Krieger der Winde von Silver-DragonX (Teil 1 - Der Gesetzlose) ================================================================================ Kapitel 2: Sturmnacht Teil 2 ---------------------------- Die große Flügeltür des Saales schwang auf. Warmer Kerzenschein empfing die Neuankömmlinge. Auf der langen Tafel waren feinste Braten aufgetischt, Krüge mit edlem Wein standen neben den hauchdünnen Gläsern und goldene Teller und Platten glänzten im Feuerschein. Seit geraumer Zeit fand sich die Gesellschaft allmählich ein. Fürst Luchor, der Herr der Burg, begrüßte die neuen Gäste. »Wie geht es Euch, Graf von Treslan?« Der Fürst verneigte sich. Seine Abendgarderobe war in schlichtem blau gehalten, doch die Verzierungen an Ärmeln und auf der Brust waren aus kostbarem Samt. Sowohl die goldenen Ringe an seinen Fingern, als auch die Knöpfe an seinem Mantel zeugten von seinem Reichtum. »Ihr seht bezaubernd aus.« Er küsste den Handrücken der Frau des Grafen. »Jedes Jahr schafft Ihr es erneut, mich zu verzaubern. Ihr werdet von Jahr zu Jahr jünger.« Weitere Gäste kamen in den Saal und der Fürst begrüßte auch sie. Rechtzeitig mit dem Anbruch der zwölften Stunde wurden die Gäste zu Tische gebeten. »Meine hochgeschätzten Grafen und Fürsten, wehrte Barone und Herzoge«, sagte Fürst Luchor, nachdem er gegen sein Weinglas geklopft hatte. »Es ist mir wie immer eine Ehre mit einer solchen Gesellschaft den Tag meiner Geburt zu feiern. Wie immer habe ich das beste Geflügel und die besten Kälber meiner Ländereien ausgesucht. Selbstverständlich auch nur den besten Wein.« Er legte eine kurze Pause ein und genoss den Applaus der Adligen. Sein Blick begegnete dem der Frau des Grafen Treslan und er spürte ein Verlangen, dass er seit Jahren nicht mehr gespürt hatte. »Meine wehrten Damen und Herren«, fuhr Fürst Luchor fort und hob sein Glas über den Kopf. »Leider machte mir das Wetter in dieser Nacht einen Strich durch die Rechnung und ich musste die Feier in den Saal verschieben, aber das schlechte Wetter soll unsere Laune nicht trüben. Deshalb möchte ich einen Tost aussprechen. Auf mich!« Er führte das Glas zum Mund, trank es in einem zu aus und setzte sich anschließend auf seinen Stuhl. Der Wind peitschte verstärkt gegen die Fenster, die dicht unter der Decke waren. Einige Gäste schauten besorgt auf die Rahmen aus Ebenholz und die milchigen Scheiben. »Lasst den Tanz beginnen.« Ein Schrei ging durch den ganzen Saal, als eine Fensterscheibe splitterte. Die Scherben regneten auf den Boden und zerprangen in tausend kleine Teile. Im selben Moment erhellte ein Blitz die Nacht. Der Wind fauchte bedrohlich, als wolle er vor einem bevorstehenden Unheil warnen. Regen fand einen Weg durch das zerstörte Fenster. Schlagartig erloschen einige Kerzen. »Was geht hier vor?«, rief Fürst Luchor, obwohl er sich sicher war, dass der Sturm die Schäden angerichtet hatte. »Lasst den Tanz beginnen.« Ein Dolch ragte aus der Brust des Fürsten. Blut befleckte die weiße Tischdecke und verdunkelte den blauen Mantel des Adligen. Stöhnend sackte er auf seinem Stuhl zusammen. Dahinter kam ein Mann zum Vorschein, dessen Gesicht unter der Kapuze eines schwarzen Umhangs verborgen war. In der Rechten hielt er den Dolch. Sein unbedeckter Oberkörper wies unzählige Narben auf. Der Dolch zuckte rasch vor und beendete das Leben eines weiteren Adligen. Panik brach unter der Gesellschaft auf. Die edlen Damen rannten schreiend im Saal umher, während einige Fürsten und Grafen zu den Waffen griffen. Doch ihre Degen, nur für zeremonielle Anlässe gedacht, konnten dem Dolch des Vermummten nichts entgegensetzten. Mühelos wanderte er durch die Reihen der Adeligen und zertrennte einen Lebensfaden nach dem anderen. Auch vor den Damen machte der Vermummte nicht halt. Nach kurzer Zeit hatte das Abstechen ein Ende gefunden. Zwei Adlige krümmten sich noch im Todeskampf, doch letztendlich verloren sie ihn. Der Vermummte säuberte die Klinge des Dolches, ging zu der Flügeltür und schob eine Kommode davor. »Seid Ihr zufrieden?« Ein alter Mann, ohne Begleitung angereist, saß auf seinem Stuhl und grinste zufrieden. »Ich bin beeindruckt«, frohlockte er und applaudierte beiläufig. »Ihr habt Eure Aufgabe wie immer zu meiner vollsten Zufriedenheit erledigt.« Die grauen Haare des Mannes waren zu einer aufwendigen Frisur gesteckt. Sein grüner Mantel war mit silbernen Knöpfen und Broschen verziert und die schwarzen Reiterstiefel auf Hochglanz poliert. Über seine Nase lief eine tiefe Narbe, die ihm vor langer Zeit ein Räuber beigebracht hatte. Langsam stand er auf und ging auf den Vermummten zu. »Hervorragende Arbeit.« Er klopfte ihm auf die linke Schulter. Der weiße Handschuh nahm einen rötlichen Farbton an. Mit der linken Hand fummelte er an seinem Gürtel herum und hob einen einfachen Lederbeutel hoch. Münzen klimperten darin. »Der Lohn Eurer Arbeit.« Er ließ sich auf einem nahen Stuhl nieder und grinste den Vermummten an. »Wir hatten das Doppelte vereinbart.« Er warf den Beutel dem Alten zu. »Eine kleine Änderung der Abmachung. Ich sah mich gezwungen einen Teil für Vorbereitungen zu verwenden.« Der alte Mann warf den Beutel zurück. »Ich will mein Geld, Kurek. Haltet Ihr Euren Teil nicht ein, dann halte ich meinen nicht ein.« Er zog seinen Dolch und legte ihn an die Kehle des Mannes. »Ich schätze gute Fähigkeiten und Eure sind zweifelsohne überragend«, sagte er und schob die Klinge beiseite, »aber bitte vergesst nicht, dass ich Euch den Auftrag gab. Ich kann auch jemand anderen beauftragen, Assassine. Denkt immer daran.« Er blickte den Vermummten herausfordernd an. »Und jetzt stecht zu. Die Wachen werden jeden Augenblick erscheinen und ich befürchte, die Kommode wird sie nicht aufhalten.« Vor der Tür ertönten Rufe, jemand pochte gegen den linken Flügel. Der Dolch drang in die Schulter des alten Mannes ein. Wimmernd ging er zu Boden. Der Vermummte verstaute den Lederbeutel und ging zu dem Seil, das durch das zerstörte Fenster in den Saal hing. Er griff danach und zog sich einige Meter empor. Da flog die Tür auf und eine handvoll Wachen stürmte den Saal, doch der Vermummte war schon wieder verschwunden. Hosted by Animexx e.V. 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