Patient X von Seraphin ================================================================================ Kapitel 21: Verurteilungen -------------------------- Kapitel 21: Verurteilungen Eine hastige Zauberstabbewegung verhinderte gerade noch, dass Hermine von einer vorbeifliegenden Bratpfanne am Kopf getroffen wurde. Die, die geworfen hatte, war eine vom kleinsten Zeh bis zum obersten Kopfhaar feuerrot aufleuchtende Ginny Weasley. Danach, Hermine ging in die Hocke, folgten der Bratpfanne einige Gläser, die auf dem Tisch standen. An diesem Tisch war eben noch die ganze verstörte, weinende Weasleyfamilie nebst Hermines Eltern gesessen, die nun jedoch allesamt, mehr oder weniger angriffslustig, im Raum hin- und herstürzten und sich gegenseitig anschwiegen oder mit Anschuldigungen bombardierten. Mr Granger zog Hermine hoch, drückte sie beschützend an sich und bedachte seine Tochter mit einem langen, nachdenklichen Blick. Er seufzte und strich ihr mit der Hand liebevoll über die Stirn. Mrs Granger hatte sich wie eine Löwenmutter zwischen ihre Tochter und die geifernde Mrs Weasley geworfen und hielt diese mit all ihrer körperlichen Kraft davon ab, Hermine zu packen und zu schütteln. Mr Weasley, der ja gewusst hatte, was Hermine getan hatte, zumindest in etwa, saß zusammengesunken auf einem Stuhl an der Ecke und beobachtete seine gefalteten Hände. Stumm schien er in einem Gebet versunken. Er wagte nicht zu sprechen, war er doch wohl selbst am Morgen von Mrs Weasley niedergebrüllt worden, als diese im Radio näheres zum Prozess gehört hatte. Mr Granger war meist ein besonnener, freundlicher Mann. Auch jetzt, da er seine Tochter vor dem tobenden „Mob“ beschützen wollte, war er ruhig und versuchte streitschlichtend zu vermitteln. „Molly, nun hör doch bitte auf zu schreien und hör mir zu“, bat er die tobende Mrs Weasley, die sich mit der ebenfalls furienhaften Mrs Granger einen Ringkampf lieferte. Mrs Weasley hörte die ruhigen Worte nicht, wollte nicht hören, war zu enttäuscht und entsetzt für sachliche Gedanken. Ginny, die ihrer Mutter zur Seite stand und wüste Beschimpfungen wie Verräterin, Schandfleck oder Schlampe brüllte, wurde nur noch von dem, zur anderen Seite seiner Mutter tobenden Ron in Schatten gestellt, der der weinenden Hermine sämtliche Einzelheiten der Horkruxjagd um die Ohren schlug Bill Weasley indes, der offensichtlich ebenfalls mehr gewusst hatte als er zugeben durfte, stritt mit seinem schreienden Bruder Charlie. Unterstützt wurde er dabei von einem doch recht hilflos wirkenden Percy, der, nun er konnte nicht anders, auf Seiten des Ministeriums war und krampfhaft Argumente suchte, an die er wohl selbst nicht recht glauben konnte, warum der neue Zaubereiminister unwiderruflich das Richtige getan hatte, und es ihnen nicht anstand, irgendwelche Weisungen, die von ihm kamen, in Frage zu stellen. „IHR SEID JETZT ALLE RUHIG UND SETZT EUCH WIEDER HIN“ dröhnte es auf einmal, mit magisch verstärkter, an einen Gewittersturm erinnernder Stimme aus der Ecke. Mr Weasley war aufgestanden und ging überraschend selbstsicher auf seine Gattin zu. Gefolgt von den etwas eingeschüchtert wirkenden Söhnen Percy und Bill, die, wie Hermine gerade bewusst wurde, in der letzten Zeit ebenfalls kaum gewagt hatten, sie anzusehen, ihr mitleidige Blicke zugeworfen hatten. Natürlich, Percy und Bill schämten sich auch vor ihrer Mutter, doch schienen sie auch auf das gespannt, was ihr Vater noch sagen wollte. „JETZT SETZT EUCH ENDLICH! DANN SAG ICH EUCH ALLES, WAS ICH WEISS! HERMINE!“ Mr Weasley zog Hermine von seiner Frau weg und schob sie zu einem Stuhl an der Kopfseite des langen Küchentisches „MOLLY, HÖR ENDLICH AUF!“, befahl der rothaarige Mann, während er seine Frau nun ebenfalls mit sich zog und sie einige Plätze vom Kopfende entfernt auf einen Stuhl zu ziehen versuchte. Noch nie hatte Hermine Mr Weasley so streng gesehen, wie er jetzt vor seiner kleinen, runden Frau stand und aufpasste, dass diese nicht vom Stuhl aufspringen und erneut über Hermine herfallen würde. Seine eben noch leeren Arme zerrten nun auch Ron und Ginny zu sich und schubste die sich windenden Teenager neben ihre Mutter. Mr und Mrs Granger wurden von zwei von hinten anschwebenden Stühlen überrascht, die ihnen die Kniekehlen fuhren, sie auf den Sitz fallen ließen und neben ihre Tochter schoben. „Die, die“, Mrs Weasley spuckte bei jedem gebrüllten Wort dünne Speichelfäden in die Luft, während ihr Kopf immer wieder zu den Grangers ruckte „die sollen unser Haus verlassen. Arthur…auf der Stelle. So ein Pack will ich hier nicht sehen“ würgte die vollkommen aufgelöste Frau hervor. Arthur Weasley ließ sich diesesmal aber nicht einschüchtern, drückte statt dessen mit beiden Händen Mrs Weasleys Schultern, die Wut keifende Frau auf ihren Platz zurück und lächelte den Grangers fast beschämt zu. „Der Schock, sie dachte, das Thema sei erledigt und nun…“ „WAGE ES JA NICHT, DICH FÜR MICH ZU ENTSCHULDIGEN! ARTHUR! Nicht ICH muss mich hier rechtfertigen“, unterbrach die kleine Frau ihren Ehemann. „Nein, natürlich nicht, Molly. Aber lass mich doch bitte erklären, was passiert ist“, bat Mr Weasley nun wieder fast unterwürfig. „ABER VORHER SCHMEISST DU DIE RAUS, DAD! ICH WILL MIT DER NICHTS MEHR ZU TUN HABEN!“, brüllte Ron hinter seinem Vater hervor, was ihm einen wütenden Stoß von Percy einbrachte, der gemeinsam mit Bill Ron und Ginny auf ihren Stühlen festhielt. „SEID DOCH ENDLICH ALLE MAL STILL UND HÖRT MIR ZU!“, dröhnte Mr Weasleys Stimme erneut von den Wänden wieder. Überrascht von dem Zorn in seiner Stimme, der Wut in seinen Augen und der Entschlossenheit seiner Gestik herrschte nun wirklich stille im Raum. Wachsamen Auges, setzten sich Bill und Percy neben ihre jüngeren Geschwister. Obwohl deutlich aufgewühlt, kam nun auch Charly näher, der leise Drohungen seinen Geschwistern entgegenknurrte, falls sie es wagen sollten, ihn ebenfalls gewaltsam auf einen Stuhl zu ziehen. Fleur, sichtlich verärgert über die vermittelnde Haltung ihres Ehegatten, schritt elegant, doch mit erhobenem Kopf, zu dem immer noch mit benutztem Geschirr bedecktem Tisch und setzte sich, ohne die Grangers oder Bill eines Blickes zu würdigen, in ihre Mitte. Den ganzen Tag über war die Familie wohl zu schockiert über den Bericht des Tagespropheten gewesen, als das sie ihre Wut hätten ausagieren können. Doch als Mr Weasley und Percy nach Hause kamen, begann der Streit. Während des ganzen Abendessens über wurde mehr gestritten als gegessen. Die Grangers wurden bestenfalls herablassend belächelt, weil sie die Unglaublichkeit dieser Nachricht nicht genauso schockierte wie der Rest der Speisenden. Als dann Ron, Harry und Hermine zurückkamen, war der brodelnde Kessel sozusagen explodiert. Eigentlich war gar nicht mal deutlich geworden, was ihr die Weasleys nun genau vorwarfen. Statt ausgefeilten Anschuldigungen, strömten Beschimpfungen, einer Sintflut gleich, auf Hermine ein. Vor allem war man ihr wohl böse, weil sie nichts gesagt hatte. Weil sie zu diesen Selbsthilfegruppen mitging, weil sie die Trauer der Weasleys und von Harry erlebte, und einfach stumm gewusst, doch nichts gesagt hatte. Sie fühlten sich wohl, als hätte Hermine ihre Verzweiflung schadenfroh belauscht, um sich hinterher mit ihrem „Schützling“ darüber lustig zu machen. Doch nichts hätte falscher sein können. „Also“, begann Mr Weasley um Luft und Selbstbeherrschung ringend, „ich sage euch jetzt, was ich weiß. Wir dürfen das eigentlich nicht, aber ihr solltest nicht unfair sein.“ „FAIR? WAR ER JEMALS FAIR ZU IRGENDJEMANDEM? WAR ER FAIR ALS ER MEINE ELTERN TÖTETE UND DARÜBER GELACHT HAT? IST ES FAIR, DAS ER MICH UMBRINGEN WOLLTE? IST ES …“ Weiter kam der vor Wut fast zerspringende Harry nicht, denn schon wieder musste er sich die Hand vor den Mund pressen, um nicht sein vorhin so hastig hinuntergeschlungenes Abendessen wieder hervorzuwürgen. Zum dritten Mal seit ihrer Ankunft war er schon seinem Brechreiz gehorchend auf die Toilette gerannt. Der Anblick des totgeglaubten Mannes, der kaum etwas in der Welt so sehr begehrte wie seinen Tod, verbunden mit Hermines „Treuebruch“ und der abstoßend guten Laune des Angeklagten, waren zu viel für den Magen des Gryffindors. George, blass und dünn geworden, schlich eher als dass er ging zum Fußende des Tisches und zog Harry mit sich, um ihn ebenfalls zum Hinsetzen zu bewegen. „Sei still, Harry, du bist nicht der einzige der jemanden verloren hat. Lass Dad doch wenigstens ausreden.“ Weil das das erste war, was er seit dem Morgen, als er die aufgeschlagene Zeitung auf dem Küchentisch entdeckt hatte, sagte, kehrte Stille, wenn auch angespannte, in das Zimmer zurück. George ließ die ganze Aufregung mit Sicherheit nicht kalt, doch war er so ruhig und so ernst geworden, seit sein Zwillingsbruder gestorben war. Laute Menschenmengen machten ihm seit der Schlacht eher unsicher, er wollte wohl lieber der ruhigen Stimme seines Vaters statt dem gerechten Zorn der anderen folgen. Mr Weasley, die Hände auf die Schläfen gepresst, brauchte einige Zeit, um die richtigen Worte zu finden, eine Erklärung, die nicht nur noch mehr Streit verursachen würde „Nach der Schlacht hat Madam Pompfrey ein paar Heiler auf das Schlossgelände gerufen. Die haben alle Verletzten und Toten nochmal genauer untersucht. Manche sahen eben nur auf den ersten Blich tot aus. Im Wald hat ihn doch keiner untersucht, als er zu Boden fiel. Shacklebolt wurde hinzugeholt und er wurde informiert, dass „Du-weißt-schon-wer“ noch am Leben war.“ Harry riss die Augen auf, als wäre ihm gerade etwas eingefallen, um Mr Weasley das eben Gesagte auszureden: „Aber der Fluch, der Fluch ist doch abgeprallt und auf ihn zurück gefallen. Ich hab´s doch gesehen.“ „Streifschuss, und er konnte ihn noch dazu abschwächen“, kommentierte Bill achselzuckend. Fleur fuhr herum und starrte ihren Mann ungläubig an. Bill wurde rot, beugte sich vornüber und sah aus, als versuche er gerade angestrengt unsichtbar zu werden. „Ich war doch auch dort…wir haben ihn weggebracht. Aber wir durften doch nichts sagen. Shacklebolt hat uns gedroht, dass wir nach Askaban müssten. Wollte eine Panik vermeiden, solange…“ „Solange wir nicht mal wussten, ob er überlebt. Genau“, bestätigte sein Vater „War natürlich in kritischem Zustand. Lag wohl auch ein paar Wochen im Koma und Shacklebolt wollte, dass wieder Ruhe im Land einkehrt. Als es dann langsam klar wurde, dass er wohl doch nicht stirbt…es war nicht ganz sicher, wie viel Todesser noch auf freiem Fuß sind. Wie viel doch zu ihm zurück kriechen würden, wenn sie wüssten, dass ihr Anführer noch unter ihnen ist. Also wurde es geheim gehalten. Die Dementoren von Askaban mögen ihn und überhaupt, wer weiß, was sie gegen jemanden ausrichten könnten, der gar keine guten Gedanken und keine Seele hat? Im Krankenhaus wurde er dauerüberwacht, sie haben ihn dann dort eben gelassen. Außerdem…was glaubst du wohl was passiert wäre, wenn Leute wie Lucius Malfoy gehört hätten, dass VO…na, Ihr-wisst-schon-wer, die Schlacht überlebt hat und dass sie gegen ihn aussagen sollen? Die Ratten hätten doch in Scharen das Schiff verlassen. Die wären massenhaft mit literweise Vielsafttrank im Gepäck ins Ausland disappariert. Wir hielten es deswegen geheim. Nun ja, aber er soll auf jeden Fall öffentlich verurteilt werden. NATÜRLICH“, Mr Weasley unterbrach kurz, um Mrs Weasley bei diesem Wort scharf anzusehen, „durften die Krankenhausmitarbeiter niemand etwas sagen.“ Ron holte tief Luft, warf Hermine einen Blick zu, der gleichermaßen Enttäuschung wie Verachtung offenbarte und wollte wohl gerade zu wütendem Protest ansetzen, als ihn sein Vater auch schon abwürgte. „Schau nicht so Ron, wäre es dir wirklich lieber gewesen, wenn Hermine dir alles erzählt hätte, und dafür nach Askaban gekommen wäre?“ Rons Zwickmühle war offensichtlich. Einerseits war er wütend, fühlte sich verraten, doch andererseits… „Nein, natürlich soll sie nicht nach Askaban“, gab der nun doch etwas verunsichert wirkende junge Mann leise zu, wobei er seine Blicke jedoch wieder von Hermine abwendete. Harry wollte die Sache aber nicht so schnell aufgeben „Aber was soll denn dieser Prozess? Das ist ein gemeingefährlicher Irrer, eine Krankheit in Menschengestalt. Warum habt ihr ihn nicht an Ort und Stelle getötet? Da konnte er sich nicht wehren und die Sache wäre erledigt gewesen, ohne dass der ganze Aufwand nötig gewesen wäre.“ „Weil Lynchmorde barbarisch sind. Außerdem, es geht dabei um das Ansehen in der Weltöffentlichkeit und damit auch automatisch um Geld. Wenn er als Kriegsverbrecher ordentlich verurteilt wird, dann zeigen wir allen, dass unser Land seine Denkweise ablehnt. Außerdem können wir Fördergelder zur Opferentschädigung und zum Wiederaufbau beantragen. Aber für diese Mittel brauchen wir einen ordentlich verurteilten Massenmörder. Wäre er einfach im Wald tot umgefallen, dann könnten wir den anderen Ländern schlecht all dies beweisen“, erklärte Mr Weasley so ruhig und flüssig, dass man erahnen konnte, wie oft er diesen Vortrag schon selbst von anderen gehört hatte. Ron, der eben noch fast so aussah, als würde er einlenken, hatte nun Tränen in den Augen. Seine Augen wanderten zu Harry, der mit geballter Faust auf etwas deutete, das unsichtbar an seinem Hals zu hängen schien. Eine Geste, die an den Horkrux erinnern sollte, den sie zu dritt getragen hatten. Ginny, tiefrot im Gesicht und schon heiser vom schreien, krächzte weitere Anschuldigungen hervor „Er wollte uns umbringen.“ Sie haben die Hand und beschrieb eine Elypse, den Finger über alle Personen am Tisch schweifen lassend „Jede einzelne Person in diesem Raum hier wollte er umbringen. Er hat den Fuchsbau beschatten lassen…“. „… und euren Vater wurde im Ministerium ausspioniert. Es ist doch nur Glück, dass er den Fuchsbau nicht ausgelöscht hat“ beendete Harry den Satz, der sich gerade an den Tag erinnerte, als er mit Ron und Hermine gemeinsam vermummt im Ministerium den Umbridge den Horkrux abgejagten. Unglücklich und ratlos konnte Hermine nur mit den Achseln zucken, während sie immer mehr zwischen ihren Eltern zu verschwinden schien „Ja das weiss ich doch. Ich bin doch wirklich dankbar, dass es nicht dazu kam. Aber… er war doch trotzdem krank, hätte ich ihn den einfach liegen lassen und nichts tun sollen?“ All die Erinnerungen überfluteten Ron erneut. Erinnerungen an die vergangenen Jahre, aber auch an die Erlebnisse, die Hermine von ihrem Job geschildert hatte. Er würgte gequält, als würde er bei der Verbindung dieser beider Gedanken ertrinken. „Hermine, hast du wirklich dieses Ding angefasst? Ist das wirklich der Kerl, von dem du die ganze Zeit erzählt hast? Der, den du gewaschen hast? Hast du dir wirklich um dieses abartige Monstrum Sorgen gemacht? Um jemanden, der dich in Godric's Hollow fast getötet hätte? Der Harry töten wollte und der Schlammblüter und Muggel für Dreck hält? Für so was hast du dein Geld ausgegeben und ihn bemuttert? Seinetwegen hast du dir die letzte Zeit so einen Kopf gemacht? Wegen eines wahnsinnigen Massenmörders? Hast Du den alles vergessen? Hast Du Fred vergessen?“ „Nein, hab ich nicht“, widersprach Hermine traurig und schluchzte leise unter ihrem Haarschopf hervor. „Ja, was sollte ich denn machen? Ich hab doch gesagt, wie mies sie ihn im Krankenhaus behandelt haben“. Harry schlug mit der Faust auf den Tisch „ZU RECHT! WEISST DU WIE OFT ICH IHNE DABEI BEOBACHTET HABE, WIE ER ANDERE MENSCHEN FOLTERTE ODER TÖTETE? GLAUBST DU WIRKLICH DAS IRGENDETWAS DAS IN DIESEM KRANKENHAUS MIT IHM GETAN HABEN SCHLIMMER IST ALS DAS WAS ER VORHER GETAN HAT?“ Harry deutete mit dem Finger auf sich selbst und fuhr in verächtlichem Ton fort. „Tud mir leid, da kann ich kein Mitleid empfinden. Das was er jetzt erfährt ist nicht einmal Ansatzweise mit dem zu vergleichen, was er zuvor anderen angetan hat. Jetzt ist er hat mal das Opfer.“ Doch Hermine versuchte, ihn zu ignorieren, flehte Ron zugewandt weiter um Verständnis „Ich kann das einfach nicht. Jemanden so lange jeden Tag sehen und ihn wie Dreck behandeln. Egal, was er gemacht hat. Ich kann niemandem beim verhungern zusehen. Ja ich geb´s ja zu…ich hab mich an ihn gewöhnt aber…außer mir hat er doch keinen mehr.“ Ron richtete sich auf dem Stuhl auf, musterte Hermine, die wie ein Häuflein Elend zwischen ihren Eltern versank und fragte voll ungläubigem Abscheu „Außer dir hat er niemanden? So“, leise und bedrohlich, doch jede Silbe betonend flüsterte er weiter, „hat - er - dich?“ Ron klatschte in gespielter Zustimmung, der Mund zu einem grausamen Lächeln verzogen, hob er beide Hände über seinen Kopf und klatschte langsam und kräftig. „Sehr gut. Er hat dich und wir haben eine neue Bellatrix Lestranger hier unter uns.“ Hermine konnte nicht anders, sie musste schon wieder schluchzen. Hilfesuchend sah sie sich in der Runde um, doch den Abscheu und den Ekel in Rons Stimme, fand sie auch in den Gesichtern der Menschen ihr gegenüber wieder. Trotzdem nickte sie. „Ja, er hat mich. Egal, ob ihr das versteht oder nicht.“ Alle, sogar Mr Weasley zuckten ob dieses Geständnisses zusammen, rissen die Augen auf und starrten die junge Frau an, die sich nun schnell beeilte, weiterzuerklären. „Aber ich bin trotzdem keine Verräterin. Ich hab nie gut geheißen, was er getan hat. Ich hab nichts vergessen, aber wenn man jemanden täglich sieht…man kommt sich doch näher und...“ Weiter kam sie nicht. Schon als sie es aussprach, schien sich das Zimmer wie unter einer dichten Wolkendecke zu verfinstern. Hermine hatte zu viel, und noch dazu das Falsche gesagt. Ron stand langsam auf, schob seinen Stuhl beiseite und kam langsam und drohend auf Hermine zu. Breitbeinig und mit verschränkten Armen baute er sich vor ihr auf, während er das aussprach, was wohl auch die anderen Weasleys, ihren angeekelten Gesichten zufolge, dachten „So…er hat dich. Zwischen all den Aromadöschen, Blümchenboxershorts und Sandwiches habt ihr euch aneinander gewöhnt? Sag mir Hermine, wie viel näher seid ihr euch denn gekommen?“ Einen Moment lang glaubte Hermine, vor Demütigung sterben zu müssen, doch ihre Mutter legte ihr schützend den Arm um die Schulter und zog sie an sich heran. „Meine Tochter ist ein guter Mensch. Sie hat einem kranken Mann geholfen und ihn anständig behandelt. Das ist kein Verrat, das ist Mitleid. Habt ihr denn davon gar keine Ahnung?“ fuhr sie die Menge an. Mr Granger, bedächtig wie immer, lächelte seine Frau wissend an und fügte belehrend hinzu: „Was glaubt ihr wohl, wie viele Mörder und Vergewaltiger wir schon auf unseren Stühlen hatten? Aber das wollen wir gar nicht wissen. Wir wollen nicht wissen, was die Leute getan haben, die wir behandeln. Wenn wir damit anfangen würden, nur denen zu helfen, die es verdient haben, dann könnte kein Mensch auf der Welt mehr seines Lebens sicher sein. Wer was verdient hat und wer nicht, wer kann das schon endgültig beurteilen?“ Er machte eine kleine Pause, schien seinen Vortrag im Kopf vorzubereiten und sprach dann im Brustton der Überzeugung weiter „Wir helfen denen die Hilfe brauchen, und damit ist Schluss. Gerade das ist unsere Aufgabe. Wenn wir anfangen würden, nur den guten Menschen auf dieser Welt zu helfen, dann würden alle gemeinsam untergehen. DU Molly“, und mit einem Mal war Mr Granger streng und kalt, „du hast auch eine Frau getötet. Oder?“ „ABER DAS WAR DOCH NOTWEHR! DIE HAT MEIN KIND ANGEGRIFFEN! DIESE LEUTE HABEN MEINEN SOHN GETÖTET! SIE WOLLTEN RON UND UNS ENDGÜLTIG ALLE VERNICHTEN!“, schrie Mrs Weasley, nun in Tränen aufgelöst und fassungslos, dass man ihr diese Tat vorwerfen konnte. Mr Granger war immer noch streng „Und diese Frau? Hatte die keine Mutter, die um sie weint? Einen Ehemann, der nun Witwer ist? Eine Schwester, die um sie trauert? Glaub mir, Molly, Gerechtigkeit wie du sie beschreibst, die ist gefährlich und zerstörerisch. Ich verstehe deine Wut und ich verstehe doch natürlich, warum du deine Familie verteidigt hast, aber unsere Hermine hat nichts Unrechtes getan. Sie wollte den kranken Opfern nach der Schlacht helfen, und das hat sie getan. Akzeptiere das es auf der anderen Seite auch Opfer gibt. Er mag ja ein Monster sein, aber objektiv gesehen hat er genauso Hilfe gebraucht wie alle anderen in diesem Hospital. Sie hat sich nicht um diese Aufgabe gerissen, aber soll ich dir etwas sagen? Ich bin stolz, weil sie nicht gekündigt hat.“ Mit stolzgeschwellter Brust drückte Mr Granger die leise, wimmernde, aber glückliche Hermine an sich. Mrs Granger warf sich ebenso in die Brust „Die Leute, die da sonst hingingen, ihre Hilfsbereitschaft war doch zum Teil nur Eitelkeit. Sie wollten gut dastehen und etwas von dem nachhallenden Ruhm der Kämpfer der Schlacht abbekommen. Wollten für ihren Beitrag gefeiert werden, aber unsere Hermine, die war mutig genug, etwas zu tun, für das sie nicht gefeiert wird. Etwas, das ihr keinen Ruhm, sondern eure Wut einbringen würde…hat sich selbstlos gekümmert, weil es nötig war und weil es das ist, was wirklich gute Menschen tun. Helfen…“ Mrs Granger küsste ihre Tochter auf die Stirn. Hermines Mundwinkel zitterten. Glücklich strahlte sie von ihrer Mutter, zu ihrem Vater. Dann fand sie den Mut nun selbst das Wort an die Weasleys, Fleur und Harry zu richten. „Es tut mir Leid, dass ich euch nichts sagen durfte. Aber Arthur sagte doch, ich durfte nicht. Ihr glaubt ja gar nicht, wie furchbar die letzten Monate für mich waren. Ein Tag schlimmer als der andere. Weil ich euch nichts sagen durfte und weil ich mich so geschämt habe vor euch. Aber ich habe seine Ideen nie gut geheißen und würde bei keiner davon mithelfen. Ich hab mir doch nur soviel Mühe gegeben, weil all die Leute immer sagten, dass es ein kleiner Trost wäre, wenn er zumindest ein bischen bereuen könnte. Und das hab ich probiert.“ „Und, hat es geklappt? Ist er nun ein ganz Lieber und entschuldigt sich bei uns allen?“, höhnte Harry, jedes Wort einzeln abhackend mit unverkennbarem Zynismus vom anderen Tischende zu ihr hinüber. Der schwarzhaarige Teenager schüttelte langsam und entschlossen den Kopf und fuhr in belehrendem Ton fort. „DU weißt doch, er ist ein Meister darin, Leute einzuwickeln und anzulügen. Das ist Lord Voldemort. Erinnerst du dich, was Dumbledore uns gesagt hat? All diese Horkruxe… er kann gar nicht mehr so fühlen wie andere Menschen. Geht nicht. Dem tut nichts Leid, der hat keine Seele. Der ist einfach nur böse und das war es. Ich war so oft in seinem Geist drin. Da ist nichts außer Hass und Wut.“ Ginny, Ron und Fleur nickten voll Überzeugung. Auch Mrs Weasley zeigte ein siegessicheres Grinsen, fühlte sich bestätigt. „DU KENNST IHN DOCH GAR NICHT!“, schrie Hermine verzweifelt zurück. „WAS WEISST DU DENN VON IHM? DU PLAPPERST DOCH NUR NACH WAS DIR DUMBLEDORE VORGESAGT HAT! DAS IST DOCH NICHT ALLES!“ Doch weiter kam sie nicht, denn erneut wurde ihr vom brüllenden Harry das Wort abgeschnitten. „DAS MAG JA SEIN, DASS DU SEITEN AN IHM KENNST, DIE ICH NICHT KENNE! ABER ICH KENNE GENUG SEITEN VON IHM, DIE DU“, sein Zeigefinger erhob sich, deutete auf die zusammenzuckende Hermine, als wolle er sie damit erstechen, „NICHT KENNST! ICH HABE JAHRELANG ZUSEHEN MÜSSEN, WIE ER LEUTE GEFOLTERT UND GETÖTET HAT! ICH HABE GEFÜHLT, WAS ER DABEI GEFÜHLT HAT! EGAL, WAS ER DIR VORGESPIELT ODER ERZÄHLT HAT, NICHTS ÄNDERT ETWAS DARAN, DASS ER EIN UNMENSCHLICHES MONSTER IST, DEM ALL DAS AUCH NOCH SPASS GEMACHT HAT!“ Mrs Granger ergriff wieder das Wort „Ja, dann sag doch mal, du Retter der Zauberwelt. Was hättest DU denn gemacht, wenn man ihn bei dir abgestellt hätte?“ „ICH HÄTTE GEKÜNDIGT! AUF DER STELLE!“, brüllte Harry zurück. Er war von seinem Platz aufgesprungen und donnerte mit der Faust so fest auf den Tisch, dass ein paar der daraufstehenden Gläser umfielen. Knallrot im Gesicht, heftig atmend und mit hasserfülltem Blick war er kaum wiederzuerkennen. Mrs Granger nickte mit gespielter Anerkennung, während sie sich lässig eine Zigarette ansteckte und genüsslich daran zog. „Sehr gut, du würdest bestimmt ein guter Arzt sein, wenn du nur die heilst, die es deiner Meinung nach verdient haben. Aber besonders viele Patienten hättest du wohl nicht, denn es gibt immer einen Grund, andere Menschen abzulehnen“. Ginny wollte ihrem Freund zu Hilfe eilen, wütend schlug sie mit der Flachen Hand auf den Tisch und zeigte überdeutlich, dass sie lieber die Grangers als den Esstisch verprügeln würde. „WIR REDEN HIER DOCH NICHT VON EINEM NORMALEN KLEINKRIMINELLEN! DAS IST NICHT MUNDUNGUS FLETCHER! DAS IST DER DUNKLE LORD, UNSER FEIND! MIT SO JEMANDEM VERBRÜDERT MAN SICH NICHT! MAN KANN NUN MAL NICHT GLEICHZEITIG AUF SEINER UND AUF UNSERER SEITE SEIN! Ds ist Verrat. Hast du nicht selbst gesagt, dass es keinen anderen Weg gibt als ihn zu töten?“ Mrs Weasley deutete auf ihre Tochter und nickte, Fleur klatschte Beifall, während Bill nachdenklich, die Hände vor sich auf dem Tisch gefaltet, vor und zurück wippte. Hermines Eltern ließen sie nicht im Stich. Mr Granger stand von seinem Stuhl auf, ging einen Schritt beiseite und stellte sich hinter Hermine, der er die Hände auf die Schultern legte. „Dass ihr euch nicht schämt.“ Vorwurfsvoll glitt sein Blick von Ron auf Harry und von Harry auf Ron, tätschelte er seiner zitternden Tochter die Schulter. „Unsere Hermine hat letztes Jahr, nein, schon viel länger, immer wieder ihr Leben für euch riskiert“. Mr Granger löste sich, ging mit erhobener Hand durch den Raum, während er wie ein Anwalt vor Gericht sein Plädoyer vorbrachte. „Hermine hat immer zu euch gehalten. Immer. War immer auf eurer Seite. Sie war euch doch, wenn überhaupt, immer viel gutmütig. Übereifrig, hat alles getan, um für eure Sache zu kämpfen. Wäre von dieser Todesserin fast erstochen worden, ja…“ Er machte eine dramatische Geste und erhob beide Hände. „Ja, auf den Befehl dieses Mannes hin. Natürlich, aber hat hier irgendjemand behauptet, dass er unschuldig ist? Niemals!“ Voll Überzeugung schüttelte der große Mann, mit den leicht graumelierten, doch immer noch dichten, dunkelbraunen Haar den Kopf. Die Weasleys beobachteten ihn voll Missbilligung, widersprachen jedoch nicht. Mrs Granger zuckte ratlos mit den Achseln. „Ehrlich gesagt verstehe ich das Problem nicht ganz. Wo genau hat sie den Verrat begangen, wo genau hat sie denn für seine Seite gekämpft, bitteschön?“ Auffordernd hob sie die Augenbrauen, sah nun nicht mehr in die Menge, sondern direkt auf den etwas verunsichert wirkenden Harry, dem sie keine Gelegenheit geben wollte, einer direkten Antwort zu entkommen. Der schnaubte, rückte sich auf dem Stuhl zurecht, zog sich die Brille ab und trommelte mit den Fingern auf dem Tisch, während er mühsam, mit gepresster Stimme, seinen Standpunkt erklärte. „Natürlich hat Hermine in den letzten Jahren immer…das will ja niemand bestreiten“, nachdenkliche Blicke fielen von dem schwarzhaarigen jungen Mann auf Hermine, die nun auch von ihrem rothaarigen Freund , mit allerdings mit schmerzverzerrter Miene begutachtet wurde, während der Schwarzhaarige, nun die Blicke zum Fenster hinaus schweifend, weitersprach, „Niemand behauptet, dass sie aktiv für Voldemorts Seite gekämpft hat. Aber er ist nun mal ein schlechter Mensch und unser Feind. So jemanden will man einfach nicht näher kennen lernen. Mit so jemandem gibt man sich nicht ab und ist freundlich oder hilfreich, er hat es nicht verdient.“ „Und wie unterscheidet man dann die guten von den schlechten Menschen, wenn man die guten daran erkennt, dass sie unfreundlich, verurteilend und hilfsverweigernd sind?“ gab Mr Granger aus seiner Ecke zu bedenken. Ron wirkte fast so unglücklich wie Hermine, doch langsam fand er wohl Worte, um seine Enttäuschung auszudrücken „Aber sie war doch nicht einfach nur da, Hermine ist doch nicht einfach nur hingegangen und hat das gemacht, was sie sollte. Sie hat ihm Essen gebracht und Kleider gegeben. VON IHREM GELD“, das war wohl besonders schwer für Ron zu verstehen, seine Augen verengten sich, „hat ihre Freizeit geopfert und mit ihm…was weiß ich getrieben“ „Ich hab nichts mit ihm getrieben“, wehrte sich Hermine energisch gegen die monatelangen Unterstellungen die, aber das wusste Ron ja nicht, nicht ganz aus der Luft gegriffen waren. „Ich hab mich mit ihm beschäftigt, weil er mir zu Anfang Leid getan hat. Todkrank, halb verhungert und gelähmt. Nicht mal 50 Kilo bei 1.93m. Wie wollt ihr das entschuldigen?“ Hermine schluchzte und deutete auf sich, als sie nicht mehr ganz so vorwurfsvoll, doch mit umso mehr Überzeugung weitersprach. „Ich kann einfach niemandem beim verhungern zusehen. Und ehrlich gesagt bin ich stolz darauf soviel mit Menschlichkeit bewahrt zu haben, dass ich noch nicht so kalt bin um die Menschen in solchen Dingen in Gut und Böse einzuteilen. Und dann, ich glaube einfach nicht, dass es Menschen gibt, die nur schlecht sind“. „Er schon“, widersprach Ginny, die nun ebenfalls aufgestanden war, um sich etwas zu trinken zu holen. Ihre Stimme war kratzig und heiser, so sehr hatte sie geschrien. Jetzt wirkte sie wieder etwas ruhiger. „Was du uns gesagt hast…“ Die Blicke der Weasleytochter waren nur noch mitleidig, als wäre Hermine eine arme Irre. „Du hast mit dem Gesellschaftsspiele gespielt und geredet.. Als ob du mit ihm befreundet wärest...“ Die Miene voll ekel entstellt, sprach die Rothaarige nach einer kurzen Pause um Luft zu holen weiter. „Du kannst einfach nur sein und unser Freund sein. Das ist… das ist…“ Ginny schluckte hart und Tränen traten ihr in die Augen. „Als ob du sagen würdest, dass all das was er getan hat, dass er Schuld an Freds tot ist, dass all das gar nicht so schlimm war. Das nehmen wir dir übel, das vor allem. Und warum? Was hast du dir davon versprochen?“ Hermine seufzte, wie sollte die ihre Therapiebemühungen gegen soviel geballten Widerwillen erklären? Sie war ja nicht mal sicher, ob ihre Eltern es verstanden, oder ob sie einfach aus Prinzip auf ihrer Seite waren. Die Hände vor die Augen gepresst, verzog sie schmerzhaft das Gesicht. Jeder weitere Gedanke in ihrem Kopf schmerzte wie Hammerschläge und es war peinlich, so peinlich, aber wenn man sie eh schon verurteilte, dann konnte sie doch wenigstens erklären, was sie sich dabei gedacht hatte. „Also“, tiefes Seufzen, ihre Ohren wurden rot, die Stimme hoch und unsicher, „ich wollte, ich habe es doch schon erklärt. Der Mann ist doch nicht dumm und wenn ich schon täglich bei ihm ist, einfach weil es ja irgendjemand tun musste, und ich einfach ein gewisses Maß an Menschenwürde für jeden will…nun, ich dachte, ich kann die Zeit dazu nutzen, um ihm etwas ins Gewissen zu reden. Dass er ein bisschen, nur ein winziges bisschen einsieht. Ist das denn wirklich so ein schlechter Plan, dass er seine Taten bereuen soll? Dass er ein bisschen einsieht, was er falsch gemacht hat?“ „Das schafft niemand, er ist seelenlos. Das wissen wir, Dumbledore hat es doch erklärt“, kam Harrys, nun viel ruhigere, Antwort. “Dumbledore, selbst er, der in allen nur das Gute sieht, hat das nicht für möglich gehalten.“ Die Stimme des Freundes war großväterlich belehrend, offenbar hielt er sie für ein naives, dummes Kind. Schwer zu entscheiden, ob er nicht doch auch Recht hatte. Hermines Zeigefinger schoss empor, als wäre sie im Unterricht und wollte sich melden. „Ja eben. DUMBLEDORE hat es nicht für möglich gehalten. Der hat nur daran gedacht, ihn zu bekämpfen. Und was hat es genutzt? Das müsst ihr doch zugeben, Dumbledores war auch nicht erfolgreicher als ich. Warum dann nicht etwas anderes probieren? Molly“, Hermine ergriff die weiche Hand von Mrs Weasley, „wäre es denn wirklich schlimm, wenn es ihm Leid tun würde, was er gemacht hat?“ Mrs Weasley lächelte, zum ersten Mal seit Stunden, wenn auch gequält. „Natürlich nicht, Liebes. Aber ist das nicht ein aussichtsloser Kampf? Dieser Mann ist ein Lügner der das Talent hat, Leute für seine Zwecke manipulieren zu können. Er hat doch nur mit dir geredet, um dich ausnutzen zu können. Du hast es sicher gut gemeint, aber es war naiv gefährlich, sich mit ihm abzugeben. “ Die junge Brünette zuckte ratlos mit den Achseln „Mag sein. Aber schlechter kann ich doch auch nichts mehr machen. Und manchmal glaube ich, er ist wirklich nachdenklich geworden. Ich weiß es nicht, aber ich glaube es“. „Aber ist es dann nicht genau richtig, wenn man ihm nun am eigenen Leib vor Augen führt was er seinen Opfern angetan hat? Lernt er denn nicht genau auf diese Weise, wie falsch seine Taten waren?“ wandte Mrs Weasley ein. Mrs Granger lachte bitter. „Oh genau, das ist wirklich sinnvoll. Ihr zeigt ihm das Gewalt falsch ist, in dem ihr sie selbst ausübt.“ Mit überzeugung in jedem Zentimeter ihres Körpers, der eine abwehrende Haltung einnahm, schüttelte sie den Kopf. „Alles was ihr ihm dadurch beibringt, ist das Recht des Stärkeren. Dass Gewalt immer ein Weg ist… egal wer sie benutzt.“ Charly ergriff nun das Wort, um seiner Mutter zur Hilfe zu eilen „DICH“ sein Kopf ruckte ihr zu „würde er doch sofort töten wenn er frei käme und dich auf der Strasse sehen würde. Mach dir nichts vor, er hasst Schlammblüter. Er verachtet euch ebenso wie die Muggel… Hast Du mal daran gedacht, dass dieser Mann dich verachtet und all diejenigen, die so sind wie du, für minderwertig und überflüssig hält? Glaubst du wirklich dass er auch nur eine Sekunde zögern würde dich zu töten, wenn er dich in Freiheit sähe?“ Auf diese Wahrheit konnte Hermine abermals nur mit unglücklichem Schulterzucken antworten. Dieser Gedanke war ihr doch auch schon gekommen, tausende Mal schon… was wäre, wenn er frei wäre und sie zufällig auf der Straße sehen würde? Wie viel Zuneigung wäre übrig, wenn er nicht mehr auf sie angewiesen wäre? Er hasste Leute wie sie. Dennoch… er war in den letzten Wochen so anders, als zu anfang. „Ich bin doch nicht blöd, aber dennoch glaube ich, dass er sich verändert hat.“ Widersprach Hermine schwach, die diesen Einwand wohl tatsächlich eher hoffte als glaubte. „Da hab ich aber was anderes gehört“ warf ihr Mrs Weasley scharf entgegen „dem Abendpropheten nach, scheint er den Prozess ja richtig genossen zu haben. Das ist ein Verrückter der gar nichts bereut und der stolz darauf ist, UNS“ Mrs Weasley wurde eine Spur weisser im Gesicht und schluckte schwer „ bedroht zu haben, unseren Fred getötet zu haben, den guten Albus getötet zu haben. Dieser Mann ist doch stolz darauf, dieses Land in´s Unglück gestürzte zu haben“. Wie zum Beweis, wedelte die rothaarige Familienmutter mit der Ausgabe der soeben benannten Zeitung vor Hermines Gesicht herum, als wolle sie ihr diese um die Ohren schlagen. „Ich glaube, er war high. Mit Sicherheit hat er Veritaserum bekommen und vermutlich auch einiges an Drogen. Er kriegt sie seit zwei Wochen dauerhaft, weil er, er ist die letzten Wochen total durchgedreht, wo er doch, doch nach dem Prozess…sie werden ihn doch…“ Hermine kam nicht weiter. Dicke Tränen liefen ihr über die Wangen, sie schluchzte und versuchte, die verdutzten Gesichter vor sich zu übersehen. „Sie werden ihn doch hinrichten lassen, das steht doch schon fest.“ Hermine vergrub ihren Kopf in ihren Händen. Die dichten Locken fielen ihr über das Gesicht, verdeckten ihre fast überquellenden Augen. „Ja, tut dir das etwa Leid?“, platzte es voll Unglauben aus Ron heraus. „Ja!“ Hermine schluchzte umso lauter. Ihre Mutter legte den Arm um sie, schien aber auch nicht zu wissen, was sie zu diesem Geständnis Sinnvolles beitragen könnte. Mit zitternden Händen wischte sich die junge Gryffindor die Tränen aus den Augen, ihr Hals schmerzte. Es war so entsetzlich demütigend, wie sie hier angesehen wurde, wie wenig sie verstanden wurde und dass sie sich so sehr schämen musste für das, was sie jetzt noch sagen wollte. „Ich war nie auf seiner Seite. Ich würde nie irgendwas tun, was seinem Weltbild dient, das wisst ihr doch. Oder?“ Die Angesprochenen tauschten unbehagliche Blicke. Ratlos sahen sie von einem Gesicht ins andere, tauschten stille Zweifel und Vorwürfe aus, doch dann wandten sich ihre Gesichter wieder zu ihr. Ron streckte seinen Arm aus, nicht weit, nur soweit, dass seine Fingerspitzen ihren Ellenbogen berühren konnten. „Ich will dir ja glauben, aber…all die Heimlichkeiten, wie der dich heute angeguckt hat.“ Ron schauderte, auch Harry verzog bei dem Gedanken an den so unvoldemorthaften Blick das Gesicht und nickte stumm. „Und jetzt sitzt du hier und weinst, weil das passiert, was wir doch alle wollten. Ich versteh dich einfach nicht“. „Ich versteh mich doch selber nicht!“, klagte die weinende, junge Frau, zwischen ihren Locken heraus. Ihr Gesicht war vollkommen hinter einer Wand aus braunem Haar verborgen. Sie wollte es so, wollte vor den anderen geschützt sein. „Das ist alles so schlimm für mich. Dass ich euch anlügen musste, weil ich wusste, dass ihr es nicht gut finden würdet. Ich hab mich wirklich so an ihn gewöhnt, ich war doch monatelang dauernd mit ihm zusammen und, das war alles so furchtbar, in welchem Zustand der am Anfang war und in der letzten Zeit…und ich musste mich immer um ihn kümmern und kaum hab ich ihn soweit, dass er wieder gesund ist und man vernünftig reden kann, da nehmen sie ihn mir einfach weg.“ Bebende Hände hoben den braunen Haarschopf beiseite, ein fleckiges, aufgequollenes Gesicht kam zum Vorschein. Jetzt redete niemand mehr außer ihr. Alle sahen verlegen, ja, peinlich berührt aus. Wussten nicht, was sie dazu sagen sollten. Mr Granger versuchte als erster, etwas Tröstliches beizutragen. Langsamen Schrittes ging er zu seiner Tochter und strich ihr über die dunklen Locken. „Ich denke, du hast dir viel mehr aufgeladen, als du verkraften kannst, Hermine. Du bist ein viel zu gutmütiger Mensch, um jemandem beim Sterben zuzusehen“. „Stirbt er denn sicher?“, fragte Harry unsicher, ob er hoffnungsvoll oder taktvoll klingen sollte. „Ja!“, entschied sich nun wieder Mr Weasley, die Dinge auszusprechen, die er wusste „Ganz sicher. Shacklebolt hat es schon lange so bestimmt. Niemand würde sich doch je wieder sicher fühlen, wenn er irgendwo weiterleben würde. Er wurde nur mitgenommen, damit man ihn verurteilen kann. Aber er stirbt auf alle Fälle. Das Datum steht schon fest.“ „Mhmmm...“ Mr Granger setzte sich wieder neben seine Frau, schürzte die Lippen und warf, während seiner Oberkörper auf dem Tisch nach abgestürzt den Weasleys näher kam, abschätzende Blicke in die Runde. „Mhmmm brummelte er erneut „Immerhin, das ist auch eine Methode, um weitere Morde zu verhindern. Wenn wir einfach alle umbringen, dann bleibt keiner mehr übrig, der Verbrechen begehen könnte.“ Ein Argument, das Mrs Weasley gerade recht kam. Die kleine, doch fleischige Hand mit den rosa Wurstfingerchen wurde zur Faust geballt und tippte, mit nur mühsam unterdrückter Kraft, auf den Tisch. Deutlich erkennbar, wie gerne sie wieder geschrien oder mit Gegenständen geworfen hätte, doch nun, da sie zeigen wollte, wie zivilisiert sie war, blieb ihr nur diese Geste des Zorns um ihren Unmut loszuwerden. „Wenn du eine bessere Idee hast, dann bitte…aber es ich sage dir gleich, dass es da keine Therapie gibt. Jahrzehntelang hat der Mann bewiesen, dass er zu nichts anderem als Grausamkeit imstande ist. Ihr wisst das nicht, ihr habt als Muggel davon zu wenig mitbekommen. Wenn wir ihn nicht töten, hört er nie auf. Heilung gibt es da nicht“. „Nun mit Sicherheit nicht mehr“, gab der Graumellierte mit den freundlichen, braunen Augen lakonisch zurück. „Ich sagte ja, eure Methode ist endgültig. Aber wenn ich mal fragen darf, hat es denn überhaupt jemand mal versucht? Wie kannst du dir sicher sein, dass es sinnlos ist, wenn es noch nie jemand versucht hat?“ Harry warf sich in die Brust, all der Gespräche mit seinem Mentor erinnernd, konnte er Mr Grangers Einwand nicht unkritisiert stehen lassen. „Dumbledore hat auf ihn eingeredet, er kannte ihn. Seiner Meinung nach…“ „DUMBLEDORE HAT IHN GEHASST!“ Hermines schrille Stimme schnitt ihrem Freund das Wort ab. „Ihr wisst doch alle gar nichts. Ihr wisst doch gar nicht, ob man nicht das was erreichen könnte“, beharrte sie. Die Stimme gebrochen, das Gesicht voller Tränen, doch auch voller Wut und Trotz, die diese Sicherheit über unbewiesene Tatsachen und Behauptungen eines alten Mannes in ihr aufwallen ließen. „Dumbledore hat nie versucht, niemand hat es je versucht, wirklich mit ihm zu reden. Er hat ihn bedroht, erpresst und ihm Vorwürfe gemacht. Er und uch kein anderer sonst hat je versucht sich wirklich mit ihm auf gleicher Ebene zu unterhalten. Entweder sind sie ihm nachgekrochen oder haben ihn verachtet. Wie kann man von ihm denn erwarten ein realistisches Selbstbild aufzubauen, menschlich zu denken, wenn ihn keine Sau auch nur ansatzweise menschlich behandelt?“ Harry zog die Augenbrauen hoch, offensichtlich gab er seiner Freundin, die Hermine wohl für eine verwirrte Wahnsinnige hielt, vollkommen recht. „Menschlich? Er?“ Das süffisante Grinsen, dass sein Mund umspielte, war herablassend, zeigte ihr, dass er in ihr einmal mehr nur die illusionäre Weltverbesserin sah. „Ich bezweifle, dass er das WILL. ER wollte doch was Besonderes sein, nicht?“ „Na siehst du mal, du gibst mir Recht.“ Doch die Sache war viel zu traurig für Hermine, um sich über ihren Triumph zu freuen. So erklärte sie nur ruhig weiter: „Eben sagtest du noch, er KANN gar nicht anders als böse sein. Jetzt sagst du, er WILL nichts anders. Das ist ein Unterschied…und ich sage dir, warum er so schlecht sein will.“ „Ja, dann sag mir das mal, Hermine-ich-habe-immer-Recht-Granger“, kommentierte der Angesprochene, der allzu offensichtlich der Meinung war, dass sich seine kluge Jahrgangskameradin diesesmal irrte. „Ja, weil ihn niemand etwas anderes sein lässt“, ereiferte sich Hermine. „Hast du mal drüber nachgedacht, wie schwer es ist, sich zu ändern, wenn das keiner will? Nein, schlimmer noch!“ Hastig sprudelten die Worte aus Hermine heraus, die ihr selbst neu waren, und doch den Konflikt ausdrücken konnten, den sie in den vergangenen Monaten selbst jeden Tag ausgefochten hatte. „Ihr wollt doch gar nicht, dass er etwas anderes ist als ein Untier! Ihr kommt doch gar nicht damit zurecht, dass das immer noch ein Mensch sein könnte. Nur wenn ihr ihn verteufelt, dann dürft ihr euch wieder richtig gut fühlen. Oh ja“, der Sarkasmus ließ ihre Stimme tiefer, fester werden, „ihr seid die Ritter des Rechts. Soldaten in Dumbledores Dschihad.“ Drohend erhob sich der Zeigefinger an Hermines kleiner Hand und zielte der Runde nach auf all die, die eben so überzeugt gegen sie waren. „Da ist ein alter Mann, der es gut meint, aber nicht unfehlbar ist. Und ihr schaltet euer Gehirn komplett ab und glaubt ihm alles, was er sagt. Ihr seid doch auch kaum besser als die Todesser.“ „Hermine, das ist unser Haus und du bist unser Gast, das genügt nun langsam“, fuhr Charly Weasley drohend dazwischen. Doch sie war noch nicht fertig, sollte man sie doch rausschmeißen, das wäre doch nur ein weiteres Zeichen, wie kritikunfähig auch die gute Seite war. „Ihr tötet, einfach nur, weil ihr es richtig findet und weil es endgültig ist. Aber deswegen ist es trotzdem nicht die einzige Lösung. Ich“, der Zeigefinger wurde wie von einem überdehnten Gummiband zurück an die eigene Brust geschossen, „ich war da jeden Tag, und ich sage euch, das ist trotzdem ein Mensch. Ein Mensch, der ganz furchtbare Sachen gemacht hat, der ganz schlimme Sachen glaubt, aber trotzdem kein Monster ist. Aber das wird nie jemand merken, weil das keiner wissen will. Weil niemand je hören wollen wird, dass er auch anders sein gekonnt hätte.“ Voller Überzeugung klopfte Hermine mit der flachen Hand auf den Tisch. „Ich bin in Psychotherapie, wisst ihr?“ Ihre Stimme, eben noch Leidenschaft und laut, nun war sie nur noch leise und klein. „Hermine!“ Mrs Granger rückte ein Stück weg und starrte ihre Tochter entsetzt an. „Ich komme nicht mehr damit zurecht, zwischen alle diesen Stühlen zu sitzen. Alles mache ich falsch, egal was ich mache. Das war so furchtbar mit ihm am Anfang, und keinem konnte ich was sagen.“ Beschwörend wandte sich wieder an ihre Freunde „Überall nur Tod. Seit Monaten immer nur Morde, egal, wo ich hinsehe. Und niemand kommt auf die Idee, mal irgendwas anderes zu probieren. Nicht einmal die Guten.“ Einen Moment der Stille brauchte es, bis die Angesprochenen erkannten, dass sie damit gemeint waren. Unendliche traurig und bitter wirkte die junge Frau, die nun versuchte, ihren Freunden ihr moralisches Dilemma klar zu machen. „Wie soll man denn da nicht verrückt werden? Und ihr glaubt ja gar nicht, wie furchtbar es ist, jemanden kennen zu lernen, der einerseits so abartig böse ist und manchmal ganz normal gewirkt hat. Das war das Schlimmste.“ Ihre Augen schlossen sich, riefen Bilder der vergangenen Monate in Erinnerung, deren paradoxe Natur an gelebte Schizophrenie grenzte. „Glaubt ihr denn, mir würde es nicht wehtun, jemandem so nahe zu kommen, der meine Freunde getötet hat? Glaubt ihr denn, mir würde es nicht um jedes einzelne seiner Opfer“, beschämt fiel ihr Blick auf George, „und auf die, die diesen Verlust ertragen müssen, weh tun? Es ist furchtbar grauenhaft…ich kann seit Monaten nicht mehr richtig schlafen wegen dieser Bilder in meinem Kopf. Aber deswegen war es umso wichtiger, mich mit ihm zu befassen. Damit er auch versteht, was er getan hat. Mehr wollte ich doch nicht.“ Sie straffte sich, war nun sicherer, auch wenn ihr Vortrag die Zuhörer kaum zu überzeugen schien. „Glaubt ihr mir wenigstens, dass ich keine Verräterin bin? Dass ich es nur gut meinte, dass ich nur das retten wollte, was zu retten war, und weil ich dachte, dass Reue von ihm mehr wert wäre als noch ein weiterer Mord?“ Man sagte nichts, man musste überlegen. Die Sache war kopfschmerzerrregend kompliziert. Aber Hermines Ankläger wirkten nachdenklich, nicht mehr wütend. Ron ergriff als erster das Wort und zusätzliche ihre Hand „Ich glaube schon, Hermine. Ich glaube dir, dass du es so gemeint hast. Aber ich denke nicht, dass du mit deinen Ideen Recht hast, was ihn betrifft. Manche Menschen sind eben böse…und damit fertig.“ Schwach war das Lächeln, das von dem nun blutleer wirkenden Mund der jungen Frau ausging „Das ist eben der Unterschied zwischen uns.“ Mrs Weasley seufzte geräuschvoll „Dein Wort in Gottes Ohr, Mädchen. Nein, ich glaub's auch nicht, dass deine Versuche irgendwas gebracht haben. Aber du hast ein gutes Herz, du hast es gut gemeint. Lass uns nicht mehr davon reden, gehen wir am besten alle schlafen. Morgen müsst ihr ja auch wieder früh dort sein.“ So endete der Abend. Nicht wirklich eine Versöhnung, doch mehr als ein Waffenstillstand. Man glaubte an die gegenseitigen Absichten, wenn auch niemand von den Argumenten überzeugt war. Im Grunde genommen nicht einmal Hermine selbst. Nach diesem Tag heute…mehr als Hoffnung blieb auch ihr nicht. xXx Der Tagesprophet brachte schon in der Nacht eine Sonderausgabe heraus. Zwar war den Presseleuten erst vor zwei Tagen Näheres zu dem „weiteren Todesser“ mitgeteilt worden, aber wer kannte den Dunklen Lord nicht? Es war wohl kein Problem, in kürzester Zeit hunderte von erschreckenden Seiten zu füllen. Hermine hatte weder den Abendpropheten noch den Tagespropheten noch die Sonderausgabe dieser Zeitung gelesen. Ein kurzer Blick auf die Überschrift, sie konnte nur die Wörter „Massenmörder“ und „vernichtet ihn“ erkennen, dann war ihr die Lust auf die gewohnte Morgenlektüre auch schon vergangen. Jeden Tag war sie im Gericht. Und jeder Tag war grauenvoll. Nicht nur die unzähligen Schicksale und Leben, die er zerstört hatte, auch sein Gebaren, das eher zu einem Kneipenabend als zum eigenen Untergang gepasst hätte, war entsetzlich anzusehen. Mit Sicherheit bekam er Drogen. Seine Stimmung war einfach zu gut gelaunt, angesichts dieses Anlasses. Die Augen wirkten verschleiert, bevor die verdeckt wurde. In den unpassendsten Momenten lachte er voll Hohn und Spott auf, oder, auch nicht besser, gähnte und sackte auf dem Stuhl zusammen. So ausführlich, wie er voll Stolz all seine Verbrechen gestand, dürfte auch eine nicht geringe Menge Veritaserum im Spiel sein. Am dritten Verhandlungstag hatte man Voldemort wohl zu viel gegeben. Nach der Mittagspause, vermutlich brachte man ihn in den Pausen weg, um ihm „nachzuschenken“, mussten ihn seine Aufpasser ein paar mal auffangen, als er zurückging, weil über beim Gehen über seine eigenen Füße stolperte. Shacklebolts Warnungen, die Opfer nicht zu verspotten, wurden von Tom Riddles lautem, schrillem Lachen übertönt. Während ein vollkommen verstörtere, verunsicherter Rodolphus Lestrange berichtete, wie der Dunkle Lord seine eigenen Todesser folterte und hinrichtete, schlief dieser friedlich ein. Vielleicht hatte es aber auch sein Gutes. Er war doch eh schon ein Toter für die Richter. Nichts hätte sie davon abbringen können. Besser Hermines Patient war zugedröhnt und gestand alles, als dass das wütende Nervenbündel der letzten Wochen von cholerischen Anfällen geschüttelt, das Gericht auseinander nehmen würde. In gewisser Weise machte man ihm die Sache damit, obwohl unbeabsichtigt, leichter. Es war wirklich zu hoffen, dass das Verhalten ein Resultat von Drogen war…dass er diese Aufführung, in der er erneut die Hauptperson sein durfte, nicht wirklich genoss. Immer wenn er hereinkam, suchten die glasigen, benebelten Augen nach Hermine. Sie lächelte zum Gruß, bevor seine Augen verbunden wurden, dann konnte er es aushalten. Ob Hermine es aushalten konnte, da war sie nicht so sicher. Denn die Blicke, die sie spätestens seit dem zweiten Verhandlungstag von allen im Gerichtssaal erntete, machten deutlich, dass man in ihr kaum etwas Besseres sah als eine jüngere Bellatrix-Lestrange-Version. Eine, die der Justiz entgangen war. Doch egal, sie hatte ihrem Freund versprochen, zu ihm zu halten und bis zum bitteren Ende bei ihm zu bleiben…und das kam ja auch bald. Ron war immer dabei, neben ihr, doch sie sprachen nicht mehr miteinander. Er akzeptierte ihre Anwesenheit, aber verstand Hermine nicht. All die Fragen, die er nicht wagte auszusprechen, machten ihm Angst. Eigentlich musste er einem ja Leid tun, denn es war auch für ihn nicht leicht. Für ihn und Harry hatte sich ja nichts geändert. Für Hermine vieles…aber solange er sie nicht wieder wegjagte, konnte sie darauf hoffen, dass es besser werden würde zwischen ihnen. Danach… Hermine wollte nicht zu der Urteilsverkündung, um das Publikum feiern zu sehen, aber sie hatte nun mal leider versprochen, den Angeklagten nicht alleine zu lassen. Im Gericht herrschte eine geradezu vorweihnachtliche Stimmung. Feierlich, freudig und voller Hoffnung und Erwartung auf die Erlösung, die bei der Bescherung, nein, der Verurteilung eintreffen würde. Wenn sie diese Leute nicht so gut verstehen gekonnt hätte, dann hätte sie jedem Einzelnen ins Gesicht geschlagen. Heute, am letzten Prozesstag, wurden nur zwei Zeugen verhört. Professor McGonagall als langjähriges Ordensmitglied und natürlich Harry Potter. Vor allem Harry. So viel Mitleid schlug ihm aus dem Raum entgegen, das Hermine sich fast erbrochen hätte. Voll Groll lauschte sie Dumbledores, an Harry weitergereichte Vermutungen und Befehle. Wenn Dumbledore jetzt hier wäre und Harry erneut zur Horkruxjagd auffordern würde, sie würde ihm einen Tritt in den Hintern geben. Nein, so durfte sie nicht denken. Dumbledore hatte das größere Wohl im Auge gehabt. Angesichts Tom Riddles Taten war ein Wohl der Gemeinschaft wirklich nur ohne ihn möglich. Aber sie wollte dies alles trotzdem nicht hören. Wie zu erwarten war, bestätigte Lord Voldemort Harry Potters Aussage. Ohne Bedauern, ohne Regung. Doch, es stimmte. Er wollte all diese Dinge tun und hatte all die Taten begangen, die die zuhörende Menge eben in Angst und Schrecken versetzt hatte. Er plauderte so gelassen über den Mord an den Potters, als würde er erwarten, dass die schockierten Zuschauer mit ihm über diesen witzigen Schwank aus seinem Leben nun gleich laut loslachen würden. Aber man lachte nicht, sondern schloss die Beweisführung ab, schickte ihn hinaus und das Gericht zog sich zur Urteilsfindung zurück. Der Saal war etwas voller als bisher. Ausnahmslos alle Plätze waren belegt, da nun auch wieder sämtliche Zeugen anwesend sein durften. Zusätzlich hatte man wohl weiteren Zeitungen die Berichterstattung genehmigt, weshalb nun, neben Rita Kimmkorn, genauer gesagt, auf einer Extrabank hinter ihr, noch zahlreiche weitere Hexen und Zauberern, mit Schreibfedern und Notizblöcken bewaffnet, äußerst angespannt im Raum umherblickten. Rita sendete immer wieder gereizte Todesblicke nach hinten, wenn einer der „Käseblattschmierer“ es wagte, seinem Nachbarn eine Frage zu stellen. Das hier war doch ihre Story. Xenophilius Lovegood war ebenfalls wieder anwesend. Gekleidet in einen Umhang, der ihn wie eine übergroße Banane aussehen ließ, notierte er mit zitternden Fingern seine Eindrücke. Luna saß neben ihm, doch sie beachtete weder Ron noch Harry noch Hermine. Vater und Tochter waren wohl in Gedanken einige Monate zurück, erinnerten sich der Angst, als Luna von Todessern entführt wurde, um Xenophilius die Potter-freundlichen Berichte abzugewöhnen. Einen kurzen Moment sah Hermine, dass Luna von der anderen Seite des kreisrunden Saales zu ihr hinüberblickte, schmerzlich den Mund verzog und die Augen auf ihre Hände richtete. Woher wusste sie es? Hatte Ron wirklich allen, die sie kannten, Eulen gesendet oder war es wirklich so offensichtlich? Sie hatten Luna, Neville und einige andere in diesem Club getroffen. Hatten über Hermines Job erzählt…und vielleicht hatte Ron, während sie auf der Toilette war, weitere Details ausgeplaudert, die jetzt wohl hinreichend waren, um jetzt zu verstehen. Neville, auch er saß, neben seiner Grossmutter, ein paar Bänke weiter rechts von ihnen. Und ebenfalls ignorierte er sie… Der arme Neville. Seine armen Eltern, die sie so oft gesehen hatte, wenn sie zu Helen gegangen war. Sicher würde er nicht verstehen, wie sie zuerst bei seinen Eltern und dann bei IHM sein konnte. Sie verstand es doch selbst nicht. Das Quietschen der großen Tür unterbrach Hermines Gewissensbisse. Erneut wurde die leere Mitte des kreisrunden Saales, um den Stuhl des Angeklagten herum, von Auroren umstellt. Schutzschilde wurden über die Zuschauer und Richterbänke gelegt. Ein angespanntes Raunen ging im Raum herum. Hermine fröstelte, ihre Hände wurden schwitzig. Langsam begann sich das Zimmer um sie herum zu drehen. Ein angespanntes Kribbeln kroch ihr von den Füßen, über die Beine, die Brust bis zu den Händen empor. Ihre Atmung wurde unregelmäßig, sie musste den Mund öffnen…nur durch die Nase zu atmen, reichte nicht mehr. Nachdem die Auroren der Richterbank zugenickt hatten, öffnete sich die Tür erneut und, mit einem Mal war es – Hermine wurde einen Moment schwarz vor Augen den sie hatte „totenstill“ gedacht- vollkommen ruhig im Saal. Die Auroren hatten Schweigezauber ausgesandt. Die Leute öffneten die Münder, doch wirkte der Raum im Moment wie ein großes Aquarium voller stummer Fische. Umkreist von weiteren Auroren, gefesselt, mit Augenbinde, wurde der Lord in den Saal geführt, zu seinem Stuhl gezogen und in Richtung der Anklagebank gestellt. Dort wurde ihm die Augenbinde abgenommen. Er sollte seinem Schicksal in die Augen blicken. Hermine wurde speiübel vor Nervosität. Die Ankläger und Richter erhoben sich. Ein gewisser feierlicher Glanz leuchtete in ihren Augen, aber auch Unsicherheit. Wie ein Engelschor standen sie da. Aufrecht, feierliche Gesichter, Genugtuung in den Augen und Gerechtigkeit im Sinn, mussten sie Neues wagen, was sie verunsicherte, doch sie fühlten sich bereit. Kingsley Shacklebolt, der oberste Richter stand in der Mitte der vordersten Reihe und hob ein Blatt Pergament, deutlich sichtbar für alle Zuschauer, kurze Zeit mit ausgestreckten Armen in die Höhe, dann senkte er es wieder, neigte den Kopf und seine Augen flogen stumm über das Blatt. Das Urteil. Ein entschlossenes Nicken, ein kurzes Blicken zum Angeklagten, dann las er, mit tiefer, sonorer, magisch verstärkter und alle anderen Geräusche verschlingender Stimme vor. „Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil. Thomas Marvolo Riddle, Sie werden in allen Anklagepunkten für SCHULDIG gesprochen“. Im Saal wäre es nun sicher sehr laut geworden, wenn man den Menschen ihre Stimme zurückgegeben hätte, doch sie blieben stumm und so erkannte Hermine nur, wie der ganze Saal zu glänzen begann. Erhellt von all den Kerzen und Fackeln an den Wänden, glänzten ihr Hunderte von tränennassen Gesichtern entgegen, die stumm vor Freude erstrahlten und nun auf die letzte Erlösung hofften. Shacklebolt räusperte sich kurz, sah zu Voldemort, der wie eingefroren, doch ohne erkennbare Gefühlsregung darauf wartete, dass sein Richter weiter sprach. Zum ersten Mal seit Prozessbeginn wirkte er vollkommen nüchtern. Er war nicht vollkommen regungslos. Hermine erkannte, sie saß ja ziemlich weit vorne, dass Tom Riddles rechte Hand leicht zuckte. Er war nervös. Der große, schwarze Mann holte tief Luft, und offenbarte mit fester Stimme, das, worauf all die Anwesenden hier hofften und warteten. „Angesichts der besonderen Schwere der Schuld, der bisher ungekannten Grausamkeiten ihrer Taten, hat das Gericht beschlossen, von der bisherigen Höchststrafe abzuweichen. Thomas Marvolo Riddle, wir verurteilen Sie hiermit zum Tode. Ihre Hinrichtung findet am morgigen Tag um zwölf Uhr in der Todeskammer statt. Die Sitzung ist geschlossen.“ Mit dem Hammerschlag des Richters wurde der Schweigezauber gebrochen und ein tosender Jubelruf erfüllte den Saal. Die Leute waren aufgesprungen, weinten, lachten, umarmten sich, kreischten vor Begeisterung, schüttelten allen um sich herum die Hände und küssten sich. Hermine hörte sie nicht. Hörte nicht, was Ron, Harry oder die anderen Menschen neben ihr taten oder riefen. Ihre Gedanken glitten von der feiernden Menge ab, sie hatte ganz vergessen, den Kater zu füttern. Mit halboffenen Augen konnte sie gerade noch sehen, wie dem ansonsten eingefrorenen wirkenden Voldemort die Mundwinkel zuckten, dann wurde sie ohnmächtig. xXx Kalt und hart. Das war das erste was Hermine wahrnahm, als sie wieder zu sich kam. Unter ihr war es kalt und hart. Steinfliesen vielleicht. Etwas Nasses traf auf ihr Gesicht. Die Nässe lief in dünnen Linien an ihrem Gesicht hinab, kitzelte in ihren Ohren und, sie musste husten da sie keine Luft bekam, floss ihr in die Nase. Benommen öffnete Hermine die Augen. Sie war nicht mehr im Gerichtssaal, sondern auf der Damentoilette. Über sich erkannte sie ein Waschbecken. Stimmen wurden lauter, noch konnte sie die Stimmen aber nur als dumpfes Raunen wahrnehmen. Zunehmend wurden die Stimmen lauter, ihre Hand fühlte sich seltsam an. Langsam wanderte die Botschaft von der Haut zu ihrem Gehirn, dass das daran lag, dass sie von irgendjemandem gestreichelt wurde. KLATSCH Dieses Gefühl war eindeutiger. Man hatte sie geohrfeigt. Die Schemen wurden klarer, die Stimmen wurden lauter. Ron saß neben ihr. „Warum bist du auf dem Mädchenklo?“, hörte sich Hermine mit fremd klingelnder Stimme fragen. Ein paar andere Stimmen lachten. Ron zog sie an ihrer Hand in die höhe zum Sitzen. Er hatte sie gestreichelt. Harry, Ron und Ginny waren um sie herum. Lächelten, doch wirkten sie auch ein wenig besorgt. „Bist du okay?“, fragte der Schwarzhaarige, der auf der anderen Seite von ihr kniete. „Ja“, log Hermine, „helft mir hoch. Mir ist noch ein bisschen schummrig. Was ist denn passiert?“ fügte sie dann, sicherer, weniger lallend hinzu. Die drei packten sie, und stellten sie auf die Beine. Kurz schwankte Hermine, aber dann ging es wieder. „Du bist nach der Urteilsverkündung umgefallen. Die Leute dadrin haben getobt, es war so stickig. Wir dachen, wir bringen dich besser hier her, hier gibt’s frisches Wasser“, teilte die verunsichert wirkende Ginny mit. Aber sie sahen ja alle drei so aus, als ob sie keine Ahnung hätten, was sie mit Hermine nun anfangen sollten. Ron räusperte sich. Er bückte sich, um ihren Zauberstab aufzuheben. Man hatte ihn ihr wohl in die Tasche gesteckt, nachdem man sie aus dem Verhandlungsraum gebracht hatte. „Übrigens, mich hat ein großer, schwarzer Mann angesprochen. Er sagt, er heißt Ben, du würdest ihn kennen.“ Unsicher suchten seine Augen die ihren. Er war angespannt, offensichtlich gab es da noch etwas, das ihm Sorgen bereitete „Er hat gesagt, du dürftest wie besprochen noch mal hingehen, wenn du willst. Shacklebolt hat wohl erlaubt, dass er über Nacht das Ministerium verlassen darf. Du dürftest ab heute Abend um acht Uhr hingehen. Wenn du willst…morgen holen sie ihn dann um elf Uhr ab. Willst du“, es fiel ihm so unendlich schwer, dieses Gespräch, sie spürte es, hörte es an seiner leiser werdenden, zaghaften Stimme, „willst du wirklich hingehen? Jetzt ist es doch vorbei, morgen ist der doch eh tot. Dein Job ist vorbei, also vergessen wir´s doch einfach und gehen gemeinsam feiern.“ Harry versetzte Ron einen unsanften Stoß in die Rippen, Ginnys leeres Gesicht füllte sich einen Moment mit Ärger. Aber Ron erkannte an Hermines plötzlich feucht werdenden Augen, den heruntergezogenen Augenbrauen und ihrer plötzlich wieder aschfahl werdenden Haut, dass Hermine keine Lust hatte zu feiern. Ron rieb sich verlegen die von Harry gestoßenen Rippen und murmelte kaum hörbar: „Ich meinte, ich dachte…du weißt schon. Also feiern, dass jetzt wieder alles beim Alten ist. Dass wir wieder normal weitermachen können“. „Ich gehe aber trotzdem heut Abend zu ihm“, fauchte Hermine, die nun wieder Worte fand, wütend, zu dem immer blässer werdenden Ron. „Feier du doch allein. Ich komm dann morgen zu euch, wenn“, einen entsetzlichen Moment lang, wurde ihr bewusst, was morgen ab 12 Uhr sein würde, „ihr fertig gefeiert habt“, konnte die eben noch laute, wütende Hermine nur noch verstört wispern. Ihre drei Freunde tauschten erneut vielsagende Blicke, dann nickten sie einander zu. „Sollen wir dich morgen abholen?“ Hermine nickte stumm. „Wann denn?“, brachte Ron mühsam hervor, Zweifel und schlimmste Vermutungen standen ihm ins Gesicht geschrieben. „Kurz nach 11 Uhr, ich muss dann noch…bis ich alles erledigt habe.“ Hermine gab sich Mühe, nicht die Fassung zu verlieren. Doch eine winzige Träne schlich sich in ihre Augenwinkel. Ja genau, morgen war alles vorbei. Dann begann der Alltag. „Willst du denn wirklich die ganze Nacht bei ihm bleiben?“ stieß Ron entsetzt, mit weit aufgerissenen Augen hervor. Das junge, brünette Mädchen vor ihm konnte nur unglücklich mit den Schultern zucken und bejahend mit dem Kopf rucken. „Ich hab´s ihm versprochen. Ja…aber…Ron“, sie versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, um die drei verstörten Personen vor ihr, die sie ansahen, als wäre sie verrückt geworden, zu besänftigen, „mach dir keine Sorgen. Ich sitze nur da und…der Mann wird morgen hingerichtet. Glaubst du wirklich, dass er ausgerechnet heute Nacht mit mir…all die anderen Tage wollte er doch auch nicht.“ Es war leicht zu erkennen, dass Ron starke Zweifel an der Aufrichtigkeit ihrer Aussage hatte. Seine Mundwinkel zitterten, Hermine meinte ein gehauchtes „Morgen…alles vorbei“ zu hören, dann nickte ihr Freund ihr zu, und nahm sie in den Arm. „Gut, um elf Uhr. Wir werden vor der Krankenhaustür auf dich warten.“ „Ich will mit ihm reden“, durchbrach Harry den Moment der Versöhnung. Ron und Hermine ließen erschrocken voneinander ab, starrten auf Harry und dessen ebenfalls erschrocken wirkende Freundin Ginny. „Der Mann weiß mehr über mich und meine Vergangenheit als jeder andere. Wir haben, wir haben eine Seele geteilt. In den letzten Wochen gingen mir so viele Dinge im Kopf herum. Dinge, die ich gerne von ihm gewusst hätte, vor allem Antworten“, beeilte sich der junge Mann zu erklären. Er sprach schnell und in merkwürdig hohem Ton. Wenn er sich jetzt nicht beeilte und um das bat, was ihn so belastete, dann würde er wohl keine Chance oder keinen Mut mehr für diese Bitte haben. „Ich bitte dich, Hermine. Du gehst doch heute Abend hin. Ich komme unter dem Tarnumhang mit. Eine Stunde…mehr will ich nicht. Lass uns eine Stunde alleine, sag, du hast was vergessen. Ich will wirklich“, es war ihm anzusehen, wie viel Überwindung ihn sein Vorhaben kostete, „wirklich ein paar Dinge klären. Ich will keinen Ärger machen. Aber ich würde verrückt werden, wenn ich denken müsste, dass ich diese Fragen hätte klären können und es nie getan habe“. Stille herrschte im Raum, nur das leise Tropf-Tropf des leckenden Wasserhahns war zu hören. Tausend Bedenken und Sorgen wirbelten in Hermines Kopf herum, zu viel, um sie zu verarbeiten. Deswegen nickte sie. „Gut…also zwanzig Uhr darf ich kommen. Dann lass uns uns kurz vorher vor dem Krankenhaus treffen. Bleib unter dem Tarnumhang. Aber er wird sich gar nicht freuen.“ Ihre Augen verfinsterten sich erneut bei dem Gedanken an diese Nacht. Was würde ihr Kind, ihr Lehrer, ihr zum Tode verurteilter Freund wohl denken, wenn sie ihm in seinen letzten Stunden Harry Potter vor die Nase setzte? „Harry, bitte versprich mir, dass du dich benimmst. Ich denke nicht, dass er dir was tun würde, du kannst ja auch Alarm nach draußen senden. Aber bitte, egal, wie sehr du ihn hasst, er wird morgen hingerichtet. Bitte mach es nicht noch schlimmer“. Egal wie albern die anderen diesen Gebettel finden würden, immer noch wollte Hermine ihren…was-auch-immer schützen. Aber niemand verzog das Gesicht, belächelte sie oder schien schockiert. „Ja, Hermine“, antwortete Harry jetzt erleichtert, nickte freundlich und beruhigte sie mit seinen Worten. „Ich habe nur ein paar sachliche Fragen. Dann gehe ich, ich mache keinen Ärger.“ Die Tränen, die ihr nun wieder in die Augen kamen, von denen jede einzelne ein Messerstich in Rons Herz war, sie konnte sie nur mühsam zurückhalten. Sie wollte jetzt nicht reden. Wollte nur nach Hause, etwas ausruhen und auf den Abend warten. So gingen sie…durch die jubelnden Leute hindurch, während Hermine, von Ron geführt, die Augen schloss und sich die Ohren zuhielt. Das letzte was sie jetzt hören wollte, war diese Freude, sie hasste diese Menschen. Jeden einzelnen von ihnen…weil sie sie so gut verstand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)