Ehre und Stärke III : Maats Flügel von Tatheya (oder: Gundam Wing goes Ancient Rome) ================================================================================ Kapitel 23: ------------ Disclaimer: Gundam Wing und die Charaktere gehören nicht mir sondern Sunrise und Bandai. Ich verdiene auch kein Geld mit dieser Geschichte. Kapitel XXIII Merenptah und Treize waren in schlichte, weiße Leinengewänder gehüllt. Ihre Gesichter unter den weiten Kapuzen verborgen. Mit ehrfürchtig gesenktem Kopf gingen sie über den Tempelhof. Es war Abend, die Tore für die Bittsteller und die übrigen Gläubigen wurden gerade geschlossen und so war der Platz fast menschenleer. „Dort drüben“, wies ihn Merenptah leise auf den Priester hin, der frischen Weihrauch in die Becken legte. Der Priester erwiderte ihr Nicken und geleitete sie dann in eine kleine Kammer abseits des Tempelhofes. Sie befanden sich nun im Wirtschaftsbereich des Komplexes in einer der zahlreichen Vorratskammern. Treize selbst zog die Tür hinter ihnen zu, doch nicht ohne sich noch einmal zu vergewissern, dass sie niemand beobachtet hatte. Dann nahmen sie ihre Kapuzen ab. „Merenptah sagte mir, dass du in den Tempel willst, aber ich muss doch fragen, warum dies sein muss?“, wandte sich der Amunpriester ohne weitere Begrüßung sofort an Treize. „Kenne ich dich?“, entgegnete er, irgendetwas in den Zügen des jungen Mannes kam ihm vage vertraut vor und nach dieser prompten Frage... „Du bist doch nicht etwa Aster!“ „Ha, ich sollte mich wohl geschmeichelt fühlen. Du kennst noch meinen Namen.“ Ja, da war das Lächeln. Keine Frage, dieser Priester war niemand anders als Aster, der junge Akolyth mit dem er sich vor so vielen Jahren des öfteren an die Ufer des Nils geschlagen hatte um dort alleine zu sein. Das hätte ihm Merenptah aber auch sagen können und als er diesem einen missbilligenden Blick zuwarf, zog sein Freund nur scheinbar unbeteiligt die Schulter hoch. Als ob er sagen wollte. ‚Du kannst es dir nicht leisten wählerisch zu sein.‘ „Ich habe den Verdacht, dass die Amunpriester im Geheimen einen Gast beherbergen.“ „Diese alten, sturen Männer!“ Anscheinend hatte Merenptah mit Aster doch keine so schlechte Wahl getroffen. Diesen Worten zu Folge hatte er für die Führungsriege der Priesterschaft nicht viel Sympathie übrig. „Sie hängen ihrer alten Macht nach, zelebrieren noch die alten Rieten, unten in den uralten Kammern des Gottes. Was für ein Gast soll das sein?“ „Ist dir nichts aufgefallen? Geschwätzige Diener, übermäßiger Verbrauch an Lebensmitteln?“ „Also wirklich Treize, dieser Tempel hier ist eine kleine Stadt für sich und ich bin nur ein gewöhnlicher Priester. Wenn sie hier tatsächlich jemanden vor den Augen der Römer verstecken wollten, dann könntest du Wochen damit zubringen sämtliche Gebäude und Kammern zu durchsuchen!“ Dies musste auch Treize einsehen, etwas konkretere Hinweise waren von Nöten. Er hoffte, dass Merenptah Aster gut bezahlt hatte und dieser sie nicht verriet. „Caesarion, hast du diesen Namen schon einmal gehört?“ „Nein.“ Es wäre auch zu einfach gewesen. „Nochmal: Sind irgendwelche Gäste, oder Delegationen in den vergangenen Monaten hier eingetroffen?“ Aster wollte bereits empört protestieren, da fiel ihm Treize ins Wort: „Versuch dich zu erinnern. Vielleicht irgendjemand, der nicht wie ein Priester aussieht, aber hier häufig zu sehen ist. Ein Knabe, vielleicht?“ „Es gibt viele Jungen, die hier in die Mysterien eingeweiht werden...“, da stockte er und Asters schwarze Brauen zogen sich zusammen. „Da war ein Junge. Kein Ägypter, er saß in einem der Gärten und ein Römer war bei ihm. Ich hielt ihn für einen Perser.“ „Wann war das?“ „Lange noch vor der Nilschwemme. Genauer weiß ich es nicht mehr.“ Treize rechnete nach. Zeitlich könnte es passen, aber ein ausländischer Junge und ein Römer, das waren nicht unbedingt die Art von Beweisen, die Treize weiterhalfen. Aber vielleicht war es ein Anfang. „Warum ist er dir aufgefallen?“, ergriff nun nach längerem Schweigen Merenptah das Wort. Er hatte sich auf einem der Säcke niedergelassen, die hier gelagert wurden. Wahrscheinlich Getreide, ab und zu hörten sie das leise Fiepen der Mäuse, die sich wohl in ihrer Ruhe gestört fühlten. „Eine gute Frage“, stimmte Treize zu. „Ja, warum?“ Aster grinste: „Das wird dir gefallen: Weil der Römer diesem Jungen Latein beigebracht hat.“ Treize zeigte die Andeutung eines Lächelns. „Das ist in der Tat ungewöhnlich.“ Er stand auf, drückte Asters Schultern in einer Geste der Anerkennung und küsste ihn dann auf den Mund. „Musstest du ihn küssen?“, zischte Merenptah als sie durch die belebten Straßen von Theben gingen, zurück zur Villa. „Ich habe mich nur seiner Wertschätzung versichert. Eifersüchtig? Es hat dich doch früher nicht gestört.“ „Du änderst dich nie, was?“ Sie schlenderte an einem Stand, der frisch gebratenes Hammelfleisch veräußerte, vorbei. Ihnen beiden lief buchstäblich das Wasser im Mund zusammen und sie kauften sich eine Portion. „Was wirst du jetzt tun?“ Mit einem herzhaften Bissen schlang Merenptah das Fleisch hinunter. Es schmeckte am Besten, wenn es frisch vom Grill war und Treize tat es ihm gleich. Aster würde versuchen mehr über den merkwürdigen Besuch zu erfahren und sobald er den Jungen oder den Römer wieder sah, würde er Treize Meldung erstatten. „Du weißt ja noch nicht einmal, ob es sich um die Leute handelt, die du suchst“, gab der Ägypter zu bedenken. „Es spricht so einiges dafür, aber natürlich hast du Recht und ich werde nicht voreilig handeln.“ Angenommen Aster sah diese zwei Gestalten wieder und konnte sogar ihren Aufenthaltsort im Tempel ausfindig machen, dann würde Treize selbst in den Tempel gehen und sich die Beiden aus nächster Nähe ansehen. Er hoffte, dass sich diese Hinweise als heiße Spur erweisen würden. Andernfalls stand er wieder mit leeren Händen da und musste von vorn beginnen. Dabei wollte er so schnell es ging wieder in Richtung Norden segeln und den Auftrag des Kaisers bald erfüllt wissen. Die Nachricht Asters erreichte ihn nach dem Abendmahl. Treize hatte gerade das Badehaus aufsuchen wollen als ihm einer von Merenptahs Sklaven einen kleinen Fetzen Papyrus überreichte. Aster hatte den merkwürdigen Jungen und den Römer erneut inmitten der Amunpriester erspäht. Besser noch, der Römer hatte sich mit dem obersten Priester selbst unterhalten. Doch besonders brisant war die Tatsache, dass die beiden sich jetzt wahrscheinlich noch immer im Tempel aufhielten, denn Aster hatte ihm sofort die Nachricht zukommen lassen. Versonnen hielt Treize den Papyrus in ein Öllichts und starrte in die Flammen, die kurz aufleuchteten und dann nur Asche hinterließen. Sollte er abwarten? Noch länger warten? Nein, er hatte lange genug gewartet. Dies war die Gelegenheit. Zügigen Schrittes eilte er in sein Gemach und legte die weißen, weiten Roben an, die er und Merenptah getragen hatten, als sie Aster zum ersten Mal getroffen hatten. Ein goldenes Anch, das an einer Kette um seinen Hals baumelte, vervollständigte seine Aufmachung. Zusätzlich schmierte er sich eine ölige, schwarze Paste ins Haar, so dass er nicht gleich auf den ersten Blick als Ausländer identifiziert werden konnte. Mit geübten Griffen hatte er ebenso die Augen schwarz umrandet. Für die Zeitspanne eines Herzschlags dachte Treize darüber nach, ob er Merenptah bitten sollte ihn zu begleiten. Nein, besser nicht, Merenptah verlor in solchen Situation gerne mal die Nerven, aber die Vernunft gebot sich die Zeit zu nehmen und dem Freund zumindest eine Nachricht zu hinterlassen. Schnell kritzelte er eine Mitteilung und legte sie auf sein Bett. Merenptah würde sie spätestens am nächsten Morgen erhalten. Dann huschte er unbehelligt durch das Anwesen und verließ es durch den Hinterausgang. Auf der Straße beachtete man ihn kaum, er war nur ein Priester und je näher er dem Tempelkomplex kam, desto häufiger bestimmten weiße Roben und kahlgeschorene Köpfe das Bild. An der Pforte des Tempels verlangte er in dem typischen Akzent, der in Memphis gesprochen wurde, den Priester der elften Stunde zu sprechen. An einem anderen Ort hätte er sich versucht den Zutritt mit einigen Münzen zu erkaufen, doch hier war dies ein fruchtloses Unterfangen wie er wusste. Doch sein herrisches Auftreten und seine Ungeduld veranlasste die Wache dazu ihn ins Innere zu führen und bat ihn in einer unscheinbaren Kammer zu warten. Sobald Treize den Rockzipfel der Wache um die nächstbeste Ecke biegen sah, schlüpfte er aus dem Zimmer und eilte in entgegengesetzter Richtung davon. Er musste näher an die Gemächer der höher gestellten Priester herankommen, in die innersten Bezirke, dort wo Aster die beiden merkwürdigen Gestalten zum ersten Mal gesehen hatte. Treize hätte keine Skrupel den obersten Priester aufzusuchen, ihm das Messer auf die Brust zu setzen – Treize trug einen kleinen Dolch, gut verborgen in den Falten seiner Robe – und sich zu erkennen zu geben. Doch dazu musste er ihn erst einmal finden. Seine Instinkte, die er sich auf unzähligen Schlachtfeldern erworben hatte, ließen ihn auch jetzt nicht im Stich. Sobald er verräterische Fußschritte vernahm oder Schatten an den Wänden sah, wich er in dunkle Ecken zurück oder verbarg hinter der nächsten Säule. Und doch stand der Mond schon hoch am Himmel als Treize endlich die innersten Bezirke erreichte. Er trat hinaus in einen kleinen Garten und lehnte sich mit einem fast nicht hörbaren Seufzer an eine Palme. Trotz der relativen Kühle der Nacht schwitzte er, Infiltration war nun einmal eine heikle Angelegenheit, die zur jeder Zeit höchste Konzentration forderte. Wenn er nicht in diesem Moment sich eine kleine Ruhepause gegönnt hätte, dann wären ihm die leisen Gesänge wohl auch nie aufgefallen. Die tiefen Männerstimmen, die zu einer Beschwörung ansetzen, waren kaum zu vernehmen. Fast glaubte Treize sogar, er hätte sich getäuscht, doch da trug ihm der Wind erneut einige gesungene Silben ans Ohr. Es war wohl der Ratschluss und die Führung der Götter, die ihn nach der Quelle des Gesangs suchen ließ. Er durchquerte den Garten und betrat wieder er die Gebäude des Tempels, seine Ohren mehr denn je gespitzt. Seine Lippen bewegten sich lautlos als er sich seinen Weg einprägte, den er durch die Korridore nahm. „Links abbiegen, zwei mal rechts, einmal links... links abbiegen, zwei mal rechts, einmal links, die Treppe hinab... links abbiegen...“ Gerne hätte er Ariadnes Ratschlag gefolgt, erzählte man sich doch sie hätte dem Helden Theseus ein Knäul mit Wolle mitgegeben, dass dieser hinter sich abgewickelt hatte und ihm so wieder den Weg aus dem Labyrinth des Minotaurus gezeigt hatte. Doch weder hatte Treize ein Wollknäul bei sich, noch wäre diese Form der Orientierung alles andere als subtil gewesen. Nein, er musste sich wohl auf seinen Orientierungssinn und sein Gedächtnis verlassen. „...die Treppe hinab, links abbiegen...“ Die Gesänge und Stimmen wurden lauter, er war auf dem richtigen Weg. Wie gut, dass Merenptah nicht dabei war, der Ägypter hätte schon längst aufgegeben. Weiter hinab führte ihn sein Weg, die Luft wurde zunehmend kühler und feuchter, ein sicheres Anzeichen dafür, dass er sich mittlerweile unter der Erde befand. Da erinnerte er sich an Merenptahs Erzählungen von Orten an denen die alten Ägypter ihre Mysterien abgehalten hatten. Meistens unter der Erde verborgene Grotten, in Abydos hatte es anscheinend einen unterirdischen See gegeben, der Schauplatz der Mysterien zu Ehren des Gottes Osiris gewesen sein sollte. Treize wusste nicht, ob solche Mysterien noch immer praktiziert wurden. Aber warum auch nicht. Die Römer hatten schließlich zu keiner Zeit verboten, dass die ägyptischen Götter angebetet wurden. Doch was ihn stutzig machte: Der ägyptische Kalender sah heute kein solches Fest vor, es gab keinen Anlass für solch eine spirituelle Handlung. Da war sich Treize ziemlich sicher. Aber warum dann diese Gesänge? Eine letzte Treppe und an ihrem Ende konnte er Fackelschein ausmachen, der Gesang der Priester war inzwischen fast unerträglich laut, er wurde von dem Gestein, das sie umgab, verstärkt und zurückgeworfen, wie ein tausendfaches Echo. Vorsichtig warf Treize einen Blick um die Ecke, auch wenn dies vielleicht nicht sehr ratsam war. Doch er war nicht den gesamten Weg hierher gegangen, um dann nicht wenigstens einen Blick auf die Vorkommnisse zu erhaschen. Was sich da jedoch vor seinen Augen abspielte, vermochte er zunächst nicht einzuordnen. Schnell huschte er um die Ecke und suchte Schutz hinter einer mächtigen Säule, die selbst trotz der zahlreichen Fackeln, die das Gewölbe erhellten, in relativer Dunkelheit verborgen blieb. Etwa zwanzig Schritte von ihm entfernt sah er den alten Oberpriester des Amuns, gekleidet in seinem charakteristischen Tigerfell. Vor ihm kniete ein Jüngling, er mochte vielleicht gerade an der Schwelle zum Mannsein stehen. War dies etwa der Junge, den Aster auch im Park gesehen hatte? Treize vermochte es nicht genau zu erkenne, ob der Junge persische Züge trug. Der Priester stimmte in den Gesang der übrigen Männer mit ein und erst jetzt bemerkte Treize die Gegenstände, die hinter ihm auf einem Podest bereitlagen: Die ägyptische Doppelkrone, Krummstab und Wedel. Die alten Symbole der Macht, die Insignien des Pharaos! Da verstand Treize und er war bereit seine Stadtvilla in Rom zu verwetten, dies hier war eine Krönungszeremonie. Die erste, die seit Kleopatra in Ägypten abgehalten wurde. Dann bestand kein Zweifel mehr, dieser Junge, war niemand anders als Caesarion. Der angebliche Nachkomme von Kleopatra und Julius Caesar, der Anspruch auf den ägyptischen und römischen Thron hatte. Ein weiterer Mann trat neben den Oberpriester, er jedoch in einer schlichten Tunica gekleidet. Er hielt ein Gefäß mit Weihrauch und trug einen äußert zufriedenen Gesichtsausdruck zur Schau. Gerade drehte er sein Gesicht in das Licht der Fackeln und wider besseren Wissens kam Treize ein kurzer Schrei der Fassungslosigkeit über die Lippen. Für kurzen Moment war er nicht der mächtige römische Konsul, der schon unzählige Schlachten geschlagen und mehr Männer in den Tod geschickt hatte als ihm lieb war. Er war der verängstigte, verstörte Junge von gerade 16 Jahren, auf dem die Blicke seines Vaters und des Kaisers ruhten. Fast glaubte er den Griff des Schwertes, schlüpfrig von seinem Schweiß, in der Hand zu spüren Lucius! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)