Dudley Dursley entdeckt! von Swanpride (Die Fortsetzung zu "Harry Potter empfiehlt!") ================================================================================ Kapitel 2: Eine neue Welt ------------------------- Dieses Kapitel ist Medialuna gewidmet, die dafür gesorgt hat, dass ich nicht zu sehr ins Schwafeln geraten bin. Ohne ihre Hilfe, würde sich das Ganze hier viel holpriger Lesen. Harry war am nächsten Morgen ausgeruht und guter Dinge. Trotz der Strafe hatte er am Abend zuvor ein fürstliches Mahl erhalten. Sein neues Bett war sogar noch größer und bequemer als das, in dem er die letzten Wochen geschlafen hatte und hundertmal besser als die durchgelegene Matratze, in seinem alten Zimmer auf dem Dursley-Anwesen. Die großen Fenster spendeten nicht nur viel Licht, sie boten ihm auch einen unglaublichen Blick über die Ländereien von Hogwarts. Da aus Dudleys Zimmer kein Mucks zu hören war, konnte Harry das Badezimmer in aller Ruhe nutzen. Mit Sicherheit gönnte er sich an diesem Morgen die längste Dusche seines Lebens, denn nie zuvor war er in den Genuss eines Massagestrahls gekommen. Auch mit dem Auswählen seiner Kleidung ließ er sich Zeit, schließlich wollte er weiterhin einen guten Eindruck machen. Sauber und in seinen besten Roben gekleidet, stand er schließlich eine ganze Weile unschlüssig vor seiner Zimmertür. War es wirklich in Ordnung, wenn er rausging? Albus hatte gesagt, dass er mit ihm Frühstücken würde, aber nicht erwähnt, um wie viel Uhr. Schließlich fasste er sich ein Herz und öffnete die Tür. Das Bild, das sich ihm nun bot, war das merkwürdigste, was er je gesehen hatte. Der Schulleiter saß bekleidet mit einem geblümten Morgenmantel am Tisch, an seinen Füßen ein paar Hausschuhe, die wie große Hummeln aussahen. Seine Haare, inklusive seinem Bart, waren in lange Zöpfe geflochten, die mit bunten Schleifen verziert waren. „Ah, guten Morgen, Harry. Hast du gut geschlafen?“ Diese Frage war so normal, dass Harry völlig davon überrascht wurde. Er hatte etwas Verrückteres erwartet. „Ja…hervorragend.“ Zögerlich setzte Harry sich an den Tisch, dann fiel ihm ein, dass er nicht besonders höflich gewesen war, also sagte er schnell: „Guten Morgen!“ „Nun, es sieht so aus, als wolle Mr. Dursley noch eine Weile schlafen. Ich denke, wir fangen schon einmal ohne ihn an.“ Dem konnte Harry, der nur zu gut wusste, dass Dudley sich vor elf nie aus dem Bett bewegte, wenn man ihn nicht dazu zwang, nur zustimmen. Er wartete, bis Albus sich etwas genommen hatte, dann griff er auch zu. Für eine Weile aßen sie schweigend, doch Harry hatte den Eindruck, dass Albus nur darauf wartete, dass er eine Frage stellte. Das war eine neue Erfahrung für ihn, denn Midas war der einzige, dem er je hatte Fragen stellen dürfen. Und als Antworten hatte er einen Haufen Lügen erhalten. Vielleicht war es an der Zeit, einige Wahrheiten zu finden. Dank Snape wusste er zwar inzwischen über seinen Staus als „Junge-der-lebt“ und die Missetaten der Dursleys Bescheid, aber ihm war, als hätte jede Antwort, die er bislang erhalten hatte, mindestens zwei neue Fragen aufgeworfen. Womit sollte er also anfangen? „Warum sind S…bist du jetzt mein Vormund?“ platzte er schließlich heraus. „Weil ich schon seit Jahren großes Interesse an deinem Wohlbefinden gezeigt hab. Hat Professor Snape hat dir erzählt, dass ich jahrelang dafür gekämpft habe, die Werbekampagnen mit dir zu unterbinden?“ „Ja…aber er hat nicht erklärt, warum. Er sagte, dass ihr selbst mich zu den Dursleys gebracht habt.“ Albus nahm einen Schluck Kaffee, bevor er zu einer Erklärung ansetzte. „Vor zwölf Jahren half ich deinen Eltern dabei, sich vor Voldemort zu verbergen. Die Zeiten damals waren sehr unsicher. Das Ministerium war von Voldmorts Todessern unterwandert worden und es war nur eine Frage der Zeit, bis der Minister gestürzt werden würde. Und dann war plötzlich alles vorbei. Voldemort war besiegt, und ohne ihn fiel sein Terrornetz auseinander. Während die Zaubererwelt feierten, hatten die Todesser plötzlich alles verloren. Einige flüchteten. Andere kehrten still in ihr eigenes Leben zurück. Einige Fanatiker führten letzte Attacken aus. In den ersten Tagen herrschte vollkommenes Chaos. Es dauerte Wochen bis im Ministerium wieder so etwas wie Ordnung herrschte, und nur wenige Todesser wurden je für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen.“ Harry hatte bislang stumm zugehört, obwohl er nicht ganz begriff, was das mit seiner Frage zu tun hatte. Aber nun machte sich Empörung in ihm breit. „Sie haben nicht versucht, die Mörder zur Rechenschaft zu ziehen?“ Albus lächelte wissend. „Das Wizgamot war ein halbes Jahr lang nur damit beschäftig, Todesser zu verurteilen. Danach war das allgemeine Bedürfnis nach Rache weitestgehend gestillt. Man wollte nur noch vergessen und sein Leben weiterführen. Dass viele Zauberer sich schuldig fühlten, weil sie aus Angst heraus den Todessern den einen oder anderen Dienst erwiesen oder Hilfeleistungen unterlassen hatten, spielte gewiss auch eine Rolle. Letztlich wurden nur die fanatischsten Anhänger von Voldmort verurteilt.“ Harry nickte verstehend. „Aber was hat das…“ „…mit deiner Frage zu tun? Stell dir die Situation vor. Das Ministerium war kaum fähig die Ordnung aufrecht zu erhalten, rachsüchtige Todesser waren noch wie vor auf freien Fuß und ich musste entscheiden, was nun mit dir geschehen sollte. Ich wusste, wenn das Ministerium sich einmischen sollte, dann war nicht vorauszusehen, bei welcher Familie du enden würdest. Deine Verwandten waren in mehr als einer Hinsicht die beste Lösung, auch wenn ich meine Zweifel hatte. Deswegen habe ich zur Sicherheit jemanden in der Nachtbarschaft platziert, der dich im Auge behalten sollte. Die Berichte, die ich erhielt, waren nicht vielversprechend. Doch ich dachte: Besser in einem lieblosen Heim aber dafür in Sicherheit.“ „Aber welche Sicherheit konnten die Dursleys gegen Zauberer schon bieten?“ widersprach Harry. „Unterschätze nie die Macht von Blutsbanden. Solange du in Petunias Heim lebtest, konnten weder Voldemort noch seine Anhänger dir zu Nahe kommen. Ich hatte aber nicht damit gerechnet, dass ein Zauberer eine vollkommen andere Art von gefährlichem Interesse an dir zeigen würde.“ Harry lauschte gespannt, als Dumbledore ihm von dem Sorgerechtsstreit berichtete, wie es ihm schließlich gelungen war, Snape in die Villa einzuschleusen und wie er schließlich das volle Ausmaß der Verbrechen der Dursleys erkannt hatte. „Ich habe dafür gesorgt, dass dir während der Prüfung die richtigen Fragen gestellt wurden in der Hoffnung, dass dadurch die Wahrheit ans Licht kommen würde. Dann habe ich meinen Einfluss spielen lassen, um die Vormundschaft zu erhalten. Nur so konnte ich sicher sein, dass du in gute Hände kommst.“ Harry hoffte inständig, dass der alte Zauberer die Wahrheit sprach und keine Hintergedanken hegte. Aber er nahm an, dass er in jedem Fall unter seinem Schutz besser dran war als unter dem des Ministeriums. „Und Dudley?“ „Auch Dudley kann den Schutz dieser Mauern gut gebrauchen. Ihm steht eine schwere Zeit bevor.“ Das war etwas, an das sich Harry noch gewöhnen musste. Dudley war immer das Glückskind gewesen, derjenige, der alles hatte. Und plötzlich war es genau umgekehrt. Er, Harry, war reich und berühmt und Dudley hatte alles verloren. Fast empfand er Mitleid mit seinem Cousin. Was Albus wohl über Dudley dachte? Noch wichtiger: Was dachte er über ihn selbst? So unauffällig wie möglich beobachtete er die exzentrische Erscheinung vor ihm. Albus wirkte harmlos und er wirkte nett, aber das war mit Midas nicht anders gewesen. „Hast du sonst noch Fragen?“ Hunderte, aber die Frage, die aus Harry herausplatzte war: „Warum hast du Schleifen im Bart?“ Albus kicherte. „Hast du eine Vorstellung davon, wie lange ich mich jeden Morgen kämmen müsste, wenn ich meine Haare nicht einflechten würde? Ich werde die Zöpfe gleich lösen…wenn du willst, kannst du mir helfen. Dabei können wir uns auch über dein Zimmer unterhalten.“ „Mein Zimmer?“ fragte Harry verwirrt. „Natürlich…die Wände und der Boden sind ja noch völlig kahl. Und du musst mir sagen, aus welchem Stoff dein Betthimmel sein soll…und die Gardinen. Ich hab einige Muster da, die du dir anschauen kannst.“ Harry war sprachlos. Er hatte gedacht, sein Zimmer wäre so kahl, weil Albus nicht zu viel Geld ausgeben wollte, falls er doch nicht lange bei ihm blieb. Aber wenn er sogar Teile der Einrichtung selbst aussuchen durfte, dann war dies mehr als nur eine vorläufige Unterkunft. Er strahlte. Seine Zeit in Hogwarts fing vielversprechend an. OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO Dudley war an diesem Morgen (oder eher Mittag) übernächtigt und schlecht gelaunt. Kein Wunder, denn seine erste Nacht in Hogwarts war die Hölle gewesen. Ein kümmerliches Abendessen (Dudley war mindestens drei Nachschläge gewohnt), ein schmerzender Fuß (den er sich beim Treten gegen die verschlossene Tür zugezogen hatte) und am Allerschlimmsten: Kein Spielzeug. Weder sein Gameboy, noch sein Walkman, noch sein Minifernseher funktionierte. Und dafür hatte er seinen Süßigkeitenvorrat zurückgelassen? Frustriert hatte er in seinem Zimmer gehockt. Ihm war aufgefallen, dass es ganz genauso eingerichtet worden war wie das von dem Freak. Ihm waren auch nicht die kleinen Spuren von Magie entgangen, wie das Talglicht auf seinem Nachttisch, das mit seiner kleinen Flamme den Raum Taghell erleuchtete, oder das sehr lebendig wirkende Gemälde an der Wand. Auf seinem war ein Nashorn abgebildet. In Ermangelung eines Fernsehers hatte Dudley stundenlang drauf gestarrt, auch wenn sich das „Programm“ als äußerst langweilig erwiesen hatte. Erst am Morgen war er völlig erschöpft eingeschlummert. Der Gedanke an eine Zukunft ohne seine Eltern machte ihm Angst. Der Gedanke, zwischen rachsüchtigen Zauberern leben zu müssen, sogar noch mehr. Und dann war da noch das Bedürfnis, sich an seinem Cousin zu rächen. Als er sich nun aus dem Bett quälte, wusste er, dass es ein Fehler gewesen war, sich am Vorabend so abweisend verhalten zu haben. Wenn er etwas freundlicher gewesen wäre, dann hätte er den alten Mann mit Sicherheit davon überzeugen können, nur den Freak zu bestrafen. Er musste einen Weg finden, Dumbledore auf seine Seite zu ziehen…dann würde er sich nicht nur rächen können, es war auch die beste Methode, seine eigene Zukunft zu sichern. Nun galt es erst einmal, sich ein wenig einzuschmeicheln. Deswegen legte er seine beste Kleidung an, nahm sich vor, sein bestes Benehmen zu zeigen und zwang ein Lächeln auf sein Gesicht, als er aus seinem Zimmer trat. Ein Lächeln, das ihm auf dem Gesicht gefror. Der Freak war ihm zuvorgekommen! Dumbledore und er saßen unter einem der Fenster, so dicht zusammen, dass er fast auf dem Schoß des alten Mannes hockte, und blätterten in einem Buch. Dumbledore sah auf. „Guten Morgen, Mr. Dursley. Oder vielmehr guten Tag. Ich fürchte, Sie sind zu spät für das Frühstück, aber es gibt gleich ohnehin Mittagessen.“ „Guten Morgen!“ brachte Dudley halbwegs höflich heraus. Für einen Moment wusste er nicht, was er sagen sollte, dann fragte er: „Ist das ein interessantes Buch?“ Er trat etwas näher. „Das ist nur eine Liste mit Stoffmustern. Wir haben gerade entschieden, wie Harrys Zimmer aussehen soll. Sie können nach dem Mittagessen auch einen Blick hineinwerfen, und etwas aussuchen.“ Er klappte das Buch zu und stand auf. „Ich zieh mich schnell um und dann können wir gemeinsam zum Mittagessen gehen.“ Zumindest Letzteres war eine gute Nachricht. Wenn Dudley so darüber nachdachte, Ersteres auch. Dieser Morgenmantel und vor allem die Hausschuhe…einfach peinlich. Es juckte ihm in den Fingern, die Gelegenheit zu nutzen und dem Freak eine reinzuhauen. Doch das hätte sicher nur wieder Ärger gegeben. So beschränkten sie die beiden Jungen darauf, einander giftig anzustarren, bis Dumbledore zurückkehrte. Gemeinsam gingen sie die Treppe hinab, doch schon nach sechs Stufen hielt Dumbledore inne. Er betrachtete eine gläsernes, rundes Scheibe, die an der Steinwand angebracht war. Ein Labyrinth aus goldenen Linien war darin eingebrannt und pulsierte in einem gleichmäßigen Rhythmus auf. „Sieht so aus, als wäre der Gang bereits soweit“, meinte Dumbledore und entfernte das Objekt. „Passt jetzt gut auf!“ Er tippte drei Steine mit seinem Finger an und leise „Ping“-Geräusche ertönten. Dann öffnete sich die Wand vor ihnen und offenbarte eine steinerne Wendeltreppe. Der Gang war sehr eng, so eng, dass Dudley so gerade eben durch passte, aber er war glücklicherweise nicht sehr lang. Nach etwa sechs Spiralen erreichten sie eine runde Öffnung. Dudley sah sich um und stellte zu seinem Erstaunen fest, dass sie sich in einem der Gänge in der Nähe des Haupteinganges befanden, durch den er am Abend zuvor gegangen war. Aber das war nicht möglich! Sie hatten doch nur eine sehr kurze Strecke auf der Treppe zurückgelegt. „Ich werde noch nach einem Portrait suchen, das den Eingang für euch bewacht“, erklärte Dumbledore. „Der Gang ist extra für uns angelegt worden?“ fragte der Freak in nervtötender Begeisterung. „Nun, ich dachte, dass es besser ist, wenn ihr nicht jedes Mal durch mein Büro müsst um zu euren Zimmern zu gelangen. Und wie es aussieht, hat Hogwarts es besonders gut mit euch gemeint. Die Große Halle ist direkt um die Ecke.“ Dudley hatte geglaubt, dass ihn nach dieser beiläufigen Missachtung der Naturgesetze nicht mehr viel überraschen konnte, doch sobald er die „Große Halle“ betrat, wurde er eines Besseren belehrt. Zauberer waren verrückt! Wozu baute man eine so große Halle und vergaß dann die Decke? „Das ist nicht der echte Himmel, die Decke ist nur so verzaubert, dass sie wie der echte Himmel aussieht. Zum Glück ist sie nicht zu realistisch, sonst müssten wir den halben Herbst hindurch mit Regenschirmen in der Hand essen.“ Harry kicherte und Dudley brachte pflichtschuldig so etwas wie ein Lachen zustande. Diese Illusion war so überzeugend, es war beängstigend. „Ihr esst mit uns am Lehrertisch. Die meisten Lehrer sind bereits abgereist“, erklärte Dumbledore. Tatsächlich saßen nur drei Personen am Tisch. Mrs. McGonagall, eine weitere Frau (klein, dicklich, mit unordentlichen grauen Haar und schäbig wirkender Kleidung) und ein Mann (muskulös, gebräunte, ledrig wirkende Haut und kurzgeschorenes graues Haar). „Professor McGonagall kennt ihr ja bereits. Das ist Professor Sprout, sie unterrichtet Kräuterkunde und ist die Hauslehrerin von Hufflepuff…“ Dudley hatte keine Ahnung, was Hufflepuff bedeuten sollte, aber offensichtlich hatte Kräuterkunde viel mit Gartenarbeit zu tun. Jedenfalls bemerkte er Erde unter den Fingernägeln als die kleine Frau ihm die Hand reichte. Er berührte sie nur sehr unwillig, doch das schien sie nicht zu bemerken. „…und das ist Professor Kettleburn. Er unterrichtet Pflege Magischer Geschöpfe.“ Diesmal zuckte Dudley erschrocken vor der angebotenen Hand zurück, denn sie hatte keinen Zeigefinger. An der Stelle, wo er eigentlich sein sollte, war nur ein glatter Stummel. „Keine Sorge, Jungchen“, meinte Professor Kettleburn mit knarrender Stimme, „das ist nicht ansteckend. Hatte mal eine unglückliche Begegnung mit einem missgelaunten Sumpfkrattler.“ Im Gegensatz zu ihm selbst zögerte der Freak nur kurz ehe er die angebotene Hand schüttelte. Dudley beobachtete, dass er leicht das Gesicht vor Schmerz verzog. Der Griff des Mannes war wohl recht kräftig. Dann fragte der Freak: „Wo ist Professor Snape?“ „Er ist heute Morgen abgereist“, erklärte Professor Sprout. „Seine Schicht beginnt erst Anfang August.“ Dudley war erleichtert. Snapes gesamte Erscheinung machte ihm Angst. Sein Cousin hingegen klang sehr enttäuscht als er wiederholte: „Schicht?“ „Die Pflanzen in den Gewächshäusern müssen auch in den Ferien versorgt werden, besonders in Gewächshaus drei, vier und fünf. Die Pflanzen dort vertragen sich nicht gut mit Hauselfen. Deswegen ist es üblich, dass die Lehrer für Kräuterkunde und Zaubertränke, die Schulkrankenschwester und der Hüter der Ländereien jeweils einen Teil der Ferien hier sind. Ich übernehme normalerweise die erste Schicht, damit ich die Pflanzen so vorbereiten kann, dass die Anderen später weniger Arbeit haben. Professor Snape hat dieses Jahr die dritte Schicht.“ „Deswegen bin ich auch noch in Hogwarts“, setzte Professor Kettleburn halb an Dumbledore gewandt hinzu. „Unter den Tieren gab es einige Krankheitsfälle, und Hagrid muss in zwei Wochen die Aufsicht über die Gewächshäuser übernehmen. Da kann er dieses Jahr eine zusätzliche Hand gebrauchen, auch wenn er anderer Ansicht ist.“ Dudley hielt diesen Hagrid jetzt schon für einen Idioten. Wenn einen jemand seine Hilfe anbot, dann sollte man die Gelegenheit nutzen, so viel wie möglich auf ihn abzuwälzen. „Ah, da ist er ja!“ Ein riesiger Mann trat in die Halle und stapfte auf sie zu. Dudley machte hastig einen Schritt zur Seite, so dass Dumbledore nun schützend vor ihm stand. Der blieb aber vollkommen ruhig. „Harry, du kennst Hagrid ja bereits. Mr. Dursley, darf ich Ihnen Hagrid, den Hüter der Schlüssel und Ländereien von Hogwarts vorstellen?“ Der große Mann schien sich ob des Titels noch ein wenig mehr aufzurichten. Er hielt Dudley seine Pranke hin, doch dieser machte nicht die geringsten Anstalten, sie zu ergreifen. Schließlich wollte er nicht, dass seine Finger zerquetscht wurden. Hagrid schien das nicht weiter zu stören, er zuckte nur mit den Schultern und ließ den Arm sinken. „Freut mich…Schade, dass ich dich gestern nich‘ auch übern See bringen konnte…abers war nen wenig unklar, wann du ankommen würdest.“ Dazu sagte Dudley lieber nichts. Auch wenn er sich darüber ärgerte, dass ihm etwas vorenthalten worden war, der Gedanke, mit diesem Giganten allein in einem Boot zu sitzen, war ohnehin nicht sonderlich verlockend. Alles in allem war er generell nicht sonderlich beeindruckt von den Zauberern, und das änderte sich im Verlauf des Essens auch nicht. Er schwieg größtenteils, schaufelte sich bei der erstbesten Gelegenheit mit Nachtisch voll und lauschte. Meistens konnte er nicht wirklich herausfinden, worum es in den Unterhaltungen genau ging, aber er verstand genug um zu begreifen, dass es im Grunde ganz alltägliche Themen waren. Beispielsweise ließ sich Professor Sprout lang und breit über eine Pflanze mit einem merkwürdigen Namen aus. Bedenken erregte in ihm die Unterhaltung zwischen Hagrid und Kettleburn. Demnach war der Wald vor dem Schloss voll mit gefährlichen Biestern, weswegen den Schülern der Zutritt dort streng verboten war. Zum ersten Mal in seinem Leben gedachte sich Dudley an ein Verbot zu halten. Diesem Wald würde er sich nicht auf hundert Meter nähern! Das häufigste Thema war aber „Harry“. Wie es ihm in Hogwarts gefalle. Ob er sich schon umgeschaut habe. Welche Fächer er am liebsten möge. Dudley hatte sich in seinem ganzen Leben noch nie so zurückgesetzt gefühlt. Nicht, dass die Meinung dieser komischen Lehrer ihm irgendetwas bedeutete. Schließlich waren es nur dumme Angestellte. Aber es tat trotzdem weh, dass „Harry“ so viel interessanter war. Die Lehrer verabschiedeten sich nach und nach, doch Dudley hatte nicht vor, sein Mahl vorzeitig zu beenden. Dumbledore sah ihm geduldig beim Essen zu, aber als er ein weiteres Mal nach dem Pudding griff, meinte er: „Es wäre vielleicht angebracht, ein wenig Bescheidenheit walten zu lassen, Mr. Dursley.“ „Wieso? Es ist doch genug da“, meinte Dudley nur. Sein Mittagessen würde er sich von nichts und niemanden verderben lassen. „Wie Sie meinen. Ich habe noch einiges zu tun. Wir sehen uns dann voraussichtlich zum Abendessen.“ Dudley war nicht überrascht, dass der Freak dies als Erlaubnis interpretierte, ebenfalls den Tisch verlassen zu dürfen. Sollte er! Früher oder später würde er ihn sich greifen. Nun war es erst einmal wichtig, vorzusorgen für den Fall, dass das Abendessen wieder so kümmerlich ausfallen würde. Er aß, bis er wirklich nichts mehr in sich hineinstopfen konnte. Zufrieden lehnte er sich in seinem Stuhl zurück. Das Essen hier war wirklich nicht zu verachten, auch wenn er lieber Cola statt Kürbissaft getrunken hätte. Das Gefühl der Zufriedenheit hielt nicht lange vor, denn nun stand er wieder vor denselben Problem wie am Abend zuvor: Was sollte er mit seiner Zeit anfangen? Das Schloss erkunden? Nein, besser nicht! Die Lauferei würde ja in Arbeit ausarten. Und in einer Schule, die am Rande eines Waldes stand, in dem es vor gefährlichen Kreaturen nur so wimmelte, verbargen sich gewiss allerlei Gefahren. Also entschied sich Dudley, in sein Zimmer zurückzukehren. Und zwar auf dem kürzesten Weg, durch die Haupteingangstür der Großen Halle und dann links an der Rüstung mit dem blauen Federbusch vorbei immer geradeaus, direkt um die Ecke herum. Dachte er zumindest. Doch in diesem Gang befand sich die Öffnung nicht. Da war noch nicht einmal eine Ecke, der Weg führe stattdessen direkt geradeaus. Also wieder zurück…vielleicht war es ja der Gang rechts von der Rüstung…nein…das war kein Gang, da ging es direkt treppabwärts in den nicht sehr einladend aussehenden Keller. Aber es gab nur eine Rüstung mit blauem Federbusch…hatte er sich vielleicht geirrt? Aus welcher Richtung waren sie denn gerade gekommen? Waren sie nicht direkt auf die Tür zugelaufen? Dann war es vielleicht der Gang…ja, da war zumindest eine Ecke. „Whuiiiiii….“ Ein kleiner Mann, an dessen bunter Kleidung vor allem die orange Fliege und die mit Glocken verzierte Kappe ins Auge stachen, kam durch die Wand herbeigeflogen. Als er Dudley erblickte, hielt er inne. „Was ist das? Da ist ja doch noch ein Schüler übrig.“ „I-ich bin kein Schüler“, wagte Dudley ihn zu korrigieren. „Nein?“ Die Glocken schepperten, als der Mann um ihn herumflog und ihn von allen Seite betrachtete. „Du hast aber die Größe von einem.“ Als ob der Kerl größer wäre. Aber Dudley traute sich nicht, das laut zu sagen. „Allerdings bist du doppelt so breit. Hast du dich etwa verlaufen? Der Speisesaal ist in der anderen Richtung. Und die Küche ist eine Etage tiefer.“ „Ich hab mich nicht verlaufen!“ verkündigte Dudley beleidigt. „Ich wollte nur zurück in den Turm.“ „Oh, du suchst den neuen Durchgang, nicht wahr? Dann bist du hier falsch.“ „Und wo muss ich lang?“ „Woher soll ich das wissen? Ich hab den neuen Durchgang noch nicht gesehen.“ „Aber wieso bin ich hier dann falsch?“ „Weil man in diesem Gang immer falsch ist. Besonders wenn Peeeeeeeeeeeves der Poltergeist unterwegs ist!“ Der Mann näherte sich ihm im Sturzflug, das Gesicht zu einer boshaften Grimasse verzogen. Ehe er sich versah, rannte Dudley auch schon den Gang entlang, die nächstbeste Treppe hoch und einen weiteren Gang entlang, bis er bemerkte, dass der Poltergeist ihn gar nicht verfolgt hatte. Er verschnaufte für einen Moment, ehe er sich auf dem Rückweg machte. Er hätte lieber eine andere Route genommen, doch er wollte nicht riskieren, sich noch mehr zu verirren. Sich vorsichtig umschauend ging er den Gang zurück, durch den er gekommen war. Doch was war das? Die Treppe, die er hinaufgekommen war, war verschwunden. „Hast du dich verlaufen?“ Die Worte ließen Dudley zusammenfahren, aber diesmal wurden sie von einem Mönch ausgesprochen, der sich auf dem Gemälde neben ihm befand. Gemächlich saß er unter einem Baum an einem Fluss und knabberte an einer Hähnchenkeule. Auf der anderen Seite des Flusses war eine Kapelle zu sehen. „Ich suche die Treppe, die ich hinaufgekommen bin“, erklärte Dudley. „Die im Erdgeschoss beginnt? Die führt an ungeraden Tagen nur aufwärts. Und an Geraden nur abwärts. Morgen kannst du sie dort finden.“ Der Mönch wies mit seiner Hähnchenkeule nach links. „Bis Morgen kann ich aber nicht warten!“ protestierte Dudley. „In welcher Etage bin ich überhaupt?“ fiel ihm dann ein zu fragen. „In der fünften. Wenn du wieder ins Erdgeschoss willst, dann musst du den Gang entlang, durch die zweite Abbiegung auf der rechten Seite und dann die Treppe hinunter. So gelangst du in die zweite Etage. Erste Biegung nach rechts, dann wieder den Gang entlang bis zur Marmortreppe. Über die kommst du wieder zum Erdgeschoss. Ich würde dich ja ein Stück begleiten, aber ich erwarte einen Freund. Er kommt jeden Tag vorbei um mit mir darüber zu diskutieren, wie man am besten über den Fluss kommen kann.“ Was auch immer. Jedenfalls schien der Mönch vertrauenswürdiger zu sein, also folgte Dudley seinen Anweisungen. Zweiter Gang rechts, die Treppe hinunter in den zweiten Stock…und dann…dann…wie war das noch gleich? Den Gang hinunter…oder doch nicht? Sagte der Mönch nicht etwas von rechts? Dudley lief einige Male hin und her, doch schließlich entdeckte er die Marmortreppe. Erleichtert machte er sich an den Abstieg, als ihm plötzlich eine furchtbare Gestalt entgegenkam. Ein Geist der von oben bis unten mit Blut befleckt war! Ohne zu zögernd wandte sich Dudley um, hetzte die Treppe hinauf und verbarg sich in dem nächstbesten Raum, dessen Tür er öffnen konnte. „Das hier ist eine Mädchentoilette! Du hast hier nichts zu suchen!“ Dudley fuhr erschrocken herum. Schon wieder ein Geist! Diesmal jedoch ein Mädchen mit Zöpfen und einer unansehnlichen Brille, das im Vergleich zu den letzten beiden Erscheinungen eher harmlos wirkte. Deswegen (und weil er sich außerstande fühlte, schon wieder seine Position zu wechseln) wagte er zu protestieren: „Es sind doch ohnehin keine Mädchen mehr hier. Es sind Ferien.“ „Und was bin ich?“ kreischte der Geist. „Tot?“ war Dudleys spontane Antwort. Der Geist brach jaulend in Tränen aus. Dudley ging das Heulen durch Mark und Bein, aber noch mehr machte ihm eine andere Sache sorgen. „Ähm…wie bist du denn gestorben?“ Schließlich wollte er nicht, dass ihm dasselbe Schicksal widerfuhr. Die Reaktion war überraschend. Schlagartig versiegten die Tränen und das Geistermädchen zwirbelte kokett das Ende ihres rechten Zopfes. „Das möchtest du wissen? Nun, es ist eine grauenhafte Geschichte. Ich bin genau hier gestorben. Dort, in dieser Kabine. Ich wollte allein sein, weil Olive Hornby mich wegen meiner Brille gehänselt hatte. Da hab ich plötzlich eine Stimme gehört. Ein eine Jungenstimme, die merkwürdige Laute von sich gegeben hat. Ich hab die Tür aufgerissen, um ihm zu sagen, dass er hier nichts zu suchen hat…“ Die letzten Worte sprach sie mit einer solchen Heftigkeit, dass Dudley erschrocken einen Schritt zurückwich. „…und dann war ich tot.“ „Einfach so?“ Dudley sah sich nervös um. „Nun, ich habe noch ein Paar große, gelbe Augen gesehen. Aber ja, einfach so!“ „Und…wann war das?“ „Keine Ahnung! Zeit bedeutet nicht viel für einen Geist. Aber es ist schon ziemlich lange her. Dumbledore war damals noch der Lehrer für Verwandlung.“ Mit der Zeitangabe konnte Dudley nicht viel anfangen, aber zumindest schien ihr Tod kein Ereignis neueren Datums zu sein. Diese Augen-Geschichte war jedoch sehr unheimlich. „Bist du der jüngste Geist hier?“ „Nun, kommt darauf an, wie du jung definierst. Cuthbert Binns ist erst nach mir verstorben, also ist theoretisch er der jüngste Geist.“ Noch ein toter Schüler? Das wurde ja immer schlimmer. „Und wie ist er umgekommen?“ „Och, nichts Besonderes. Er starb an Altersschwäche. Manchmal frage ich mich, ob er überhaupt weiß, dass er tot ist. Falls er überhaupt je am Leben war.“ Altersschwäche? Anscheinend musste er die Frage anders formulieren, um rauszufinden, was er wirklich wissen wollte. „Gibt es noch andere Kindergeister hier?“ „Nein, ich bin die einzige. Es wundert mich, dass du noch nie von mir gehört hast. Aber ich sollte es besser wissen. Wer schert sich schon um die elende, hässliche, Maulende Myrte!“ „Ich bin kein Zauberer! Ich weiß eigentlich noch gar nichts über die Zaubererwelt“, sagte Dudley schnell, ehe sie wieder losheulen konnte. „Oh, ein Muggel? Wie interessant! Es ist Jahrzehnte her, dass ich einen gesehen habe.“ Ihr offensichtliches Interesse richtete Dudley wieder auf. Wenigstens ein Mensch (Kreatur? Wesen?) hier im Schloss, der ihn interessant fand und nicht den Freak! Myrte war zwar ein echter Verlierer (erst gehänselt werden und dann auch noch auf der Toilette sterben? Geht es noch demütigender?) aber sie war bereit, ihm zuzuhören. Also erzählte er ihr bereitwillig von seinem Dasein als „Muggel“. OOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO Harry hatte nach dem Mittagessen spontan beschlossen, als erstes die Ländereien zu erkunden, wohlwissend, dass Dudley, nachdem man sie vor den Gefahren des Verbotenen Waldes gewarnt hatte, sich nicht vor die Tür trauen würde. Zunächst war er an den Gewächshäusern vorbeigeschlendert und hatte durch die Glasscheiben gespäht. Einige Pflanzen kannte er bereits, doch die meisten hatte er höchstens mal auf Abbildungen gesehen. Er mied die kleine Hütte am Waldrand (Albus hatte erwähnt, dass Mr. Hagrid dort lebte, und der riesige Mann machte ihn etwas Angst) und ging stattdessen in Richtung See. Dieser sah bei Tageslicht angenehm idyllisch aus und trotz seiner merkwürdigen Bewohner wagte es Harry, seine Füße darin ein wenig zu kühlen. Nun bewunderte er gerade das Quidditchfeld. Als er darüber nachdachte, seinen Nimbus 2001 aus dem Schloss zu holen, erklang eine tiefe Stimme. „Na, Harry, siehste dich nen wenig um?“ Er fuhr erschrocken herum. Mr. Hagrid stand hinter ihm, einen Korb unterm Arm, der die Ausmaße einer Kinderwiege hatte. Er nickte nervös. „Wie wärs, möchtest du auf einen Sprung zum Tee vorbeikommen?“ Immer noch nervös schüttelte Harry den Kopf. „Ich habe doch gerade erst gegessen.“ „Ahja…aber vielleicht willste meine Tiere kennenlernen?“ Harrys erster Impuls war auch dieses Angebot abzulehnen. Aber dann bemerkte er, dass die dunklen Augen des großen Mannes ihn ein wenig traurig ansahen. Er brachte es nicht übers Herz, ihn zu enttäuschen. Er nickte. „Das wäre schön, Mr. Hagrid.“ „Vergiss das „Mr.“, alle hier nennen mich einfach Hagrid.“ An der Tür zur Hütte wurden sie von einem schwanzwedelnden Hund begrüßt. Der einzige Hund, den Harry bislang gesehen hatte, war Tante Marges Hund „Ripper“ gewesen. Sie selbst hatte ihn, wie die meisten Menschen, ignoriert, aber ihr „kleiner Liebling“ hatte ihn an einem Nachmittag über die Ländereien gejagt, bis Midas ihn gerettet hatte. Harry war damals fünf gewesen und der Hund noch ein halber Welpe, aber die Zähne hatten ihn dennoch beeindruckt. Nun hielt er sich vorsichtig von diesem riesigen Hund fern…er schien freundlich zu sein. Jedenfalls knurrte er nicht wie Ripper. Doch Harry wollte nichts riskieren. Hagrid bemerkte seine Unsicherheit. „Keine Sorge, Fang is harmlos. Schlimmstenfalls sabbert er dich voll wenner dich begrüßt.“ Harry zog es vor, es nicht darauf ankommen zu lassen, und schlüpfte so schnell wie möglich in die Hütte. Das Innere war größer, als es das Äußere vermuten ließ. Neben der Tür stand ein in einem hohen Fass ein rosa Schirm. An einer Wand war ein Schrank mit dutzenden von kleinen und etwas größeren Fächern. Über einer riesigen Feuerstelle hing ein Topf, doch das Feuer brannte nicht. Als Hagrid zum schmalen Tisch ging um den Korb abzustellen, musste er sich leicht bücken, weil von der Decke lauter Gegenstände und allerlei Kräuter an silbrigen Fäden hingen. Auf der Fensterbank saß eine kränklich wirkende Eule. Ihr weißes Gefieder war teilweise ausgefallen und wirkte ein wenig zerzaust. Einer ihrer Flügel war mit einem Stock und einem weißen Verband geschient worden. Einen weiteren Verband trug sie um ihren Körper. Harry trat an ihre Seite. „Was ist mit ihr geschehen?“ fragte er. „Ihr Besitzer hat sie schlecht behandelt. Kam mit ihr letztes Jahr in der Schule an und hat mit ihr angegeben. Hat behauptet, dass sie die beste Fliegerin in Hogwarts ist. Nich‘, dass er Unrecht hatte. Is für ihn bis nach Australien und zurück geflogen, nur damit der kleine Idiot eine dämliche Wette gewinnen konnte. Irgendwas hat sie dann über den verbotenen Wald attackiert und eine üble Wunde geschlagen. War wohl zu müde um besser ausweichen zu können. Hat es aber trotzdem noch bis in die Halle geschafft und is‘ dort ihrem Herrn in den Porridge gefallen. Hat ihn von oben bis unten bekleckert und sich dabei den Flügel gebrochen. Doch statt sich um sie zu kümmern, hat er nur über seine verdreckten Roben gejammert und sie einfach liegengelassen.“ Harry war entsetzt. „Nachdem sie so einen weiten Weg für ihn auf sich genommen hat?“ Er betrachtete die Eule. „Dein Besitzer war ziemlich dumm, nicht wahr?“ Die Eule stieß einen bestätigenden Laut aus. „Ah, du bist eine ganz Schlaue, nicht war? Am Ende hast du dich noch absichtlich in seinen Porridge fallen lassen, als Rache für den langen und unnötigen Flug.“ Hatte die Eule ihm tatsächlich verschwörerisch zugeblinzelt? „Mmm, ich glaube, das wäre mir auch einen gebrochenen Flügel wert gewesen. Darf ich dich streicheln? Ich bin auch ganz vorsichtig.“ Zu Harrys Überraschung lehnte sie sich leicht in seine Richtung. Mit allergrößter Vorsicht kraulte er sie am Kopf, dem einzigen Teil ihres geschundenen Körpers, der nicht von Bandagen bedeckt war. „Sie heißt Duchess“, erklärte Hagrid. Fang machte es sich auf Harrys Füßen bequem, vielleicht in der Hoffnung, ebenfalls einige Streicheleinheiten abzubekommen, aber der Junge beachtete ihn kaum. Die Eule zeigte ihm gerade ihrerseits ihre Zuneigung, indem sie ihm vorsichtig am Finger knabberte. „Na, wenigstens hat er dir einen passenden Namen gegeben. Du bist eine richtige kleine Lady, nicht wahr?“ Duchess funkelte ihn wütend an und reckte sich ein wenig. „Entschuldige, natürlich eine große Lady.“ „Muss dich mal kurz unterbrechen. Is Zeit ihre Verbände zu wechseln.“ Harry trat einen Schritt zur Seite (stolperte beinahe wegen Fang) und beobachtete, wie Hagrid den Verband um ihren Körper entfernte. Die Wunde darunter schien wirklich tief zu sein. „Leider kann ich sie nicht mit Magie behandeln lassen. Nich, so lange ich nicht weiß, was genau sie attackiert hat. Aber die Kräuter müssten helfen.“ „Was passiert, wenn sie wieder gesund ist? Muss sie dann zurück zu ihrem Besitzer?“ „Glücklicherweise nich“, brummte Hagrid. „Hogwarts Regeln sind da sehr eindeutig. Wenn ein Schüler sein Haustier misshandelt, dann geht es als Strafe in den Besitz der Schule über. Auch wenn der werte Herr Vater im Schulrat sitzt.“ „Aber wenn sie eine Schuleule ist, kann ihr frühere Besitzer sie dann nicht auch benutzen?“ „Würde mich wundern, wenn überhaupt eine Schuleule künftig bereit sein wird, etwas für ihn zu überbringen. Den Schülern mag das nicht klar sein, aber die Schuleulen überbringen Nachrichten für sie , weil sie es gerne tun, nich, weil sie müssen. Halt mal kurz!“ Harry half Hagrid, Duchess zu verarzten und durfte ihr danach selbst Wasser und Futter geben. Dabei erzählt er ihm allerlei Wissenswertes, erst über Eulen, später über Hunde. Als Harry etwa zwei Stunden später die Hütte verließ, war seine Furcht vor dem großen Mann und seinem großen Hund verflogen. Duchess mitgerechnet hatte er drei neue Freunde gefunden. Frohgemut schlug er einen großen Bogen auf dem Rückweg zum Schloss. Diesmal nahm er den entgegengesetzten Weg, an der Mauer vorbei, die die Ländereien umschloss. Doch als er an das Eingangstor kam verflog seine gute Laune schlagartig. Die schmiedeeisernen Schnörkel erinnerten ihn an ein anderes Tor, jenes, das ihm von klein auf den Weg zur Außenwelt versperrt hatte. Das Schloss daran war elektronisch gewesen, dieses hier war mit einer schweren Kette und einem Vorhängeschloss gesichert. Doch machte das wirklich einen Unterschied? Anm.: Ich bin mir durchaus darüber im Klaren, dass JK Rowling in einem Interview erklärt hat, dass nur Filch den Sommer über in Hogwarts bleibt. Mal abgesehen davon, dass ich Interviews nur bedingt als Canon ansehe, halte ich das auch für eine Antwort, die sie nicht richtig durchdacht hat. Aus folgenden Gründen: 1. Hagrids Hütte wird in den Büchern doch sehr wie eine durchgängige Residenz beschrieben. Abgesehen von den Ferien nach dem vierten Jahr, in dem er zu den Riesen reist, gibt es nie einen Hinweis darauf, dass er Hogwarts je verlässt. Im Gegenteil, denn er benutzt Hogwartseulen, um Harry Geburtstagsgeschenke zu schicken, im ersten Buch muss er ja zumindest den Stein der Weisen nach Hogwarts bringen, im zweiten Buch besorgt er während der Ferien fleischfressenden Schneckenschutz für den Schulgarten und im sechsten Buch sagt er, dass Hogwarts seit seinem dreizehnten Lebenjahr seine Heimat war. 2. Wie ich in diesem Kapitel dargelegt habe, muss sich irgendwer um die Gewächshäuser und die Tiere kümmern. Ich könnte mir noch vorstellen, dass sich die Hauselfen um die Pflanzen kümmern, aber was ist mit den Tieren? Neben Plot-technischen Gründen habe ich Snape, Sprout und Pomfrey deswegen als Pflanzenpfleger gewählt, weil sie alle die Pflanzen für ihren Job benötigen. Hagrid deswegen, weil ich gerne vier Leute haben wollte und weil er eben der Hüter der Ländereien ist. Irgendetwas muss das ja beinhalten. 3. Die Briefe an die Hogwartsstudenten kommen alle in den Ferien an, also muss auch jemand da sein, der sie verfasst. Selbst wenn eine automatische Feder das erledigen würde, müsste immer noch jemand die Briefe in die Umschläge packen und verschicken. Und selbst wenn das ebenfalls irgendwie automatisch vonstatten ginge, muss irgendjemand (präzise: McGonagall) da sein, der die Antworten der Eltern der neuen Schüler entgegennimmt. Denn wenn da niemand wäre, dann könnten sie auch nicht wissen, dass Harry nicht geantwortet bzw. die Briefe gar nicht erhalten hat. Deswegen gehe ich davon aus, dass McGonagall zumindest für die ersten Wochen der Ferien in der Schule verbleibt, bis alle Briefe verschickt und die Antworten eingetroffen sind. Und ja: Duchess ist Hedwig! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)