Rising Sun - Bis(s) das Licht der Sonne erstrahlt von -DesertRose- (Fortsetzung von Bis(s) zum Ende der Nacht) ================================================================================ Kapitel 21: Die Flucht ---------------------- Disclaimer: => Ich verdiene kein Geld mit meiner Fanfiction. => Alle Charaktere gehören Stephenie Meyer mit Ausnahme einiger Schüler und Lehrer, die ich selbst erfunden habe. Weitere Infos zur FF, Trailer, Cover & mehr http://renesmee-und-jacob.de.vu Playlist "Run Free" aus dem Spirit OST --------- Kapitel 21: Die Flucht Ich hatte gar keine Zeit lange darüber nachzudenken was da gerade passiert war oder mich darüber aufzuregen, dass er damit uns alle in Gefahr brachte. Andererseits war die Gefahr die ganze Zeit da gewesen und sie hatte ihn erst dazu gebracht sich zu verwandeln. Ich verstand ihn auch. Wenn ich könnte würde ich inzwischen alles tun um meine Kinder zu beschützen und das Einzige was ihm da wohl instinktiv in dem Sinn kam um gegen eine Horde Vampire zu bestehen war eine Verwandlung. Ich brauchte jedoch einige Sekunden um zu begreifen, dass er nicht vorhatte seine Gegner zu attackieren. Zuerst dachte ich er würde zum Sprung ansetzen als seine großen Pfoten den Rückwärtsgang einlegten und ich sein Fell fast berühren konnte. Auch das er sich etwas zum Boden hin bückte deutete im ersten Moment auf einen Sprung hin, doch letztlich schaltete ich doch: er wollte weglaufen. Er würde nicht ohne mich gehen und er würde sich auch nicht zurückverwandeln. Wenn er also nicht ging würde er notgedrungen kämpfen müssen und diesen Kampf konnte er nicht gewinnen. Ich tat das was ich tat also in diesen Sekunden nicht wirklich für meine Kinder und auch nicht für mich. Es war viel mehr der verzweifelte Versuch nun Jake zu retten als ich in windeseile auf seinen gewaltigen Rücken kletterte. Ich vernahm noch die Rufe meiner Familie als Jake mit einem Satz zur Seite von den Vampiren vor ihm wegsprang. Dann drehte er sich um und spurtete durch das große Tor davon. Glücklicherweise bauten die Italiener wegen der Hitze immer sehr hohe Gebäude, so dass Jake mühelos durch die Gänge spurten konnte ohne das ich mit dem Kopf an der Decke vorbeistrich. Ich hatte mich trotzdem so nah wie es mir möglich war ohne meine Babys zu zerdrücken an seinen Rücken gepresst und mich in seinem Fell festgekrallt. Die Augen hatte ich zeitweise zu, so dass ich nicht sah wohin er lief. Der Weg durch die langen verschlungenen Gänge kam mir endlos lang vor. Bei den immer wiederkehrenden Treppenstufen nahm er oft fast alle auf einmal. Wenn Vampire uns entgegenkamen waren die meistens so überrascht, dass sie zuerst gar nicht reagierten. Sie hatten nur eine Abwehrhaltung eingenommen, aber wenn Jake dann ungehindert auf sie zurannte machten sie doch Platz. Wahrscheinlich war der Befehl uns aufzuhalten noch nicht zu ihnen durchgedrungen. Wenn eine Tür im Weg war stieß Jake sie mit seinen gewaltigen Pranken oder seinem Kopf einfach auf. Und irgendwann spürte ich dann wie frischer kühler Wind an meinem Gesicht vorbeistrich und Regentropfen meine Haut benetzten: wir waren draußen. Jake war es vollkommen gleichgültig ob uns jemand sah. Er spurtete durch die Gassen wie ein wild gewordener Eber. Es war dunkel, die Straßenlaternen warfen nur ein fahles Licht auf die Wege. Wenn uns doch Jemand sah, konnte es auch sein, dass er uns gar nicht so recht wahrnahm. Der rostrote Wolf sah nie nach hinten. Wahrscheinlich brauchte er das auch gar nicht und wusste genau wenn uns ein Vampir auf den Fersen war. Ich hingegen konnte nicht anders als alle paar Sekunden nach hinten zu schauen. Als wir an einer Gasse vorbeistürmten und ich dann plötzlich am anderen Ende ebenfalls etwas sehr schnelles vorbeihuschen sah, griff ich fester in Jakes Fell und begann noch schneller zu atmen. Ich drückte mich sogleich enger an meinen Freund, legte mich fast seitlich auf seinem Rücken nieder und legte mein Gesicht auf sein kuschliges Fell, dass nun immer nasser wurde. Aber das Wasser interessierte eigentlich weder ihn noch mich. Mit einer Hand langte ich etwas weiter nach vorn, streichelte ihm kurz über die Ohren und legte sie dann an sein Gesicht. Ich war mir eigentlich relativ sicher, dass er die Gestalt auch bemerkt hatte, trotzdem projizierte ich das was ich gesehen hatte in seinen Kopf. Allerdings war ich in der Aufregung nicht in der Lage meine Gedanken zu filtern, so dass er auch die Ängste mitbekam. Jake winselte ganz leise und nahm dann an Geschwindigkeit zu. Ich nahm meine Hand wieder zurück und zog es vor mich nun mit beiden Händen festzuhalten. Das war auch gut so, denn im nächsten Augenblick sprang Jake mit einem Satz auf einige große Müllcontainer und von diesen aus dann auf das danebenstehende Gebäude. Die meisten Dächer hier waren entweder ganz oder fast flach. Es war für Jake kein Problem auf ihnen zu laufen, nur die Sprünge von einem Gebäude zum Nächsten bekamen mir nicht besonders. Nach einigen Minuten über den Dächern von Volterra machte Jake dann einen letzten Satz über die Stadtmauern hinweg und spurtete nun auf offenem Feld durch die Toskana. Hier nahm er noch einmal an Geschwindigkeit zu. Werwölfe waren deutlich schneller als Vampire und für einen Augenblick glaubte ich fast, dass wir eine Chance hatten. Doch wo sollten wir hingehen? Und was wurde aus unserer Familie? Das Fliehen keine Lösung war, hatten wir schon Zuhause besprochen und doch war ich gerade dabei mit Jake das Weite zu suchen. Doch diese „Weite“ hatte auch ihre Grenzen... Der Mond leuchtete noch hell am Himmel als wir irgendwann wieder in einer kleinen Ortschaft ankamen. Sie sah ebenso rustikal aus wie Volterra. Wenn ich es nicht besser wüsste, hätte ich es vielleicht sogar für Volterra gehalten, aber ich konnte mir nicht vorstellen das wir beim Geradeaus rennen doch irgendwie im Kreis gelaufen waren. Ich hatte schon eine ganze Weile keinen Verfolger mehr ausgemacht und auch Jake schien sich hier sicherer zu fühlen. Er ging langsam durch die Straßen, passierte dabei aber immernoch das eine oder andere Dach. Ich war schrecklich müde, meine Augen fielen fast zu, als Jake ein rostiges schweres Stahltor mit seinem Kopf aufdrückte und in das baufällige Gebäude eintrat. Es sah ein bisschen aus wie eine verlassene Fabrik. Kaum eines der großen Fenster durch die das Mondlicht hereinschien war noch komplett. Manche waren fast ganz eingeschlagen. Im hinteren Eck befand sich noch eine weitere Tür. Jake wusste wahrscheinlich genauso wenig wie ich ob es sich dabei nun um ein weiteres Zimmer, eine Abstellkammer oder ein Klo handelte, aber es schien ihm eine gute Idee nachzusehen. Wieder drückte er sie mit dem Kopf auf. Als sie sich nicht bewegen wollte, begann er sich mit den Pfoten am Hebel zu schaffen zu machen, bis dieser sich widerwillig senkte und die Tür aufging. Dahinter lag ein enges Treppenhaus. Jake legte sich hin, so dass ich absteigen konnte. Als ich mich langsam hinabgleiten ließ und meine Füße den festen Boden berührten fühlten sie sich an wie Pudding. Ich hatte mich zu lange krampfhaft auf seinem Rücken festgekrallt. Nach einem kurzen Moment machte ich ein paar wacklige Schritte nach vorn und ging dann durch die Tür. Ich musste mich an der Wand entlang tasten. Nicht etwa, weil ich nichts sehen konnte, sondern weil ich kaum die Kraft hatte aufrecht zu stehen. Auf der Treppe hielt ich dann mit einer Hand das Geländer fest. Ich stand gerade auf einer der mittleren Stufen, als ich Jakes Hände an meiner Hüfte spürte. „Jake...“, wollte ich ansetzen, doch er unterbrach mich sofort. „Lauf bitte weiter“, bat er mich eindringlich. Ich tat wie mir geheißen und ging mit meinen Puddingbeinen langsam die Stufen herab. Auf der unteren Etage ging allerdings dann noch eine weitere Treppe herab. Jake deutete mich an auch dort hinunter zu gehen. Wenn er könnte würde er sicherlich bis zum Erdkern hinuntersteigen in der Hoffnung das man uns dorthin nicht folgte. Ich hingegen fand die Idee eher ein bisschen dumm. Wenn sie uns nun doch fanden, konnten wir nicht fliehen, denn es gab nur einen Weg hinaus und es war ein leichtes dieses enge Treppenhaus zu blockieren, zumal Jake als Wolf darin vielleicht sogar stecken bleiben würde. Im untersten Kellergeschoss des Gebäudes befand sich ebenfalls ein kleiner Raum, der durch eine schwere Tür geschützt war. Jake schob mich hinein und schloss die Tür hinter sich. Der Raum war wirklich sehr klein und hatte keine Fenster. Selbst mit meinen Augen fiel es mir schwer etwas zu erkennen. Als Nächstes vernahm ich dann die Geräusche die Jake beim herumbasteln an der Tür machte. Irgendwie hatte er es geschafft einen alten Hebel umzulegen, den man wohl eigentlich irgendwie eher von außen zumachte. Zumindest konnte ich mir nicht vorstellen welchen Sinn es hatte sich selbst hier drin einzukerkern. „Wo sind wir hier bloß...“, seufzte ich. „Ich nehme an das hier war mal eine Kühlkammer. Die Wände und Türen sind dick damit die Kälte drin und die Wärme draußen bleibt und es gibt keine Fenster.“ Jake setzte sich direkt an die Tür. Sollte jemand versuchen sie aufzudrücken, würde er sich wahrscheinlich dagegen stemmen. Als ich mich neben ihm niederließ, legte er seinen Arm um mich und zog mich zu sich hin. Seine andere Hand umschloss die Meine und ich ließ mich tiefer sinken, bis ich auf dem Boden lag. Den Kopf auf seinen Schoß gebettet. Ich war müde und ausgelaugt und wollte nur noch schlafen. Doch immer wenn ich gerade fast weg war wachte ich ruckartig wieder auf. Jake brauchte keine drei Mal um das zu merken. Er streichelte mich beruhigend. „Keine Angst... du kannst ruhig schlafen, mein Schatz...“ „Keine Angst?“, antwortete ich verzweifelt. „Da sind mehrere Dutzend Vampire hinter uns her... wie soll ich da schlafen?“ „Das sie hinter uns her sind, bedeutet nicht, dass sie uns auch kriegen“, sagte er dann. „Was willst du tun?“, fragte ich. „Bis an die Küste rennen und dann über den Atlantik schwimmen?“ „Erstmal bleiben wir hier und du ruhst dich aus...“, kam es sanft zurück. „Soll ich unsere Kinder etwas hier zur Welt bringen?“ Jake sah zu mir herab und strich mir über das Gesicht, dann gab er mir einen sanften Kuss auf die Wange. „Selbst wenn... ich bin immer bei dir.“ Letztlich fielen mir dann wohl doch die Augen zu. Wenn ich geträumt hatte, konnte ich mich nicht mehr an meinen Traum erinnern, als ich aufwachte. Ich brauchte einen Moment um zu begreifen was passiert war und wo ich mich befand. Ich wusste nicht, ob Jake auch geschlafen hatte, denn als ich zu ihm hinauf sah, war er noch immer hellwach und streichelte mich behutsam. Ich rieb mir müde die Augen, fühlte mich aber kein bisschen erholter. Die Müdigkeit war nach wir vor da. „Wie lang hab ich geschlafen?“ „Mhm“, murmelte Jake. „Ich weiß es nicht genau. Vielleicht eine Stunde oder zwei.“ „Was?“, fragte ich verwundert. „Nur so wenig?“ Jake nickte. „Mach doch nochmal die Augen zu und schlaf weiter.“ „Ich kann nicht...“, jammerte ich traurig. Jake sah mich warm an, dann legte er sich ebenfalls hin, gab mir allerdings die Möglichkeit meinen Kopf auf seinen Arm zu legen. Mit seinem anderen Arm umschlang er mich, so dass er meinen Bauch streicheln konnte. Er hatte genau gewusst, dass ich mir so gleich geborgener vorkam und tatsächlich schlief ich erneut ein. Diesmal war mein Schlaf etwas tiefer, jedoch schien er mir noch immer traumlos zu sein. Erst ein Geräusch aus meiner Umgebung weckte mich schlagartig auf. Erschrocken fuhr ich hoch und Jake folgte mir sogleich. Ich wagte nicht etwas zu sagen und sah ihn einfach nur an. Er sagte ebenfalls nichts und schien zu horchen. Wenn es allerdings die Volturi waren, dann würden wir sie sowieso nicht herankommen hören. Im Gegenzug würden sie unsere Herzen jedoch schlagen hören, egal wie still wir waren. Plötzlich vernahm ich wieder ein Geräusch außerhalb unserer Kammer. Jake legte einen Finger an den Mund und stand vorsichtig auf. „Geh nach hinten“, befahl er flüsternd mit einem raschen Blick zu mir. Ich stand ein bisschen zu schnell auf, so dass mir kurz ganz schwindelig wurde und torkelte die wenigen Schritte zur hinteren Wand. Wo ich mich mit dem Rücken zur Wand in die Ecke presste und langsam zu Boden glitt. Ich kam mir vor wie nach einem Dauerlauf, atmete ziemlich schwer und hielt mir den Bauch. In mir kroch die Panik unaufhaltsam hoch. Die Kälte ergriff mich und mein Körper begann heftig zu zittern. Jake warf mir noch einen besorgten Blick zu, dann fasste er mit einer blitzschnellen Bewegung an die Stahltür und im selben Moment schlug irgendwas mit voller Wucht von Außen dagegen, so dass sie sich nach innen wölbte. Ich erschrack zu Tode und schrie auf. Intsinktiv wollte ich weiter nach hinten, doch ich presste mich damit lediglich mehr an die Wand. Bewegen tat ich mich keinen Milimeter. Jake dagegen war damit beschäftigt die Tür zuzudrücken. Er würde das nicht lange durchhalten, da war ich mir sicher. Spätestens wenn sie Verstärkung holen würden, würden sie eindringen. Unbewusst umfasste ich meinen Bauch fester, dann tat es einen weiteren Schlag und mein Freund schien all seine Kraft aufzuwenden um die Vampire weiter draußen zu halten. Dann ging ein kurzer Ruck durch seinen Körper und im nächsten Augenblick warf sich ein großer Wolf seitlich an die Wand und presste mit der Flanke gegen die Tür. Seine großen Pfoten bohrten sich dabei mit den Krallen in den Boden und hinterließen tiefe Furchen, die immer länger wurden, als unsere Gegner plötzlich die Überhand gewannen und Jake weiter nach hinten schoben. Ich starrte mit weit aufgerissenen Augen zu ihm herüber und war wie erstarrt. Plötzlich ließ Jacob von der Tür ab und sprang mit einem Satz zu mir herüber. Er stellte sich wie ein Schutzschild über mich, so dass ich zwischen seinen vier Pfoten saß, dann kauerte er sich tiefer. Ich spürte das flauschige Fell an meiner Stirn, als er mich abschirmte. Ich konnte gar nichts mehr sehen, hörte jedoch wie die Stahltür mit einem lauten Knall auf dem Boden aufschlug und Jemand auf sie sprang. „Da haben wir die Außreißer ja“, sagte einer der Vampire. „Ein nettes Versteck habt ihr euch ausgesucht, nur leider stank es unterwegs zu sehr nach Hund.“ „Allerdings...“, stimmte eine junge Frauenstimme zu. Es klang lieblich, wie die eines unschuldigen Kindes. „Und jetzt sei ein braves Hündchen“, sprach sie dann weiter. Ich ahnte Schreckliches... „Mach Platz!“, befahl sie im nächsten Moment und mit einem Mal fiel Jake mit einem lauten Jaulen in ihrer Richtung seitlich zu Boden. Jetzt sah ich wie ein großer Vampir auf der Stahltür stand die total verbeult am Boden lag. Er kam von der Statur her Emmett gleich. Seine roten Augen funkelten siegessicher. Neben ihm stand ein Mädchen mit hellbraunem Haar. Sie sah jünger aus als ich, doch in ihren dunkelroten Augen sah ich Bosheit aufblitzen. Sie genoss es mit jeder Faser ihres Körpers, Lebwesen schmerzen zuzufügen: Jane. „Gute Arbeit, Felix“, lobte sie den Bulligen zu ihrer Linken und sah danach wieder zu mir. Ihr Mund verzog sich zu einem lieblichen Lächeln. Schnell wand ich meinen Blick von ihr ab und sah Jake an. Er schien bewusstlos zu sein, denn ich sah wie er atmete. Meine Augen füllten sich langsam mit Tränen. Ich versuchte sie zurückzuhalten, wollte dem kleinen Biest keinen weiteren Grund zur Freude geben, doch schon nach wenigen Atemzügen liefen sie an meiner Wange entlang. Ich wollte zu Jake, doch war mein Körper immernoch wie paralysiert. Ich konnte mich nicht rühren. Würden sie uns gleich hier umbringen? Oder würden sie uns zuvor noch zurück in ihr Hauptquartier bringen, damit meine Familie dabei zuschauen konnte? „Nun..“, sagte Jane dann. „Wir sollten gehen. Aro wartet.“ „Ihr könnt ihn doch nicht einfach hier liegen lassen“, brachte ich unter zusammengebissenen Zähnen hervor. „Oh nein“, antwortete sie. „Er kommt natürlich mit uns. Ich bin sehr gespannt darauf, was Aro zu seinem Fluchtversuch sagen wird und welche Konsequenzen es für ihn haben wird.“ Als ich sah mit welcher Freude sie die Worte aussprach, wurde mir ganz übel. In mir kroch das Bedürfnis hoch ihr sofort an die Gurgel zu springen und ihr den Hals umzudrehen, doch ich schaffte es noch immer nicht aufzustehen. Im nächsten Moment trat ein weiterer Vampir in die kleine Kammer. Sie sah wie alle Anderen aussergewöhnlich hübsch aus, war gertenschlank und hatte lange blonde Locken. „Ah“, sagte Jane. „Sophia.. wie passend.“ Sophias Lippen formten sich zu einem Lächeln. Sie sah aus als könne sie keiner Fliege was zu leide tun, aber wie ich die Volturi einschätzte gab es solche Vampire in ihren Reihen nicht. Ich konnte nichts tun. Nur abwarten, nicht wissend was diese Frau nun auch noch hier wollte. „Wenige Minuten später rührte Jake sich plötzlich wieder, doch bevor er wieder richtig aufstehen konnte, hatte Jane ihn schon wieder in ihrer Gewalt. Jake versuchte ganz offensichtlich ihr stand zu halten. Seine Pfoten zitterten, als er mit aller Kraft auf den Beinen bleiben wollte und aus seinem Mund kam ein tiefes Knurren. Dann trat plötzlich die Blonde näher an Jane heran. Mit einem Mal hörte Jake auf zu knurren und Jane ließ von ihm ab. Verwirrt sah ich von Jake zu Jane und dann zu Sophia, doch ich war noch viel verblüffter, als Jake sich ohne ein Wort in seine menschliche Form zurückverwandelte. Wie hypnotisiert lief er anschließend zu Felix herüber, welcher ihm einen Umhang reichte, den Jake in aller seelenruhe anzog. „Was zum..?“, setzte ich an, doch die Worte blieben mir im Hals stecken, als Jake dann auf mich zuging. Mit einem Mal bekam ich Angst vor der Person bei der ich mich sonst am sichersten gefühlt hatte. Als ich in seine dunklen Augen sah, sah ich nicht mehr das Leuchten, dass ich so sehr mochte. Sie wirkten leer. Wie die eines Zombies aus irgendeinem Horrorfilm. „Jake..?“, fragte ich zitternd. Im Hintergrund hörte ich Sophia Lachen. Als er direkt neben mir stand, beugte Jacob sich zu mir herunter ohne auf meine Worte zu reagieren, fasste mich ziemlich grob am Arm und wollte mich hochziehen. „Jake!“, rief ich entsetzt. Ich war es nicht gewohnt, dass er mir weh tat. Das hatte er noch nie. Auch wenn es nur ein kurzer Moment gewesen war und keine großen Schmerzen, die Tatsache allein machte mir mehr Angst, als wenn man mir den Arm ganz abgerissen hätte. Im Hintergrund vernahm ich immernoch das schadenfrohe Gelächter und sah Jake hilfesuchend an, doch er schien immernoch ins Nichts zu starren. Dann plötzlich ging ein Ruck durch seinen Körper. Er kniff die Augen fest zusammen, ließ von mir ab, so dass ich wieder auf den Boden sank. Er selbst ging mit noch immer zusammengekniffenen Augen in die Knie und legte seine beiden Händen links und rechts von meinem Kopf mit den Handflächen gegen die Wand. Er atmete heftig und zitterte als er nun die Augen langsam aufschlug und mich so über mir gebeugt ansah. Vorsichtig nahm er die rechte Hand von der Wand und legte sie an meine Wange, dann strich er sanft darüber. „Es tut mir Leid“, flüsterte er dann. Eine Träne kullerte aus meinem Auge und tropfte auf seine rostrote Haut. Jake schluckte, dann drehte er sich mit mit einem Mal um und ging auf den Blondschopf los. „Du Scheusal!“, rief er ihr entgegen und stürmte auf sie zu. Sophia sah ganz perplex drein und schreckte zurück. Noch bevor Jake sie berühren konnte hatte Felix ihn schon gepackt, seine Hände auf seinen Rücken gedreht und ihn im Genick gepackt. Sophia stand nun kaum einen Meter von ihm entfernt und sah immernoch aus als hätte sie einen Geist gesehen. „Was bist du?“, fragte sie verwundert. Jake knurrte nur, antwortete jedoch nicht. „Ein Werwolf“, antwortete Jane hochnäsig. „Oder treffender: ein Gestaltwandler der in der Lage ist sich in einen Wolf zu verwandeln.“ „Aber.. ich dachte.. das..“, formte die Blondine langsam einen Satz. „Nun..“, stellte Jane fest. „Wie es scheint haben deine Fähigkeiten mal wieder neue Grenzen gefunden.“ Sie wirkte ganz erheitert. Wahrscheinlich war sie froh, wenn niemand nützlicher war als sie selbst. Jane nickte Felix kurz zu, dann setzte er sich mit Jake im Schlepptau in Bewegung. Er kam nicht besonders gut vorwärts, weil Jake sich noch immer gegen seinen Griff wehrte. Jane verdrehte die Augen und folgte ihnen dann durch die Tür. Ich sah ihr noch hinterher, bis sie um die Ecke ging und die Treppen hinauf, dann warf ich nochmal einen Blick auf Sophia. Sie sah mich noch immer mit einem verwunderten Ausdruck im Gesicht an. Ich wusste nicht was da eben passiert war, was sie mit Jake getan hatte und was er hinterher mit ihr getan hatte, dass sie so erschrocken war, aber es kam mir so vor, als sei sie nicht verärgert, sondern viel mehr verblüfft. Ich wartete noch kurz, dann sammelte ich meine noch vorhandenen Kräfte und drückte mich mit den Händen vom Boden ab um aufzustehen. Eher unbewusst fasste ich mir danach an eben jene Stelle, die Jake noch zuvor berührt hatte. Sophia sah mich ausdruckslos an. „Komm“, sagte sie nur kurz, dann ging auch sie durch die Tür. Was hätte es mir jetzt noch gebracht hier zu bleiben? Was hätte es gebracht noch einen Fluchtversuch zu starten? Gar nichts.. nur die Möglichkeit, dass sie Jake oder meiner Familie etwas antaten. Als ich wieder im Erdgeschoss ankam fühlte ich mich wie nach dem Besteigen eines sehr hohen Berges. Als ich nach der letzten Stufe einen kurzen Blick durch die Frabrikhalle warf, sah ich mehrere unbekannte Vampirgesichter. Jake war nicht mehr da. Felix, Sophia und Jane sah ich auch nirgends. Wo waren sie alle? Wo war meine Familie? Was würden sie mit ihnen machen? Würden sie Jake jetzt umbringen? Warum war ich überhaupt hier? Warum war es überhaupt so weit gekommen? Warum hatten meine Kinder nichtmal die Chance auf ein Leben? Ich wünschte mir, ich hätte mich niemals an jenem Abend mit Jake am See getroffen... Ich wünschte mir, ich hätte mich nie in ihn verliebt... Ich wünschte mir, ich wäre nie geboren worden... Das hätte ihnen allen so vieles erspart.... In mir wurde es kalt. Ich spürte die Kälte in mir aufsteigen. Von meinen Zehen über die Beine bis hin zu meiner Stirn kroch sie unaufhaltsam. Und ich wollte sie auch gar nicht aufhalten. Wozu? Um noch länger durch diesen Horror zu gehen? Alles um mich herum war Ungewiss... alle meine Träume waren fort. Die Zukunft mit Jake war mit einem Mal zerplatzt wie eine Seifenblase. Meine Welt wie ich sie bisher gehabt hatte, meine schöne, sichere Welt.. sie war fort. Und meine Familie und Jake waren auch fort. Stattdessen war ich hier umringt von einem Dutzend mir unbekannter Vampire mit blutroten Augen. Als ich mich umblickte sah ich vor meinem Auge kleine bunte Lichtpunkte. Zuerst nur ein paar wenige, dann wurden es plötzlich mehr. Sie flimmerten immer größer und immer stärker bis letztlich mein ganzes Blickfeld von ihnen verdeckt war... und dann sah ich nur noch Schwarz.... *** Ich wusste nicht was um mich herum geschehen war... alles was ich am Rande mitbekommen hatte waren Motorrengeräusche, Türen die auf und zu gingen und gelegentliches Stimmengewirr. Stimmen die ich nicht zuordnen konnte und deren Worte ich nicht verstand. Alles hörte sich gedämpft an, so als stünde ich weit weit weg.... Und irgendwann kam ich dann wieder näher. Ich spürte wie mir jemand über den Kopf strich. Es war eine sehr kalte Hand. Eiskalt... und so hart wie die Meine. Aber es war eine vertraute Hand. Jetzt begann ich auch langsam wieder meinen Körper zu spüren. Alles fühlte sich bleischwer an. Jedes Glied tat mir weh, von den Zehenspitzen bis zum Kopf. Die kalte Hand strich mir noch immer durchs Haar und über die Stirn. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich ziemlich heftig atmete und versuchte wieder ruhiger zu werden, dann schlug ich langsam die Augen auf. Das Erste was ich sah war eine unscheinbare weiße Decke. Als ich meinen Blick senkte, sah ich getäfelte Wände... so wie die der Volturi. Ich schreckte sofort hoch, wurde aber dann von den mir bekannten Händen zurückgehalten. „Hey hey“, sagte mein Vater und drückte mich sanft wieder zurück in mein Kissen. Er lächelte ganz leicht, schien aber nicht unbedingt glücklich zu sein. Er sah eher so aus, als täte ihm etwas weh. „Daddy?“, fragte ich keuchend. „Was ist passiert?“ Er schien kurz zu überlegen wo er anfangen sollte. „Nachdem ihr fort wart haben wir noch eine Weile mit Aro disskutiert. Später hat er dann seine Leute nach euch ausgeschickt. Wir haben ihnen angeboten euch selbst zurückzuholen, aber sie haben es sich nicht ausreden lassen.“ Wieder schreckte ich hoch und mein Vater hielt mich fest. Mit angsterfüllltem Blick sah ich in seine goldenen Augen. „Wo ist Jake?“, fragte ich und griff ihm an den Arm. „Es war sehr sehr dumm was er getan hat...“, sagte mein Vater langsam und seine Worte schürten die Angst in mir. „Was? W-was meinst du? WO Dad – WO?“, schrie ich ihn fast an. Was hatten sie ihm bloß angetan. Meine Augen suchten hastig nach Antworten in seinem Blick und mein Atem ging wieder schneller. Mein Vater nahm meine Hände, die sich förmlich in seinen Arm gekrallt hatten, von ihm weg und nahm sie in seine. „Ganz ruhig.. beruhige dich. Es geht ihm gut...“ Ich atmete einmal tief aus. „Sowas darfst du nie wieder machen, Dad! Du hast mir Angst gemacht...“ Mein Vater lächelte leicht. „Das tut mir Leid... aber es war trotzdem das Dümmste, was er hätte tun können und ich hatte ihn gewarnt.“ „Ich weiß... und er weiß es sicher auch.“ Ich zog es nun vor meine weiße Bettwäsche anzustarren. „Die Volturi fühlen sich jetzt darin bestätigt, dass er nicht in der Lage ist sich zu kontrollieren und so eine Gefahr für unser Geheimnis darstellt.“ „Was?“, fragte ich mit einem leicht sauren Unterton. „Aber es ist doch gar nicht gesagt, dass sie sich verwandeln können... vielleicht sind sie sogar menschlicher als ich...“ „Das Gegenteil ist aber auch nicht gesagt... es ist eine neue Mischform.. der Rest ist ihnen egal.“ „Und das heisst?“, fragte ich besorgt. „Sie sind sich unsicher... sie wollen einen Teil unseres Zirkels für sich gewinnen. Die meisten Vampirgaben sind nahezu einzigartig. Die Chance ein so starkes Schutzschild wie das deiner Mutter zu kriegen, werden sie nicht noch einmal haben. Sie können es sich nicht leisten dich umzubringen...“ „... also wollen sie mich hier festhalten, bis ich die Kinder zur Welt gebracht habe...“, setzte ich seinen Satz fort. - „Zumindest, bis sie eine entgültige Entscheidung gefällt haben.“ „Dad.. warum warten wir überhaupt noch? Sie werden sich sowieso dagegen entscheiden...“ Er schüttelte aufmunternd den Kopf. „Aro ist ziemlich unsicher. Das ist gut.“ Traurig sah ich auf meine Bettdecke, dann öffnete sich auf einmal die Tür und ein dunkelblonder Kerl trat ein. Er sah meinen Vater nur an, dann stand er plötzlich auf. Verwirrt sah ich ihn an. „Ich muss jetzt gehen...“, klärte er mich dann auf. „Was? Wohin? Ihr könnt mich doch nicht allein lassen“, flehte ich fast und kämpfte mit den Tränen. Mein Vater beugte sich zu mir herab, drückte mich einmal und gab mir einen Kuss aufs Haar. „Ich komme wieder sobald ich kann. Bleib einfach hier und ruh dich aus. Du brauchst keine Angst zu haben... es ist abgemacht, dass dir Niemand etwas tut. Sie werden ihr Wort halten.“ Verzweifelt griff ich nach einem Zipfel seines Hemds, als er sich umdrehen wollte. „Aber Daddy.. die Babys.. was ist wenn..“, ich brauchte meinen Satz gar nicht zu Ende sagen. Er drehte sich wieder ganz zu mir herum und strich mir über die Wange. „Fühl einen Moment in dich hinein, Renesmee. Du bist die Einzige, die den Zeitpunkt wissen wird. Hast du ein komisches Gefühl? Ahnst du irgendwas?“ Er hatte wahrscheinlich recht. Ich war als Einzige in der Lage zu sagen, wann es soweit ist. Ich nahm meine Hände von ihm und legte sie auf meinen Bauch, dann schloss ich die Augen. Mein Vater war neben mir ganz ruhig. Ich konnte fast mein eigenes Herz schlagen hören... Als ich die Augen wieder öffnete, lächelte mein Vater. Ich brauchte nichts zu sagen, er hatte es in meinen Gedanken gelesen. „Gut“, sagte er nur kurz. „Ich komme wieder... versprochen.“ Dann lief er davon und der Blonde schloss mit einem gleichgültigen Blick die Tür. Wahrscheinlich stand er immer davor... Allein gelassen blickte ich mich um. Das Zimmer wirkte mehr wie ein Hotelzimmer als wie ein Gefängnis, aber ich wusste es besser... Eine Zeit lang starrte ich nur auf den hässlichen grünen Fußboden und wusste nichts mit mir anzufangen. Meine Gedanken waren bei dem was kommen würde. Mein Vater hatte die Hoffnung das alles gut werden würde.. konnte er sich irren? Jake machte sich im Moment sicher schreckliche Vorwürfe... und mein Vater bombardierte ihn wahrscheinlich geradezu mit ihnen... Ob wir einfach hätten verhandeln können, wenn er nicht ausgerastet wäre? Draußen vernahm ich keinen einzigen Ton.. ich hörte niemanden reden, keine Schritte von vorbeilaufenen Personen... absolute Stille. Und genau das machte mir Angst... es sorgte dafür, dass ich mich noch einsamer fühlte... Aber eigentlich... eigentlich war ich doch gar nicht allein. In den letzten Monaten war ich nie allein gewesen... selbst wenn es so schien. Ich hatte meine Kinder immer bei mir gehabt. Ich trug sie direkt unter meinem Herz. Und genau dort wurde es mit einem Mal mollig warm. Ich legte mich hin und warf mir die Decke komplett über, sodass man mich nicht mehr sah, dann zog ich die Beine an und legte mir die Hände an den Bauch. So zusammengekauert schloss ich dann erneut die Augen. In all der Zeit war ich nie auf die Idee gekommen genau hinzuhören... meine Kinder waren immer dagewesen, aber ich hatte sie eher herumgetragen, als sie richtig wahrzunehmen. Und wenn ich jetzt so in mich ging verfiel ich fast in eine Art Trance. Ich spürte sie regelrecht... spürte wie sie sich in mir bewegten, selbst wenn es keine großen Bewegungen waren. Und sie bewegten sich sogar ziemlich häufig. Wahrscheinlich war es dadrin ziemlich eng, dachte ich. Langsam fuhr ich mit der Hand unter meinen Pullover und strich über die nackte Haut darunter. „Ich hab euch wahnsinnig lieb...“, flüsterte ich ganz leise zu ihnen. „Und ich werde niemals zulassen, dass euch jemand wehtut...“ Dann ging plötzlich meine Tür auf und ich zuckte erschrocken zusammen. Im ersten Moment spielte ich mit dem Gedanken mich einfach nicht zu bewegen... aber ich war ja unter der Decke nicht zu übersehen, also luckte ich vorsichtig unter ihr hevor und sah zu meiner eigenen Verwunderung in zwei braune Augen umringt von einem hübschen Gesicht mit etwas dunklerer Hautfarbe. Ich zog die Decke langsam etwas weiter nach unten, so dass mein Mund nun frei war. „Wer bist du, was willst du?“, fragte ich hastig, fast ein bisschen aggressiv. Sie sah mich mit einem interessierten Blick an, sagte aber kein Wort dabei. Ihre Augen musterten mich, wie die eines Kindes, dass irgendwas zum ersten Mal in seinem Leben sah. Dann nahm sie sich wortlos den Stuhl auf dem mein Vater vorher gesessen hatte und zog ihn zu sich, dann setzte sie sich darauf und fuhr damit fort mich anzuschaun. Und im Gegenzug sah ich sie an und wunderte mich darüber, dass sie so ein komisches Verhalten an den Tag legte. Ihren Augen und ihrem schnellen Herzschlag nach zu urteilen war sie wahrscheinlich ein Halbvampir. Ein weiblicher, genau wie ich. Aber ich war ja nicht der erste weibliche Halbvampir den sie je gesehen hatte, sie hatte doch ihre Schwestern. „Bist du giftig?“, fragte sie mich dann auf einmal und ich sah sie an, als hätte sie mich gefragt ob ich arabisch könnte. „W-was?“, hakte ich nach. „Kannst du Menschen in Vampire verwandeln?“, fragte sie dann konkreter. Ich schüttelte nur den Kopf und sie schwieg wieder. „Bist du eine von Nahuels Schwestern?“, kam es dann von mir. „Ja“, sagte sie. „Mein Name ist Hena.“ Gut, endlich hatte sie sich auch mal vorgestellt. Was sie hier aber nun wirklich wollte wusste ich immernoch nicht. Die Frage nach dem Gift schien mir einfach nur so in den Raum geworfen gewesen zu sein. Langsam erhob ich mich und setzte mich auf die Bettkante. Hena sah einen Moment auf meinen runden Bauch, dann stand sie plötzlich auf und ging zur Tür. Zuerst dachte ich, sie würde gehen wollen, doch dann blieb sie vor der Tür stehen, horchte kurz und drückte einmal kurz dagegen um sich zu versichern, dass sie wirklich zu war, dann ging sie wieder zu mir zurück und setzte sich an ihren Platz. „Wie lange bist du schon schwanger?“, wechselte sie auf einmal das Thema so abruppt. Sie flüsterte und schien Angst zu haben über das Thema zu sprechen. „Über ein halbes Jahr...“, gab ich eine grobe Antwort. „Länger als ich...“, murmelte Nahuels Schwester dann. Erst jetzt bemerkte ich wie sie sich über den Bauch strich. Die Rundung war mir vorher nichtmal aufgefallen. Ich hatte aber auch nicht wirklich darauf geachtet, weil ich es nicht erwartet hatte. Mit großen Augen und leicht offenem Mund starrte ich sie an. „Wir sind uns sehr ähnlich, du und ich“, sagte sie dann gedankenverloren. „Der Unterschied zwischen uns liegt nur in unserer Sicht der Dinge... als ich von deiner Existenz erfuhr und davon, dass wir die selben Umstände teilen, wollte ich dich sehen.“ Endlich hatte ich meine Antwort. Doch im selben Zug hatte sie neue Fragen aufgeworfen. „Sicht der Dinge?“, hakte ich nach. Hena nickte. „Was denkst du über die Menschen?“, stellte sie eine Gegenfrage. Ich sah sie verwundert an. „Für mich sind sie nichts anderes als wir... ich bin ja auch ein halber Mensch. Sie ernähren sich eben anders und sie altern.“ „Für mich sind sie niedere Wesen“, sagte Hena dann. Der Ton ihrer Stimme hatte sich bei diesen Worten verändert. Sie hatte nun einen tieferen Klang. Es machte mir fast Angst. „Also nehme ich an, dass der Vater ein Vampir ist?“ Wieder nickte sie. „Ich kann sie verführen um an ihr Blut zu kommen, aber niemals dürften sie mir so nahe kommen...“, grummelte Hena. Gerne hätte ich ihr meine Welt gezeigt. Obgleich wir in der Selben zu leben schienen, war sie anders aufgewachsen, hatte ein anderes Leben gelebt, andere Dinge gelernt, die falschen Werte vermittelt bekommen. Kein Lebewesen auf diesem Planeten war mir abgesehen von meinen Eltern genetisch näher als sie und doch unterschieden wir uns so sehr. Doch zum Lehren blieb mir nun keine Zeit. „Wissen sie davon?“, fragte ich dann. Dass ich mit „sie“ die Volturi meinte, wusste sie natürlich. Hena nickte zaghaft. „Ja, wer es wissen sollte, weiß es.“ In jenem Moment an dem ich meinen Mund wieder öffnete um was zu sagen, wurden wir vom Klang der sich öffnenden Tür gestört und schreckten zusammen. Nahuel war zur Tür hereingeplatzt. Er sah aus als wäre er ziemlich schnell gerannt und atmete hastig. „Nahuel“, sagte Hena dann überrascht und sah ihren Bruder an. „Schwester, was machst du hier?“, fragte er seinerseits. Sie winkte ab. „Nicht von belang.“ Nahuel nickte, fragte nicht weiter nach. Wahrscheinlich kannte er sie gut genug und ging davon aus das es besser war ihre Antwort zu hinzunehmen. Vielleicht gehörte sie zu den Personen, die ungern über manche Dinge sprachen. „Renesmee“, kam Nahuel dann auf mich zu sprechen und ich sah ihn fragend an. „Wir müssen weg, sofort!“ „Was? Mein Vater hat gesagt ich soll warten!“, konterte ich. „Dein Vater weiß auch nicht was ich weiß“, antwortete der Halbvampir. Jetzt sah ich noch perplexer drein. „Aber... die Abmachung?“ „.... wird von Aro und Marcus eingehalten, aber das interessiert Caius ziemlich wenig.“ „Aber mein Vater müsste das doch in seinen Gedanken gesehen haben!“ Ungedulig griff Nahuel nach meiner Hand und zog mich hoch. „Ich weiß nicht was er gesehen oder nicht gesehen hat! Ich weiß nur, was ich gesehen habe und das reicht mir! Möchtest du nun hier bleiben und sterben oder mit mir kommen und deine Chance nutzen?!“ Ich war mir unsicher ob es sinnvoll war sich der Anweisung meines Vaters zu widersetzen. Bisher hatte ich ihm stets vertraut, aber bisher war ich auch nie in einer solchen Lage gewesen. Was wenn er wirklich etwas nicht mitbekommen und Nahuel recht hatte? Ich hatte Angst ihm zu folgen, die Angst das er recht haben könnte überwiegte jedoch und ich griff nach dem kleinen Strohhalm den Nahuel mir gab. Ich konnte die Chance meine Kinder zu retten nicht versiegen lassen.... Ich sah noch einmal in Henas ausdruckloses Gesicht, als Nahuel mich aus dem Zimmer führte und sich die Tür hinter uns schloss. Nahuels Schritte waren schnell, doch immer wieder blieben wir an den Ecken einiger Gänge stehen und ich bekam Zeit mich kurz auszuruhen. „Geht es?“, fragte er besorgt nach. Ich schluckte kurz, dann nickte ich und er nahm wieder meine Hand und zog mich weiter. Die verschlungenen Gänge die er nahm waren meistens nicht beleuchtet, doch genauso wenig wie das Licht hier unten war, genauso wenig Leben war hier. Niemand kam uns entgegen, Niemand hielt uns auf. Wahrscheinlich wussten sie nicht mal von unserer Flucht und ich betete, dass dies auch so blieb. Mein Führer wusste genau wo er lang ging, ich jedoch hatte Probleme mitzukommen, doch er ließ meine Hand nie los und führte mich weiter. In den engen Gängen war es kein Problem die Wände rechts und links zu berühren und so tastete ich mich einfach vorran, stets darauf bedacht nicht hinzufallen. Nach gut einer halben Stunde endete die Finsternis und der Weg wurde wieder breiter, dann jedoch blieb Nahuel stehn. Vor uns lag eine runde metallene Luke. Sie war rostig und sah schwer aus. Nahuel ließ meine Hand los, ging zu ihr hinüber, nahm den Griff und drückte ihn mit aller Kraft herunter. Er stöhnte angestrengt dabei, doch der letzte Schrei wurde von dem befreienden Geräusch des nachgebenden Griffes übertönt. Mit einem Quietschen öffnete sich die Schleuse. Vorsichtig warf ich einen Blick an Nahuel vorbei hinein. Es war ebenso dunkel wie die Gänge die wir hinter uns hatten mit dem Unterschied, dass jetzt noch ein fauler Geruch und eine unglaubliche Feuchte dazu kam. Nahuel stieg durch die Luke hinein und hob mir seine ausgestreckte Hand mit der Handfläche nach oben entgegen. „Komm...“, sagte er sanft. Ich zögerte einen Augenblick. Nahuel verharrte in seiner Stellung. Erst als ich meine Hand in seine legte, schlossen sich seine Finger sanft und er zog mich zu sich. Ich stieg durch die Luke in die Dunkelheit und stand sofort mit den Füßen im Waser. „Ih..!“, rief ich aus. „Schscht“, zischte er sogleich. Ich verstummte und er ging weiter. „Wo sind wir?“, flüsterte ich vorsichtig. Nahuel lachte leise auf. „Ich würde es als Abwasserkanal bezeichnen.“ Ich sagte im ersten Moment gar nichts. Zu widerlich war mir die Vorstellung schwanger und auf der Flucht durch ein Abwasserrohr zu waten. Doch es war wohl die Realität, denn ich spürte wie das Wasser durch meine Schuhe drang und meine Socken aufweichte. Bei dem Gedanken wurde sogar mir kalt. Mit einer Hand am Bauch und der Anderen in Nahuels marschierte ich also nun fast eine Stunde lang stets geradeaus durch ein miefendes Rohr. Es war kalt, nass und wirklich eklig, aber was tat man nicht alles um das eigene Leben und was noch viel wichtiger war, dass der eigenen Kinder zu retten. Wenn dies die beste Möglichkeit war zu entkommen, dann war sie gut, egal wie abartig sie schien. Wahrscheinlich stank ich danach so fürchterlich, dass die Volturi mich nicht mehr rochen... Bei dem Gedanken daran was Jake sagen würde musste ich fast lachen. Doch meine Angst entdeckt zu werden hinderte mich daran den Mund zu öffnen. Nahuel zog mich unablässig weiter durch die Dunkelheit. Der Marsch durch die überlriechende Brühe kam mir unendlich vor. „Nahuel, wie lange ist es denn noch, bis wir hier wieder raus sind?“, fragte ich ungeduldig. Der Halbvampir schwieg. Wusste er nicht wie lang er laufen musste? Wusste er überhaupt wo er hin ging? Hatten wir uns womöglich verirrt? In mir kroch Panik hoch und mischte sich mit dem allgemeinen Unbehagen und der Angst. Sofort beschleunigte ich meine Schritt und merkte gar nicht wie ich an Nahuel vorbei marschierte und er meine Hand los ließ. Nahuel nahm nun ebenfalls an Geschwindigkeit zu um mit mir Schritt zu halten und so liefen wir nun im Eiltempo durch den Kanal ohne einmal zurück zu schauen. Ich sehnte mich nach frischer Luft – und was noch viel wichtiger war – nach der Sonne. Meiner Sonne. Und tatsächlich. Nahuel blieb stehen. Im ersten Moment verstand ich es gar nicht. Hinter uns lag das dunkle Rohr das wir passiert hatten und vor uns ging es ebenso weiter. Warum blieb er hier stehen? Angespannt sah er sich kurz um, schien zu horchen. Dann wandelte sich sein grimmiges Gesicht in ein Lächelndes und er reichte mir seine Hand, die ich einen Moment anstarrte. „Komm“, sagte er dann ruhig. Statt mich weiter geradeaus zu führen lief er jetzt zu einer der feuchten Wände. Nun sah auch ich die rostige alte Leiter die hier nach oben führte. Mein Blick folgte ihr und an ihrem Ende sah ich die runde Scheibe: Ein Gullideckel von unten. Nahuel führte mich ganz an die Wand, dann ließ er meine Hand los und kletterte mit einer geschmeidigen fließenden Bewegung das Gestell hoch. Oben drückte er einmal kräftig gegen den Deckel, woraufhin dieser sich hob und von ihm zur Seite geschoben wurde. Sofort erhellte das hereinfallende Licht die Finsternis in dieser trostlosen Röhre. Der Mond schien heute Nacht hell am Himmel Volterras. Nahuel stand noch einige Sekunden oben auf der Leiter und schien die Lage zu peilen, dann kam er wieder zu mir herunter. „Ist es.. ist es okay, wenn ich dich trage?“, fragte er dann fast wieder wie ein kleiner eingeschüchterter Junge. Ich merkte wie mir die Röte ins Gesicht schoß, dann nickte ich. Nahuel stellte sich neben mich, legte einen Arm an meinen Rücken, den Anderen an meine Kniekehlen, dann hob er mich vorsichtig hoch. Er hatte genauso wenig Probleme mich zu tragen wie Jake oder irgendjemand sonst den ich kannte. Einen Moment sah ich ihn nur an und er mich, dann legte ich meine Arme um seinen Hals. Es gab eine Zeit da wäre mir das nie in den Sinn gekommen und diese Zeit ist nichtmal so fern, doch nun wusste ich auf wessen Seite er war und ich war ihm in dieser Nacht unendlich dankbar, dass er mir half. Mehr noch... er setzte sein Leben für mich.. uns... aufs Spiel.... Während er mich mit dem einen Arm hob, hielt er sich mit dem Anderen an der Leiter fest und in wenigen Sekunden hatte ich wieder halbwegs trockenen festen Asphalt unter meinen nassen Füßen. Das Erste was ich tat, war einmal tief durchzuatmen. Ich sog die Luft um mich herum ein wie jemand der eben kurz vor dem Ertrinken gewesen war. Ich spürte förmlich wie sie sich einen Weg in meine Lungen bahnte und alles auffrischte. Es war ein Gefühl von Freiheit... doch noch war ich nicht gänzlich frei. Ich war immernoch von meiner Familie getrennt. Nach meiner Atempause sah ich mich um, während Nahuel den Gullideckel wieder zurückschob und das Loch im Boden versiegelte. Wir waren in einer Art Sackgasse, in irgendeinem hinteren Eck. Alles was hier stand waren einige schwarze Müllsäcke von denen die meisten schon aufgerissen waren und aufgequollen dort herum lagen. Mein Blick schweifte weiter und blieb dann an einem Auto kleben. Es war ein weinroter alter Fiant Punto, dreckig und verbeult, doch als ich sah wie Nahuel darauf zu steuerte, sah ich in dem kleinen Wagen mein rettendes Ufer. *** Als wir durch die engen Gassen Volterras fuhren sah ich noch nervös auf das Tacho, dessen Zeiger kaum über die 40 kam. Abgesehen von ein paar streunenden Tieren sah ich jedoch auf den Straßen kein Lebewesen. Ob sie uns noch immer nicht bemerkt hatten? Als wir Volterra hinter uns ließen, sah ich nur noch die Weite der Toskana vor uns. Kaum das wir auf offener Straße waren drückte Nahuel das Gas dermaßen durch, dass ich zunächst befürchtete sein Fuß würde unten wieder rauskommen. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich mir nie Nahuel am Steuer hätte vorstellen können. Eigentlich konnte ich mir das bei den meisten Vampiren nicht vorstellen, waren sie doch zu Fuß ohnehin fast schneller. Doch mit mir im Schlepptau hatte er es wohl für besser gefunden einen fahrbaren Untersatz zu besorgen. Ob er die Kiste geklaut hatte? „Wo genau bringst du mich eigentlich hin?“, fragte ich dann. Nahuel sah mich kurz an, dann blickte er wieder auf die Straße. „Zu deiner Familie, wohin sonst?“ Ich sagte nichts mehr, lächelte nur noch. Bald schon bald war ich wieder bei Jake... Irgendwann begann die Landschaft hügeliger zu werden. Als wir vom Hotel aus zu den Volturi gefahren waren, hatte ich mir die Straße nicht gemerkt, aber unser Hotel war ja auch höher gelegen. Ob wir schon fast da waren? Ein Blick auf die Uhr im Radiodisplay verriet mir, dass wir seit fast einer Viertelstunde fuhren und es nun vier Uhr Morgens war. Mir kam es aber so vor als fuhren wir schon mindestens eine Stunde. Trotz allem war ich zufrieden. Ich sah aus dem Fenster, erblickte die toskanische Landschaft die an uns vorbeschoß. Dann kurbelte ich das Fenster herunter und ließ den Wind durch mein rotes Haar streifen. Ich atmete tief durch und strich mir über den Bauch. „Alles in Ordnung?“, fragte Nahuel direkt. Ich nickte. „Ja, alles okay.“ Nahuel lächelte und ich grinste zurück, doch im nächsten Moment verfinsterte sich sein Blick schlagartig und meiner zog mit. „Verflucht...“, fauchte er. „Was?“, fragte ich verdutzt. „Wir kriegen besuch...“, antwortete er knapp und gab nochmal ordentlich gas, obwohl aus dem kleinen Auto kaum noch mehr rauszuholen war. Mein Blick wanderte vorsichtig zum Rückspiegel zu meiner Rechten. Ich sah darin nur die Bäume die wir hinter uns ließen, was mich noch mehr verunsicherte. Wenn schon Gefahr war, dann wollte ich wenigstens sehen wovon. In der Ferne sah ich dann vor uns ein kleines Licht auf einem Hügel: unser Hotel. Konnten wir uns dorthin retten? War es überhaupt klug jetzt dorthin zu gehen, wo sie uns auf den Versen waren? Brachten wir die Leute dort oben vielleicht in Gefahr? Doch ich konnte nicht mehr tun als zu hoffen, dass Nahuel das Richtige tat. Dieser saß mit zusamengebissenen Zähnen angespannt am Steuer und schien fast das Lenkrad zu zerbrechen. Ich kurbelte mein Fenster wieder zu, wusste aber, dass das nichts brachte. Sie konnten ja auch einfach die ganze Tür rausreissen... „Komm schon, komm schon...“, zischte Nahuel dem Auto zu. Das schien aber bereits sein Bestes zu geben. Jetzt drehte ich mich doch mal um, sah aber auch aus der Heckscheibe nichts als die Landschaft. Jetzt erst fiel mir so richtig auf, dass Nahuel Vampirsinne offenbar um ein vielfaches ausgeprägter waren als meine. Ich benutzte sie ja auch nie und jetzt regte ich mich auf, weil ich unsere Verfolger nicht mal sah... Plötzlich gab es einen Knall über uns. Irgendetwas war aufs Dach gesprungen. Ich schrie erschrocken auf und Nahuel fuhr unbeirrt weiter. Reflexartig ließ ich mich tiefer in den Stuhl sinken und sah nach oben. Ich wusste nicht ob es vielleicht Einbildung war, aber irgendwie sah die Decke nun krumm aus. Eigentlich hatte ich vorgehabt mich ganz auf den Boden zu setzen, aber das Armaturenbrett nebst Handschuhfach war zu dick.. oder ich. Mein Atem raste. Mein Instinkt riet mir wegzulaufen, doch war ich hier drin gefangen und das Auto nicht schnell genug für Vampirfüße. Im nächsten Moment sah ich dann eine Hand an meiner Scheibe und wich reflexartig zurück, wobei ich damit fast auf Nahuel saß. Dieser sagte jedoch nichts, sondern strengte sich an das Lenkrad festzuhalten, während ich mich immer näher an ihn drückte. Ich wimmerte als ich sah, wie der Vampir an der Seite unseres Autos hing. Er hatte dunkelblondes, fast braunes Haar und sah uns finster an. Mit einem kurzen Schlag zerbröckelte die Scheibe und viele viele kleine Scherben landeten auf meinem Stuhl. Ich winkelte die Beine mehr an, so dass ich weiter weg von ihm war, aber ich saß schon eher auf Nahuels Stuhl und der Gangschaltung als auf meinem Eigenen. Weiter zurück konnte ich nicht. Dann fiel mein Blick auf den Türöffner. Er würde ihn gleich benutzen. Ohne viel nachzudenken rutschte ich wieder nach vorn und hielt die Tür von innen mit aller Kraft zu. Mein Gesicht war jetzt keinen halben Meter mehr von Seinem entfernt. „Nessie!“, rief Nahuel erschrocken, doch ich hatte mit einem Mal nur noch Zorn für den Volturi vor mir übrig und glaubte einen Moment sogar ich könnte mich ihm entgegenstellen, doch dass dies nur Wunschdenken war, wurde mir rasch klar gemacht. Plötzlich langte der Blonde durch das kaputte Fenster. Seine kalten bleichen Hände schlossen sich um meinen Hals und ich bekam keine Luft mehr. Instinktiv ließ ich die Tür los und versuchte mich zu befreien. Panik kroch in mir hoch. Todesangst. Ich konnte gar nicht mehr klar denken, versuchte nur noch los zu kommen und merkte wie mir die Luft knapp wurde. Wollte er mich umbringen? „Lass sie los!“, brüllte Nahuel. Ich wusste nicht was er tat, ob er mir irgendwie half oder lieber das Steuer festhielt. Als mir gerade schwummrig wurde verschwand der Druck plötzlich. Er hatte mich losgelassen um die Tür zu öffnen. Mit einem reissenden Geräusch riss er sie ab und warf sie weg, dann widmete er sich wieder mir. Jetzt lag nichts mehr zwischen uns. Ich rieb mir immernoch den Hals und atmete angestrengt. Nichtmal die Augen bekam ich ganz auf, doch sah ich deutlich wie er mich siegessicher angrinste und dann sah ich wie seine Hände nach mir griffen. Ich rührte mich nicht mehr vom Fleck. Weiter zurück rutschen konnte ich ohnehin nicht. Ich spürte nur noch die Vibration des Wagens und hörte Nahuel hinter mir knurren. Gerade als ich mich verloren glaubte, schoss irgendwas an uns vorbei und riss den Angreifer mit sich, dann knallte es wieder auf dem Dach und ich zuckte abermals zusammen. Noch einer? Wieder sah ich zuerst eine bleiche Hand, doch diesmal war sie kräftiger, dann atmete ich erleichtert auf, als Emmett kopfüber in das Auto blickte. „Emmett!“, rief ich ihm freudig zu. „Hast du gedacht wir lassen dich im Stich?“, fragte er neckisch und zwinkerte mir zu. Ich lächelte nur zurück, dann reichte er mir seine Hand, die ich ohne zu zögern ergriff. Emmett zog mich aus dem Auto und hob mich dann auf das Dach. Als ich auf der weinroten Karosserie saß spürte ich wie zerbeult sie wirklich war. Der Fahrtwind war hier ziemlich stark, doch es war ein aufregendes Gefühl auf einem fahrenden Wagen zu sitzen. Emmett kniete neben mir und hielt mich fest. Jetzt erst sah ich das Ausmaß dessen was um uns herum eigentlich geschah. Weitere mir unbekannte Vampire verfolgten uns. Immer wieder versuchten sie dem Auto näher zu kommen. Doch um uns herum kreiste auch meine Familie. Hinter uns sprang gerade einer der Verfolger an den Kofferraum und klammerte sich daran fest, doch keine zwei Sekunden später wurde er grob von meinem Vater gepackt und fortgezogen. Dann sah ich nur noch wie der Fremde auf dem Asphalt landete und sein Gesicht von meinem Vater in den Boden gerammt wurde. Zu unserer Linken spurtete Rosalie ohne Probleme neben dem Wagen her. Alles was sich ihm von ihrer Seite näherte wurde einfach weggeschlagen. Dann sprang ein Volturi auf die Motorhaube und sah von dort zu Emmett und mir hoch. Mein Onkel hielt mich sicher im Arm, rutschte leicht vor mich und knurrte den Angreifer an. Doch er musste gar nichts weiter tun. Diese Arbeit übernahm meine Mutter. Sie warf sich auf den Feind, beide flogen vom Auto auf die Straße und blieben zurück. Wahrscheinlich würde ich ihn erst wieder sehen, wenn er sich von meiner Mutter losgerissen hatte. Dann wurde das Auto langsamer, weil wir einen Berg hinauf fuhren. Emmett hielt mich weiter fest. Um uns herum war momentan niemand mehr sonst und Nahuel fuhr unbeirrt weiter die Steigung hinauf. „Ah“, sagte Emmett dann heiter. „Da kommt ja dein Taxi!“ Verwundert folgte ich seinem Blick. Rechts neben uns lief jetzt ein großer rostroter Wolf. „Jake!“, rief ich glücklich. Jacob bellte kurz, dann spürte ich wie Emmett mich hochhob. Langsam beugte er sich dann vor und Jacob lief so nach wie möglich neben dem Auto her, so dass mein Onkel mich auf seinen großen Rücken setzen konnte. Hier fühlte ich mich schon um ein vielfaches wohler als in dem kleinen Auto. Meine Hände verschwanden in dem flauschigen Fell, ich spürte Jakes angenehme Körpertemperatur und hatte sofort ein unglaubliches Gefühl von Sicherheit und Wohlbehagen. Jake hatte eine Rute jenseits der Straße gewählt und fegte mit mir quer über eine der vielen Wiesen hier. Ich war müde von dem ganzen Stress und der Aufregung und hoffte, dass meine Familie die Volturi in Schach halten konnten, so dass wir unsere Ruhe hatten. Jake wählte einen etwas umständlichen Weg um den Berg hinauf zu kommen. Dass das große Gebäude direkt auf der Anhöhe über uns unser Hotel war, erkannte ich im ersten Moment gar nicht. Von hinten und im fahlen Licht der langsam aufgehenden Sonne sah es so anders aus. Jake sah sich kurz nochmal um, dann legte er sich auf den Boden. Ich rutschte von seinem Rücken, bis ich auf wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Langsam lief ich nach vorn zum Hotel, dass ein wenig an eine Burg erinnerte, lehnte mich an die Hauswand und sah an der Ecke des Gebäudes vorbei den Berg hinab. Ich konnte unten weder die Volturi noch meine Familie erblicken. Im ersten Moment wurde mir ganz mulmig, dann aber erkannte ich, dass es eigentlich etwas Positives war. Meinem Vater und meiner Mutter würden sie ohnehin nichts Ernsthaftes tun. Emmett wusste sich zu behaupten und würde Rose sicher gut beschützen. Kein Grund sich um sie sorgen zu machen also. Zumindest ging ich davon aus. Hinter mir hatte Jake sich inzwischen zurückverwandelt. Das spürte ich ohne mich zu ihm umzudrehen. Langsam ging er auf mich zu und umarmte mich von hinten. Seine großen Hände umschlossen meinen Bauch und ich legte meine Hände auf die Seinen, dann lehnte ich meinen Hinterkopf an seine Brust und er legte sein Kinn an meine Schulter und hielt mich ganz fest. Beide hatten wir die Augen geschlossen und genossen diesen Moment. Ich spürte seinen warmen Atem an meiner Haut, seine Lippen liebkosten meinen Hals. „Ich dachte, ich hätte euch verloren...“, hauchte er mir dann leise zu. In seiner Stimme schwang Schuldgefühl aber auch Erleichterung mit. Ich nahm seine Hände von meinem Bauch und drehte mich dann um, damit ich in seine dunklen Augen sehen konnte. Sie wirkten etwas glasig. Ich legte meine Hand an seine Wange und er legte seine Hände um meine Taille. „Das Gleiche dachte ich auch...“, sagte ich. Einen Moment musterte er mich noch, ich sah wie seine Augen sich kaum merklich bewegten. Dann beugte er sich zu mir herab und legte seine Lippen auf meine. Seine Hände strichen über meinen Rücken und ich strich ihm übers Haar. Unser Kuss war nicht so lang wie manch anderer davor, dafür war er jedoch umso intensiver. Als er sich von mir löste, kribbelte es noch immer in mir. Abermals umarmte er mich nun, zog mich ganz nah zu sich und drückte mich sanft an sich. „Ich liebe dich, Renesmee“, flüsterte er mir dann ins Ohr. Ich lächelte. „Und ich liebe dich“, gab ich zurück. Mein Werwolf hatte ebenfalls ein Lächeln aufgesetzt, dann verfinsterte sich sein Gesicht wieder etwas. „Geh durch den Haupteingang. Sie sind nicht in der Nähe. Hab keine Angst.“ - „Was ist mit dir?“ „Ich hab meinen eigenen Eingang“, antwortete er grinsend. Gut.. er konnte schlecht nackt durch durch den Empfangsraum marschieren. Ich sah ihn nochmal kurz an, dann drehte ich mich um und lief zügig um das Gebäude herum, wobei ich zwischen einige kahle Sträucher huschen musste. Im Sommer sah das hier sicher ganz nett aus, jetzt war ich einfach nur erleichtert endlich in das Gebäude gekommen zu sein. Mein Weg führte mich direkt die Treppen hinauf in unsere Suite. Vorsichtig klopfte ich an die Tür, ich hatte ja keinen Schlüssel. Nach einigen Sekunden wurde sie dann geöffnet und vor mir stand mein Großvater. „Nessie!“, rief er freudig und ich trat ein. Sofort nahm er mich in den Arm. „Oh wir haben uns solche Sorgen gemacht“, sagte er dann traurig. „Das tut mir Leid...“, antwortete ich niedergeschlagen. Dann klopfte es abermals an der Tür. Carlisle deutete mir an in das Nebenzimmer zu gehen. Dort horchte ich hinter verschlossener Tür. „Ist sie schon hier?“, hörte ich dann die Stimme meines Vaters. „Ja, sie ist gerade reingekommen“, gab Carlisle zurück. Mehr konnten sie nicht mehr sagen, denn da war ich schon aus dem Zimmer gestürmt und ihnen entgegen gerannt. „Daddy!“, rief ich und sprang meinem Vater in die Arme. Er ging dabei sogar ein wenig zurück so überschwänglich war ich gewesen. Vorsichtig strich er mir über den Kopf. „Alles in Ordnung?“, fragte er dann. Ich nickte nur, dann trat meine Mutter links neben meinen Vater und ich umarmte auch sie. „Mommy...“, flüsterte ich nur. „Mein Schatz...“, sagte meine Mutter und umarmte mich ebenfalls. „Hier, Nessie“, vernahm ich dann Carlisle Stimme und drehte mich um. Meine Großvater reichte mir ein Glas mit frischem Wasser. „Danke“, sagte ich, nahm das Glas und trank einen großen Schluck. Hinter meiner Mutter sah ich nun auch Emmett und Rosalie stehen, die beide ziemlich zufrieden aussahen. Ganz hinten an der Wand lehnte Nahuel. Er atmete etwas schneller als normalerweise. Als unsere Blicke sich trafen winkte er mir mit einer einzigen Handbewegung kurz zu und setzte ein leichtes Lächeln auf. „Warum bist du weggelaufen?“, fragte mein Vater dann. Ich nahm das Glas von den Lippen und sah ihn an. Er war sauer.... „Ich hatte doch eine Abmachung. Ich hab dir das doch extra erklärt. Du hast es jetzt nur noch schlimmer gemacht...“ Ich antwortete zunächst nicht, ganz einfach weil mir gerade entfallen war, womit das eigentlich begonnen hatte, doch Nahuel nahm mir die Aufgabe einfach ab. „Das war meine Schuld“, ertönte es von hinten und alle drehten sich zu ihm um. Er ging von der Wand weg und auf meinen Vater zu. „Ich hatte mitbekommen, wie Caius mit einem der Volturi über Renesmee gesprochen hat. Er hatte nicht die Absicht die Abmachung einzuhalten.“ Verdutzt sah meine Familie den Halbvampir an. „Bist du dir ganz sicher?“, hakte mein Großvater dann nach. Nahuel nickte. In seinen Augen lag keine Lüge. „Dann sollte ich mich ja glatt bei dir bedanken...“ Jakes Stimme trat plötzlich der Konversation bei. Er kam voll bekleidet aus der Tür die unser Doppelzimmer mit der Hauptsuite verband und lächelte. Nahuel sah ihn einfach nur an. Er schien nicht zu wissen was er nun sagen sollte. Jacob blieb kurz vor ihm stehen und reichte ihm die Hand. „Danke, dass du mein Leben beschützt hast“, sagte er dann. Das er damit nicht sein eigenes Leben sondern das Meine meinte, bemerkte ich sofort. Ob Nahuel das auch tat, wusste ich nicht, ich nahm es aber an. Sein Mund verzog sich zu einem kessen Lächeln, dann nahm er Jakes Hand. Sie hatten eine ziemlich ähnliche Hautfarbe, auch wenn Nahuel etwas dunkler zu sein schien. „Und was machen wir nun?“, fragte Rosalie dann in die Runde und griff damit wieder unser Hauptthema auf. „Wir müssen zurückgehen und die Situation erklären, sonst werden wir auf ewig auf der Flucht vor ihnen sein“, sagte Carlisle ruhig. „Dann wissen sie warum Nessie weggelaufen ist, aber die Erklärung schützt noch immer nicht ihre Kinder“, meinte dann meine Mutter. „Vielleicht ist es doch besser, wenn wir einfach gehen“, murmelte sie leise. „Lieber auf der Flucht als das Risiko einzugehen...“ In diesem Moment fasste ich dann einen Entschluss. „Nein!“, sagte ich und ballte die Fäuste. „Ich will frei sein! Meine Kinder sollen nicht in Angst leben! Ich gehe zurück!“ „Nessie-“, begann Jake dann. Wahrscheinlich hatte er wieder eine Riesenangst und wollte mich zu Bellas Vorschlag überreden, doch ich unterbrach ihn direkt wieder. „Ich habe einen Plan! Wenn es gelingt, dann lassen sie uns einfach ziehen“ Jacob sah mich voller Sorge an. Der Rest musterte mich ebenfalls stumm. Ich trat näher an meinen Freund heran. „Bitte vertrau mir...“ - Ende Kapitel 21 - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)