Engel auf Abwegen von abgemeldet (Frühlings-Wichtel-Story für Yinx) ================================================================================ Kapitel 7: Annabells Erinnerungen und ein letzter Abschied ---------------------------------------------------------- „Aber… das…. Ich verstehe nicht… das gibt’s doch nicht!“ stotterte Annabell, unfähigen einen ganzen Satz zu formulieren. „Das bin ja ich!“ „Genau, das bist du vor über 50 Jahren! Und der junge Mann ist dein Urenkel!“ klärte Samuel sie nun auf. Mit dieser Erkenntnis konfrontiert, drehte sich plötzlich alles um Annabell und ihr wurde schwindelig. Zu viele Bilder und Gedanken strömten auf sie ein und sie war nicht fähig all das zu verarbeiten, was sie nun langsam an Erinnerungen wieder bekam. Gerade noch rechtzeitig konnte Samuel sie auffangen, ehe sie zu Boden stürzte. Von Samuel gestützt wagte sie noch einmal einen Blick auf das Foto und richtete dann ihre Augen auf den jungen Mann, der es so liebevoll betrachtete. „Er ist mein Urenkel?“ wurde ihr schlagartig bewusst. „Das kann doch gar nicht sein!“ „Genau das selbe habe ich auch gedacht. Aber es ist offenbar doch so. Kannst du dich inzwischen wieder an etwas erinnern? Ich meine an deine Zeit auf der Erde!“ wollte Samuel wissen. „Ich weiß nicht!“ erwiderte Annabell unsicher und griff sich an den Kopf. „Da sind auf einmal soviele Bilder, und ich kann sie nicht sortieren. Ich war Krankenschwester! Ich war im Lazarett, oder?“ Abermals nickte Samuel und gab Annabell noch ein paar Minuten Zeit, die ganzen Erinnerungen, die jetzt immer deutlichen in ihren Kopf präsent wurden zu sortieren. Nach einigen Minuten hatte sich Annabell wieder etwas gefangen und setzte sich auf einen der Stühle im Wohnzimmer, wo auch Samuel sich niedergelassen hatte. „Ich weiß jetzt wieder alles!“ erklärte sie nach einigen Minuten der Besinnung. „Ich war wirklich Krankenschwester! Ich arbeitete in einem Lazarett und versorgte die vielen Verwundeten, die nach jedem Angriff zu uns gebracht wurden. Ich sehe jetzt alles wieder deutlich vor mir. Fast so als wäre es erst gestern gewesen, wie Jack, so hieß er, in meinen Armen an seinen Verletzungen starb. Ich konnte nichts mehr für ihn tun!“ Ein kleine Träne lief ihr über die Wangen, als sie sich bewusst wurde, dass dies alles bereits 50 Jahre her war. Auch wenn es sich für sie selbst so anfühlte, es wäre es erst gestern gewesen. „Was das dein Mann?“ fragte Samuel vorsichtig nach. „Nein, mein Mann starb schon einige Monate früher im Krieg. Er war auch Soldat. Frank, der verletzte Soldat, war mein letzter Patient. Denn kurz nachdem er seinen letzten Atemzug gemacht hatte, schlug die Bombe im Lazarett ein. Und von da an weiß ich nichts mehr. Ich weiß es noch genau, als wäre es eben erst passiert. Frank wurde von einer Splitterbombe schwer verwundet und seine Beine waren zerfetzt. Er hatte bereits unglaublich viel Blut verloren und ich wusste, ich konnte ihn nicht retten. Aber ich habe alles versucht. Er hatte große Angst vor dem Sterben und hielt die ganze Zeit meine Hand. Ich weiß noch, wie er sagte, er sei dankbar, dass ich da bin, und er nicht allein sterben würde. Er nannte mich einen Engel, weil ich an einen Ort der nur den Tod bringen konnte, versuchte Leben zu retten. Ich selbst sah mich nie als Engel, denn ich war eigentlich das Gegenteil davon!“ „Aber warum das denn?“ wollte Samuel überrascht wissen. „Ich hatte eine kleine Tochter, sie war gerade mal 4 Jahre alt. Aber anstatt mich um sie zu kümmern, bin ich mit meinen Mann ins Kriegsgebiet gegangen. Er als Soldat und ich als Krankenschwester. Und als Mathew bereits einige Wochen später gefallen war, war ich um so entschlossener, meine Arbeit als Krankenschwester fortzuführen. Ich habe meine kleine Magdalena bei meiner Mutter gelassen und war davon überzeugt, das es richtig ist was ich tat. Wir wollten für eine bessere Zukunft eintreten und sowohl Mathew als auch ich, glaubten daran, dass wir etwas bewirken konnten, auf unsere Weise. Ich glaube viele der Soldaten, die schwer verletzt zu mir ins Lazarett kamen, sahen in mir wirklich einen rettenden Engel, egal ob ich sie retten konnte oder nicht. Denn ich war die letzte, die die meisten von ihnen sahen, bevor sie starben. Und dennoch konnte ich vielen das Leben retten. Und für jeden einzelnen war es das wert!“ Anerkennend nickte Samuel und erwiderte: „Vielleicht bist du deshalb auch ein Todesengel geworden?“ Überrascht schaut Annabell auf. Von dieser Seite hatte sie das noch gar nicht betrachtet. „Auf der Erde warst du dem Tod oft näher als dem Leben und er gehörte für dich zum Leben dazu. Und später, warst du diejenige, die auf der anderen Seite, jene Menschen ins Engelreich begleitete, deren Lebenszeit abgelaufen war. Du hast also nichts anderes gemacht, wie schon zu Lebzeiten! Du hast den Menschen die Angst vor dem Tod genommen! Und wenn ich das vorhin richtig verstanden habe, ist dein Urenkel da, durch dich bzw. durch Erzählungen deiner Tochter, ebenfalls Arzt geworden!“ Annabells Blick richtete sich auf Michael. „Er ist also wirklich mein Urenkel? Ich kann das gar nicht glauben! Es ist wie ein Wunder! So viele Jahre sind vergangen und wie oft habe ich mir den Moment ausgemalt, wie es sein würde, wenn ich einem Nachkommen von mir gegenüber stehen würde! Aber dass es nun wirklich soweit ist, damit hätte ich nie gerechnet!“ Langsam ging sie auf ihren Urenkel zu. Sie zitterte vor Aufregung und berührte ganz leicht seine Wange. Plötzlich durchstörmten sie unbeschreibliche Energien und Samuel konnte genau spüren, wie viel Kräfte da am Werk waren, als Annabell mit Michael Verbindung aufnahm. „Er ist es wirklich!“ flüsterte sie leise. „Aber wie konntest du ihn finden?“ wollte Annabell nun wissen. „Francesca lernte ihn vor einigen Wochen im Krankenhaus kennen, wo sie ihr Praktikum machte. Dort arbeitet er wohl als Arzt. Und heute spürte ich plötzlich seltsame, unbeschreibliche Energien, als ich in seiner Nähe war. Und als ich plötzlich das Foto sah, und er Francesca erzählte, das dies seine Urgroßmutter sei, dachte ich das gibt’s doch nicht. Auf einmal war mir alles klar! Die Energie und diese seltsamen Gefühle, die ich hatte, wenn ich in seiner Nähe war, dies waren die Verbindungen, von denen du mir damals erzählt hast. Die Möglichkeit, wie du Verbindung zu den Menschen aufnehmen kannst. Nur habe ich bis jetzt noch nicht verstanden, warum ich diese Verbindung überhaupt aufnehmen konnte zu ihm.“ Annabell lächelte: „Dies kann ich dir erklären! Erinnerst du dich noch, an dein Versprechen bei unserem Abschied? Du gabst mir das Versprechen, du würdest alles versuchen, um Angehörige von mir zu finden! Und ich habe sofort gespürt, dass du dies ehrlichen und offenen Herzens versprochen hast! Und wenn ein Engel ein Versprechen abgibt, so werden damit Energien freigesetzt, die man so noch nicht mal erahnen kann. Du hast damit quasi meine Fähigkeit übernommen, Verbindung zu den Menschen aufzunehmen. Aber da du davon nichts wusstet und dies nicht einordnen konntest, kam es zu diesen heftigen Reaktionen!“ . . Es vergingen einige Wochen, in denen Annabell ihren Urenkel langsam kennen lernte und durch ihn auch vieles erfuhr, was ihr sonst verborgen geblieben wäre. Durch ihn erfuhr sie, wie sich das Leben für ihre Tochter Magdalena nach ihrem Tod weiter entwickelte hatte und, dass sie nicht nur 4 Enkelkinder sondern auch 3 Urenkel hatte. „Es gibt so vieles, was ich verpasst habe, durch meinen frühen Tod! Ich hätte gerne die Chance gehabt, meiner Tochter eine gute Mutter zu sein. Und ich hätte auch gern meine Enkelkinder und Urenkel aufwachsen gesehen!“ „Ich kann dich verstehen! Aber zumindest hast du nun die Gewissheit, dass sie sich alle gut entwickelt haben! Und offenbar werden wir wohl auch in ein paar Wochen verwandt sein!“ meinte Samuel und deutete auf Michael und Francesca, die inzwischen verlobt waren und turtelnd, Hand in Hand durch die Straßen liefen. „Und ich kann diesmal nichts finden, was mir an der Wahl meiner Tochter missfallen würde!“ verkündete Samuel mit einen Lächeln auf den Lippen. „Ja, mein Urenkel hat eine gute Wahl getroffen!“ stimmte Annabell ihm zu. Es verging nicht mehr viel Zeit und Michael und Francesca heirateten und zogen kurz darauf in ein gemeinsames Haus, am Rande der Stadt. „Hast du dir inzwischen überlegt, ob du weiterhin ein auftragsloser Engel bleiben willst? Ich glaube man könnte doch da gewiss was drehen, und der kleine Racker, der in ein paar Monaten das Haus mit seinen Lachen erhellen wird, könnte noch einen zuverlässigen Schutzengel gebrauchen!“ meinte Samuel mit einen vielsagenden Grinsen. „Ich freue mich für die beiden! Und auch für dich! Ich habe lange überlegt, wie es nun weiter gehen soll. Aber meine Entscheidung ist schon längst gefallen! Ich werde demnächst wieder als Todesengel arbeiten!“ Samuel war von diesem Geständnis sichtlich überrascht. Damit hatte er nicht gerechnet. Hoffe er doch, dass Annabell, ähnlich wie er selbst, großen Gefallen daran finden würde, auf diese Weise am Leben ihrer Nachkommen teilhaben zu können. Annabell konnte das Unverständnis zu dieser Entscheidung in seinem Gesicht erkennen und auch die Enttäuschung, dass ihre Entscheidung so ausgefallen war. „Ich weiß, dass du dies vielleicht nicht verstehen wirst. Aber ich habe mein ganzes Leben damit verbracht, den Menschen zu helfen. Und immer auch eine andere Weise. Und die meisten von ihnen waren dankbar dafür, dass ich da war. Als Schutzengel wäre ich nur für einen einzigen Menschen verantwortlich! Aber ich möchte vielen Menschen helfen und ihnen die Angst nehmen, vor dem Weg der vor ihnen liegt, wenn ihre Zeit gekommen ist und ich sie abhole!“ Samuel konnte ihre Entscheidung zwar nachvollziehen, aber die Gewissheit, dass er schon recht bald wieder Abschied nehmen musste von ihr, machte ihm schwer zu schaffen. „Ich werde dich nie vergessen, Samuel Hamilton!“ versprach Annabell vielsagend. „Und eines kann ich dir versprechen: Wir werden uns auf jeden Fall wieder sehen. Ich werde zu dir kommen, wenn die Zeit dafür gekommen ist!“ Samuel wusste, was Annabell damit meinte und nickte. „Es fällt mir schwer, dass zu sagen, aber ich hoffe, dass es noch sehr lange dauern wird, bis es soweit ist!“ Lächelnd erwiderte Annabell: „Das hoffe ich auch! Und ich denke wir werden auch in Zukunft einen Weg finden, dass wir uns nie ganz vergessen! Die Bustickets hast du doch noch, oder?“ . . . . . Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)