Haltet Stille in den Hallen von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: Dunkle Flure ----------------------- Dunkle Flure Stille in den Hallen Colt lehnte sich leicht gelangweilt und einigermaßen entnervt in seinem Sitz zurück, schaute mit zusammengekniffenen Augen in die Sonne und zog dann seinen Hut tief in die Stirn. Unter ihn dröhnten die Motoren auf der Rennstrecke und irgendwo an vorderster Front jagte Fireball an verstaubten Streckenposten vorbei. April streckte ihn einen Papbecker mit einerm kaltem Getränk entgegen, aber er lehnte dankend mit einer unwirschen Handbewegung ab. "Mir ist stinklangweilig", sagte er zum hundertsten Mal an diesem Tag. April zuckte nur die Schultern und steckte einen Strohhalm in das Getränk. Genüsslich begann sie, daran zu saugen. Schon bald hatte die Kälte ihre Wangen rot gefärbt. "Mir ist auch langweilig. Wir haben schon so lange nichts mehr zu tun gehabt. Ich glaube die Outrider haben Ferien oder so was." Fireball jagte schon wieder an ihnen vorbei und April sah ihm mit großen Augen hinterher. "Ich wünschte Saber wäre hier, das ist echt seine Bestzeit überhaupt." Colt schnaubte. "Was macht er überhaupt. Rennt er wieder durch die Wildniss und katalogisiert irgendwelche Blümchen oder so was?" April blickte Colt erstaunt an :" Sag das Wort noch mal, Katalogisieren.." Sie grinste. Später saßen die drei Freunde in der Box und Fireball studierte zufrieden die gefahrenen Zeiten, als sein Com piepste. Er verzog sich kurz in eine ruhigere Ecke und kam dann mit einem strahlenden Lächeln wieder. "Leute, es gibt Arbeit. Richtige Arbeit. Ich meine, solche, für die wir auch bezahlt werden." April klatschte fröhlich in die Hände und Colt lachte entzückt. "Endlich, ich hatte echt schon Schwierigkeiten mit den Rechnungen ohne die ganzen Zuschläge." Fireball grinste:" Die hast du auch, wenn wir total ausgelastet sind, Kumpel. Saber sagte, wir sollen ins KOK kommen. es gibt was...nun, wie sagte er...was seltsames." Es gab tatsächlich was seltsames. Kommander Eagel spielte Saber nun schon zum dritten Mal die eigenartige Aufnahme vor, als die drei das KOK erreichen. Saber begrüßte seine Freunde und deutete dann auf einen großen Monitor. "Dieser Ruf erreichte das KOK vor etwa drei Stunden. Wir hatten die allergrößten Schwierigkeiten ihn zu entschlüsseln. Zumal es kaum eine bildliche Übermittlung gab. Nur weißes Rauschen mit ein paar Sekundenbildern dazwischen." "Woher kommt denn der Ruf?", wollte April wissen. Sie glaubte an eine Außensiedlung die mal wieder von den Outridern angegriffen wurde. Schließlich hatten diese Schurken schon seit Wochen nichts mehr von sich hören lassen und früher oder später musste die Ruhe ja vorbei sein. "Nun, Schatz, der Ruf kommt von der Outriderbasis.", sagte ihr Vater und Colt merkte, wie ihm der Mund offen stand. "Die schicken eine Nachricht? Was übermitteln sie denn? Feiertage vorbei, nun kanns weitergehen?" Kommander Eagel schüttelte den Kopf. " Nicht ganz, so wie es aussieht, ist es ein Hilferuf." "Ein Hilferuf?" Colt lachte trocken. "Das kann ja wohl nur ein Witz sein, oder?" Fireball machte ein finsteres Gesicht. "Es ist ja schon komisch, dass sie so lange nichts mehr überfallen haben. Man musste sich ja schon fast Sorgen machen. Können wir die Aufnahme mal ganz sehen?" Eagel spielte sie wieder ab. Auf dem Bildschirm war wieder das bekannte weiße Rauschen zu sehen. Eine blecherne weibliche Stimme tönte wie aus weiter Ferne. ::: ....unbekannte Lebe.....nicht zu ...... getö....hunderte. ::: erklang es Stückchenweise. Dann erschien für Bruchteilen von Sekunden das Bild einer Frau auf dem Monitor. Ihr Gesicht wirkte verzerrt, sie hatte eine blutende Wunde an der Wange und ihre Augen waren groß und schreckgeweitet. Sie trug keine Uniform, aber eine große Waffe, die sie wie verzweifelt an sich drückte. Dann war das Bild verschwunden und das weiße Rauschen trat wieder in den Vordergrund. ::: ...bitte nicht! Nicht! .... Schüsse zerschnitten das Rauschen, dann war Stille. Der Monitor wurde wieder schwarz. Die vier Freunde starrten gebannt weiter auf den schwarzen Kasten, erst allmählich konnte sich Colt davon abwenden. "Ist das ein Trick?", fragte er leise und stand immer noch unter dem Einfluss dessen, was er gerade gesehen hatte. Das Gesicht der Frau drängte sich im Vordergrund seines Denkens. Das Gesicht einer Frau, die völlig verzweifelt war. "Ob es nun ein Trick ist oder nicht", sagte Saber. "Wir sind Star Sheriffs und müssen der Sache nachgehen. Wir haben einen Eid geleistet, jedem Hilfe zu leisten, der sie braucht." Colt wirbelte herum und stierte ihn wütend an. " Das kann ja wohl nicht dein Ernst sein? Das sind Outrider, Verdammt. Ich werde da doch nicht auffliegen, mich in eine blöde, wahrscheinlich, seid langen geplante Falle locken lassen und das nur, weil ich grad nichts besseres zu tun habe!" "Ganz genau", meinte Fireball. "Wir haben grad nichts besseres zu tun. Auf mich kannst du zählen, Saber." "Na ganz toll", knurrte Colt. "Saber hat recht, wir müssen mal nachsehen", sagte nun auch April. "Damit ist es beschlossene Sache. Wir fliegen in einer Stunde los und schauen, was da los ist." Colt rollte übertrieben mit den Augen. "Du bist der Chef, Boss. Aber gefallen tut mir das nicht..." April legte ihm freundschaftlich eine Hand auf die Schulter. "Was soll uns schon passieren? Wir sind`s doch.", grinste sie und zog ihm neckend seinen Hut ins Gesicht. *** "Hier irgendwo muss es doch sein.." April schüttelte den Kopf und setzte ihre Suche nach der Basis fort. "Normalerweise find ich die immer auf Anhieb." Saber hatte sich zu ihr gesetzt und versuchte nun seinerseits Ramrods Auswertungen zu verstehen. Die vier waren schon oft in dieser Gegend gewesen und wussten mit ziemlicher Sicherheit, dass sich die Basis hier befand. Im Regelfall konnte man relativ schnell die elektrischen Felder und Energiekonzentrationen ausmachen, die von der Basis ausgestrahlt wurden. Aber nun... "Och du !!!....Zieh wech da!!...", hörte er Colt hart und laut hinter sich rufen und Fireball musste Ramrod so scharf wenden, dass Saber und April sich nur mit Mühe auf den Beinen halten konnten. "Die hab ich gar nicht gesehen!", schnaubte Fireball." Seht euch das mal an." Vor ihnen trudelten einige Scoutschiffe, die allerdings einen verlassenen Eindruck machen. Beinahe wäre er reingedüst, konnte aber noch abwenden. Nun blickten die vier staunend auf etwa 30 kleine Flitzer die schwerelos vor ihnen her baumelten. "Sie sind unbesetzt", stellte Fireball fest. "Wieso juckeln hier unbesetzte Scoutschiffe rum? Wo sind die Piloten?" "Wo die Piloten sind, weiß ich auch nicht", beantwortete Colt ihre Frage, "Aber da ist die Basis", sagte er und zeigte nach draußen. "Und ich sag euch was, hier stimmt echt was nicht." Es war still in den Reihen und Hallen. Der riesige, metallene Koloss sollte dunkel und bedrohlich vor ihnen aufragen, seine tausendschaften an Schwadronen wie Wespen auf sie hetzen und alles tun, um den Friedenswächter abzuwenden. Statt dessen war Ruhe. Normalerweise würden sie nun von tausende Lichtern aus tausenden kleinen Fenstern und Hangern an eine Großstadt erinnert werden, und Colt würde wahrscheinlich wieder den alten "Strohmverbrauchwitz" reißen, doch es war, bis auf wenige Fenster, dunkel. "Es ist wie tot", flüsterte Fireball, dem gar nicht bewusst war, dass er so leise sprach. "Wie ein riesiges Grab", stimmte April zu. Von außen sah es aus, als hätte endlich jemand einfach mal daran gedacht, den Stecker heraus zu ziehen. Es lag Colt schon auf den Lippen das zu sagen, als Saber April anwies, Kontakt mit ihnen auf zu nehmen. "Versuch mal, ob du sie erreichen kannst. Vielleicht haben sie nur ein Versorgungsproblem. Sieht aus, als hätten sie weder Strom noch sonst eine Energie." "Können sie das Überleben? Ich mein, es muss doch saukalt sein...und was ist mit Sauerstoff?" "Sauerstoff brauchen die nicht, sind ja Phantomwesen, also mal keine Sorge. Die sind nicht alle erstickt oder so. Die haben einfach keinen Saft mehr." "Es sind nicht alles Phantomwesen", sagte April leise. "Was?" Colt hatte sie nicht verstanden. "Es sind nicht alle Phantomwesen", sagte April lauter. "Wir kennen ja wohl mindestens einen Menschen dort, oder?" Colt schnaubte."Ich wein gleich, ehrlich." "Ich habe ein Signal übermittelt", meinte April, weil sie nicht weiter auf das Thema eingehen wollte. "Mal sehen, ob sie darauf antworten." "Derweilen suchen wir uns schon ein nettes Plätzchen, wo wir rein können. Wir können da, da oder auch da rein.", sagte Saber und zeigte auf verschiedene Punkte vor ihnen an der Basis. Sie warteten eine halbe Stunde. Nachdem sie keine Antwort auf Aprils Signal bekamen, gab Saber das Kommando, in die Basis einzusteigen. Es war gespenstisch. Sie stiegen durch einen der Hanger ein, warteten fast auf einen Angriff oder auf eine Welle von Outriderschiffen, doch es rührte sich nichts. Colt hielt seine Waffe im Anschlag, als sie auf den Boden aufsetzten und ihre Bagpacks langsam vom Rücken rutschen ließen. Saber sah auf seine Kontrollanzeige am Handgelenk. " Ok, Sauerstoff ist hier genug", sagte er und nahm seinen Helm ab. Sie standen auf einer Brüstung und man konnte, wenn man nach unten sah, ungebrauchte Schiffe, einige Transportkräne und Reparatureinheiten sehen. "Das erinnert mich an ein Märchen.", sagte Colt. "An Rapunzel" Fireball schüttelte den Kopf. "Nicht Rapunzel. Du meinst das mit der Prinzessin, die hundert Jahre in ihrem Schloss schlafen musste und alle anderen sind auch mit eingepennt." Saber lächelte. "Es ist Dornröschen, Jungs." Aber er konnte die beiden verstehen, denn genau so sah es aus. Wie eingeschlafen lag die Basis zu ihren Füßen. Einige Dinge sahen aus, als waren sie noch vor Sekunden in Gebrauch. Als warteten sie nur darauf, wieder in die Hand genommen zu werden um weiter Verwendung an dies oder jenes zu finden. Vor ihnen, an einer Tür stand ein Tisch mit zwei Tassen darauf. Colt ging auf ihn zu und berührte einer der Tassen. Dann schüttelte er den Kopf. "Ich dachte, sie wären vielleicht noch warm", sagte er entschuldigend. Allerdings hatte sich schon eine leichte, staubige Schicht auf den Tisch gelegt und der Kaffee, der in den Tassen war, hatte eine komische, wenig grünliche Farbe angenommen. Saber deutete auf die Tür hinter dem Tisch, der wohl als kleiner Pausenbereich für Techniker oder Arbeiter diente. "Gehen wir da durch und schaun, was uns erwartet. April wird uns lotsen, wenn wir in Schwierigkeiten sind." April hatte es sich vor den Kontrollanzeigen in Ramrod mit einem Kakao bequem gemacht und versuchte nun, den Weg, den die Jungs nahmen, genau im Auge zu behalten. Sie konnte die Basis schlecht scannen, denn dank Jesses Wissen über die menschlichen Möglichkeiten hatte er dafür gesorgt, dass die Basis mit verschiedenen Faktoren ausgestattet wurde, die ein Durchleuchten beinahe unmöglich machte. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als auf die Signale der Coms zu achten, die die Jungs bei sich trugen. "Ich hab euch im Auge, Jungs", sagte sie mehr zu sich selbst. Fireball schlich um eine Ecke, legte die Waffe in den Anschlag und machte dann eine elegante Rolle. Colt folgte ihm. "Hier ist auch alles leer.", rief er dann Saber zu. Saber kam um die Ecke und blickte in einem leeren, gespenstischen und dunklen Gang. Der Schein seiner Taschenlampe erhellte Bruchstückweise Wandlamellen und Deckenplatten. Immer nur einen hellen Ausschnitt breit, bevor es dann wieder in der Finsternis verschwand. "Hier müssen doch irgendwo irgendwelche Outrider sein. Die haben sich doch nicht in Luft aufgelöst", knurrte Colt und steckte seinen Waffe wieder in seinem Hüfthalfter. "Warte mal", fiel Fireball plötzlich ein. "Natürlich lösen die sich in Luft auf. Denk doch mal nach! Das sind doch Phantomwesen. Und wohin geht ein Phantomwesen, wenn es sich in Luft auflöst? Es wandert in seine eigene Phantomzone zurück. Ich denke, da sind sie alle. In Ihrer Phantomzone." Colt legte sie Stirn in Falten. "Was hat sie dann alle dahin gebracht? Ich meine, ist ihnen hier langweilig geworden, oder was?" Saber wollte gerade etwas sagen, öffnete dabei wie nebenher eine Tür und erstarrte. Jedes Wort blieb ihm im Hals stecken. Fireball sah, wie sein Freund erst blass wurde und wie sich dann seine Miene in einem mitleidigen und gleichzeitig angeekelten Ausdruck verwandelte. "Was ist denn, Sabelschwinger?" Saber stieß nun die Tür ganz auf und Fireball und Colt wichen automatisch zwei Schritte zurück. "Mein Gott", sagte sie wie aus einem Mund. Der Anblick, der sich ihnen bot, war fürchterlich. Sie hatten wohl die Tür zu einem technischem Bereich geöffnet. Schweigende Konsolen und verstohlen summend- flüsternde Armaturen brachen aus Metallwänden. Vor diesen Apparaturen standen und lagen Stühle. Drei Outrider lehnten an einer Wand. Ihre Gesichter waren verzerrt und ihre Körper wie ausgedorrt. Ihre Kleidung schien ihnen längst nicht mehr zu passen, es war, als ob alle Feuchtigkeit aus ihnen heraus gesaugt wurde. Über verzerrte Totenkopffratzen spannte sich eine pergamentartige , bläuliche Haut. Ihre Münder standen wie zu einem letztem Schrei weit geöffnet und Saber konnte ihre verdorrten Zungen darin liegen sehen wie getrockneten Speck. Ihre Augen waren tief eingesunken und wie zu Rosinen zusammengeschrumpft. Sie hielten Waffen in ihren Händen, dessen Finger sie wie dürre Äste umklammerten. "Was ist denn mit denen...", begann Colt einen Satz zu bilden und ging einen Schritt in den Raum hinein, wurde aber sofort von Saber wieder herausgezogen. "Geh nicht hinein, du weißt nicht, was sie hatten. Aber was auch immer, es hat sie nicht in die Phantomzone gebracht. Es hat sie sterben lassen." "Es...", murmelte Fireball. Er dachte kurz an den Notruf, den sie empfangen hatten. Er konnte sich noch an ein paar Bruchstücke erinnern. "....unbekannte Lebe....." , sagte er. "Der komplette Satz sollte heißen : Unbekannte Lebensformen." "Häh?", machte Colt. "Der Notruf.", versuchte Fireball zu erklären. "Es waren "unbekannte Lebensformen." Sabers Gesichtsausdruck wurde finster. "Waffen von Betäubung auf "Wir machen ernst", meine Herren.", zischte er grimmig. "Suchen wir nach Überlebenden." "Überlebenden Outridern oder überlebende unbekannte Monster, denen wir einen verdammten Orden geben", witzelte Colt. Aber aus irgendeinem Grund fand er es nicht wirklich komisch. *** Er checkte seine Waffe nun schon zum viertem Mal. Sein Kopf dröhnte und die tiefe Wunde an seiner Schulter machte es schwierig, die Waffe ordentlich in den Anschlag zu nehmen. Er war so verdammt müde. Am liebsten hätte er sich einfach irgendwo hingelegt und den Schlaf Überhand gewinnen lassen. Er schüttelte sich, schüttelte seinen Kopf und fuhr sich durch das blaue, schweißnasse Haar. Seine Hände zitterten, aber sein Verstand arbeitete ruhig und einigermaßen besonnen. Lühr berührte ihn an seiner unverletzten Schulter und er fuhr zusammen. "Verdammt, lass das!", flüsterte er und schaute sich gleich darauf vorsichtig um. Dann legte er den Finger an seine Lippen. "Pst". Sie nickte und schulterte ebenfalls ihre Waffe. Das Problem war folgendes. Sie hatten beide zusammen weniger als 30 % Feuerkraft. Wenn sie gut waren, aber nur dann, schafften sie es vielleicht in das Waffenlager zu kommen, ohne auf sich aufmerksam zu machen. Und wenn sie doch entdeckt wurde, konnten 30% Feuerkraft zumindest ein guter Anfang oder aber ein jämmerliches Ende sein. Jesse betrachtete Lühr abschätzend. Sie war mindestens genauso müde und fertig wie er, nur das sie mehr Reserven hatte. Da waren ihm die Phantomwesen überlegen. Sie hielten einfach länger durch, brauchten deutlich weniger Schlaf, konnten deutlich länger auf Nahrung und Flüssigkeit verzichten und hatten stärkere Nerven. Dennoch machte Lühr ihm Sorgen. Sie hatten einen Ausdruck in den Augen, der dem eines Wahnsinnigen sehr ähnlich war. Seit einigen Tagen hatten sie ein fast fest gewachsenes, verdrehtes Lächeln auf den Lippen. Er wandte sich von ihr ab und öffnete die Tür des Waschraumes, in dem sie sich befanden. Es kotze ihn an, dass es dunkel war, aber ein Brand in der Versorgungszentrale hatte alle Energie der Basis zunichte gemacht. Das beinhaltete auch die Versorgung mit Wasser und Nahrung, die nun nicht mehr gekühlt wurde. Das war witzig, dachte er. Nun stand er im Bad bei dreißig Wasserhähnen und hatte keinen Schluck zu trinken. Er hatte so einen Durst. Langsam und sehr, sehr leise tastete er sich in den Gang vor und blickte hinter sich, wo Lühr nun auch, zusammen mit ihrem unheimlichem Lächeln, aus dem Waschraum trat. Es war schlimm, es zugeben zu müssen, aber sie im Rücken zu haben, fühlte sich nicht gut an. Klickende und summende Geräusche, die immer da waren , aber man im Normalfall nicht hörte, kamen ihn nun sehr laut vor. Jede zehnte Lampe hatte sich als Notbeleuchtung eingeschaltet, doch die meisten von ihnen waren längst zerstört und so konnte man nur zwischendurch einen rot-erhellten Bereich ausmachen, der die Sicht auf bleierne Wände und stumpfe Bodenplatten erlaubte. Jesse schlich an Manschaftsquartire vorbei und warf hin und wieder einen Blick in die zu Gräbern degradierten Schlafräume, in denen tote und scheinbar ausgelauchte Phantomwesen bis zum Schluss um ihr Überleben gekämpft hatten. Nun lagen die Reste ihrer vertrockneten Körper in verdrehten Positionen auf Liegen und Baren und starrten ihn mit fragenden Augen anklagend an. Er hatte sie rein gelassen. Er, Jesse Blue, hatte dem Tod die Tür zu dieser Welt geöffnet, und das nur, weil er einen guten Tag hatte. Einen Forschertag. Um zu den Waffenkammern zu kommen, mussten sie zwei Stockwerke tiefer, doch die Lifte waren außer Funktion. Lühr zeigte ihm auf einer Karte der Basis den Weg, wie sie durch längst vergessene Versorgungsschächte an Leitern hinunter klettern konnten. Wenn sie erst mal dort waren und genügend Waffen, Feuerkraft und Mut gesammelt hatten, würden sie versuchen, über dem Hangar zu den wenigen, noch funktionstüchtigen Schiffen zu kommen. Einige mussten noch genügend Energie haben, um damit zumindest bis nach Yuma zu kommen. Wenn sie das schafften, so schwor sich Jesse, würde er von den Star Sheriffs höchst die Basis ausbomben lassen, damit keines dieser Wesen überlebte. Diese Wesen, die wie ein Fluch über sie herfielen und gleich am ersten Tag dutzende von ihnen das Leben kosteten und sich vermehrten wie eine Bakterienkolonie in einer Petrischale. Lühr hielt ihn an einer Gabelung an seiner Jacke fest und deutete mit einem Kopfnicken auf den Gang rechts von ihnen. Sie sagte kein Wort, aber er verstand schon. *** Überlebende hatten sie noch nicht gefunden, aber Colt hatte ein leichtes, kribbliges Gefühl in seiner Magengegend, das ihn unruhig machte. Seid sie hier in dem Gewirr von Gängen von Tür zu Tür und von Gabelung zu Gabelung schlichen, und nebenher immer wieder auf tote Körper gestoßen waren, hatte er den unguten Verdacht, dass sie längst nicht mehr alleine waren. Der Schein ihrer Lampen hatten Bereiche auf den Wänden erhellt die mit seltsamen Symbolen bestrichen waren. Teilweise war die Farbe noch feucht. Das meiste war in einer Sprache geschrieben, die weder er noch seine Freunde lesen oder verstehen konnten. Es war die Phantomsprache dessen Schrift wie Hieroglyphen anmutete. Doch einen Satz konnte er lesen, denn er war in ihrer Sprache geschrieben. " Seid still in den Hallen und Reihen," stand dort in großen, aber verschmierten Lettern. "Hier könnte man echt eine Stecknadel fallen hören", hatte er Saber zugeflüstert und dieser hatte ehrfürchtig genickt. Hier und da hatte er Schatten aus den Augenwinkeln huschen sehen, doch sie waren gleich wieder verschwunden und nun wusste er nicht, ob es seine überreizten Nerven waren, die ihm einen Streich spielten. Fireball lief einen guten Meter voraus, legte hin und wieder den Kopf schief um angestrengt etwas hören zu können und lief dann weiter. Saber war hinter ihm. Colt meinte fast, den Atem seines Freundes in seinem Nacken zu spüren. Es war unglaublich leise. An einem Ort, an dem man an die 10.000 Outrider vermuten konnte, die hier lebten und arbeiteten, sollte man mehr vernehmen als nur das Klicken von Notfallgeneratoren und das Summen von schwachen und müde Lampen. Fireball war wieder an einer Gabelung angekommen und blickte in den linken Gang. Dort lagen vor einer verschlossenen Tür etwa zwei dutzend tote, verdrehte und übereinander gespapelte Outrider, die offensichtlich versucht hatten, sich durch die Tür in den nächsten Gang zu flüchten. "Da werden wir nicht weiterkommen", stellte Fireball fest. "Und ich werde keine Körper aus den Weg räumen, die sehen aus, als würde sie gleich zerbrechen.", fügte Colt hinzu der einen angewiderten Gesichtsausdruck machte. Saber nickte." Gehen wir den anderen Weg runter. April, kannst du raus finden, wohin wir dort kommen?" Sekundenlang war Stille, dann konnte Saber ihre Stimme über den Com hören. "Fehlanzeige, Jungs. Ich kann euch ohne zögern wieder raus bringen, und zwar genau den Weg, den ihr gekommen seid, aber ich kann euch nicht sagen, wo es da hingeht. Ich kann einfach nicht scannen, es klappt nicht." "Schon o.k", sagte Saber und ging den rechten Gang hinunter. "Sehen wir doch mal, was uns da erwartet." "Ich weiß nicht", sagte Colt. "Die wollten doch alle in die andere Richtung. Meinst du nicht, dass das einen Grund hatte?" "Das wollen wir ja herausfinden, Cowboy." Colt faste sich an den Hüfthalfter und fühlte das beruhigende kühle Material seiner Waffe. "Gut, dann mal los", sagte er und folgte seinen Freunden, aber ihm war verdammt noch mal nicht wohl. Colt wusste, dass der Spruch "es ändert sich das Leben während eines Wimpernschlages" schon irgendwo her seine Bedeutung haben musste, aber damit hatte er nicht gerechnet. Sie kamen durch einen Bereich, der beinahe freundlich wirkte im Gegensatz zu dem Einheitsgrau der anderen Flure, die sie durchquert hatten. Zumal hier das Licht wenigstens in so weit funktionierte, dass die Notbeleuchtung alles in ein angenehmes, weiches Licht tauchte. Hier hatte man sich Mühe gegeben, dem ganzen eine Art humane Note zu geben. Der Boden war mit einem freundlich, hell grünen Belag ausgestattet, der zwar an einem Teppich erinnerte, aber keiner war. Die Wände waren weiß, aber an der obersten Kante zierte eine grüne Borde das Gesamtbild. An den Wänden standen in regelmäßigen Abständen kleine Holzkommoden, auf denen entweder Kerzenständer oder kleine andere Decoartikel standen. Colt und Saber wechselten verwunderte Blicke. Zwar war auch hier alles durcheinander und einige Dinge lagen auf dem Boden aber man hatte sich hier Mühe gegeben. "Die haben wohl "besser Wohnen" abonniert, wa?", lachte Colt, als er vorsichtig einen gläsernen Kasten wegstellte, in dem eine kleine Grünpflanze so langsam aber sicher ihr Leben aushauchte. "Vielleicht leben hier nur die Frauen?", stellte Fireball eine wage Vermutung an, musste dann aber selber lachen. Er hatte ein Bild an einer Wand bewundert, dass ein eigenartiges und riesiges Tier darstellte, dass von einem Outrider geritten wurde, der traditionelle Kleidung trug. Das wusste Fireball zwar nicht, aber ganz intuitiv fand er es schon mal echt hübsch. "Schaut euch die Klamotten an", sagte er und zeigte auf das Bild als sie die ersten kratzenden Geräusche über sich hörten, die die sonst so unheimliche Stille durchbrachen. Colt zog als erstes. Er richtete seine Waffe direkt über sich, den Lauf Richtung Decke. "Ok,Jungs, was war das?" Fireball hatte sich rechts neben ihn in Stellung gebracht. Der Schreck saß ihn in den Knochen. "Klang wie die Katze meiner Mutter wenn diese wieder über das Dach tigert." "Nun, hier auf dem Dach würde ich mal nichts vermuten, aber schaut mal. Da sind Klimaschächte." Saber deutete auf einen kastenförmigen Gang, der sich über ihnen herzog. Er saß direkt unter der Decke, die sich hier in etwa drei Metern Höhe über ihnen befand. Der Klimaschacht hatte einen Durchmesser von weniger als einen Meter, und zog sich über die gesamte Länge des Flures hin. Dieser war gut zehn..vielleicht 12 Meter lang. Am Ende mündetet der Schacht recht über der nächsten Tür. "Also, so groß wie das Ding ist, kann da auch nicht viel mehr als eine Katze drin hocken", meinte Colt und ließ den den Blaster wieder senken, als sich die ersten Schrauben knarrend aus der Verankerung lösten. Knirschend senkte sich der Schacht im Mittelteil, senkte sich wieder ein Stückchen und kam dann rumpelnd zum Stehen. Das vereinzelnde Trippeln wurde in Sekunden zu einer Parade sehr vieler kleiner Füßchen. Colt und Fireball gingen zwei Schritte zurück. Nun war es nicht mehr nur ein Kratzen, nicht nur mehr eine Katze auf einem Dach, mittlerweile schien es ein dutzende zu sein. Der kleine, blecherne Gang wurde erschüttert, vibrierte und ruckelte in seinen Halterungen, die nun schon bedrohlich locker waren. Es schien, als wollten tapsende Pfoten die Herrschaft der Schrauben beenden und sich gemeinsam gegen den Feind stellen. Wieder setzte eine weitere Erschütterung den Schacht etwas tiefer, nun war er so ausgebeult, dass sich die einzelnen, zusammengesteckten Elemente des Schachtes auseinander bogen und durch diese steckten sie beinahe vorsichtig die ersten, rüsselartigen Körperteile. "Ähm....Jungs? was machen wir jetzt?", fragte Fireball. Sein Herz hämmerte in seinem Brustkorb und er war sich nicht sicher, ob er laufen oder kämpfen sollte. Wie viele konnten da drin sein? Mittlerweile arbeiteten sich viele, kleine, eigenartige Körperteile durch die Bruchstelle der Segmente und tasteten sich ins Freie. Saber steckte seine Waffe weg, packte Colt am Kragen zog ihn ein Stück weg und gab den einzigen Befehl, der ihn einfiel: "Lauft! Weg hier! Jetzt...SOFORT!" Dann brach das Letzte noch in einer Halterung befindliche Segment aus seiner Verankerung. Fireball wich erschrocken weitere Schritte zurück, hörte Saber und drehte sich auf dem Absatz. Hinter ihm hörte er die Wesen, die gerade wie bei einer Geburt das Licht dieses Flures erblickten, in pipsenden und grollenden Stimmen miteinander Kommunizieren. Es erinnerte ihn ein bisschen an das Geräusch, dass ein Stück Kreide auf einer Tafel machen konnte. Saber packte den Griff zur Tür, durch den sie gekommen sind, drehte seinen Knauf und augenblicklich bildetet sich ein Kloß in seinem Hals. In großen, roten Lettern stand über dem Durchsichtfenster: No Entry! Er ruckelte an der Tür, atmete einmal tief durch und drehte sich zu der Szenerie um. Es waren acht. Ihre Körper erinnerten ihn an eine Mischung aus Maden und Etwas, dass er nicht kannte. In ihren Köpfen hatte Mutter Natur kleine, eitrig gelbe Augen platziert, die unaufhörlich in ihren Höhlen rollten. Der bullige, massige drachenartige Kopf wirkte, als sei ihm die Haut angezogen worden. Saber konnte deutlich Muskelstränge und sogar Blutbahnen erkennen, die in pulsierenden Wellen ihre Arbeit taten und Blut durch den etwa ein einhalb Meter langen, madenhaften Körper pumpten. Sie bewegten sich lediglich durch zwei Körperteile, die wie Spinnenbeine aussahen, direkt unter dem Kopf vor, doch der pulsierende, Hinterleib, der wie durchsichtig und gläsern den Blick auf fremde Organe freigab, schob sich bei jedem Schritt ein großes Stück nach vorne. Aus zangenartigen Mundwerkzeugen schnellte eine lange, bleistiftdünne Zunge hervor, blieb zitternd gut einen Meter weit in der Luft stehen und wurde dann wieder eingezogen. Oben, auf dem Schädel zitterten weitere, fächerartigen Gebilde. Wie die Flügel einer Fledermaus klappten sie auf, zu, wieder auf.. Erst saßen sie da, stemmten ihre Oberkörper auf den dünnen Beinchen hoch, flatterten mit den Gebilden auf dem Kopf, ließen ihre Zungen schnellen und gaben quietschende Töne von sich, die den drei Freunden eine Gänsehaut über die Arme jagte, dass es sich anfühlte, als wollte sich die Haut vom Körper pellen. Colt schob den Regler seiner Waffe summend auf volle Stärke....und dann senkten sie knurrend die Köpfe, legten die Fledermausgebilde eng an den Köpfen an und jagten auf sie zu. Sie waren so schnell, so unglaublich schnell. Es war unwirklich. Colt schoss einmal, wollte schon den nächsten ins Visier nehmen, musste aber feststellen, das der Erste gar nicht zu Boden ging, sondern sich weiter auf ihn zu bewegte. Neben sich hörte er Fireball etwas rufen, konnte ihn aber kaum verstehen. "..nicht tot!!" hörte er nur, als das erste Wesen einen Satz auf sie zu machte und er hilflos mit ansehen musste, wie eine der langen Zungen sich in Fireballs Bein bohrten. Er schrie, ließ seine Waffe fallen und packte das Ding in seinem Bein, zog mit einem heftigem Ruck daran und .... ...fiel dann nach hinten. *** Saber stand mit dem Rücken an der Tür und spürte ebenfalls, wie er nach hinten fiel. Plötzlich lag er auf den Rücken und über ihn donnerten scharfe, einzelne harte Schüsse, die nicht wie Blaster klangen. "Stahlmunition", dachte er zusammenhanglos und wurde nach hinten gerissen. Jemand schrie;" Auf die Kuhle, die Kuhle im Kopf!!" und im nächstem Moment platze etwas über ihm und es ergoss sich eine eitrig, grüne Flüssigkeit in seinem Gesicht. Angewidert schmiss er das Tier von sich, rappelte sich auf die Beine und tastete nach seiner Waffe, doch er wurde weggezogen. "Weg! In den nächsten Raum, keine Ammo mehr!", klang es hinter ihm. Colt konnte kaum so schnell denken, wie die anderen ihn packten, aus dem Flur zogen und die Tür in das Schloss fallen ließen. Er sah, wie Fireball von einem Outridermädchen auf die Beine gerissen wurde. Sein erster Impuls war, auf sie zu schießen, aber er griff sie, schleuderte sie zur Seite und hakte seinem Freund unter die Arme. Dann wurde er von hinten wieder zurückgezogen und hockte plötzlich im Dunkeln. Er wollte was sagen, machte schon den Mund auf, doch eine Hand, die sich auf seinen Mund legte, hinderte ihr. "Keinen Ton, Nicht Reden, Nicht atmen", flüsterte eine Stimme, die er zu kennen glaubte. Fireball lag zwischen seinen Beinen und hatte das Bewusstsein verloren. Es war stockfinster und das Einzige was er wahrnahm, war der warme Atem eines Menschen neben ihm und sein eigenes Herzklopfen. Es war absolut still. Langsam wurde die Hand von seinem Mund genommen. "Keinen Ton", flüsterte die Stimme wieder so leise, dass sie kaum zu verstehen war. So blieben sie sitzen, sagten nichts, bewegten sich nicht, versuchten ganz leise zu atmen und lauschten ins Ungewisse. Es verging fast eine halbe Stunde, bis derjenige neben ihm sich leise und katzenartig zur Tür schlich und diese einen Spalt breit öffnete. Rotes, gedämpftes Licht fiel träge in die kleine Kammer, in der sie sich verkrochen hatten. Ein kalter Luftzug umspielte kurz Colt Gesicht, dann gewöhnten sich seine Augen langsam an die neue Begebenheit. Links von ihm hockte Lühr. Nun erkannte er sie. Sie hatte die Knie bis zu ihrem Kinn gezogen und grinste ihn fröhlich an. Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Es war Saber. Seine Augen waren immer noch schreckgeweitet und sein Haar war zerwühlt und verklebt von einer ekligen Masse. Sein Gesicht hatte er soweit frei gewischt. Jesse öffnete die Tür nun weiter und Colt musste sehr schwer seinem Instinkt beherrschen, nicht den Blaster zu ziehen und etwas zu sagen wie: "Du bist verhaftet!" Jesse drehte sich um und gab Lühr ein Zeichen, das wohl nur sie verstehen konnte, denn nun kroch auch sie auf allen Vieren zur Tür. Beide blickten durch den Spalt, blickten dann sich an und Lühr zuckte die Schultern. Leise wurde die Tür wieder geschlossen und sie hockten abermals im Dunkeln. "Fire ist verletzt", flüsterte Colt. "Wir müssen erst mal hier raus", sagte Jesse sehr leise. "Das ist eine Todesfalle wenn sie uns hier drin aufspüren." "Was sind das für Dinger?", wollte Saber wissen und beugte sich nach vorne, damit er ja nicht lauter sprechen musste. Jesse zuckte die Schultern. "Sie waren auf einem Schiff, dass wir rangeholt hatten." "Du rangeholt hast...", sagte Lühr und ihr Ton war nicht weniger vorwurfsvoll wie der einer Mutter. Jesse stöhnte, öffnete wieder die Tür, diesmal ganz und hing sich seine Waffe über die Schulter. Der Flur war ruhig. Links lagen immer noch die getöteten Outrider an der Tür und immer noch sah es aus, als würden sie gleich flüchten wollen. Colt zog Fireball mit sich, erschrak sich fast dabei, weil der Stoff seines Anzuges ein schleifendes Geräusch machte und blickte sich hektisch um. Saber half ihm. "Wir müssen ihm helfen", drängelte Colt. "Es gibt einen einigermaßen sicheren Ort. Da bringen wir ihn hin." Lühr zeigte auf die von den toten Körpern verschlossenen Türbogen. "Dahinter sind die Sicherheitszellen. Ich habe eine ID - Card." Sie zeigte eine bläuliche Karte und lächelte triumphierend. Lühr und Jesse gingen auf die Toten zu, aber anstatt sie aus dem Weg zu räumen, zog Lühr die Karte durch einen Scanner an der ersten Tür daneben. Diese ging mit einem brummendem Geräusch auf und Jesse gab ihnen ein Zeichen, schnell hinein zu gehen. *** "Hier drin sind wir sicher. Es gibt keinen Zugang zu diesen Bereich. Absolut keinen. Auch keinen Belüftungsschacht, durch den sie passen würden." Er zeigte auf viereckige, etwa handgroße Löcher in regelmäßigen Abständen. Saber hatte Colt dabei geholfen, Fireball auf einen Tisch zu legen. Er war immer noch ohne Bewusstsein, aber die Blutung seines Beines hatte gestoppt. "Was ist hier los?", fragte er nun und sah seinen Kontrahenten herausfordernd an. Jesse hob die Hände und schloss die Augen. "Was soll ich dir erzählen, mein Freund. Was ihr nicht in Jahren geschafft habt, machen nun irgendwelche außerirdischen Insektendinger innerhalb ein paar Tagen." Lühr setzte sich erschöpft auf den Tisch zu Fireball und strich ihm über das verletzte Bein. Er hatte eine Menge Blut verloren, aber sie vermutete, dass er es schon überleben würde. Menschen waren zäh. Das hatte sie schon unzählige Male erkennen müssen. „Erst waren es wenige,“ erzählte sie mit einem abwesenden Gesichtsausdruck. „Doch dann verloren wir schnell die Kontrolle über sie. Die ersten entkamen in den Abwasserkanälen, nachdem sie uns aus dem Schiff heraus angegriffen hatten. Wir hatten sie schon abgeschrieben und dachten, dass sie dort sterben würden. Aber dann, eines Tages, überfielen sie uns wie ein Bienenschwarm. Sie vermehrten sich so schnell, dass wir sie nicht eindämmen konnten. Chica hatte uns gewarnt. Sie sagte, wir müssten sofort alle die Basis verlassen...aber wir wollten nicht hören.“ „Wer ist Chica?“, wollte Colt wissen. Jesse hatte mittlerweile aus einem kleinem Schränckchen ein paar Mulbinden geholt und hielt sie Saber entgegen, der augenblicklich seinen Freund verband. „Chica ist...war..die einzige Überlebende der Nasker. Einem Versorgungsfrachter. Sie schleppte die Plage hierher.“ „o.k,“, sagte Colt, „aber eines versteh ich nicht. Wieso sind die Outrider tot? Sollten sie sich nicht einfach auflösen?“ Jesse schüttelte den Kopf. „ Diese Wesen injizieren eine Substanz. Wie genau, weiß ich nicht, aber ....nun ja, ihr sehr ja, was dann passiert.“ Er machte einen entschuldigenden Gesichtsausdruck. „Man kann sie kaum töten“, warf Colt ein. Jesse grinste. „Ihre Schädelplatte ist wie aus Granit. Aber zwischen den Augen, ein bisschen höher ist eine kleine Vertiefung. Nur so groß wie eine Fingerkuppel. Dort sind sie verwundbar. Und am Hinterleib. Aber wenn sie vor einen stehen, schützen sie sich durch den Schädel. Also muss man schon ziemlich gut treffen. Außerdem sind sie blind. Deswegen ist es besonders wichtig, das wir alle absolut leise sind, wenn wir durch die Flure gehen.“ Jesse machte eine Kopfbewegung zu seiner Waffe. „Ich habe keine Munition mehr. Das bedeutet, wir müssen noch einen Stockwerk tiefer. Da sind die Hartfeuerwaffen. Mit dem Blaster kann man sie schlecht erledigen. Man muss harte Geschütze auffahren.“ Saber hatte nun Fireballs Bein notdürftig verbunden und mittlerweile hatte der Junge auch wieder etwas Farbe im Gesicht. Flatternd öffnete er die Augen und sah seinen Boss an. „..kann sie nicht töten...“, murmelte er und Saber lächelte ihn an. „Schon ok, alles in Ordnung, wir sind erst mal sicher hier.“ Fireball wollte aufstehen, aber Lühr drückte ihn sanft aber bestimmt wieder zurück auf die Tischplatte. „ Bleib mal liegen, Sweetheart. Bis du wieder Blutdruck hast oder so was.“ „Ich versteh nicht, wo die ganzen anderen Outrider sind. Die paar die wir gesehen haben können doch nicht alle gewesen sein, die hier sind.“ „Ich habe allen den Befehl erteilt, sich selbst zu eliminieren. Nur so konnte ich die, die noch nicht verseucht waren, vor dem sicheren Tod bewahren. Die anderen sind also wieder in der Phantomzone. Bis auf die da.“ Er zeigte auf Lühr, die ansteckend lächelte und eine Reihe weißer, makelloser Zähne entblößte. „Ich bleibe bei dir.“, grinste sie und machte dann ein ernstes Gesicht. „Und was jetzt?“, fragte Colt, der sich nicht wohl fühlte, hier eingesperrt zu sein. Seine Waffe lag immer noch auf dem Flur. Jesse kam seinem Gesicht sehr nahe, ließ ein verhängnisvolles Lächeln auf seinen Lippen wachsen und zwinkerte ihm freundschaftlich zu. „Jetzt, Cowboy, werden wir drei Waffen besorgen gehen. Lühr bleibt bei eurem Freund.“ „Ich werde ihn wohl kaum alleine lassen mit der blauen Lady da.“ Jesse lachte trocken. „Dann kannst du gerne bleiben und zusehen, woher du eine Waffe bekommst. Ich bringe dir keine mit. Und wenn wir drei nicht gehen, nehme ich Lühr mit mir. Dann habt ihr nicht mal eine Ahnung, wie ihr hier wieder herauskommt.“ Lühr strich Colt kurz über seinen Oberarm. „Mach dir keine Sorgen. Ich fress ihn schon nicht. Sorgt ihr lieber dafür, dass wir uns verteidigen können.“ „Kom schon Colt“, warf Saber ein. „Es hilft nichts. So leid es mir tut, aber das ist tatsächlich der beste Vorschlag, der jetzt kommen konnte.“ Fireball zurück zulassen war nicht gut, aber angesichts der Tatsache, dass sie keine Waffen hatten und ihn nicht transportieren konnten, solange er so wackelig auf den Beinen war, schien es wirklich die beste Lösung zu sein. Jesse hatte sie aus dem Raum herausgeführt, allerdings nicht durch die Tür, durch die sie gekommen waren, sondern durch eine andere Tür die sie zur anderen Seite hinaus brachte. Vorsichtig lugten sie um die Ecke und folgten dann dem blauhaarigen Mann, der sie zielstrebig zu einem Lift führte. „Da neben dem Lift ist ein Gang. Da ist eine Leiter drin, die müssen wir runter. Nur eine Etage.“, flüsterte er. Saber sah nach oben. Der Gang war verschlossen, was aber nicht bedeutete, dass man da nicht rein kam. Jesse hatte schon ein kleines Werkzeug aus seiner Tasche gekramt und gab Colt ein Zeichen, ihm hinaus zu helfen. Er machte mit den Händen ein Zeichen für eine Räuberleiter. Colt machte große Augen, zeigte ihm energisch den Vogel und schüttelte den Kopf. Daraufhin verdrehte Jesse übertrieben die Augen und wandte sich an Saber. Dieser konnte sich das Grinsen selbst in dieser Situation kaum verkneifen. Mit den Lippen formte er das Wort „ Kindergarten“ und machte dann eine Räuberleiter. Jesse war schwerer, als man ihm zumuten würde. Zumindest schon mal schwerer als Colt und er hatte vier Schrauben zu lösen, die er alle einen nach dem anderen Colt in die Hand drückte. Nach einer Zeit, die Saber sehr lang vorkam, kletterte Jesse wieder runter und hielt das Gitter in den Händen. Saber rieb sich seine Hände stattdessen und klopfte dann über seinen Bauch und formte dann eine große Kugel. Jesse machte große Augen, zog die Mundwinkel runter und zeigte, dass er an seinem Gürtel nicht mal mehr ein Loch hatte, um diesen enger zu schnallen. Dann gab er mit einem Kopfnicken Colt das Zeichen als erster durch zu gehen. Dazu machte nun Jesse seinerseits eine Räuberleiter und zwinkerte dem Cowboy spitzbübisch zu. Nun rollte Colt übertrieben mit den Augen. Ein Außenstehender, der Szene beobachtet, hätte vermutlich einen Hut gesucht, indem er Geld hineinwerfen konnte. Dieses sehr stille Spielchen war ohne ein verkniffenes Lächeln kaum zu meistern. Colt stemmte sich nach oben und sah vorsichtig in den dunklen Gang. Auch hier wieder nur eine Notbeleuchtung. Vorsichtig ließ er sich hinein gleiten, packte die Leiter, die er sah und stieg ein paar Stufen hinab. Jesse gab nun Saber das Signal, hinauf zu steigen. Jesse sah, wie er verschwunden war und sah sich ein wenig nervös im Flur um. Diese ganze Aktion war schon lauter als er geahnt hatte. Dann steckte Saber den Kopf durch die Luke und streckte ihm seine Hand entgegen. Jasse zog sich hoch und tastete gleich nach der Leiter. „Nach unten“, flüsterte er und zeigte in den Leiterschacht hinab. Colt stieg hinab, bis er an einer weiteren vermeidlichen Öffnung kam. Das Licht des dahinter liegenden Raumes fiel durch die kleinen Schlitze und warf messerscharfe Linien an die dunkle Schachtwand. Colt drückte den kalten Stahl, merkte, das er sich nicht rührte und fluchte leise. „Das ist zu“, flüsterte er nach oben. Saber nickte und flüstere es zu Jesse. Dieser drückte sich eng an die Seite und rutschte an Saber vorbei bis zu Colt nach unten. „Ich hab den Schraubenzeiher in der Tasche.“, sagte er und pulte umständlich darin herum. Unkonzentriert verlor er dabei fast das Gleichgewicht, ruderte kurz mit den Armen und wurde dann von Colt am Kragen seines Hemdes zurückgehalten. „Wo willst du denn hin?“, fragte Colt im Flüsterton. Jesse kicherte nervös. „Ich bin müde“, gab er zurück und hielt dann das Werkzeug in den Händen. Er drehte sich und versenkte gerade die Spitze in die dafür vorgesehene Mulde in der Verschraubung, als er von unter sich das bekannte Geräusch hörte. Das Geräusch, als würde jemand mit Kreide etwas an einer Tafel schreiben. Seine Augen weiteten sich, seine Pupillen wurden zu Stecknadelköpfen und sein Herz legte einen Gang zu. Schweiß bildete sich augenblicklich zwischen seinen Schulterblättern. „Sie sind da,“ flüsterte er. *** Lühr drehte ihre Runden in dem kleinen Raum wie eine Tigerin in Gefangenschaft. „Wir hätten sie nicht gehen lassen dürfen.“, sagte sie nun schon zum zweiten Mal und sie fühlte sich Hundeelend. Fireball, der sich mittlerweile in eine sitzende Position bringen konnte, konnte gut nachfühlen, wie es ihr ging. Gerade ihm war nicht wohl. Er war immer noch recht wacklig auf den Beinen und fühlte sich schwammig, während Lühr voller Energie zu sein schien. Wenn sie nun auf komische Gedanken kam, war er definitiv im Nachteil. Er beobachtete, wie sie am Ende des Raumes wieder kehrt machte und nun in die andere Richtung taperte. Ihre Kleidung war an vielen Stellen zerrissen und ihre kurzen, struppigen Haare standen nach allen Seiten von ihrem Kopf ab. Ihr fein geschnittenes Gesicht wirkte müde, aber ihre Augen strahlten hellwach. Fireball hingegen hatte nun schon nach knapp zwei Stunden,die er hier war, Schmerzen in den Knochen und eine Schwere im Körper, die ihm zu schaffen machte. „Sie kommen schon klar,“ sagte er, weil er glaubte, dass es besser war, sie zu beruhigen. Lühr funkelte ihn an und er schrak zurück. „Ich weiß ja nicht, was ihr gestern so gemacht habt, aber wir, und damit meine ich vor allem Jesse, haben seid drei Tagen keinen Schlaf mehr gehabt und nun ist er ganz alleine mit zwei Star Sheriffs.“ Fireball lachte trocken. „Du verwechselst da was. Wir sind die Guten. Wenn wir ein Wort geben, dann halten wir es auch. Wenn ihr ein Wort gebt....Nun ja, wir wissen ja, was dabei rauskommt.“ Lühr machte große Augen. „Was weißt du denn schon über uns oder unser Wort? Ihr wisst gar nichts über uns. Ihr haltet euch für so toll und so schlau, was? Dabei könnt ihr kaum unsere Namen aussprechen, kennt unsere Traditionen nicht oder wisst nichts über unsere Familien.“ Fireball hatte keine Lust und keine Kraft sich auf eine Diskussion mit ihr einzulassen. Er hätte ihr gerne gesagt, dass sie schließlich diejenigen waren, die in ihre Dimension einfielen, ihre Kolonien überfielen und ihre Familien auseinander rissen. Doch er schwieg. Lühr sah ihn noch eine Weile an, dann ging sie zur Tür. „Ich werde mal sehen, ob sie zumindest bis zum Schacht gekommen sind. Das wird ja wohl noch erlaubt sein.“ „Lühr, du hast gar keine Waffe, bleib hier.“, rief er ihr hinterher, doch sie hatte schon die Tür von außen verschlossen. Colt konnte sie nun auch hören. Sie waren, zumindest für seine Verhältnisse recht tief unter ihnen. Möglicherweise war es ein Zufall, das sie in dem Schacht waren und hatten sie gar nicht gehört. Colt merkte, wie Jesse stoppte und nicht weiterschraubte. Das Waffenlager war hier, sie brauchten nur durch diese Luke zu kommen und nun stand der Outriderkommandant starr auf der Leiter und bewegte sich nicht. Das durfte doch nicht wahr sein. Colt kam seinem Ohr sehr nahe, das er es fast mit den Lippen hätte berühren können. Jesse konnte seinen warmen Atem fühlen. „Schraub weiter“, flüsterte er so leise, das unmöglich irgendjemand was gehört haben konnte. Nun merkte Colt, wie sich langsam aber sicher die Spannungen in Jesse lösten. Er atmete einmal tief ein und blickte dann nach unten. Sein blaues Haar klebte an seiner Stirn und seinen Wangen. Er hob seinen Arm, doch anstatt weiter zu schrauben, legte er den Finger auf seine Lippen und schüttelte den Kopf sehr langsam und blickte ihn dabei streng in die Augen. Colt legte die Stirn in Falten. Wieder schüttelte Jesse sehr langsam den Kopf und nun sah Colt, dass er nicht ihn ansah, er sah an ihm vorbei! Es sah etwas hinter ihm! Sobald er das gerafft hatte, erklang hinter ihm das Kreide Geräusch und fast hätte er laut aufgeschrien. Sie standen auf der Leiter, versuchten sich nicht zu bewegen, versuchten nicht zu atmen, verdammt, er atmete nicht und Colt konnte es sehen. Er konnte es in Jessses Augen sehen!! Und seine Augen wurden größer, wollten das gesamte Gesicht bedecken. Colt konnte jesses Herz hören, sogar spüren. Es gab den Takt seiner eigenen Angst vor. Ein fiebriges, gleichmäßiges dum-dum-dum-dum das ihn fast um den Verstand brachte. Colt nahm nebenher wahr, wie sich ein Schweißtropfen von seiner Stirn löste, den Weg über seinen Nasenrücken nahm und dann an seiner Nasenspitze anschwoll. Er hatte Angst, es könnte ihn fallen hören. Etwas legte sich auf seine Schulter. ( Konnten Jesses Augen noch größer werden, verdammt?) Ein spinnenbeinähnliches Objekt tastete sich an seiner Schulter entlang, legte sich auf die warme Kuhle zwischen seinem Hals und seinem Schulterblatt, kratze leicht über sein Rückrad und wurde dann wieder weggezogen. Das Kreide Geräusch verstummte kurz, dann hörte Colt, wie das Wesen sich schleifend und kratzend einen Weg nach oben bahnte. Jesse und Colt blickten beide nach oben. Saber hatte sich locker an die Leiter gelehnt und grinste, bei Gott, grinste nach unten. Gemeinsam sahen sie dem Wesen nach, wie es sich Stück für Stück raufarbeitete. Als Colt wieder nach vorne sah, konnte er sehen, das Jesse ebenfalls breit grinste. Seine Wangen hatten sich gerötet und seine Augen waren wieder zu den mandelförmigen, spitzbübisch dreinblickenden Elementen seines Gesichtes geworden, die Colt kannte. Erschrocken musste er feststellen, dass sich auch seine Lippen über seine Zähne gespannt hatten. Jesse und Colt grinsten sich noch eine Weile an, dann machte Jesse sich weiter an die Arbeit und schraubte an dem Gitter weiter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)