Lost Prince von Ireilas (Krieg auf Aira) ================================================================================ Kapitel 29: 8. Versteckt im tiefen Wald --------------------------------------- Vogelgezwitscher klang früh am Morgen durch den Wald nahe Destercitys. Man sollte meinen, in einer grausamen Zeit wie dieser, wäre das Wetter trüb und regnerisch, jedoch war an jenem Tag das Gegenteil der Fall. Avrial begleitete Siri die Stadt hinaus, durch den Wald. Er wusste nicht genau, wo es hin ging, oder was Siri vorhatte, er wusste nur, dass sie dabei waren den Prinzen von Azamuth aufzusuchen… Dass ihnen beim verlassen der Stadt gerade zu unsichtbar eine einsame Gestalt folgte, kam beiden nicht in den Sinn. Die ganze gestrige Nacht hatte Siri keine Ruhe. Sie konnte nicht schlafen, war besorgt um ihren Freund Mica – den Avrial nicht kennen gelernt hatte – und verwirrt bezüglich dessen, was sie dank ihm in Erfahrung gebracht hatte. Dies war jedoch nur ein Teil des Grundes, weshalb Siri nicht auf den Arcaner wartete und wütend durch den Wald stapfte, denn ein zweiter Grund war, dass Lyze nicht mehr mitreiste. „So beruhige dich, Siri.“, rief Avrial nach vorne, „Wenn du weiterhin so laut bist, werden uns Dämonen entdecken.“ „Es ist deine Schuld!“, warf sie zurück und wich einem Ast am Boden aus, „Warum hast du den Engel nicht daran gehindert, Lyze mitzunehmen!?“ „Was hätte ich denn unternehmen sollen…?“, war die Antwort, „Wenn ich eingegriffen und den Engel daran gehindert hätte, würde ich nun die gesamte Engelsschar zum Feind haben.“ „Ach.“ „Siri – warte!“, Avrial stand plötzlich vor ihr und hinderte sie am weitergehen. „…Da ist jemand…“ Kurze Zeit später schubste sie ihn leicht aus ihrem Weg, „Ich weiß.“, und schritt trotzdem an ihm vorbei. „Bleib zurück, ich muss mich an etwas abreagieren.“, dies sagte Siri mit leichtem Zorn in der Stimme. Gesagt getan. Avrial stand sicherheitshalber in ihrer Nähe, aber weit genug weg, um sie nicht zu behindern. Es brauchte nicht lang und ein bekannter Magier sprang von oben herab, versperrte ihr den Weg: „Ah! So sieht man sich wied-“ Kaum hatte er den Satz begonnen, hatte Siri sich auf Furah gestürzt und zu Boden gerissen. Sie saß auf ihm, sodass er sich nicht bewegen konnte. „Du verdammtes Schwein!“, schrie die junge Frau, während sie ihm am violetten Kragen rüttelte, „Das Gesehene hättest du löschen sollen, nicht meine gesamten Erinnerungen!“ Avrial stand Arme verschränkt abseits und schmunzelte kopfschüttelnd. Auf Siris Wut hin konnte Furah nur lachen, ehe er begann zu sprechen: „Flüche sind unberechenbar. Es hat geheißen ich soll dich vergessen lassen und das tat ich; und außerdem dachte ich zuerst an ein Date bei Kerzenschein, bevor du dich auf mich stürzt-“ Für den Arcaner unvorhergesehen verpasste sie ihm eine feste Ohrfeige. Nachdem sie ihn eine Weile lang böse angestarrt hatte, drückte sie den Magier gen Boden: „Bring uns zu Prinz Vilior. Und keine Fluchtversuche – dieses Mal hat Avrial kein Handicap.“ „Soll mich das etwa erschrecken?“, er lachte, „Warum sollte ich euch zu ihm führen?“ „Weil du ihm gehorchst. Du darfst mir kein Haar krümmen hat er gesagt, und weil ich ihn persönlich kenne-“ Plötzlich war der Magier weg. Siri saß am Boden und suchte verwirrt umher – einen Arcaner zu etwas zwingen schien schwerer als zuerst gedacht. Ehe sie ihn abseits hinter sich fand, hatte er bereits ein Pergament mit einem netten Versteinerungsfluch nach ihr geworfen. „Siri…!“, Avrial war zu spät bei Furah angekommen. Auch das Mädchen drehte sich schützend zur Seite und hatte die Augen zugekniffen, doch es geschah nichts: der türkise Stein meldete sich zu Wort und schmolz das Pergament, noch bevor es Siri erreichen konnte. „Ja wie?!“, Furah verstand scheinbar zum ersten Mal die Welt nicht mehr. Im nächsten Moment hatte Avrial seine Hände fest im Griff und bannte sie ihm mit einem Zauber an den Rücken. „So. Du hast Pergament-Pause, Furah.“ Siri deutete verblüfft auf ihn: „Er… hat mich angegriffen? Ich dachte, du gehorchst Prinz Vilior!?“ Er zuckte etwas beleidigt mit den Schultern. „Versuchen kann man es ja. Und nur zur Information: ich gehorche niemanden, ich tat ihm bloß einen Gefallen.“ „Vorwärts.“, Avrial drängte seinen Erzfeind zum Gehen auf, „Bring uns zu ihm. Danach lasse ich dich frei.“ „Oh ja, weil ich dir blind trauen könnte.“ „Ich werde dich nicht töten, wenn du wehrlos bist. So etwas machen nur Idioten.“ Ein paar Minuten brauchte Furah, er war da schon mitten im Gehen, ehe er anfing zu lachen: „Ah verstehe, mit ‚Idioten’ bin ich gemeint!“ Eine ganze Weile ging es durch den Wald. Zuerst immer den Hauptweg entlang, dann mitten durch die Wildnis. Es war verständlich, dass ein Versteck nicht direkt am Weg liegt, so war es sogar beruhigend, denn Furah könnte sie genauso gut in die Irre führen; auch wenn er dabei Bekanntschaft mit Avrials Faust machen würde. Hinter hohem Gestrüpp kam eine kleine Waldhütte zum Vorschein, hier blieb der gefangene Arcaner stehen. Siri schritt als Erste voran, beäugte die Hütte skeptisch. „Hier soll das Versteck sein? Ich habe es anders in Erinnerung…“ „Manchmal ist etwas nicht so, wie es erscheint, Süße.“, Furah schmunzelte. Dann trat eine Weile Stille ein. Die junge Frau suchte die Hütte ab und konnte nichts Ungewöhnliches feststellen – die Hütte selbst war leer. Als nichts weiter geschah, stieß ihn Avrial auf den Rücken: „Nun mach schon!“ „Ok, ok, nicht gleich grob werden!“, Furah ging weiter voran, an der Waldhütte vorbei und schob mit seinem Fuß Gestrüpp, welches vor einer hohen Felswand lag, zur Seite. „Mit Händen wäre das erheblich einfacher…“ „Mit Händen könnte man dir nicht trauen.“, Avrial machte eine Handbewegung und rückte das Gestrüpp auseinander: zum Vorschein kam eine lange Steintreppe, die unter die Erde führte. Wieder schritt Siri eilig als Erste voran und trat die ersten vier Stufen hinab: „Ja… ja, ab hier kann ich mich erinnern!“ „Gut dann!“, Furah drehte sich um, „Dann kann ich ja gehen.“ „Nein-“, Avrial hielt ihn fest. „Du kannst gehen, wenn alles geklärt ist. Und jetzt vorwärts, wenn da irgendeine Falle aufgestellt ist, wirst du der Erste sein, der hineinläuft.“ Tief seufzte der Magier, ehe er umdrehte und an Siri vorbei, die Stufen hinab stieg. „Ts. Fallen…“ An die zwei Minuten lang ging es die Stufen hinab, anschließend einen schmalen Gang entlang – die alten Stützbalken und die Laternen an den Wänden erinnerten ein wenig an eine verlassene Mine. Vor einer kleinen Holztür blieb Furah stehen. „So. Hier ist es.“ „Das ist es?“, Avrial sah überrascht zu Siri, um sicher zu gehen, dass ihr Gefangener keinen Schwachsinn erzählte. Siri nickte, während Furah kichernd den Kopf schüttelte: „Was hast du denn erwartet? Ein unterirdisches Tunnelsystem mit tausenden Falltüren, Kerkern und Sackgassen?“ „Irgendwie schon…“ „Avrial.“, Siri lächelte, „Das ist eine Gruppe von Rebellen, bei denen sich Prinz Vilior versteckt hält… ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, sie bauen für normal keine Weltwunder. Lasst uns reingehen.“ „Wenn es eine Gruppe von Rebellen ist…“, begann Avrial, während sie den Raum betraten, „Dann frage ich mich, wo sie sich befin-“ Noch bevor er den Satz fertig sprechen konnte und die Tür offen war, wurden die Zwei von einer Rebellenmeute umzingelt. Sie waren bewaffnet und hatten scheinbar auf sie gewartet. Im Halbkreis standen die verschleierten Kerle um sie, bis einer zur Seite schritt und Siri und Avrial Einblick in das Versteck hatten: Betten, Tische, Vorratskammern, Geschirr, Decken… und eine Gruppe von Kindern? Ehe Siri eine Augenbraue hob, trat noch ein verschleierter Mann hervor und nahm seine Kapuze ab: „Hallo, Siri.“, Vilior grinste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)