Blutige Leidenschaft von Curin (TyKa/ Vampirstory) ================================================================================ Kapitel 25: Erinnerungen des Körper ----------------------------------- Tyson lag auf der Seite. Seine blauen Haarsträhnen fielen ihm fahrig ins Gesicht und gaben ihm somit ein weicheres und wehrloseres Aussehen. Der Mund war leicht geöffnet und seine Brust hob und senkte sich im gleichmäßigen Rhythmus seines Atmens. Eine der Hände war um die Bettdecke geschlossen, welche bis zur Brust hochgezogen war, die andere Hand ruhte neben seinen Kopf. Kai lag nicht neben seinen Geliebten im Bett, sondern saß auf einen Stuhl der neben dem Bett stand. Seine Arme lagen auf der Lehne des gedrehten Stuhls, sein Kopf wiederrum auf seinen Armen. Er überwachte schon seit längerer Zeit den Schlaf seines Liebsten. Es war die dritte Nacht, in der sie wieder in dessen Haus waren. Tyson wurde immer umgänglicher, weil er froh war endlich wieder Normalität in seinem Leben zu haben. Max war zum Essen vorbeigekommen, Tyson hatte ein paar Anrufe getätigt und unter anderen seinen Bruder versichert, dass er ihm das nächste Mal Bescheid gäbe, wenn er längere Zeit aus dem Haus wäre. Auch in der Universität verlief für Tyson alles normal. Hausaufgaben, Lerngruppen, Arbeiten. Zwar musste er dies alles unter den vorsichtigen Augen von Ray verrichten, aber selbst Ray merkte langsam an, dass er selbst etwas ruhiger wurde. An der Universität war stets ein reges Treiben und somit war es eher unwahrscheinlich, dass Tyson an einen so belebten Ort Opfer eines Angriffs werden könne. Aber auch wenn alles darauf hindeutete dass Brooklyn schlichtweg das Interesse an Tyson verloren hatte, konnte Kai inzwischen keine ruhige Nacht mehr verbringen. In den letzten Tagen waren in ihm immer wieder die Erinnerungen hochgekommen, was Brooklyn Tala angetan hatte. Er hatte ihn gequält und getötet, weil sie befreundet waren. Damals konnte Brooklyn auch nur spärliche Informationen über ihre Beziehung zu einander gehabt haben. Kai machte es jeden Tag mehr Angst, dass Brooklyn sich nicht blicken ließ. Keine Meldungen über Massaker, keine drohenden Schatten in Tysons Umgebung und keine Anzeichen dafür, dass Brooklyn überhaupt noch in der Stadt war. Kai kannte Brooklyn besser als es jeder andere tat. Wenn er sich ruhig verhielt und keinerlei Anzeichen von sich gab, dann bedeutete das, dass er etwas plante. Es ging hier nicht um eine seiner überstürzten Aktionen und er lief auch nicht Amok. Er saß irgendwo im Stillen und überlegte sich genau seine nächsten Schritte. Schon als sie noch Menschen waren, war Kai dieses Verhalten befremdlich. Brooklyn war vielleicht schon immer ruhig gewesen, aber er war nur selten nachdenklich. Wenn er seine Stirn in Falten legte und den Kopf auf seine Fingerknöcheln abstützte um sich seine nächsten Schritte genau zu überlegen, dann hatte Kai schon immer gewusst, dass jetzt etwas großes kam. Und genau dies befürchtete er jetzt auch. Was wenn Brooklyn nur so ruhig blieb, weil er nichts überstürzen wollte. Er hatte Kais Ausdruck gesehen, als er Tyson angriff. Was wenn er schon allein daraus schloss, dass ihm Tyson wichtiger war, als ein Freund, eine Affäre oder beides zusammen? Wenn er dahinter käme, dass er Kai, in Tyson verliebt wäre, dann wäre es Brooklyn bei weiten nicht genug Tyson nur umzubringen. Er würde etwas viel schlimmeres finden. Er würde dafür sorgen, dass Kai nie wieder auch nur den Gedanken daran verschwenden würde, sich mit einem Menschen einzulassen. Kai seufzte und sah auf seinen Geliebten. Tyson schlief ruhig und entspannt, aber er war weder Müde noch entspannt. Er fühlte sich ruhelos und nervös. Früher oder später musste er wieder schlafen. Er sah auf die Uhr und erkannte, dass es bereits 4 Uhr morgens war. Um 7 Uhr würde Tysons Wecker klingeln. 3 Stunden Schlaf würden ihm gut tun. Wenn er doch nur schläfrig wäre. Er stand auf und öffnete vorsichtig die Tür um sich in den Flur zu schleichen. Er würde es zwar niemals jemanden verraten, aber ihm half tatsächlich warme Milch beim einschlafen. Wenn er nicht einschlafen konnte schlich er sich immer in die Küche, wärmte sich etwas Milch auf und prompt war er wieder im Bett, schlief er sofort ein. Er begab sich in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Gleich neben einer Konserve mit Schweineblut stand ein Glas mit frischer Milch. Er langte sich noch eine Tasse aus einem der Schränke, goss sich Milch ein und stellte das Ganze für eine Minute in die Mikrowelle. Während er auf das Piep der Mikrowelle wartete, schweiften seine Gedanken wieder zurück zu Brooklyn und zu dem Tag, als der Krieg zwischen ihnen begann. „Wo willst du hin, Kai?“, sagte Brooklyn, der sich den Arm mit der klaffenden Wunde hielt. Sein gesamter Mantel war schon von Blut durchtränkt. Kai blieb stehen und wandte sein Gesicht seinem ehemaligen besten Freund zu. Über sein Auge zog sich ein blutiger Riss und aus seinem Mundwinkel tropfte Blut. „Ich gehe zurück“, antwortete er knapp. „Wohin zurück?“, spottete Brooklyn und spuckte aus. „In unser Dorf? Zu den Menschen? Zu unseren Familien?“ Kai senkte den Blick und schaute in den Schnee in welchen immer noch ihr beider Blut tropfte. Zurück? Er konnte nicht zurück. Er war ein Vampir. Sein Vater würde ihm ein Pflock durchs Herz stoßen, noch bevor er ihm erklären konnte, dass er anders war. „Glaubst du vielleicht jemanden interessiert es, dass du noch eine Seele hast?“, fragte Brooklyn und kam zwei Schritte auf ihn zugetorkelt. „Sie werden dich abschlachten.“ „Das werden andere Vampire auch“, erklärte Kai leise und wollte sich schon wieder abwenden. „So wie ich bin, bin ich nirgends willkommen.“ „Deshalb sollst du ja bei mir bleiben“, sprach Brooklyn verzweifelt aus. Kai wandte sich wieder zu ihm um, nun lag in seinen Augen ein ungeahnter Schmerz. „Wir gründen unseren eigenen Clan. Wir vernichten jeden der uns im Weg steht und sind endlich frei. Frei von Verpflichtungen und dem Fluch der uns ereilt hat.“ Kai lachte freudlos auf und schüttelte den Kopf. „Hörst du dich eigentlich reden? Frei? Vielleicht jagen wir keine Vampire mehr, aber wir werden von den Menschen gejagt. Und wir müssen Menschen töten um zu überleben. Und ich bin ehrlich gesagt nicht geneigt mein Leben mit Morden weiterzuführen.“ Die letzten Worte hatte Kai nur flüsternd gesagt. Er konnte den Fluch, dem er verfallen war, selbst nicht glauben. Ein Vampir mit Seele. Er musste töten um zu überleben, aber der Gedanke einen Menschen zu töten kam ihm total absurd vor und der Gedanke, jemanden seine Zähne in den Hals zu schlagen, erfüllte ihn auch nur mit Abscheu. Dies war schlimmer als sein bisheriges Leben in der Verpflichtung, der einzige Sohn in einer Familie von Vampirjägern zu sein. „Ich bin der einzige, der dich aufnimmt“, schrie Brooklyn auf. „Du wirst niemals Menschen finden, die dich in ihrer Nähe wollen. Entweder du kommst mit mir oder du wirst für immer einsam sein. Und ich werde dich immer daran erinnern.“ Es machte Ping und Kai wurde aus seiner Erinnerung gerissen. Die Drohung von Brooklyn hatte sich über die 150 Jahre immer wieder bestätigt. Zuerst hatte dieser seine Familie umgebracht und dann hatte er Tala angegriffen. Wann immer sich Kai einen Menschen annäherte, tauchte Brooklyn auf. Er würde es niemals zulassen, dass Kai mit dem Leben, das er für sich selbst gewählt hatte, glücklich werden könnte. Aber Kai hat sich schon nach dem Tod seiner Familie geschworen, dass er Brooklyn niemals nachgeben würde. Kai blies einmal über die dampfende Milch und gönnte sich dann einen ersten Schluck. Das warme Getränk rann seine Kehle herunter und wärmte ihn von innen. Diese wärme erfüllte langsam seinen ganzen Körper. Er nahm einen weiteren Schluck und lehnte sich schon ein wenig entspannter gegen die Küchenzeile, dabei schloss er genießerisch die Augen. Er musste zwar ständig in Habachtstellung bleiben, aber wenn er sich überhaupt nicht mehr entspannte, würde ihn die Anspannung noch um den Verstand bringen und vielleicht war es ja auch das, was Brooklyn mit seiner Ruhe bezweckte. Ihn so mürbe zu machen, dass er einen Angriff nicht mehr von einem normalen Gespräch unterscheiden konnte. Während sich sein Körper mit einer angenehmen Wärme füllte und sein Verstand langsam in einen ruhigeren Zustand überging, beschloss er gerade zu seinen Geliebten ins Bett zu steigen und sich keine Sorgen mehr zu machen, als plötzlich ein Schrei die Stille durchbrach. Die halbleere Tasse fiel klirrend zu Boden und bevor sie auf diesen zerschellte, war Kai auch schon zur Tür draußen und flog in rasenden Schritten über den Flur. Er riss die Tür zu Tysons Zimmer auf. Mit einem Blick konnte er selbst im Dunkeln erkennen, dass sich niemand im Zimmer befand und auch die Verandatür immer noch fest verschlossen war. Dennoch krümmte sich Tyson auf den Bett hin und her. Kai eilte sofort zu ihm und packte ihn an den Schultern. „Tyson! Tyson!!! Wach auf!“ Tyson schien die Worte von Kai nicht zu hören, denn als Kai seine Schulter packte, schien er noch mehr in Panik zu geraten und fing an, mit seinen Armen um sich zu schlagen. „Tys-„ Kai brachte den Satz nicht zu Ende, da eine von Tysons geballten Fäuste ihn am Auge erwischt hatte. Er hielt sich das schmerzende Auge, aber fasste sich gleich wieder und hielt jetzt Tysons schwingende Fäuste fest. „Nein, bitte nicht. Lass mich los!“, schrie Tyson verzweifelt im Schlaf. „Lass mich gehen!“ „TYSON!!! WACH AUF!!!!“, brüllte Kai seinen Geliebten an, der im Traum gerade schreckliches erleben musste. Kais brüllende Worte schienen Tyson auch zu erreichen, denn er hörte auf einmal auf, wie wild um sich zu schlagen und schwer atmend öffnete er langsam seine Augen. „Kai?“, fragte er verblüfft und blinzelte verwundert. Kai ließ eine seiner Fäuste los und schaltete die Nachttischlampe an. Mit einem Satz saß Tyson kerzengerade im Bett und sah sich geschockt im Raum um. Dann sah er zu seinen Geliebten. Zuerst musterte er ihn höchst verwundert, dann erkannte er das geschwollene Auge und seine Augen weiteten sich erschreckt. „Kai, dass… Es tut mir Leid“, brachte er entsetzt hervor. „Ich… Ich hatte einen Alptraum. Ich wollte dich nicht schlagen.“ „Das ist nichts“, wischte Kai ab und hatte wieder seine alte Coolness zurück. Er war aber auch etwas verwundert. Tyson schien nicht lange gebraucht zu haben, um zu merken, dass er einen Alptraum hatte. Manche Menschen brauchten immer einen Moment um die Realität wieder zu erkennen, aber Tyson schien schnell begriffen zu haben, was passiert war. War das vielleicht schon öfters passiert? „Sag mir lieber“, begann Kai wieder zu sprechen und setzte sich zu Tyson aufs Bett, „von was du geträumt hast. Du hast geschrien und um dich geschlagen.“ Tyson sah erschreckt zu ihm hoch und senkte dann schnell den Blick auf die Bettdecke. „Das weiß ich nicht mehr“, kam es schließlich wie aus der Pistole geschossen. Eine Lüge! Dass erkannte Kai sofort. Er beugte sich ein wenig zu ihm herunter und umschloss sanft Tysons Hand. „Wenn es ein Alptraum mit Brooklyn, oder… oder mit mir war, dann kannst du mir das sagen.“ Tyson schaute erschreckt zu ihm rauf. „Nein, das ist es nicht“, sage er bestürzt und dieses Mal erkannte Kai die Wahrheit in seinen Worten. Doch gleichzeitig konnte er auch erkennen, dass Tyson ihm die ganze Wahrheit nicht anvertrauen würde. Denn als Kai versuchte ihm in die Augen zu sehen, senkte er wieder den Blick und seine freie Hand krampfte sich in die Bettdecke. Kai erinnerte sich an das Geheimnis, dass Tyson ihm noch nicht anvertrauen wollte. Wieder kamen wilde Theorien in seinen Kopf hoch, doch er versuchte sie beiseite zu schieben. Er nahm seinen Liebsten in den Arm und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Er musste warten bis Tyson bereit war, von sich selbst auf ihn zuzukommen. Bis dahin, würde er einfach nur für ihn da sein. **^^** Trotz des Alptraums und des Gefühls, Kai würde ihm seine Ausreden nur zur Hälfte glauben, konnte Tyson am nächsten Morgen doch recht fit aus dem Bett aufstehen und sich für die Universität fertig machen. Wie jeden Morgen holte ihn Ray mit dem Motorrad ab. Max war zwar etwas pikiert darüber, dass sie auf diese Weise nicht mehr zusammen zur Universität laufen konnten, doch da sie sowieso unterschiedliche Vorlesungen hatten und daher nicht immer zur selben Zeit an der Uni eintreffen mussten, hatte das nur geringe Auswirkungen. Außerdem schien Max zu denjenigen zu gehören, auf die ein Motorrad mächtigen Eindruck machte. Wenn Ray vom Motorrad stieg, den Helm abnahm und dann seine schwarze Mähne schüttelte, gehörte er zu denjenigen die daraufhin fast wegschmolzen. Trotz dieser offensichtlichen Begebenheiten, beharrte Max aber weiterhin darauf, dass zwischen ihm und Ray nur eine kumpelhafte Beziehung bestand. „Mit dem langen Haar und den grazilen Körperbau hat er eben was Feminines an sich“, hatte Max einmal erklärt. „Da ist es nicht verwunderlich, dass meine männlichen Hormone ein wenig aktiv werden.“ Tyson hatte die Augen verdreht und den Kopf geschüttelt. So ein homophobes Geschwafel musste er sich wirklich nicht antun und er würde nicht mal im Traum daran denken, Ray als Feminin zu bezeichnen. Ray war aber, was dieses Thema anging, auch nicht viel besser. Zwar versuchte er nicht billige Ausreden zu finden, aber er tat dafür so, als würde zwischen ihm und Max überhaupt nichts laufen. „Ich rede nur mit ihm“, flüsterte Ray Tyson während der Vorlesung zu. Es war mal wieder die langweilige Geschichtevorlesung bei ihren steinalten Dozenten. Dieses Seminar schaffte man auch, wenn man einfach am Ende des Semesters eine Hausarbeit abgab. „Ich unterhalte mich auch mit Tala und Kai, trotzdem habe ich mit keinen von beiden eine Affäre.“ Ray klang dabei etwas giftiger als sonst, daher vermutete Tyson, dass er einen Nerv bei Ray getroffen hatte. Entweder weil Ray etwas für Max empfand und sich das einfach nicht eingestehen konnte, oder weil er tatsächlich nichts für Männer übrig hatte und Tyson einfach zu viel in ihre Unterhaltungen rein interpretierte. Er konnte beides nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, aber ihm ging es auch allmählich auf die Nerven, dass Max und Ray nur Augen füreinander hatten, wenn sie sich trafen. „Kai und Tala schaust dabei aber nicht so an“, meinte Tyson etwas zickiger. „Ach, wie sehe ich Max denn an“, giftete Ray nicht weniger gereizt zurück. „Schlafzimmerblick“, beantwortete Tyson die Frage und den Rest der Stunde verbrachten die beiden daraufhin schweigend. Als die Stunde schließlich zu Ende war, stand Ray mit einem eindeutig sauren Blick am Treppenabsatz des Vorlesungssaales und wartete darauf, dass Tyson sich endlich zu ihm hochbequemte. Tyson musste aber noch kurz etwas mit seinem Dozenten besprechen, wegen des Themas seiner Hausarbeit, und ging auch stattdessen nicht zu Ray nach oben sondern nach unten zum Lehrerpult. Zwei seiner Kommilitonen waren noch vor ihm dran, bis sich sein Dozent dann ihm zuwenden konnte. „Ah, Kinomiya-san. Ich vermute es geht um das Thema ihrer Hausarbeit“, meinte der alte Herr und senkte dabei den Blick auf ein Blatt, auf welchen alle Teilnehmer des Seminars mit ihren Hausarbeitsthemen aufgelistet waren. „Es geht um die Schwerpunktsetzung“, meinte Tyson und ihm fiel auf, dass ihr Dozent heute ein wenig müde wirkte. Vielleicht hatte er es jetzt endlich geschafft auch sich selbst ins Koma zu reden. Auf jeden Fall waren seine Lider nur zur Hälfte offen und seine Haut wirkte fahl. „Ja, ja“, leierte der alte Mann abwesend. „Ich hätte da noch ein wenig Sekundärliteratur in meinem Büro. Vielleicht sollten sie mehr auf die weniger offensichtlichen Ereignisse eingehen und weniger auf die bekannten Fakten. Kommen sie doch gleich mit in mein Büro.“ „Ähm…“ Tyson warf einen Blick auf den entnervt dreinblickenden Ray, der soeben auch noch mit der Zunge schnalzte um Tyson auf seine Gereiztheit aufmerksam zu machen. „Ich muss noch kurz jemanden Bescheid sagen, dann komme ich sofort. Raum 3.056, richtig?“ „Richtig“, meinte der alte Herr abwesend, packte seine Sachen zusammen und verließ den Raum durch den unteren Eingang, welcher zum Untergeschoss führte. Tyson sah ihm noch einen Moment verwundert nach, aber da der Dozent schon um die 70 oder älter war, dachte er sich nichts bei dessen resignierenden Eindruck. Er lief die Treppe zu Ray hoch, der anscheinend immer noch angepisst war, wegen ihrer Unterhaltung von vorhin. „Können wir jetzt endlich gehen. Ich hab Hunger“, sagte er in einem genervten Tonfall und auch bei Tyson kam wieder der Ärger hoch. „Geh schon mal vor, ich muss noch zu meinen Dozenten ins Büro.“ Ray stöhnte genervt auf, doch anstatt wie so oft darauf zu beharren, dass Tyson nicht allein sein sollte, wandte er sich einfach ab und ging durch die Tür nach draußen. Tyson zog eine Schnute und gab ein grummelndes Geräusch von sich. Dass Ray auch so sein konnte hätte er nicht gedacht. Wenn er das vorher gewusst hätte, dann wäre er nie auf die Idee gekommen, die Sache mit Max anzusprechen. Er ging die Treppe wieder runter und nahm ebenfalls den unteren Ausgang. Im Untergeschoss war nie viel Trubel. Hier gab es nur die Büros der Dozenten und da es jetzt Mittagszeit war, war eh nicht viel los. Die meisten Dozenten waren beim Mittagessen oder noch in Vorlesungen. Das Büro des Dozenten befand sich zwei Ecken weiter und als er vor der Tür stand, klopfte Tyson an. Von innen hörte er ein dumpfes „Kommen sie rein“ und er betrat das Büro. Sein alter Dozent stand mit dem Rücken zu ihm und Tyson glaubte zu erkennen, dass vor ihm noch jemand stand, doch er musste nicht erst um die Ecke sehen, um das herauszufinden. Denn kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, legte sich auf einmal eine Hand auf den Kopf seines Dozenten, es tat sich ein Ruck, der Kopf wurde herum gedreht, ein Knacken war zu hören und sein Dozent fiel leblos auf den Boden. Die Person, die nun zu erkennen war, sah nicht einmal zu der leblosen Gestalt am Boden. Die graublauen Augen blickten unverwandt zu Tyson. Außerdem hatte die Person langes graues Haar, das zu einem Pferdeschwanz gebunden war und ein Bindi auf der Stirn. Tyson fühlte sich wie gelähmt von dem eben geschehenen, aber gleichzeitig meldete sich auch ein innerer Instinkt, der ihm sagte, dass er sofort weglaufen sollte. Er schaffte es gerade noch sich umzudrehen und die Türklinke zu ergreifen, doch bevor er sie auch nur einen Millimeter nach unten drücken konnte, wurde er an den Schultern gepackt und von einer unmenschlichen Kraft nach hinten gezerrt und durch den Raum geschmissen. Wahr genommen hatte er nur ein Rascheln. Er landete unbequem auf den Schreibtisch des toten Mannes im Raum und bevor er diesmal auch nur einen Fluchtgedanken fassen konnte, wurde er auch schon an den Schultern nach unten gepresst und die blauen Augen fixierten ihn sofort wieder. Doch auf einmal färbten sich die Augen Blutrot und durch Tysons Körper ging ein Zucken. Im nächsten Moment hatte er das Gefühl, dass sein Körper durch eine unnatürliche Kraft nach unten gedrückt wurde. Er konnte keinen Muskel mehr bewegen und auch sein Mund wollte sich zu keinen Laut öffnen. Die Person ließ ihn wieder los und stand aufrecht vor ihm hin, verschränkte dabei die Arme voreinander und sah abwertend zu ihm herab. „Ein kleiner Junge mit großen braunen Augen. Hübsch, aber nichts Besonderes“, war seine Zusammenfassung von Tysons Äußeren. Tyson wollte etwas darauf erwidern, den Eindruck, vermitteln, dass er keine Angst vor seinem Gegenüber hatte, aber er brachte keinen Laut heraus und außer Zucken konnte er auch nichts mit seinen Körper anstellen. „Gib dir keine Mühe. Aus meinen Bann kann sich keiner befreien“, meinte sein Gegenüber lässig. „Außerdem werde ich hier der einzige sein, der Fragen stellt.“ Der Fremde sah nun von Tysons Augen ab und begann den gesamten Körper mit Blicken abzutasten. Dies machte er sehr langsam und gemächlich und bis zu seinen Füßen herab. „Für dein junges Alter scheinst du schon viel erlebt zu haben“, sagte er schließlich und Tyson wurde das ganze immer unheimlicher. Er hatte ihn doch nur angesehen, wie konnte er also so eine Schlussfolgerung ziehen. Und dann fiel es Tyson wieder ein. Groß, silbernes Haar und hypnotisierende Augen. Das über ihn musste Garland sein. Die vampirtypischen roten Augen hatte er ebenfalls. Das musste der Kerl sein, der Shuichi nach ihm ausgefragt hatte und den Tala als Empath bezeichnet hatte. Er erinnerte sich das Tala ihn als gefährlich bezeichnet hatte, dass er Gefühle von anderen erspüren konnte und sogar Gedanken manipulierte. Aber was ihm besonders in Erinnerung geblieben war – er war Brooklyns Gefolgsmann. Wenn Tysons Körper ihm gehorcht hätte, dann hätte er jetzt angefangen zu zittern, aber keiner seinen Muskeln schien noch von ihm kontrolliert zu werden. Garland legte eine seiner Hände auf sein Bein und da Tyson nicht körperlich zusammenzucken konnte, tat er dies innerlich. Garland fuhr von seinem unteren Schienbein hinauf zu seinen Knie, dort hielt er kurz inne. „Du warst ein sehr lebhaftes Kind. Bist oft hingefallen, aber immer gleich aufgestanden. Außerdem hast du kräftige Beine.“ Mit einen süffisanten Lächeln sah er zu Tyson hinauf. „Na ja, das nützt dir im Moment nichts.“ Er fuhr wieder etwas weiter hoch, hielt aber schon nach kurzen bei seinem Oberschenkel wieder inne. „Im Kendotraining warst du mal unvorsichtig und jemand hat einen Schlag auf deinen Oberschenkel erzielt. Die Folge, Bruch. Du spürst heute noch ein leichtes Ziehen, wenn du den Oberschenkel zu stark belastet.“ Das war passiert als Tyson 10 Jahre alt war. Er konnte sich nicht erklären, wie der Kerl das wissen konnte. „Jeder Körper speichert Erinnerungen wie auch unser Gehirn. Ich bin in der Lage diese Erinnerungen zu lesen.“ Immer mehr und mehr Angst breitete sich in Tyson aus. Der Kerl las in ihm wie in einen Buch. Er musste seinen Geist befreien und hoffen, dass es Winkel in seinen Gedanken und Erinnerungen gab, die er nicht erreichen konnte. Währenddessen setzte Garland seine Reise fort und gelangte schließlich bei seinem Schritt an. Tyson wurde übel und versuchte wieder vergebens Kraft zu mobilisieren. Der Silberhaarige strich ein paar Mal über seinen Schritt bevor er süffisant zu Tyson empor sah. „Viel Leidenschaft steckt in dir, aber auch Schmerz und Scham haben sich hier angeheftet. Ich sehe auch die schlechten Erinnerungen, welche du zu verdrängen versuchst. Das wichtigste aber ist, dass Kai nicht nur eine einmalige Sache war. Interessant.“ Endlich bewegte Garland seine Hand weiter, aber nur um sie dann auf Tysons Hüfte abzulegen, genau an der Stelle, wo sich seine Narbe befand. Er versuchte weiterhin seinen Geist frei zu machen und seine Gedanken gleichzeitig zu verschließen. Dieser Mistkerl hatte eindeutig zu leichtes Spiel mit ihm und er wollte nicht, dass er in seinen empfindlichsten Erinnerungen rumwühlte, wie ein Finger in einer Wunde. „So ist das also“, meinte Garland fachmännisch und strich nochmal über die Narbe, dann fuhr er weiter und tastete ein paar seiner Rippen ab. „Hier und hier auch“, murmelte er dabei. „Dein Ex hat dir ganz schön viel angetan. Ich fühle seine Verletzungen überall an deinen Körper. Kaum ein Körperteil blieb verschont. Merkwürdig, dass du dich auf einen Vampir einlassen konntest. Wusstest du denn nicht, dass die Gewalt mit unserem Schicksal verbunden ist? Doch das wichtigste ist dieser Teil.“ Dabei hob er seine Hand und strich Tyson sanft über die Augen. Ihn beunruhigte diese Behutsamkeit mehr, als es ein Schlag getan hätte. „Deine Augen haben einen besonderen Glanz. Du bist eindeutig verliebt. Sie beinhalten Lebenslust und Freude. Du bist eindeutig in Kai verliebt.“ In Tyson breitete sich Panik aus. Gleichzeitig versuchte er sich zu beruhigen. Das Tyson in Kai verliebt war musste noch nicht viel bedeuten. Was interessierte es Brooklyn wie viele Typen für Kai schwärmten. Wenn Kai diese Personen egal wären, dann hätte Brooklyn keinem Vorteil davon sie umzubringen. Okay, anscheinend war Brooklyn ein durchgeknallter Psychopath, der schon aus weniger tiefgründigen Gründen Menschen auf brutale und abscheuliche Weise umgebracht hatte. Aber dennoch. Er hatte Tala geschändigt, nur weil dieser mit Kai befreundet war. Was würde er mit der Person machen, in die Kai verliebt war. „Brooklyn interessieren deine Gefühle aber recht wenig“, meinte Garland und seine Finger wanderten zu den Lippen und drückten diese Auseinander. „Es ist wichtig zu wissen, was Kai für dich empfindet und das kriege ich nur über diesen Weg heraus.“ Damit senkte Garland sein Gesicht über Tysons und presste seine Lippen auf die von Tyson. Dieser riss geschockt die Augen auf. Auch wenn er keinen Finger rühren konnte, so konnte er doch alles spüren. Sein Körper durchlief ein Zittern und die kalten Lippen fühlten sich auf seinen wie Eisklötze an. Seine Gedanken währenddessen schienen Karussell zu fahren. Ihn wirbelten tausend Gedanken und Erinnerungen durch den Kopf, doch keiner schien greifbar. Durchforstete Garland etwa gerade diese Gedanken, und wenn ja, konnte er etwas daraus erkennen. Doch leider beließ es Garland nicht bei einem einfachen Kuss. Er biss Tyson in die Lippe und zog das Blut daraus. In Tyson kam Übelkeit hervor. Wenn er noch die Gewalt über seinen Körper hätte, dann würde er sich jetzt wahrscheinlich übergeben. Viel zu lange befand er, dauerte der Kuss, als sich Garland schließlich von ihm löste und ihn sogleich triumphierend und überrascht in die Augen sah. „So ist das also“, sprach er überrascht aus und leckte sich dabei Tysons Blut von den Lippen. Tyson nahm das schlimmste an. Garland ging ein paar Schritte von Tyson weg, drehte ihm den Rücken zu und kramte ein Handy aus seiner Tasche. Er wählte eine Nummer und hielt sich dann das Handy an das Ohr. Während er wartete, dass der andere abnahm, nahm Tyson war, dass seine Hand stärker zitterte als noch einen Moment davor. Er versuchte die Finger zu krümmen und unter schweren Aufwand gelang es ihm auch. Anscheinend hatte Garlands Einfluss auf ihn nachgelassen, weil er ihm weniger Aufmerksamkeit widmete, aber leider hatte Tyson nicht genug Kraft um aufzustehen und einen Fluchtversuch zu wagen. Fieberhaft dachte er nach, was er mit so wenig Bewegungsfähigkeit anstellen konnte. Inzwischen schien Garland endlich durchgekommen zu sein. „Hast du mal wieder dein Handy verlegt, oder warum hat das so lange gedauert? … Nein ich bin nicht zickig, ich habe nur keine Lust immer eine halbe Ewigkeit zu warten, bis du dich bequemst abzunehmen.“ Tyson versuchte den Kopf ein wenig zu drehen und somit mehr vom Schreibtisch wahrzunehmen. Dabei fiel ihm ein silberner Brieföffner ins Auge. Er lag ein paar Zentimeter von seiner rechten Hand entfernt. Würde er die Hand soweit bewegen können? Er musste es wagen. „Ich habe eine Überraschung für dich. Wohl eher ein Geschenk … Nein, ich werde keine Schleife drumbinden … Hab Geduld, ich erkläre dir alles, wenn ich zurück bin.“ Noch ein wenig, dachte sich Tyson und versuchte weiter seine Hand in Richtung des Brieföffners zu bewegen. Es fühlte sich an, als würde seine Hand Tonnen wiegen oder als hätte sie keinerlei Kraft in sich, doch schließlich schaffte er es, an den Brieföffner zu gelangen und mit gedanklichen Kraftaufwand, schaffte er es sogar die Hand darum zu schließen. „Ich bin bald zurück. Versuche bis dahin deine Vorfreude zu zügeln.“ Garland wandte sich wieder Tyson zu und dieser sah nur eine Chance für einen Fluchtversuch. Garland kam ihm näher und stützte sich mit den Armen zu beiden Seiten von Tysons Kopf ab. „Ich warte noch ein bisschen bis ich dich zu Brooklyn bringe. Dein Blut ist süß und ich will noch ein bisschen davon naschen. Damit senkte er seinen Kopf zu Tysons Hals hinunter. Der Japaner spürte den heißen Atem an seiner Kehle und wie eine Zunge über die empfindliche Stelle strich, wo ihn einst schon Brooklyn gebissen hatte. Tyson hatte immer noch ein wenig Macht über seinen Körper. Er schloss die Finger kräftiger um den Brieföffner. Nochmal leckte Garland über die gleiche Stelle. Tyson konnte spüren wie seine Halsschlagader pulsierte und als er fühlte wie sich etwas spitzes gerade da durchbohren wollte, bekam er genügend Kraft zusammen für einen gezielten Stoß. Er stieß mit der Klinge zu und auch wenn er Garland nicht richtig sehen konnte, so hatte er doch perfekt dessen Hals getroffen. Dieser stieß einen Schrei aus und sprang weg von Tyson. Geschockt tastete er nach dem Brieföffner der immer noch in seinen Hals steckte. Als Garland so erschreckt weggesprungen war, schien auch der Bann von Tyson zu fallen. Er setzte sich augenblicklich auf und hastete sofort zur Tür. Dabei bemerkte er, dass der Schlüssel steckte. Der Vampir unterdessen zog sich den Brieföffner aus dem Hals und schaute mit glühenden Augen und gefletschten Zähnen zu Tyson. „Du Hure!“, schrie er und wollte auf Tyson zu stürmen. Dieser zog schnell den Schlüssel aus dem Schloss, schoss durch die Tür und schloss sie wieder. Keine Sekunde zu spät, denn schon hörte er Garland dagegen knallen. Blitzschnell steckte er den Schlüssel ins Schloss und schloss die Türe noch ab. Garland versuchte vergeblich die Klinke nach unten zu drücken. Tyson lehnte sich für den Augenblick gegen die Tür und versuchte nach Luft zu schnappen. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn und sein Herz schlug mit doppelter Geschwindigkeit. An seinen Lippen hing getrocknetes Blut und seine Hände zitterten unkontrolliert. Die Versuche die Türklinke runter zudrücken hörten auf einmal auf. Für einen Moment war es still und Tyson versuchte angestrengt darüber nachzudenken, ob es ein Fenster im Zimmer gab. Doch keine Sekunde später, gab es von innen einen Ohrenbetäubenden Schlag und das Holz neben seinen Kopf splitterte. Garland würde durch diese Tür kommen und wenn er sie dafür zerbersten müsse. Sofort rannte Tyson wieder los. Der schnellste Weg nach draußen und somit auf offenes Gelände mit vielen Leuten, führte seines Erachtens wieder durch den Vorlesungssaal. Wenn er nur wo hingelangen würde, wo viele Leute sind, dann würde ihn Garland in der Menge sicher verlieren und Ray würde dann ein eventueller Aufruhr sofort auffallen. Er stellte natürlich die Sicherheit seiner Kommilitonen in Frage, wenn ein gestörter Vampir in der Menge herumlief, aber wenn es Brooklyn oder Garland bisher nicht gewagt hatten, ihn aus einer Menge von Studenten heraus zu entführen, dann würde es Garland allein sicher nicht wagen, mit zufälligen Todesopfern auf sich aufmerksam zu machen. Hinter sich nahm er noch schwach das bersten von Holz wahr. Wenn er es jetzt schnell genug die Treppen nach oben schaffen würde, wäre er in Sicherheit. Er öffnete die Tür, trat die ersten Schritte rein, warf dabei einen Blick hinter sich und traf schon auf ein Hindernis. Er fiel mit dem Hintern auf den Boden und schaute geschockt zu der Person vor ihm empor. Einen schrecklichen Moment hatte er befürchtet Garland hätte sich überschnell bewegt und wäre schon vor ihm aufgetaucht, doch als er die blonden Haare erkannte, wurde ihm schon etwas leichter ums Herz. Es war Max. „Kannst du mir mal sagen, was so ewig lange dauert?“, meckerte er und stemmte die Hände in die Hüften. „Du weißt genau, ich warte mit dem Essen immer auf dich und …“ Hinter sich hörte Tyson, dass bersten von Holz und etwas Schweres schien gegen die Wand zu schlagen. „Was zum Teufel…“ wollte Max ansetzen, doch da hatte ihn Tyson schon an der Hand gegriffen und rannte mit ihm die Stufen empor. „Tyson, was…“ „Sei still“, ermahnte ihn Tyson. Vielleicht würde Garland nicht wissen, welchen Weg er genommen hatte. Schließlich hatte er nicht den gleichen Heimvorteil wie Tyson. Als sie fast das obere Ende der Treppe erreichten, hörte er hinter sich das Quietschen der Tür. „Mist“, zischte er. Sie waren noch nicht ganz oben und bis nach draußen auf den Hof führte noch ein langer, meist menschenleerer Gang. Das konnte er nicht riskieren, besonders nicht mit Max, der sich gegen seinen harten Griff wehrte. Kurz entschlossen kickte er Max in eine der Stuhlreihen und sprang gerade noch rechtzeitig hinter ihm her, denn schon wurde die Tür mit einen Knall aufgestoßen. Max wollte wieder zu einer Frage ansetzen, doch Tyson hielt ihn den Mund zu und verwies ihn mit der anderen Hand darauf ruhig zu sein. Max verstummte und Tyson wartete. Die Reihen waren hier so dicht und durch die Abstufung, sollte Garland von unten nicht in der Lage sein, sie zu entdecken. Tyson konnte sein schweres Atmen den Raum erfüllen hören. „Komm raus, du Mistkerl!“, dröhnte es durch den Saal und bei der Stimme lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken. Der Kerl war wirklich sauer. „Ich finde dich ja doch und dann zerhacke ich dich in Einzelteile, bevor ich dich zu meinen Herrn bringe.“ Max verzog fragend das Gesicht und machte eine geschockte Miene, aber Tyson bedeutete ihn immer noch ruhig zu sein. Er nahm dann langsame Schritte wahr, die sich nach oben zu bewegen schienen. Schnell bedeutete Tyson Max, auf die andere Seite der Reihe zu krabbeln. Wenn sie erst die andere Seite erreicht hätten, könnten sie dort in Deckung gehen. Vielleicht hatten sie Glück und Garland würde vermuten, Tyson wäre schon längst nach draußen gerannt. Doch er erinnerte sich, dass er sich auch mal vor Brooklyn versteckt und dies nichts genutzt hatte. So leise wie möglich krabbelten er und Max im Schutz der Bänke auf die andere Seite. Dabei wurden Garlands Schritte immer lauter und kamen somit bedrohlich näher. Wenn er auf gleicher Höhe war, müsste er nur einen Blick seitlich in die Reihe werfen und hätte sie dann schon entdeckt. Doch schließlich erreichte Max, dass Ende der Reihe und presste sich gleich geistesanwesend immer noch in knieender Position an die untere Seite. Tyson folgte ihm und drückte sich bei der oberen Stuhlreihe auf die Seite. Die Schritte waren nun, da sie sich auf der anderen Seite des Saals befanden, nur noch schwach wahrnehmbar. Tyson wusste also im Moment nicht, wo genau sich Garland befand und beurteilte es als zu gefährlich den Kopf zu heben, oder zwischen den Stuhlreihen durchzuschauen. Still saßen er und Max also in der Hocke und warteten. Auf einmal war der ganze Saal von einer unheimlichen Stille erfüllt. Er warf einen Blick zu Max rüber, der nur mit den Achseln zuckte. Tyson schluckte schwer und wagte einen Blick durch die Reihe, durch die sie eben gekommen waren. Niemand zu sehen. Er warf einen Blick die Reihe über ihnen entlang. Ebenfalls niemand. Aber sie hatten keine Tür oder so gehört. Garland musste also noch im Raum sein. Auf einmal durchschnitt ein Knurren die Stille und Tyson warf einen geschockten Blick in die obere Mitte. Am oberen Ende des Raums stand ein Podium mit einem alten Projektor, mit welchen früher Dias abgespielt worden waren. Aber was nun auf dem Podium stand war Garland. Um den ganzen Raum überblicken zu können, hatte er sich auf das Podium gestellt und hatte sie somit sofort entdeckt. Mit seinen glühenden Augen fixierte er Tyson. Aus seiner Wunde am Hals tropfte immer noch Blut. Tyson stand sofort auf den Beinen, aber nicht schnell genug. Mit einem mächtigen Sprung stand Garland plötzlich vor ihm. „Was…?!“, konnte er noch von Max hören, da packte ihn der Silberhaarige schon an den Schultern. Tyson hatte nur eine Wahl. Er ließ sich nach hinten fallen und packte dabei die Arme des anderen. Durch die abschüssigen Stufen im Raum hatte er mehr Schwung nach hinten und kurz bevor er mit den Rücken auf den Stufen aufschlug, zog er Garlands Arme nach hinten. Sein Plan ging auf, Garland fiel durch seine eigene Kraft und die des nach hintenfallens über ihn hinweg. Der Nachteil an der ganzen Sache war allerdings, dass Tyson hart mit den Rücken auf den Stufen aufkam, doch er scherte sich nicht um seine Schmerzen. Er rappelte sich sofort wieder auf und schaute sich suchend im Raum um. Er brauchte eine Waffe, oder etwas ähnliches, aber hier gab es nichts. Da erblickte er ein 30 cm Holzlineal auf einem der Tische, welches wohl dort vergessen worden war. Garland hatte sich inzwischen ebenfalls wieder aufgerappelt und kam mit einen Kampfschrei auf Tyson zu. Tyson fackelte nicht lange. Er griff nach dem Lineal, welches nicht länger war als sein Unterarm und schlug damit aus, dabei zielte er genau auf die Wunde an Garlands Hals. Dieser zuckte zusammen und Tyson nutzte die Chance um ihn noch ein Schlag auf den Kopf zu verpassen. Das Holzlineal hatte einen guten Schwung und nach dem Schlag auf den Kopf, taumelte Garland tatsächlich ein paar Schritte nach hinten, doch das konnte ihn selbstverständlich nicht aufhalten. Sofort richtete er seine hasserfüllten Augen wieder auf Tyson, der sich nicht mehr zu helfen wusste. Max der noch immer mit Schockmiene neben ihn stand, würde ihm keine Hilfe sein. Tyson machte nur ängstlich einen Schritt zurück, als er plötzlich spürte wie etwas Nasses seine Wange strich. Doch das Wasser war nicht auf ihn geworfen worden, sondern an ihm vorbei und als es schließlich auf Garlands Gesicht traf, schrie dieser schmerzvoll auf und schlug die Hände in sein Gesicht von welchen Dampf aufstieg. Tyson warf einen Blick hinter sich und erkannte gerade noch wie Ray an ihm vorbeirannte. Als er auf Garland zuhielt zog er einen Pflock aus der Tasche und zielte genau auf Garlands Herz, welcher sich immer noch das qualmende Gesicht hielt und umher torkelte. Ray setzte an und schaffte es die Spitze des Pflockes in Garlands linke Brust zu stoßen, doch bevor er den Stoß vollenden konnte, hatte der andere plötzlich seinen Arm gepackt und hielt ihn fest. Dabei kam Garlands Gesicht wieder zum Vorschein. Es war furchtbar entstellt, als wäre es verbrannt. Es entstand ein Machtkampf zwischen den beiden. Ray der versuchte den Pflock weiter in Garlands Herz zu treiben, und Garland der versuchte, Ray von sich wegzudrücken. Als der Pflock einen weiteren Ruck in Richtung Garlands Herz machte, nahm dieser auf einmal all seine Kraft zusammen, packte Rays Arme kräftiger und mit einen mächtigen Schwinger beförderte er ihn an das untere Ende des Raumes. Ray schlug mit den Rücken gegen die Tafel und sackte auf den Boden zusammen. Dann wandte sich das wutverzerrte Gesicht von Garland wieder Tyson zu. Er zog den Pflock aus seiner Brust und machte einen Schritt auf Tyson zu. Doch in dem Moment ertönten von unten Schüsse. Ray hatte sich wieder berappelt und schoss mit einer Colt auf Garland. Ray zielte mit jeden Schuss auf Garlands Kopf. Das kranke an der Sache, obwohl jeder Schuss saß und Garlands Gesicht durch die Schüsse entstellt wurde, stand er immer noch aufrecht und warf all seinen Hass Ray entgegen. Er warf noch einen letzten Blick auf Tyson, doch dann sprang er plötzlich empor und landete am oberen Ende des Raums. Er riss die Tür auf und verschwand durch diese. Ray stürmte ihn hinterher. Tyson ließ sich geschockt auf den Boden sinken und atmete so schwer, als wäre er gerade einen Marathon gelaufen. Max stand immer noch schockstarr neben ihm. „Kannst du mir mal erklären, was hier eben passiert ist?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)