Blutige Leidenschaft von Curin (TyKa/ Vampirstory) ================================================================================ Kapitel 26: Der Unterschied zwischen Liebe und Leidenschaft ------------------------------------------------------------ „Das kannst du nicht alleine bestimmen!“, rief Tyson Kai hinterher, der gerade wieder in dessen Zimmer verschwand. „Ich habe immer noch Rechte.“ „Deine Rechte interessieren mich einen Scheiß“, rief Kai aus dem Zimmer und Tyson konnte hören, wie er Schränke aufriss und Klamotten daraus hervorkramte. „Meine Güte“, seufzte Tyson und legte sich die Hand an die Wange. Da hatte er endlich geglaubt, er würde wieder normal leben können und dann machte ein einziger Vorfall alles zunichte. Kaum waren er, Ray und Max bei ihm zuhause angekommen, hatte Kai anscheinend schon geahnt, dass etwas passiert sein musste. Naja, allzu schwer war das auch nicht zu erkennen gewesen. Tyson hatte zwar wie immer locker und unbeschwert gewirkt, aber Max war bleich wie eine Leiche und hatte immer noch diesen ungläubigen Gesichtsausdruck auf dem Gesicht. Ray allerdings war ein eindeutiger Beweis. Er hinkte, hatte eine Schramme im Gesicht und atmete sehr schwerfällig. Kai hatte Ray mit einem tödlichen Blick angestarrt, Tyson sofort in eines der Zimmer gezerrt und hatte dann darauf bestanden die ganze Wahrheit zu erfahren. Natürlich hatte Tyson versucht, dass ganze nicht allzu gefährlich klingen zu lassen. Er hatte sich kurz gefasst, seine Empfindungen ausgelassen und hatte alles beendet mit dem Satz. „Du siehst also, im Grunde ist gar nichts passiert.“ Der sonst so ruhige Kai hatte aber in diesen Moment einen tollwütigen Blick aufgesetzt und während er Tyson anblaffte, er solle für einen Moment hier warten, stürmte er aus dem Zimmer. Ein paar Augenblicke später wurde Max unsanft zu ihm ins Zimmer gestoßen und dann brach draußen im Gang ein Donnerwetter los. Kai und Ray schrien sich gegenseitig so laut an, dass Tyson befürchten musste, die Nachbarn würden die Polizei rufen. Das war auch gar nicht so abwegig bei den Worten die zwischen den beiden flogen. Kai sprach Verwünschungen aus gegen Brooklyn, Garland und bezeichnete Ray als unnützen Taugenichts, während Ray ihn einen paranoiden Kontrollfreak nannte und ihn als Sklaventreiber bezeichnete. Schlussendlich hatte Kai alle Wut aus sich rausgeschrien und Ray aus dem Haus geworfen. Dann war er zurück zu Tyson gegangen und hatte ihm, ohne weiter auf Max zu achten, klargemacht, dass er von nun an wieder bei ihm wohnen würde und keine Freigänge mehr erlaubt waren. Und jetzt versuchte Tyson schon seit einer Viertelstunde Argumente gegen Kais Entscheidung zu finden, während dieser unaufhaltsam Tysons Kram zusammenpackte. Max war die ganze Zeit über ruhig geblieben. Nachdem Ray Garland hinterher gestürmt war, waren er und Max allein im Vorlesungssaal zurückgeblieben. Max war natürlich durch die Ereignisse geschockt gewesen und hatte von Tyson eine Erklärung verlangt, welche das eben Geschehene erklären könnte. Tyson musste ihm also wohl oder übel endlich die Wahrheit anvertrauen. Doch nachdem er mit seiner Erklärung geendet hatte, war Max in Schweigen verfallen, welches bis jetzt andauerte. Er hatte kein Wort von sich gegeben als Ray zurückkam um zu erklären, dass Garland entkommen war, er hatte kein Wort auf den gemeinsamen Heimweg gesprochen, als Ray die ganze Zeit wie ein aufgeschrecktes Tier um die Ecken starrte, und er hatte während Kais Donnerwetter keinen Mucks von sich gegeben. Doch jetzt schaute er Tyson das erste Mal wieder direkt ins Gesicht und die ersten Worte seit über einer Stunde kamen über seine Lippen. „Irgendwo hat Kai Recht“, meinte er kleinlaut und starrte zu dem Zimmer, aus dem sie immer noch hören konnten, wie Kai darin rumorte. Tyson schaute seinen besten Freund geschockt an. „Das erste was du sagst und dann ist es ausgerechnet eine Unterstützung für Kai?“, fragte er schockiert. „Was soll ich denn sonst sagen, Tyson?“, fragte Max und setzte seine belehrende Miene auf, die Tyson schon von ihm kannte. „Ich hatte ehrlich gesagt nicht erwartet, dass du das alles ohne weiteres glaubst.“ „Ja, es gibt natürlich auch tausend andere Erklärungen warum ein Kerl Meterweit durch die Luft springen kann, eine Kraft wie ein Tier besitzt und Kugeln in den Kopf wegsteckt, als wären es simple Ohrfeigen“, zählte Max sarkastisch auf. „Vergiss nicht die Reaktion auf Weihwasser“, setzte Tyson noch hinzu. „Das war nur Wasser? Ich hatte geglaubt, dass sei Säure“, meinte Max dann doch geschockt. Er wendete sich ab und lehnte sich schwerfällig gegen die Wand. „Ein langweiliger Freund, dessen einzige Abartigkeit das sammeln von Briefmarken wäre. Was wäre so schlimm daran, Tyson?“ Tyson konnte nicht anders als bei dieser Bemerkung zu lächeln. Er hatte zwar gute Gründe gehabt, warum er Max nicht schon vorher eingeweiht hatte, aber ihm fiel dennoch ein großer Stein vom Herzen, dass Max das alles auf diese Weise aufnahm. „Ich bin auf jeden Fall nicht Kais Meinung“, meinte Tyson und verschränkte die Arme vor der Brust. „Was soll denn gut daran sein, wenn ich in seinen Haus eingesperrt bin, für sagen wir mal, den Rest meines Lebens.“ „Immer noch besser als diesen Psychopathen in die Hände zu fallen“, sagte Kai, der gerade wieder an Tyson vorbeistürmte und im Badezimmer verschwand. Tyson hörte wie Kai ein Schränkchen aufmachte und anscheinend den gesamten Inhalt daraus in eine Tasche kippte. „Für mich hört sich das alles auch sehr gefährlich an“, meinte Max, aber in einen um vieles ruhigeren Ton als Kai. „Du hast mir schließlich erzählt, dass dieser Kerl dich schon mal angegriffen hat und wer weiß, was dieser andere Kerl jetzt alles weiß.“ „Er weiß alles“, sagte Kai, der wieder aus dem Bad kam mit einer klobigen Tasche unter den Arm. „Du warst dem Kerl hilflos ausgeliefert und er konnte somit in dir lesen, wie in einem offenen Buch. Als würdest du deine Emotionen nicht ohnehin schon vor dir hertragen.“ Der letzte Satz war zwar nur gemurmelt, aber dennoch verstand Tyson ihn gut genug und sofort schwoll wieder Wut in ihn an. „Entschuldige, dass ich nicht so ein eiskaltes Arschloch bin wie andere in diesen Raum“, und als Kai schon wieder in Tysons Zimmer verschwand rief er noch hinterher. „ Außerdem will ich darauf hinweisen, dass ich es ganz allein geschafft habe, mich von seinen Bann zu befreien und ihn mir erst einmal vom Hals zu halten.“ „Wäre Ray wenig später aber nicht aufgetaucht, wärst du inzwischen bestimmt bei diesen Brooklyn und ich eine blutleere Leiche“, meinte Max mit ruhiger Stimme. Tyson fragte sich, ob es von dem Schock käme, dass sein Freund immer noch so ruhig war, oder ob er Max‘ gute Laune um ein vielfaches unterschätzt hatte. „Fest steht, dass ich keinen weiteren Angriff zulassen werde“, sagte Kai, der mit einen Koffer, welchen er unter den Arm trug aus Tysons Zimmer kam. Nun schaute Max aber doch etwas verwundert drein. Man konnte nicht sagen woran es lag. Entweder war er erstaunt darüber, dass Kai einen doch recht großen Koffer so einfach unter den Arm trug oder es verblüffte ihn, dass Kai den Koffer tatsächlich zubekommen hatte, denn der Koffer war auf beiden Seiten ausgebeult und es schauten überall noch Stücke von Tysons Kleidung raus. Tyson wollte schon zu einer Schimpftirade ansetzen, doch da kam Kai schon auf ihn zu, packte ihn um die Taille und warf ihn sich kurzerhand über die Schulter. „Kai, das geht zu weit“, fauchte ihn der Blauhaarige sofort an, doch der Russe achtete nicht auf ihn. „Ich werde nicht zulassen, dass du mich wie ein Tier für den Rest meines Lebens wegsperrst.“ Er zappelte dabei so wild mit den Armen und den Beiden, dass es ihm tatsächlich gelang Kai kurz ins Wanken zu bringen, so dass dieser ihn wieder absetzte. „Ach, und was schlägst du dann vor“, knurrte Kai ihn an. Seine Augen waren zu Schlitzen verengt, aber die unordentliche Frisur und sein gehetzte Gesicht verrieten, dass seine Coolness schon längst von ihm abgefallen war. „Bleibst du weiter schön brav hier wohnen, gehst brav zur Schule, zur Arbeit und irgendwann, sagen wir, in ein oder zwei Tagen, findet dann deine Beerdigung statt. Was sollen wir dann auf deinen Grabstein meißeln? Wenigstens hatte er die letzten Tage ein normales Lebens.“ Max machte jetzt ein betretenes Gesicht. Er kannte Kai noch nicht allzu gut, aber diese verletzliche Seite an ihn verwunderte ihn doch sehr. Niemals hätte er gedacht, dass Kai seine Fassung verlieren könnte und zu einem derart traurigen Zynismus fähig wäre. Ja, er war sarkastisch und konnte manchmal richtig verletzend sein mit Worten, aber diese Angst um Tyson… Er hätte nie vermutet, dass Kais Schwachpunkt, anscheinend sein bester Freund war. „Ich habe ja auch Angst“, sagte Tyson und er stand fest vor Kai, seine Augen voller Mitgefühl für seine Situation, „aber dies kann nicht die Lösung sein. Was wäre denn das für ein Leben? Und würde Brooklyn dadurch nicht auch gewinnen?! Glaubst du denn, dass macht mich oder dich glücklich, wenn wir beide ständig in Angst vor dem nächsten Angriff leben.“ Es geschah eine Regung in Kais Gesicht und er wandte betreten den Blick ab. „Ich mache dir einen Vorschlag.“ Tyson ging auf Kai zu und drehte sanft sein Gesicht zu ihm, damit er ihm wieder in die Augen sah. „Wir ziehen wieder zu dir, dann musst du zumindest dort nicht ständig auf mich aufpassen und wir können unsere gemeinsame Zeit genießen. Und während ich an der Uni und auf der Arbeit bin, bleiben weiterhin Ray und Tala bei mir. Nur dieses Mal im Hintergrund. Wenn sie nicht sofort auffallen, dann kann man mich auch nicht von ihnen weglocken oder den richtigen Moment abpassen. Garland konnte mich heute doch auch nur angreifen, weil er wusste, dass Ray da war und er somit wusste, wie er mich von ihm weglocken konnte.“ Der Russe seufzte resigniert, ließ den Koffer auf den Boden fallen, wandte sich ab und strich sich durch die Haare. „Mir gefällt die ganze Sache nicht.“ Dann sah er mit seinen roten Augen wieder auf seinen Liebsten und in seinen Blick lag etwas unheimlich sanftes. „Aber mir ist nichts wichtiger als dein Glück.“ **^^** Tyson kam es irgendwie lächerlich vor, dass er seine Hemden wieder in Kais Schrank verstaute, nachdem er sie erst ein paar Tage zuvor dort ausgeräumt hatte. Die paar Tage bei ihm zu Hause waren wie ein Test um zu sehen, ob jetzt alles wieder sicher war und leider hatte das Ergebnis dazu geführt, dass sie nun wieder bei Kai waren. Warum er aber ausgerechnet von zu Hause wieder ausziehen musste, wo er doch an der Universität angegriffen wurde, ist ihm immer noch ein Rätsel. Es war natürlich eine reine Vorsichtsmaßnahme. Brooklyn wusste wo er wohnte und es könnte gut sein, dass er ihm auch dort auflauern würde. Kai meinte, dass Haus in dem Tala und er wohnten, sei durch mächtigere Zauber geschützt und könnte nur gefunden werden, wenn jemand verraten würde, wo es sich befindet. Für Tyson klang das extrem kurios, aber allmählich gewöhnte er sich daran hier nicht mehr an Wissenschaft zu glauben, sondern sich mit den größten Absurditäten auseinanderzusetzen. Tala hatte nur kurz mit der Schulter gezuckt, als sie wieder vor der Tür standen. Ray hätte ihn schon informiert und dann fiel sein strafender Blick auf Kai und er meinte, dass Ray sauer auf ihn wäre, weil er ihn so angefahren hatte. Kai hingegen zog nur die Mundwinkel runter und stolzierte einfach an Tala vorbei. Tyson fühlte in dem Moment ein grausiges Schuldgefühl in sich hochkrabbeln. Wenn er Ray nicht auf die Nerven gegangen wäre, dann hätte er nie seine Aufsicht vernachlässigt. Aber Ray hatte die ständigen Fragen und Andeutungen zum Thema Max satt gehabt und hatte daher Abstand von Tyson nehmen wollen und nur aus diesem Grund hatte er nicht darauf bestanden, in seiner Nähe zu bleiben. Wenn Ray in der Nähe geblieben wäre, dann hätte er vielleicht schneller gemerkt, dass etwas nicht stimmte und wäre noch rechtzeitig gekommen um zu verhindern, dass Garland hinter die wahre Beziehung zwischen Kai und ihm sehen konnte. Er wollte nicht, dass Kai die Schuld allein auf Ray abwälzte. Dieser hatte seine Pflicht immer ernst genommen. Und auch wenn es Tyson niemals zugeben würde. Er hatte sich doch immer sicher gefühlt, wenn Ray an seiner Seite war, auch wenn er den Schutz als überflüssig empfunden hatte. So, beim Einräumen seiner Sachen, wurde ihm wieder schmerzhaft bewusst, wie sich sein Leben doch verändert hatte in den letzten Wochen. Es war zu einer Zitterpartie geworden. Er musste in Achtung vor Angriffen und in Vorsicht vor Fremden leben. Doch bereute er, dass es so gekommen ist? Nein! Auch wenn sein Leben einen Riesen Grad an Sicherheit verloren hat, so hat er doch auch sein Glück gefunden. Kai machte ihm glücklich. In seiner Gegenwart fühlte er immer noch die Schmetterlinge in seinen Bauch, auch wenn die erste Verliebtheit zwischen ihnen schon längst vorbei war. Seine Haut kribbelte immer noch an den Stellen, die Kai erst vor kurzen berührt hatte, und wenn er ihn nachts im Arm hielt, dann fühlte er eine Geborgenheit, die er nie zuvor empfunden hatte. Und was das Detail eines verrückten Vampirs anging, der ihm anscheinend nach dem Leben trachtete? Vielleicht lag es an der vorigen Beziehung mit Kane, aber aus irgendeinem Grund schockierte ihn das noch lange nicht so sehr wie man hätte annehmen können. Während er Gedanken versunken weiter seine Klamotten in den Schrank räumte, hörte er erst nach dem dritten Klingeln, wie sein Handy sich meldete. Er schritt zu dem Schreibtisch, welcher in Kais Zimmer stand. Als er das erste Mal im Haus war, hatte der Schreibtisch nur einen Notizblock und ein paar Stifte beherbergt. Inzwischen hatte er ihn aber zu seinen Arbeitsplatz umfunktioniert, denn schließlich musste er seine Uniarbeiten erledigen und Kai brauchte den Schreibtisch ja ansonsten nicht groß. Er las den Namen vom Display ab und nahm den Anruf entgegen. „Hey Kou, was gibt es?“, fragte er seinen Freund von der Uni. Tyson hörte sich die Nachricht seines Freundes an und wurde immer blasser im Gesicht, im nächsten Moment trat er ein paar Schritte zurück und setzte sich aufs Bett. Er fasste sich an die Brust und spürte wie sein Herz so stark pochte, als wolle es seine Brust durchbrechen. „Und sie wissen bisher noch nichts genaues?“, fragte er mit zitternder Stimme. „Ein Unfall, verstehe. Ja, das ist … schrecklich … Danke, für deinen Anruf. Bis morgen.“ Tyson legte auf und ließ das Handy sinken, dann starrte er mit geschockten Augen auf den Boden. Er hörte wie die Tür aufging, nahm Schritte wahr und dann sah er Kais Füße vor sich auftauchen. „Wieder dein Bruder der will, dass du nach Hause kommst?“, hörte er Kais schlecht gelaunte Stimme und hob schwerfällig den Kopf. Kai stand grimmig vor ihm, aber als er Tysons Gesichtsausdruck wahrnahm, verstand er sofort, dass etwas Schlimmes passiert sein musste. Kais Blick fiel wieder auf das Handy in seiner Hand. „Wer hat dich eben angerufen?“, fragte er misstrauisch. Tyson schaute erschreckt auf sein Handy und dann wieder zu Kai. „Nur ein Freund von der Universität“, erklärte er ruhig. „Er hat mich darüber informiert, dass unser Professor tot in seinem Büro aufgefunden wurde. Man vermutet einen Unfall. Er soll wohl hingefallen sein und hat sich beim Aufprall auf einen Stuhl, dass Genick gebrochen.“ Kai kniff den Mund zusammen und starrte auf die Seite. „Das Garland ihn getötet hat, hab ich in der ganzen Aufregung total vergessen. Was bin ich nur für ein egoistischer Mensch.“ Kai nahm die Betretenheit in Tysons Blick wahr und setzte sich zu ihm aufs Bett. Dann zog er ihn in eine innige Umarmung und kraulte ihm hintern Ohr. „Du bist gerade selbst noch so davongekommen“, begann Kai, „da ist es doch verständlich, dass du es kurz vergessen hast.“ „Er wurde wegen mir getötet“, murmelte Tyson und vergrub seine Finger in Kais Jacke, dabei versuchte er die Tränen, die schon in seinen Augen brannten, wegzuhalten. Das Schuldgefühl schien seine Brust einzudrücken wie ein gewaltiger Schraubstock. Kai umfasste sein Gesicht und zog es auf die Selbe Höhe wie seins. „Jetzt hör mir mal gut zu. Niemand wird hier wegen dir getötet. Garland hätte den alten Mann auch K.O. schlagen können oder mit seinen Fähigkeiten soweit in Trance versetzen, dass er nichts mitbekommen hätte. Er hat ihn nur getötet, weil er menschliches Leben für verachtenswert hält. Er hat schon aus niedereren Gründen getötet und das hatte mit niemanden etwas zu tun.“ Tyson schaute wieder zu ihm hinauf. Die roten Augen spendeten ihn Wärme und er fühlte den Druck in seiner Brust kleiner werden. Aber ganz abschütteln konnte er das Schuldgefühl nicht. Das wollte er auch nicht. Das hätte er als falsch empfunden. Aber dennoch, glaubte er Kais Worten, dass Garland nicht dazu gezwungen war, den alten Mann zu töten um Tyson zu befragen, sondern dass er es nur getan hatte, weil er es wollte und nicht weil er musste. Kai strich ihm über den Rücken und die Schultern. „Du wirkst ziemlich verspannt“, meinte er fachkundig und tastete mit stärkeren Druck Tysons Schultern ab. „Wundert dich das?“, meinte Tyson, richtete sich wieder auf und sah Kai schuldzuweisend von der Seite an. „Bei dem Stress ist es ein Wunder, dass ich überhaupt noch einen Muskel rühren kann.“ Kai seufzte und massierte sich selber die Stirn. Immer diese Schuldzuweisungen. „Dann nimm ein warmes Bad. Das entspannt.“ Tyson verschränkte die Arme voreinander und weigerte sich partout in Kais Richtung zu sehen. „Wenn wir noch bei mir zu Hause wären, dann könnten wir jetzt in meinem großen Badezimmer ein ganz angenehmes Bad nehmen. Du könntest mir den Rücken schrubben und ich wäre superentspannt.“ Kais Lippen verzogen sich sofort wieder zu einer schmalen Linie. „Selbst wenn wir bei dir wären, hätte ich dir nicht den Rücken geschrubbt. Ich bin nicht dein persönlicher Diener.“ „Hier müsste das mit den Rücken schrubben, aber auch gut funktionieren“, meinte Tyson ohne auf Kais Worte zu achten und schielte zum Badezimmer rüber. „Hast du mir eben nicht zugehört?“, erwiderte Kai kühl. „Wir sind doch keine Kleinkinder mehr, die zusammen in die Wanne steigen.“ „Du willst doch sicherlich auch, dass ich entspannt bin“, meinte Tyson und fasste sich dabei an die Schultern. Mit einer Schulterdrehung nach hinten und mit den neigen des Kopfes brachte er seinen Knochen zum knacksen. „Wenn ich entspannt bin, bin ich doch viel umgänglicher, oder?“ **^^** Tala saß in seinem Zimmer und las in aller Gemütsruhe ein Buch. Die Ereignisse, welche er von Ray geschildert bekommen hatte, waren natürlich nicht spurlos an ihm vorbeigezogen, aber er kannte Garland und Brooklyn leider zu gut, um sich falschen Illusionen hinzugeben. Diese Tat war vorauszusehen gewesen und im Grunde hatte er nur die ganze Zeit darauf gewartet, dass so etwas passierte. Er war heilfroh, dass Tyson nichts passiert war. Aber nun, da Brooklyn offenbar die Wahrheit wusste, nämlich das Kai Tyson liebte, war es nur eine Frage der Zeit, bis er wieder selbst in Aktion treten würde. Wenn es soweit war, dann würde er natürlich mit Kai Seite an Seite kämpfen um den jungen Japaner zu beschützen. Niemals wieder sollte jemand das gleiche Schicksal erleiden wie er. Tala klappte gerade das Buch zu und fragte sich, ob er Kai nicht mal auf das Thema Ray ansprechen sollte. Nachdem was Ray am Telefon erzählt hatte, dann war Kai nicht sehr gut auf ihn zu sprechen. Er war fuchsteufelswild weil er zugelassen hatte, dass Garland an Tyson herankam. Tala musste Kai zugestehen, dass Ray vielleicht nicht so vorsichtig war, wie er es hätte sein sollen, aber andererseits hätte Garland früher oder später einen Weg gefunden, Tyson in seine Gewalt zu bringen. Er wusste, dass wenn er Kai auf das Thema Ray ansprach, dieser ihn vermutlich mit Schweigen strafen würde. Aber das letzte, was sie sich jetzt leisten konnten war Streit in der Gruppe. Selbst Tyson schien das einzusehen, denn als er ankam und einen Augenblick mit Tala allein war, hatte er angemerkt, dass Ray ihn gerettet hatte und dies das einzige war was zählte. Nach Rays Erzählungen hatte sich Tyson anscheinend gut bewiesen beim Kampf gegen Garland. Natürlich war er kein ausgebildeter Vampirjäger, aber dafür, dass er noch nie zuvor gegen einen Vampir antreten musste, hatte er doch einiges an Mumm und Standfestigkeit bewiesen. Hier durfte natürlich nicht vergessen werden, dass Tyson Kendo beherrschte. Dennoch. Wenn er an seine Begegnung mit Vampiren zurückdachte, als er noch ein Mensch war. Er musste schmunzeln. Man, er hatte echt Glück noch zu Leben. Auf jeden Fall musste der Streit mit Ray aus der Welt geschafft werden. So verließ Tala sein Zimmer und betrat das von Kai. Anklopfen hielt er für unnötig, schließlich betrat Kai sein Zimmer auch immer ohne sich vorher anzukündigen und hatte ihn dabei auch schon bei sehr intimen Momenten gestört. Die beiden befanden sich nicht im Raum, aber aus dem Badezimmer konnte Tala Geräusche hören. Leisen Schrittes begab sich Tala zur Tür und öffnete diesen einen Spaltbreit. Die Szene, welche er jetzt zu Gesicht bekam, hätte bestimmt so manche zum lächeln gebracht. Kai hatte die Schuhe und die Jacke ausgezogen und seine Hosenbeine hochgekrempelt. Er saß auf einen Schemel am Kopfende der Badewanne und schäumte gerade Tysons Haare ein, welcher genüsslich in der mit Schaum und Wasser gefüllten Wanne saß und mit einen Fuß auf- und abwippte. „Ein bisschen mehr Gefühl, Kai“, kommentierte Tyson. „Du willst mich massieren und dich nicht aufführen wie ein Raubvogel, der mich in sein Nest verschleppen will.“ Kai grummelte etwas vor sich hin und seine Augen schickten Speere auf Tysons herab, aber dennoch sah Tala, wie seine Hände sanfter durch die Haare fuhren und Tyson glücklich lächelte. Ohne einen Ton von sich zu geben, schlich sich Tala wieder aus dem Zimmer. Er ging ins Erdgeschoss, griff sich seine Jacke und trat aus dem Haus hinaus. Dabei hatte er die ganze Zeit einen bedrückten Gesichtsausdruck. **^^** Es war schon dunkel und Tala saß auf der Brüstung eines Daches in einer ruhigen Gegend der Stadt und schaute mit leerem Blick auf den Boden, welcher sich 10 Stockwerke unter ihm befand. Er verstand immer noch nicht so ganz, warum ihn der Anblick von Tyson und Kai so mitgenommen hatte. Es war ein seliger Moment zwischen den beiden gewesen, obwohl Tyson es sich nicht hatte nehmen lassen, Kai zu triezen und dieser mal wieder ausgesehen hatte, als würde er nichts lieber tun, als Tyson eine bissige Bemerkung an den Kopf zu werfen. Aber vielleicht war es ja gerade das, was ihn störte. Die Einfachheit der Beziehung zwischen ihnen. Seit Tyson in ihr Leben getreten war, hat Tala Seiten an Kai kennengelernt, die er zuvor nicht kannte. Kai der Eifersüchtig war. Kai der Verletzlich war. Kai der Einfühlsam war. Kai der Zurückhaltend war. Kai der mit Feuereifer versuchte, dass zu beschützen was er liebte. So in diesen Gedanken versunken, schien es Tala auch klar zu werden, was ihn so betrübte. Er selbst war eifersüchtig. Es war keine Eifersucht, wie wenn er in Kai verliebt wäre. Die Eifersucht war auch nicht nur auf einen von den beiden bezogen. Es war die Beziehung zwischen den beiden, auf die er eifersüchtig war. Liebe und Vertrautheit. Das waren zwei Dinge, die er kaum kannte. Er konnte sich auch ehrlich gesagt nicht erinnern, jemals verliebt gewesen zu sein. Und Vertrauen? Ja, er vertraute Kai, aber war es das Selbe Vertrauen, welches ihm auch Tyson entgegen brachte? Oder war es eine andere Art von vertrauen, die nicht von Liebe, sondern von Erfahrung her rührte. Er kannte Kai! Er wusste, wie stark er war und er wusste, dass er sich stets auf in verlassen konnte. Es war aber keine Selbstverständlichkeit ihm dieses Vertrauen entgegen zu bringen. Sie waren jetzt schon seit ungefähr 50 Jahren befreundet. Es wäre schwer eine Freundschaft so lange aufrecht zu erhalten, wenn man den anderen nicht über den Weg traute und es war unmöglich zusammenzuarbeiten, wenn man sich auf den anderen nicht verlassen konnte. Arbeit… Bei diesem Wort musste er unwillkürlich schmunzeln. Er und Kai haben sich bei der Arbeit kennengelernt, aber nicht weil sie denselben Job hatten, sondern weil Tala bei der Arbeit überfallen wurde und es Kais Aufgabe gewesen war, ihn zu retten. Und damit hatte auch ihre Freundschaft begonnen. Nicht mit der Rettung, sondern mit Talas Belohnung für Kai. Tala schob die Tür zu seiner Wohnung auf. Die Tür knarzte wie üblich und bei einer Stelle musste er ein bisschen stärker drücken um sie aufzubekommen. Die Feuchtigkeit hatte in jede Ritze des Holzfußbodens gefunden und ihn somit total verbeult und verbogen. Manchmal musste er sich gegen die Tür werfen um sie aufzubekommen. Er hatte auch die Möglichkeit einen Teil der Tür abzusägen, damit sie kürzer war und somit nicht mehr über den Boden schleifte, aber die Isolierung der Wohnung war ohnehin schlecht und er wollte die Situation nicht noch verschlimmern, indem er den Wind eine weitere Ritze darbot, durch die er ziehen konnte. Aus der Wohnung drangen der gewohnte Geruch von Feuchtigkeit und das Geräusch der scheppernden Heizung. Er wagte es nicht die Heizung auszuschalten, aus Angst, er würde sie dann nicht mehr anbekommen. Außerdem war die Wohnung sowieso schon kalt genug, ohne dass er auf Heizungsanlagen verzichten musste. Tala warf einen Blick zurück und entdeckte den Unbekannten am Ende des Flurs. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah sich mit zusammengekniffenen Augen im Gang um. Er hatte eindrucksvolle rote Augen. Ein Rubinrot, wie man es nur selten sah. Aber immer noch könnte Tala schwören, dass sie für einen Moment leuchtend rot gewesen waren. In dem Moment, wo er diesen abartigen Kerl von ihm runterzog. Tala durchlief ein Schauer, wenn er an die Situation zurück dachte. Ihm war sein Kunde sowieso schon suspekt vorgekommen, als er ihn angesprochen hatte. Er war furchtbar bleich gewesen, hatte gezittert und nur wenige Worte gesprochen um ihn klarzumachen. Tala hatte ihn für einen Junkie gehalten, der es unbedingt nötig hatte. Der Kunde hatte ihn schließlich, als sie eine Gasse durchquerten, an den Schultern gepackt und gegen die Wand gedrückt. Auch hier war ihm die Sache noch nicht allzu gefährlich vorgekommen. Manche liebten es, es im freien zu machen, mit dem Kick, dass jeden Moment jemand vorbeikommen könnte. Einmal hatte ihn jemand auf einer Toilette genommen. Einer stark besuchten Bahnhofstoilette! Jetzt wenn er so darüber nachdachte, war dies einer der Tiefpunkte in seinen Leben gewesen. Auf jeden Fall hatte er die Augen verdreht und gehofft, der Typ würde es schnell hinter sich bringen. Aber anstatt sich an der Hose rumzunesteln, hatte der Kerl plötzlich den Mund weit aufgerissen und überlange Eckzähne offenbart. Dies war der Moment, in dem er zum ersten Mal panisch wurde. Er wollte den Kerl wegdrücken, doch sein Griff war eisenhart und ließ kein Entkommen zu. Wie in Zeitlupe hatte er gesehen, wie der Kunde diese enorm langen Eckzähne in Richtung seines Halses bewegte. Er hatte schon die Augen geschlossen und mit dem Schmerz gerechnet, als der Kunde plötzlich von ihm weggezogen wurde. Er hatte die Augen sofort wieder geöffnet und gerade noch gesehen, wie der andere Unbekannte, den Kunden an die Wand warf und ihn ein Holzpflock in die Brust stieß, woraufhin dieser zu Staub zerbröckelte. Jetzt gut eine halbe Stunde später, konnte Tala immer noch nicht glauben, was sich vor ihm abgespielt hatte. Er hatte den Unbekannten noch überredet mit zu ihm zu kommen, um ihn eine Belohnung als Dank zu geben. Er hatte zwar Anfangs abgelehnt, aber Tala hatte nicht locker gelassen und nun standen sie hier. „Jetzt steh da nicht rum“, sagte Tala zu den Unbekannten. „Komm rein.“ Der Unbekannte bewegte vorsichtig einen Fuß vor den anderen und ging langsam auf Tala zu, er warf ihn noch einen letzten Blick zu und betrat die Wohnung. Tala folgte ihm, schloss die Tür wieder und verriegelte sie mit der Kette. Eine nötige Vorsichtsmaßnahme, aber nützen würde sie im Ernstfall bestimmt nicht. Die Tür war derart vermodert, dass man sie nur mit einen Tritt zum brechen bringen konnte. Dennoch war die Gegend so gefährlich, dass man sich schon überhaupt über eine Tür freuen konnte. Er trat in den Wohnraum und sah wie der Unbekannte sich gerade umsah. Es war ein kleiner Raum. An der einen Wand stand ein durchgesessenes Sofa und neben der Tür, stand ein einzelner Hand mit einem Schrank, der darüber hing. Ein verbeulter Holzkohleofen verbreitete eine stickige Wärme im Raum. Eine Tür führte in sein Schlafzimmer, welches gerade mal so groß war wie ein Wandschrank und eine weitere Tür führte in ein Bad. Tala sah, wie das Gesicht des Unbekannten sich zu einer Miene des Ekels verzogen hatte. „Ich weiß, es ist nichts besonderes“, meinte Tala, „aber immer noch besser als ein Pappkarton auf der Straße.“ „Hab schon schlimmeres gesehen“, meinte der Unbekannte und ging zum Fenster, von welchen der Schmutz schon gar nicht mehr runterging, um rauzusehen. Tala konnte sich keinen Reim auf die Antwort machen. Der Unbekannte trug saubere, gute Kleidung. Er wirkte nicht unbedingt wie jemand, der sich öfters in Elendsvierteln aufhielt. Außerdem war Tala aufgefallen, das er zwar perfekt russisch sprach, aber bei manchen Worten eine etwas nuschelige Aussprache hatte. Er vermutete, dass der Fremde zwar gebürtiger Russe war, aber auch viel Zeit im Ausland verbracht hatte. Er beobachtete ihn noch einen Moment, wie er anscheinend die Gegend vor dem Fenster absuchte, dann ging er auf ihn zu. Er fasste ihn an der Schulter, damit der Unbekannte ihn ansah. Dieser richtete seinen roten Augen fragend auf ihn. Diese Augen waren wirklich wunderschön. Er würde die ganze Zeit zu ihm aufsehen, während er ihm seine Belohnung gab. Nur selten wurde ihm etwas so schönes zu teil. Er legte die Hände auf die Schultern des Unbekannten und bugsierte ihn jetzt auf das Sofa zu. Der Unbekannte, sah ihn zwar überrascht an, aber unternahm nichts. Mit einem sanften Schubs beförderte Tala ihn auf das Sofa. Der Fremde sah fragend zu ihm, aber Tala kniete sich einfach zwischen seine Beine. „Entspann dich einfach“, raunte er ihm noch zu, bevor seine Hände zu dessen Hose wanderten und den Reißverschluss ergriffen. Sofort sprang der Unbekannte auf und bewegte sich eilends an das andere Ende des Raumes. „Was soll das?“, fragte er perplex. „Ich blas dir einen“, sagte Tala ungeniert und er musste unwillkürlich lächeln, als er sah, dass der Fremde sofort rot um die Wangen wurde. „Das ist die Belohnung dafür, dass du mich gerettet hast.“ „Ich habe mich eh schon gefragt, was einer wie du mir anbieten will“, meinte der Fremde, „aber mit sowas habe ich nun wirklich nicht gerechnet.“ „Einer wie ich“, wiederholte Tala, aber wischte die Bemerkung sofort wieder weg. Er hatte ja recht. Aber dennoch hatte es ihn auch leicht verletzt. „Vielleicht wäre dir ja ein Fick lieber, aber so viel ist mein Leben dann auch nicht wert.“ Die Augen des Unbekannten wurden jetzt groß wie Tennisbälle. Es machte den Eindruck, als würde er zum ersten Mal so eine Unterhaltung führen. Tala wunderte sich ein wenig. Der Unbekannte war gut gebaut, hatte ein schönes Gesicht, wirkte gepflegt und dann diese eindrucksvollen Augen. Dem mussten die Frauen doch scharrenweise hinterherrennen, aber seine Reaktionen waren wie die einer Jungfrau. „Ich habe dein Leben nicht gerettet, damit du mir etwas geben musst“, erklärte er und hob dabei die Hand, als wolle er Tala damit auf Abstand halten. „Allein die Tatsache, dass du mir dankst ist genug.“ „Oh, wie edel“, höhnte Tala und sah ihn mit wütenden Augen an. „Du kannst ruhig dazu stehen, dass ich dir nicht gut genug bin. Weißt du was, schließ einfach die Augen und stell dir vor, ich wäre eine Frau, dann wird’s trotzdem schön.“ Tala kam wieder näher auf ihn zu. Der Unbekannte hob nun beide Hände und schien nach Worten zu ringen. „Ich brauch wirklich keine Belohnung“, erklärte er mit fester Stimme. „Ich hätte dich auch gerettet, wenn du mir danach eine gescheuert hättest. Ist übrigens auch schon vorgekommen.“ Der letzte Satz war nur gemurmelt gewesen, aber Tala interessierte es nicht, denn allmählich wurde er ungeduldig. „Jetzt hör mal zu, die meisten hätten, wenn sie gesehen hätten wie ich angegriffen werde, einfach auf den Absatz kehrt gemacht und hätten so getan, als hätten sie nichts gesehen“, erklärte er wütend. „Ein paar hätten vielleicht sogar gewartet bis ich Tod bin, damit sie meine Leiche plündern können. Gerettet zu werden, von jemanden der nicht mal eine Belohnung dafür will, ist mir ehrlich gesagt etwas zu eigenartig.“ „Das ist mein Job, okay“, erklärte der Fremde. „Ich unterscheide dabei nicht zwischen Arm und Reich, oder in welcher Gegend es passiert. Und nur mal zur Info. Dein Leben ist sehr viel mehr wert als ein Fick. Jedes Leben ist kostbar.“ Damit drehte er sich um und ging auf die Tür zu. Tala stand noch einen Moment geschockt da, aber dann raffte er sich auf und sprintete ihn hinterher und packte ihn am Arm. „Moment, bitte geh noch nicht“, sagte er und als der Fremde sich zu ihm drehte, versank er für einen Moment wieder in den schönen roten Augen. „Meinst du das ehrlich? Das was du eben gesagt hast.“ „Wieso sollte ich lügen“, meinte der Unbekannte, riss sich von Tala los, aber dieser packte wieder seine Hand. Tala konnte sich selbst nicht erklären warum er das tat. Aber die Worte hatten etwas in ihn berührt. Noch nie hatte ihn jemand als wertvoll bezeichnet. „Sag mir doch bitte deine Namen“, bedrängte er ihn und versuchte weiter, die Augen des anderen einzufangen, aber er weigerte sich Tala ein weiteres Mal anzusehen. „Du brauchst meine Namen nicht! Wir werden uns nie wieder sehen.“ „Ich will dich aber wiedersehen.“ „Das geht nicht!“ „Warum? Bist du nicht mehr lange in der Stadt?“ „Das ist nicht gut für dich.“ „Ich bin ein Stricher! Viel Gutes gibt es in meinen Leben sowieso nicht.“ „Lass mich los!“ „Erst wenn du mir deinen Namen gesagt hast.“ Mit einen mal riss sich der Unbekannte mit einen starken Ruck von ihm los, drehte sich zu ihm um und dann glühten seine Augen auf einmal wieder rot, er riss den Mund auf, offenbarte lange Eckzähne und er spie einen knurrenden Laut aus. Genauso plötzlich wie dies gekommen war, endete es auch wieder und der Unbekannte wendete sich auf einmal wieder ab. Anscheinend erschreckt von seiner eigenen Reaktion. Tala war zwar verdutzt über die Reaktion, aber dann verschränkte er die Arme vor der Brust. „Mein Zuhälter sieht viel gefährlicher aus als du, sollte die Kasse mal nicht stimmen.“ Der Unbekannte drehte sich überrascht wieder zu ihm und sah ihn ungläubig an. Dann setzte er auf einmal eine gleichgültige Miene auf. Es herrschte ein Moment eisigen Schweigens zwischen ihnen. „Ich heiße Kai.“ Tala lächelte wenn er daran zurückdachte. Kai war zu einen seiner besten Freund geworden. Und mehr, sie wurden zu Liebhabern. Auch wenn er Kai, und Kai nie ihn, geliebt hatte, so teilten sie doch etwas miteinander und so war es über 50 Jahre lang gewesen. Zwar war nachdem er selbst zum Vampir geworden war, ihre Affäre immer lockerer und unbedeutender geworden, aber bis Kai Tyson kennen lernte, hatten sie doch hin und wieder eine leidenschaftliche Nacht zusammen verbracht. Und genau dies war der Unterschied zwischen der Beziehung zwischen Tyson und ihm. Liebe und Leidenschaft. Zwar gab es in der Liebe auch Leidenschaft und in der Leidenschaft konnte auch Liebe dabei sein, aber wenn der Ausgangspunkt ein anderer war, dann war das für die Beziehung ein riesen Unterschied. War es dies was Tala so nachdenklich machte? Hätte er sich gewünscht, dass er und Kai sich in einander verliebt hätten, oder sehnte er sich nach Liebe im Allgemeinen? Wohl eher das Zweite. Denn wenn er so zurück dachte, an die Freundschaft mit Kai, dann wusste er eins genau. Ihm hatte es an nichts gefehlt. Er lächelte augenblicklich wieder selig. Er hatte jetzt einfach diese Ruhe und Abgeschiedenheit gebraucht um in Ruhe nachdenken zu können, aber jetzt wollte er lieber wieder zurück nach Hause. Wer weiß, vielleicht hatten sich Tyson und Kai inzwischen wieder in die Haare gekriegt und es war an ihm, ein Machtwort zu sprechen. Dafür waren Freunde schließlich da. Er erhob sich und drehte sich um. „Hi Tala.“ Sofort blieb ihm das Herz in der Brust stehen. Als er sich umgedreht hatte stand plötzlich - keine Handbreit von ihm entfernt - Garland. Er war im ersten Moment zu geschockt um zu reagieren. Garland grinste auf einmal dreckig und dann wurde er an den Schultern gepackt und grob nach hinten gestoßen. Tala riss geschockt die Augen auf. Hinter ihm war nichts als der Abgrund! Er fiel hinten über und sah den Himmel immer weiter von sich wegrücken. Er versuchte im Fallen die Hauswand zu fassen zu bekommen, aber er war zu weit weg und nur ein paar Sekunden später, spürte er schon den Schmerz des Aufpralls, welcher seinen gesamten Rücken und seinen Kopf erfasste. Er blickte nach oben und sah immer noch Garland auf den Dach stehen, dann wurde alles um ihn rum schwarz. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)