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Weihe des Siegelschwerts

von

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Capitulum V: Terra-Kloster - Die Gottlosen


 

I.
 

Umgeben von breit geöffneten Portiken im Inneren der Eingangshalle, liegt die tiefergelegte, längliche Zisterne des Klosters. Ringsum zweigen Gänge und Treppen in andere Gebäudetrakte ab, alle perfekt symmetrisch angeordnet und von marmornen Skulpturen gesäumt. Eine besonders auffällige Skulptur ist die einer hochschwangeren Terra, welche aus ihrem steinernen Bauch einen Knaben und ein Mädchen schält.

In Windeseile renne ich mit Griselda und Rio im Schlepptau an ihr vorbei, lasse die Kunst und zugleich Künstlerin in ihrem festgehaltenen Schaffensmoment nichts weiter als einen trivialen Brocken Stein sein und haste über die schwarzbraunen, spiegelglatten Bodenfließen. Ohne Orientierungssinn sehe ich mich lieber nach einem möglichen Versteck um, während unsere Schritte die feierliche Stille des Gebäudes entweihen - solange das niemand anders mitbekommt oder es uns wenigstens gleichtut, damit ich gewarnt bin, ist mir das gleich!

Ein brillanter Plan, Alex, wirklich! So wie ich mein Glück kennen gelernt habe, haben sich diese zwei Titanen gleich an unsereFersen geheftet, während die zwei Dämonenjäger im Stall ruhig sitzen und Pläne fassen können.

Vorbei an geschnitzten Ebenholzportalen, die den Titanenstandards angepasst sind, Spitzbogenfenstern und überdacht von Kunstbögen laufe ich den dämmrigen Gang entlang, bis ich nicht weit entfernt eine der Türen geöffnet vorfinde.

Ich halte an, im Begriff auf dem Absatz kehrt zu machen und nicht Gefahr zu laufen, gleich einen Geistlichen über den Haufen zu rennen.

Ein ausgesprochener Name lässt mich jedoch erstarren.

"Basgorn hat eine seiner Novizinnen geschickt und lässt sich entschuldigen. Ein derber Kopfschmerz hält ihn davon ab, unserer Konferenz beizuwohnen.", spricht jemand in dem angrenzenden Zimmer mit den nach außen geöffneten Türen, "Von Sacerdos Qos hingegen haben wir einen freudebringenden Brief erhalten, er wird wohl noch zu selbiger Stunde wieder zuhause eintreffen."

Griselda und ich schauen uns vielsagend an - der Name Basgorn ist in mein Gedächtnis eingebrannt wie mit glühendem Eisen. Der Mann kuriert ganz sicher keine Migräne aus, während andere Priester eine Konferenz abhielten. Nein, bestimmt ist er bereits eifrig dabei, Dyonix' Anweisungen auszuführen.

Mein Gesichtsausdruck ist schlagartig finsterer geworden bei der Nennung des Namens.

"So so. Nun, wir werden die Vorkommnisse letzter Zeit wohl ohne ihn deuten müssen. Hoffen wir, dass der gute Mann sich nichts Schlimmeres eingefangen hat.", sagt eine weitere Stimme, "Jenseits des Berges sollen ja allerhand schlimme Dinge derweil passieren."

"Kindesentführungen, Sacerdos Vetustissimus Graasch. Junge Maiden aus allen Längen und Breiten Cardighnas, so sagen es die Boten und Gaukler in Titania.", mischt sich noch eine Person ein, "Es verwundert mich unter diesen Umständen noch mehr, dass Prinzessin Selet zu uns gekommen ist!" Kurz hört man Graasch leise brummen.

"Ha, wo könnte sie sicherer sein, als im Schoss der göttlichen Mutter, bewacht von Titanen, hohen Mauern und diesem Exorzisten, der ebenfalls hier residiert? Doch genug! Es gab noch anderes, das unser Augenmerk verdient, nicht wahr?"

"Fürwahr.", bestätigt eine Frau, "Und es ist zur Ausnahme endlich einmal frohe Kunde! Es scheint, als sei unser Opferfest zum letzten Mond ein großer Erfolg gewesen, die Magna Mater dankt uns mit wunderbarer Ernte! Die Pflanzen treiben und sprießen, es ist beinahe schon verrückt!"

"Vorgestern waren wir mit der Lese der Trauben fertig und stellt Euch vor, Sacerdos Vetustissimus, die Stöcke tragen bereits wieder Früchte!", pflichtet ihr ein anderer Priester bei.

Gerade als Graasch seine Freude darüber ausspricht und der Erdgöttin Preisung über Preisung widmet, höre ich aus meinem Kragen eine unendlich aufgeregte Sira zischen: "Diese Idioten! Diese einfältigen Narren haben doch keine Ahnung!" Sie versteift sich zunehmend. "Das ist eine grauenvolle Botschaft! Denn dies muss heißen, dass die Prophezeiung Recht behält - die Kraft des Siegels entlädt sich in unsere Welt und wird dem Umgedrehten König die Wiederauferstehung erleichtern!"

"Du meinst diese reiche Ernte ist nur ein düsteres Vorzeichen?" Ich bin da mehr als zweifelnd, ist das denn überhaupt möglich?

Aber Sira beharrt auf ihre Theorie: "Wer ist hier Stättenwächterin, du oder ich?!" Obgleich gereizt, kann ich mich grade noch zurückhalten, ihr aufzuzeigen, wer in seiner Funktion als Stättenwächter versagt hat.

"Wollt Ihr noch lange dieser trivialen Unterhaltung beiwohnen, Meisterin Griselda?", erkundigt sich Rio, offen lassend, ob er unser Flüstern mitbekommen hat, oder über die Konferenz redet.

Kaum hat die Hexe Luft geholt, um ihm zu antworten, lagern sich neue Stimmen über das leise Gewirr im Konferenzsaal. Zwei uns nur allzu bekannte hohle und eine unbekannte, jünger und weniger massig klingende.

"Richtet Sacerdos Vetustissimus Graasch unsere Entschuldigung aus. Wir werden diese Strolche frühmöglichst fangen und in das schäbigste Verließ werfen, das die Kerker von Titania zu bieten haben!", verspricht einer der Titanen, der gerade mit einem Novizen um die Ecke bog.

In dem sekundenkurzen Augenblick, da wir Soldat und Geistlichen nebeneinander erblicken, sehe ich, wie es oftmals nur Details sind, die Amtsträger voneinander trennen.

"Ausgerechnet zu so einer Stunde, wenn fast alle im Oratorium dem Mittagsgebet frönen… Ts ts.", bemerkt der junge großgewachsene Mann.

Auch die Cardighnischen Novizen tragen stets einen Hakama, jedoch ist ihrer in einem freundlichen Braun gehalten, passend zu den erd- und beigefarbenen Kosode und Haori, welche mit roten Stickereien verziert sind. Doch mit demselben Stolz, mit dem ein Krieger der Armee sein Abzeichen trägt, lässt der Novize jedermann die silberne Brosche sehen, die seine Klosterzugehörigkeit beweist.

"Nichts wie weg hier!"

Ich wende mich schnell ab, mir der wenigen Sekunden gewahr, die uns bloß bleiben, ungesehen in eines der nächsten Zimmer zu huschen. Ganz gleich, was nun hinter der Tür warten wird, die ich auserkoren habe, ob Gemach, ob Schatzkammer oder Abort, Hauptsache raus aus diesem Gang! Von diesen Gedanken begleitet, reiße ich die Tür auf und trete mit Griselda und Rio ein.
 

II.
 

Ein Ort, der bei Weitem nicht so still und verlassen war wie der Innenhof des Klosters, waren die Stallungen, in denen Craylo und Alex sich ein Versteck gesucht hatten. Ziegen, Schweine, Hühner und ein paar teuer angeschaffte Kühe, die hier auf dem kargen Mons Mortuorum nun wirklich nicht zu Hause waren, gaben sich beste Mühe, eine gemischte und laute Tonkulisse zu erschaffen. Genauso automatisch bildete ihr simples Dasein einen Geruchsfilm, bei dem sich die Exorzisten wünschten, wieder in den Sümpfen von Aquolix auf der Jagd nach einem kleinen Dämonenkult zu sein.

Fest ihre Nasen zuhaltend, arbeiteten sie sich durch die dämmrigen Hallen aus Holz, wo Platzmangel so häufig war wie ein weiterer Luftanreicherer aus dem Hintern der Tiere.

"Wenn ich so zurückblicke, hätten wir mit dem Kleinen und seinem Gefolge wohl doch die Verstecke tauschen sollen!", ärgerte Alex sich über sich selbst. "Aber würde ich den genauen Münzenwert kennen, den all diese stinkenden Viecher verkörpern, wär' ich sicher neidisch auf die, die so eine Armee von Nutztieren ihr Eigen nennen können!"

"Dass du uns bloß nicht auf die Idee kommst, ein Tier zu stehlen!", mahnte Dorac.

"Hehehe."

"Und worüber lachst du schon wieder?"

"Ich hab nur meine Freude daran, wie Craylo den Geruch auszublenden versucht! Ich bin aber auch arm dran, keine Nase zu haben!"

"Ihr habt auch nur Hühnerkacke im Kopf, was…?", kommentierte Alex entnervt das triviale Gespräch. Verzerrt durch seine manuell verschlossene Nase, seufzte Craylo und lenkte die Aufmerksamkeit aller auf etwas anderes: "Wo genau wollen wir uns denn jetzt verstecken?"

"Ganz einfach, nirgends, solange hier niemand außer uns und dem Vieh sein Unwesen treibt."

"Und wenn das doch passieren sollte?"

"Dann werden wir uns notgedrungen im Heu verbuddeln müssen." Alex zog selbst eine unglückliche Miene, wie er das vorschlug. "Auch wenn's mir genauso wenig zusagt bei der leckeren Beilage, die das Heu hier hat."

"Ein Tier ist nun mal kein Zweibeiner…"

"Und das sagst ausgerechnet duuns, Dorac?"

"Von Gegenständen war nie die Rede!", verteidigte sich der silberne Dolch.

Ähnlich alltäglich plaudernd liefen sie weiter durch die mit Gittern und Brettern abgetrennten Wege innerhalb des riesigen Stalles. Craylo wunderte sich mehr als einmal, keinen Stallburschen zu entdecken. Bei so einer Vielzahl von Tieren müsste doch schließlich jemand auch nach ihrem Wohlergehen sehen?

Dass er das überhaupt in Gedanken angeschnitten hatte, bereute er spätestens dann, als er mit vom Weg abgewandten Blick gegen Alex lief, der aus irgendeinem Grund angehalten hatte. Dieser Grund lag vor dem Blonden und war eine fast schon winzige Gestalt, nämlich eine heranwachsende Zwergin, die, sich den Kopf reibend und neben sich einen randvoll gefüllten Korb Eier liegen habend, zu ihnen hoch starrte. Alex hatte sie gar nicht gesehen, weil sie so klein war und überlegte fieberhaft, wie er einer sofortigen Enttarnung entginge.

Craylo hingegen lief erst mal an ihm vorbei und half dem Mädchen überhaupt auf die Beine. Ihre geringe Größe ließ sie noch filigraner wirken, als sie es als Mensch beispielsweise getan hätte. Ein zarter Leib mit fast schon weißer Haut steckte in einer ihrer Größe angepassten Novizentracht. Die Auszubildende hatte goldblondes langes Haar und große funkelnde Augen. Diese musterten die beiden Dämonenjäger.

"Hast du dir was getan?", brach Craylo ein wenig nervös das Schweigen.

"Oh.", machte das Mädchen erst bloß, "Ja, danke, mir geht es gut." Flugs machte es sich daran, die paar Eier, die aus seinem Korb gefallen und gerollt waren, wieder einzusammeln und die zu beklagen, die nicht mehr ganz waren. "Oh je, das wird Priester Rhejulius gar nicht gefallen!"

"Das tut uns wirklich aufrichtig leid…", versuchte Craylo, Alex' Unachtsamkeit zu entschuldigen. Dass es dem leid tat, sah man nicht gerade. Zusammengepresster Lippen und leicht herabgelassener Brauen rieb er sich das Kinn.

"Nein, nein, schon gut…", sagte die Zwergin, "Dafür könnt ihr ja nichts! Und… und wenn ich dem Priester sage, dass es nicht meine Schuld war, wird er mich erst recht maßregeln!" Bedauern und Wut spiegelten sich bei dieser Vorstellung in ihren Augen, missmutig verzog sie die Lippen.

"Ich hab ganz vergessen, wie schwer die Priesterausbildung sein soll…", bemerkte Alex, woraufhin sie betroffen nickte. Sie erklärte: "Die frühen Jahre sind die schlimmsten… wir Frühnovizen müssen fast all die Arbeit machen, die anfällt. Den Gebetssaal putzen, den Platz kehren, die Bäume abernten, den Stall ausmisten, die Kühe melken, die Eier einsammeln - das, was ich gerade eben mache!"

"Gibt es da auch nicht dieses sogenannte Reinheitsjahr?", erinnerte sich Craylo.

"Ja, genau, das kommt noch hinzu! Ein ganzes Jahr lang keine Untat begehen und sich in Tugend und Fleiß üben." Nach etwas Hüsteln fügte sie hinzu: "So formulieren es die Priester zumindest."

"Und am Ende gibt's 'nen Läuterungsgegenstand, richtig?", vollendete Alex. Die Zwergin nickte. "Ja, richtig! Diese Sachen verhindern, dass man mit seinen Taten einen Sündedämonen erschafft!"

Noch einmal guckte sie sich die beiden genau an. "A- aber wer seid Ihr denn überhaupt?! Wie kommt es, dass Fremde hier sind?!"

Wie der Schlag traf die beiden, dass sie ja eigentlich ertappt worden waren. Und sie hatten sich lieber im Plauschen verloren, als sich eine rettende Idee einfallen zu lassen!

"Na…" Alex rang mit den Worten, während er im Kopf versuchte, die Idee zu packen, die ihm kam, dann aber wieder versuchte zu entwischen. "Wonach sehen wir denn aus?" Hab ich dich!, dachte er sich noch.

Die Novizin legte ihren Kopf schief und vermutete: "Nun… ihr seid Reisende… und er ist ein Magier." Mit einem Fingerzeig auf Craylo überlegte sie.

Als habe er das nicht schon vorher geplant, half Alex ihr auf die Sprünge: "Wir sind natürlich Exorzisten!"

"Ja, genau!" Craylo ging ein Licht auf, was Alex sich gedacht hatte, immerhin kannte er den Elfen lang genug, um seine Denkensweise langsam zu kennen und zu verstehen. "Wir haben eine Sondererlaubnis bekommen, am Kloster zu weilen, um für Sicherheit zu garantieren!"

"Um genau zu sein, die Sicherheit ihrer Hochwohlgeboren Selet von Ardsted!"

"Wirklich?", fragte das Mädchen.

"Ja, wirklich! Wir sind ein recht berühmtes Exorzistenduo, wir heißen Craylo und Alex!", trieb der Magier das Ganze auf die Spitze, wofür ihm Alex am liebsten erstmal einen Schlag auf den Hinterkopf gegeben hätte. Er musste nicht gleich wieder seine große Schau abziehen, sie entkamen hier vielleicht knapp dem Zuchthaus!

"Ich heiße Zea! Erfreut, Eure Bekanntschaft zu machen, die Herren Exorzisten!" Sie gaben sich die Hände, wobei die beiden etwas in die Hocke gehen mussten, um die winzige Hand der Zwergin zu greifen zu bekommen. Dann aber schien Zea wieder misstrauischer zu werden. "Aber drei Exorzisten auf einmal…? Sind die Priester denn so besorgt?"

"DreiExorzisten?! Wer ist denn noch hier?!", rutschte es da dem überrumpelten Craylo raus.

"Na, dieser andere Kerl! Dieser Ludwig. Habt Ihr den denn nicht getroffen?"

"A- ach der!", winkte Craylo gespielt unbeeindruckt ab, "Ja~, ich erinnere mich!"

"Und wiedu dich erinnerst…", flüsterte Carod sarkastisch.

"Und was macht Ihr überhaupt hier im Stall…?", bohrte sie nach, "Das wäre der letzte Ort, wo ich einen Exorzisten vermuten würde."

"Eben!", erwiderte Alex sofort, "Das denkst nicht nur du und gerade deswegen sind wir hier - was, wenn sich so ein gewiefter Täuschungsdämon das zunutze machen will und sich hier versteckt? Wir überlassen unser'm Kollegen Ludwig mal die offensichtlichen Angriffspunkte, während wir lieber die nicht ganz so bekannten Verstecke abklappern. Daher wär's jetzt auch gut, wenn wir wieder unserer Arbeit nachgehen könnten, ja?"

Zufrieden war Zea damit nicht ganz, dennoch sagte sie: "Ja, ja, schon gut… dann will ich nicht länger stören." Ihren Korb packend ging sie weiter, ehe sie schneller wurde und noch irgendwas fluchte von Zeit, die sie vertrödelt hatte.

"Craylo, der Frauenversteher - nicht das erste Mal sieht er eine Dame wutentbrannt davon laufen!"
 

III.
 

Eine winzige Abstellkammer erschließt sich uns, während die Tür hinter uns ins Schloss fällt. Alte Regale voll verstaubter Tongefäße und wertminderen Schnitzereien, ein paar handgeschriebene Bücher, die teils geöffnet auf den Brettern liegen, gibt es in dem Raum und mehrere achtlos hingeworfene Laken, welche die Motten offenbar noch nicht entdeckt haben. Sie sind schmutzig, aber noch nicht beschädigt. Das winzige Fenster, durch das das von tanzenden Staubkörnen durchdrungene Licht den Raum minimal erhellt, wartet dem Geruch der Kammer nach zu urteilen auch schon lange vergebens darauf, einmal wieder angefasst und geöffnet zu werden.

Nur eine leicht abgeschabte Staubschicht, die zu den Laken zu führen scheint, lässt überhaupt erkennen, dass jemand diesen Raum vor weniger als einem Cardighnischen Monat überhaupt betreten hat - und das sind schließlich sechsundvierzig Tage!

"Werden sie das Knallen der Tür nicht bemerkt haben?" Griseldas Miene straft ihre Besorgnis sicher keine Lügen. Als habe sie gerade eine Prophezeiung ausgesprochen, klingen die dumpfen Schritte der Titanen auch schon hinter der Tür.

"Hier scheint grade jemand reingegangen zu sein. Vielleicht hat er ja etwas bemerkt.", hören wir die helle Stimme des Novizen dumpf durch das intarsiengeschmückte Holz der Türe. Wortlos zucke ich mit dem Arm, um auf die Laken zu zeigen, unter denen wir uns rasch verbergen und platt auf den Boden pressen in der Hoffnung, nicht noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen.

Mit quietschenden Scharnieren öffnet sich die Tür keine Sekunde später. "Seltsam… niemand ist hier."

Mir wird klar, dass das nicht nur jetzt eine Unwahrheit ist, was der junge Mann vermeintlich feststellt, sondern auch schon, als wir selber eingetreten sind: Wie steif gefroren gaffe ich das dunkle Gesicht vor meinem an. Volle Lippen, dunkle, sanfte Haut und aufgeweckte, dunkelblaue Augen machen mein Blickfeld aus. Zu den Seiten kann ich rote, zurückgebundene Haarsträhnen ausmachen.

Die Tür schließt sich hörbar wieder, dann vergehen vielleicht zwei Sekunden, ehe die Laken beiseite geschoben werden - oder geworfen, denn die Jugendliche vor mir hatte es offenbar eilig, mir nicht mehr ihren flachen Atem ins Gesicht zu pusten. Als wolle sie sich gleich doppelt aufrichten, breitet sie sogleich auch noch rote Schwingen aus, die aus ihrem Rücken wachsen.

Jetzt kann ich die Unbekannte erst komplett ausmachen, sie ist eine Harpyie! Die Anzahl der Kettchen, Armreife, Anhänger und sonstigen Schmuckgegenstände, die sie trägt, übersteigt die ihrer Klamotten, denn tatsächlich hat sie nichts als eine aufgebauschte kurze Hose in Weiß an, die am unteren Rand goldene Borten mit dunklen, fremdartigen Zeichen aufweist. Ihr Busen verschwindet unter dem üppigen, roten Brustgefieder, während aus ihrer Hose kräftige Vogelbeine samt Klauen ragen. Die Harpyie, welche nun auch die anderen erblickt und ebenso verärgert wie konsterniert anguckte, fällt nicht zuletzt auf wegen des feuerroten Zopfes, den sie von einer goldenen Hülse gehalten trägt.

Ganz interessiert schaue ich sie an, während ich mich erhebe, das ist das erste Mal, dass ich eine Harpyie von Nahem sehe! So sehen sie also aus, die teils als Menschenfresser und Diebe verschrieenen Wesen der Lüfte, die manch ein schwärmerischer Reisender, der bei Alid im Laden gewesen ist, leidenschaftlich 'Töchter der Feuergöttin Ignis' nennt - woher dieser so leidenschaftlich klingende Name stammen mochte, hat niemand außer Gart mir zu verraten gewagt.

Ja, ja, Gart, für den wäre diese Dame das gefundene Fressen…

Als erster von uns findet Rio die Worte wieder und wie immer sind es keine besonders freundlichen: "Es hat den Anschein, als ob noch jemand unbefugterweise hier wäre." Seine Augen verengen sich bedrohlich. "Und ich kann mir schon denken, was die schnellen Klauen hier suchen mögen."

"Holla!", ruft die Harpyie mit leichtem Akzent, "Das Männchen ist ja ganz schlau! Und was sehen meine Äugelein da?"

Schneller als wir alle gucken können, ist sie zu Griselda gesprungen und fischt plötzlich ein Kettchen von ihrem Hals. Ich habe das Kettchen nie bemerkt, das sich unter dem Kleid der Hexe befunden hat, es sieht sehr kostbar aus und an seinem Ende funkelt irgendetwas Goldenes, ein Ring, wenn mich nicht alles täuscht. Sogar mit einem Edelstein darin!

Und schwups, ist er im Besitz der Harpyie, die die Kette um die Kralle ihres Zeigefingers kreisen lässt, ehe sie - flink wie sie ist - noch das alte Fenster des Raumes aufbricht und sich anschließend mit eingeklappten Flügeln herausstürzt. "Bitte, dankeschö~n, ihr Trottel!", lacht die Diebin, ehe sie springt und mit ausgebreiteten Schwingen sicher auf dem niedrigen Hügel landet, der sich unter dem Fenster befindet.

"Keine Sorge, Meisterin Griselda, ich werde den Anhänger zurückholen von dieser dreisten Diebin!", ruft Rio.

Ich will ihn aufhalten, erfragen, wie er das anstellen möchte, doch da springt der auch schon aus dem Fenster, fängt sich sicher ab und nimmt die Verfolgung auf.

"Sch- schnell, wir müssen auch hinterher!", ruft Griselda, der ähnliche Verwirrung ins Gesicht geschrieben steht wie mir.

"Etwa auch durchs Fenster?!"

"Nun mach schon, wir haben keine Zeit!", fährt sie mich zur Antwort an. Nanu, das ist ja eine Seite von ihr, die ich gar nicht kenne. Plötzlich ist aus der freundlichen, zurückhaltenden Selet eine herrische, gehetzte Gebieterin geworden.

Im Inneren mich fragend, ob dieser gesamte Tag eigentlich noch eine ruhige Minute haben wird, steige ich in den Fensterrahmen, starre hinunter und springe nach etwas Überwindung schließlich. So hoch ist es ja mal gar nicht, ich komme glücklicherweise richtig auf und auch die Hexe kann ich anschließend einigermaßen auffangen.

Sie sprüht vor Eile und nimmt sich auch nicht die Zeit, mich in meiner Unwissenheit, was das bitte für ein Ring ist, aufzuklären. Mit mir und Sira als Appendix rennt sie Rio hinterher, der bereits zwanzig Meter voraus der Diebin nachstellt.

"Hey, was denkt Ihr eigentlich, hier zu machen?! Wollten wir nicht eigentlich-"

"Wir können Rio doch nicht so allein lassen!", schneidet Griselda der Víla bereits das Wort ab, "Er… er braucht sicher Unterstützung! Und wir sollten uns nicht noch weiter aufteilen!" Irgendwie beschleicht mich der Verdacht, dass es ihr auf Rio oder die Gruppe gar nicht so ankommt wie offenbar auf diesen Ring. Und ich hänge wieder mal drin und habe wenig Alternativen.

Ich frage Sira: "Wo ist denn überhaupt dieses Wunder, das wir suchen - oder besser gesagt, wasist es?"

"Nun… nun ja… ich…" Ihre Stimme wird erheblich leiser, während sie mir verrät, wie sich die Wächterin des heiligen Schwertes nun geniert. "… ich weiß es, um ehrlich zu sein, nicht…"

"Warum zum Dämonenkönig weißt du das nicht?!", ereifere ich mich, "Bist du nicht Stättenwächterin und müsstest das wissen?!"

"Dass ich ins Amt gesetzt wurde, ist weniger als zweihundert Jahre her! Und in den Texten der Stätte wird nichts weiter als die ungefähre Position der vier Wunder beschrieben! Nicht ein mal Hena weiß darüber bescheid!", rechtfertigt sie sich lautstark, ehe Griselda energisch ruft: "Nun streitet doch nicht schon wieder! Sonst kommen wir auf keinen grünen Zweig! Lernt endlich zusammenzuarbeiten!"

Mir kommt es so vor, als sei das Mädchen, das vor mir her rennt, wie ausgewechselt. Eine entschlossene Führungspersönlichkeit ist aus der Hexe hervorgebrochen, die vorher noch gar nicht damit vertraut war, einen Diener zu haben. Da muss doch mehr dahinter stecken!

Ich wage aber nicht, das jetzt zur Ansprache zu bringen, nachdem mir ihr letzter Satz so einen dumpfen Schlag versetzt hat. Verunsichert schaue ich Sira an, ehe wir uns im Stillen entschuldigen, gleichzeitig ihre Augen verzeihend niederschlagend.
 

Dunkler und dunkler sind die Wolken geworden, während die Harpyie hinter den Häuserrücken ihr Heil in der Flucht gesucht hat. Die ersten Tropfen fallen bereits herab und der Wind fegt nur so über das verlassene Gelände. Feuchter Erdgeruch macht sich langsam breit, als die Wolkendecke dichter wird.

Dichter werden auch die Bäume um uns. Die Diebin ist plötzlich auf einen abzweigenden Weg, beginnend mit einem leichten Abhang, abgebogen, der vom Kloster in den angrenzenden Wald führt.

Wie eingefrorene Wächter stehen in einigem Abstand auch immer wieder Statuen zu beiden Wegen des Trampelpfades. Sie wirken rustikaler als die feingliedrige Erdgöttinnenstatue in der Eingangshalle, hier zeigt man die göttliche Mutter als standfeste Frau, die mit einem Speer bewaffnet ihren strengen Blick auf alle richtet, die sich in den Hain wagen.

Mir geht langsam die Luft aus. Wie schnell kann so eine Harpyie denn bitteschön sein?! Ich gönne mir, nur für ein paar Luftzüge stehen zu bleiben. Und in jenem Moment beschleicht mich plötzlich das Gefühl, jenseits des Weges liefe jemand in die entgegengesetzte Richtung. Aber der Umriss, der im nächsten Moment auch schon wieder unsichtbar geworden ist, passt zu niemanden, den ich kenne, es kann nicht die Diebin sein und auch Rio könnte die hagere Gestalt von annähernd zwei Metern nicht verkörpern. Hab ich mir das gerade eingebildet…?

"Was ist Maljus? Wieso bleibst du stehen?!"

"Mir war so, als habe ich jemanden gesehen…", entgegne ich, mich bereits wieder in Bewegung setzend, den Kopf aber stur in Richtung der Erscheinung gewendet. Griselda ruft von Weitem: "Ich habe nichts dergleichen gesehen! Wahrscheinlich nur eine optische Täuschung! Und nun komm, Rio und die Harpyie sind gerade in einem Gebäude hier im Wald verschwunden!"

Ich renne los, um aufzuholen, frage aber dennoch: "Sira, hast wenigstens du jemanden gesehen?"

"Mein Sichtfeld hält sich hier bei deinem Hals in Grenzen, also nein. Oh, ich hoffe bloß, dass uns niemand gesehen hat, sonst werden uns diese Titanen später willkommen heißen…"

Das erwähnte Gebäude taucht vor mir am Ende des Weges auf. Griselda wartet am Eingang des Sakralbaus, an dessen hinterem Ende sich ein kreisrunder Turm mit Kuppeldach erhebt. Efeu hat sich auf der weißen Fassade breit gemacht, der kleine Eingangssaal starrt vor Dreck. Kaum haben wir einen Fuß hineingesetzt, werden zunehmend von der Dunkelheit in dem fast fensterlosen Bau, dessen Fackeln wohl schon seit Jahren fehlen, eingehüllt. Wir sehen dennoch die deutlichen Spuren im Staub. Abnehmende Schwüle von draußen und eisige Kälte aus dem Inneren treffen hier aufeinander und bilden eine unangenehme Mischung auf meiner Haut.

Um die Lichtbedingungen etwas zu verbessern, reckt Griselda einen Zeigefinger in die Höhe, auf dessen Spitze sich ein wenig gequält eine Blitzkugel bildet. Gepeinigt zieht sich ihr Gesicht zusammen. Sie hat sich noch immer nicht richtig erholt, fürchte ich.

"Was ist das hier für ein Ort…?"

"Ich denke, das hier ist der alte Tempel…"

"Der alteTempel?", wiederhole ich fragend.

"Es ist ein Gerücht, das sich seit mehreren Jahrzehnten hält. Man hört es wieder öfters in letzter Zeit, dass sich hier angeblich Dämonen eingenistet haben sollen. Hals über Kopf haben die Priester und Novizen diesen Tempel verlassen und verkommen lassen, heißt es."

Wir folgen den Fußspuren eine Wendeltreppe hinauf, während draußen leise das Prasseln des Regens beginnt.

Eine kalte Schauer überkommt mich. "Es heißt sogar jetzt noch, dass des Nachts immer wieder Insassen des Klosters entführt werden, wenn man nicht Acht gibt."

"Ob das auch das Werk von Dyonix ist…?", denke ich laut. Es würde zu den restlichen Entführungen überall passen.

Sira dementiert diesen Gedankengang aber sofort: "Ach, das ist doch Quatsch! Ein Schauermärchen für ungezogene Novizen! Dieser Berg ist so dicht besiedelt, wie sollte ein Dämon sich über so viele Jahre hinweg verstecken können?"

"Erklär mir lieber, wie ein Schauermärchen einen ganzen Mönchskreis vertreibt!" Ich habe wenig Lust, schon wieder einem Dämon zu begegnen. Mir wird eiskalt, wenn ich mir das bloß vorstelle.

"Mach dich doch nicht so verrückt!", ruft Sira, "Dass die Gläubigen aus diesem Tempel ausgezogen sind, ist nun schon so lange her! Es hatte bestimmt einen viel einfacheren Grund und man hat sich etwas Freiheiten beim Erzählen gelassen!" Na hoffentlich ist das wirklich der Fall...
 

Wir gelangen anhand der Spuren zu einer stabilen Holztüre, die bereits offen steht. Aus dem Inneren des Raumes hören wir Flüche in einer völlig fremden Sprache und wie jemand an etwas rüttelt, als hänge sein Leben davon ab.

Sofort dreht sich dieser Jemand zu uns um, blickte uns wie wild an, bis er feststellt, wer wir sind. Sein Haar wirkt jetzt nicht mehr wiederspenstig, sondern im Jähzorn zerzaust und seine Augen sind stechender denn je.

"Rio!", ruft Griselda erfreut. "Was tust du da?"

"Diese unverfrorene Diebin ist hierher geflohen und hat die Tür verbarrikadiert. Sorgt Euch nicht, Meisterin Griselda, ich werde sie noch aufkriegen und eure Besitztümer zurückholen!"

"Sag mal, Griselda…", fange ich schließlich an, während ich über die knirschenden Holzdielen zu den beiden gehe, "Was hat es mit diesem Anhänger überhaupt auf sich-

Ich stoppe, als es kracht und es mir auf einmal der Boden unter den Füßen wegreißt. Reflexartig schreie ich und spüre das Ziehen im Arm, als ich im letzten Moment von Rio und Griselda festgehalten werde. Sie hat nur eine Hand zur Verfügung, denn sie muss mit der anderen doch den Zauber aufrechterhalten, der uns etwas Licht spendet.

Wie egal mir das blöde Licht doch ist! Mors sei geduldig, ich hänge verdammt noch mal über einem riesigen Abgrund, dessen Grund ich nicht mal sehen kann! Ich höre nicht mal ein Aufprallgeräusch der morschen Holzplanken!

"Zieht… zieht mich hoch, schnell!", dränge ich und wende mich schnell von dem Anblick ab. Gähnende Schwärze liegt unter mir, soviel weiß ich.

Was ich zugeben muss, ist, dass die Angst, die jetzt in mir aufgeschäumt ist, den Anblick jedes Dämonen in seinem Kopf mit Leichtigkeit schlägt. Aus Sicherheit ist urplötzlich Todesgefahr geworden, wesentlich schneller als jede Klinge oder Klaue, die mir hätte entgegengehalten werden können.

Ich probiere, aus eigener Kraft irgendwie hochzukommen oder mich leicht zu machen, was mir zwar die Anstrengung ins Gesicht treibt, aber nichts bringt. Oh, verflucht noch eins!

"Wir… wir ziehen dich auf drei hoch!", veranlasst Griselda hektisch. "Eins… Zwei…" Rio beginnt schon, seine Muskeln anzuspannen und ich kann die letzte Zahl gar nicht abwarten. "Drei!" Gemeinsam zerren sie an mir, schaffen es sogar, mich ein Stück zu ziehen. Ich kann schon fast die Arme auf dem Rand des Lochs auflegen!

"Nun zieht schon weiter!", flehe ich. Es ist doch fast geschafft!

Da wird Rios Miene durchflutet von Schmerzensausdrücken, der Shikigami wird auf einmal leichenblass und sein Arm verkrampft sich plötzlich kraftlos.

Reflexartig lässt er meinen los und stößt einen erstickten Laut aus, der auch der jungen Hexe die Aufmerksamkeit raubt. Auch sie verliert in ihrem Schrecken ihren Halt.

"Nein! Nein, nicht loslassen!", plärre ich.

Einen kurzen Augenblick nur, da rutschen meine Fingerspitzen ab. Bei Terra, alles nur das-

Und mit einem letzten, ohrenbetäubenden Schrei rase ich hinab in die Tiefe.
 

IV.
 

"So ein Mistwetter!", fluchte Alex, als er aus dem Stall zurück ins Freie treten wollte und bereits nach einem Schritt klitschnass vom Regen war.

Craylo ging es nicht viel besser, aber ihm war der Geruch draußen lieber als die Ausdünstungen der Nutztiere, auch gegen so eine kalte Dusche hatte er wenig einzuwenden nach der Schwüle des Tages. Ein Blitz erhellte ganz kurz den gesamten Platz, der Donner aber ließ noch auf sich warten.

"Das Gewitter ist noch weit weg… hoffen wir mal, dass es nicht ausgerechnet hierher zieht.", meinte Craylo.

"Lieber wär's mir, wenn's gleich abzieht!", beschwerte Alex sich, sah jedoch daraufhin ein, dass er noch so viel auf Wetter und Götter schimpfen konnte, davon ginge dieses Unwetter auch nicht schneller vorüber. Daher ging er über zu Wichtigerem: "Nun wird's aber Zeit, dass wir irgendwie ins Verwaltungsgebäude kommen, die neuen Steckbriefe haben lang genug auf uns gewartet!"
 

Den Priestern, Hilfsgeistlichen, Novizen, Wächtern und sonstigen Residenten des Klosters schien der Regen auch zu unangenehm, wieder trafen sie niemanden, als sie den Platz überquerten. Der Regen war so dicht, dass man nur wenige Meter weit sah, sogar von den Fenstern aus würde man sie nicht erspähen können.

Sie hatten fast das Gebäude erreicht, was am ehesten nach der Verwaltung aussah, als ihnen aus dem nahen Hain ein hochgewachsener, hagerer Mann entgegenkam. Finster blickte er drein, so finster, wie sein langes Haar schwarz war.

Alex fühlte sich an den durch die Blume sprechenden Rio erinnert, als er den dunklen Hautton und die gelbe Pigmentierung im Gesicht des Priesters sah, der in beigem Hakama, gräulichem Kosode und einem langen, wallenden Mantel in sattem Grün, dessen beiger Kragen regelmäßig rechteckig eingeschnitten war, ihre Richtung eingeschlagen hatte. Seine Sandalen hatten ungewöhnlich hohe Holzsohlen, die leise auf dem Pflaster klackten und erhoben ihn noch ein ganzes Stück über die beiden.

Ach du Scheiße!, erschrak sich Alex in Gedanken, das war nicht bloß ein Priester, dem sie da in die Arme gelaufen waren, das war eindeutig kein Geringerer als der Flamen, der Hohepriester dieses Klosters!

Spitznäsig und schmalgesichtig war der Dunkelelf, der sie aus seinen goldenen Augen streng und kritisch von oben herab musterte.

"Und wer wollt Ihr Herren sein?", fragte er in einer tiefen, unangenehm klingenden Bassstimme, wobei seine Mundwinkel bereits weit nach unten zeigten.

"Wir sind-", fing Craylo, wenig Hoffnungen hegend, mit einer überzeugenden Antwort daherzukommen, an, aber das Schicksal schien es gut mit ihnen zu meinen. Denn von der anderen Richtung kam noch eine Klosterinsasse, niemand anders als die blonde Zwergin Zea, welche rennend quer über den Platz rief: "Flamen Basgorn!"

Sie erreichte sie wenig später und sah überglücklich aus, obgleich ihre Kleider schwer an ihr kleben mussten, wo sie sich so voll Regenwasser gesogen hatten. "Wie schön zu sehen, dass es Euch schon besser geht, Flamen Basgorn! Habt Ihr Euch schon erholt?"

"Ja… ja, habe ich.", erwiderte der Alba Occulta knirschend, da plapperte Zea gleich weiter: "Der Sacerdos Vetustissimus würde Euch gerne sehen! Oh, aber ich sehe schon, Ihr sprecht gerade mit den beiden Exorzisten Herrn Alex und Herrn Craylo! Da möchte ich nicht stören! Ihr habt ja sicher schon von ihnen gehört, nicht wahr?" Der Flamen zögerte, aber speiste sie dann mit einem einfachen "Ja… die beiden Herren Exorzisten, die hier residieren und wachen, natürlich." ab.

Schon wirbelte er herum und schien gen Norden verschwinden zu wollen, wobei er eine seiner mit spindeldürren Fingern besetzten Hände, an denen die Sehnen unangenehm hervorstanden, an die Stirn legte, den Kopf etwas senkte. Er sagte noch: "Tut mir leid, so ganz wohl ist mir doch noch nicht… Lass Graasch doch bitte wissen, dass ich bis auf Weiteres gedenke, mich erst wirklich auszukurieren, ehe ich an den Sitzungen teilnehmen werde, ja?"

"Sehr wohl, Flamen Basgorn!", versprach Zea und verbeugte sich. Alex tat es ihr gleich und gab Craylo einen Stoß, seinem Beispiel zu folgen.

"Gehabt Euch wohl, Flamen.", grüßte er überzeugend unterwürfig. Der Hohepriester aber verließ bereits ihre Hörweite und ließ die drei im Regen zurück. Noch ein Blitz erhellte die Berge.

Der hat sich aber leicht überzeugen lassen, fand Alex, der sich zögerlich an Craylo und die Zwergin wandte: "Hey, ich weiß ja nicht wie's euch geht, aber ich hab nicht länger Lust, mir hier vielleicht noch 'ne Erkältung zu holen. Gehen wir rein?"

"Mit unseren kleinwüchsigen Freibrief immer gerne!"

"War da grade was?", fragte Zea überrascht, "Mir war, als hört' ich eine Stimme."

"R- reine Einbildung!", beteuerte Craylo und verwünschte diesen Naseweis von Dolch mal wieder. Carod kicherte ganz leise. Die Schwärze des Haares dieses Hohepriesters stimmte auch perfekt mit der von Carods Humor überein!

Dieser Basgorn hatte nicht mal nach ihren Cyclobolen verlangt… nun, wenn ihm wirklich so schlecht war, konnte Craylo das gut nachvollziehen - wenn er selber einen Kater hatte, war er auch nie in geistiger Höchstform. Also betrat er mit den anderen nun die Hallen, wobei er sich fragte, ob Carods Bezeichnung für Zea wirklich so treffend war...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Azahra
2012-05-01T07:45:02+00:00 01.05.2012 09:45
Ohje ... Maljus ist abgestürzt!! ><
Hoffentlich ist ihm nichts passiert!

*Hehehe* Die beiden Exorzisten sind lustig hihi
Und die arme Zea fällt auch noch auf sie rein *kopf schüttel*

Bis bald!

Azahra


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