vergrub Yuna ihr Gesicht in der Bluse der Älteren und schluchzte. Sie zitterte so sehr, dass sie kaum klar denken konnte. Da jetzt auch noch die Spannung von ihr abfiel, ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Die anderen schwiegen nur betreten. Sie alle wussten, dass es auch für sie nie einfach gewesen war, ihr Digimon den ersten Kampf kämpfen zu lassen. »Yuna?« Das Mädchen war überrascht über Leormons Stimme. Sie war auf einmal viel ernst und besorgter als vorher, so als hätte es plötzlich jegliche Naivität verloren. »Oh Leormon, ich freue mich so, dass du digitiert bist«, schluchzte Yuna und fiel ihrem Digimon um den Hals. Sofort wurde sie etwas ruhiger. Leormon strahlte eine so einen Trost und eine Wärme aus, dass sie gar nicht anders konnte. »Nein nicht ich bin digitiert. Wir sind es. Hast du es nicht gespürt? Diese Verbundenheit? Als ob wir plötzlich eins wären? Es war, als würden unsere Herzen im gleichen Takt schlagen«, erklärte das Digimon und sah sie aus seinen blauen, treuen Augen an. Yuna nickte eifrig und ein kleines Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Dann hatte sie sich das also doch nicht eingebildet. Für einen kurzen Moment waren Leormon und sie sich näher gewesen als jemals zuvor. »Und was machen wir jetzt? Der Herrscher der Finsternis weiß doch sicher schon längst, dass wir auf dem Weg zu ihm sind. Außerdem könnte dieses Alietumon oder andere böse Digimon jederzeit zurückkommen«, durchbrach Sora nach einiger Zeit die Stille. Hikari nickte zustimmend: »Wir haben genau zwei Möglichkeiten. Entweder wir sehen zu, dass wir hier schnell wegkommen oder wir stellen uns ihnen.« »Ich bin auf jeden Fall fürs Zweite«, kam es von Daisuke wie aus der Pistole geschossen. »Das hatten wir doch sowieso vor, oder?«, gab Takeru ihm das erste Mal Recht und auch Iori nickte zustimmend. Taichi, Mimi und Sora wechselten einen Blick. Sie schienen sich unsicher zu sein. »Also, macht es euch was aus, wenn ich mit Miyako-chan hier warte?«, fragte Mimi kleinlaut. »Wir gehen mit, oder Agumon?« »Klar, Taichi!«, das Drachendigimon nickte. »Was meinst du Biomon?«, Sora drehte sich fragend um, doch ihr Digimon hatte sich schon längst entschieden: »Aber Sora, du weißt doch, dass ich immer bereit bin mit dir zu kämpfen.« »Ich halte das für keine gute Idee«, äußerte sich Ken und alle bis auf Yuna blickten ihn erstaunt an, »wir sollten vor erst unsere Möglichkeiten abwägen und so viel wie möglich über diesen Herrscher herausfinden. Ich traue ihm irgendwie nicht und wir brauchen wirklich alle Digiritter. Genauso wie einen Plan.« »Aber Ken«, Daisuke starrte seinen Freund einfach nur an. Ohne ihn würde er nur halb so stark sein, dass wusste er. Wenn Ken sich weigerte mit zu gehen, würde ein wichtiger Teil von ihnen fehlen. Und sein Freund schien gegen ihren Plan zu sein. Warum auch immer. Daisuke überlegte, ob er vielleicht Angst vor der Dunkelheit hatte. Angst, selbst wieder von ihr umhüllt zu werden. »Und was ist mit dir, Yuna-chan?«, fragte Hikari und blickte ihr neustes Mitglied an. Die anderen folgten gespannt ihrem Blick. Immerhin war ihr Urteil am wichtigsten. Sie war Hauptakteur in dieser Sache. Der Herr der Finsternis hatte es schließlich auf sie abgesehen. Yuna biss sich auf die Unterlippe und begegnete Leormons ruhigen Augen. Sie wusste, dass es sie unterstützen würde für was auch immer sie sich entscheiden würde. Das machte ihr Mut. Sie schloss die Augen und atmete einmal tief durch. Dann öffnete sie ihre Augen wieder und schüttelte bedauernd ihren Kopf: »Ich muss Ken Recht geben. Es bringt nichts, wenn wir uns heute noch unnötig in Gefahr begeben. Ich weiß, dass ich nach Leormons Digitation stärker als jemals zuvor sein wollte, aber ich fühle mich noch nicht bereit dafür dem Herrn der Finsternis die Stirn zu bieten. Wir wissen nicht mit wem wir es dort zu tun haben und ich finde ein Kampf für heute reicht. Unsere Eltern machen sich bestimmt schon Sorgen. Wer weiß, wie klein der Zeitunterschied zwischen hier und der realen Welt bereits ist.« »Aus dir spricht die Weisheit, mein Kind!« Sie alle zuckten zusammen als sie die männliche Stimme hinter sich hörten und wirbelten herum. »Sensei?!«, kam es überrascht im Chor. © ぁキ Kapitel 12: Du bist nicht allein -------------------------------- KAPITEL 12: Du bist nicht allein Hinter den Kindern und ihren Digimon war ein junger Mann mit braunen Haaren und in einer weiten Robe aufgetaucht. Yuna hätte nie gedacht, dass es wirklich so etwas wie Menschen in der Digiwelt gab und dann auch noch Erwachsene. »Wer ist das?«, fragte sie Miyako leise, die ihr am nächsten stand. »Das ist Gennai – sensei«, flüsterte diese ihr zu, »er behauptet, er sei eine Ansammlung von Daten, genau wie die Digimon. Er hilft uns immer, wenn wir nicht weiterkommen und scheint viel über die Geschichte der Digiwelt zu wissen. Er ist eine Art Mentor.« Yuna konnte sich schwach daran erinnern, dass Koshiro ihn mal am Rande erwähnt hatte. »Ihr solltet erstmal wieder in eure Welt zurückkehren bevor ihr euch dem Herrscher der Finsternis entgegenstellt. In eurer Welt könnt ihr neue Kräfte sammeln und euch eine Strategie überlegen.« »Aber es gibt doch keinen Fernseher durch den wir zurückreisen könnten«, jammerte Mimi. Gennai lächelte: »Aber denk doch mal nach. Wie seit ihr bei eurem ersten Besuch in der Digiwelt wieder zurück in eure Welt gekommen?« »Das Tor?«, fragte Sora. Gennai nickte: »Es ist wieder geöffnet. Ich weiß nicht warum, aber es scheint, als wolle die Digiwelt euch damit helfen. « »Dann lasst uns so schnell wie möglich dort hin«, erklärte Takeru, »bevor es sich wieder schließt.« »Halt, halt, einen Moment«, schaltete sich Taichi ein und wandte seinen misstrauischen Blick nicht von Gennai ab, »was wissen Sie über diesen Kerl dort in der Burg?« Der junge Mann räusperte sich und hockte sich dann mit einem Seufzen auf den Boden. »Ich kann versuchen es zu erklären, aber es wird euch nicht gefallen.« Die Digiritter wechselten einen Blick und setzte sich dann in einem Halbkreis ihm gegenüber auf den Boden. »Alles begann damit, dass es immer wieder kleinere Erdbeben gab bei denen Digimon einfach so verschwanden. Erst waren es die schwächeren, auf einem niedrigen Level, aber dann waren auch Champion- Digimon plötzlich unauffindbar. Es verschwanden von Tag zu Tag mehr und teilweise sind bereits ganze Dörfer unauffindbar. Und dann tauchten sie auf. Die dunklen Schatten, die sich in unserer Welt reflektierten. Erst sehr spät haben wir bemerkt, dass sie aus der realen Welt stammen. Die Schatten der Gebäude und Pflanzen. Und dann wurde uns klar, dass jemand versucht beide Welten miteinander zu verschmelzen.« »Aber wie und warum?«, unterbrach Daisuke ihn ungeduldig. »Das ist die große Frage gewesen. Bisher sind wir soweit mit unseren Forschungen gekommen, dass der Herrscher der Finsternis, wie er genannt wird, seine eigenen erschaffenen Digimon, wie das Sidmon, durch den Untergrund kriechen lässt, um andere Digimon gefangen zu nehmen. Deshalb die Erdbeben. Wir können davon ausgehen, dass er die Datenströme der Digimon nutzt, um etwas anzutreiben, dass das Verschmelzen möglich macht. Doch wir wissen nicht, um was es sich dabei handelt. Vielleicht um etwas, dass aus der gleichen Materie geschaffen ist, wie die schwarzen Türme. Dunkle Datenströme, die sich im Inneren des Erdkerns befinden, oder etwas anderes.« »Dunkle Datenströme?«, wiederholte Hikari nachdenklich. Als sie daran dachte und an all die verschwundenen Digimon, fuhr ihr ein Schauer über den Rücken. »Was passiert mit den Digimon, wenn er ihre Daten genommen hat?«, sprach Palmon die Frage aus, die allen durch den Kopf ging. Gennai senkte den Kopf und sagte nichts. Doch sein Schweigen war Antwort genug. Alle Blicke richteten sich gleichzeitig auf den Jüngsten in der Gruppe. Ioris Hände begannen zu zittern. Eine einzige Träne rollte über seine Wange. Freundschaftlich legte Takeru ihm eine Hand auf die Schulter. Für einen Moment herrschte bedrücktes Schweigen, doch Taichi hielt es nicht länger aus: »Dann müssen wir kämpfen!« »Ja, aber jetzt seid ihr noch zu schwach. Um den Kampf bestehen zu können, müsst ihr noch viel lernen und vor allem euren Zusammenhalt stärken. Außerdem seid ihr nicht vollständig.« »Ja, leider«, seufzte Sora und bekam wieder diesen glasigen Blick, den sie immer bekam, wenn sie an Yamato dachte. Taichi biss die Zähne zusammen, so als hätte er Mühe seine Wut zu unterdrücken. »Ich werde das mit diesem Verräter jetzt ein für alle Mal klären«, knurrte er und sprang auf seine Beine. »Taichi-nii«, seufzte seine Schwester und ihr bester Freund schüttelte nur den Kopf. »Wenn ihr hierbleiben wollte, dann bitte. Ich geh jetzt und verpasse ihm jetzt endlich mal einen Tritt in den...« Er stoppte überrascht, als er eine warme Hand auf seinem Arm spürte. Ihm begegneten ein Paar brauner Augen, die ihn ruhig anblickten. »Ich werde das machen«, erklärte Yuna leise, »Leormon und ich haben schon darüber geredet. Wir kennen Ishida-san nicht so gut wie ihr und deshalb...deshalb glaube ich, dass er mir zuhören wird.« »Bist du dir da sicher, Yuna-chan?«, fragte Gabumon. Das Mädchen nickte ohne den Blickkontakt zu Taichi abzubrechen: »Ich bin mir noch nie sicherer gewesen.« Der Weg zum Tor verlief schweigend. Sie waren zu erschöpft. Zu zweifelnd. Zu nachdenklich. Es war kein Trauermarsch, sondern eher wie eine Stille der Besinnung. Nicht einmal Daisuke wagte es zu mosern, als Takeru Kari auffing, als sie fast über einen Stein gestolpert wäre. Beide wurden rot und gingen dann weiter nebeneinander her, als wäre nichts gewesen. Taichi konnte nicht aufhören über Yunas letzte Worte nachzudenken. Sie hallten durch seinen Kopf, als würde jemand ständig einen Repeat- Knopf drücken. Sie lief direkt vor ihm, zusammen mit Daisuke und schien sich in Gedanken mit Leormon zu verständigen. Es war erstaunlich, dass sie sich schon ohne Worte verstehen konnten. Er und Agumon hatten fast zwei Jahre dafür gebraucht. Er musste daran denken wie sehr sich das junge Mädchen verändert hatte. Er wusste, dass das nichts Neues war. Sie alle hatten sich verändert, nachdem sie in der Digiwelt gewesen waren. Doch bei ihr war ihm aufgefallen, dass sie nicht nur mutiger und redseliger geworden war, sondern auch gleichzeitig unglücklicher. Und das gefiel ihm gar nicht. Das Lächeln, was sie im Moment hatte, wirkte überschattet und unecht und das bereitete ihm wirklich Kopfzerbrechen. Er schien sich im Moment wirklich viel mehr Sorgen um sie zu machen, als um die Gefahr, die möglicherweise vor ihnen lag. Es war nicht so, dass er Daisuke nicht mochte, aber es störte ihn doch schon ein wenig, dass die beiden so eng nebeneinander herliefen. Sie schienen sich auch erstaunlich gut zu verstehen. Das war ihm schleierhaft, wo sie doch so unterschiedlich waren. »Willst du ewig so vor dich hinstarren oder kommst du jetzt?«, unterbrach Soras Stimme seine Gedanken. Verwirrt blickte er sich um und stellte überrascht fest, dass sie schon längst am Tor angelangt waren. Nur noch Sora, Biyomon, Agumon, Ken, Iori, Patamon und er waren übrig. Die anderen waren schon gegangen. Taichi seufzte und schritt dann ebenfalls durch das große Tor. »Man, warum habt ihr denn so lange gebraucht?«, Koshiro raufte sich jetzt schon mindestens zum dritten Mal die Haare seit sie in seinem Zimmer gelandet waren. »Entschuldigung, aber irgendetwas scheint in der Digiwelt völlig schief zu laufen«, erklärte Takeru ihm und zuckte mit den Schultern. »Eure Eltern haben schon Telefonterror bei mir gemacht. Besonders deine«, er deutete mit dem Finger auf Ken, »sie hatten Angst, dass du schon wieder abgehauen bist.« Ken machte ein schuldiges Gesicht und wechselte einen schnellen, besorgten Blick mit Wormmon: »Dann werde ich so schnell wie möglich nach Hause gehen.« »Ja, ich geh mit dir. Meine Eltern machen sich sicher auch Sorgen«, murmelte Iori. Koshiro nickte und Daisuke verabschiedete sich schnell von seinem besten Freund mit einem Handschlag. »Auf Wiedersehen!«, meinten die anderen im Chor und die beiden Jungen machten sich auf den Weg nach Hause. »Und was machen wir beide jetzt?«, Mimi legte Sora einen Arm über die Schulter. Diese runzelte die Stirn und wirkte auf einmal sehr nervös: »Eigentlich habe ich heute ein Tennismatch. Tut mir leid, Mimi-chan.« »Ach schon gut«, seufzte die Brünette und grinste, »dann gehen eben Koshiro-chan und ich ein Eis essen.« Der Genannte wäre vor Schreck beinahe vom Stuhl gefallen, als er das hörte. »W-was?«, stammelte er und wurde tomatenrot im Gesicht. »Ach komm schon, Koshiro- chan. Du musst dich auch mal von deinem Computer trennen. Es scheint ja schon fast so, als seid ihr ein Herz und eine Seele«, Mimi verdrehte die Augen und schlang ihre Arme um seinen Hals. Koshiros Gesichtsausdruck war unbeschreiblich. Taichi und Sora lachten sich leise ins Fäusten, während die anderen nur fragend danebenstanden. »Aber Mimi«, jammerte Koshiro, »ich muss doch noch herausfinden, was dieser Herr der Finster-« »Gar nichts musst du«, Mimi riss ihm entschlossen den Laptop aus den Händen, »heute werden wir uns alle einen Tag frei nehmen, dass wird langsam mal Zeit. Wir haben so viel jetzt erlebt, dass uns ein Tag Ruhe mal ganz gut tun wird. Dir auch, mein Lieber.« Die anderen Digiritter hielten die Luft an. Noch nie, nie, nie hatte es jemand gewagt Koshiro von seinem Allerheiligsten zu trennen. Im ersten Moment sah es so aus, als wolle der brünette Junge Mimi den Hals umdrehen, doch dann plötzlich seufzte er ergeben und rieb sich den Hinterkopf: »Also gut. Vielleicht hast du Recht. Ich habe schon lange keinen freien Tag mehr gehabt.« Als er Mimis strahlendes Lächeln sah, lief er wieder rot an und murmelte: »Aber hör auf mich Koshiro- chan zu nennen. Wir sind beide im gleichen Alter.« »Ich finde das auch eine gute Idee sich mal eine Pause zu gönnen «, meinte Hikari, »habt ihr nicht vielleicht Lust morgen für einen Tag ans Meer zu fahren? Ich meine, wir alle gemeinsam mit den Digimon. Wir können uns etwas erholen und gleichzeitig die Gelegenheit nutzen, um Yuna-chan und Leormon etwas besser kennenzulernen.« »Oh ja, ans Meer!«, riefen Agumon und Patamon freudig. Leormon sah fragend zu Yuna empor: »Yuna, was ist das Meer?« »Das Meer ist ganz viel Wasser, aber man kann es nicht trinken«, erklärte Palmon aufgeregt, »es gibt auch einen Sandstrand und man kann dort Ballspielen.« Leormons Augen begannen zu leuchten: »Yuna, Yuna, fahren wir auch ans Meer?« »Ich weiß nicht«, meinte Yuna zögerlich und blickte Hikari fragend an, »was ist, wenn jemand die Digimon am Strand sieht?« »Keine Angst«, lächelte Hikari, »Kens Eltern haben ein Strandhaus mit Privatstrand. Wir waren schon einmal dort. Ich bin sicher, dass wir das mit den Digimon wiederholen können.« »Ja, ich erinnere mich daran«, meinte Taichi, »du bist dort letztes Jahr mit Takeru-kun und den anderen gewesen.« »Das ist doch perfekt!«, jubelte Mimi, »Jyou hat dieses Jahr den Führerschein gemacht. Bestimmt kann er sich ein Auto leihen. Dann steht diesem Urlaub ja nichts mehr im Weg!« »Halt, halt«, mischte sich Koushiro ein, »erstmal müsst ihr Ken und Joyu fragen, ob das überhaupt in Ordnung geht. Ich werde den beiden gleich Mal eine E-Mail schreiben.« »Gut, dann rufe ich nachher noch Daisuke-kun an«, meinte Hikari. »Lass mich das machen«, meinte Yolei und wurde rot als alle sie überrascht ansahen. Es war allen bekannt, dass Yolei und Daisukes Kommunikation meistens in einem Streit endete. »Äh…ich meine ja nur. Also, du willst doch nicht immer seine blöden Anmachsprüche hören, oder?« Hikari nickte. »Also gut«, Taichi klatschte in die Hände, »wir telefonieren alle heute Abend nochmal, um noch weitere Planungen vorzunehmen.« Alle waren mit dieser Idee zufrieden. Allerdings hatte sich bei Yuna bereits eine neuere Idee eingeschlichen. Sie wusste nicht, ob es den anderen gefallen würde. Allerdings ließ sie dieser Gedanke nicht mehr los. Am späten Nachmittag bekam sie einen Anruf von Mimi, die ihr mitteilte, dass sie sich am nächsten Morgen an ihrer Schule treffen wollten. Sie würden dann eine Nacht im Strandhaus der verbringen. Jyou hatte bereits erklärt zu fahren und sich dafür einen Kleinbus gemietet. Iori durfte leider nicht mitkommen, aber alle anderen Eltern erlaubten es. Auch Yunas Eltern freuten sich darüber, dass ihre Tochter endlich mal etwas mit Freunden unternahm. Yuna selbst jedoch hatte vorher noch etwas anderes zu erledigen. Es gab etwas, das ihr seit ihrer letzten Reise in die Digiwelt nicht mehr aus dem Kopf ging. »Wohin gehst du?«, fragte Leormon erstaunt als sie ihre Jacke überstreifte. Es hatte bis eben auf Yunas Bett gelegen und sich an einer Tüte Kartoffelchips erfreut. Jetzt blickte es seine Partnerin mit großen Augen an. Yuna strich ihm sanft über den Kopf: »Leider passt du mit deiner Größe nicht mehr in meinen Rucksack, ansonsten hätte ich dich mitgenommen. Ich möchte nochmal mit Ishida-san sprechen. Ich weiß, dass wir das zusammen machen wolltest, aber du versteht doch, dass es zu gefährlich für dich ist, oder?« Leormon verzog beleidigt das Gesicht, aber es musste einsehen, dass Yuna Recht hatte. Also versprach es in Yunas Zimmer zu bleiben und sich wieder Mal als Plüschtier zu tarnen, wenn ihre Eltern ins Zimmer kommen sollten. Es war bereits dunkel als Yuna beim Proberaum von Yamatos Band ankam. Takeru hatte ihr den Weg beschrieben. Er war der einzige Digiritter, den sie über ihr Vorhaben eingeweiht hatte. Sie hielt es für besser den anderen erstmal nichts davon zu erzählen und vor allem nicht Taichi. Sie hatte ihnen zwar versprochen, dass sie mit Yamato nochmal reden wollte, aber sie wollte ihn zusätzlich dazu bringen mit an den Strand zu kommen. Wenn das nicht funktionierte, wollte sie den anderen die Enttäuschung ersparen. Sie wusste, dass sich andernfalls besonders Sora Hoffnungen gemacht hätte. Sie war sehr nervös als sie die alte Lagerhalle betrat. Bisher hatte sie Yamato erst einmal getroffen und sie hatte noch keine Ahnung, wie sie das Gespräch beginnen sollte. Hatte sie sich vielleicht doch überschätzt? »Hey Kleine, Fremde haben hier keinen Zutritt«, ein älterer Junge, der gerade dabei war ein Mikrofon anzuschließen, blickte sie verärgert an. „Entschuldigung“, sie verbeugte sich höflich, »ich bin auf der Suche nach Ishida-san.« Der Junge seufzte genervt: »Hey, Autogramme gibt es nach der Show. Also warte genauso wie alle anderen Fans!« »Ähm nein, i-ich…«, stammelte sie und hob abwehrend die Hände. Der Junge sprang von der Bühne und beugte sich bedrohlich über sie: »Sie zu das du verschwindest, kapiert?« Mutlos ließ sie die Schultern hängen. Sie öffnete den Mund um noch etwas zu erwidern, aber ihr fiel nichts ein, was sie sonst noch erwidern könnte. Der Junge hatte Recht; sie hatte hier eigentlich nichts zu suchen. Außerdem war sie nicht selbstbewusst genug, um ihre Meinung gegenüber älteren Personen zu vertreten. Gerade wollte sie wieder gehen als Yamato durch einen Hintereingang die Halle betrat. Überrascht blickte er Yuna an: »Du bist doch…«, er sprach seinen Satz nicht aus als er den fragenden Blick seines Bandkollegen bemerkte. Schnell räusperte er sich: »Äh, willst du kurz mit nach hinten kommen? Ich glaube, Kai braucht hier noch einen Moment, um alles zu installieren.« »Du kennst sie?«, fragte Kai überrascht. »Sozusagen«, meinte Yamato ausweichend und bedeutete Yuna ihm schnell zu folgen, bevor sein Bandkollege ihnen noch weitere Fragen stellen konnte. Sie war verwundert, dass Yamato sie im Gegensatz zu Kai nicht auch sofort davonschickte. Laut Soras und Taichis Schilderungen hatte sie das Gefühl gehabt Ishida Yamato sei ein kalte und abweisenden Junge. Aber dem schien anscheinend nicht so zu sein. Im Gegenteil, denn er wirkte freundlich und zuvorkommend. Im hinteren Bereich der Halle, hatte die Band sich einen Raum mit Sofas und Sesseln eingerichtet. Wahrscheinlich, um dort nach Proben oder Konzerten zu verweilen. Er deutete ihr sich auf einen Sessel zu setzte »Du bist Hayashi, oder?«, er reichte ihr eine Flasche Wasser, aber sie lehnte dankend ab. »Genau, ich bin Hayashi Yuna und seit kurzem ebenfalls ein Digiritter«, sie verbeugte sich höflich. Er tat es ihr gleich: »Ja, ich habe von dir gehört. Ich bin Ishida Yamato, aber das weißt du ja sicherlich schon.« Sie nickte. »Und du bist nicht nur hier, um dich vorzustellen, oder?« Sie schüttelte den Kopf. Er seufzte und kratzte sich genervt am Hinterkopf: »Also, wer hat dich geschickt? Sora, Taichi oder mein Bruder?« »Niemand. Ich bin hier aus eigenem Antrieb«, antwortete sie und blickte ihm fest in die Augen, »ich weiß, dass ich noch nicht lange ein Digiritter bin. Ich weiß auch nicht, ob ich das Recht habe mich in eure Angelegenheiten einzumischen. Und doch kann ich es nicht zusehen, wenn andere leiden. Es ist das erste Mal, dass ich so etwas wie Freunde habe, deshalb ist das noch alles sehr neu für mich. Ich möchte ihnen helfen, aber ich und mein Digimon sind noch zu schwach, um mit den anderen zu kämpfen. Deshalb bleibt mir nur diese Möglichkeit, um einen Beitrag zu leisten. Ich weiß, wie sehr sie dich vermissen. Und sie brauchen dich. Wir brauchen dich. Alleine können wir es nicht schaffen. Nur, wenn wir alle zusammenhalten und uns vertragen, können wir die bösen Mächte besiegen.« Yamato schwieg einen Moment. Er hatte sie weder unterbrochen, noch so getan als würde er das alles nicht hören wollen. In ihrem Inneren begann sich ein Fünkchen Hoffnung zu regen. »Ich habe von diesem Herrscher der Finsternis gehört«, meinte er nachdenklich und senkte den Blick, »und doch kann ich dir nicht helfen. Meine Musik ist mir wichtig und Taichi und die anderen sind stark genug ohne mich. Also tut es mir leid, dass du umsonst hierhergekommen bist.« Enttäuscht ließ Yuna die Schultern hängen. Was hatte sie auch erwartet? Er hörte nicht mal auf seinen besten Freund und seine Freundin, was konnte da ein fremdes Mädchen schon ausrichten? Aber warum wollte er nicht mehr kämpfen? Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er seinen Digimonpartner nicht vermisste. Sie war gerade mal einige Minuten von Leormon getrennt und vermisste ihren Digimonfreund schon. Was hielt ihn zurück Gabumon zumindest zu treffen? »Du solltest jetzt lieber nach Hause gehen«, Yamato wandte sich zum Gehen, »es ist schon spät und außerdem beginnen gleich unsere Proben.« »Du hast Angst«, murmelte sie und er blieb wie angewurzelt stehen. Sie erschrak selbst über ihre harschen Worte. Sie hatte noch nicht mal eine Höflichkeitsformel angewandt. Doch sie hatte nur das ausgesprochen, was sie dachte. Yamato sah sie nicht an, sondern ballte nur seine Hände zu Fäusten: »Du solltest wirklich gehen.« »Du hast Angst«, wiederholte sie nun mit einer kräftigeren Stimme und versenkte ihre Hände in dem Saum ihrer Jacke, »du hast Angst, dass du ihnen nicht helfen kannst. Du hast Angst alle zu enttäuschen.« Yamato antwortete ihr nicht und sah sie auch immer noch nicht an. Doch sie wusste, dass sie ins Schwarze getroffen hatte. Sie konnte seine Verunsicherung spüren. »Du hast genauso viel Angst wie ich«, sagte sie und sprach das erste Mal wirklich aus, was sie schon lange verspürte, »ich kann das verstehen. Ich habe auch eine Heidenangst. Ich habe Angst zu versagen und nicht stark genug zu sein, während die anderen kämpfen. « Sie konnte es nicht verhindern, dass ihr plötzlich Tränen übers Gesicht liefen. »Du willst ihnen genauso helfen wie ich, aber du weißt nicht wie. Du…du…du hast vor allem auch Angst, dass du Gabumon enttäuscht. Deshalb verkriechst du dich lieber hier und tust so als würde dich das alles nicht beschäftigen. Du willst lieber, dass sie dich hassen, als dass sie dich bemitleiden. Doch das macht alles nur noch schlimmer, weil sie deine Hilfe unbedingt brauchen. U-u-und ich? Ich...ich bin einfach so schwach und für alle nur ein K-Klotz am Bein. Ich kann gar nichts. Ich wollte vor allem mir selbst beweisen, dass ich nicht nutzlos bin, indem ich dich zurückhole. Doch das war ein egoistischer Gedanke. Natürlich brauchen sie dich, aber sie brauchen mi-mich nicht. Das ist die Wahrheit. Ich habe zu große Angst, bin schwach und kann ihnen nicht helfen. Ich habe so verdammte A-Angst, weil ich nicht weiß, was passieren wird! « Sie schluchzte und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Sie schämte sich für ihr eigenes Geständnis. Es war eine dumme Idee gewesen sich in diesen Konflikt einzumischen. Nun meldete sich Yamato das erste Mal wieder zu Wort. »Verdammt!«, fluchte er und ramme seine Faust in die Lehne der Coach. Er zitterte am ganzen Körper und fuhr sich ein paar Mal durch seine Haare: »Verdammt, wie kommt es, dass du auf den ersten Blick so unschuldig wirkst und dann einem plötzlich so verflixt hart die Wahrheit ins Gesicht schlauderst!« Auf seinem Gesicht lag ein verbittertes Grinsen. »Du hast Recht. Ich habe auch Angst. Aber nicht nur um mich. Was wenn bei diesem Kämpfen meinen Freunden etwas zustößt, weil ich einen Fehler mache? Das könnte ich mir nie verzeihen. Aber ich kann auch nicht zusehen, wie sie in den Kampf ohne mich ziehen. Wenn ich dabei wäre, hätte ich wenigstens die Möglichkeit alle zu beschützen.« Er ließ sich aufs Sofa fallen und seufzte tief: »Oh man, wie konnte ich nur so blind sein? Nicht du bist egoistisch, sondern ich. Mach dich selbst nicht so schlecht. Du wirst sicher noch stärker werden, glaub mir. Am Anfang wussten wir alle nicht, was wir taten. Also hör auf zu weinen.« Er legte ihr tröstend die Hand auf den Kopf. Erstaunt blickte sie auf und erkannte ein halbes Lächeln auf seinem Gesicht: »Immerhin hast du es mit deiner Ehrlichkeit geschafft, dass ich meine Meinung geändert habe. Ich bin dabei. Ich werde versuchen meine Angst zu kontrollieren.« Sie zwinkerte ein paar Mal verwirrt und er fuhr sich verlegen durchs Haar: »Na ja, das heißt, wenn die anderen mich noch mit im Team haben wollen und wenn Gabumon mir verzeiht…« Yuna wusste gar nicht, was sie sagen wollte. Sie war immer noch überwältigt von ihren eigenen Gefühlen, aber gleichzeitig kehrte die Hoffnung zurück, dass jetzt alles gut werden würde. »W-wir wollen morgen an den Strand fahren«, stotterte sie und wischte sich die Tränen aus den Augen, »wir treffen uns morgen an der Schule. Alle sind dabei. Ich bin aber sicher im Bus ist noch ein Platz frei.« »Ich verstehe«, er nickte, »ich werde da sein. Auch wenn ich nicht weiß, wie die anderen reagieren werden. Aber wenn Taichi mich verprügelt, dann ist das alleine deine Schuld.« Er grinste sie breit an. Yuna nickte. Sie konnte immer noch nicht fassen, dass er seine Meinung so schnell geändert hatte. »Ich bin mir sicher, dass die anderen sehr froh darüber sind, dass du mitkommst«, meinte sie und lächelte schwach, »vor allem Gabumon wird aus dem Häuschen sein.« »Das hoffe ich«, Yamato konnte seine Bedenken immer noch nicht ganz verbergen. Er blickte nachdenklich auf dir Uhr: »Aber du solltest wirklich nach Hause gehen. Es ist schon spät.« Yuna nickte und bedankte sich mit einer Verbeugung. Nicht nur für das Wasser, sondern auch für alles andere. Sie war schon fast an der Tür als ihr noch etwas einfiel. Sie drehte sich zu dem älteren Jungen mit ernster Miene nochmal um: »Ishida-san. Falls du immer noch Angst haben solltest, dann vergiss eines nicht: Du bist nicht alleine. Auch wenn es im Moment nicht so aussieht, vertrauen dir alle immer noch sehr. Ich meine, wir sind alle nicht alleine. Ich bin mir sicher, dass alles gut wird, wenn wir zusammen auf einer Seite kämpfen.« Yamato nickte: »Das gleiche gilt aber auch für dich, Hayashi. Du und dein Digimon, ihr seid nicht alleine. Du hast vorhin gesagt, dass du dich mit Freundschaften nicht gut auskennst, aber das bezweifle ich mittlerweile. Auch wenn ich das Wappen der Freundschaft trage, hast du sicherlich im Moment mehr das Recht es zu tragen als ich.« Er lächelte als er ihren verwirrten Gesichtsausdruck sah: »Ich meine, was du dich heute getraut hast, ist der Beweis wahrer Freundschaft. Nicht jeder hätte einen fremden Menschen so konfrontiert wie du es heute getan hast. Das ist einer der Gründe, warum du mich überzeugt hast. Du bist gut darin die Gefühle anderer zu erkennen und die bist ehrlich. Aus dir wird sicherlich noch ein mutiger und guter Digiritter.« Ihre Wange färbten sich rot bei diesem Kompliment. Schnell verabschiedete sie sich mit ein paar hastigen Verbeugungen und stolperte wieder ins Freie. Sie fühlte sich plötzlich zuversichtlicher als jemals zuvor. Auf dem Rückweg nach Hause, hallten immer wieder seine letzten Worte durch ihren Kopf. Yamato hatte Recht. Sei brauchten beide keine Angst zu haben, denn sie hatten Freunde, die zu ihnen hielten. Und diese Freunde wollte sie ebenfalls beschützen. Genauso wie er. Auch wenn das hieß, dass sie sich dafür selbst in Gefahr begeben musste. Es begann sich ein Plan in ihrem Kopf zu formen. Ein Plan, wie vielleicht niemand mehr unter den Machenschaften des Herrschers der Finsternis zu leiden haben würden. Sie hatte schon bei dem Kampf gegen Alietumon daran gedacht. Sie musste unbedingt mit Leormon darüber reden. Sie wusste nicht wie das Digimon auf ihren Plan reagieren würde, aber sie sah keinen anderen Ausweg mehr. Sie hatte sich bereits entschlossen: Sie würde das tun, was sie tun könnte. Sie würde beweisen, dass Yamatos Vertrauen in ihre Fähigkeiten nicht nur eine reine Überschätzung ihres Charakters war. © ぁキ Kapitel 13: Wenn ich dich wiederseh ----------------------------------- KAPITEL 13: Wenn ich dich wiederseh »Und du bist sicher, dass er mitkommt?«, fragte Leormon nun schon mal zum dritten Mal an diesem Morgen und Yuna gab zum dritten Mal die gleiche Antwort: »Ich weiß es nicht. Wir werden es nachher sehen.« »Ich hoffe, er kommt mit«, meinte Leormon und sprang auf Yunas Schreibtisch, um ihr dabei zuzusehen, wie sie ihre Reisetasche packte, »Gabumon würde sich auf jeden Fall wirklich freuen. « Yuna nickte zustimmend. Sie konnte es immer noch nicht fassen, was am Vorabend geschehen war. Würde Yamato wirklich zu den Digirittern zurückkommen? Sie würde es erst glauben, wenn er leibhaftig vor ihnen stand. Doch immerhin hatte sie alles versucht. Sie war ehrlich zu ihm gewesen und sie musste sich auf sein Wort jetzt verlassen. Eine andere Geschichte war, wie Sora und vor allem Taichi auf Yamatos plötzlichen Sinneswandel reagieren würden. Yuna seufzte. »Was hast du?«, besorgt blickte Leormon zu ihr hoch. Yuna lächelte und strich ihrem Digimonpartner liebevoll über den Kopf: »Nichts. Ich hoffe nur, dass alles gut wird.« Leormon schien mit dieser Antwort nicht ganz zufrieden zu sein. Der Gesichtsausdruck des Digimons wirkte nachdenklich: »Du weißt, dass du mir vertrauen kannst, Yuna-chan. Ich bin dein Digimonpartner und möchte alles mit dir teilen: Deine Ängste, deine Sorgen und deine Freude. Egal, was du tust, ich bin bei dir. Das weißt du doch, oder?« Gerührt blickte Yuna Leormon an: »Du bist der beste Digimonpartner, den ich mir wünschen konnte. Das weißt du auch, oder Leormon?« Das Digimon lief rot an, aber schwellte auch stolz die Brust. Yun warf einen Blick auf ihre Armbanduhr: »Jetzt sollten wir aber wirklich los.« Leormon nickte und sprang in die Reisetasche. Yuna schloss den Reißverschluss, sodass nur der Kopf des Digimons zu sehen war und es wieder aussah, wie ein Stofftier. Zuletzt griff das Mädchen noch nach ihrem Digivice und machte sich auf den Weg zu ihrem Treffpunkt. Außer Jyou mit den Mietwagen, waren auch schon Miyako, Iori, Takeru, Sora, Ken und ein verschlafender Daichi anwesend. Als Miyako Yuna kommen sah, winkte sie ihr neuen freuen fröhlich zu: »Hallo, Yuna-chan. Bist du auch schon so aufgeregt wie ich?«, und um ihre Aufregung zu beweisen, sprang Miyako wild auf und ab. Daisuke neben ihr verdrehte nur die Augen: »Jetzt komm mal wieder runter. Du warst doch bestimmt schon öfters am Meer.« »Aber nicht mit so vielen Leuten«, meinte Miyako, »und dann noch an einem Privatstrand. Ken, du bist echt zu beneiden. Vielen lieben Dank, dass du das möglich gemacht hast“, mit beiden Händen schüttelte sie Ken begeistert die Hände. Der war ein bisschen überfordert mit der Situation und murmelte mit gerötetem Gesicht ein »Keine Ursache«. Daisuke verzog das Gesicht, drängte sich zwischen die beiden und meinte zu Miyako: »Lass den armen Kerl doch in Ruhe. Er mag es nicht angefasst zu werden und vor allen nicht von solchen Mädchen wir dir.« Verärgert stemmte Miyako die Hände and die Hüften und funkelte ihn wütend an: »Was soll das denn heißen?« Lässig verschränkte Daisuke die Hände hinterm Kopf: »Es war genauso gemeint, wie ich es gesagt habe, du hyperaktive Zicke!« »Du elender Idiot! Dich würde ein Mädchen nicht mal anfassen, wenn man ihr Geld dafür bezahlen würde!«, wütend ballte Miyako die Hände zu Fäusten. Eine Ader an Daisukes Stirn begann zu zucken und schon waren die beiden in einen handfesten Streit verstrickt. Ken und Iori versuchten die beiden Streithähne wieder zu beruhigen, aber das war gar nicht so einfach. Jyou verdrehte nur die Augen und sah auf die Uhr: »Wo bleiben bloß die anderen? Wir müssen langsam los. Ich werde nochmal Mimi anrufen«, er zog sein Handy aus der Tasche und verschwand hinter dem Wagen. Yuna wandte sich in der Zwischenzeit an Takeru und Sora: »Wo sind denn eure Digimon?« »Die sind schon im Kofferraum. Er ist groß genug für sie alle«, Takeru lächelte Leormon freundlich an, »wenn du magst, dann kannst du dich auch schon zu ihnen gesellen.« Das Digimon sah fragend zu Yuna, die nickte und ihren Digimonpartner aus der Tasche befreite. »Was ist eigentlich aus gestern geworden?«, fragte Takeru und sah das Mädchen vielsagend an. Yuna wollte ihm gerade von dem Gespräch mit seinem Bruder erzählen als Mimi mit Koushiro im Schlepptau angelaufen kam. »Huhu«, rief Mimi schon vom Weitem, »sorry, dass wir erst auf den letzten Drücker kommen, aber jemand von uns konnte sich nicht von seinem Computer lösen.« »Ich habe doch gesagt, dass ich noch etwas Wichtiges überprüfen musste«, jammerte Koushiro und musste erstmal anhalten und tief durchatmen. Es schien als habe ihn Mimi genötigt schneller zu laufen. »Ach, da seid ihr ja«, Jyou kam wieder hinter dem Wagen hervor, habt ihr zufällig was von den Yagamis gehört? Wir müssen langsam echt los...« Er schien wirklich ungeduldig zu werden, aber die anderen schüttelten nur verneinend die Köpfe. Jyou seufzte: »Dann steigt ihr schon mal ein. Ich warte noch zwei Minuten, dann fahren wir los.« Sofort begann das Gedränge, um die besten Plätze. Am Ende schafften es Iori und Ken sich zwischen die beiden Streithähne Miyako und Daisuke zu setzten. »Was ist los, Yuna-chan? Willst du nicht auch einsteigen?«, fragte Sora, als nur noch die beiden Mädchen und Jyou draußen standen. Yuna wusste nicht, was sie antworten sollte. Ihre Hoffnungen schwanden immer mehr, dass Yamato noch kommen würde. Sie hätte den anderen gerne davon erzählt, aber was, wenn sie bei ihnen ebenfalls Hoffnungen entfachte und sie alle am Ende enttäuscht wurden? »Na endlich, da sind sie ja«, meinte Jyou erleichtert und meinte Hikari und Taichi, die gerade zusammen mit Gatomon und Agumon um die Ecke gerast kamen. Beide sahen ziemlich verschlafen aus. »Tut uns leid«, meinte Hikari außer Atem, als sie vor den drei anderen zum Stehen kamen, »aber mein blöder großer Bruder hat es mal wieder verpennt unseren den Wecker zu stellen.« »Ja, aber wenn du heute Morgen deine bescheuerte Sonnenbrille gleich gefunden hättest, wären wir schon längst hier«, knurrte Taichi. »Jetzt seid ihr ja hier«, meinte Sora schnell, um einen Streit zwischen den Geschwistern zu verhindern, »also lasst uns schnell los.« »W-wartet!«, meinte Yuna und biss sich nervös auf der Unterlippe herum. »Was ist los? Hast du etwas vergessen?«, Jyou konnte nicht mehr verhindern genervt zu klingen. Auch die anderen blickten Yuna fragend an. Diese stotterte etwas Unverständliches vor sich hin und fand immer noch nicht die richtigen Worte. »Ist alles in Ordnung mit dir?«, besorgt blickte Hikari sie an. Yuna öffnete dem Mund, um ihr endlich klar und deutlich zu antworten, da meldete sich eine andere Stimme zu Wort: »Bin ich zu spät?« Erstaunt ruckten alle Köpfe in Richtung Yamato, der plötzlich hinter dem Kleinbus aufgetaucht war. Über seiner Schulter baumelte lässig eine Sporttasche. Erleichtert atmete Yuna aus und ihr Herz machte Freudensprünge. Die anderen starrten Yamato fassungslos an. Taichi war der erste, der seine Stimme wiederfand: »Was willst du denn hier?« »Na, ich dachte, wir machen uns ein paar schöne Tage am Strand«, meinte Yamato ruhig. Taichi ballte wütend die Hände zu Fäusten: »Was heißt hier wir? Ich wüsste nicht, dass du eingeladen worden wärst!« »Natürlich wurde ich eingeladen. Oder habe ich das gestern falsch verstanden, Hayashi?« Alle Köpfe flogen automatisch in Yunas Richtung, die schüchtern den Kopf zwischen ihre Schultern zog. »Was soll das heißen?«, fragte Taichi und blickte das Mädchen so durchdringend an, dass sie am liebsten im Boden versunken wäre. Doch es war Yamato, der antwortete: »Na ja, mir hat jemand ml so richtig den Kopf gewaschen. Ich habe verstanden, dass ich mich wie ein feiger Idiot benommen habe.« Er zwinkerte Yuna zu, die wiederum rot anlief und versuchte den fragenden Blicken der anderen auszuweichen. Auch die anderen, die bereits im Bus saßen, hatten bereits mitkommen was sich draußen abspielte und steckten neugierig ihre Köpfe aus dem Fenster. »Heißt das, du bist wieder dabei?«, fragte Koushiro und zog eine Augenbraue hoch. Yamato nickte und setzte eine ernste Miene auf: »Natürlich nur, wenn ihr mich noch dabei haben wollt…« »Aber klar doch!«, Gabumon sprang aus dem Bus, gefolgt von allen anderen Digimon. Begeistert hüpften sie im Kreis um Yamato herum. »Oh Yamato, ich habe dich so vermisst«, weinend sprang Gabumon seinem Freund in die Arme. Yamato lächelte glücklich: »Ich dich auch. Es tut mir leid, dass ich dich im Stich gelassen habe.« Während Gabumon und Yamato noch ihr Wiedersehen feierten, wandte sich Takeru an Yuna. Es war kaum zu übersehen, wie glücklich er war, dass sein großer Bruder zu ihnen zurückgekehrt war. »Wie hast du das bloß geschafft? Seit Wochen rede ich mit Engelszungen auf ihn ein, aber er hat mich immer abgeblock.« »Ja«, Jyou blickte Yuna ebenfalls bewundernd an, »das ist echt eine riesige Überraschung.« »Pah«, meldete sich Taichi nun das erste Mal wieder zu Wort. Sofort verstummten die Jubelrufe der Digimon und alle Aufmerksamkeit war auf Taichi gerichtet. Yamato löste sich aus Gabumons Umarmung und schritt langsam auf seine beiden ehemaligen Freunde zu. Sora hatte bisher noch nichts gesagt. Sie blickte Yamato immer noch an, als wäre er nicht real, sondern ein Trugbild ihrer Fantasie. »Ich weiß, dass ich euch beide wirkliche enttäuscht habe«, meinte Yamato und blickte den beiden nur fest in die Augen, »doch ihr seid neben Takeru die wichtigsten Menschen im meinem Leben. Es war nicht richtig von mir euch so zu verletzen. Aber ich möchte alles wieder gut machen und euch erklären, warum ich mich wie ein hirnloser Trottel benommen habe. Also gebt ihr mir noch eine Chance?« Taichi hatte die Arme vor der Brust verschränkt und funkelte seinen ehemals besten Freund wütend an: »Das du uns im Stich gelassen hast war feige. Doch, was ich dir wirklich nicht verzeihen kann, ist wie du mit Sora umgegangen bist«, knurrte der ehemalige Anführer der Digiritter und stellte sich schützend vor seine beste Freundin. Sora begann am ganzen Körper zu zittern und senkte ihren Blick. Jeder konnte sehen, wie verletzte sie immer noch zu sein schien. Yamato blickte Sora entschuldigend an: »Sora, würdest du mir wenigstens die Chance geben alles zu klären? Ich weiß, dass es nie mehr sein wird wie früher, aber können wir nicht zumindest versuchen unsere Freundschaft zu retten? Auch zur Liebe der Digiwelt?« »Du redest von der Liebe zur Digiwelt? Ausgerechnet du?«, höhnte Taichi, »du hast kein Recht von Sora etwas zu verlangen. Meinetwegen kannst du sagen, was du willst, aber keine Entschuldigung der Welt kann das wiedergutmachen! Komm Sora, wir lassen uns von so etwas nicht den Ausflug verderben.« Taichi stieg in den Bus und blickte seine beste Freundin auffordernd an. Sora hob den Kopf. Mit Tränen in den Augen blickte die Yamato an. Sein Gesichtsausdruck war genauso leidend wie ihrer. Dann drehte sie sich um und folgte Taichi in den Bus. »Puh«, seufzte Jyou und wandte sich an Yamato, »ich habe nichts dagegen, dass du mitkommst, aber die beiden scheinen noch eine Weile zu brauchen, um dich wieder zu akzeptieren.« »Ja, das habe ich mir auch nicht anders gedacht«, murmelte Yamato und ließ geknickt den Kopf hängen. »Ach, die werden sich auch schon wieder beruhigen«, tröstend legte Takeru den Arm um seinen Bruder, was seltsam aussah, da dieser mindestens einen Kopf größer war als er. »Ja«, stimmte Hikari ihrem besten Freund mit einem Lächeln zu, »Taichi kann zwar eine ziemliche Nervensäge sein, aber wenn es um seine Freund geht, dann ist er immer für sie da.« »Fragt sich nur, ob ich jemals wieder sein Freund sein werde«, merkte Yamato an. »Wie sagt man so schön? Die Zeit heilt alle Wunden. Ich bin mir sicher, dass Sora-chan und Taichi dir eines Tages wieder vertrauen werden, solange du ehrlich und aufrichtig zu ihnen bist«, meinte Gatomon aufmunternd. Sie war von allen Digimon wohl das scharfsinnigste.   »Na ja, ich kann ja auch nicht allzu viel erwarten oder? Immerhin bin ich selbst schuld, dass sie jetzt wütend auf mich sind, nicht wahr?«, Yamato zuckte nur mit den Schultern. Bevor er in den Bus stieg, wandte er sich mit einem verschmitzten nochmal an Yuna: »Vergiss nicht, dass es immer noch deine Schuld ist, wenn Taichi mich heute noch verprügelt!« Yuna lief rot an und Hikari kicherte hinter ihr: »Du scheinst ihn ja wirklich gut zugeredet zu haben. Alle Achtung!« »Ich habe bloß versucht ehrlich zu sein«, murmelte Yuna und auch wenn Yamatos Rückkehr alles andere als harmonisch ablief, freute sie sich doch, es geschafft zu haben. Sie hatte ihr Versprechen gehalten. Die Fahrt zum Meer wurde, wie erwartet, von gemischten Gefühlen geleitet. Miyako und Daisuke hatten sich immer noch nicht vertragen und keiften sich die ganze Zeit an. Jyou hatte Schwierigkeiten die Karte zu lesen und Gomamons Versuche ihm zu helfen, machten das auch nicht besser. Sie verfuhren sich daher mehrmals, was wiederum die Digimon, die sich im Kofferraum bereits langweilten, nur noch hibbeliger machen. Iori und Hikari hatten alle Hände voll zu tun die quirligen Wesen bei Laune zu halten. Taichi hingegen schmollte auf der Rückbank, mit einer schweigenden Sora daneben, die immer wieder unauffällige Blicke in Yamatos Richtung warf, der sich im vorderen Teil des Busses von seinem Bruder über alle Neuigkeiten aus der Digiwelt aufklären ließ. Yuna hingegen genoss diese chaotische Busfahrt. Sie saß neben Ken, dessen Gesellschaft sie zur Abwechslung mal ganz angenehm fand. Und er schien zu merken, dass sich Yuna wohl fühlt. Freundlich lächelte er sie an: »Ich hatte früher auch kaum Freunde, weißt du. Die Digiritter sind schon etwas ganz Besonderes.« Yuna musste schmunzeln, als sie ihren Blick über das Chaos im Bus schweifen ließ: »Ja, das sind sie und ich bin froh, dass ihr mich gefunden habt. Ihr seid mir alle sehr wichtig geworden. Ich hoffe, wir werden in Zukunft immer so viel Spaß haben. Egal, wie das hier ausgeht.« »Machst du dir Sorgen?«, Ken runzelte die Stirn. Sie nickte nur schwach und sah aus dem Fenster, wo man seid einiger Zeit schon das sanfte Blau des Meeres erkennen konnte. Die Digimon waren fast vor Freude durchgedreht, als sie es das erste Mal gesehen hatten. Auch jetzt schien Leormon immer noch aus dem Häuschen zu sein. Es stand mit den Frontpfoten am Seitenfenster des Kofferraums und hatte ganz leuchtende Augen. »Wir sind alle sehr angespannt«, meinte Ken sanft, »du bist mit deiner Sorge nicht alleine. Ich glaube, ihm geht es am schlimmsten dabei.« Er deutete hinter sich. »Yagami-senpai?«, sie hob überrascht eine Augenbraue. Ken nickte: »Er fühlt sich immer noch uns allen verpflichtet. Und als er seinen besten Freund am meisten gebraucht hat, hat dieser ihn einfach hängen lassen. Er fühlt sich verraten und im Stich gelassen. Doch er hat sich vorgenommen die Verantwortung alleine zu übernehmen. Ich kenne ihn noch nicht so lange, aber das kann ich spüren. Zwar versucht er seine wahren Gefühle hinter seinem Zorn auf Ishida-san zu verstecken.« Nachdenklich biss sich Yuna auf die Unterlippe. Vielleicht hatte Ken Recht. Vielleicht waren sich Yamato und Taichi in Wirklichkeit sehr ähnlich. Sie erwarteten von sich selbst einfach viel zu viel, aber versuchten ihre Sorge und ihre Verzweiflung zu verbergen. Taichi hinter einer Wand aus Wut und Yamato hinter einer Wand der Gleichgültigkeit. Yuna lehnte ihre Stirn gegen die Fensterscheibe und beobachtete wie sich die Wellen an den steilen Klippen der Küste brachen. Wenn ihr Plan gelingen würde, dann hätte alles vielleicht endlich ein Ende. Die Digiritter und ihre Digimon könnten in Frieden weiterleben und auch Taichi und Yamato könnten endlich ihre schwere Bürde loswerden und einfach wieder Freunde sein. Sie musste einfach versuchen alles wieder ins Lot zu bringen. Es musste einfach gelingen. Auch wenn ihr Plan einige Schwächen hatte. Bald hatten sie ihr Ziel erreicht. Das Strandhaus von Kens Eltern, das direkt in die Felsen eingelassen worden war, lag verlassen einige Meter von einem kleinen Dorf entfernt. Das Haus wurde durch das obere Stockwerk betreten, in dem sich auch die drei Schlafzimmer befanden. Eine breite Treppe führte in das untere Stockwerk, welches eigentlich nur aus dem Wohn- und Essbereich bestand und anstatt Wände nur riesige Glasfronten besaß, wodurch man einen super Ausblick aufs Meer hatte. Eine kleine, steile Treppe führte am Haus entlang hinunter zu einem privaten Strand mit einem kleinen Steg und zwei Ruderbooten. Die Digimon wollten sofort darin hinaus aufs Meer fahren, aber die Menschen beschlossen erstmal das Gepäck ins Haus zu bringen und die Zimmer zu verteilen. Das war schnell gelöst. Die fünf Mädchen teilten sich das größte der Zimmer. Da Taichi es strikt ablehnte mit dem „Verräter“, wie er ihn nannte, in einem Raum zu übernachten, schliefen Yamato, sein Bruder Takeru, Ken und Iori in dem einen und Jyou, Taichi, Koushiro und Daisuke in dem anderen Zimmer. Die Digimon schliefen natürlich bei ihrem jeweiligen Partner. »Taichi ist doch echt kindisch«, schnaubte Hikari, während sie ihren Schlafsack im Mädchenzimmer ausrollte. Außer ihr befanden sich nur noch Yuna und Sora im Raum. Mimi und Miyako waren mit Jyou, Koushiro und Yamato ins Dorf gegangen, um etwas für das Abendessen zu kaufen. Der Rest bereitete mit den Digimon ein Lagerfeuer am Strand vor. »Man ihn doch verstehen, oder?«, murmelte Sora ohne das jüngere Mädchen dabei anzusehen, »Yamato-kun hat uns alle sehr verletzt.« »Ja, ich kann ja verstehen, dass ihr beide enttäuscht von ihm seid«, räumte Hikari ein, »aber deshalb müsst ihr ihm doch nicht aus dem Weg gehen oder? Warum redet ihr nicht einfach mit ihm? Immerhin ist der zurückgekehrt oder?« Sora presste nur die Lippen zusammen. Es war kaum zu übersehen, dass sie ihre Tränen zurückhalten musste. Yuna tat sie auf einmal leid. War es vielleicht doch keine gute Idee gewesen, dass sie Yamato eingeladen hatte. »Es tut mir leid, Takenouchi- senpai«, meinte sie leise und ließ die Schultern hängen. Überrascht blickten die anderen beiden Mädchen sie an. »Was meinst du damit, Yuna- chan?«, frage Sora. Nervös knetete Yuna ihre Finger auf ihrem Schoß: »Ich habe immer nur daran gedacht, dass mit Ishida-kun alles besser werden würde. Ich habe nie daran gedacht, wie du dich eigentlich dabei fühlst. Immerhin wart ihr mal ein Paar. Es muss dich sehr verletzt haben.« Soras Wangen färbten sich leicht rosa. Doch sie lächelte sanft: »Das ist doch nicht deine Schuld, Yuna-chan. Du hast das Richtige getan. Wir brauchen Yamato, um diesen Kampf zu gewinnen. Was zwischen mir, ihm und Taichi-kun geschehen ist, ist unsere Sache.« »Eben nicht«, mischte sich Hikari nun wieder ein, »wenn Taichi sich so kindisch aufführst und du immer nur traurig guckst, dann betrifft es uns alle. Nur als Team sind wir stark.« »Aber sollen wir einfach vergessen, was geschehen ist?«, wütend sprang Sora auf, »das kannst du nicht von uns verlangen. Ich versuche mein bestes, aber ich kann mich einfach nicht überwinden, so zu tun, als wäre nie etwas gewesen.« Sie konnte ihre Tränen nicht länger zurückhalten. »Sora-chan, ich…«, meinte Hikari kleinlaut. Yuna war genauso erschrocken. »Weißt du eigentlich wie es ist, wenn jemand dir am Telefon sagt, dass....dass…dass er sich nicht mehr sicher ist«, schluchzte Sora und ihre Finger gruben sich in das T-Shirt, das sie gerade aus ihrer Reisetasche geholt hatte. »Sora-chan, es war wirklich nicht so gemeint«, erklärte Hikari beschwichtigend, »das muss wirklich sehr schmerzhaft gewesen sein.«  Man konnte ihr das schlechte Gewissen regelrecht ansehen. Sie hockte sich neben Sora und legte ihr tröstend einen Arm um die Schulter. »Schon gut«, das ältere Menschen wischte sich verlegen ein paar Tränen aus den Augen, »ein bisschen bin ich ja auch selbst schuld. Wir haben uns am Telefon gestritten und ich habe in meiner Wut einfach aufgelegt. Ich habe ihn noch nicht mal die Chance gegeben mir zu erklären, warum alles so gekommen ist.«     »Ich glaube, dass du und Yagami-senpai ihm noch sehr wichtig sind«, meinte Yuna langsam, »sonst hätte er sich nicht dazu entschieden euch zu verlassen.« »Was meinst du damit?«, Hikari schien diese Aussage genauso zu verwirren wie Sora. Yuna wurde ein wenig rot um die Nase. Ihr war es immer unangenehm sich in die Angelegenheiten anderer einzumischen, aber sie hatte es bereits in dem Moment getan, in dem sie versprochen hatte mit Yamato zu reden. »Na ja, er hatte nicht mehr das Selbstvertrauen euch alle beschützen zu können. Er dachte, er sei zu schwach. Aus diesem Grund hat er sich zurückgezogen. Ich kann ihn verstehen. Mir ging es genauso. Ich fühle mich manchmal auch wie ein Klotz am Bein. Ishida-senpai und ich, wir beide haben riesige Angst zu versagen und damit andere in Gefahr zu bringen. Doch gestern haben wir beschlossen für unsere Freunde stark zu sein. Ishida-senpai hat das beschlossen. Er möchte seine Selbstzweifel überwinden und ich glaube, dass du einer der Gründe bist, Takenouchi- senpai. Du und Gabumon und Yagami-senpai und natürlich Takaishi-senpai. Ihr alle seid im sehr wichtig. Deshalb ist er zurückgekehrt.« Eine Zeit lang herrschte Schweigen im Raum. Es war nur das Rauschen der Wellen und das Kreischen der Möwen zu hören. Yuna blickte verlegen auf ihre Schuhe. Sie wagte es nicht den anderen beiden Mädchen in die Augen zu schauen. Hatte sie zu viel gesagt? Hielten die beiden sie für nervig, weil sie sich in alles einmischte? Plötzlich spurte sie einen leichten Druck an ihrer Schulter und sah überrascht auf. Obwohl Soras Augen immer noch gerötet waren, lag ein dankbares Lächeln auf ihren Lippen. »Weißt du was, Yuna-chan? Warum machst du dich eigentlich selbst immer so schlecht? Du bist unglaublich. Ich habe bisher noch keine Person getroffen, die Gefühle anderer Menschen so gut verstehen kann. Ich fühle mich schon viel besser Vielen Dank.« Yuna wurde scharlachrot und stammelte: »Ich…ähm...hab doch gar nichts gemacht.« »Doch. Du hast mir geholfen Yamato-kun besser zu verstehen. Ich hatte es alles von der Seite noch gar nicht betrachtet. »Ich ehrlich gesagt auch nicht«, gab auch Hikari zu und kratzte sich im Nacken, »das ergibt aber alles Sinn. Yamato-kun hatte schon oft den Hang dazu einsame Entscheidungen zu treffen und seine wahren Gefühle zu verstecken.« Sora nickte und wurde rot: »Deshalb mag ich ihn ja auch so gerne. Er würde für seine Freunde alles tun. Wie hatte ich das nur vergessen können? Ich war einfach nur wütend und enttäuscht. Dabei war ich diejenige, die ihm in Stich gelassen hat, als er mich am meisten brauchte.« Sie wirkte niedergeschlagen. »Jetzt gebe aber auch nicht dir die Schuld«, beschwichtigte Hikari sie, »immerhin gehören zu einem Streit immer zwei.«   »Du solltest mit ihm reden«, meinte Yuna, »es hat ihn wirklich Überwindung gekostet hierher zu kommen. Er wird dir auf jeden Fall zuhören.«  Sora nickte zwar, aber ihr Blick sagte, dass ihr nicht wohl bei dem Gedanken an dieses schwierige Gespräch war. »Wenn du möchtest, sorge ich dafür, dass ihr später nochmal ungestört seid«, bot Hikari. Sora schüttelte heftig den Kopf und wirkte auf einmal entschlossener als zuvor: »Das ist sehr nett, aber das muss ich alleine schaffen. Yuna-chan hat Recht. Er hat einen Schritt auf uns zugemacht und jetzt bin ich an der Reihe, auch wenn es schwer wird die richtigen Worte zu finden. Trotzdem wird Taichi-kun sich nicht so leicht überzeugen lassen wie ich.« Sie seufzte tief. »Um mein Brüderchen kümmere ich mich schon«, knurrte Hikari und ließ ihre Fingerknöchel knacken. Die anderen beiden lachten. Sie kannten die Streitigkeiten der Yagami- Geschwister zu genüge. Dass Taichi dabei meistens den kurzen zog, war bekannt. Sie konnten sich Hikaris wütende Grimasse und Taichis Schmollen geradezu bildlich vorstellen. »Ich weiß, dass du es nur gut meinst Hikari- chan«, lächelte Sora, »aber ich finde, dass sollte Yuna- chan übernehmen.« »Ich?«, perplex blickte diese zwischen den anderen beiden hin und her. Doch auch Hikari schien von dieser Idee begeistert zu sein: »Aber natürlich. Du hast bereits den eiskalten Yamato aus der Reserve gelockt und erfolgreich zurückgeholt. Warum sollte es nicht auch bei meinem hitzköpfigen Brüderchen klappen?« Yuna biss sicher verunsichert auf die Unterlippe: »Bei Ishida-senpai, das war nur Glück. Ich glaube nicht, dass sich Yagami-senpai etwas von mir sagen lässt…« Sora und Hikari tauschten einen vielsagenden Blick aus, den Yuna nicht ganz deuten konnte. Sie fühlte sich nicht ganz wohl beim dem Gedanken so wieder so eine wichtige Aufgabe zu übernehmen. Außerdem hatte sie ja bereits eigene Pläne... »Bitte, Yuna- chan«, Sora griff nach den Händen des jüngeren Mädchens, »ich bitte dich inständig darum. Taichi-kun wird dir eher zuhören als Hikari-chan oder mir. Das mit Yamato war keinesfalls ein Zufall und hör endlich auf dich selbst so schlecht zu machen. Du bist einfach gut darin andere von etwas zu überzeugen. Ich bin mir sicher, dass du es schaffst.«           Yuna fühlte sich geschmeichelt, dass die anderen ihr so viel Vertrauen entgegenbrachten und wer konnte schon Soras und Hikaris flehenden braunen, warmen Augen widerstehen? »A-also gut«, meinte sie widerstrebend und atmete ergeben ein, »ich werde es versuchen, aber ich kann euch nichts versprechen.«   »Danke«, Sora schüttelte ihr begeistert die Hand. »Ach ja, könntest du uns einen großen Gefallen tun?«, meinte Hikari und ihr Blick wirkte auf einmal ein wenig verärgert. Yuna schluckte. Hattet sie etwas falsch gemacht? »Könntest du uns vielleicht alle mit unseren Vornamen ansprechen? Das ist wirklich anstrengend. Wir nennen dich ja auch Yuna-chan und du gehörst doch schon längst zu unserem Freundeskreis.« Yuna atmete erleichtert aus. Sie hatte etwas anderes erwartet und musste nun über ihre eigene Anspannung lachen: »Natürlich kann ich das, Hikari- chan und Sora-senpai.«     © ぁキ Kapitel 14: Alles wird gut -------------------------- KAPITEL 14: Alles wird gut Die angespannte Stimmung zwischen den Digirittern hielt auch noch bis zum Abend an. Während die Digimon fröhlich zusammen mit Takeru und Hikari im Wasser plantschten, herrschte vor allem zwischen Yamato und seinen ehemaligen besten Freunden Eiszeit. Jyou und Ken hatten es geschafft ein Lagerfeuer zu entfachen, während Miyako und Sora sich um das Essen kümmerten. Mimi und Koushiro waren nochmal ins Dorf gegangen. Mimi war aufgefallen, dass noch etwas Wichtiges fehlte, aber sie wollte partout nicht verraten was. Außerdem hatte sie darauf bestanden, dass Koushiro sie begleitete. Dieser war bis zu den Ohrenspitzen rot angelaufen und musste von Mimi geradezu mitgezerrt werden, da es ihm unangenehm zu sein schien mit ihr alleine zu sein. Er schien der einzige zu sein, der noch nicht merkte, wie sehr er in das gleichaltrige Mädchen mittlerweile verschossen war. Nachdem Yuna den Abgang der beiden mit einem Lächeln quittiert hatte, schloss sie sich Daisuke an, der aus dicken Holzästen, Decken und umgedrehten Eimern und Kisten Sitzgelegenheiten um das Lagerfeuer baute. Iori und Yamato hingegen saßen auf einem Stein und schauten den Digimon beim Plantschen zu. Der Jüngere wirkte sehr bedrückt und auch der Ältere machte den Eindruck über einiges Nachzudenken. Yuna hatte immer wieder das Bedürfnis zu den beiden hinüber zu gehen, aber aus irgendeinem Grund hatte sie das Gefühl, dass die beiden sich durch ihr Schweigen irgendwie gegenseitig Trost spendeten. Yuna hatte gesehen, dass Sora immer wieder zu ihrem Ex-Freund hinüber spähte und sich dabei nervös auf der Unterlippe kaute. Man sah ihr an, dass sie hin und her gerissen war. Yuna seufzte. Sie wollte sich nicht weiter einmischen. Den letzten Schritt musste Sora selbst machen. Außerdem hatte sie sich von der Älteren ja eine noch viel größere Bürde aufbrummen lassen. Taichi war nämlich seit einigen Minuten spurlos verschwunden. Dabei suchte sie seit über einer Stunde nach einer Gelegenheit ihn beiseite zu nehmen. Sie wusste nicht genau, was sie ihm sagen sollte. Sie wusste auch nicht genau, ob er ihr überhaupt zuhören würde. Vielleicht würde sie alles auch nur noch schlimmer machen. Da sie so in Gedanken war, achtete sie nicht darauf, dass die alte Metalltonne, die sie am Strand gefunden hatten, eine scharfe Kante hatte und schnitt sich daran den Finger auf. »Autsch«, mit einem dumpfen Geräusch landete die Tonne im Sand und sie steckte sich schnell den Finger in den Mund, um die Blutung zu stoppen. Sofort war Daisuke neben ihr: »Was ist passiert? Lass mal sehen«, vorsichtig nahm er ihre Hand und begutachtete den feinen Schnitt, der unheimlich brannte und blutete. Auch Leormon bemerkte, dass etwas nicht stimmt, und kam eilig auf sie zu gerannt. »Yuna!« »Ist schon gut, ist nicht so schlimm«, meinte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen und versuchte ein gequältes Lächeln. »Das sollte aber schnell verarztet werden bevor Sand in die Wunde kommt«, Jyou rückte seine Brille zurecht, »ich habe im Haus einen Verbandskasten. Komm mit, ich helfe dir.« »Vielen Dank, Jyou-kun. Wenn du mir sagst, wo der Kasten ist, kann ich das auch alleine«, meinte sie lächelnd. »Bist du sicher?«, fragte Daisuke misstrauisch. »Ja, ich habe mich schon öfters geschnitten, also bin ich darin sozusagen geübt mich selbst zu verarzten«, sie kratzte sich verlegen am Hinterkopf. »Der Verbandskasten ist in unserem Zimmer in meinem Rucksack. Es ist der große, graue rechts am Fenster«, erklärte Jyou. Sie nickte bloß und ging zurück zum Haus, ihren verletzten Finger haltend. »Warte«, Yamato, der anscheinend auch alles mitbekommen hatte, eilte hinterher und reichte ihr sein Halstuch, »wickle das um den Finger, damit vorerst kein Sand oder Salzwasser an die Wunde gelangt.« Dankbar nahm sie das Angebot an und stieg dann mit den besorgten Blicken der anderen im Rücken die steile Treppe zur Strandvilla empor. Ihr war es peinlich, dass nur sie es mal wieder geschafft hatte sich aufgrund ihrer Nachdenklichkeit in Schwierigkeiten zu bringen. »Tut es sehr weh?« Yuna zuckte zusammen. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass Leormon neben ihr lief. »Ein bisschen.« Sie wollte ihren Digimonpartner nicht anlügen. Doch als sie Leormons besorgten Ausdruck in den Augen sah, fügte sie schnell hinzu: »Doch es ist keine tiefe Wunde. Ich mache einfach ein Pflaster drauf und dann ist alles wieder in Ordnung.« Leormon nickte nur und wirkte neugierig. Wahrscheinlich konnte es sich unter einem Pflaster nicht allzu viel vorstellen. Yuna hatte den Verbandskasten schnell gefunden. Die Jungen hatten ihre Sachen noch nicht ausgepackt, deswegen lagen alle Sachen noch so, wie sie es nach ihrer Ankunft dort abgeladen hatten. Nur ihre Schlafplätze hatten sie schon eingerichtet. Yuna kam sich ein bisschen unwohl vor, alleine in dem Zimmer der Jungen zu sein, deswegen griff sie schnell nach einem Pflaster und räumte Jyous Rucksack sorgfältig wieder ein. »Was ist das?«, neugierig schnüffelte Leormon an einem der Schlafsäcke und steckte dann seinen gesamten Kopf durch die Öffnung. »Wer hat denn nun das Licht ausgemacht?«, fragte es überrascht, versuchte sich aus dem Schlafsack zu befreien, aber fand anscheinend die Öffnung nicht mehr. »Nein, Leormon komm da raus«, schimpfte Yuna, sprang auf und wollte Leormon befreien. Doch in seiner Panik, strampelte das Digimon wie wild und lief dann einfach mit dem Schlafsack über den Kopf quer durch das Zimmer. Yuna eilte ihm fluchend hinterher, aber konnte es durch ihre verletzte Hand nicht wirklich erwischen. So ging die Jagd quer durchs Zimmer. Am Ende stolperte sie über eine Reisetasche, geriet ins Straucheln und wäre wahrscheinlich mit dem Gesicht auf dem Boden gelandet, wenn nicht in diesem Moment Taichi das Zimmer betreten hätte und sie geistig gegenwärtig aufgefangen hätte. So prallte sie lediglich mit ihrem Gesicht gegen seinen Oberkörper, was sich allerdings nicht als wesentlicher schmerzhaft herausstellte. Immerhin war er als Fußballer gut im Training. Für einen Moment wurde ihr schwindelig und automatisch klammerten sich ihre Finger um seine Arme, damit sie nicht doch noch zu Boden ging. »Hey, bist du okay?«, fragte er besorgt. Erst da wurde ihr bewusst, dass sie sich an ihn klammerte, wie an einen Rettungsring. Schnell ließ sie ihn los und wurde knallrot im Gesicht. »J-ja, d-danke«, stammelte sie. »Yuna! Yuna!«, brüllte Leormon immer noch vollkommen orientierungslos, »wo bin ich? Es ist so dunkel!« Taichi machte elegant einen Satz nach vorne, packte den wandelnden Schlafsack und zog ihn von Leormons Kopf. Das Digimon schüttelte sich. »Was hattest du denn mit meinem Schlafsack vor, he?«, fragte der Junge und grinste Leormon schief an. »E-es tu mir leid«, meinte Yuna stattdessen und machte unbeholfen ein paar Verbeugungen. »Ja, mir auch«, murmelte Leormon verlegen. Taichi schien es jedoch mit Humor zu nehmen und warf seinen Schlafsack nur schulterzuckend in eine Ecke. Dann musterte er Yuna fragend: »Was hast du hier eigentlich gemacht?« »Es tut mir leid, ich-«, sie wollte sich wieder verbeugen, doch Taichi hielt sie mit seiner flachen Hand gegen ihre Strin gepresst davon ab. Er sah ein wenig genervt aus: »Hör endlich auf dich immer zu entschuldigen. Sag mir einfach, was du suchst.« »Ent-äh, also…na ja…ich habe eigentlich nur das hier aus Jyous Verbandskasten geholt«, meinte sie nervös und fügte schnell hinzu, »ehrlich. Sonst habe ich nichts angefasst. Leider ist Leormon immer sehr neugierig…« »Ja, das sind leider alle Digimon«, seufzte er und dann fiel sein Blick auf ihre Hand, »was hast du da gemacht?« »Mich geschnitten«, meinte sie kleinlaut, »ich wollte nur eben ein Pflaster draufkleben. Ich bin sofort hier weg.« Damit wollte sie hastig das Zimmer verlassen, aber Taichi hielt sie am Arm fest und hielt ihr seine ausgetreckte Handfläche hin. Fragend blickte zu ihm hoch. Er klickte genervt mit der Zunge: »Na, gib es schon her oder willst du es dir selbst aufkleben?« »Das kann ich wirklich alleine«, meinte sie und wurde rot. Doch Taichi verdreht nur die Augen, entriss ihr ungeduldig das Pflaster und loste sie nach unten, wo er sie auf einen Küchenstuhl platzierte. Sie wagte es nicht mehr zu widersprechen und sah ihm schweigend und mit zusammengepressten Lippen dabei zu, wie er Yamatos Halstuch entfernte und vorsichtig das Pflaster um ihren Finger wickelte. Dabei waren seine Augen so konzentrierte, dass sie ihn nur verlegen anstarren konnte. Wie konnte es sein, dass er nach außen immer so rau und hitzköpfig wirkte, aber sich so liebevoll um seine Freunde kümmerte? »So, das dürfte erstmal reichen«, murmelte er zufrieden. »Danke«, murmelte Yuna verlegen und traute sich nicht ihn anzuschauen. Doch ihren Finger hatte sie schon längst vergessen. Taichi hingegen warf nun einen ärgerlichen Blick auf das Halstuch, das er nur achtlos zur Seite geworfen hatte: »Was soll diese alberne Geste? Er hätte gleich mit dir kommen sollen.« Yuna biss sich auf die Unterlippe. Eigentlich war das die perfekte Gelegenheit mit Taichi über Yamato zu sprechen, aber irgendwie stimme seine letzte Aussage sie missmutig. Es klang fast so als wäre sie ein kleines Mädchen, das man verhätscheln musste. Hatte er immer noch nicht verstanden, dass sie auch sehr gut auf sich selbst aufpassen konnte? Sie war enttäuscht. Nachdem sie sich in der Digiwelt wieder vertragen hatten, hatte sie gehofft, dass er ihr mittlerweile mehr zutraute. »Ich habe den anderen gesagt, dass ich keine Hilfe brauche. Yamato- senpai hat das respektiert und mir seine Hilfe nicht aufgezwängt«, meinte sie mit fester Stimme. Taichi’s rechtes Auge zuckte seltsam und sein Gesichtsausdruck wirkte finster: »Heißt das etwas, dass ich dich zu sehr bedränge, nur weil ich mir Sorgen mache, wenn du dir fast den Finger abhackst? Und seit wann nennst du ihn eigentlich beim Vornamen?« Sie wollte ihm erklären, dass Sora und Hikari ihr das mit den Vornamen angeboten hatten, aber Taichi ließ sie gar nicht erst zu Wort kommen. »Ihr scheint euch ja wirklich prächtig zu verstehen, du und der Verräter. So gut, dass du ihn auch gleich eingeladen hast. Dabei kanntet ihr euch vor kurzem noch nicht mal richtig!«, meinte er und gestikulierte dabei wild mit den Armen. »Ich weiß, dass es vielleicht ein bisschen voreilig von mir war«, gab sie zu. »Voreilig? Das war absolut unangebracht«, schnaubte er. Sie biss sich fest auf die Unterlippe und funkelte ihn wütend an: »Du übertreibst maßlos! Du bist nicht mein älterer Bruder und selbst Hikari-chan würde nicht so mit sich sprechen lassen! Ich habe euch versprochen, dass ich mit Yamato- senpai rede und das habe ich getan. Er war anfangs zwar genau so stur wie du jetzt, aber er hat all seinen Mut zusammengekratzt und ist heute mitgekommen. Findest du nicht, dass du dich im Gegensatz zu ihm ein wenig kindisch aufführst, Taichi- senpai?« Der letzte Vorwurf traf ihn ohne Vorwarnung. Er öffnete und schloss den Mund wieder, aber kein Wort kam mehr über seine Lippen. Es fiel ihm noch nicht mal auf, dass sie auch ihn neuerdings mit seinem Vornamen ansprach. Er hatte das jüngere Mädchen noch nie so wütend erlebt. Mit großen Augen starrte er sie einfach nur an. Yuna wurde rot und blickte auf den Boden. Sie hatte ihn nicht so anfahren wollen, aber irgendwie waren ihr die Worte einfach rausgerutscht. »‘tschuldigung«, murmelte sie. »Du brauchst dich nicht entschuldigen, Yuna-chan. Du hast absolut Recht.« Überrascht drehten sich Taichi und Yuna um und sahen Sora zusammen mit Agumon und Biyomon verlegen in der Küche stehen. »Seit wann seid ihr hier?«, fragte Taichi überrascht. Sora jedoch baute sich mit den Händen an den Hüften vor ihm auf und funkelte ihn wütend an: »Was fällt dir eigentlich ein Yuna-chan so etwas zu unterstellen! Sie hat absolut recht. Du benimmst dich total kindisch! Schieb nicht immer die Schuld auf andere, sondern fass dir endlich mal an deine eigene Nase!« »Aber Sora- chan…«, meinte ihr bester Freund etwas lahm. »Nichts aber. Yuna-chan hat es nur gut gemeint und sie hat als einzige Yamato-kun davon überzeugen können freiwillig zurückzukehren. Und dafür willst du ihr auch noch einen Strick draus drehen? Nur weil du eifersüchtig bist?« Jetzt überwand Taichi seinen ersten Schock und sprang so wütend auf, dass sein Stuhl mit einem lauten Knall auf den Boden landete. Mit geballten Fäusten und knallrotem Gesicht stand er seiner besten Freundin gegenüber: »Was soll das denn schon wieder bedeuten? Ich bin nicht eifersüchtig. Auf was auch? Darauf, dass er gekniffen hat? Außerdem hast du ihm doch auch nicht verziehen…« »Und ob ich das habe«, gab Sora ärgerlich zurück und die anderen beiden schauten sie überrascht an. Das rothaarige Mädchen pustete sich wütend die Strähnen ihres Ponys aus dem Gesicht: »Wir haben uns ausgesprochen. Er hat sich bei mir entschuldigt, dass er sich so alt aufgeführt hat und ich habe mich dafür entschuldigt, dass ich so hitzköpfig reagiert habe.« »Du hast dich bei ihm entschuldigt?«, wiederholte Taichi fassungslos. Sora nickte: »Ich habe eingesehen, dass zu einem Streit immer zwei gehören. Er hat zwar immer abgeblockt, aber ich habe auch gar nicht versucht ihn zu verstehen. Vielleicht solltest du das auch machen, Taichi-kun«, ihr Blick wurde ernst, »vielleicht solltest du auch versuchen ihn besser zu verstehen.« »Einen Teufel werde ich!« »Gut, dann lass uns das auf unsere Weise klären.« Yamato stand oben am Rand der Treppe. Sein ernster Blick war nur auf seinen ehemals besten Freund gerichtet. Taichi ballte seine Hände zu Fäusten und funkelte ihn wütend an: »Was meinst du damit?« Langsam kam Yamato die Treppe hinunter. Er nickte Sora kurz zu, die entschlossen zurücknickte. Yuna merkte, dass die beiden dieses Gespräch von vorne herein geplant hatten. Sie wollten Taichi bewusst provozieren und der schien sich voll und ganz auf ihr Vorhaben einzulassen. »Was gibt es da zu klären, verdammt! Du bist ein Verräter. Egal, was die anderen sagen. Ich kann dir nie verzeihen!« Yamato blieb ruhig. Er nickte nur mit dem Kopf und vergrub lässig seine Hände in seinen Hosentaschen: »Ja, du hast Recht. Wahrscheinlich könnte ich dir auch nicht verziehen, wenn es anders herum gewesen wäre. Trotzdem kann ich nichts rückgängig machen. Ich war ein meiner eigenen Angst gefangen gewesen und habe mich wie ein egoistischer Eisklotz aufgeführt. Und doch möchte ich dir zeigen, wie ernst es mir ist, dass ihr mich zumindest wieder als einen von euch akzeptiert.« »Wie willst du das bitteschön zeigen?«, misstrauisch ob Taichi eine Augenbraue. Yamato zuckte nur mit den Schultern: »Wie wir es immer gemacht haben: Bei einem Wettstreit. Schlag etwas vor und ich besiege dich. Dann siehst du wie ernst mir die Sache ist.« Yuna blickte Sora und Yamato fragend an. Was wollten sie mit einem Wettstreit bezwecken? Selbst wenn es Yamato schaffte ihn zu besiegen, würde Taichi nicht sofort einlenken und seine Wut vergessen. Doch sie entschied sich nichts zu sagen und stattdessen erst einmal Taichis Antwort abzuwarten. Zuerst sah es so aus, als würde dieser Yamato im nächsten Augenblick angehen, doch dann nickte er mit geballten Fäusten: »Also gut. Wie du willst. Wir werden sehen, wer von uns als erstes kneift.« Yuna beobachtete gebannt wie in den Augen der beiden der Siegeswille aufflammte. Unsicher blickte sie zu Sora, die wiederum lächelte. Anscheinend war es Teil des Plans Taichi so aus der Reserve zu locken. »Was schlägst du vor? Ein Wettrennen?«, Yamato kam lässig die Treppe hinunter. Taichi schüttelte den Kopf und grinste dann hinterhältig: »Wie wär’s mit einem Fußballmatch?« »Hey, das ist unfair. Du bist der Kapitän unserer Schulmannschaft«, wandte Sora zornig ein. »Schon okay, Sora-chan. Ich denke mein Wille ist größer als sein Talent«, meinte Yamato jedoch lässig und alle blicken ihn sprachlos an. Selbst Taichi. Doch Yamato wirkte absolut selbstsicher: »Wir spielen zwei gegen zwei. Wer als erstes fünf Tore hat gewinnt.« Taichi nickte: »Gut. Und wer soll mit in unseren Teams spielen?« Doch da meldete sich erstmals Agumon zu Wort, das sich bisher im Hintergrund gehalten und den Streit der Kinder mit traurigen Augen mitverfolgt hatte: »Ich spiele mit dir in einem Team, Taichi. Bitte, bitte lass mich mitspielen! Ich will dir helfen.« »Nein, Agumon, das ist keine gute Idee«, meinte Taichi ausweichend. »Warum denn nicht?«, fragte Sora, »ich finde das eine wunderbare Idee, eure Digimon mitspielen zu lassen. Sie sind eure Partner und wollen euch unterstützen.« Taichi knirschte mit den Zähnen, aber Yamato nickte zustimmend: »Ja, das finde ich auch. Ich würde gerne mit Gabumon spielen, wenn es auch einverstanden ist. Was meinst du, Taichi?« »Also gut«, knurrte dieser und funkelte seinen ehemals besten Freund herablassend, »das heißt aber nicht, dass du dadurch bessere Chancen hast. Agumon und ich werden euch auf jeden Fall besiegen. Oder Agumon?« »Wenn du meinst, Taichi«, meinte das Digimon unsicher, aber es sah nicht so aus, als wäre es ihm wichtig Gabumon und Yamato zu besiegen. Es schien einzig und alleine Taichi helfen zu wollen. *** Zwanzig Minuten später trafen sich alle am Strand. Sora, Takeru und Mimi hatten mithilfe von Dingen, die sie am Strand gefunden hatten, ein Spielfeld mit zwei Toren erreichtet. Während sich Digimon und Kinder gespannt an den Spielfeldrand in den Sand setzten, positionierten sich die beiden Teams in jeweils ihrer Hälfte. Auch Gabumon hatte diesem Spiel zögernd zugestimmt. Ihm behagt anscheinend der Gedanke nicht, dass er gegen seine Freunde antreten sollte. Yuna warf dem Digimon, das unsicher zwischen den beiden Tonnen stand, die als Tormarkierung dienten, einen mitleidigen Blick zu. Auch Agumon blickte Taichi, der ein siegreiches Lächeln aufgesetzt hatte, besorgt an. »Nochmal zur Erinnerung«, mit wichtiger Miene schritt Joyu in die Mitte des Spielfelds, Man hatte ihn zum Schiedsrichter gemacht und ihm schien diese Rolle sehr zu gefallen. »Wer als erstes fünf Tore schießt, hat gewonnen«, erklärte er, »Fouls sind natürlich tabu und wenn sich jemand von euch unsportlich verhält, ist er sofort raus.« »Was guckst du mich so dabei an«, meinte Taichi irritiert, »im Gegensatz zu Mr. Cool bin ich ein Teamplayer.« »Ha«, meinte Yamato nur und kniete sich dann neben Gabumon, das immer noch sehr fehl am Platz wirkte. Nachdem ihm Yamato aber etwas ins Ohr geflüstert hatte, entspannte es sich etwas und nickte stumm mit dem Kopf. »Da liegt der Unterschied zwischen Yamato-senpi und Taichi-nii«, meinte Haikari, die neben Yuna im Sand hockte, »Yamato-senpai behält durch seine ruhige Art immer den Überblick, während Taichi mit seiner Hitzköpfigkeit manchmal einfach zu weit geht. Siehst du, wie fixiert er nur auf den Sieg ist und nicht mal wahrnimmt, dass Agumon verunsichert ist?« Yuna nickte. Sie wusste genau, wovon Hikari sprach. Am liebsten wäre sie aufgesprungen und hätte dieses Match abgebrochen. Aber sie wusste, dass Yamato Taichi nicht umsonst herausgefordert hatte. Er würde es nicht zulassen, dass Agumon unter diesem Konflikt leiden würde. Das hoffte sie zumindest. »Auch wenn Ishida noch so ruhig ist, dein großer Bruder wird ihn auf jeden Fall schlagen«, meinte Daisuke schulterzuckend zu Hikari. Verwundert blickte Takeru ihn an, aber er sagte nichts. Normalerweise war Daisuke immer mit Hikari einer Meinung, egal worum es ging. »Pah, Ishida-senpai wird ihn sicher fertigmachen«, mischte sie jetzt auch Miyako ein und nahm ihr Brille ab, um sie an ihrem T-Shirt zu säubern. Daisuke, der vor ihr saß drehte sich wütend zu ihr um und wollte wahrscheinlich protestieren, aber die Wörter verließen nicht mehr seinem Mund. Stattdessen starrte er sie einfach nur an. Verärgert zog Miyako die Augenbrauen zusammen: »Was? Habe ich was ihm Gesicht?« Dasiuke antwortete nicht, sondern zwinkerte nur ein paar Mal mit den Augen. Hikari kicherte: »Ich glaube, es ist das erste Mal, dass Daisuke-kun dich ohne Brille sieht. Er ist vollkommen hin und weg.« »Von wegen…ohne Brille ist sie nur noch hässlicher«, sagte der Junge schnell, wurde aber trotzdem bis zum Haaransatz knallrot. »Idiot«, wütend setzte sich Miyako ihre Brille wieder auf und drehte sich beleidigt von ihm weg. Hikari verpasste Daisuke einen leichten Schlag auf den Hinterkopf: »Du weißt wirklich überhaupt nichts über Mädchen!« »Aua, Hikari-chan. Was meinst du damit?«, jammerte er. »Pst«, fuhr Mimi verärgert dazwischen, »können wir uns jetzt endlich mal auf das Fußballspiel konzentrieren?« Aufgeregt rutschte sie im Sand hin und her und griff, so als wäre es das natürlichste auf der Welt, nach Koushiros Hand. Dieser wurde so knallrot wie Daisuke nur eine Minute zuvor, aber zog seine Hand auch nicht weg. Im Gegenteil. Schüchtern erwiderte er ihren Händedruck. »Sie hat Recht«, Sora war wahrscheinlich am angespanntesten von allen. Nervös kaute sie auf ihrer Unterlippe herum und ihre Augen huschten immer wieder zwischen Yamato und Taichi hin und her. Beide waren ihre besten Freunde und sie wollte keinen der beiden verlieren. Was, wenn doch alles nach hinten losging? Sie zuckte zusammen, als Jyou das Spiel anpfiff. Sofort erkämpfte Taichi sich den Ball und stürmte aufs Tor zu. Yamato konnte gar nicht so schnell reagieren und Gabumon war noch nicht wirklich bereit, da donnerte Taichi den Ball schon ins Tor. Agumon und die anderen Digimon am Spielfeldrand, sowie Daichi und Koushiro jubelten. Der Rest der Kinder hielt sich mit der Begeisterung zurück. »Tut mir so leid, Yamato«, jammerte Gabumon unglücklich, nachdem es den Ball zurückgeholt hatte. Yamato lächelte allerdings nur aufmunternd: »Das macht doch nichts, Gabumon. Das nächste Tor machen wir, das verspreche ich dir.« Gabumon nickte und Jyou legte den Ball wieder in die Mitte des Spielfeldes. Er pfiff wieder an und diesmal schaffte es wirklich Yamato den Ball zurückzuerobern. Allerdings war Taichi direkt neben ihm und konnte ihm den Ball wieder abnehmen. Er hetzte aufs gegnerische Tor zu und schoss. Dieses Mal passt Gabumon auf. Etwas ungeschickt fing es den Ball. Wieder jubelten die Dgimon am Spielfeldrand. Anscheinen schien es ihnen egal zu sein, wer dieses Spiel gewann. Sie freuten sich einfach nur dabei zu sein. Das ließ Yuna schmunzeln. Gabumon schoss den Ball zu Yamato und der sah endlich seine Chance zum Ausgleich. Bevor Taichi ihm in die Quere kommen konnte, schoss er das erste Tor für sich und Gabumon. Diesmal jubelten vor allem Takeru, Hikari und Mimi zusammen mit den Digimon. Die nächsten zwei Tore gingen dagegen wieder an Taichi und Agumon. Taichi schien sich bereits siegessicher, aber Yamato wollte nicht aufgeben. Das konnte man an seinem Blick sehen. Immer wenn Gabumon etwas verpatzte und wirklich unglücklich wirkte, versuchte er sein Partnerdigimon aufzumuntern. »Sora-chan, bist du dir sicher, dass dies die richtige Entscheidung war?«, fragte Yuna leise. Das rothaarige Mädchen knabberte mittlerweile an ihren Fingernägeln, aber sie antwortete trotzdem: »Nein, ich war von Anfang an nicht überzeugt, aber anders lässt sich Taichi nicht umstimmen. Ich kenne ihn schon lange. Yamato-kun war schon immer sein Rivale. Das ist die einzige Chance für Yamato seinen besten Freund zurückbekommen. Er muss gewinnen. Er muss einfach.« In diesem Moment schoss Yamato ein Tor und Sora atmete erleichtert aus. Aber noch war nichts entschieden. Taichi und Agumon führten immer noch. Und die Digimon wurde langsam müde. Gabumon tat sein Bestes im Tor, aber gegen Taichi hatte er kaum eine Chance. Bald stand es vier zu zwei und Taichi war sich seiner Sache schon sicher. Als Jyou zu einer Pause pfiff, damit die beiden Digimon sich etwas erholen konnten, baute er sich herausfordernd vor Yamato auf: »Wolltest du mir nicht deinen Willen zeigen? Wo ist denn dein Wille, häh? Gib einfach auf, denn du hast sowieso keine Chance gegen mich.« »Noch ist nichts entschieden«, gab Yamato lässig zurück, »ich gebe nicht auf. Nicht noch einmal.« Taichi zuckte nur grinsend mit den Schultern und ließ sich mit einer Flasche Wasser neben Yuna in den Sand fallen. Er grinste das Mädchen an, als hätten sie sich vor einiger Zeit nicht gestritten: »Wie geht es deiner Hand?« Yuna hob fragend eine Augenbraue. Doch sie antwortete trotzdem: »Okay.« »Tut es noch weh?« Sie schüttelte den Kopf, aber blickte ihn nicht an. Sie spürte, dass sich Taichis Körper neben ihr anspannte. Er schien zu bemerken, dass sie nicht mit ihm reden wollte. »Bist du immer noch sauer, weil ich dich vorhin so angefahren habe?« »Nein«, meinte sie und ließ eine Handvoll Sand über ihre nackten Füße rieseln, »ich bin nicht sauer.« »Aber irgendetwas ist doch. Es scheint als hast du etwas gegen mich«, er klang nachdenklich, »ist es wegen Yamato? Magst du es nicht, dass er verliert und ich gewinne?« Seltsamerweise lag etwas wie Trotz in seiner Stimme. Yuna hob endlich den Kopf: »Nein, das ist es nicht. Es ist eigentlich egal, wer von euch beiden gewinnt. Ich bin nur so enttäuscht, dass du immer noch nicht kapiert hast worum es geht. Schau dir dein Digimon mal genauer an. Meinst du Agumons Wille dieses Match zu gewinnen ist stärker als seine Freundschaft zu Yamato und Gabumon? Du denkst nur an deine eigene Wut und Frustration. Doch was wirklich zählt, ist die Digiwelt.« Während Taichi sie sprachlos anstarrte, stand sie auf und klopfte sich den Sand von der Hose. Sie warf dem älteren Jungen einen ernsten Blick zu: »Bitte, Taichi-senpai. Überleg dir genau, was jetzt wirklich zählt.« Damit ging sie davon und setzte sich neben Ken, der etwas Abseits von den anderen saß. Taichi starrte ihr nur überrascht hinterher. »Du hast dich verändert«, meinte Ken ganz unvermindert, als sich Yuna zu ihm setzte. Sie war verblüfft: »Was meinst du?« »Ich mein, dass du dich verändert hast seit wir uns kennen. Du sagst deine Meinung und versuchst deinen Freunden zu helfen. Das ist wirklich bemerkenswert.« Er lächelte und sie wurde etwas rot. Trotzdem freute sie sich über dieses Kompliment. Ken hatte Recht. Vor einigen Tagen hätte sie zu Taichi sicher noch nicht so etwas gesagt. Sie würde immer besser darin, ihre Gefühle mit anderen zu teilen. Als das Match nach der Pause fortgesetzt werden sollte, spürte sie, wie Taichi ihr immer wieder Blicke zuwarf. Seltsamerweise hatte er sein Siegerlächeln verloren. Stattdessen wirkte er nachdenklich, fast in sich gekehrt. Auch Yamato schien das aufzufallen, aber er sagte nichts. Jyou pfiff und das Spiel ging weiter. Auch dieses Mal behielt Taichi die Oberhand, aber es schien, dass Yamato in der Pause etwas Mut geschöpft hatte. Mit aller Macht versuchte er zu verhindern, dass Taichi auch nur in die Nähe des Tors kam. Dadurch brauchte Gabumon kaum etwas tun. Irgendwann passte Taichi nicht auf und Yamato nutzte die Chance, um auf das gegnerische Tor zuschießen. Agumon wetzte auf den Ball zu, stolperte aber über seinen Schwanz und fiel mit der Nase in den Sand, während der Ball ins Tor rollte. Damit stand es vier zu drei und Taichi verzog missmutig das Gesicht. Trotzdem blickte er sich besorgt nach seinem Digimonpartner um: »Alles in Ordnung?« Agumon rappelte sich wieder auf und grinste: »Ja. Tut mir leid, Taichi.« »Wir schaffen das schon. Nur nicht müde werden«, meinte Taichi und biss die Zähne zusammen. Er wollte unbedingt gewinnen. Enttäuscht ließ Yuna den Kopf hängen. Hatte er denn wirklich nicht verstanden, was sie ihm hatte sagen wollen? Das Spiel wurde noch spannender, als Agumon ausversehen mit seinem Hinterteil ein Eigentor schoss. Vier zu vier. Man konnte Taichi ansehen, dass das ihn wurmte, aber er machte dem Digimon keinen Vorwurf. Gabumon und Yamato schöpften Hoffnung, dass sie das Spiel doch noch gewinnen konnten. Man sah ihnen an, dass ihre Motivation wuchs, während bei Taichi langsam die Luft heraus war. Er hatte sich bereits zu Beginn des Matches zu sehr verausgabt. »Los Bruder, gib nicht auf«, meinte Takeru von der Seitenlinie. »Taichi-senpai, zeig ihm, wer der Fußballstar ist«, brüllte Daichi und grinste Takeru nur triumphieren an, der wiederum die Augen verdrehte. »Die beiden sind genauso, wie die beiden auf dem Fußballplatz«, meinte Hikari genervt. Alle konnten nur zustimmend nickten. Das schien ein Ding unter Jungen zu sein. Taichi und Yamato schenkten sich auf dem Fußballplatz nichts. Die Sonne begann langsam unter zu gehen, aber niemand achtete auf die Schönheit dieses Sonnenuntergangs am Strand. Alle warteten neugierig auf den Ausgang des Spiels. Gabumon und Agumon waren bereits am Ende ihrer Kräfte. Während Agumon bereits nur im Tor saß, lief Gabumon aufgeregt auf uns ab und feuerte Yamato an. Taichi rempelte seinen Gegner immer mehr an, bis er ihn schließlich foulte. Jyou pfiff und Taichi blickte ihn ärgerlich an: »Was soll das? Das war kein Foul!« »Klar war das eins«, zischte Yamato und hielt sich seine schmerzende Schulter. Besorgt rannte Sora zu ihm hin: »Alles in Ordnung mit dir?« Er nickte und versuchte seinen Schmerz zu verbergen. Stattdessen wandte er sich an seinen ehemaligen besten Freund: »Taichi, warum sagen wir nicht einfach, es ist unentschieden und lassen es sein. Schau dir unsere Digimon an, sie können einfach nicht mehr.« Taichi ballte die Fäuste und blickte zu Agumon, dass ihn aus müden Augen ansah. Dann blickte er in Yunas Richtung. Sie konnte in seinen Augen sehen, dass er einen innerlichen Kampf mit sich führte. Er wusste, dass Yamato Recht hatte. Andererseits ließ es sein Stolz auch nicht zu, dass er einfach so aufgab. »Ich finde auch, ihr solltet das Match beenden. Yamato-kun hat uns genug bewiesen, wie groß sein Wille ist«, versuchte nun auch Mimi den Sturkopf zu überzeugen. Doch der blickte immer nur noch Yuna an, der das langsam unangenehm wurde. »Wir spielen weiter«, meinte Taichi schließlich. »Aber Taichi-nii-«, wollte Hikari protestieren, aber ihr Bruder ignorierte sie einfach und fixierte stattdessen nur Yamato, der wiederum düster zurückstarrte. »Wir spielen ohne Digimon weiter. Vielen Dank Agumon, aber den Rest schaffe ich allein.« »Aber Taichi«, meinte das Digimon hilflos. Obwohl es wirklich erschöpft war, wollte es unbedingt helfen. Sein Partner lächelte und es war diesmal weder ein spöttisches, noch siegessicheres Lächeln: »Nimm Gabumon und helfe ihm sich hinzusetzen. Ich glaube, es ist noch erschöpfter als du.« Agumon blickte zu Gabumon, welches sich kaum noch auf den Beinen halten konnte, nickte und tat, was Taichi ihm aufgetragen hatte. Gabumon schaffte es wirklich gerade noch so sich mit Hilfe von Agumon in den Sand zu legen, bevor es von einer Minute auf die andere in einen festen Schlaf fiel. Überrascht blickte Yamato Taichi an: »Guck nicht so. Konzentrier dich jetzt lieber darauf mich zu schlagen. Ich habe deine Determination bisher noch nicht wirklich gespürt. Also strenge dich mal ein bisschen an.« Yamato verzog das Gesicht zu einem herausfordernden Grinsen: »Darauf kannst du dich verlassen. Jetzt schenke ich die nichts mehr!« »Ha, das passt sich ganz gut. Ch dir nämlich auch nicht. Verletzte Schulter hin oder her.« Yuna blinzelte ein paar Mal. Konnte es sein, dass sich die Stimmung zwischen den beiden Jugend irgendwie verändert hatte. Zwar standen sich immer noch zwei Rivalen gegenüber, aber trotzdem war jeglicher feindliche Ausdruck aus Taichis Augen verschwunden. Was ging hier vor? »Also gut, Leute. Wir machen Mann gegen Mann weiter«. Jyou räusperte sich und pfiff dann das Spiel wieder an. Es war als würden die beiden Jungen ihre letzten Energiereserven verbrauchen. Sie schenkten sich wirklich nichts. Mal sah es so aus, dass Taichi die Oberhand gewann, aber dann war Yamato schon schnell zur Stelle, um ihn den Ball wieder abzuknöpfen. »Was geht hier vor?«, fragte Miyako verwirrt, »es scheint fast so als…« Sora nickte und grinste: »Ja, sie kämpfen beide hart, aber keine der beiden möchte den anderen besiegen.« »Das verstehe ich nicht«, Iori runzelte die Stirn, »wenn sie sich nicht besiegen wollen, aber auch nicht verlieren, warum spielen sie dann immer noch gegeneinander? Warum bleiben sie nicht bei einem Unentschieden?« »Weil sie beide ihren Stolz haben«, erklärte Sora, »so sind die beiden nun mal. Keiner der beiden möchte zuerst klein beigeben. Also entweder schießt einer von ihnen zuerst ein Tor oder… « »Oder wir sitzen hier noch so bis morgen früh«, stöhnte Gatomon. Sehnsüchtig warf das Digimon einen Blick auf den Tisch mit dem Essen, welches der Rest schon fast vergessen hatte. In diesem Moment stolperte Taichi, fiel in den Sand und blieb einfach liegen. Auch Yamato ließ sich zum Erstaunen aller auf die Knie fallen und atmete schwer. »Was ist passiert?«, alarmiert sprang Koushiro auf. »Ganz ruhig«, grinste Mimi und tätschelte seine Schulter, »die beiden sind nur k.o.« »Taichi«, krächzte Yamato und bewegte sich unbeholfen auf den vermeintlich leblosen Körper zu. Wenn man genau hinsah, konnte man sehen, wie Taichis Bein zuckte. »Was meinst du«, Yamato setzte sich erschöpft neben den Gleichaltrigen in den Sand, »wollen wir uns nicht doch endlich auf ein Unentschieden einigen?« Taichi regte sich nicht. Yuna wurde nervös. Ging es Taichi wirklich gut? Gerade wollte sie besorgt zu ihm hinüberlaufen, da sprang Taichi auf, schnappte sich den Ball, der bis eben achtlos neben ihm gelegen hatte, und schoss das entscheidende Tor. »Gewonnen!«, er grinste den fassungslosen Yamato an und formte mit seinem Zeige- und Mittelfinger ein V. Auch die Kinder und Digimon starrten Taichi in einer Mischung aus Verwirrung, Benommenheit und Ärger an. Dieser beachtete jedoch die Reaktionen der anderen überhaupt nicht und ging stattdessen auf Yamato zu, der immer noch auf dem Boden saß. Zur Überraschung aller streckte ihm Taichi grinsend die Hand entgegen: »Damit wäre das also geklärt. Damit können wir das Kriegsbeil ja endlich begraben und uns auf das konzentrieren, was wichtig ist.« Yamato musterte erst misstrauisch Taichis Hand, doch dann ergriff er sie und ließ sich von seinem Freund auf die Beine ziehen. Lachen klopften sie sich gegenseitig auf die Schulter. Alle begannen zu jubeln und Yuna atmete erleichtert aus. Das wurde ja auch endlich Zeit. Als sich ihr Blick mit Taichis zufällig kreuzte, zwinkerte er ihr verschwörerisch zu und sie lief auf der Stelle rot an. Jedoch konnte sie es nicht verhindern vor Glück zu strahlen. Es würde alles gut werden. © ぁキ Kapitel 15: Vertrau mir ----------------------- KAPITEL 15: Vertrau mir Die Sonne war untergegangen, das Lagerfeuer knisterte geheimnisvoll und daneben rauschte das Meer beruhigend. Die Kinder und die Digimon fühlten sich nach langer Zeit mal wieder vollkommen entspannt und gelöst. Obwohl die Dunkelheit schon auf sie lauerte. Obwohl die Gefahr jederzeit zuschlagen konnte. Obwohl so vieles vor ihnen lag. Selbst Yuna, die immerhin noch einen Plan in dieser Nacht umsetzten wollte, fühlte sich ausgeglichen. Immer wieder fiel ihr Blick auf die Dreiergruppe, die etwas entfernt von den anderen, im Sand saß. Endlich hatten Sora, Yamato und Taichi die Möglichkeit sich auszusprechen. »Danke, Yuna-chan«, Hikari, die neben ihr saß, grinste sie breit an. »Ja«, Takeru, auf dessen Schoß Patamon selig schlummerte, lächelte ebenfalls, »ohne dich, hätte zwischen den Dreien bestimmt noch länger Eiszeit geherrscht.« Yuna antwortete nicht, trotzdem lächelte sie, fast schon ein bisschen stolz. »Du scheinst besonders bei Taichi wirklich einen bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben«, kicherte Hikari, »jedenfalls legt er auf deine Meinung viel mehr Wert, als er es jemals auf unsere getan hat. Läuft da etwas zwischen euch?« Diese Frage kam so unvermittelt, dass sich Yuna an ihrer Cola verschluckte. Takeru klopfte ihr auf den Rücken, aber er konnte seine Belustigung kaum verbergen: »Geht es wieder?« Sie nickte, aber ihr Gesicht war leuchtend rot. »Entschuldige, aber man kann dich einfach zu leicht in Verlegenheit bringen, Yuna-chan«, Hikari lachte, »aber im Ernst. Du hast einen guten Einfluss auf meinen Bruder.« »Auf meinen übrigens auch«, fügte Takeru hinzu, »ohne dich, hätte er sicher nicht den Mut gehabt zurückzukommen. Wir müssen dir alle wirklich danken.« Während Hikari und Takeru daraufhin ein anderes Gesprächsthema zuwandten, schaute Yuna nachdenklich gen Horizont. Sie fühlte sich immer schlechter und schlechter. Alle dankten ihr ständig oder taten so, als hätte sie etwas Besonderes getan. Dabei hatte sie in wenigen Stunden etwas vor, was schon fast an Arglist grenzte. Das schlechte Gewissen nagte an ihr wie die Maus am Käse. Doch sie konnte ihren Entschluss nicht mehr zurücknehmen. Wenn sie ihre neuen Freunde, die Digimon und beide Welten schützen wollte, dann war es besser so. Es musste einfach so geschehen. *** Nachdem also alle Kinder und Digimon, müde in ihre Betten gefallen waren, wartete Yuna eine Stunde, bis sie sicher war, dass alle schliefen. Gegen Mitternacht stand sie leise auf, nahm ihren gepackten Rucksack, den sie heimlich in ihrem Schlafsack versteckt hatte und schlich sich mit Leormon im Schlepptau zum Zimmer der Jungen. Yuna atmete einmal tief durch, bevor sie leise die Tür öffnete und lautlos in den Raum glitt. Sie hatte Leormon nur mit Mühe und Not dazu überreden können, draußen wache zu halten. Doch nun schien es sehr stolz über diese wichtige Aufgabe zu sein. Mit klopfenden Herzen, bahnte sich Yuna ihren Weg durch den Raum. Es war ein glücklicher Zufall, dass sie am Vorabend schon einmal hier gewesen war. So wusste sie genau, dass Koushiro direkt neben dem Eingang schlief, sodass sie gar nicht lange nach seinem roten Haarschopf, der selbst im fahlen Mondlicht auffällig leuchtete, suchen musste. Die Digimon, die zusammengerollt in einer Ecke schliefen, schnarchten mit Daisuke um die Wette. Vor dem geöffneten Fenster war Jyou fast komplett in seinem Schlafsack verschwunden. Zwischen ihm und Daisuke lag Taichi quer auf dem Rücken, mit ausgebreiteten Armen und Beinen. Yuna lächelte, als sie sah wie friedlich und ausgeglichen er im Schlaf wirkte. Die Wut und die Anspannung, die ihn in den letzten Tagen immer begleitete hatte, waren verschwunden. Sie schüttelte den Kopf, als sie merkte, dass sie den schlafenden Jungen länger anstarrte, als sie sollte. Konzentriert machte sie sich jetzt auf die Suche nach Koushiros Laptop, und hätte fast geseufzt als sie sah, dass er diesen beim Schlafen fest in den Armen hielt wie sein liebstes Kuscheltier. Typisch! Fieberhaft überlegte sie, wie sie den Laptop nehmen konnte, ohne Koushiro aufzuwecken. Viele Möglichkeiten gab es nicht. Schließlich kniete sie sich vor ihm auf den Boden und streckte Stück für Stück die Finger danach aus. Als ihre Finger das kalte Plastik berührten, hielt sie die Luft an. Langsam zog sie Koushiro den Laptop aus den Händen. Er gab ein grunzendes Geräusch von sich und sie hielt erschreckt mitten in der Bewegung inne. Einige Herzschläge später, war er wieder ganz ruhig und Yuna traute sich endlich den Laptop komplett aus seinen Händen zu nehmen. Erleichtert schlich sie wieder zurück Richtung Ausgang. »Yuna-chan!« Wie angewurzelt, blieb sie stehen. Das war eindeutig Taichis Stimme gewesen. Langsam drehte sie sich zu ihm um. Taichi saß kerzengerade auf seiner Matte, aber er blickte nicht Yuna an, sondern die Wand. Yuna suchte fieberhaft nach einer Ausrede, da ließ sich Taichi wieder nach hinten fallen und gab ein schnarchendes Geräusch von sich. Ungläubig starrte das Mädchen ihn an. Hatte er sie wirklich gesehen oder ihren Namen nur im Schlaf gerufen? Sie konnte es nicht sagen. So oder so war sie dankbar, dass er sie nicht bewusst wahrgenommen hatte. Trotzdem war es eine seltsame Situation gewesen. Erst als sie wieder auf dem Flur stand und die Tür fest hinter sich geschlossen hatte, wagte sie es wieder zu atmen. Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand und versuchte ihren rasenden Puls wieder unter Kontrolle zu kommen. »Yuna, was ist passiert?« »N-nichts, Leormon«, murmelte sie. Das Digimon legte den Kopf schief: »Und warum bist du dann so rot im Gesicht?« Yuna fuhr sich mit den Händen übers Gesicht. Es stimmte. Ihre Wangen brannten geradezu. Sie musste zugeben, dass sie die Tatsache, dass Taichi sie plötzlich mit ihrem Vornamen angesprochen hatte, wirklich nervös machte. Es war ein seltsames Gefühl und es machte ihren Betrug nicht viel besser. Schnell schüttelte sie den Kopf. Nein, hier ging es nicht um ihre Gefühle oder Taichi. Hier ging es um etwas weitaus Größeres. »Lass uns leise gehen«, meinte sie zu Leormon. Die beiden schlichen ins Erdgeschoss und verließen das Haus durch die Terassentür. Sie atmeten beide tief die salzige, kalte Meeresluft ein, während sie den schmalen Pfad zwischen den Klippen emporstiegen. Während Yuna sich darauf konzentrierte ihnen den Weg zu leuchten und nicht zu fallen, war Leormon immer noch sehr aufgeregt. »Wenn wir wieder zurückkommen, dann müssen wir unbedingt Schlittschuhlaufen gehen. Biyomon hat gesagt, dass das richtig Spaß macht. Außerdem möchte ich in einen Freizeitparkt. Ich weiß zwar nicht, was das ist, aber Gabumon meinte, man kann da viel Essen…stimmt das?« Yuna hätte gerne auf alle Fragen ihres Digimons geantwortet, aber sie war einfach viel zu angespannt. Leormon schien noch nicht wirklich begriffen zu haben, was sie gerade vorhatte, obwohl sie ihm ihren Plan bis ins kleinste Detail beschrieben hatte. Sie seufzte leise: »Also gut, Leormon. Wenn du mir versprichst, solange zu schweigen bis ich sage, dass wir wieder reden können, dann werde ich mit dir alles machen, was du möchtest, sobald wir wieder zurück sind.« »Wirklich?« Die Augen des Digimons leuchteten. Yuna nickte und fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht. Aufgeregt lief Leormon voraus und schien es nun kaum erwarten zu können, dass sie endlich ihren Auftrag erfüllten und so schnell wie möglich zurückkamen. Zurück nach Hause. Yuna war sich nicht sicher, ob sie es je wieder würden. Das, was sie vorhatte war gefährlich, wenn nicht sogar lebensgefährlich. Für einen Moment regte sich wieder das schlechte Gewissen. Sie handelte nicht nur hinter dem Rücken ihrer Freunde, sondern brachte vielleicht sogar Leormon in Gefahr. Tausendmal hatte sie überlegt das Digimon vielleicht doch in der Welt der Menschen zu lassen, aber sie brauchte Leormon. Außerdem hätte es sie sowieso nicht so einfach allein gehen lassen und sie wollte ihren besten Freund nicht belügen, denn das war es mittlerweile: ihr bester Freund. Aus diesem Grund würde sie es beschützen, selbst wenn sie dafür sterben würde. Schnell schüttelte sie diesen düsteren Gedanken beiseite Nein, sie würden beide heile und gesund wiederkommen. Die Digiwelt würde gerettet sein und sie konnten zusammen mit den anderen den Rest des Wochenendes genießen. Sie sprintete die letzten Meter bis zum höchsten Punkt der Klippen empor. Leormon wartete schon auf sie, die Ohren angelegte, weil der Wind hier oben um einiges schärfer wehte. Auch Yuna musste sich die Hand schützend vors Gesicht halten, weil die kalte Seeluft geradezu auf der Haut brannte. Das Meer bäumte sich unter ihnen auf und klatsche mit lauten Geräuschen gegen die Klippen unter ihnen. Der Horizont war dunkel und grau. Es schien in den nächsten Stunden ein Sturm aufzuziehen. »Leormon, wir sollten uns beeilen. Es sieht nach Regen aus!«, rief Yuna gegen den Sturm an. Eigentlich war es eine blöde Idee gewesen soweit die Klippen hinaufzusteigen, aber sie brauchte einen Ort, an dem sie ungestört war. Außerdem würde hier niemand den Laptop finden und wohlmöglich auf die Idee kommen ihr zu folgen. Glücklicherweise entdeckte sie einen hohen Stein, auf dem sie den Laptop positionierte. Sie fuhr das Gerät hoch und überlegte kurz, was als Nächstes zu tun war. Sie hatte zwar Koushiro immer sehr genau dabei beobachtet, wie er sie in die Digigwelt brachte, aber er war schnell mit den Tasten. So schnell, dass sie nicht wusste, was sie eintippen sollte. Sie klickte sich nachdenklich durch alle seine Dateien und richtete mehrmals ihr DigiVice auf den Bildschirm. Erfolglos. Der Wind wurde immer stärker und Leormon musste mittlerweile ebenfalls unter dem Felsvorsprung Schutz suchen, um nicht davongeweht zu werden. Tapfer versuchte es geduldig zu warten und hatte wirklich in den letzten Minuten kein Wort mehr verloren. Allerdings können Digimon nicht lange stillsitzen. Das liegt einfach in ihrer Natur. Auch Leormon begann irgendwann aus Langeweile unter seinem Felsen auf und ab zu hüpfen. Dabei passte es einen Moment nicht auf, stolperte und wurde ungeschützt von einer starken Windböe erfasst. Es wurde einige Meter durch die Luft geschleudert, stieß in die überraschte Yuna und beide purzelten mitsamt dem Laptop zu Boden. Nachdem sie den ersten Schock überwunden hatte, richtete Yuna sich stöhnend wieder auf und starrte entsetzt auf die Bruchstücke, die vor wenigen Sekunden noch Koushiros Laptop gewesen waren. Leormon schüttelte etwas Gras aus seinem Fell: »Tut mir leid, Yuna-chan. Das wollte ich nicht.« Yuna antwortete nicht, sondern presste nur fest die Lippen zusammen und sammelte wortlos die Laptopteile auf. Dann ließ sie sich mutlos ins taunasse Gras fallen. »Schon gut«, murmelte sie niedergeschlagen, »es hat sowieso nicht funktioniert, aber zumindest haben wir es versucht. Ich weiß nur nicht, wie wir das Koushiro-kun erklären sollen…« Leormon setzte sich neben Yuna und ließ ebenfalls den Kopf hängen. Es ahnte, wie seiner Freundin zumute war und es fühlte sich schlecht, weil es nicht für sie tun konnte. Yuna vergrub Gesicht in ihren Händen. Sie fühlte sich so nutzlos wie eh und je. Sie hinterging ihre Freunde, aber schaffte es trotzdem nicht alle zu retten, sondern machte alles nur noch schlimmer. Sie war so sehr in ihren Gedanken vertieft, dass sie um sie herum nichts mehr wahrnahm. Sie bemerkte weder Leormons Aufregung noch das Leuchten des Herzanhängers an ihrer Halskette. Erste eine weibliche, klare Stimme ließ sie aufschrecken: »Yuna? Yuna hörst du mich?« Yuna wusste sofort, wer das war. »Lunamon? Lunamon, wo bist du?« Sie blickte sich suchend um, aber konnte die Stimme nicht ausmachen. Ihr Herz klopfte wie wild. Es schien Ewigkeiten her zu sein, dass sie das weiße Digimon das letzte Mal gesehen hatte… »Yuna- chan, wer spricht da?«, Leormons Augen waren vor Schreck ganz groß, aber Yuna antwortete ihm nicht. Ihre Augen waren auf einen Fleck auf dem Boden gerichtet, auf den ein breiter Strahl des Halbmondes fiel und die Luft irgendwie flimmerte, wie verdampfendes Wasser an heißen Tagen. Keine zehn Sekunden später setzten sich die einzelnen Farbpigmente zu einem einheitlichen Bild zusammen und Lunamon landete sanft vor Yuna und Leormon auf einem breiten Stein. »Oh Lunamon, ich bin so froh dich zu sehen!«, jubelte Yuna und vergaß vor Freude die missliche Lage, in der sie gerade steckte. »Schau, ich habe meinen Digimonpartner gefunden, genau wie du es gesagt hast. Das ist Leormon«, erklärte Luna, »Leormon, das ist Lunamon. Ich habe dir ja von ihm erzählt.« »Hallo«, etwas schüchtern blickte Leormon das andere Digimon an. »Es freut mich, dass ihr beiden zusammengefunden habt«, Lunamon lächelte. »Wie kommst du hierher?«, fragte Yuna und konnte ihre Verwunderung nicht verbergen. Lunamon deutete auf die die Herzkette, die immer noch leicht glühte: »Du hast mich gerufen.« Yuna runzelte die Stirn und fasste an ihren Anhänger. Er war auch etwas warm. »Das verstehe ich nicht«, gab sie zu, »wie soll ich das gemacht haben?« »Es ist schwer zu erklären, Yuna- chan, aber ich habe dir doch schon mal gesagt, dass wir beide miteinander verbunden sind. Dein Wunsch war in die Digiwelt zu gelangen, aber als das misslang, wurde ich gerufen, um dir das Tor zu öffnen.« »Du kannst auch Tore öffnen?«, fragte Yuna ungläubig. »Nur unter bestimmten Bedingungen«, meinte Lunamon ausweichend, »ich werde dir es später noch einmal genauer erklären. Auch, was es mit dieser Kette um deinen Hals auf sich hat.« »Du hast sie mir gegeben als ich noch klein war, oder?«, Yuna musste an ihren seltsamen Traum denken, der in ihrer letzten Nacht in der Digiwelt von dem Tapirmon hervorgerufen worden war. Lunamon nickte: »Ja, aber jetzt kann ich dir nicht alles erklären. Wir müssen schnell in die Digiwelt. Ich konnte endlich herausfinden, wo sich derjenige aufhält, der sich Herr der Dunkelheit nennt. Du möchtest doch mehr über ihn herausfinden, oder?« Yuna horchte auf: »Wirklich? Kannst du uns zu ihm bringen?« »Ja, aber wir müssen vorsichtig sein und jetzt sofort aufbrechen damit wir noch vor der Dunkelheit einen sicheren Ort erreichen…« »Worauf warten wir denn noch?«, Yuna war Feuer und Flamme. Vor wenigen Minuten hatte sie die Hoffnung fast aufgegeben, dass sie jemals ihr Ziel erreichen könnte. Leormon hingegen schien nicht ganz so überzeugt zu sein: »Aber Yuna-chan, was ist mit Koushiro’s Laptop? Wir haben ihn kaputt gemacht.« »Keine Sorge, Leormon. Wenn wir wieder zurückgekommen sind, werden wir versuchen ihn zu reparieren. Jetzt, wo wir Lunamon haben, können wir auch ohne den Computer in die Digiwelt.« Leormon nickt nur stumm, aber es sah trotzdem besorgt aus. Das war ungewöhnlich. Normalerweise machte sich das Mädchen immer die meisten Gedanken um alles. »Also gut, was müssen wir tun?«, Yuna blickte erwartungsvoll zu dem weißen Digimon, welches einem Kaninchen glich. »Ihr müsst euch einfach neben mich stellen und mich berühren. Keine Angst, den Rest mache ich. Ihr dürft mich nur nicht loslassen.« Also nahm Yuna Lunamons rechte Hand und Leormon legte seine Pfote auf Lunamons linken Arm. In weniger als einer Sekunde schien sich alles in einem Gemisch aus Farben aufzulösen. Automatisch schloss Yuna die Augen. Ein seltsames Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus als sie nicht mehr den Boden unter sich spürte. Es war wir ein freier Fall ins Nichts. Sie klammerte sich hilfesuchend noch mehr an Lunamon und dann plötzlich gab es einen Ruck und sie landete alle sanft im hohen Gras. *** Nachdem sich Yuna wieder aufgerappelt hatte, sah sich die neue Umgebung genauer an. Sie waren auf einer Wiese gelandet, auf der die seltsamsten Blumen wuchsen, die sie je gesehen hatte. Die Sonne schien ihr warm aufs Gesicht und in der Ferne hörte sie Vogelgezwitscher. Alles wirkte friedlich und harmonisch, ganz anders als an dem Ort, von dem sie gekommen waren. »Warum sind wir hier? Hier ist doch keine Spur vom Herrn der Finsternis…«, merkte das Mädchen an. Lunamon nickte: »Du hast Recht. Wir sind in einem Teil der Digiwelt, die noch nicht unter seiner Kontrolle ist. Meine Kräfte reichen nicht aus, um euch direkt dort hinzubringen.« Unter Lunamons Führung betraten sie einen schmalen Pfad, der sie zu einem Fluss mit glasklarem Wasser brachte. Eine Weile folgten sie schweigend dem Fluss. Leormon machte sich einen Spaß daraus hin und wieder an seichteren Stellen ins Wasser zu springen, um einen Schwarm Fische zu erschrecken oder den ein oder anderen Vogel aufzuscheuchen. Es schien immer noch nicht begriffen zu haben, was genau sie vorhatten. Es war im Gegensatz zum Lunamon so unschuldig, noch so kindisch. Wie konnte Leormon ihr helfen gegen jemanden wie den Herrn der Finsternis zu gewinnen? Wie konnte Leormon einem andern Digimon wie dem Sidmon überlegen sein? »So, hier machen wir für eine Weile Pause«, sagte Lunamon nach einiger Zeit, als sich der Fluss über einen Felsvorsprung zu einem kleinen Wasserfall formte. Sofort rannte Leormon mir einem begeisterten Jubelruf zum Wasserfall und hüpfte davor begeistert auf und ab, als wäre das hinunter plätschernde Wasser das spannendste, was es je gesehen hatte. »Haben wir denn überhaupt die Zeit für Pausen?«, fragte Yuna besorgt. Das Lunamon ließ sich erst auf einen großen Stein nieder, bevor es dem Mädchen antwortete: »Die Paus ist nur kurz zum Verschnaufen. Außerdem wollte ich noch mit dir über etwas reden.« »Worüber denn?«, fragend blickte Yuna das Digimon an. »Du solltest wissen, dass Leormon über größere Kräfte verfügt als andere Digimon auf dem Rookie- Level. Es ist ein heiliges Tierdigimon und deshalb ein besonderes Digimon.« »Was sind heilige Tierdigimon?« »Sie sind sehr stark, aber auch selten. Außer Leormon habt ihr bereits ein anderes heiliges Digimon kennenglernt«, erklärte Lunamon, »Gatomon trägt ebenfalls den heiligen Goldring. Genau wie Leormon . Er verleiht dem Träger, aber auch seinem Digimonpartner große Macht. Ihr müsst jetzt nur lernen damit richtig umzugehen. Schau, es ist der Goldring um seinen Hals. Vielleicht ist er dir noch nicht aufgefallen…« »Jetzt wo du es sagst«, murmelte Yuna. Nachdenklich beobachtete sie wieder Leormon. Sie konnte sich irgendwie nicht vorstellen, dass dieses naive Digimon über besondere Kräfte verfügte, so wie Lunamon behauptete. »Du zweifelst«, sagte Lunamon wie aus dem Nichts, »und du vertraust weder Leormon, noch dir selbst.« »Natürlich vertraue ich Leormon«, Yunas Unterton war ein wenig entrüstet, »wir verstehen uns wirklich gut.« »Ich weiß, dass du Leormon magst. Das will ich damit auch nicht sagen. Es ist viel mehr so, dass du dich nicht hundertprozentig verlassen kannst. Du willst dein Digimon vor allem beschützen und traust ihm nicht zu, dass es dich beschützen kann.« »Natürlich will ich Leormon beschützen. Es ist mein Freund und es ist wie ein kleines Kind«, langsam wurde Yuna ein bisschen wütend. Warum sagte Lunamon so etwas? »Leormon ist stärker als du denkst, Yuna. Es kann dich beschützen, wenn du ihm nur etwas mehr Vertrauen schenkst. Es ist ein Digimon und kein Kind.« Im selben Moment wie Lunamon das aussprach, stolperte Leormon beim Spielen über einen Stock und landetet mit einem lauten Platsch im Fluss. »Siehst du Lunamon!«, stieß Yuna aus und hastetet zum Flussufer, um Leormon zu helfen. Doch zu ihrer Erleichterung war der Fluss an dieser Stelle nicht sehr tief und die Strömung nicht allzu stark, sodass es Leormon von allein schaffte ans Ufer zu klettern. Es schüttelte sich und lächelte dann Yuna verlegen an. »Kannst du nicht besser aufpassen, Leormon!«, schimpfte Yuna. »Entschuldigung, Yuna- chan«, Leormon zog den Kopf ein, »ich wollte nicht, dass du sauer wirst.« »Du bist wirklich noch ein Kind Leormon. Ich wünschte wirklich Lunamon wäre mein Digimon, dann hätten wir wenigstens eine Chance den Herrn der Finsternis aufzuhalten.« Erschrocken schlug sich Yuna die Hand vor den Mund. Doch es war zu spät. Ihr Mund war schneller gewesen als alles andere. »Leormon, i- ich…«, stotterte sie und streckte die Hand nach ihrem Digimon- Freund aus. Jedoch wich Leormon vor ihr zurück. Seine Augen starrten Yuna nur verletzt und entsetzt zugleich an. Bevor Yuna noch etwas sagen konnte, hatte es sich umgedreht und rannte Richtung Wald davon. »Leormon!«, rief Yuna und rannte ihm hinterher, doch sie war nur halb so schnell und bald war das Digimon aus ihrem Blickfeld verschwunden. Panisch blickte sie sich nach allen Seiten um. Ihr Herz klopfte wie wild und das bittere Gefühl darin breitete sich aus wie die Dunkelheit in der Nacht. Sie war so wütend. Wütend auf sich selbst. Wie hatte sie so etwas sagen können? Dabei hatte sie es noch nicht einmal so gemeint. Doch eine kleine fiese Stimme in ihrem Inneren flüsterte, dass sie es genau so gemeint hatte. Von Anfang an hatte sie sich gewünscht, dass Lunamon ihr Digimonpartner wäre. Nein, es war nicht so, dass sie Leormon nicht mochte, aber sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es über so viel Kraft verfügte wie Lunamon behauptete. Dazu war Leormon einfach zu tollpatschig und unbeholfen. Genau aus diesem Grund durfte es auch nicht allein durch die Digiwelt streifen. Was, wenn ihm was passierte? Was, wenn es sich verlief und nie mehr zurückkam? Automatisch setzten sich Yunas Füße in Bewegung. Sie achtete gar nicht mehr darauf, was Lunamon ihr zurief. Sie wollte nur Leormon finden. Planlos stürmte sie über die Wiese bis sie den Waldrand erreichte. Hier war es kühler, dunkler und ohne das Rauschen des Wassers seltsam still. Immer wieder rief sie nach Leromon, aber es antwortete niemand. Nicht einmal ein anderes Digimon begegnete ihr. Irgendwann begann sie sich selbst furchtbare Vorwürfe zu machen. Sie wusste selbst nicht, warum sie auf einmal so gemein zu Leormon gewesen war. Sie war wütend auf sich selbst. Es war eine blöde Idee gewesen einfach so allein in die Digiwelt zu gehen. Die anderen hatten ihr Verschwinden mittlerweile sicher bemerkt. Sie waren bestimmt schrecklich sauer auf sie und enttäuscht. Sie konnte sich genau vorstellen wie Taichi jetzt feixte, dass er Recht hatte, als er davon abriet Yuna überhaupt einzuweihen. Und das hatte er wohl auch. Was hatte sie denn bisher auch schon wirklich für die Digiwelt getan? Es waren immer die anderen gewesen, die sie hatten retten müssen. Verzweifelt ließ sie sich auf den Boden fallen und begann hemmungslos zu schluchzen. »Yuna-chan?«, hörte sie Lunamon da plötzlich rufen. Als das weiße Digimon im Eiltempo um die Bäume herum mit besorgtem Gesicht auf sie zugeschossen kam, sprang Yuna alarmiert auf. »Was ist denn passiert? Hast du Leormon gefunden?« »Nicht direkt«, Lunamon sah wirklich sehr bedrückt aus, »ich habe dahinten ein paar Tanemon getroffen, die haben mir gesagt, dass sie Leormon gesehen haben.« Yuna schöpfte wieder neue Hoffnung: »Das ist super. Wo denn? Können sie uns zu ihm bringen?« »Nein«, Lunamon schüttelte mitleidig den Kopf, »ich glaube, das kann nur ich. Sie haben gesehen, wie Leormon von Alietumon entführt wurde.« »Was?«, Yunas Stimme klang auf einmal viel höher als sonst, »dieses schreckliche Ding, das aussah wie ein hässlicher Geier? Ich dachte Leormon und die anderen hätten es besiegt?« »Urdigimon sind sehr stark. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass der Herr der Finsternis oder wie er sich nennt seine Finger im Spiel hat«, meinte Lunamon nachdenklich. »Dieser Typ schon wieder«, Yuna biss sich wütend auf die Unterlippe, »wie müssen sofort zu ihm und Leormon befreien!« »Deshalb habe ich dich gesucht. Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren. Und damit es schneller geht, werde ich wieder meine Kräfte benutzen.« »Bist du denn schon wieder stark genug? Ich meine, wer weiß was uns im dunklen Schloss erwartet…« »Mach dir keine Sorgen um mich«, Lunamon lächelte schwach, »ich konnte mich etwas ausruhen und außerdem ist es wichtig, dass wir schnell sind. Wir wissen nicht, was der Herr der Finsternis mit den Digimon anstellt, die er entführt.« In Yunas Inneren begann es zu rumoren. Das wollte sie sich nicht mal in ihren Alpträumen vorstellen. Wenn sie Leormon nie wiedersah, dann würde sie sich das nie mehr verzeihen. »Aber wir müssen vorsichtig sein, Yuna. Lass mich nicht los bis ich es sage und tue nichts unbedachtes«, warnte Lunamon, »wir wissen nicht, wie viele Urdigimon unter seiner Herrschaft stehen. Sei wachsam und achte darauf, dass du mich nicht aus den Augen verlierst. Verstanden?« Yuna nickte nur. Ihre gesamten Gedanken kreisten aber nur um ihr Partnerdigimon. Sie wollte Leormon wiederfinden. Egal, was oder wer sich ihr in den Weg stellte. Auch, wenn sie dabei wieder mal ihr Leben aufs Spiel setzte. Sie atmetet ein und aus, dann griff sie nach Lunamons Arm und im selben Moment löste sich der Wald um sie herum in Luft auf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)