Rising Sun - Bis(s) das Licht der Sonne erstrahlt von -DesertRose- (Fortsetzung von Bis(s) zum Ende der Nacht) ================================================================================ Kapitel 25: Das Blumenmeer -------------------------- Disclaimer: => Ich verdiene kein Geld mit meiner Fanfiction. => Alle Charaktere die schon in den Twilight-Bänden ihren Auftritt hatten, gehören Stephenie Meyer. Alle Anderen, wie etwa Schüler, Lehrer und vor allem Renesmees und Jakes Kinder, habe ich selbst erfunden. Weitere Infos zur FF, Trailer, Cover & mehr http://www.renesmee-und-jacob.de.vu Beta ... war mal wieder die liebe *sie flausch* ^_^ --------- Kapitel 25: Das Blumenmeer Wenige Minuten starrte der verblüffte Charlie auf die drei kleinen Kinder, mit denen ich nun in seinem Wohnzimmer stand. Er brauchte nicht lange, um zu begreifen. Williams Haarfarbe, die meiner und der meines Vaters gleich kam und Mariellas braune lange Locken, gepaart mit ihren schokoladenbraunen Augen sprachen Bände. Dass die Kleinen so plötzlich da waren und schon so groß, schien ihn, angesichts der Tatsache, dass es bei mir fast genauso gewesen war, nicht sonderlich zu wundern. Viel erstaunter war er wohl, dass es gleich drei waren. Einen Moment verharrten wir noch so, dann brachte er es endlich über sich, eine Frage zu stellen. „Darf ich?“, sagte er und sah William an, den ich im Arm hatte. „Natürlich“, antwortete ich und gab ihn Charlie. „Hey.“, sagte Großvater dann leise zu Will und lächelte ihn an. William dagegen sah ihn etwas verwundert an, wusste er doch nicht, wen er da vor sich hatte. „Sein Name ist William Edward“, klärte ich Charlie auf. „Wir haben ihn nach seinen beiden Opas benannt.“ „Das ist toll.“, meinte Charlie und strich ihm durchs Haar. „Er ist sehr hübsch. Und er hat deine Haare.“ Ich lächelte. Am liebsten hätte ich geantwortet, dass er eher aussah wie mein Vater, aber das Wort „Vampir“ hatten wir in Charlies Gegenwart noch nie benutzt, also war die Sache mit der Augenfarbe auch fremd für ihn und so ließ ich ihn in dem Glauben. Als Nächstes legte er den Kleinen Sue in den Arm, die direkt mit ihm verschwand und ihm wahrscheinlich was zu naschen geben wollte. Großvater kniete sich nun fast auf den Boden, vor die anderen Zwei, die sich jeweils links und rechts von mir etwas skeptisch mit jeweils einer Hand an meiner Hose festhielten. „Und wer ist das kleine Fräulein?“ Ich nahm die Hand meiner Tochter von meiner Hose und ließ sie ein paar Schritte vor mich laufen. „Das ist Mariella-Sarah.“ „Isabella Marie...“, flüsterte Charlie strahlend. Er hatte es sofort verstanden. „Marie war der Name von Bellas Großmutter.“, klärte er mich auf. „Hallo, Mariella.“ Charlie nahm die Hand der Kleinen und schüttelte sie sanft. „Hallo.“, antwortete Mariella mit ihrer Glockenstimme. „Sie ist mindestens so süß wie du.“, sagte Charlie dann. „Ich finde sie viel süßer.“, antwortete ich und strich ihr durchs Haar. Charlie lachte. „Und wen haben wir hier?“, fragte er zu guter Letzt und musterte Ani, der Charlie immernoch etwas missmutig ansah. „Anthony Ephraim.“ „Er hat Jakes dunkles Haar, aber deine helle Haut.“, stellte Charlie fest. „Das macht ihn irgendwie noch bleicher. Ein bisschen unheimlich... Aber er ist genauso hübsch, wie die Anderen.“ Anthony? Unheimlich? Das hatte noch niemand über den Kleinen gesagt. „Danke.“, antwortete ich gespielt freundlich. Innerlich war ich jedoch ein klein wenig beleidigt. Ich nahm Ani auf den Arm und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Du bist nicht unheimlich, nicht wahr, mein Spatz? Du bist lieb und brav.“ Ani antwortete nichts, sondern legte die Arme an meine Schultern und legte seinen Kopf unter meinen Hals, dann knuddelte er sich an mich. Gut, vielleicht machte er einen seltsamen Eindruck, weil er sich so gar nicht wie ein Kleinkind verhielt, aber ich mochte ihn genauso wie er war. Es war einfach Ani. *** Ich blieb noch ein Weilchen bei Charlie, schließlich würde er seine Urenkel lange Zeit nicht sehen, aber letzten Endes musste ich dann doch gehen. Es war bereits später Nachmittag, als ich mit den Kleinen die Treppe vor der Haustür der Swans hinab ging. Als sich mein Blick dann auf den Gehweg vor dem Haus richtete, sah ich dort zu meiner Überraschung Leah mit einer klassischen großen braunen Einkaufstüte aus Papier stehen, die bis oben hin gefüllt war. Oben heraus ragte noch ein grüner Salat und eine Lauchstange. „Oh... Hallo.“, sagte ich leise. „Hallo Renesmee.“, antwortete sie freundlich. „Hast du deinem Opa einen Besuch abgestattet?“ Ich nickte lächelnd. „Das ist schön.“, antwortete sie verhalten. Als sie bemerkte, wie ich ihren Einkauf musterte, lächelte sie. „Ich ähm... musste für Mutter einkaufen gehen. Sie kam heute nicht so wirklich dazu.“ Es sah schon irgendwie lustig aus, wie wir da standen. Sie hielt ihre Tüte genauso fest im Arm, wie ich meinen Sohn. Doch dann wanderte ihr Blick zu ihm und sie wirkte plötzlich abwesend – und ich bekam es mit der Angst zu tun. „Leah?“, fragte ich vorsichtig. Sie reagierte gar nicht, sondern starrte weiter mein Baby an. Ich brauchte Jake nicht, um zu begreifen, was da eben passiert war. „Darf ich... ihn mal halten?“, fragte sie dann noch immer ziemlich geblendet. Sie starrte William an, als ob er ein schimmernder 100-karätiger Diamant wäre. „Du hast doch noch deine Einkäufe im Arm.“, erinnerte ich sie. Das interessierte die Quileute aber herzlich wenig, denn im nächsten Moment ließ sie die Tüte einfach fallen. Sie knallte auf den Asphalt und einige lose Äpfel rollten heraus. Das war mir irgendwie zu viel. Zuerst meine Tochter, jetzt mein Sohn und noch dazu auf ein Geschwisterpärchen. Ich hatte mich gerade frisch damit angefreundet, Seth als Schwiegersohn zu haben, nun stand meine Schwiegertochter vor mir. Leah hatte mir immer Leid getan, wegen der Sache mit Sam und als Sam nach Jakes Party gesagt hatte, dass er sich sicher war, dass sie ihren Deckel irgendwann finden würde, hatte ich gehofft, er würde Recht behalten. Dass dieser Deckel nun mein Kind war, gefiel mir allerdings ganz und gar nicht. Ich hätte meine Kinder gerne einige Jahre für mich gehabt. Das war zwar egoistisch, aber auch nicht abwegig. Nun würde ich sie mit Leah und ihrem kleinen Bruder teilen müssen. Ganz zu schweigen davon, dass die beiden nun entweder mit uns mit mussten oder wir zu ihnen, denn getrennt bleiben würden sie ganz sicher nicht. „Ich... Ich kann nicht... Tut mir Leid, Leah...“, antwortete ich hastig, dann schnappte ich mir meine Kinder und ging zügig zu Emilys Wagen. Leah sah mich entgeistert an. Für sie musste ich nun ein Monster sein und als ich meine Kinder im Auto hatte und mit ihnen wegfuhr, wurde mir richtig Elend, als ich sie im Rückspiegel stehen sah. Zurück in La Push, schaffte ich es mit den zittrigen Händen kaum, meine Kinder aus den Kindersitzen zu holen. Ich bekam fast den Gurt nicht auf und Anthony sah mich verwirrt an. „Alles in Ordnung, mein Schatz.“, sagte ich zu ihm, aber ich war mir ziemlich sicher, dass er mir das ganz und gar nicht glaubte. Im Haus angekommen, setzte ich William in den Laufstall und die anderen Beiden konnten im zum Glück kindersicheren Haus frei herumlaufen. Ich selbst ging in die Küche und trank einen großen Schluck Wasser. Das Glas leerte ich in einem Zug. „Renesmee? Ist alles in Ordnung?“, fragte Emily und legte ihre Hand auf meine Schulter. Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Gar nichts ist in Ordnung.“ „Was ist denn passiert? Hat Charlie es nicht verkraftet?“ Wieder ein Kopfschütteln. Im Hintergrund stand nun auch Sam und sah mich besorgt an. Ich richtete meine Worte nun an ihn. „Leah hat sich geprägt.“ Jetzt sah er mich perplex an. „Was?“, fragte er leise. „Auf wen?“ „Auf mein Kind.“, antwortete ich mit zittriger Stimme. „Ani?“, fragte Emily. „Nein.“, sagte ich. „Will.“ Emily überlegte kurz. „Ich weiß, dass das für dich jetzt hart ist. Aber was Sam über Seth und Mariella sagte, gilt genauso für Will und Leah. Es ist richtig so.“ „Woher willst du wissen, wie das ist? Du hast deine Kinder ja noch für dich. Du weißt jetzt noch nicht, wen sie später mal heiraten und mit wem sie Kinder haben werden.“ Emily sah traurig zu Boden. Sie wusste nicht, was sie antworten sollte und Sam war dementsprechend nun etwas wütend auf mich. „Renesmee... Emily will dir doch nur helfen.“ „Helfen?“, fragte ich nun und funkelte ihn mit tränennassen Augen an. „Kann es sein, dass ihr euch nicht damit selbst helfen wollt? Nach all den Jahren seid ihr jetzt endlich frei von eurer Schuld. Leah wird Sam garantiert nicht mehr nachtrauern.“ Nachdem ich meinen Satz ausgesprochen hatte, wagte ich es nicht, sie beide nochmal anzusehen und stürmte einfach ins Gästezimmer, wo ich mich aufs Bett fallen ließ. *** Ich wusste nicht, wieviel Zeit vergangen war, als Jake vorsichtig das Zimmer betrat. Er setzte sich auf das Bett und strich mir, noch immer den Kopf in ein geblümtes Kissen vergraben, sachte über den Rücken. „Schatz?“, fragte er vorsichtig und sanft. Ich drehte meinen Kopf langsam zu ihm und sah ihn dann stumm mit tränennassem Gesicht an. Er legte seine rostrote Hand an meine gerötete Wange und strich mit dem Daumen knapp unter meinen Augen vorbei, um die restlichen Tränen fortzuwischen. „Was ist passiert?“, wollte er wissen. Ich zögerte. Hatten sie ihm etwa nicht geschildert, was ich getan, was ich ihnen an den Kopf geworfen hatte? Nicht einmal die Sache mit Leah? „Nessie?“, hakte er erneut nach, als ich nicht antwortete. „Du kannst mir alles sagen. Das weißt du.“ Ich nickte sachte. Ja, das wusste ich. Trotzdem fiel es mir schwer. Was, wenn er meine Ansichten nicht teilte oder sie gänzlich nicht verstand? War es möglich, dass er mich dafür hasste? Immerhin waren Seth und Leah seine Freunde, mehr noch, sein Rudel. Andererseits... die Prägung würde es wahrscheinlich unmöglich machen, dass er mich hassen konnte. Ich ertappte mich dabei, wie ich sie für mich ausnutzte, denn es beruhigte mich, dass die Möglichkeit, dass er mich hasste, gar nicht erst in Betracht kam. „Leah hat sich auf William geprägt.“ Nachdem ich den Satz ausgesprochen hatte, ließ ich ihn wirken. Ich suchte in Jakes Augen und seiner Gestik nach irgendwelchen Dingen, die auf seine Einstellung schließen ließen. Zunächst wirkte er nur überrumpelt. Zwei Prägungen in so kurzer Zeit, waren für ihn sicher auch nichts Alltägliches. „Wie... Wann?“, stotterte er dann drauf los. „Ich bin heute Nachmittag zu Charlie gegangen und als ich gerade gehen wollte, habe ich Leah getroffen. Ich hatte dabei Will im Arm.“ Dass ich bei Charlie gewesen war und wie er auf die Kinder reagiert hatte, war nun erstmal nebensächlich, er fragte nichtmal danach. „Und du bist dir ganz sicher?“ Ich nickte. „Hundertprozentig.“ „Wie haben Sam und Emily darauf reagiert?“ „Ich weiß nicht...“, sagte ich zunächst leise, dann wurde ich etwas lauter und bekam einen trotzigen Unterton in der Stimme. „Ich nehme an, sie sind einfach nur froh, dass sie jetzt nicht mehr unglücklich wegen ihnen durch die Gegend läuft und eine Beziehung nach der Anderen hat.“ Er sah mich perplex an, wie ich da mit nun verschränkten Armen auf dem Bett saß. „Das hast du ihnen aber nicht gesagt?“, fragte er zaghaft, in der Hoffnung ich würde es wirklich nicht getan haben. „Doch.“, antwortete ich prompt und erwischte mich erneut dabei, wie ich die Prägung gezielt nutzte. Ihm stand der Mund offen. Einen Moment schien er nicht zu wissen, was er sagen sollte. „Das... Das war nicht fair.“ Ich sah beschämt auf die Bettdecke. „Ich weiß...“ „Die Beiden wollen nur das Beste für Leah. Die Prägung ist vorbestimmt. Das, was Sam über Mariella und Seth sagte, gilt genauso für die Beiden.“ „Gott... Ja, ich weiß... Das haben sie mir auch schon gesagt...“ Jetzt sah Jake mich genauso an, wie er mich angesehen hatte, wenn ich im Alter von zwei Jahren eine Tasse Menschenblut leertrank. Enttäuscht. Und im nächsten Moment schüttelte er, genau wie damals, seinen hübschen Kopf. Belehrend. „Nessie... Ich weiß ja, dass es dir schwer fällt, das zu akzeptieren. Deiner Mutter ging es damals nicht anders, aber-“ „- Du musst begreifen, dass es das Beste ist“, vervollständigte ich seinen Satz. „Ich weiß, Jake. Aber...“ - „Aber?“ Ich wusste nicht, wie ich es erklären sollte, also schwieg ich und starrte wieder auf die Bettdecke. Er legte seine Hände links und rechts an meine Oberarme. „Hast du Angst, dass sie dir die Kleinen wegnehmen könnten?“ Ich hob langsam den Kopf und sah ihn traurig an. Er verstand. „Das brauchst du nicht.“ „Ja?“, sagte ich, damit er mit seinem Argument etwas ausführlicher werden musste. „Sie werden IMMER deine Kinder bleiben. Und NIEMAND kann sie dir jemals wegnehmen. Nichtmal ein geprägter pferdegroßer Werwolf.“ Er lachte und entlockte mir sogar ein leichtes Lächeln. „Seth und Leah wollen nur das Beste für unsere Kinder. Und das Beste für sie bist du. Und was das Beste für sie ist, das werden sie ihnen garantiert nicht nehmen.“ Und in gewisserweise glaubte ich ihm das. Ich hatte genau genommen garkeine andere Wahl. Die hatte meine Mutter auch nicht gehabt. Und letzten Endes, war Jake das Beste, was mir hätte passieren können. In Gedanken dankte ich meiner Mutter für ihre Akzeptanz, denn jetzt wusste ich zum ersten Mal, wie schwer es für sie gewesen sein musste... *** Dann brach schließlich unser letzter Tag im Reservat an. Bei Emily und Sam hatte ich mich noch an jenem Abend, als ich mit Jake gesprochen hatte, entschuldigt. Sie hatten meine Entschuldigung angenommen, wenngleich ich das Gefühl hatte, dass es eine Weile brauchen würde, bis wir alle das Geschehene richtig verdaut hatten. Während ich unsere Sachen schon am Vortag gepackt hatte, war ich jetzt damit beschäftigt, die Sachen der Kinder einzupacken. Das Meiste von ihnen war bereits verstaut, aber wie immer haperte es an den Details. „Nein, er mag den dunklen Koffer aber nicht!“, protestierte Mariella und drückte den kleinen braunen Teddy enger an sich. „Aber du kannst nicht den Teddy, den Wolf und das Schaf mit dir rumtragen.“, antwortete ich und wollte gerade nach dem weißen Plüschtier greifen, als meine Tochter eilig auch dieses vor meinem Griff „rettete“. „Doch.“, meinte Mariella schmollend. „Mariella...“, sagte ich nun etwas fordernder. „Nur eins.“ Die Kleine machte ein paar Schritte zurück, das Schaf und den Teddy noch immer an ihrer Brust. Mein Blick wanderte einen Moment links hinter sie, wo William zufrieden mit seinem schwarzen Plüschwolf im Arm saß, den er als Abschiedsgeschenk von Sam bekommen hatte. „Mariella.“, sagte ich nochmal. Meine Tochter schüttelte den Kopf. „Es ist doch nur für eine Weile, danach holen wir sie wieder raus. Außerdem... Außerdem ist es dadrin gar nicht so schlimm. Es ist kalt draußen und im Koffer ist es schön warm.“ Ich hoffte, dass sie eine Einsicht hatte und meine Meinung teilte. „Guck doch, der Teddy hat doch gar nichts an. Der friert doch.“ Auf meine Worte hin musterte mein Kind ihren Teddybär. Danach sah sie mich wieder an. Sie ging zaghaft auf mich zu und reichte mir zögerlich ihren Teddybär. Ich lächelte sie an, nahm das Bärchen, streichelte es nochmal und legte es dann vorsichtig in den Koffer. „So...“ Jetzt hatte Mariella nur noch das Schaf im Arm, was ihr jedoch offensichtlich nicht genug war. Sie lief hinüber zum Bett und zog ihren Kuschelwolf von der Bettdecke. „Wen von beiden möchtest du im Koffer schlafen lassen?“, fragte ich freundlich, doch Mariella behagte die Vorstellung, zwei Plüschtiere im Koffer zu haben, gar nicht. „Der Teddy und die Anderen streiten sich dann.“, erklärte sie. „Gut.“, sagte ich. „Dann pack ich das Andere eben in Daddys Koffer.“ Erwischt! Mariella sah ziemlich traurig aus und setzte wieder einen Dackelblick auf. Manchmal kam eben doch der Wolf in ihr hervor. Wenn das so weiter ging, würden wir morgen noch hier sitzen und der Flieger ohne uns nach Manchester fliegen. Abhilfe kam dann aber von unerwarteter Seite. Rechts neben mir kam ein flauschiges schwarzes Kätzchen mit weißen Pfoten ins Blickfeld. „Sie hat keine Angst vor Koffern.“, sagte Anthony auf meine verwunderte Miene hin. Etwas verdutzt nahm ich die Katze und legte sie vorsichtig neben den Teddybär. Anthony hatte sich nun zu seiner Schwester gesellt. „Ich kann auf eins von deinen aufpassen, dann muss keins in den Koffer.“ Mariella sah bei weitem nicht so überrascht aus wie ich. Manchmal hatte ich das Gefühl, die Kleinen wussten mehr übereinander, als ich über sie wusste. Der Samariter war in meinem jüngsten Sohn bis jetzt noch nicht vorgekommen, aber er überraschte uns sowieso immer wieder. Mariella reichte ihm zufrieden ihr Schaf und behielt dafür den Wolf. Ich war einfach nur froh, dass die Sache nun geregelt war und packte die restlichen Utensilien zusammen. „Geschafft.“, stöhnte ich, als ich endlich alles unter Dach und Fach hatte und strich mir ein paar Haare aus dem Gesicht. Plötzlich ging die Tür auf und Emily stand aufgeregt im Türrahmen. „Renesmee, hast du Jack gesehen?“ Ich überlegte kurz, ob ich Sams und Emilys Sohn heute schonmal gesehen hatte. „Heute morgen... Kurz...“, antwortete ich. „Warum fragst du?“ Sie sah mich mit besorgtem Blick an. „Ich war vorhin kurz unterwegs und jetzt kann ich ihn im ganzen Haus nicht mehr finden...“ - „Meinst du, er ist weggelaufen?“ Sie antwortete nicht. Ich konnte mir vorstellen, wie es ihr ging. Nicht auszudenken, wenn eins meiner Kinder plötzlich weg wäre. „Ich helf dir suchen.“, sagte ich rasch. „Mariella, Anthony, Will... Ihr bleibt schön hier. Mama kommt gleich wieder“, sagte ich dann zu meinen Sprösslingen gewand, ehe ich die Holztür zuzog. Zusammen mit Emily suchte ich in den nächsten dreißig Minuten das halbe Reservat ab, fragte hier und dort nach, doch niemand hatte das Kind gesehen. Emily und ich kamen irgendwann wieder zum Stehen. Sie sah jetzt noch schlimmer aus als zuvor. „Keine Angst, wir finden ihn schon... Vielleicht ist er ja bei seinem Vater?“ Emily sah mir gar nicht ins Gesicht, ihr Blick schweifte über das Gelände. „Am First Beach haben wir noch nicht gesucht.“, schrie sie fast. „Komm!“ Emily nahm mich an der Hand und stürmte mit mir eilig zum reservateigenen Strand. Einige Meter bevor das Wasser hinter der Anhöhe vor uns sichtbar wurde, ließ sie mich los und angesichts der Tatsache, dass ich vor Aufregung den menschlichen etwas langsamen Gang ausser acht gelassen hatte, war ich rasch einige Meter vor ihr. Als das Meer schließlich vor mir erschien, traute ich meinen Augen kaum. Die See war heute ganz ruhig und das Wasser war nicht, wie ich erwartet hatte, blau, sondern schneeweiß. Von den Wellen getragen schwebten tausende von weißen Blumen vor mir auf dem Wasser. Ich starrte einige Momente gebannt auf den Anblick, der sich mir hier bot, dann wollte ich mich zu Emily umdrehen, doch sie schien wie vom Erdboden verschluckt. Aber ich machte mir nun keine Gedanken mehr über ihren Verbleib, denn ich wusste, dass weder ihr etwas passieren würde, noch ihrem Sohn. Jetzt wollte ich erstmal den Grund für diese wunderschöne Kulisse erfahren und schritt näher an den Rand des Meeres heran. Einige der Blumen hingen nun zwischen den Steinen. Ich beugte mich herab und nahm eine von ihnen hoch. Als ich mich dann leicht zur Seite drehte und statt der Blume auf den Boden hinter ihr sah, erblickte ich eine Spur aus gelben Rosenblütenblättern. Der Pfad schlängelte sich weiter nach vorn hinter einige gigantische Steine, die eine Art von der Natur erbauten Torbogen bildeten. Weiter konnte ich nicht sehen. Neugierig folgte ich den gelben Farbtupfern. Die Anzahl an Blumen war wirklich gewaltig, denn rechts neben mir waren auch einige Meter weiter vorn unzählige von ihnen ins Wasser gelassen worden. Hinter den großen Steinen endete dann der Pfad. Ich sah im Wasser an meiner Seite noch immer hunderte von kleinen weißen Blüten, aber in der Ferne erblickte ich kein Gelb mehr. Dann jedoch spürte ich, dass ich hier nicht allein war. Als ich mich umdrehte, sah ich, wie Jacob gegen den großen Felsen lehnte. Er hatte den Blick gesenkt und musterte einen Moment meine Füße, dann hob er ihn langsam, bis er mir letztlich in die Augen sah. Sein Mund formte sich zu einem warmen Lächeln und ich lächelte zurück. Er drehte eine der weißen Blumen in seiner Hand und streichelte verträumt ihre Blätter. Sie war ein starker Kontrast zu der schwarzen Jeans und dem schwarzen sauberen Hemd, das er trug. Jacob kam langsam näher. Kurz vor mir blieb er stehen und sah stumm auf mich herab. Ich wusste noch immer nicht, was das sollte, aber ich hatte eine starke Ahnung. Eine sehr starke. Mein Herz begann schneller zu schlagen, als es das ohnehin schon tat, aber ich versuchte, mir meine Aufregung nicht anmerken zu lassen und sah ihn einfach nur sanft lächelnd an, darauf wartend, dass er fortfuhr. Jake nahm das Blümchen und steckte es in mein rötliches Haar. „Schön, dass du gekommen bist“, sagte er verliebt. Ich lächelte nur etwas deutlicher zur Antwort. Ich fand es auch schön, aber ich hätte mir gewünscht, etwas Anderes zu tragen, als Jeans und ein einfaches türkisfarbenes Top. „Das Blumenmeer ist wunderschön...“, flüsterte ich. Jake nickte verträumt. „Ja, aber selbst die hundertfache Menge an schönen Blumen, wäre nicht so schön, wie du.“ Ich spürte, wie sich meine Wangen rot färbten. Sowas sagte er zwar häufiger, aber es schmeichelte mir trotzdem immer wieder. Erst recht in dieser Situation. „Nessie...“, hauchte er dann und strich mir über die leicht rötliche Wange. Jetzt war er also gekommen, der Augenblick, an dem er mich fragte. Es musste seltsam aussehen, wie ich ihn da mit großen Augen lächelnd anstarrte, aber er fuhr einfach fort. „Wir haben schon viel miteinander erlebt. Wir haben zweimal die Volturi überlebt. Wir haben zusammen gelacht, wir haben zusammen geweint, wir haben gehofft, gelitten. Und egal was kam, wir haben es zusammen überstanden. Wir haben drei wunderbare Kinder und stehen noch ganz am Anfang einer wundervollen Zukunft. Von dem Augenblick an, an dem ich dich zum ersten Mal sah, konnte ich nicht mehr von deiner Seite weichen. Es war das Schicksal, das uns zusammenbrachte. Ich habe schon immer dir gehört, lange vor deiner Geburt. Und ich will für immer dein sein. Bis ans Ende unseres Lebens. Und jetzt bitte ich dich... für immer mein zu werden.“ Nach den letzten Worten, machte er eine kurze Pause. Ich spürte, wie sich meine Brust vor Aufregung sichtbar hob und senkte. Jacob Black ging vor mir auf die Knie. In seiner Hand hatte er nun eine kleine Box, die von blauem Samt umhüllt war. „Renesmee Carlie Cullen...“, fuhr er nun fort und öffnete die Box. „Willst du meine Frau werden?“ Zum Vorschein kam ein zarter Ring aus Weißgold mit einem einzigen Brillanten, der sich im Licht der Sonne über La Push in allen Farben des Regenbogens brach. „Ja, Jacob.“, antwortete ich ohne lange zu überlegen. „Ich will.“ Jake schenkte mir ein strahlendes Lächeln und machte sich nun eifrig daran, mir den Ring an den Ringfinger meiner linken Hand zu stecken. Ich bewegte meine Hand noch einmal leicht, damit es wieder so schön funkelte, dann fiel ich meinem frisch Verlobten lachend um den Hals. Jake schmiegte sich an mich und strich mir glücklich über den Rücken. Wir genossen noch ein Weilchen die Zweisamkeit am First Beach. Den Urlaub über hatten wir immer Zeit mit unseren Kleinen verbracht und selten welche nur für uns gehabt. Das Blumenmeer war zu schön, um seinen Blick schon abzuwenden und Jake versicherte mir, dass Emily neben schauspielerischem Können auch in der Lage war auf ganze Kindergärten aufzupassen. Unsere Kinder waren also in besten Händen. Jake offenbarte mir außerdem, dass er den Urlaub über bei weitem nicht so viel mit dem Rat der Ältesten oder sonstwem zu besprechen gehabt hatte, wie er vorgegeben hatte. Viel mehr hatte er die örtlichen Floristen und Juweliere aufgesucht und seiner Familie die frohe Kunde seiner Absicht überbracht, noch ehe ich von meinem Glück wusste. Ich war froh, dass er es noch vor unserer Abreise geschafft hatte, denn einen besseren Ort hätte er nicht finden können. Hier war seine Heimat. Nicht unweit von jenem Platz entfernt, an dem wir uns das erste Mal trafen. Und mit Wasser verbanden wir ohnehin schon einige schöne Erinnerungen. Als wir dann später zum Haus der Uleys zurückkehrten, war dort eine Massenversammlung. Das ganze Rudel sowie Sue, Charlie und Billy Black hatten sich dort versammelt. Strahlend ging Jake zu seinen Freunden und hielt dabei stets meine Hand. Die Blicke wanderten unverkennbar direkt an meine freie Hand, wo jetzt der Verlobungsring blitzte. Sofort ging ein Pfeifen und Gröhlen los, als ob gerade bei einem wichtigen Fußballspiel ein Tor gefallen war. „Super!“ und „Wuhu!“, hörte ich dabei mehrfach heraus. Ich lief wieder rot an und wusste gar nicht recht, was ich sagen sollte, außer mich für die Glückwünsche zu bedanken, die mir nun jeder aussprach. Selbst Leah strahlte, als sie mir die Hand schüttelte. Auf ihrem anderen Arm saß William und kaute an seiner Faust herum. Ich gab ihm einen Kuss auf die kleine Wange, genauso wie ich es bei seiner Schwester tat, die zufrieden in Seths Arm saß. Anthony saß bei Billy auf dem Schoß, der ebenfalls sehr zufrieden schien und mich in den Arm nahm. In diesen Minuten hätte ich vor Glück platzen können, so schön waren sie. So unglaublich überwältigend. Und unweigerlich waren meine Gedanken dann bei meiner Familie in New Hampshire. Ob sie unsere Entscheidung genauso freudestrahlend aufnehmen würden? *** Am nächsten Tag im Privatflieger war die Stimmung dann bei weitem getrübter. Ich wog William auf meinem Arm leicht hin und her und strich ihm beruhigend über den Rücken. Die Trennung von Seth und Leah hatten ihn und seine Schwester ganz aufgewühlt, doch während Mariella nur ziemlich traurig schien, war Will regelgrecht auf einem Tiefpunkt. Er wimmerte und weinte schon den ganzen Flug über und das Personal war schon ganz verzweifelt, weil sie nicht wussten, wie sie ihm helfen konnten. Ich nahm an, dass es für Will einfach schwieriger war, weil er geistig noch deutlich jünger war, als seine Schwester. Jake hingegen vertrat eine andere Theorie. Er vermutete, dass die Prägung in Williams Fall in zweifacher Richtung funktionierte. Bei Mariella und mir war es so gewesen, dass ein Werwolf sich auf uns geprägt hatte und wir uns zwar unweigerlich davon angezogen fühlten, jedoch selbst nicht so stark an ihn gebunden waren, wie der Wolf an uns. Da William selbst ein Wolf war und Dreiecksbeziehungen für die Fortpflanzung, der die Prägung ja zugute kommen soll, eher hinderlich sind, konnte es für Will keine andere Person als Leah geben auf, die er sich hätte prägen können. Wenn er nun also ebenso auf sie geprägt war, wie sie auf ihn, fiel ihm die Trennung furchtbar schwer und er tat mir entsetzlich Leid, aber die Beiden nun auf die Schnelle zu uns ziehen zu lassen oder ratzfatz nach La Push zu ziehen, war einfach nicht möglich gewesen. Ich hatte den Beiden mehrfach versprechen müssen, mit den Kindern zurück zu kommen, ehe sie sich dazu bereit erklärten, sich nicht mit ins Auto zu quetschen oder uns hinterher zu rennen. Seth hatte ich im Gegenzug das Versprechen abgenommen, dass er sich um Caroline kümmen würde, denn sie hatte es nicht verdient, betrogen zu werden und auch wenn Seth für Mariella keine romantischen Gefühl hatte, so war es für mich doch nicht fair ihr gegenüber, denn früher oder später würde es so sein und eine Zukunft mit Caroline war nicht mehr möglich. Je näher wir Acworth kamen, desto mehr rumorte es in meinem Bauch und es war garantiert nicht die Tatsache, dass ich seit gestern früh nichts mehr gegessen hatte, die den Tumult in meinem Magen zu verzeichnen hatte. Als wir dann im Hof der Villa parkten, überkam auch Jake eine üble Nervosität. Er stellte sich beim Abschnallen der Drillinge mindestens genauso ungeschickt an, wie ich kurz nach Leahs Prägung. Als er mir aber dann William gab, blieb mir fast der Mund offen stehen. „Schatz“, sagte er aufgeregt. „Mein Magen knurrt ganz schön. Ich muss dringend was futtern, bevor ich den anderen begegnen kann.“ Perplex starrte ich ihn an. Wollte er allen ernstes, dass ich ihnen die Nachricht allein überbrachte? Doch ehe ich meinem Unmut Luft machen konnte, war er schon auf und davon und ich und unsere Kinder sahen ihm verdutzt hinterher. Kopfschüttelnd ging ich mit den Kleinen zum Haus, wo auch sogleich die Tür aufsprang. „Nessie!! Mariella!! Willi!!! Ani!!“, brüllte Alice. Esme nahm mir den Kleinen ab, ehe meine Tante mir um den Hals fiel. Wo die anderen beiden landeten, konnte ich dann gar nicht mehr ausmachen, denn nach Alice kam direkt meine Mutter und umarmte mich herzlich. Als sie sich von mir löste, fiel mein Blick auf meinen Vater, der mich mit einem leichten Lächeln ansah. Seine goldenen Augen verrieten mir, dass er meine Nachricht keinesfalls negativ aufnahm. Und auch der Rest der Familie tat dies nicht, als ich ihnen knapp eine halbe Stunde später im Wohnzimmer davon berichtete. Obwohl der Ring ganz sicher nicht von einem Designer individuell angefertigt worden war und man von dessen Preis keine drei Autos hätte kaufen können, konnte Alice nicht anders, als das Schmuckstück immer wieder begutachten zu wollen. „Ich muss schon sagen, Jacob hat einen guten Geschmack.“, sagte sie grinsend. „Das wird ihn sicher freuen, zu hören.“, antwortete ich. Als ich ihnen dann von Jacobs Antrag erzählte, leuchteten die goldenen Augen aller weiblichen Vampire um mich herum und mir fiel auf, dass dabei ein Augenpaar fehlte. „Wo ist Rose?“ Es war Esme die Antwortete. „Oh, sie ist zusammen mit Emmett noch auf der Jagd. Kurz vor eurer Ankunft waren wir alle noch unterwegs.“ Draußen schien nun bereits der Mond und Will gähnte herzhaft in Esmes Arm. „Ihr hattet einen langen Tag.“, sagte meine Mutter. „Es wird Zeit zu schlafen.“ Ich strich mir kurz über die Stirn und nickte. Zusammen mit meinen Drei ging ich nach oben. Obwohl ich mein altes Zimmer noch immer in seinem alten Zustand besaß, hatte ich nun quasi noch eines dazu bekommen. Es lag direkt zwischen Carlisles großem Arbeitszimmer und dem Bad. Der helle und geräumige Raum bot viel Platz für uns und unsere drei Kinder. Neben den drei Betten und dem Spielzeug für die Drillinge stand außerdem ein großes Bett darin, damit wir bei unseren Kindern schlafen konnten. Ich legte jedem der Drei seine oder ihre Plüschtiere mit ins Bettchen und streichelte sie sanft. Es dauerte gar nicht lang, da fielen ihre kleinen Lider zu und ich blieb noch ein Weilchen bei ihnen im Dämmerlicht der kleinen Touch-Lampen neben ihnen sitzen. Jake würde sicher bald kommen. Dann hörte ich unten plötzlich lautes Geschrei und ein ungutes Gefühl überkam mich. Meine Kinder schreckten ebenfalls aus dem Schlaf. Mariella und Anthony sahen nur verschreckt aus, William begann zu wimmern. Ich strich ihm durchs Haar. „Alles in Ordnung, Schatz.“, versuchte ich ihn zu beruhigen. Ich hatte Angst, sie allein zu lassen, doch die Ungewissheit darüber, was da unten vor sich ging, war schlimmer als die Angst. „Mama ist gleich wieder da, schön ruhig hier bleiben. Niemand tut euch etwas.“ Ich glaubte meinen eigenen Worten nicht, als ich die Tür schloß. Konnte es sein, dass die Volturi in unser Haus eingefallen waren? Die aufgeregten Stimmen kamen aus dem Wohnzimmer. Schon als ich die Treppe hinunter eilte, vernahm ich auch Emmetts tiefes Sopran. Ich konnte aber auch Wehklagen hören – und Schmerzensschreie. Im Wohnzimmer standen dann alle um das Sofa herum. Edward und Jasper versuchten, Emmett zu beruhigen und hatten ihre Hände an seinem Körper. Meine Mutter umarmte die besorgt schauende Esme. Ihr Blick war auf das schneeweiße Sofa gerichtet, auf dem Alice saß und neben dem Carlisle stand. Als ich näher trat und zwischen den drumherum stehenden Körpern auf das Sofa blicken konnte, sah ich, was den Tumult ausgelöst hatte. Wenn ich etwas gegessen hätte, dann wäre es mir spätestens jetzt wieder hochgekommen. Allerdings nicht vor Ekel, sondern vor Entsetzen. Tränen schossen in meine schokoladenbraunen Augen und ich hielt mir entsetzt die Hand vor den Mund, um meinen Schrei zu ersticken. Rosalie lag auf dem Sofa, offensichtlich mehr oder weniger bewusstlos. Ihre Beine waren grotesk verdreht. Ihr rechter Arm hing schlaff vom Sofa herab. Ihr Linker fehlte. Ihre Kleider waren komplett zerfetzt und dreckig. Jetzt erst sah ich, dass Alice Rose' abgerissenen Arm hielt, während sie auf dem Sofa saß. Carlisle untersuchte meine Tante, die benommen irgendwas vor sich hin stammelte. Wahrscheinlich wollte er sie so schnell wie möglich wieder zusammenflicken. Jetzt erst spürte ich, wie meine Mutter mich streichelte, zu sich zog und ich mein tränennasses Gesicht in ihrer Brust vergraben konnte. Immer wieder hörte ich, wie Emmett Großvater anflehte, Rosalie zu helfen. Zwischendurch versuchte er, seine Rose zu beruhigen, die wiederrum immernoch vor sich hin murmelte. „Ich mach sie alle fertig!“, schrie Emmett wütend. Niemand schien zu wissen, worauf er sich da genau bezog, wen oder was er meinte. „Emmett, Emmett... Ganz ruhig...“, sagte Jasper sanft. „Rosalie wird bald wieder wohlauf sein, Carlisle kümmert sich doch hervorragend um sie.“ „Sie ist in den besten Händen“, stimmte Alice ihm zu. Doch Onkel Emmett interssierte das nicht im geringsten. „Ich mach sie platt! Ich reiss sie in Stücke!“, schrie er abermals. „Emmett... Erzähl uns doch nochmal genauer, was passiert ist“, hakte Alice dann nach. Emmett schien es sehr schwer zu fallen, sich zu beruhigen, zornig sah er Alice an. „Wir waren im Wald jagen...“, sagte er mit zusammengebissenen Zähnen. „Irgendwann haben wir uns dann getrennt... Ich hab Schreie und Knurren gehört... ich bin zu ihr, so schnell ich konnte, aber als ich kam, war er schon weg und Rosalie lag zerstückelt im Wald! Ich werd ihn ebenso in Stücke reissen!“ „Emmett...“, sagte Alice mit flehender Stimme und ging auf Emmett zu. „Wen?“ „Den Hund.“, antwortete er knapp und zornig. Ich drehte mich entsetzt um und meine Mutter legte ihren Arm um mich. „Was?!“, fragte Alice geschockt. „Als ich sie fand...“, antwortete Emmett, noch immer schwer atmend. „Stammelte sie immer wieder 'Wolf... Wolf...'“ Er ballte die Hände zu Fäusten und knurrte. Sein ganzer Körper bebte und in mir stieg eine schier endlose Panik hoch, die mir fast den Atem raubte. Ich riss mich von meiner Mutter los und raste auf ihn zu. Ich krallte meine Hände in seinen weißen Pulli, sah zu ihm hinauf und schrie ihn an. „Nein, Emmett! Du liegst falsch! Er ist es ganz sicher nicht gewesen!“ Emmett funkelte mich mit seinen schwarzen Augen an. „Er hat sie noch nie leiden können. Jetzt hat er seine Chance genutzt und ist auf sie losgegangen!“ „NEIN!“, schrie ich ihn an. Und dann redeten plötzlich alle wild durcheinander. Ich wusste nicht, was sie genau sagten, ich sah nur flehend zu Emmett hinauf. Irgendwo in dem Stimmgewirr vernahm ich meine Mutter, die mich bat von Emmett wegzugehen. Und dann... obwohl der Geräuschpegel im Raum nun immens hoch war, waren es leise Worte, die uns alle zum verstummen und erstarren brachten. „Was ist denn hier los?“ Jake war durch die Verandatür reingekommen. Er trug nur eine Hose und wirkte ebenfalls ziemlich außer Atem. Dann geschah alles ganz schnell. Ich wandte meinen Blick von Jake ab und krallte mich noch mehr an Emmett fest. Mein Griff war für ihn jedoch vollkommen wirkungslos. Purer Zorn war alles, was von meinem Onkel noch übrig war. Hasserfüllt stieß er mich grob von sich, so dass ich rücklings auf die kalten weißen Fließen flog. Einige von ihnen zersplitterten sogar leicht, als ich auf ihnen landete. Jake sah mir nach und wollte gerade zu mir, da wurde er von Emmett quasi überrollt. Mit voller Wucht packte mein Onkel Jacob, der sich überhaupt nicht verteidigte, weil er darauf nicht vorbereitet gewesen war und eigentlich nur zu mir wollte und stieß ihn mit einem lauten Schrei quer durchs Wohnzimmer. Als Jake am Boden lag und sich gerade wieder aufrappeln wollte, spürte ich die Hände meiner Mutter wieder an meinen Schultern, doch ich beachtete sie nicht weiter. Geschockt sah ich mit an, wie Emmett Jake grob packte. Er würgte ihn, woraufhin dieser versuchte sich zu befreien. Schließlich ließ er ihn wieder los und stieß ihn dann von sich. Emmetts Wurf war so kräftig, dass Jake geradewegs durch das geschlossene Fenster flog, das hölzerne Geländer der Veranda umriss und dann draußen auf der Wiese vor dem Haus landete. Ich stand auf und sah, wie er wieder versuchte, auf die Beine zu kommen. Er wirkte ziemlich benommen. Seine Hose war kaputt, seine Brust war übersät mit blutigen Wunden und an seiner Schläfe lief rotes Blut herab. Ich wollte zu ihm, doch meine Mutter hielt mich weiter fest. Emmett hingegen wurde nun von Carlisle und Jasper festgehalten. Und dann traf Jakes trauriger Blick meinen. Ich spürte eine unglaubliche Sehnsucht und Trauer. Dieser Tag hätte so schön sein können wie der Vorherige, doch alles was vorher war, schien nun ebenso zersplittert zu sein, wie das Wohnzimmerfenster. Jake rührte sich nicht. Er stand schlaff da und sah mich an. Und ich sah zurück. Erst Edwards Ruf schreckte mich auf. „Jacob lauf!“, befahl Edward. Jake rührte sich noch immer nicht. Mein Vater sah noch einmal zu Emmett hinüber, der versuchte, sich von Jasper und Großvater loszureissen, dann sah er wieder Jacob an. „Nun mach schon! LAUF!“ Jetzt erst, verwandelte Jake sich ruckartig in den großen rostroten Werwolf und rannte schnurrstracks in den naheliegenden Wald. Selbst als er zwischen den Büschen und Bäumen verschwunden war, versuchte Emmett noch hasserfüllt, ihm zu folgen und ihn zu zerfetzen. Jasper und Carlisle hatten alle Mühe, ihn festzuhalten. „Emmett... beruhige dich!“, befahl Großvater. „Er ist fort und jetzt ist es erstmal wichtig, Rosalie zu helfen!“ Emmett wurde langsam etwas ruhiger. Als er sich nicht mehr bewegte, sondern nur noch zornig aus dem zerborstenen Fenster starrte und knurrte, ließ Carlisle ihn los. Jasper hielt ihn jedoch weiter fest. „Renesmee“, sagte meine Mutter dann ruhig. „Lass uns nach oben gehen.“ „Nein!“, fuhr ich sie schwer atmend an. Ich riss mich von ihr los und ging wieder zu Emmett. Er bebte immernoch leicht und hatte die Hände zu Fäusten geballt. Ich stellte mich vor ihn. Er senkte den Blick und sah nun nicht mehr länger in die finstere Nacht, sondern auf mich herab. „Er war es nicht.“, sagte ich noch einmal eindringlich. Das Knurren, dass von ihm ausging wurde mit einem Mal lauter und er machte eine leichte Bewegung in meine Richtung, vorraufhin Jasper wieder fester zu packte. Plötzlich stand auch mein Vater neben Emmett und umklammerte ihn ebenfalls. Hinter mir spürte ich wieder meine Mutter, die einen Arm um mich legte. Eine Weile sagte niemand etwas. „Renesmee, geh nach oben und kümmere dich um deine Kinder.“, sagte mein Vater zu mir. „Er war es nicht!“, wiederholte ich wieder. „Renesmee!“, schrie mein Vater fast und hielt Emmett noch fester. „Du weißt, dass er es nicht war!“, fuhr ich meinen Vater an. Natürlich musste er es wissen. Wenn er Rosalie angefallen hätte, hätte er bei seiner Rückkehr niemals seine Gedanken verbergen können. „Renesmee.. Komm.“, hauchte meine Mutter sanft und schob mich weg. Widerwillig ging ich mit ihr nach oben. Als ich die Tür zum Kinderzimmer aufmachte, war es dort ganz ruhig. Wie ein Zombie lief ich an den Bettchen vorbei in Richtung Fenster. „Ich hole dir was zu trinken, Schatz.“, vernahm ich die Stimme meiner Mutter, wie aus weiter Ferne. Ich antwortete nicht, sondern lief einfach weiter. Im Licht des Mondes sah ich wie die Bäume sich sanft im Wind wogen. Irgendwo dort war Jake jetzt, allein, verletzt. Ohne eine Ahnung, was er verbrochen hatte und mit der Angst, seine Familie vielleicht nie wieder zu sehen. Ich strich mir ein paar Tränen aus dem Gesicht. Und dann blieb mir fast das Herz stehen. Ich sah gerade noch, wie etwas sehr kleines braunes über die große Wiese huschte und dann im Wald verschwand. Mit rasendem Herzen drehte ich mich um und rannte zu den Bettchen. Anthony und Mariella sahen mich erschrocken an, aber als ich Wills Bettdecke hob, war darunter nur Stoff. Mein Baby war fort. Was auch immer Rosalie angefallen hatte, Jake war es nicht. Und wenn Jake es nicht war, bedeutete es, dass in diesen Minuten etwas Anderes durch den Wald lief. Etwas monströses, dass wie ein Wolf aussah und Vampire zerfetzte. Mein Sohn war in großer Gefahr und ich spürte förmlich, wie mir das Adrenalin durch den Körper schoss. Ich hatte keine Zeit für Umwege, also öffnete ich einfach das Fenster. Ich kletterte aufs Dach und ließ mich von dort hinunterfallen, dann rannte ich so schnell mich meine Beine trugen über die Wiese und in den dunklen Wald hinein. Dort angekommen starrte ich immer wieder auf den Boden und unter Sträucher. „Will?!“, rief ich dann laut. „William?!“ Immer wieder rief ich den Namen meines Sohnes. Hoffte, betete, dass er es hören und zu mir kommen würde. Doch er kam nicht und ich rannte weiter durch das Unterholz. War er zornig geworden, weil man seinen Vater angegriffen und fortgejagt hatte? Hatte er gesehen, wie er auf vier Pfoten in den Wald gerannt war und wollte ihm folgen? Ich machte mir schreckliche Vorwürfe. Wäre ich doch nur bei ihnen geblieben. Wäre ich doch schneller wieder hochgekommen... „Will?!“, rief ich erneut. William?! Komm zu Mama!“ Ich spürte, wie die Tränen hochkamen. Sie brachen aus mir hervor, wie die Panik, die Angst die ins Unermessliche stieg. Mein Rufen wurde immer weniger fordernd, irgendwann war es fast nur noch ein Flehen. „William?! Bitte komm zurück... Bitte!“ Ich traute mich nicht länger, an einem Platz stehen zu bleiben. Was, wenn er einige Meter weiter vorn war und ich ihn verpasste, weil ich inne hielt? Andererseits hatte ich immer wieder Angst, vielleicht nicht richtig geschaut und was übersehen zu haben. „William?“ Meine Beine wurden langsam schwerer. Ich begann, am ganzen Körper zu zittern. Was wenn ich ihn nicht fand? Was wenn ich ihn nie wieder sah? Langsam sank ich dann auf die Knie. Ich grub meine Hände in das kalte Laub und spürte die gefrorene Erde darunter. Meine langen Haaren hingen links und rechts an meinem Gesicht herab und berührten fast den Waldboden. Und dann begann ich bitterlich zu weinen und zu zittern. Und plötzlich glaubte ich, irgendwo ein leises Winseln gehört zu haben. Mit einem Mal war ich ganz ruhig, horchte, versuchte jedes einzelne Geräusch des Waldes aufzunehmen. Zittrig stand ich auf, schwankte noch einen Moment und lief dann in die Richtung, von der ich glaubte, dass das Geräusch gekommen war. Da war der kleine rostrote Wolf mit den hellen Pfötchen. Er tapste durch das Laub und hatte die Rute aufgestellt. Die Öhrchen aufmerksam nach vorn gerichtet, schien er irgendwas entdeckt zu haben. Mein Herz, dass eben noch einen freudigen Hüpfer gemacht hatte, schien sich jetzt einen Abgrund hinab zu stürzen. Ich schluckte schwer und stürmte dann auf mein Kind zu. Aus dem großen Gebüsch vor ihm ragte eine weiße buschige Schwanzspitze. Eine, von der ich mir sicher war, sie nie gesehen zu haben. „WILLIAM!“, rief ich. „Das ist nicht dein Daddy!“ Ich schnappte mein Kind, woraufhin diesem ein kurzer Quicklaut entfuhr. Und dann sah ich es. Die dünnen Zweige des Gebüschs flogen zu allen Seiten, sofern sie nicht vom Gewicht der Bestie zerquetscht und in den Boden gestampft wurden. Vor mir stand ein gigantischer schneeweißer Wolf. Seine Augen leuchteten bedrohlich im Mondlicht und als er das Maul aufriss und mich anknurrte, offenbarte er zwei Reihen riesiger gebläkter Fangzähne. Zwischen manchen von ihnen schienen noch Überreste vorangegangener Mahlzeiten zu hängen. Ich stieß einen Schrei aus, als das Monster mich laut anknurrte und machte einen Satz zurück. Mein Sohn verwandelte sich mit einem Mal in meinen Armen zurück und begann lauthals zu weinen. Ich schloss ihn fester in meine Arme, legte meine Hand an seinen Hinterkopf und drückte sein Gesicht gegen meine Brust, damit er das Ungetüm vor mir nicht sehen musste. Ich wusste nicht, was das vor mir war. Irgendetwas sagte mir, dass es nicht das war, für das ich es vielleicht im ersten Moment gehalten hatte. Es war nicht wie Jacob. Und genau das machte mir Angst. Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Weglaufen? Das war meines Wissens nach stets die dümmste Reaktion. Also zog ich es vor, dem Wolf nicht den Rücken zuzudrehen. Mit einem schweren Kloß im Hals machte ich einige Schritte zurück. Der Wolf knurrte noch immer und wenn ich ein paar Zentimeter weggerückt war, kam er langsam auf mich zu. Ich begann nun etwas schneller rückwärts zu laufen. Das ich nicht sah, wohin ich ging, war dabei nicht unbedingt förderlich. Schon im nächsten Augenblick stolperte ich vor Aufregung über eine dicke Baumwurzel und landete auf meinem Hinterteil. Der Wolf schien nun noch aggressiver. Er riss sein Maul auf und bellte laut und tief. Ich drückte mein Kind noch mehr an mich, dann drehte ich mich auf den Bauch, so dass William unter mir lag, presste die Augen zusammen und machte mich auf alles gefasst. Wenn das Monster schon zupackte, dann sollte es wenigstens zuerst mich erwischen und nicht mein Kind. Doch der erwartete Schmerz blieb aus – stattdessen vernahm ich plötzlich noch lauteres Geknurre hinter mir. Ich öffnete meine Augen wieder und sah hinter mich. Schneeweiß war auf rostrot getroffen. Jacob war gekommen und hatte den Wolf attackiert. Jetzt wo sie so nah beieinander waren, konnte ich sehen, dass der weiße Wolf deutlich größer als Jacob war. Sie bissen sich, knurrten und bellten. Hielten sich mit den gewaltigen Tatzen fest und versuchten einander ins Genick zu beissen und den jeweils anderen zu Boden zu drängen. Ich vernahm wieder das Wimmern meines Kindes im Arm und strich ihm über den Rücken, dann stand ich wacklig auf. Hinter mir hatte der weiße Wolf gerade Jake gepackt. Mein Jacob stieß ein furchtbares Heulen aus, dass mir durch Mark und Bein ging. Eilig rannte ich einige Meter vom Geschehen weg. Ich legte mein Kind zwischen zwei große Steine, die sich unter einem Busch befanden. William sah mich mit rotem Gesicht und feuchten Augen an. Seine Unterlippe zitterte. „Bleib hier. Mama kommt gleich wieder.“ Ich wollte mein Kind nicht schon wieder allein lassen, hatte den Drang bei ihm zu bleiben, doch fortlaufen konnte ich nicht. Nicht, wenn Jacob in Gefahr war. Und so lief ich wieder zurück. Als ich in etwa vier Metern Abstand zu den Beiden stand, konnte ich deutlich die blutenden Bisswunden sehen. Teilweise waren ganze Fetzen Fell und Fleisch herausgerissen worden und Beide waren blutbefleckt, wobei ich den Eindruck hatte, dass es Jake schlechter ging. Offenbar war der Weiße stärker als er. Naja... Er war ja auch größer. Ich wollte zu ihm und ihm helfen, aber ich wusste nicht wie. Hilfe holen vielleicht? Hatte ich dazu genug Zeit? Und dann packte der Weiße Jake erneut im Genick. Er schüttelte den Kopf hin und her, als wenn er ein Reh reissen würde und Jake jaulte. „JAKE!“, rief ich entsetzt. Dann schleuderte der Große ihn weg. Jake rutschte etwas über den Boden und blieb dann knapp zwei Meter von mir entfernt reglos liegen. „JACOB!“, rief ich noch lauter. Jetzt gab es kein Halten mehr. Ohne viel nachzudenken, rannte ich auf ihn zu und warf mich auf Jake. Ich spürte das warme Blut an meiner Haut. Spürte wie sein Körper geschwächt zitterte, spürte seinen schweren Atem. Ich wusste, dass ich keinen Schutz bieten würde. Das ich kein Hindernis für die Bestie war und trotzdem tat ich es. Sitzend drehte ich mich um, so dass ich nun mit dem Rücken gegen Jakes Körper lehnte. Ich streckte die Arme aus um sie viel möglich von ihm abzudecken und funkelte den großen weißen Wolf finster an. Tränen liefen meine Wange hinab, doch ich ignorierte sie und fing nun selbst an, zu knurren. „VERSCHWINDE!“, fuhr ich das Vieh an. Und zu meiner eigenen Überraschung hielt es plötzlich inne und starrte mich leise knurrend an. „LASS IHN ZUFRIEDEN!“, schrie ich nochmal. Jetzt spürte ich, wie Jakes warmes Fell verschwand. Er hatte sich wahrscheinlich zurückverwandelt, doch ich wagte es nicht, mich zu bewegen und verharrte in meiner Position. „VERSCHWINDE!“, wiederholte ich. Der Wolf schien die Verwandlung ebenfalls mitbekommen zu haben und knurrte wieder etwas lauter, weil er wahrscheinlich seine Chance witterte, aber ich würde nicht weichen. Meine Augen verengten sich zu Schlitzen und mein Brustkorb hob und senkte sich rasch. Ich öffnete den Mund, ohne etwas zu sagen und merkte, wie mir, ohne es beabsichtig zu haben, ein tiefes Knurren entfuhr. Ich traute meinen eigenen Augen nicht, als der Wolf die Ohren wieder aufstellte und zurückwich. Er stellte das Knurren ein, winselte kurz und drehte sich dann um, ehe er davon rannte. Erschrocken starrte ich auf die Stelle wo er eben noch gestanden hatte. War ich das etwa gewesen? „NESSIE!“ Ruckartig drehte ich mich um. Meine Familie war auf der Bildfläche erschienen. Esme hielt William im Arm. Wahrscheinlich hatten sie ihn unterwegs unter dem Busch gefunden. Mein Vater kniete sich vor mich und sah mich eindringlich an. „Es ist alles in Ordnung“, sagte er sanft. „Es ist vorbei. Er ist fort.“ Ich verstand nicht, warum er mir das sagte. Als ob ich nicht selbst mitbekommen hatte, wie er verschwunden war. Doch dann bemerkte ich, dass ich noch immer leise knurrte und den Mund leicht offen hatte. Ich schluckte, versuchte mich zu sammeln. Einen Moment kniff ich die Augen zu und strich mir übers Gesicht, dann öffnete ich sie wieder und sah hinüber zu Jake, neben dem Großvater kniete... *** Es war noch immer finster draußen, als wir nach diesem Vorfall wieder im Haus waren. Erneut saßen wir in Carlisles Arbeitszimmer. Jacob lag in einem Bett. Er war geschwächt, jedoch bei Bewusstsein. Großvater hatte mir versichert, dass er in wenigen Tagen wieder komplett gesund sein würde. Rosalie saß auf einem Stuhl in der Nähe. Sie war wieder einigermaßen fit und hatte sich schnell erholt. Zufrieden, wieder im Besitz all ihrer Gliedmaßen zu sein, wippte sie mit Ani auf dem Schoß leicht mit dem Fuß. Emmett stand nun vor Jacobs Bett. Er stützte sich mit beiden Armen auf das Bettgestell an Jakes Fußende. Ich hatte ihn selten so fertig gesehen. „Es tut mir Leid.“, sagte er leise und er sah auch wirklich so aus, als meinte er, was er sagte. „Entschuldigun' angenom'...“, hauchte Jake schwächlich und versuchte zu lächeln. „Gut...“, sagte meine Mutter feststellend. „Wir wissen jetzt, dass es nicht Jacob war, der Rosalie angefallen hat. Aber was war es dann?“ Sie sah meinen Vater antwortsuchend an. Der stand wiederum mit der verschränkten Armen da und hatte eine Hand nachdenklich an sein Kinn gelegt. „Ich habe da so eine Vermutung...“ - Ende Kapitel 25 - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)