Harry Potter und die Schwarze Feder von miau-miau (Was sich liebt, das neckt sich) ================================================================================ Kapitel 4: Der Ruf ------------------ „Potter!“ Wild hämmerte es an Harrys Tür. Er rührte sich nicht, vielleicht würde Snape wieder gehen, wenn niemand öffnete. „Aufmachen! Ich weiß genau, dass du da drin bist!“ Er seufzte leicht. Nein, das würde wohl nicht geschehen. Leise knarzend öffnete er die schwere Eichenholztür. Snape stürmte an ihm vorbei, blieb in der Mitte des Zimmers abrupt stehen und sah sich um. Als er ihn an der Tür stehen sah, verdüsterte sich seine Miene zusehends und er kam drohend auf ihn zu. „Mr. Potter. Wie kann es dazu kommen, dass drei meiner Schüler auf der Krankenstatin liegen?“ Severus war wütend wie selten in seinem Leben. Sein Gesicht wies trotz der ungesunden Blässe rote Flecken auf und seine Stimme war unangenehm leise geworden und vibrierte leise vor mühsam unterdrücktem Zorn, was für Harry erfahrungsgemäß Gefahr bedeutete. Er hatte einen Kloß im Hals und duckte sich instinktiv ein wenig. Es wäre ihm tausend mal lieber, wenn Snape getobt und geschrien hätte. „Ich meine gehört zu haben,“ - eine kunstvolle Pause, in welcher die Ironie seiner Worte wie ätzende Säure in seinen Ohren brannte, - „dass sie zuvor bei einem gewissen Professor Potter nachsitzen mussten.“ Inzwischen waren seine Tonstärke nicht mehr als ein Flüstern; Harry kam es beinahe wie das Zischen einer angriffslustigen Schlange vor. Snape war ihm jedoch so nahe gekommen, dass er selbst das leiseste Wort unmissverständlich mitanhören musste. Er wollte zurückweichen, doch die Wand war bereits in seinem Rücken und Snape hielt ihn mit seinen Armen, die er rechts und links von ihm an die Wand gestützt hatte, eingekerkert, sodass ihm nichts übrigblieb, als sich ein bisschen fester an eben jene Wand zu quetschen. Leider wollte sich keine geheime Tür öffnen, so sehr er auch in Gedanken darum bat. „P-professor Snape, ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll...“ „Am Besten sagst du gar nichts Potter. Der Direktor ist schon informiert und, wie soll ich sagen..., er ist nicht sehr erfreut. Genausowenig wie ich. Wenn du denkst, nur weil du der heilige Sankt Potter bist, könntest du deinen Hass auf Slytherin deinem Vergnügen nach ausleben, hast du dich geirrt. Du könntest schneller wieder aus Hogwarts verschwunden sein, als dir lieb ist.“ Snape trat wieder einen Schritt zurück und betrachtete ihn lässig, die Arme vor der Brust verschränkt, mit einem zufriedenen, gehässigen Grinsen im Gesicht. Langsam wurde auch Harry wütend; so ließ er nicht mit sich umspringen. „Das müssen Sie gerade sagen!“, platzte es aus ihm heraus. „Wer ist es denn, der Slytherin immer maßlos bevorzugt? Wer zieht Gryffindor wegen Nichts Punkte ab? Wer verteilt mit vollen Händen Strafarbeiten? Das sind Sie!“ „Im Gegensatz zu Dir habe ich niemals einen Schüler mutwillig in Gefahr gebracht, Potter.“ Grimmig starrte Harry ihn an und immer noch ein fieses Grinsen auf den Lippen erwiederte Snape seinen Blick. ‚Diese niederträchtige alte Fledermaus! Wie kann er es wagen hierherzukommen nur um mich fertig zu machen.’, dachte Harry. Im selben Augenblick krümmte sich Snape wie unter Qualen zusammen und umklammerte panisch seinen linken Arm. Harry durchfuhr ein eiskalter Schreck. Das war doch — Sekunden später hatte Snape sich augenscheinlich wieder gefangen. Er richtete sich auf und machte Anstalten den Raum zu verlassen. „Ich muss etwas dringendes erledigen. Wir werden diese Unterredung ein anderes Mal fortsetzen.“ Immer noch den Arm schützend an sich gepresst wollte er an Harry vorbei, doch der hielt ihn auf. „Sie können doch jetzt nicht einfach so gehen!“ „Geschäfte, Potter, die sich nicht verschieben lassen. Du verstehst, was ich meine? Und wenn du jetzt die Güte hättest, mich loszulassen...“ Ätzender Spott wie immer, doch Harry nahm eine leichte Unregelmäßigkeit wahr, ein leichtes, fast nicht erkennbares Zittern in der Stimme. Er erkannte, dass diese kühle Fassade nur noch mit Mühe aufrecht gehalten wurde. Daraufhin lockerte er seinen Griff, mit dem er Snapes Handgelenk umfasst hatte, die schlanke Hand entglitt ihm und schon war Snape eiligen Schrittes entschwunden. Nach einigen Augenblicken des Zauderns, in denen Harry nicht wusste, was zu tun sei; ob er den Mann seinem Schicksal überlassen sollte oder ob er ihm helfen sollte und wie diese Hilfe denn aussehen könnte, festigte sich in ihm der Entschluss wenigstens Dumbledore zu informieren. Er warf sich seinen Umhang über, da es auf den Gängen außerhalb der beheizten Räume schon ziemlich kühl war, und wollte gerade sein Zimmer verlassen, als es abermals klopfte. Vor der Tür stand niemand anderes als Albus Dumbledore, zu dem er eben hatte gehen wollen. „Professor Dumbledore! So ein Zufall. Ich wollte gerade zu Ihnen.“ „So etwas habe ich mir in der Tat schon gedacht. Meine Nasen hat gekribbelt und das, musst du wissen, ist immer ein verlässliches Zeichen dafür, dass jemand mit mir sprechen möchte.“ Lächelnd tippte er sich an die Nasenspitze und sah Harry zwinkernd über den Rand seiner Halbmondbrille an. „Darf ich reinkommen, Harry? Es ist doch recht ungemütlich im Gang zu stehen und zu schwatzen.“ „Aber natürlich, Professor, kommen Sie.“ Eilfertig schob Harry die Tür zurück, bis sie mit einem leisen Geräusch die Wand berührte und trat einen Schritt beiseite, um dem alten Zauberer seine Ehrerbietung zu zeigen. Als sie sich auf die großzügig bemessene Couchgarnitur niedergelassen hatten, die Harry inzwischen mit einem satten Gryffindor-Rot eingefärbt hatte und sie zwei dampfende Tassenden Tee vor sich stehen hatten, erhob Dumbledore erneut die Stimme: „Also Harry, weswegen wolltest du mit mir reden?“ Harry holte tief Luft und erinnerte sich an das, was er vor kurzem erlebt hatte. Er verspürte noch einmal die aufwallende Furcht, die sich seiner bemächtigt hatte, als Snape sich verkrampft hatte und eindeutig Schmerz in seinen Augen aufblitzte. „Professor Snape war gerade hier und... Professor, ich glaube, er wurde von Voldemort gerufen.“ Harry schauderte ein wenig. Er hatte keine Angst vor dem Namen, jedoch konnte er sich noch zu gut daran erinnern, wie er selbst dem dunklen Lord begegnet war. Es war eine bösartige Kreatur, die soviel Kälte und Macht verströmte, dass einen jeglicher Mut verließ. Dumbledore hatte sich bei seinen Worten aufgesetzt und sein Gesicht nahm jetzt einen angespannten Ausdruck an. „Wann war das, Harry?“, fragte Dumbledor eindringlich. „Es ist nicht lange her. Zehn Minuten vielleicht. Kurz bevor Sie gekommen sind.“ Schuldbewusst schaute Harry zur Seite. Er hätte ihn aufhalten müssen, hätte dafür sorgen müssen, dass Snape nicht zu diesem... Monster ging. Wenn dieses dem Zaubertranklehrer etwas antat, würde es seine Schuld sein. „Ich danke dir, Harry, dass du mich gleich informiert hast. Mach dir bitte keine Vorwürfe. Severus ist ein Dickschädel und lässt sich von niemandem aufhalten, nicht einmal von mir. Leider gibt es auch nichts, was ich jetzt noch tun könnte, außer auf ihn zu warten.“ Dumbledore senkte den Kopf und besah sich intensiv die kleine Teetasse aus Porzellan. Er wirkte auf einmal wie ein uralter müder Mann; ein Phänomen, welches Harry nun schon einige Male erlebt hatte und welches ihn immer wieder bestürzte. „Dann ist es also wahr,“, begann er vorsichtig, „dass Snape wieder ein Todesser ist? Dass er wieder als Spion arbeitet?“ Dumbledore seufzte schwer. „Ich fürchte so ist es. Obwohl ich nicht froh darüber bin, ist es dennoch der einzige Weg an Informationen über Voldemorts Pläne zu kommen. Harry, du bist wirklich ein guter Junge. Ich sehe es dir an, dass du dich um Severus sorgst, obwohl du ihn nicht magst.“ Etwas verlegen wich Harry dem Blick aus Dumbledores blauen Augen aus, die nun wieder etwas lebendiger wirkten. Es stimmte, Snape war eigentlich immer unaustehlich zu ihm gewesen solange er sich erinnern konnte, doch trotz allem, trotz ihrer jahrelangen Feindseligkeit, hatte er ein flaues Gefühl in der Magengegend, wenn er sich vorstellte, was alles mit ihm geschehen könnte. „Wäre es vermessen, dich zu bitten mit mir zusammen auf seine Rückkehr zu warten?“ Harry wusste nicht recht, was er davon halten sollte. Zögerlich schüttelte er den Kopf, nein, er hatte nicht dagegen. Wie hätte er auch eine Bitte dieses weisen, alten Mannes, der ihm beinahe so lieb war wie sein eigener Vater, ablehnen können. So verging Stunde um Stunde, Tasse um Tasse des heißen Tees wurde gelehrt. Es wurde allmählich dunkel und Harry entzündete die altmodischen Petroleumlampen, welche ein weiches Licht verströmten. Plötzlich horchte Dumbledore auf und eilte auf die Tür zu. „Komm, Harry, es ist soweit!“, meinte er seltsam aufgeregt, bevor er den Raum verließ. Harry hastete hinter ihm her und hatte Mühe mit den langen Schritten des Direktors Schritt zu halten. „Professor!“, keuchte er, „Was ist los? Ist Snape zurückgekommen?“ „Ja. Schnell, Harry. Wir müssen uns beeilen!“ Dumbledore führte ihn aus dem Schloss hinaus in die Dunkelheit. Aus den hellerleuchteten Fenstern fiel ein weicher Lichtschein, der ihnen das Laufen erleichterte, doch sie drangen immer tiefer in das Dunkel vor, bis nur noch der kleine Lichtkegel ihrer Zauberstäbe zu ihren Füßen zu sehen war. Erst als sie den Rand des Verbotenen Waldes erreichten, blieb Dumbledore stehen. „Die Apparationsgrenze. Hier muss er irgendwo sein. Teilen wir uns auf und suchen ihn, Harry.“ Harry nickte und sie trennten sich und liefen in entgegengesetzter Richtung am Waldrand entlang. Er drang tiefer in den stockfinsteren Wald ein und versuchte auf jedes kleines Geräusch zu achten. Doch das war gar nicht so einfach, denn der nächtliche Wald war voller Leben und alle nachtaktiven magischen Geschöpfe, die dort lebten, machten einen Höllenlärm, so dass es Harry ganz anders zu Mute wurde. Am liebsten wäre er in sein warmes Zimmer zurück gegangen, aber er riss sich zusammen und konzentrierte sich wieder auf die Suche. Da war es ihm auf einmal, als spürte er etwas anderes als den kalten Wind, der durch seine Haare fuhr. Verwundert blieb er stehen. Er konnte dieses Gefühl nicht beschreiben, aber es kam ihm seltsam vertraut vor. Er dehnte seine magische Aura aus und fühlte vorsichtig in den Wald hinein. Und richtig, da war es wieder: Eine weitere magische Aura, die ihn zu rufen schien. Jedenfalls hatte er das Gefühl, als würde sie an ihm zupfen, als wolle sie, dass er ihr weiter in den Wald hinein folgte. Er drehte sich nach Dumbledore um, doch dieser war schon lang nicht mehr in Sichtweite, so folgte er der Magie, die ihn, einer Feder gleich, über die Wange streichelte und ihn aufforderte ihr zu folgen. Immer tiefer führte die Aura ihn in das dichte Unterholz des Waldes, er spürte das Zupfen und ab und zu glaubte er, etwas goldenes zwischen den Bäumen schimmern zu sehen, aber das konnten auch die gierigen Augen der Raubtiere sein, in denen sich das Mondlicht spiegelte. Mit einem Mal löste sich die Magie, die ihn geleitet hatte, auf und er nahm an, dass er am Ziel war. Er sah sich um und gewahrte einen dunklen Umriss, der halb von einem umgestürzten Baumstamm verdeckt wurde. Als er näher herantrat, erkannte er, dass es sich tatsächlich um Snape handelte, der bewegungslos in einer Kuhle unter dem Baumstamm lag. Er beugte sich nieder und versuchte ihn unter dem Baum hervorzuziehen, doch Snape gab ein schmerzerfülltes Geräusch von sich, weswegen er ihn lieber in Ruhe ließ. Stattdessen zog er seinen Zauberstab und entsandte einen roten Funkenstrom, das in der Welt der Zauberer anerkannte Notzeichen, in den schwarzen Nachthimmel. Dann wandte er einen Schwebezauber an und befreite Snape sanft aus dieser natürlichen Höhle. Kurze Zeit später erschien Dumbledore wie aus dem Nichts. Als er Snape sah, atmete er erleichtert aus. „Gott sei Dank, du hast ihn gefunden. Ich danke dir, Harry, ich danke dir!“ Er berührte Snape und Harry und einen Augenblick später standen sie in Dumbledores Privatgemächern. „Er ist ohnmächtig, Professor. Wir sollten eine Exsecratio*-Untersuchung vornehmen, um herauszufinden, von welchen Flüchen er getroffen wurde.“ Harry fühlte sich an seine Zeit als Auror erinnert. Wie oft hatten sie solche Erstversorgungen verletzter Menschen vorgenommen, die einen Angriff der Totesser überlebt hatten. Nur waren es damals Opfer der Totesser gewesen und nicht ein Totesser selbst. Harry legte seinen Zauberstab beiseite und konzentrierte seine magische Energie, während Dumbledore Snape vorsichtig auf sein Bett niederließ. Ein leises Sirren erfüllte die Luft, als strahlend weiße Bänder aus Magie sich um Harrys Hände wanden. Er kniete sich vor das Bett und ließ seine Hände über den bewegungslosen Körper des Zaubertrankmeisters gleiten. Die Magie floss durch seinen Körper und trat an anderen Stellen wieder aus. Dort, wo sie auf ihrem Weg durch den Körper auf Rückstände von Flüchen stieß, verfärbte sie sich und blieb über der Stelle in der Luft hängen. Nachdem das Sirren nachgelassen hatte und die Magie aufhörte zu fließen, atmete Harry tief durch und schauderte unwillkürlich. Die Magie über Snapes Körper flimmerte in den verschiedensten Farben. Traurig den Kopf neigend trat Dumbledore heran. „Es ist immer wieder schockierend, wie Voldemort seine Gefolgsleute misshandelt.“ „Voldemort hat das getan - ?“ Harry stockte der Atem. Wieder betrachtete er die farbenfrohe Magiespur, welche sich über den verschiedensten Körperstellen kräuselte. Jede Farbe wies auf einen anderen Fluch hin. Es waren so viele.... Nun kniete sich auch Dumbledore vor das Bett und reichte Harry seinen Zauberstab zurück. „Wir sollten versuchen so viele Flüche wie möglich unschädlich zu machen.“ Harry nickte und umschloss seinen Zauberstab mit festem Griff. Gemeinsam machten sich Harry und sein ehemaliger Mentor daran die Flüche zu identifizieren und wenn möglich einen Gegenzauber zu sprechen. Harry war grad mit einem bösartigem Zauber beschäftigt, der Snapes Leber getroffen hatte und den er lieber früher als später beseitigen wollte, als mit einem Mal die Bauchdecke aufriss. Ein riesiger Schwall wamen Blutes ergoss sich über Harrys Hände und über seinen Zauberstab. Mit einem Schrei fuhr er zurück und plumpste unsanft auf den Boden. Dumbledore keuchte auf und wandte sich umgehend der klaffenden Wunde zu, die sich immer weiter ausbreitete. „Lauf in den Krankenflügel und hol’ Poppy“, wies er Harry knapp an, „Wir sind nicht mehr Herr der Situation.“ Harry gehorchte und nur wenig später stolperte er mit schreckensbleichem Gesicht durch die Gänge Hogwarts’. __________________________________ *exsecratio = Fluch Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)