Hölle: Klassenfahrt von Ur (Lavi x Yuu) ================================================================================ Kapitel 9: Die Hölle, Tag 5 - Überwindung ----------------------------------------- So! Das ist schon eher mein Schreib- Tempo :) Ich bin seit halb vier wach und habe von halb fünf bis halb sieben dieses Kapitel getippet und es sogar Korrektur gelesen... Das ist ungewöhnlich für mich *hüstel* Nun ja, ein Kapitel kommt noch (Die Heimreise) und dann sind wir hiermit fertig ^-^ Das Kapitel ist für , und ;) Viel Spaß beim Lesen, Liebe Grüße, Paperflower ___________________ Es war, als hätte Kanda eine ansteckende Krankheit. Nachdem er in sein Zimmer zurückgekehrt war, hatte er geduscht. Dann hatte er noch einmal versuch, sich mit seinem Buch abzulenken. Selbstverständlich hatte es nicht geklappt. Ohnehin schien alles schief zu laufen. Denn seine Hoffnung, Lavi käme bald vom Strand zurück und er könnte ihn so richtig zusammenfalten – wegen was auch immer – wurde nicht erfüllt. Lavi tauchte nicht auf. Den ganzen Tag blieb er ihrem Zimmer fern, als könnte Kanda ihn mit einer schweren Krankheit infizieren. Natürlich war das alles nicht seine Schuld und Lavi, der Idiot, hatte alles verbockt! Kanda hatte immerhin nicht mit dem Geknutsche und dem Nacktsein und dem Frühstück und dem Huckepacktragen und dem Rücken eincremen und mit irgendwelchen blöden Zuneigungsbekundungen angefangen! Lavi hatte das begonnen und jetzt verschwand er einfach aus Kandas Sichtfeld, um seinem Zorn zu entgehen! Was für ein elender Feigling. Das Buch schien zäh wie Kaugummi zu sein, auch wenn der Klappentext durchgehend fesselnde Handlung versprach. Alles Betrug. Ja, er fühlte sich betrogen, von diesem Buch und von der Welt und ganz besonders von Lavi! Erst knutschte er ihn und sagte ihm, er würde ihn mögen und dann baggerte er Lenalee an, während er Kanda vollkommen ignorierte. Womit genau hatte er das denn verdient? Nur weil er Lavi darauf hingewiesen hatte, dass er betrunken war? Und das war er gewesen! Was zählte schon eine betrunkene Zuneigungsbekundung? Nichts! Im nächsten Moment wurde ihm klar, dass er sich genau darüber am meisten ärgerte. Dass Lavi ihm nicht nüchtern gesagt hatte, dass er ihn mochte. Und dass Lavi ihn geküsst hatte, nachdem er Alkohol getrunken hatte. Das war unverschämt. Er würde sicherlich nicht von Romantik und solchen bescheuerten Dingen anfangen, denn darum ging es hier ja gar nicht. Aber wer würde sich schon über ein mit Bier getränktes Geständnis freuen? Niemand! Und er schon einmal gar nicht. Lavi, dieser Vollpfosten, sollte gepfählt, gehäutet und dann ertränkt werden, für dieses ätzende Gefühlschaos, das er in Kanda angerichtet hatte. Er hatte sich noch nie so verwirrt gefühlt. Es war eine Mischung aus Unsicherheit, Wut, Verärgerung und Scham, die sich da in ihm breit gemacht hatte und ihm gefiel das überhaupt nicht. Schon gar nicht, wenn der Feuermelder der Auslöser dafür war. Um sechs ging er schließlich zum Abendessen. Natürlich war es ungenießbar wie schon die Tage zuvor, doch er würgte einige Gabeln des matschigen Auflaufs hinunter, weil er sonst vermutlich den Hungertod gestorben wäre. Lavi saß wieder bei seinem Kindergarten und würdigte ihn keines Blickes. Vielleicht sollte Kanda ihm den Rest seines Auflaufs ins Gesicht werfen? Immerhin, tröstete er sich selbst, Lavi würde zurück ins Zimmer kommen müssen, sobald es neun Uhr war, denn dann war Bettruhe und sie mussten ihre Koffer noch packen. Denn immerhin ging es morgen – endlich – wieder zurück in die Heimat, weg von diesem ekligen Strand, dem brackigen Wasser, den idiotischen Klassenkameraden und vor allem weg von Lavi und dem Zimmer, das er sich mit ihm teilen musste. Endlich wieder Ruhe. Kein Lavi. Kein Ärger. Kein Gefühlschaos. Eine winzig leise Stimme in ihm eröffnete ihm erbarmungslos, dass er wohlmöglich noch unruhiger sein würde, wenn er sich nach fast sechs Tagen kein Zimmer mehr mit Lavi teilen würde. Dass er sich an ihn gewöhnt hatte. Und dass er ihn – wer hatte dieses Wort überhaupt in seine Denkweise integriert? – vermissen würde. Kandas Vernunft schrie die Stimme nieder. Sehnsucht war eine Emotion, mit der er sich sicherlich nicht herumschlug! Nach dem Essen machte er sich daran, seinen Koffer zu packen. Er legte jedes Kleidungsstück besonders penibel zusammen, räumte den Koffer zweimal aus und wieder ein… aber Lavi tauchte nicht auf. Und neun Uhr kam und ging. Abgesehen davon, dass er jetzt noch wütender war als vorher, verspürte er erneut wachsende Unruhe in sich aufsteigen. Wo war der Idiot? Wollte er etwa heimlich bei Lenalee übernachten und dann morgen früh in aller Hast seine Sachen packen? Das sähe ihm ähnlich! Und soweit kam es noch, dass Lavi bei Lenalee übernachtete, nachdem er sich heute sich an sie heran geschmissen hatte! Kanda stieg aus dem Bett, ging leise zur Tür und öffnete sie. Wie schon am Vorabend stapfte er den dunklen Gang entlang, bis er das richtige Zimmer erreicht hatte und klopfte. Von drinnen kam ein hastig unterdrückter Schreckensschrei und ein leises ‚Herein’. Kanda öffnete die Tür. Miranda saß auf dem unteren Bett, die Bettdecke bis zum Kinn hochgezogen, als könnte sie erwarten, ein Geist hätte an die Tür geklopft. Lenalee lag im oberen Bett auf dem Bauch und blätterte in einer Zeitschrift. „Kanda“, sagte sie erstaunt und hob den Kopf, um ihn über den Rand ihres Bettes besser sehen zu können, „was machst du denn hier?“ Kanda suchte in Windeseile das Zimmer nach einem schlecht versteckten, roten Haarschopf ab. Aber es war nichts zu finden, was auch nur ansatzweise nach Lavi aussah. „Wo ist er?“, brummte er ungnädig. Lenalee schien einen Moment lang verwirrt, dann dämmerte es auf ihrem hübschen Gesicht. „Also wenn er nicht bei euch im Zimmer ist…“, begann sie, doch Kanda schnitt ihr ungeduldig das Wort ab: „Nein, ist er nicht! Sonst würde ich kaum fragen!“ Einen Augenblick lang sah sie ihn schweigend an. Als wüsste sie irgendetwas, was er nicht wusste. Nicht zu fassen… „Eigentlich sollte ich es dir nicht sagen“, meinte sie und setzte sich auf, „aber er ist am Strand.“ Natürlich. Wo sollte er sonst sein, nach Bettruhezeit? Kanda ballte die Hände zu Fäusten. „Er hat dir gesagt, du sollst es mir nicht sagen?“, knurrte er. Miranda zog die Bettdecke noch ein wenig höher. Lenalee nickte. „Er hat schon vermutet, dass du vielleicht hier auftauchen könntest, wenn er nicht pünktlich da ist“, erklärte Lenalee gelassen. In Kanda brodelte es. Lavi hatte das vermutet? Er blieb absichtlich weg und warnte Lenalee vor, dass Kanda aufkreuzen könnte? Wie dreist konnte ein einzelner Mensch eigentlich werden? Ohne ein weiteres Wort schloss Kanda die Tür wieder und stapfte wütend den Gang entlang. Hoffentlich ertränkte sich der Idiot! Die leise Stimme in seinem Kopf, die unverschämterweise lauter geworden war, verkündete ihm, dass er gar nicht erst ins Zimmer zurückkehren musste, denn er würde ohnehin spätestens nach fünf Minuten zum Strand aufbrechen, um Lavi umzubringen. Er knurrte kaum hörbar in die abendliche Stille hinein und ging dann tatsächlich an ihrer Zimmertür vorbei, die Treppe hinunter, durch den Eingangsbereich und schließlich zum Strand hinunter. Er entdeckte Lavi genauso schnell wie am Vorabend. Er saß allein im Sand, spärlich beleuchtet vom milchigen Licht der nahen Straßenlaterne. In der Hand hielt er einen Stock und zeichnete scheinbar geistesabwesend im Sand. Kanda blieb im Schatten stehen und betrachtete ihn. Lavi trug nur seine Shorts, die er schon vorhin am Strand getragen hatte. Es war nicht wirklich warm. Kanda schnaubte und verschränkte die Arme, legte den Kopf schief und sah Lavi an. Ganze fünf Minuten. Kanda spürte, dass seine Wut auf magische Art und Weise verebbte. Allein diese Tatsache ärgerte ihn schon wieder. Während er den Anderen so betrachtete, fiel ihm auf, dass er Lavi peinlicherweise… schön fand. Irgendwie. Er sah ihn gern an. Und das ärgerte ihn noch mehr. Schließlich löste er sich aus seiner Starre und ging langsam zu Lavi hinüber. Der Rotschopf blickte nicht auf und diesmal dauerte es lange, bis er Kanda bemerkte. Erst als er direkt hinter ihm stand, zuckte er zusammen und wandte sich hastig um. „Ist dir nicht kalt?“, fragte Kanda ungnädig. Lavi schaute ihn einige Sekunden lang schweigend und ziemlich überrascht an. Kanda spürte seinen Körper unter diesem Blick kribbeln. „Ein wenig“, gab Lavi zu und wandte sich wieder seinen Sandzeichnungen zu. Kanda marschierte um ihn herum und ließ sich ebenfalls im Sand nieder. Wie er Sand hasste… Und wie er sein Herz hasste, das so heftig in seiner Brust schlug, als wollte es herausbrechen. „Wieso sitzt du dann hier rum?“, brummte Kanda. Lavi sah auf und legte den Stock beiseite, fuhr sich durch die roten Haare und blickte sein Gegenüber nachdenklich an. „Musste nachdenken“, sagte Lavi leise. Kanda fühlte, wie ihm ein leichter Schauer über den Rücken rieselte und er räusperte sich, wandte den Blick von Lavi ab und starrte stattdessen zum Meer hinüber, das leise rauschte. Er rang mit sich. Mit seinem Gefühlschaos. Mit seinem Stolz. Und mit seiner sich plötzlich aufbäumenden Zuneigung für den Menschen, der ihm gegenübersaß. „Willst du meinen Pulli?“, knurrte er und spürte, wie ihm Hitze ins Gesicht kroch. Was zur Hölle war das nun wieder für eine absurde Idee? Lavi schwieg erneut einige Sekunden. „Dann ist dir auch kalt“, sagte er leise. Kanda schnaubte. Natürlich konnte er Lavi nicht sagen, dass ihm eigentlich ziemlich heiß war, trotz der kalten Brise, die über sie hinweg strich. Kanda bemerkte eine Gänsehaut auf Lavis Armen. Einen Moment lang hatte er das deutliche Bedürfnis, Lavi zu berühren. Dann zog er jedoch nur seinen Pullover aus, unter dem er noch ein T-Shirt trug und hielt ihn Lavi missmutig hin. Lavi nahm ihn und starrte den Pullover an, als wäre er eine Erscheinung. Zu Kandas grenzenloser Verlegenheit hob Lavi den Pulli zu seinem Gesicht und lächelte dann kaum merklich. „Der riecht nach dir“, murmelte er und zog sich den Pulli schließlich über. Kandas Gesicht leuchtete wohlmöglich wie ein Leuchtturm in der Finsternis… „Ich hatte ihn ja auch den halben Tag lang an“, gab er zurück. Sein Herz schien den Brustkorb fast durchbrochen zu haben. Erneut schaute Lavi ihn schweigend an. „Wieso bist du hergekommen?“, fragte er schließlich. Kanda hätte wissen müssen, dass so eine Frage kommen würde, aber er hatte sich noch keine passende Antwort überlegt und so sagte er das, was ihm als Erstes einfiel. „Weil du nicht da warst.“ Vielleicht sollte er doch eher sich selbst anstatt Lavi ertränken. „Tut mir Leid wegen gestern. Ich hätt’ dich nicht so überfallen soll-…“ Das war die Höhe! Erst war er betrunken und jetzt entschuldigte er sich noch dafür, als täte es ihm Leid, dass sie sich geküsst hatten! Ehe er sich sicher war, was er da eigentlich tat, hatte er Lavi vorn am Pullover gepackt und zu sich gezogen, drückte seinen Mund auf den des Rothaarigen und spürte, wie seine Lippen zufrieden kribbelten. Sein Herz entschwebte gen Himmel. Einen Moment lang schien Lavi erstarrt, dann schlangen sich seine Arme so fest um Kanda, dass dieser fürchtete, er müsste ersticken. Lavi zog ihn zu sich, presste seine Lippen fester auf Kandas und vergrub die Hände in seinem Nacken. Sein Körper stand in Flammen, er konnte nicht mehr denken. Sie knieten im Sand voreinander, so eng ineinander verschlungen, dass man sicher kaum noch feststellen konnte, welcher Arm wem gehörte. Lavis Zunge löste ein bislang unbekanntes Kribbeln in Kandas Unterleib aus und er verkniff sich ein Keuchen, als Lavis Finger sich unter sein T-Shirt stahlen. Wie schon gestern hinterließen Lavis Fingerspitzen brennende Spuren auf seiner Haut. Sein Gehirn hatte sich abgeschaltet. Wen interessierte schon ein Tag voller Ärger und Ignoranz…? Lavi küsste ihn… und küsste ihn… und küsste… Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sie sich voneinander lösten. Kandas Lippen fühlten sich an, als stünden sie in Flammen und er hatte den deutlichen Eindruck, dass seine Augenlider auf Halbmast hingen. Lavi sah ihn mit glühendem Blick an. „Ich will gar nicht mehr aufhören dich zu küssen“, flüsterte der Rotschopf und musterte Kandas Gesicht eingehend. Kanda schluckte. Er konnte nichts sagen, er konnte ja immer noch nicht denken. „Und ich hab das gestern nicht nur gesagt, weil ich betrunken war“, fuhr Lavi leise fort und seine Lippen streiften Kandas Wange, drückten sich kurz auf seine Schläfe und dann kippte seine Stirn auf Kandas Schulter. „Ich kann dir auch nüchtern sagen, dass ich dich mag…“ Seine Stimmbänder mussten gelähmt sein. Oder sein Herz drückte so heftig darauf, dass er nicht reden konnte. Ja, das musste es sein. „Stoß mich nicht wieder weg“, flüsterte Lavi so leise, dass Kanda ihn kaum hörte und er gab ein undefinierbares Geräusch von sich, etwas zwischen einem Seufzen und einem Brummen. Lavi lachte kurz auf. „Das reicht mir schon als Antwort“, nuschelte er gegen Kandas Schulter. Als sie eine halbe Stunde später zurück zum Hotel gingen, schwiegen sie beide. Lavi mit einem versonnenen Lächeln auf den Lippen, Kanda immer noch unfähig zu sprechen. Er hatte den deutlichen Drang, Lavis Hand zu nehmen. Aber dieser Drang wurde überdeckt von unangenehmer Überraschung, als sie den Eingangsbereich betraten. „Was habt ihr beide um diese Uhrzeit draußen gemacht?“, fauchte das Christkind ungewöhnlich wütend. Lavi schien genauso vom Donner gerührt wie er selbst. Keiner von ihnen hatte mehr daran gedacht, dass schon seit zwei Stunden Bettruhe war. „Das setzt Strafarbeiten, für euch beide! Das hätte ich nie von euch erwartet!“, zischte ihre Lehrerin und wedelte mit den Händen in der Luft herum. Selbst wenn sie zornig war, konnte Kanda sie kaum ernst nehmen. Aber trotzdem… Wunderbar. Strafarbeiten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)