Bikou-no-Jutsu von Rabenkralle (Die Kunst der Beschattung) ================================================================================ Kapitel 26: Spionage -------------------- Kapitel 26: Spionage Schlaftrunken seufzte Temari auf. Sie fühlte sich wunderbar. Das war das gemütlichste Schläfchen seit Monaten gewesen. Und das Beste war, dass sie nichts geträumt hatte. So konnte es gerne jede Nacht sein. Seltsam, was die Nähe eines anderen Menschen nicht alles bewirkte. Vielleicht war es ja doch kein Zufall gewesen, dass sie in den letzten Tagen mehrmals neben ihm aufgewacht war. Sie grinste. Sachen gab es … Zu faul, um schon aufzustehen, blieb sie noch eine Weile liegen. Es war einfach zu behaglich, um sich auch nur einen Zentimeter von der Stelle zu bewegen. Außerdem vermied sie es auch, da er noch schlief. Warum es also beenden, obwohl es gar nicht nötig war? Na, wenn sie sich nicht wegbewegen wollte, konnte sie ja auch noch versuchen, ein bisschen weiterzuschlafen. Im Moment fürchtete sie keinen Albtraum dieser Welt … Shikamaru gähnte leise. Er linste auf die Zimmeruhr und vermied jede unnötige Bewegung. Es war schon nach zehn … Aber wozu aufstehen, wenn er ohnehin nichts zu tun hatte? Hunger hatte er ebenfalls keinen. Warum sich also die Mühe dazu machen? Sein Blick fiel auf Temari, die noch selig schlief. Sie schien es sich ja ziemlich bequem bei ihm gemacht zu haben … Doch es störte ihn nicht einmal. Er empfand es sogar als noch angenehmer als dir vorigen Male. Etwa, weil er diesmal nicht befürchten musste, von ihr angeschnauzt zu werden? Egal … Da er nicht mehr schlafen konnte, beobachtete er sie. Ihre Augenlider zuckten hin und wieder, aber er hatte nicht die Befürchtung, dass sie schlecht träumte. Das hätte sicher anders ausgesehen. Währenddessen überlegte er, wie sie jetzt weiterhin mit dieser angeblichen Mission verfahren sollten. Sollten sie versuchen, den Shinobi zu enttarnen und ihn dann zur Rede zu stellen? Das würde allerdings nicht leicht werden. Tsunade hatte für diesen Job sicher nicht irgendeinen Ninja engagiert und beauftragt … Und was, wenn es doch ein Feind war? Nein, das war zu neunundneunzig Prozent ausgeschlossen. Nur manchmal konnte ein verbleibendes Prozent schon sehr viel sein. Er wollte Temari so gut wie möglich aus einer denkbaren Gefahr heraushalten. Davon einmal abgesehen erschloss sich ihm der Plan – wenn Tsunade ihre Finger im Spiel hatte – noch immer nicht. Was wurde hier gespielt? Er ging noch einmal von Anfang an durch, was ihm einfiel. Doch das war leider so gut wie gar nichts. Am besten war wohl doch die Spionage-Variante … Das durften sie aber nicht zu überstürzt angehen. Der Kerl war bestimmt mit allen Wassern gewaschen … Kurz zog Shikamaru eine Hau drauf! Option in Erwägung, aber das war nicht nur anstrengend, sondern auch leichtsinnig. Nein, das brachte wirklich nichts. Hier hieß es, unauffällig und nicht überstürzt an die Sache zu gehen, überlegt zu handeln und nicht gleich mit dem Kopf durch die Wand zu wollen. Zudem war ihm das sowieso zu mühsam. Man musste sich ja nicht vom einen auf den anderen Tag den ganzen Urlaub vermiesen … Eine sich regende Temari riss ihn aus den Gedanken. Er musste sowieso erst alles mit ihr besprechen. Vorher machte es keinen Sinn, sich einen genaueren Plan auszudenken. Sie sah zu ihm auf und brachte letztendlich ein verschlafenes „Guten Morgen!“ heraus. „Na, gut geschlafen?“, fragte er dann. „Göttlich …“ Sie musste herzhaft gähnen. „Keine schlechten Träume, nichts dergleichen. Daran könnte ich mich gewöhnen.“ „Ich steh dir jederzeit wieder zur Verfügung.“ Er grinste. „Sicher, dass du dieses »Opfer« bringen willst?“ „Warum auch nicht?“, stellte er als Gegenfrage, erwartete aber keine Antwort. Mehr als ein Lächeln bekam er von ihr auch nicht. Das allein sagte ohnehin schon mehr als genug aus … Schwerfällig setzte Temari sich auf. Mensch, hatte sie eine Lust … „Und was steht heute an?“, fragte sie schließlich. „Nichts, würde ich sagen …“ „Jetzt, wo wir hinter den Schwindel gekommen sind, komm ich mir irgendwie überflüssig vor.“ „Tatsächlich?“, entgegnete Shikamaru. „Entweder gammeln wir hier noch die Zeit rum, bis man uns nach Konoha zurückpfeift, oder ich hätte da noch ’ne andere Idee, womit wir uns die Langeweile vertreiben können.“ Grinsend setzte er noch nach: „Na ja, besser gesagt, wie du sie dir vertreiben kannst. Bei mir kommt Langeweile ja nie auf.“ „Überrascht mich gar nicht, dass du das sagst.“ Sie lachte kurz. „Aber dann erzähl mal.“ Tsunade saß wie fast jeden Morgen in ihrem Büro. In diesem Moment gönnte sie sich gerade eine Pause und lehnte sich weit zurück. Nebenbei schlürfte sie eine Tasse schwarzen Kaffee. Der gehörte zu jedem Tag dazu wie ihr Feierabendsake … Ein Klopfen an der Tür störte die Ruhe. „Ja, bitte!“ Tsunade bat die Person herein. „Guten Morgen Hokage-sama!“ Shiranui Genma verbeugte sich. „Dir ebenfalls, Genma.“ Sie stellte die Tasse auf dem Tisch ab. „Was gibt es?“ Er zog einen Zettel aus seiner Weste. „Wir haben eine Meldung von einem Anbu erhalten, der im Wellenreich postiert ist. Er hat anscheinend etwas sehr bedenkliches beobachtet.“ Wortlos nahm Tsunade das Blatt entgegen und las, was darauf stand. Als sie zu Ende gelesen hatte, sprang sie plötzlich auf und schlug mit der geballten Faust auf den Tisch, sodass der Kaffee umfiel. „Das gibt es doch nicht!“, fluchte sie auf. „Und was hältst du davon?“, wollte Shikamaru wissen. „Ja, können wir machen“, erwiderte Temari. „Ich würd ja auch gern wissen, wer das ist.“ „Aber wie gesagt: Es könnte auch ein Feind sein.“ „Egal. Wenn er mir blöd kommt, mach ich ihn einfach platt“, meinte sie selbstbewusst. „Na ja, ich versuche es zumindest.“ „Du bist also wieder normal?“ „Könnte man so sagen. Du hast mir letzte Nacht wirklich die Augen geöffnet. Wenn du also irgendjemanden dafür danken möchtest, dass ich bis auf weiteres aus Angst nicht mehr herumflennen werde, wende dich an dich selbst.“ „Ach, was. Ich hab es einfach nicht mehr ertragen, dich weinen zu sehen.“ Shikamaru winkte ab. „Das passt nicht zu dir.“ „Das denkst du“, gab Temari zurück. „Ich vermeide es nur zu heulen, wenn andere in der Nähe sind. Du kennst ja auch dieses Blabla, dass ein Ninja niemals seine Gefühle zeigen darf. Aber das schaffen sowieso die Wenigsten. Viele flennen bestimmt heimlich herum.“ „Du meinst so wie du?“ „Ich darf das auch. Hab ja schließlich ’nen Frauen-Bonus“, konterte sie grinsend. Nachdem Genma ausführlich berichtet hatte, fragte er: „Und wen planen Sie für diese Mission ein?“ „Gut, dass du fragst, Genma. Du bist nämlich der Richtige für diese Aufgabe.“ Tsunade ließ ein Grinsen aufblitzen. „Du handelst ruhig, bedacht und hast starke Nerven. Und du genießt mein vollstes Vertrauen.“ „Vielen Dank“, murmelte er. „Aber wäre es nicht besser, damit einen Heilninja zu beauftragen?“ „Daran hab ich auch schon gedacht. Nur brauche ich Shizune hier und Sakura ist zu unruhig und hat zu wenig Kampferfahrung mit mehreren Gegnern eines eventuell hohen Rangs. Du hingegen erfüllst alle Kriterien, die gebraucht werden.“ Eindringlich blickte sie ihn an. „Nimmst du diese Mission an?“ „Selbstverständlich.“ Genma nickte zustimmend. „Sehr schön. In zwei Stunden wirst du aufbrechen“, schloss Tsunade. „Genaueres erkläre ich dir jetzt.“ „Langweilig …“, seufzte Temari. Gerade eben hatten sie eine dreistündige Beschattung hinter sich gebracht, aber ihnen war nichts Verdächtiges an dem Kerl aufgefallen. „Wollen wir nicht für heute aufhören?“, fragte sie an Shikamaru gewandt. „Meine Motivation hat sich nämlich gerade in Luft aufgelöst.“ „Ach, deine auch?“, entgegnete er gelangweilt. Sie deutete ein Nicken an. „Lass uns verschwinden. Das Wetter ist viel zu schön, um die Zeit im Unterholz zu verbringen.“ „Und was schlägst du vor, was wir machen sollen?“ „Du kannst ein kleines Nickerchen halten und ich lese mein Buch. Langsam finde ich echt Gefallen daran.“ „Das sind Krimis auch nur, wenn man vorher noch nicht den Täter kennt“, entgegnete er. „Tja, du bist wohl einfach zu intelligent.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Da kann ich in diesem Punkt wohl froh sein, dass ich lange nicht so klug bin.“ Sie blickte noch einmal kurz zu dem Typ, der im Schatten eines Baumes vor sich hin schnarchte. Shikamaru folgte ihrem Blick. In ein paar Minuten konnte er es sich ebenfalls so gemütlich machen. „Na, lass uns gehen.“ Sie nickte. Gedacht, getan. Zehn Minuten später lümmelte er sich ins Gras und schloss die Augen. Ja, genau so musste Freizeit sein … Währenddessen versuchte Temari sich an ihrem Buch. Diesmal wollte die Spannung aber nicht so recht auf sie übergehen und so legte sie es bald beiseite. Stattdessen betrachtete sie eine ganze Weile die Blüte eines Löwenzahns. Durch den langen Stängel und die leichte Brise schwang die Pflanze sanft hin und her. Es wirkte fast schon ein wenig hypnotisierend auf sie, denn von dem Hin und Her wurde sie langsam müde. Letzten Endes fielen ihre Lider ganz und sie glitt in einen ruhigen Schlaf … Die letzten Reste einer Schleierwolke hatten sich verzogen. Nun war der Himmel nur noch blau – und öde. Shikamaru setzte sich auf und sah neben sich. Er seufzte auf. Jetzt schlief Temari schon seit geschlagenen vier Stunden. So konnte man den Tag natürlich auch vertrödeln … Aber irgendwie schien sie es wohl zu brauchen und solange sie dabei keine Albträume hatte, hatte er auch nichts dagegen. Er betrachtete sie und musste überrascht feststellen, wie wenig lästig die letzten Tage mit ihr waren. Na ja, wenn er es genau nahm, war es sogar überhaupt nicht anstrengend gewesen. Woran das wohl lag? Nicht mehr lange und er musste ihr den Titel »Drache Nummer zwei« aberkennen … Tse, worüber er alles nachdachte … Das Leben konnte wirklich wunderbar kompliziert sein! Shikamaru schaute wieder in den Himmel. Frei sein wie eine Wolke war wohl manchmal doch nicht das Wahre … Er vernahm ein Gähnen neben sich. „Doch mal wieder von den Toten auferstanden?“, fragte er. „Sieht ganz so aus.“ Temari streckte sich und rollte sich auf den Rücken. Sie bemerkte die bevorstehende Abenddämmerung. „Wie lange hab ich denn geschlafen?“ „Viereinhalb Stunden.“ „Dann hab ich wohl den halben Tag verpennt.“ Sie lächelte müde und richtete sich auf. „Ist das Abendessen schon vorbei?“ „Keine Ahnung. Wenn wir uns beeilen, kriegen wir vielleicht noch was“, schlug er vor. „Nee, lass mal. Ich will mich nicht wieder mit dieser unfreundlichen Bedienung anlegen. Wenn du Lust hast, kannst du mir ja was klauen.“ Sie setzte ein dreistes Grinsen auf. „In der Bar gibt es auch ein paar Kleinigkeiten, soweit ich weiß.“ „Ja, wahrscheinlich alles total salzig, damit die Betrunkenen noch mehr Durst bekommen“, witzelte sie. „Okay, reingucken kostet ja nichts.“ „Und?“, fragte Shikamaru, als sie ein paar Minuten später in der hinteren Ecke der Bar Platz genommen hatten. Temari kaute den ersten Bissen ihrer gebratenen Nudeln auf. „Nett. Nicht die Besten, aber es geht schon.“ Sie nahm einen großzügigen Schluck Mineralwasser hinterher. „Und wie vermutet ziemlich salzig.“ „Solange du nur Wasser trinkst …“ „Der Sekt neulich war ’ne Ausnahme. Ich mag Alkohol sonst auch nicht besonders“, erklärte sie. „Umso besser. Ich halte nämlich nicht viel davon. Betrunkene sind nämlich verdammt anstrengend.“ „Um die Gesundheit dieser Leute machst du dir also keine Gedanken?“ Sie lächelte schief. „Nö“, entgegnete er knapp. „Die Lebern anderer Leute gehen mich nichts an.“ „Na, wenn du so denkst, finde ich es aber seltsam, dass du mir wegen dem Sekt so ins Gewissen geredet hast.“ Shikamaru zuckte nichtssagend mit den Schultern. „Kann es sein, dass du dir Sorgen um mich machst?“, hakte Temari weiter grinsend nach. „Tse … Nie im Leben“, widersprach er tonlos. Sie lachte auf. Da wollte wohl einer etwas nicht zugeben … Schweigend widmete sie sich wieder ihrem Essen. Ihr Blick schweifte unauffällig durch den Raum. Hier waren die seltsamsten Gestalten zu finden. Sicherlich gab es auch den einen oder anderen Shinobi auf der Durchreise. Letztendlich fixierte sie sich auf die gegenüberliegende Seite. „Guck mal da rüber“, sagte sie leise zu Shikamaru. Dieser tat daraufhin, als würde er etwas vom Fußboden aufheben und linste einen Moment in die angezeigte Richtung. Das war ja höchst interessant … „Hast du den Typ schon mal gesehen?“, fragte Temari schließlich im Flüsterton. „Nein. Aber ich wüsste ja zu gerne, was die zu bereden haben.“ Er überlegte kurz. „Ich geh mal eben zur Toilette und versuche, nebenbei was von dem Gespräch aufzuschnappen.“ Mit diesen Worten stand er auch schon auf und setzte seinen Plan in die Tat um. Temari blieb währenddessen völlig gelassen und aß ihre Nudeln weiter. Vielleicht kam ja wirklich etwas Aussagekräftiges ans Licht … Drei Minuten später kam er wieder. „Hast du was rausgefunden?“, forschte sie nach. „Nicht viel. Ich hab nur irgendwas von einer Gruppe und Nebel verstanden“, gab er ernüchternd zurück. „Nebel? Vielleicht meint er Kirigakure oder so …“, nahm sie an. „Wäre auf jeden Fall möglich. Ich denke aber nicht, dass wir hier noch irgendetwas herausfinden.“ Shikamaru ließ einen Seufzer verlauten. „Es ist einfach zu laut und es sind zu viele Leute hier.“ „Da kann man wohl nichts machen.“ Temari legte ihre Essstäbchen beiseite. „Dann lass uns besser gehen. Nicht, dass wir den beiden da noch auffallen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)