Patient X von Seraphin ================================================================================ Kapitel 16: Veränderungen ------------------------- Kapitel 16: Veränderungen Mittlerweile war Mitte Juli. Hermine, Ron, Harry und Ginny besuchten am Abend gemeinsam den schon relativ beliebt gewordenen Club in der Winkelgasse. Skurrilerweise nannte sich der Club „DanceEaters“, auf was für Ideen die Leute kamen, seit sie glaubten, keine Angst mehr haben zu müssen… Zu ihrer großen Freude trafen sie auf einige ihrer Schulfreunde. Die Schicksalsschwestern sollten kommen, um ein paar Lieder zu spielen. Diese Ankündigung hatte dafür gesorgt, dass das ganze Kellergewölbe, obwohl recht weiträumig, erschreckend überfüllt und stickig war. Hermine ließ sich davon nicht stören. Laute, feiernde, ausgelassene Menschen. Sie hatte schon fast vergessen, wie schön es war, zu ihnen zu gehören. Und der Club schien auch auf andere höchst inspirierend zu wirken. Da die Schicksalsschwestern erst mit etwas Verspätung auftreten konnten, wurden die Leute im Publikum dazu aufgefordert, doch stattdessen selbst für etwas Stimmung zu sorgen. Eines der mutigsten Mädchen, das die vier Freunde kannten, ließ sich das nicht zweimal sagen. Luna Lovegood, deren Kleid vermutlich aus einer beachtlichen Sammlung von Kassenbons zusammengeklebt war, marschierte hoch erhobenen Hauptes auf die Bühne und begann vor der begeistert grölenden Menge Arien zu singen. Nicht wirklich gut eigentlich, doch scheinbar hatte sie die Texte ihrer Stücke soeben selbst erfunden, und so gesehen, war es schon eine beachtliche Leistung. Diejenigen, die Luna nicht kannten, hielten ihre auf Opernart gesungenen Gedichte wohl für absichtlich komisch, und so erntete sie tosenden Beifall. Wer sie kannte, konnte nur einmal mehr ungläubig den Kopf schütteln und lachen…und Luna lachte mit, denn eigentlich war es ja egal, ob sie ausgelacht wurde oder nicht, solange sie die Leute im Raum so fröhlich machte. Hermine klatschte begeistert Beifall. Als Luna jedoch ein Duett singen wollte, verschwand sie schnell auf die Toilette. Sie blieb dort nur wenige Minuten, doch als sie wiederkam, hatte Luna schon ihr Opfer gefunden. Die exzentrische Blondine hatte tatsächlich ihren Ron dazu überredet, mit ihr gemeinsam auf der Bühne, er krächzte entsetzlich, Kinderlieder zum Besten zu geben. Es war einfach rührend zu sehen, wie er sich einer Freundin zuliebe, lächerlich machte. Ron war ein durch und durch guter und lieber Mann. Selten war Hermine so verliebt in ihn gewesen wie an diesem Abend. Doch jetzt war es schon nach Mitternacht, morgen war Montag und so überredete die pflichtbewusste Hermine ihre joblosen Freunde, sich langsam aber sicher zur Tür zu bewegen, um aufzubrechen. „Seht mal, Potter. Der Trottel der lebt. Seine Heiligkeit hat zwischen den Zeitungsinterviews und dem Babyknutschen in der Öffentlichkeit Zeit gefunden, seine unbedeutenden Freunde zu besuchen“, schnarrte eine wohlbekannte Stimme hinter ihnen, die alle drei sofort, wie vom Cruciatus getroffen, zusammenzucken und herumfahren ließ. Da stand er. Draco Malfoy, im eleganten, schwarzen Anzug, gutaussehend doch mit dem für ihn so typischen, arroganten „Ich-bin-besser-als-du"-Gesichtsausdruck. Eine Hand in seinem Sakko, die andere Hand hielt eine Zigarette, an der er betont langsam zog, um dann dichte Rauschschwaden auszustoßen, die den jungen Mann hinter dem Nebel merkwürdig verschwommen aussehen ließen. Mit übertrieben huldvoller Geste verneigte der Slytherin sich ehrfurchtmimend, vor dem so eben Angesprochenen. Dann sank er, wie konnte nur ein Mensch allein soviel Spott in den Augen haben, vor Harry auf die Knie, packte mit einer raschen Bewegung Harrys Hand, beugte sich einen Kuss andeutend darüber, und ließ mit aufreizendem Grinsen seine Zunge über die Finger des Schwarzhaarigen gleiten. Angewidert aufjaulend stieß der unfreiwillige Held den vor ihm Knienden von sich weg, so dass Malfoy unsanft nach hinten umkippte. Fluchend wischte Harry sich seine glitschige Hand, die er vor lauter Ekel nicht einmal anzusehen wagte, an seiner Hose ab. Draco, der sich nun hämisch lachend aufrappelte, hatte ihn voll gesabbert, als wäre er ein Hund. Natürlich wussten alle, was dieses Schauspiel bedeutete. Seit Harrys Sieg über den Dunklen Lord war er nun endgültig zum Licht in der Finsternis, zum Retter der Unschuldigen oder Schlicht zum Nationalheiligen aufgestiegen. Es verging fast kein Tag, an dem nicht in irgendeiner Zeitung Lobeshymnen auf ihn geschrieben wurden. Alle rissen sich um Interviews mit dem genervten Helden. Und ja, in der gestrigen Zeitung war wirklich ein Bild zu sehen, auf dem der Foto-Harry, dem Wunsch der sichtlich hingerissenen Mutter zuliebe, ein Baby küsste. Doch war dies, wie so vieles andere auch, nicht Harrys Idee, sondern der Wunsch dieser fast stalkerhaften Frau gewesen. Den ganzen Abend hatte er sich schon darüber beschwert, wie peinlich ihm diese Szene war. Doch jemand wie Draco Malfoy konnte sich an diesen Dingen unerbittlich ergötzen. Eigentlich, so fand Hermine, solle der arrogante Blonde doch froh sein. Nun schrieben die Zeitungen doch auch endlich mal über ihn. Natürlich nur über seine Verbindungen zu den Todessern und Spekulationen, wie weit er am Tod von Dumbledore beteiligt gewesen war. Was dann wiederum ihren unheimlichen Freund jedes Mal in kaltes Gelächter ausbrechen ließ. Allerdings war Voldemorts Gelächter beim Anblick des Babyküsserbildes, sogar noch um einiges lauter geworden. Wenn Hermine jetzt daran dachte, dann wünschte sie beinahe, ihr Gefangener wäre bei ihr. Was hätte Draco dann wohl gesagt? DIESE Finger hätte er wohl ohne Zunge, dafür aber mit mehr Ehrerbietung geküsst. Malfoy, dieser Schleimbeutel. Und dann wäre er schreiend davon gerannt. Angeber…nun ja, das Gefängnis und die Zeit bei den Todessern schienen ihm übel mitgespielt zu haben. Er war dünner, wirkte hohlwangig und das sonst so ebenmäßige Gesicht wurde von einigen unschönen, vernarbten Striemen an Wange und Hals entzaubert. Doch seine Stimme war so kalt und herablassend wie immer, wenn er sprach. Die Wochen in Sicherheitsgewahrsam, seit der Schlacht, die Tatsache, dass sie ihm bei ihrer letzten Begegnung das Leben gerettet hatten…es schien ihm nicht im Mindesten beeindruckt zu haben. Sein Blick glitt von Harry, über Hermine zu Ron hinüber. „Na, Weasley, auch hier?“ Dracos amüsierter Blick, wanderte mit hochgezogenen Augenbrauen in gespielter Anerkennung von Rons billigen Schuhen, über seine nachgemachte Markenhose, hinauf zu seinem Walmart T-Shirt, bis er an seinem karottenroten Haar hängen blieb und der Designergekleidete ihm hämisch grinsend die strahlend weißen Zähne zeigte. Ron, der Draco eben noch wütend angefunkelt hatte, senkte leicht verschämt den Blick und verschränkte die Arme schützend vor sich, als wolle er eine Blöße bedecken. In billigen Klamotten wie immer, schien er sich neben dem stylischen Slytherin geradezu nackt zu fühlen. Erneut zog der Blonde genüsslich an seiner Zigarette, seine Lippen schienen Worte zu formen, als er dann, eine leicht grünliche Rauchwolke ausblies, die die Form einer sich windenden Schlange annahm. Das Rauchgebilde schwebte mit sich öffnendem Maul in Richtung Harry, doch bevor es „zubeißen“ konnte, wurde es von Harrys gezückten Zauberstab aufgesogen. Malfoy indes schien zu überlegen, wie er sich über Harry weiter lustig machen könnte. Sein Lebensretter, sicher. Gerade deshalb schien es ihm wichtig, weiterhin Hochmut und Geringschätzung zu versprühen, um seine eigene Schande zu überspielen. Den Hass hatte die Rettung aus dem Feuer nicht gemindert. Beinahe angewidert neigte er den Kopf zur Seite, schien zu überlegen, was er weiter Verletzendes gegen seinen Retter anführen könnte… Die Tür neben Malfoy öffnete sich und Pansy Parkinson kam, sichtbar angetrunken, aus der Toilette gestolpert, die sie wohl gerade besucht hatte, um sich zu erbrechen. Das schien sie jedoch nicht sonderlich beeindruckt zu haben, denn in der Hand hielt sie eine halbleere Wodkaflasche. Pansy hakte sich am zigarettenlosen Arm ihres Freundes ein. Stolz, doch dümmlich und lächelnd, gackerte sie ebenfalls, „Na, sieh mal einer an. Da sind ja das Sonderangebot, sein Streberschlammblut und unser Retter. Batman.“ Hermine wurde heiß, nicht nur der stickige überhitzte Raum, mit all den schwitzenden Menschen, raubten ihr langsam den Atmen, auch die Wut über dieses Ekelpaket und seine wie angeschraubt wirkende Begleitung. Vor ein paar Wochen hatte das noch anders ausgesehen, da hatten die beiden da vorne gewimmert und gebettelt, als sie von Auroren festgenommen wurden. Sie löste sich einen Schritt von Harry und Ron. Ron griff nach ihrem Arm, wollte sie wieder zu sich hinziehen. Hatten sie doch beschlossen, diese Leute zu ignorieren, sie waren es doch gar nicht wert, mit ihnen zu streiten. Doch Hermine wollte streiten. Jahrelang hatten die drei sich immer wieder Sticheleien, Gemeinheiten und zuletzt auch gefährliche Spiele von den Slytherins ertragen müssen. Aber damit war jetzt Schluss. Sie schüttelte Rons Hand an ihrem Arm ab, wischte, ohne sich umzudrehen, Harrys Hand, die auf ihrer Schulter ruhte, ab, und stellte sich breitbeinig, die Arme in die Hüften gestemmt, vor den Beiden auf. Pansy kicherte, musste sich, betrunken wie sie war, an Draco festklammern, um über dem Lachanfall nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Harry trat ebenfalls einen Schritt näher „Du bist ja ganz schön unfreundlich, Malfoy. Und dabei warst du bei unserer letzten Begegnung doch so kuschlig. Du hast du dich heulend an mich geklammert, erinerst du dich? Vielleicht sollte es hier drinnen etwas wärmer werden“, Harrys Zauberstab richtet sich drohend an die jäh aufflammende Zigarette des Blonden, “damit du wieder so anlehnungsbedürftig wirst“, erinnerte der schwarzhaarige Gryffindor den Slytherin, dessen Wangen sich ein wenig röteten. Er genoss es sichtlich, Draco an die gemeinsame Flucht aus dem in Flammen stehenden Raum der Wünsche zu erinnern. Nun kam auch Ron, bereit sich nicht mehr so leicht demütigen zu lassen, an ihre Seite. Er schaffte es sogar, seine Stimme annähernd so spöttisch klingen zu lassen, wie Malfoy es ihm so oft vorgemacht hatte. „Seit wann hat man dich eigentlich wieder rausgelassen, Malfoy? Wo war denn deine Familie jetzt genau? Im Knast, oder in der Psychiatrie?“, erkundigte er sich, mit vor Sarkasmus triefender Stimme. Malfoy schien einen Moment lang fast vor Wut in seine Zigarette zu beißen, doch dann nahm er sie aus dem Mund und Hermine erkannte eine leicht grünliche Verfärbung an seiner sonst elfenbeinfarbenen Haut. Mit ausgestrecktem Finger tippte Draco die abgebrannte Asche der Zigarette auf Ron´s muskulöse Schulter. Im Bruchteil einer Sekunde zog Harry den Zauberstab und drückte die Spitze des Zauberstabes an Malfoys Kehle, der den Hals unter dem Druck leicht nach hinten bog und den Rücken krümmte. Dann gesellte sich auch die vierte Gryffindor wieder zu ihren Freunden. Ginny, die gerade von ein paar Jahrgangskameradinnen aufgehalten worden war, tauchte mit verwirrtem Gesicht neben der erschrocken kreischenden Pansy auf. Nacheinander wanderten die braunen Augen von Rons kleiner Schwester von Pansy und Draco, zu ihren drei Freunden, bis sie dann den Zauberstab an Dracos Hals fokussierten. Da der Blonde bemerkte, wie Harrys Aufmerksamkeit von ihm zu Ginny hinüberglitt, kehrte seine Überheblichkeit überraschend schnell zurück. Er hob die Hand, packte die Spitze von Harrys Zauberstab zwischen Daumen und Zeigefinger und schob die Waffe langsam von sich weg. Nun wieder gerade stehend, drehte er den Oberkörper leicht in Ginnys Richtung, warf Harry kurz einen mitleidigen Blick zu, um dann die Rothaarige genüsslich anzulächeln. „Oh Potter, du hast ja auch jemanden dabei? Na, wo warst du den eben, Ginevra?“ Draco schob die leicht wankende, jedoch immer noch dümmlich grinsende, Pansy beiseite, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Dann gab er seiner Freundin einen leichten Schubs, so dass diese torkelnd nach hinten hüpfte und fast die Wodkaflasche aus ihrer Hand fallen ließ. Gerade noch so schaffte sie es, die Flasche aufzufangen, während sie selbst mit dumpfem Aufprall gegen die Wand flog. Malfoy machte keine Anstalten seiner Freundin zu helfen, er sah sie gar nicht. Beide Hände nun in der Jackentasche, schritt er mit tigerhaft weichem Gang auf Ginny zu. „Na, Ginny, du siehst ja nicht ganz so vergammelt aus, wie der Rest deiner Familie.“ Ein teuflisches Funkeln glitzerte in Dracos Augen, während seine Hand, die nun einen schwarzen Ledergeldbeutel umklammerte, aus seiner Tasche glitt. Bösartig glucksend kam er noch einen Schritt näher auf Ginny zu. Ihre Mundwinkel bebten und dünne Bläschen zwischen ihren Lippen, ließen sie eher wie ein tollwütiges Tier, als an junges Mädchen erinnern. Noch eine Bemerkung, und so, wie er sie angrinste, legte er sich gerade eine besonders gemeine zurecht, und sie würde sich nicht mehr zurückhalten können und dem arroganten Kerl mitten in sein Reinblütergesicht spucken. Erneut wandte sich Draco zu den drei restlichen Gryffinfors um, hob mit unheilverkündendem Vergnügen seine Geldbeutel hoch und zog mit langen Fingern ein paar Galleonen heraus. Die Münzen wurde für alle gut sichtbar in die Luft gehoben und mit einer ausholenden, umfassenden Geste zuerst Harry, dann Hermine, hinüber zu Ron und zuletzt Ginny unter die Nase gehalten. „Aber du hast ja auch einen gutbezahlten Job, Ginny, wie ich höre. Im Vergleich zu deiner Familie, hast du richtig Karriere gemacht.“ „Was soll das heißen, Arschloch?“ fauchte Ginny wütend zurück, nachdem sie endlich Worte gefunden hatte, um ihrem Ärger Luft zu machen. Draco war nun ganz nah, als er ihr die kleinen Goldtaler direkt vor die Augen hielt und sie voll Verlangen in den Augen, von oben bis unten bewundernd anstarrte, als wolle er sie vor lauter Gier verschlingen. „Na, komm schon Weasley“ hauchte er ihr nun, eher erregt als spöttisch klingend, entgegen und schob die Galleonen langsam und hingebungsvoll tief in Ginnys Ausschnitt. Die Rothaarige, eben noch kochend vor Zorn, schien ob dieses Verhaltens, fassungslos in ihren Bewegungen eingefroren. Die Finger des eleganten Blonden, deren Bewegungen man durch den dünnen Stoff des Kleides verfolgen konnte, bewegten sich spielerisch an Ginnys Brust auf und ab, während er ihr lustvoll entgegenhauchte „Zehn Gallonen, Weasley…das weiß doch jeder, dass du dich durch halb Hogwarts durchgevögelt hast. Jetzt bin ich dran, von dem Geld kann deine Familie ein halbes Jahr leben.“ Und mit einem süffisanten Zwinkern zu Hermine, fügte er mit rauchiger Stimme hinzu „Wenn du willst, darfst du mitmachen, Granger. Hast es wohl nötig, du vertrockneter Bücherwurm.“ Das war zu viel. Vieles passierte nun gleichzeitig. Ginny verpasst Draco einen wütenden Fausthieb auf sein Ohr, während Ron und Harry die Fäuste ballten, um sich auf Draco zu stürzten. „HALT!“ fuhr Hermine dazwischen, warf die Arme weit auseinander gebreitet in die Höhe, als wolle seinen Flugversuch starten, um die beiden jungen Männer rechts und links neben ihr in letzter Sekunde noch zurückzuhalten. Hermine bannte sie, ohne zu überlegen, in ihrer Bewegung fest und näherte sich stattdessen selbst, den beiden Slytherins, die vor Lachen kaum fähig schienen, zu atmen. Es war gar zu leicht. Ihr Meister hatte sie viel gelehrt. Ein kurzer Blick in Pansys glasige Augen reichte doch schon. Höhnisch grinsend näherte sie sich Draco, der nun ebenfalls wie seine Freundin, jedoch unvergleichlich eleganter, mit dem Rücken zur Wand lehnte. „Vielleicht solltest du dich etwas öfter um Pansy kümmern, statt Ginny anzugrapschen“ Komma gurrte sie freundlich zuzwinkernd, nur um dann ihre Worte, wie einen wohl platzierten Messerstich, in ihn hineinzurammen „Dann würde sie vielleicht auch nicht so oft auf euren Partys aufs Klo rennen, um sich mit Nott und Zambini zu vergnügen.“ Und mit einem Schlag war Pansy Parkinson vollkommen nüchtern! Kreischend fuhr sie zu Hermine herum, ließ vor Schreck die Wodkaflasche fallen und ihr Gesicht schien, fast undenkbar schnell, zwischen Draco und Hermine herumzuschnellen. Draco keuchte auf, das panische Verhalten von Pansy war Beweis genug, dass das keine leeren Worte waren. „Draco, ich…das…“, stotterte die Ertappte jämmerlich, dann jedoch schnellte ihr Finger drohend auf Hermine zu, während Pansy schrill „SIE LÜGT!“ kreischte. Doch der um Gnade winselnde Ton ihrer Stimme strafte ihre Worte Lügen. Malfoy, nun gar nicht mehr so überlegen, wandte sich wieder Hermine zu, die ihn voll überlegener Freude auslachte. „Aber, Draco, du kannst ja eigentlich gar nichts dafür. Was soll sie auch machen, seit du im Knast warst, kannst du ja nicht mehr.“ Mit entschlossenem Griff, packte Hermine ihn im Schritt und zog ihn zu sich heran, während ihre andere Hand auf seine Hose deutete. „Alles tot dadrin, stimmts?“ Mitleid versprühend tätschelte die junge Brünette ihm die Wange und schubste ihn zurück an die Wand, zu seiner treulosen Freundin. Draco, solch respektlose Behandlung von Hermine nicht gewohnt, konnte sie nur fassungslos anstarren. Und Starren war gut, genau wie seine Unsicherheit, er machte es ihr leicht, in ihn einzudringen. Voldemort hatte ihr gezeigt, wie man per Legilimentik Illusionen im Kopf eines anderen erzeugen konnte. So trat sie näher an ihn heran, setzte den gefährlichsten „Ich-bring-euch-alle-um-Blick Voldemorts auf, und begann mit schnarrender Grabesstimme Unheil zu verkünden. „Du gehst jetzt heim, Malfoy. In der Schule siehst du mich wohl ein Weilchen nicht, aber im September, da haben wir ein Date vor Gericht. Da triffst du dann auch auf andere, alte Bekannte", den Bruchteil einer Sekunde lang, flachte Hermines Nase ab, ihre Haut erbleichte und die Augen glimmten wie glühende Kohlen aus einem Totenschädel hervor, „die schon auf euch warten, und die sich freuen, euch zu sehen.“ Draco, der Hermines Illusion zweifellos als Voldemort erkannt hatte, warf sich panisch schreiend zur Seite, stolperte über die verwirrte Pansy, drehte sich noch einmal um und rannte, Pansy unsanft am Oberarm hinter sich herzerrend, davon. Böse auflachend genoss Hermine das nun schon bekannte Höhegefühl, das mit den dunklen Zaubern einherging, während sie den beiden Flüchtenden mit beiden Händen hinterherwinkte. „WAS WAR DAS DEN?“, stieß Ron, ebenfalls vollkommen verwirrt, gepresst hervor. Hermine sah in die Gesichter ihrer Freunde, die nur ein klein weniger verängstigter waren als die von Pansy und Draco. „Ja, Hermine“, fand nun auch Harry wieder Worte „Was…woher…woher weißt du denn von Pansy? Wo hast du das denn her?“ Auch Ginny wich leicht zitternd vor ihr zurück, als Hermine nun wieder bei den drei Gryffindors stand. „Und welche alten Bekannten trifft er denn, Komma weg bei dem Prozess?“, forderte die Rothaarige die Brünette zu einer Antwort heraus. Ron machte auf einmal ein Gesicht, als ob er soeben den unwiderlegbaren Beweis erfahren hätte, dass eins und eins zwanzig ist. „Alte Bekannte? Pansy…Malfoy impotent? Ich dachte du kümmerst dich um Lucius…aber wieso regt sich Draco so auf, wenn er Lucius sehen soll?“ Ron war vollkommen verwirrt. Lucius, es war ihm zur Gewissheit geworden, dass Hermine Lucius versorgte. Aber dann wäre er doch bei dieser Anspielung nicht so erschrocken? Misstrauisch beobachtete der große, junge Mann, seine Gefährtin. Hermine hingegen setzte ihr, jahrelang erprobtes, „Ich-weiß-etwas-das-du-nicht-weißt“ Gesicht auf und lächelte ihre Freunde an, die ihre Antwort ungeduldig erwarteten! „Jaaaaa…das glaubt IHR. Aber ICH habe nie von Lucius gesprochen, und nun lasst es gut sein.“ Harry, geistesabwesend über seine Narbe streichend, wollte sich aber nicht so einfach geschlagen geben. „Das ist typisch für dich, Hermine. Du hast etwas herausgefunden, und willst uns nicht sagen, was. Warum machst du immer nur Andeutungen, und sagst es uns nicht? Ist es denn jemand, der die Malfoys gut kennt? „Besser zumindest, als diesen Leuten lieb sein dürfte.“ Hermine lächelte ihr besserwisserisches Lächeln. Ja, was sollte sie lügen, mehr zu wissen als die rätselnden anderen, das hatte ihr schon immer eine diebische Freude bereitet. Und wenn sie jetzt sah, wie die Gehirne von Harry, Ginny und Ron vor Anstrengung zu rauchen begannen, wie sie krampfhaft überlegten, wer um alles in der Welt den Hermines geheimnisvoller Schützling sein könnte, da konnte sie nicht anders, sie genoss ihren Wissensvorsprung. Aber dass sie so eben Legilimentik anwandte, das erwähnte sie wohl besser doch nicht. Genau wie sie beschlossen hatte, auch alle anderen neu erlernten Zauber, einem Studienfernkurs zuzuschreiben. Doch Ron, der das Spiel kannte, ging es allzu offensichtlich auf die Nerven. „Und, wie sieht´s aus? Dürfen wir es irgendwann auch mal erfahren, wer es ist, und woher er oder sie Malfoys Sexualleben kennt?“ So überlegen sie sich eben gefühlt hatte, so tief wurde sie bei diesem so beiläufig gemeckerten Satz hinunter gezogen. „Ja, natürlich. Ihr habt es doch gehört. Der ist bei den Todesserprozessen dabei, wo Harry aussagen wird“, murmelte Hermine schwach. Ja genau, an dem Tag würde alles auffliegen, würde eventuell ihre Freundschaft und ihre Beziehung zerbrechen. Und der Grund für all das, würde schon kurz darauf sterben. Obgleich sie dies vor kurzem noch, bei der Horkruxjagd, so sehnsüchtig erwartet hatte, so überraschend war nun die Erkenntnis, dass sie bei diesem Gedanken tatsächlich Trauer verspürte. Es war nicht einfach unangenehm, nein, es tat ihr Leid. Sie hatte Angst davor, dass sie ihre Freunde verlieren würde, wenn sie hinter ihr Geheimnis kamen, doch der Gedanke an das, was NACH dem Prozess kam, das ängstigte nicht weniger. „Kommt, wir gehen jetzt. Ich muss morgen arbeiten. Ich darf euch ja doch nichts sagen, aber ihr erfahrt es schon noch. Versprochen.“ Es hatte wohlwollend und beruhigend klingen sollen, doch Hermine musste ihre Freunde nicht ansehen um zu wissen, dass sie sich untereinander sorgenvolle Blicke zuwarfen. Was immer sie auch dachten oder ahnten, allen vieren war klar, dass dieser Prozess nichts Gutes für ihre Freundschaft bedeuten würde. Doch das Stichwort zum Aufbruch war gegeben, und die vier Freunde machten sich mit hängenden Köpfen und grüblerischen Mienen auf den jeweiligen Heimweg. Als sie am nächsten Tag zu ihrem Patienten kam, ging ihr der Gedanke immer noch im Kopf herum. Dieser Prozess würde voraussichtlich in der vollstreckten Todesstrafe enden. So sollte Gerechtigkeit aussehen. Wenn Hermine doch nur wüsste, wie sie sich dabei fühlen sollte. Voldemort saß auf seinem Bett und fütterte spielerisch die Katze, die Hermine, nachdem sie durch einen, von ihm gelernten, Desillusionierungszauber für kurze Zeit unsichtbar wurde, in sein Zimmer geschmuggelt hatte. Es war nicht das erste Mal, dass die Katze in Krankenhauskeller war. Nachdem sich Hermine und ihr Patient halbwegs versöhnt hatten, war sie wieder in Stimmung gekommen, ihrem Schützling etwas Gutes zu tun. Er mochte diese Katze. Wenn sein kaltes Herz dazu in der Lage war, überhaupt irgendetwas zu mögen, dann sollte man das unterstützen. Und wenn sie nun an Nagini dachte, was sie eigentlich ungern und nur mit einer Gänsehaut tat, dann schienen ihm Tiere mehr zu liegen als Menschen. Es war nicht schwer, die Katze per Anlock-Zauber zu sich zu rufen. Danach musste die Katze nur noch unsichtbar gemacht und gelähmt werden. So konnte sie das Tier mitnehmen. Im Zimmer angekommen, wurden die Banne von der Katze abgenommen und der rote Streuner durfte sich umsehen. Sie hatte etwas Katzenfutter besorgt und ihr Kind hatte mit ein paar Schnüren und Alufolienbällchen recht brauchbare Katzenspielzeuge gebastelt, als Hermine taktvollerweise die Betten frisch gemacht hatte. Mit dieser Katze konnte er sich überraschend gut verweilen. Zwar immer nur, wenn Hermine so tat, als wäre sie abgelenkt, doch konnte sie wirklich zum ersten Mal so etwas wie Spaß in seinen Augen erkennen. Manchmal, wenn Hermine ihm sagte, dass der Kater eine Maus gefangen hatte, dann nannte er ihn „Killer“ und dabei, Hermine hätte ihrem Kind dafür gerne ein Bonbon geschenkt, sah er richtig stolz aus. Wenn sie ging, dann nahm sie die Katze wieder mit. Hermine nahm den Kater, den er – nicht gerade orginell - „Kater“ genannt hatte, nicht jeden Tag mit, nur zwei bis drei Mal die Woche…und heute war eben einer dieser Tage. Die Katze tobte im Zimmer umher und versuchte ein paar Katzenleckerbissen zu fangen, die der große, bleiche Mann, der in der Mitte des Zimmers auf seinem Bett sass, zuwarf. Dann brach der Jagdinstinkt durch, der kleine Tiger sprang zu ihnen auf das Bett, verbiss sich in Voldemorts Hand und scharrte mit den Hinterbeinen gegen seinen Arm. Er, der Lord, beachtete das possierliche Spiel kaum. Nur manchmal, wenn er wohl das Gefühl hatte, dass Hermine wegsah, dann spielte er das Kampfspiel mit und kraulte dem Tier danach die Ohren. Aus diesem Grund versuchte die junge Frau, die mit dem Mann auf dem Bett saß, so oft wie möglich aus dem Fenster zu sehen, damit ihr Kind ungestört mit seiner Katze spielen konnte. Aber im Moment war die junge Gryffindor eh abgelenkt, denn in schillernsten Farben, geradezu gefährlich gestikulierend, erzählte sie, wie leicht ihr gestern die Legilimentik gefallen war, und wie erschreckt die Ausspionierten reagiert hatten. Ihr Meister mochte es, wenn sie ihm von solchen Dingen erzählte. Das erkannte sie daran, dass er sie nicht unterbrach und sie nicht ganz so herablassend ansah, wie sonst. Natürlich schmeichelte es seiner Eitelkeit, wenn sie bewies, wie viel sie durch seinen Unterricht gelernt hatte. Jedoch schien die Tatsache, dass Hermine ausgerechnet Draco Malfoy zum Übungsobjekt erkoren hatte, auf besonders viel Gegenliebe zu stoßen. „Das hat gut getan, nicht wahr?“, erkundigte er sich, nachdem sie mit dem Bericht ihrer Heldentat geendet hatte. „JA! UND WIE! Es war gemein, aber das hat er sich einfach schon lange mal von mir verdient“, erwiderte Hermine, im Brustton der Überzeugung. Voll Stolz zu ihrem Gegenüber gewandt, hob sie die geballte Faust in die Luft und triumphierte. „Hermine Granger wird sich nichts mehr gefallen lassen.“ BUMM! Donnerte ihre Faust zur Bekräftigung mit voller Wucht auf das Bett, was den armen Kater das Weite suchen ließ. Einen kurzen Moment verzog Voldemort daraufhin tadelnd das Gesicht, doch als sich ihre Augen trafen, stellte Hermine mit grenzenlosem Erstaunen fest, dass er sie tatsächlich anlächelte. Nicht zynisch, sondern wie ein stolzer…Vater? Oder doch unbestimmt anders? Die so ungewohnte Gesichtsmimik ließ den Schlangengesichtigen fast wie einen normalen Menschen aussehen. Doch, man musste es zugeben. In letzter Zeit kamen sie und ihr Schützling besser miteinander aus. Ob das nun auch wieder nur ein Versuch war, sie zu manipulieren? Wer konnte es sagen? Lord Voldemort hatte viele Gesichter, wenn es ihm nützte. Aber auch wenn dies Kalkül sein sollte, dann war es trotzdem eine angenehme Abwechslung zu dem, was sie bisher durchgemacht hatte. Und aus diesem Grund, lächelte Hermine zurück. Die skelettartige, weiße Hand hob sich und Hermine fürchtete schon, dass er sie wieder schlagen oder ihr irgendetwas anderes antun wollte. Erschrocken fuhr sie keuchend zusammen, zog die Schultern hoch und wollte von ihm wegrücken, als sie auch schon die kalte Berührung seiner Finger auf ihrem Kopf spürte und er sie…tätschelte. Einen Moment lang, während sich ihre Nackenhaare sträubten und ihr ganzer Körper mit einer Gänsehaut überzogen wurde, konnte sie den sanften Druck von allen fünf Fingern spüren, die noch immer auf ihrem Hinterkopf ruhten. Bis die Hand in Zeitlupe nach unten gezogen wurde, in ihrem Nacken verhaarte und sie die sanfte Berührung seines Zeigefingers spürte, der sich in ihren buschigen Haarschopf grub, leicht eine Locke zur Seite schob, auf ihre Haut traf, vom Nacken zu der Kehle entlangwanderte, und dann mit leichtem Druck zurückstrich. Hermines Körper verkrampfte sich. Diese kleine Berührung eines einzigen Fingers, der ihr wie eine Zungenspitze den Hals entlang glitt, das zarte Kitzeln dass ein Fingernagel hinterlies, der auf ihrer Haut eine unsichtbare Spur nach sich zog, ließ der jungen Gryffindor das Blut in den Adern gefrieren. Fast glaubte sie, vor Schreck in Ohnmacht fallen zu müssen. Jedoch verschwand die Hand genauso schnell, wie sie aufgetaucht war und doch hinterlies sie ein Kribbeln, das wie das Echo einer Berührung auf ihrer Haut nachhallte. Vollkommen verwirrt suchte sie seine Blicke, doch er mied die ihren und schien nun wieder nur noch Augen für den kleinen Kater zu haben, der es sich erneut schnurrend zwischen den Beiden, auf dem Bett, bequem gemacht hatte. Doch wenn man ganz genau hinsah, dann konnte man immer noch ein sanftes Lächeln erahnen. Unschlüssig was sie von soviel, etwas Besseres als Nicht-Hass fiel ihr dafür im Moment nicht ein, halten sollte, beschloss sie so zu tun, als wäre nichts gewesen. Und schleunigst nach Hause zu gehen, das vor allem. Die Augen beschämt zusammengekniffen und der Mund nur noch ein schmaler Schlitz, fand sie nur langsam ihre Fassung wieder. „Ich…ich gehe dann jetzt. Ich nehme den Kater wieder mit. Wir sehen uns morgen“, Stammelte Hermine so kläglich, dass sie ihre einschüchternden Worte von gestern Abend fast selbst für eine Illusion hielt. Hastig klaubte sie alle Dinge zusammen, die sie auf dem Schiebewagen wieder mit nach draußen nehmen musste, schnappte den bewegungsunfähigen, nun unsichtbaren Kater, und polterte, eilig wie seit langsam nicht mehr, hinaus in die Freiheit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)