Faszination Gefühl von Karopapier ================================================================================ Kapitel 4: Söhne Mannheims - Lieder drüber singen ------------------------------------------------- Die Farbe war da, die Möbel waren da. Alles stand bereit, es musste nr noch an seinen Platz gebracht werden. "Du links, ich rechts?", fragte ich ihn und beobachtete, wie seine Mundwinkel sich amüsiert nach oben verzogen. Es war ein altes Spiel zwischen uns. Wir waren zwar schon lange nicht mehr in einem Verein, aber wenn man so lange schon aufeinander eingespielt war, ging das nicht einfach so verloren. Ein wenig von dieser Symmetrie blieb immer. Ich warf ihm eine der beiden Farbrollen zu und sah zu, wie er sie wie beiläufig aus der Luft pflückte. Es dauerte nicht lange, bis nur noch unser leises Atmen zu hören war, unterstrichen vom Geräusch der nassen Rollen an der Wand, die nur ab und zu in die Farbeimer getaucht wurden. Ich lächelte, als mir auffiel wie abgesprochen unsere Bewegungen wirken mussten: Der gleiche Schwung, die gleiche katzenartige Geschmeidigkeit. Dem Geräusch nach zu urteilen waren wir sogar gleich schnell. "Fertig" kan es von hinter mir und unsere Farbrollen fielen mit einem synchronen Platschen in die Eimer. "Das Bett?", fragte ich. Er nickte, den ersten Karton schon unter dem Arm. "Wir können den Rest erst morgen aufbauen, weil der Platz hier nicht reicht, aber das Bett brauche ich heute Nacht schon. Dafür müsste der Boden reichen." Ich konnte mir etwas Besseres vorstellen als eine Nacht in einem frisch gestrichenen Zimmer, aber es gab keine andere Möglichkeit. Wir hatten schon mehr als einmal darüber diskutiert. Wir schlitzten die Verpackungen auf und schoben sie beiseite, um mehr Platz zu haben. Reden war unnötig; wir verstanden uns auch so. Schraubenzieher wechselten Besitzer, Stifte wurden hin- und hergereicht. Es dauerte nicht lange, bis das Bett stand und wir uns beide auf die noch verpackte Matratze fallen ließen. "Weißt du", fing er an, "als ich kleiner war wollte ich immer ein blau gestrichenes Zimmer. Eines, das den Himmel einfängt und nicht mehr hergibt. Seitdem ist so viel passiert... es ist hart, zu lernen dass die Welt auch nur endlich ist. "Andererseits", entgegnete ich leise, "eröffnet dir genau das ganz andere Möglichkeiten." Mein Blick fiel auf die Wand, an der rote Flammen auf schwarzem Grund hinaufzüngelten, nur von den roten Streifen unterbrochen, die wir heute gestrichen hatten. Unter meinem Blick schienen sie sich zu bewegen, lebendig zu werden und Bilder an die Wand zu malen. Von uns beiden, mit Jonglierkeulen, mitten in einer Menschenmenge. Einfach so. Von ihm, Gitarre spielend, am Lagerfeuer, während ich mit meiner besten Freundin dazu tanzte als gäbe es kein Morgen. Von mir am Grand Canyon letztes Jahr, trotz meiner immensen Höhenangst. Ich schloss meine Augen und versuchte, das Glücksgefühl, das spontan in mir aufstieg, einzuschließen, irgendwo, wo ich es wieder und wieder herausholen könnte. Nur von weit weg hörte ich seine Stimme. "Ja", sagte sie leise, "vielleicht hast du Recht." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)