Wütend genug? von Phoenix_Frost (Das hat Konsequenzen...) ================================================================================ Kapitel 1: Auf dem Sprung ------------------------- Wütend genug? Kapitel 1: Auf dem Sprung Ich hatte noch nie so viele Terroristen, Räuber, Ganoven, Freaks und Idioten an Bord EINES Zuges gesehen. Obwohl ich eigentlich eine Pause hatte machen wollen – so war das doch das gefundene Fressen für mich gewesen. Jeder schien einem jedem Angst einjagen zu wollen. Ich wusste noch nicht viel, nur, dass es sehr interessant werden würde… » Bin ich nicht wütend genug für dich und deine Leute? « Und ich hatte recht behalten. Langsam ließ ich das Seil, welches ich mitgeschleppt hatte, von meiner Schulter rutschen. So stand ich da, auf dem Dach der „Flying Pussyfoot“, dem großgesagten und allseits bekannten Zug für die Crossing-Line – einmal von Ost nach West und zurück. Der Wind riss an meinem wirren, kurzen Haar und meinen Klamotten. Sie flatterten mit schwerem Zug im Fahrtwind, ich hörte es, wenn sie gegen meine Haut klatschten, mich daran erinnernd, dass das Blut, welches sie gierig aufgesogen hatten, erkaltet war. Schade um das schöne Perlweiß und die Cremefarben – diese Flecken waren mit Sicherheit unentfernbar. Wobei das mit den „Flecken“ wohl Definitionssache war… also… hin und wieder war ein kleiner Punkt in der ursprünglichen Farbe zu sehen… Genug der Verlegenheiten. „Wer zum Teufel bist DU?“ Gereizt, wutentbrannt und gleichzeitig kindesvorfreudig erstachen mich die Augen meines Gegenübers. Auch seinen ursprünglich weißen Anzug zierten – allerdings eher geringere – Beweise seiner Vergehen. Innerlich belustigt erinnerte ich mich an seinen „Mord“ an dem kleinen Kerlchen, welches ich bereits ein weiteres Mal zur Rechenschaft gezogen hatte. „Das fragst du mich doch sicherlich nur pro forma…“ ich zog die Mundwinkel amüsiert hoch. Ladd Russo. So ein Quacksalber. » Ich muss nicht heulen und ich kenne den Mond nicht erst seit heute. « „Du willst es mir nicht sagen? Auch gut!“ Mit dieser Antwort hatte ich gerechnet. Das Gefühl von Bestätigung ließ mein dezentes Lächeln expandieren. Die meisten grauen Zellen des Streithammels schienen bereits zwischen Gott und der Welt verteilt worden zu sein – sein Intellekt bezüglich Handlungsplanung begeisterte mich, ehrlich gesagt, nicht so wirklich… Der große Spinner richtete sein Gewehr auf mich, doch ich ließ mich nicht verunsichern. Wovon auch? Wie schwarz der Lauf einer Knarre war, wenn man hineinschaute, völlig unabhängig vom Kaliber, war mir bereits aus vielen anderen Situationen bestens bekannt. Dieses Schwarz war nicht irgendein Schwarz. Es war Totschwarz. Totschwarz ist eine ganz besondere Farbe. So, wie auch Blutrot. „Du bist wirklich leichtsinnig…“ Ereiferte ich mich schließlich, innerlich gespannt, wie ein Kleinkind, auf die Reaktion dieser menschlichen Zeitbombe wartend. Mein Plan war perfekt. Dieser Spinner hatte meine bisherige Damageline über den Haufen geworfen, also musste er verschwinden, damit ich mein Werk ungestört fortsetzen konnte. Logische Sache, oder? Noch dazu war er mich definitiv unsympathisch. » Bin ich nicht wütend genug für dich und deine Leute? « Erst wollte ich ja einen Vortrag starten, aber für so etwas war dieser Mann zu harsch. Ladd Russo redete nicht. Ladd Russo verhandelte auch nicht. Es gab nur zwei Standpunkte: seinen und den Falschen. Noch dazu war dieser Mensch berechenbar unberechenbar – man wusste IMMER ganz genau, dass er das tun würde, was man nicht unbedingt von ihm erwartete. Wobei ich doch behaupten will, herausgefunden zu haben, dass er in einer Situation immer auf dieselbe Weise handelte: Wenn sein Opfer sich sicher fühlte. Das brachte ihn auf die Palme. Das reizte ihn. Das machte ihm Blutdurst. Mit dieser Philosophie hatte er definitiv keinen Platz in meiner Welt. Meine Welt war so aufgebaut, wie ICH es mir wünschte. Und wenn ich mir etwas definitiv NICHT unter den Weihnachtsbaum gesetzt hätte, dann wäre er es gewesen. Klar, ein Bisschen Gewalt lebte auch in meiner kleinen Welt, aber… wenn die jemand ausübte, dann war ICH das! Und das auch nur, wenn ich meine kleine Welt aufräumen wollte und befreien von dem, was mich störte. Habe ich schon erwähnt, dass ich Konkurrenz nicht abkann, wenn sie sich unfair verhält? Naja, egal… Fakt war: ich musste nun gegen ihn an gehen. » Ich muss nicht jagen, das Jagen lass ich dir und deiner Meute. « Irgendwie bereitete mir all das ein mulmiges, irritierendes Gefühl. War das vielleicht Wut? Unsicherheit war einfach nur aus zu schließen – ich konnte mir nicht unsicher sein, das war einfach nach den Gesetzen meiner Welt nicht möglich. Ja doch. Ich denke, es war Wut. So viele Mitspieler hatte ich nicht erwartet. Ich war es gewöhnt, meiner Berufung in Ruhe und gar hingebungsvoll nach zu gehen – an Bord eines Zuges konnte mir so schnell keiner weglaufen – doch diese Hatz, diese Überdynamik, die Ladd hier veranstaltete, störte mich. Sie war ungewohnt. Fremd. Nicht richtig in meiner Welt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)