Blutige Leidenschaft von Curin (TyKa/ Vampirstory) ================================================================================ Kapitel 32: Bright Shinning Eyes -------------------------------- Seine Lunge brannte, seine Brust schmerzte, seine Beine fühlten sich an, als würden sie jeden Moment unter ihm zusammenbrechen und das zusätzliche Gewicht machte die ganze Sache auch nicht unbedingt leichter, doch er ging jeden einzelnen Schritt weiter. Inzwischen war er in dem Gebiet angekommen, ab dem er nur noch laufen konnte. Er sah vor sich schon das Haus und beschleunigte seine Schritte noch etwas mehr. Jede Sekunde war kostbar und er hatte schon genug Zeit vertrödelt, weil er zuerst darüber nachgedacht hatte, wie es nun weitergehen sollte. Er war versucht, einfach einer Eingebung oder einen Gefühl zu folgen. Alles abzusuchen was möglich gewesen wäre. Doch das hätte nur Zeit verbraucht, die sie nicht hatten. Also war er in den Club zurückgekehrt und hatte sich den anderen über die Schulter geworfen. Er würde ihnen die Informationen geben, welche sie so dringend brauchten. Er kam an der Tür an. Er hatte weder die Zeit noch die Kraft nach dem Schlüssel zu suchen, also trat er mit den Fuß mit aller Macht gegen die Tür. Am liebsten hätte er sie eingetreten nur um schneller zu sein, aber die Tür war mit speziellen Bannen belegt, damit gewaltsames Eindringen nicht möglich war. Er hörte hinter der Tür schon Gegrummel, vermutlich wegen seines brutalen Klopfens. Die Tür wurde aufgerissen und nur für eine Sekunde, war auf Kais Gesicht ein wütender Ausdruck, welcher sich dann sofort in eine zuerst überraschte und dann besorgte Miene umwandelte. Und mehr wusste er nicht, denn dann übermannte ihn eine Ohnmacht. **^^** „Tala. Hey, Tala!“ Tala spürte wie ihm jemand vorsichtig gegen die Wange klatschte, dann folgte eine harte Ohrfeige und er öffnete sofort die Augen. Über ihn gebeugt stand Kai. Er war kreidebleich im Gesicht und er wirkte ehrlich besorgt. „Verzeih mir, Kai“, sagte Tala und sogar das Sprechen tat ihm weh. Nicht nur körperlich, sondern auch seelisch. „Sie haben Tyson“, brachte er mühsam hervor. „Ich konnte… ich konnte es nicht verhindern.“ „Versuch ruhig zu bleiben. Ich habe die Blutung noch nicht stillen können“, sagte Kai und strich Tale eine Strähne aus dem Gesicht. Dabei merkte Tala, dass seine Stirn kalt und feucht war. Ein husten durchzuckte seinen Körper und er blickte auf seine schmerzende Brust hinab. Kai drückte ein Tuch auf seine Wunde, aber es war schon gänzlich durchgeblutet. „Du weißt, ich kann dich erst versorgen, wenn ich sichergehen kann, dass kein Gift in der Wunde ist.“ Tala legte sich die Hand über die Augen. Seine Gedanken kreisten gerade nur um Tyson, was störte ihm seine eigene Wunde. Selbst wenn der Dolch in Gift oder so getränkt gewesen war, dann würde es seine Heilung nur verlangsamen, aber wenn sie nicht bald was unternahmen, würde Tyson vermutlich nicht mal die Nacht überleben. Gift war bei einem Kampf unter Vampiren eine beliebte Methode seine Waffen zu präparieren. Normale Waffen richteten zwar schon genug Schaden an, aber die schnelle Heilung setzte denjenigen nur für kurze Zeit außer Gefecht. Gifte bewirkten, dass sich die Heilung um einiges verlangsamte. Er hörte wie jemand ins Zimmer gestürzt kam. „Ich habe ihn drüben angebunden und das Messer noch drin gelassen. Der geht nirgendwo hin“, hörte er Rays Stimme. Selbst dieser sonst so ruhige Typ klang jetzt ehrlich besorgt. „Hier!“, sagte er noch. Da Tala immer noch die Augen geschlossen hatte und die Hand darüber, sah er nicht was Ray meinte, doch er spürte es. „Aaaaaahhhhh“, er schrie gepeinigt auf, als eine Flüssigkeit über seine Wunde geleert wurde. Es fühlte sich an, als würde seine Haut unmittelbar verbrennen. Er versuchte die Augen zu öffnen und sah gerade noch wie die Wunde an seiner Brust dampfte. Dass die Flüssigkeit klar – außer von seinem Blut getränkt – abfloss, verriet ihnen, dass die Wunde nun gesäubert war und jegliche möglichen Giftrückstände entfernt waren. Das Mittel war praktisch. Es neutralisierte viele Gifte. Der Nachteil, es enthielt auch ein wenig Weihwasser, daher die Schmerzen und das Gefühl, die Haut würde mit heißen Wasser verbrüht. Kai drückte wieder den Lappen auf seine Wunde. „Hol das Verbandszeug aus meinem Zimmer! Ich will ihn lieber nicht zu viel bewegen“, sagte er Ray, welcher sofort aus dem Zimmer stürzte. „Tala, was genau ist denn passiert?“, fragte er dann drängender an Tala. „Sie… sie waren zu zweit“, sagte Tala, dem immer noch übel war. Die Schuldgefühle an die Erinnerung, dass er Tyson nicht hatte beschützen können, setzten ihm zusätzlich zu. „Sie mussten schon dort gewartet haben.“ Er hustete und seine Brust fühlte sich an, als würde seine Lunge gleich daraus hervorbrechen. „Ich… ich habe versucht, gegen sie zu kämpfen, aber sie ware …waren zu stark und … und einer hat dann … er hat Tyson mitgenommen. Es … es tut mir so leid, Kai.“ Kai strich Tala über das Gesicht und sah ihn tief in die Augen. „Ich weiß, du würdest alles tun um ihn zu beschützen. Ich sehe es an deinen Wunden. Ich selbst könnte nie verlangen, dass du dich so sehr verletzt um ihn zu schützen.“ Kai zog seine Hand zurück und schloss gequält die Augen. „Es wäre meine Aufgabe gewesen, dass zu verhindern. Nicht deine.“ Tala wollte noch etwas erwidern, aber dann kam schon Ray ins Zimmer gestürzt und überreichte Kai den Verbandskasten. Als Kai anfing, die Wunde an seiner Brust mit großen Stichen zusammenzunähen und Tala gepeinigt aufschrie, verlor er schon bald wieder das Bewusstsein. **^^** Tyson wusste nicht wo er hingebracht wurde. Weder sah er etwas, noch konnte er auch irgendwie erahnen, wie sie sich bewegten. Er hatte geglaubt, zuerst wieder über Häuserdächer getragen zu werden, aber zwischendurch fühlte es sich dann an, wie ein schneller Sprint. Seine Hände waren inzwischen taub. Das Blut stieg ihn in den Kopf, weil er über einer Schulter hing, und verursachte ihm Kopfschmerzen. Er hatte Angst. Furchtbare Angst. Was würde man mit ihm machen? Ihm zu Abendessen verspeisen? Ihn foltern? Oder ihn wie Tala erst demütigen? Er wusste es nicht, und das war wahrscheinlich die größte Folter. Irgendwann schien der Vampir, der ihn trug langsamer zu werden. Er versuchte mit seinem Gehör zu erkundigen wo er war. Er meinte Vogelgesang und Zikaden zu hören. Keine Autos. Vielleicht waren sie etwas außerhalb der Stadt. Das wäre auch allzu logisch, denn er glaubte kaum, dass Vampire es bevorzugten in einer Wohnsiedlung zu leben, oder sogar in einen Mehrparteienhaus. Selbst die Geräusche, die er wahrnahm kamen nur gedämpft zu ihm hervor. Der Sack über seinen Kopf raubt ihm nicht nur die Sicht, sondern dämpfte auch die Geräusche seiner Umgebung. Als nächstes glaubte er aber, dass Knarren einer Tür zu hören. Welche Türen knarrten denn noch? Doch nur alte und verrostete. Aber in nächsten Moment glaubte er auch, dass es ein bisschen wärmer geworden war. Sie betraten wohl ein Haus. Sein Träger schritt gemächlich mit ihm voran. Es war fast so, als würde ihm das zusätzliche Gewicht über seiner Schulter nichts ausmachen. „Ah, wie ich sehe hattest du Erfolg“, hörte er eine neue Stimme. „Wo hast du denn Mikail gelassen?“ „Der war noch mit den Rotfuchs beschäftigt“, erklärte sein Träger. Tyson begann unwillkürlich zu zittern. Seine Angst um Tala hatte wieder eingesetzt. Das letzte was er gesehen hatte war, dass er schwer verletzt wurde. Er wusste gar nicht, ob er hoffen sollte, dass sie ihn lebend brauchten. Er wollte nicht, dass man Tala etwas antat. Immer wenn Tala von Brooklyn erzählt hatte, dann war da dieser gequälte Gesichtsausdruck bei ihm erschienen. Der Kerl hatte ihn schon genug angetan. „Und was passiert jetzt mit ihm?“, fragte wieder die neue Stimme und Tyson versteifte sich, als ihn jemand über den Arm strich. „Was für weiche Haut. Hoffentlich kriegen wir auch was von ihm ab.“ Er hatte Angst. So furchtbare, wahnsinnige Angst. Im Moment war er dankbar dafür, dass er nichts sah. Er wollte nicht wissen, was mit ihm geschah, wollte nicht noch mehr hungrige Blicke sehen. „Ich glaube, der Boss hat etwas Besonderes für ihn vorbereitet. Bisher hat er aber nicht verraten was es sein wird.“ Tyson schluckte. Brooklyn liebte es Kai zu quälen. Egal was es war, es würde mehr Kai als ihm schaden. Er musste sich jetzt endlich zusammen reißen! Wenn Kai erfuhr, was geschehen war, dann würde er sich Sorgen machen. Und wer weiß, was mit Tala war. Es nützte hier niemanden, wenn er Brooklyn in die Hände spielte, indem er wie ein Opferlamm vor sich hin wimmerte. Tyson spürte, wie sich der andere wieder zu bewegen begann. Er hörte keine Schritte, daher nahm er an, der Boden war mit Teppich oder Tatami-Matten ausgelegt. Moderne westliche Häuser bevorzugten heutzutage Parkett-Böden, auf denen man Schritte hören müsste. Hin und wieder nahm er an Stimmen zu hören. Nur gedämpft und ruhig. Sein Träger wurde kein weiteres Mal angesprochen. Ein Geruch stieg ihm in die Nase. Metallisch, kam in den Sinn. Einmal kam es ihm so vor, als wären sie eine Treppe hochgelaufen. Schließlich hielt der Kerl an. Tyson hörte nichts mehr. Weder Stimmen noch andere Geräusche. Plötzlich wurde er etwas angehoben und heruntergeschmissen. Er riss die Augen auf und wartete auf den harten Aufprall, aber dieser war weich. Er war wohl auf etwas weichen gelandet. Noch während er versuchte, sein Herz wieder zu beruhigen, wurden plötzlich seine Beine gepackt und er etwas nach vorne gezogen. Er gab erschreckte Laute von sich, aber durch den Knebel kamen nur dumpfe Töne. Er spürte wie ein Seil um seine Beine gewickelt wurde. Es war so fest, dass es ihm wahrscheinlich die Blutzufuhr abdrückte. Er lag ganz ruhig und wartend da, als ihm der Sack vom Kopf gerissen wurde. Im ersten Moment blendete es etwas, aber das Zimmer war nur in schwaches Dämmerlicht getaucht und so gewöhnten sich seine Augen schnell daran. Er war zuerst etwas erschreckt, als er das zufriedene Grinsen auf dem Gesicht des anderen sah, aber schnell kniff er die Augen zusammen und schaute seinen Gegenüber grimmig an. Er würde nicht länger von seiner Angst regiert werden, auch wenn er im Moment immer noch leicht zitterte. Mit einem schnellen Blick zur Seite versuchte er seine Umgebung zu erfassen. Er lag auf einen Bett. Das Zimmer wirkte sehr groß und bei einem tiefen Atemzug roch es auch sehr muffig. Die dicken Vorhänge waren zugezogen und die Tapete wirkte wie aus den Siebzigerjahren. In der einen Ecke stand ein Kamin, an der anderen Wand war ein Bücherregal, welches aber total leer war. Sein Gegenüber musterte ihn genauer, als würde er ihm zum ersten Mal wahrnehmen. Er betrachtet stolz seine Beute, dachte Tyson und versuchte seinen trotzigen Blick aufrecht zu erhalten. Auf einmal langte der andere nach seinem Hemd und zog es etwas hoch. Tyson erschreckte als sein Bauch auf einmal so frei lag, aber lange konnte er sich nicht über Scham Gedanken machen, denn der andere beugte sich zu ihm herunter und schlug seine Zähne in seine Seite. Tyson schrie in den Knebel als er spürte wie sein Blut aus der Wunde gezogen wurde. Der andere zog seine Zähne aus der Wunde zurück und sah zu, wie das Blut aus zwei kleinen Löchern strömte. Er leckte es auf. Tyson lief ein kalter Schauer über den Rücken und der andere seufzte wohlig auf. „Yuriy“, kam es kalt von der Tür. Tyson wandte sofort seinen Kopf zur Tür und erblickte darin Brooklyn. Er lehnte am Türrahmen, die Augen streng zusammengezogen und auf sie beide gerichtet. Der angesprochene stand sofort wieder aufrecht, drehte sich zur Tür und verbeugte sich ehrfürchtig. „Niemand hat dir erlaubt zu naschen“, kam es tadelnd von Brooklyn und es war beängstigend ihn in solch einer Verfassung zu sehen. Tyson hat ihn nur auf zwei Weisen kennengelernt. Zuerst der etwas unheimliche Sonderling und dann das gefährliche Monster. Ihn ernsthaft und ruhig zu erleben, jagte ihn mehr Schauer über den Rücken als es das Monster vermocht hätte. „Verzeih, Boss“, sagte Yuriy und ballte die Hände zu Fäusten um das Zittern unter Kontrolle zu bringen. Zu sehen, dass selbst dieser Angst vor Brooklyn hatte, machte es Tyson nicht leichter seine eigene Angst unter Kontrolle zu halten. Brooklyn schubste sich von der Tür ab und winkte mit der Hand ab. „Sieh es als Belohnung für deine gute Arbeit“, meinte er lässig und trat in das Zimmer ein. Sofort erhob sich der andere wieder mit einen schüchternen lächeln. „Aber so was sollte nicht nochmal vorkommen“, dieser letzte Satz war nur ein bedrohliches Zischen und nach einer nochmaligen Verbeugung verschwand Yuriy schnell und leise durch die Tür. Brooklyn ging weiter, bis er vor dem Bett stand und streng auf Tyson herabschaute. Schon allein seine Lage drückte völlige Hilflosigkeit aus. Er lag gefesselt auf einen Bett, konnte kaum einen Muskel rühren, weil diese aufgrund der Fesselung wehtaten und Brooklyn, ein mächtiger – und potentiell durchgeknallter – Vampir, ragte über ihn auf und blickte herablassend zu ihm runter. Er musterte Tyson eine, wie ihm vorkam, schiere Ewigkeit, bevor er schwer seufzte, Tyson an den Schultern packte und ihn in eine sitzende Position zog, dann setzte er sich ebenfalls auf das Bett. Das war eigentlich gut für Tyson gewesen, denn er fühlte sich in einer ähnlichen Position wie sein Gegenüber nicht mehr ganz so unwohl. Dennoch machte es ihn nicht mehr Mut. Trotzdem versuchte er weiterhin seine Angst zu unterdrücken und Brooklyn mit einem festen Blick nicht seine Angst anmerken zu lassen. Brooklyn packte ihn plötzlich unter dem Kinn. Kraftvoll, als wolle er seinen Kiefer zermalmen, hielt er ihn in Position und starrte ihn intensiv in die Augen. Tyson fragte sich, ob Brooklyn Kräfte wie Garland hätte, oder ob er nur ein Starrduell mit ihm ausfocht. Doch Brooklyn legte den Kopf schief und ließ ihn wieder los. „Du bist gewöhnlich“, sagte er dann und wandte sich sogar ein wenig von ihm ab, aber ohne sich wirklich zu bewegen. „Ganz hübsch, aber nichts besonderes“, setzte er noch hinterher und sah dann wieder zu ihm hin. „Ist das der Grund, warum er dich liebt? Weil du gewöhnlich bist.“ Tyson verstand nicht ganz was sein Gegenüber meinte, weswegen auch er einen fragenden Gesichtsausdruck machte. Verstand Brooklyn etwa nicht, warum Kai mit ihm zusammen war?! Wenn er sprechen könnte, dann würde er dem anderen wahrscheinlich einfach frech ins Gesicht sagen, dass man nicht besonders sein musste, um geliebt zu werden. Aber das wäre bei einem Vampir vermutlich verschwendete Mühe. Wenn er Ray richtig verstanden hatte, dann war von Brooklyns Seele nur noch ein kümmerlicher Haufen übrig. Wie sollte so jemand überhaupt Liebe verstehen. Sie geschweige denn, nachvollziehen können. Brooklyn wandte sich ihm wieder zu und strich ihm dieses Mal sanft über die Wange. Die Berührung war vorsichtig, aber dennoch hatte Tyson mehr Angst, wie wenn der andere ihn schlagen würde. „Wobei es auch hieran liegen könnte“, säuselte er und sah Tyson nur in die Augen. Er verstand mal wieder nicht, wovon er sprach. Das der Orangehaarige merkwürdig war, dass wusste er schon, aber er fragte sich inzwischen, wo der Übergang zum gefährlichen Monster lag. Wahrscheinlich war die Grenze schwindend gering. Brooklyns Hand wanderte weiter runter. Er strich über Tysons Brust, in der sein Herz rasend schnell pochte und ging weiter, zu seinen immer noch freilegenden Bauch, wo sich ein Rinnsal von dem Blut der Wunde gebildet hatte. Schließlich gelangte er an seinen Beinen an. Tyson versteifte sich, als Brooklyn seine Hüfte entlang zu seinen Hintern strich. Talas Geschichte ging ihm durch den Kopf und schlimme Bilder rannten durch seinen Geist, aber Brooklyn langte nur in seine Gesäßtasche und holte schließlich sein Handy heraus. Er hatte ganz vergessen, dass er es noch bei sich trug. Selbst bei der Arbeit war er nie ohne sein Handy. Schon abartig wie abhängig man heute davon war. Aber das war gerade nicht wichtig. Brooklyn tippte gemächlich auf seinem Handy herum, fast so, als suche er etwas. Schließlich stahl sich ein Grinsen auf sein Gesicht und er drehte das Display zu Tyson hin. Dieser las darauf den Namen: Hiwatari Griesgram Kai. Brooklyn legte den Kopf leicht schief. „Witzig, nicht wahr“, begann er, „egal von wessen Sichtweise aus man es betrachtet. Kai bleibt Kai.“ Er ließ das Handy die Nummer wählen und stellte es auf laut. Tyson hörte das Wählen der Nummer und schon nach dem ersten Tut, erklang der Klack des Entgegennehmens. „Tyson!“, drang Kais hektische Stimme aus dem Handy. „Versuch es noch mal, Schätzchen“, spottete Brooklyn und lehnte sich gemütlich zurück. Es war nur ein Knurren zu vernehmen und schließlich klang Kais Stimme wie Gift aus dem Lautsprecher. „Du widerwärtiger kranker Bastard.“ „Charmant wie immer“, bemerkte Brooklyn. „Sag Kai, ich vermisse noch einen von meinen Männern. Hat Tala ihn als Häufchen Staub bei dir abgeladen oder spielen die beiden womöglich noch miteinander.“ Nicht nur Brooklyn interessierte dies. Auch Tyson lauschte sofort aufmerksam. Er hoffte inständig, dass es Tala gutging. Die Tatsache, dass Kai nicht überrascht schien, als sich Brooklyn am Handy meldete, gab Tyson ein wenig Hoffnung. „Die Qualen die dieser Haufen Vampirabschaum erleiden wird, ist nichts gegen das was ich mit dir machen werde. Lass Tyson sofort frei!“ „Woher willst du wissen, dass ich ihn nicht schon längst getötet habe“, fragte Brooklyn lässig und es war ein scharfes Lufteinziehen vom anderen Ende der Leitung zu hören. Tyson wollte irgendeinen Laut von sich geben, damit Kai wusste, dass er noch am Leben war, aber Brooklyn hielt ihn noch zusätzlich den Mund zu, so dass nun wirklich kein Ton mehr von ihm kam. Er wartete erschreckend lange, bevor er seine Hand zurückzog und auflachte. „Kleiner Scherz“, meinte er und wieder war das Knurren von Kai zu hören. „Als ob ich ihn einfach nur töten würde“, diese Worten waren mit dunkler Stimme gesprochen und Brooklyn sah Tyson mit verengten Augen an. Dann nahm er das Handy legte es auf den Tisch neben dem Bett ab und langte in die Innenseite seiner Jacke aus der er ein Messer holte. Für einen Moment riss Tyson erschrocken die Augen auf, aber sogleich setzte er wieder seinen aufständischen Blick auf. Er durfte ihm einfach keine Genugtuung schenken. Brooklyn fuhr mit den Messer über Tysons Gesicht. „Sag Kai, was liebst du am meisten an ihm?“, fragte er ihn und fuhr zu seinen Mund. „Die samtigen Lippen“, er bewegte sich zu seinem Hals, „den schmalen Hals“, weiter runter zu seiner Brust, „oder etwa seinen Körper.“ Tyson spürte die kalte Messerspitze, aber Brooklyn hatte nicht vor ihm zu schneiden, noch nicht. Er schaute ihm die ganze Zeit in die Augen. Er wollte dass er Angst bekam. Aber so verängstigt wie Tyson auch im Moment war. Er zeigte es diesen Kerl nicht. „Brooklyn, bitte“, hörte er Kais flehende Stimme aus dem Handy. „Er stellt doch gar keine Bedrohung für dich dar. Lass ihn einfach gehen.“ Brooklyn fuhr mit dem Messer wieder zu seinen Gesicht und hielt an seinen Augen an. Tyson traute sich nicht mal mehr zu blinzeln, solche Angst hatte er im Moment, aber auch wenn sein Körper zitterte, seine Augen sollten keine Angst wiederspiegeln. „Ich wette, es sind seine Augen“, sprach er und legte den Kopf leicht schief. „Diese großen leuchtenden Augen. So voller Leben und Leidenschaft.“ Brooklyn fuhr mit der Messerspitze unter Tysons Augen entlang. „Antworte mir, Kai!“, befahl er wieder mit der dunklen Stimme. „Wenn du mir sagst, dass du sie am meisten an ihm liebst, schneide ich sie ihm raus und schick sie dir. Dann hast du für immer eine Erinnerung an ihm.“ Tyson ballte die gefesselten Hände zu Fäusten, sein Zittern konnte er gar nicht mehr kontrollieren, aber seine Augen strahlten immer noch Widerstand aus. „Ich werde dich finden und töten, Brooklyn“, war Kais Stimme zu hören, die nun genauso dunkel und tief klang, wie die von Brooklyn. „Ich werde diese Welt von deinem Antlitz befreien.“ Brooklyns Gesicht drückte allmählich Wut aus und verwandelte sich in eine hassverzehrte Maske, während er immer noch in Tysons Augen starrte. „Wir werden sehen“, sagte er noch ruhig, dann langte er neben sich und beendete den Anruf. Als die Verbindung beendet war, packte er Tyson am Kragen und zog ihn zu sich heran. Tyson starrte in seine jetzt rotglühenden Augen. „Ich weiß nicht, woher du deinen Mut nimmst, aber ich werde ihn dir noch rauben, bevor ich dich für immer Kai entreiße.“ Damit rammte er das Messer in den Nachttisch, packte Tyson am Hinterkopf und schmetterte seinen Kopf gegen die Kante selben Tischchens. Tyson spürte die Schmerzen gar nicht mehr, bevor er das Bewusstsein verlor. **^^** Ray schaute besorgt auf Kai, der das noch immer tutende Handy in den Händen hielt. Seinen Gesichtsausdruck konnte er nicht erkennen, weil Kai zum Boden schaute. Er selbst schaute besorgt drein. Sie hatten nichts von Tyson gehört. Dennoch konnten sie wohl davon ausgehen, dass Brooklyn ihm noch nichts angetan hatte. Bisher. Kai umfasste das Handy fester und schleuderte es schließlich gegen die Wand wo es zerschellte. „Kai“, sagte Ray aufgebracht, „beruhige dich!“ Doch Kai hörte nicht auf Ray, sondern ging mit großen Schritten in das Zimmer, wo ihr Gefangener war. Nachdem Kai Tala hoch in sein Zimmer gebracht hatte, hatte er das Messer aus der Brust des Vampirs gezogen, doch bisher hatten sie ihm kaum Fragen gestellt, sondern nur seine höhnischen Kommentare schweigend hingenommen. Ray wusste, dass sich Kai nur für Tala zusammengerissen hatte. Als dieser vor der Tür zusammengebrochen war, mit einer großen Wunde in der Brust, war Kai sofort klar gewesen, was passiert sein musste. Er hatte versucht ruhig zu bleiben, aber in seinen Augen war die Angst um seinen Liebsten zu lesen gewesen. Nur um Tala zu schonen, hatte er sich zusammengerissen und versucht das ganze ruhig zu klären. Aber nun konnte er nicht mehr ruhig bleiben. Sie hatten keine Ahnung wo Brooklyns Versteck war und was dieser mit Tyson vor hatte. Aber sowohl Talas Verwundung, als auch der Anruf von eben, haben Kais Ruhe endgültig hinweg gespült. Er ging auf ihren Gefangen zu, der immer noch dreckig grinste und schlug ihm so hart ins Gesicht, dass Ray das Krachen von Knochen hören konnte. „Wo ist euer Versteck“, zischte er seinen Gegenüber zu und schlug gleich nochmal zu. „Und was hat Brooklyn mit Tyson vor?“ Der andere grinste nur weiterhin und blieb ganz ruhig. Er gehörte zu Brooklyns Gefolgsleuten und war sehr alt. Folter, Drohungen, Tod. Diese Dinge machten ihm keine Angst mehr, weil er sie schon alle erlebt hatte. Je älter ein Vampir wird, desto egaler ist ihm alles. „Reg dich ab, Kai“, sagte er schließlich. „Das Versteck werde dich dir eh nicht verraten und was das andere angeht“, er zuckte mit den Schultern, „der Boss hat selbst uns nicht gesagt, welche Pläne er mit den Jungen hat.“ Kai stand ruhig vor ihm und versuchte durchzuatmen. Mit roher Gewalt kam man bei dem nicht weit. „Kann dir doch auch egal sein“, meinte ihr Gefangener dann, und auf seinem zerschrammten Gesicht, machte sich wieder ein dreckiges Grinsen breit. „Du hast doch noch deine Hure. Die war die letzten 50 Jahre doch auch gut genug.“ Kai schien sich beruhigt zu haben, denn er lehnte sich selbst lächelnd zu dem anderen hinunter und seine Stimme klang so ruhig, dass sie selbst Ray einen Schauer über den Rücken jagte. „Jetzt hör mal gut zu, Mikhail“, natürlich kannte Kai den Namen des anderen, schließlich hatten sie schon mehrmals gegeneinander gekämpft. „Niemand außer mir bezeichnet Tala als Hure, klar? Denn er gehört mir!“ Dann richtete er sich wieder auf. „Ich habe es nicht gern, wenn man mir etwas wegnimmt, was ich als mein Eigentum bezeichne, daher sollte sich auch dein Boss, auf die letzten Stunden seines Daseins gefasst machen.“ Er nahm die Hände zusammen und ließ die Knöchel knacksen. Ray aber schritt energisch zwischen die beiden und schob Kai bestimmt mit einer Hand zur Seite. „Ich übernehme das“, sagte er mit kräftiger, aber ruhiger Stimme. „Wenn du so weitermachst, kriegen wir gar nichts aus ihm heraus, außer Sterbelaute.“ Kai wollte gerade wiedersprechen, als er in Rays festen Blick schaute. Dann sah er hinunter zu dessen geballten Fäusten und nickte nur. „Hah“, schrie Mikhail herablassend, „mir doch egal, ob mich die Missgeburt oder der gebrandmarkte Snack verschlägt.“ Ray wandte sich zu Mikhail herum und legte so viel Verachtung in seinen Blick wie möglich. Es war schon unschön überhaupt von den Avataren gebrandmarkt zu werden, aber deswegen von einem Vampir verhöhnt zu werden, war noch viel schlimmer. Ray schritt auf ihn zu. Seine Miene verriet Abscheu, aber absolute Ruhe. „Komm schon, Menschlein“, höhnte er weiter. „Lass mich mal ein bisschen knabbern, dann trägst du das Brandzeichen wenigstens zu Recht.“ Ray blieb vor dem gefesselten Vampir stehen, starrte auf ihn herab und dann ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, rammte er ihn die Faust in den Magen. Das Geräusch das Mikhail von sich gab erinnerte an ein Luftkissen, aus dem die Luft herausgelassen wurde. Als Ray sich wieder aufrichtete hustete er noch ein paar Mal. Kai selbst stand etwas abseits und schaute auf Rays linke Hand, die nun nicht mehr zu einer Faust geschlossen war. Dann langte Ray zu seiner Tasche und holte ein Messer hervor, er setzte es Mikhail an die Kehle, der sogar etwas erschrocken schaute, aber Kai ging dazwischen und schlug Ray, dass Messer aus der Hand. Mit einem Zack landete es auf dem Boden und blieb dort stecken. „Was soll das?“, fragte Ray genervt. „Wenn du ihm die Kehle durchschneidest, kriegen wir keine klaren Worte mehr aus ihm heraus“, beschwerte sich Kai. „Hm“, machte Ray nur und starrte wieder auf den anderen hinab. Dann verzog sich sein Gesicht zu einem Grinsen. „Du wartest hier brav bis ich meine Folterausrüstung geholt habe.“ Damit schritt er aus der Tür und Kai folgte ihm. Die beiden bewegten sich in die Küche und schlossen die Tür hinter sich. Dann schaute Ray auf die Uhr. Es dauerte keine halbe Minute und sie hörten das Umfallen eines Stuhls und kurz darauf das zersplittern von Glas. „Oh, nein“, sagte Ray mit gespielter Empörung, „er ist entkommen.“ „Hast du den Ortungschip auch gut versteckt?“, fragte Kai, der noch etwas angespannt an der Wand stand. „In der Innentasche seiner Jacke. Er wird sie dort wohl nicht so schnell bemerken. Außer natürlich er schöpft Verdacht. Das mit dem Messer war vielleicht doch nicht subtil genug.“ Kai schnaubte verächtlich. „Glaub mir, er mag ziemlich stark sein, aber der hellste war er noch nie. Du hättest ihm auch die Fesseln persönlich durchschneiden können und er hätte keinen Verdacht geschöpft.“ „Wir sollten nicht länger als 5 Minuten warten“, sagte Ray und ging zu seiner Tasche, wo er ein Ortungsgerät herausholte, welches er sofort einschaltete. „Er bewegt sich schnell und die Reichweite für die Ortung ist nur begrenzt möglich.“ „Ich hole meine Sachen“, sagte Kai und ging zur Tür hinaus, nur um Tala gegenüber zu stehen. Tala warf Kai seine Tasche mit seinen wichtigsten Utensilien zu. Er selbst trug schon seinen Mantel und seinen Gurt mit den Waffen daran. „Was wen ich fragen darf, soll das werden?“, fragte Kai ruhig und schaute in Talas entschlossenes Gesicht. „Ich komme mit“, sagte Tala einfach nur. „Du gehst wieder ins Bett“, sagte Kai streng und zog sich bereits seinen Mantel an. „Mit der Wunde bist du uns keine große Hilfe.“ „Dann bin ich eben nur eine kleine Hilfe“, sagte Tala und an seiner entschlossenen Miene änderte sich nichts. „Entweder du gehst selber wieder brav ins Bett oder ich schlag dich k.o. und befördere dich selbst dahin“, drohte Kai und legte nun auch selbst seinen Waffengurt an. „Wirklich?“, fragte Tala und schaute empört auf den Graublauhaarigen. „Du würdest einen schwerverwundeten schlagen.“ Kai knurrte, aber Ray unterbrach ihn. „Wir sollten langsam los, sonst verlieren wir ihn.“ Tala verschränkte die Arme vor der Brust um seinen Standpunkt zu festigen. „Tyson ist auch mein Freund“, sagte er entschlossen. „Und ich habe selbst noch eine offene Rechnung mit Brooklyn.“ Kai seufzte resigniert und schaute Tala tief in die Augen. „Wenn du zurückfällst, lassen wir dich aber auch zurück.“ „Kein Problem.“ Hosted by Animexx e.V. 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