Der ewige Göttername von Flordelis ================================================================================ Kapitel 23: Die Begegnung ------------------------- Neben seiner Arbeit hatte Zetsu die letzten Tage damit verbracht, Leana beim Lernen zu helfen. Er konnte wirklich nicht sagen weswegen, aber je mehr Zeit er mit ihr verbrachte desto mehr schloss er sie in sein Herz. Normalerweise war er niemand, der so etwas tat, er hielt sich von Menschen fern und ersparte sich damit jede Form der Enttäuschung. Aber obwohl er wusste, dass sie etwas vor ihm verbarg und er eher wenig über sie wusste, übte sie eine gewisse Form der Faszination auf ihn aus. Nur manchmal fand er es deprimierend, dass sie wohl niemals dasselbe wie er empfinden würde. Wie so oft in den letzten Tagen saßen sie zusammen in der ansonsten leeren Bar, tranken Tee und lernten, während Yuuto hinter dem Tresen für Ordnung sorgte. Leana machte erstaunlich schnelle Fortschritte, vergaß aber auch oft wieder bereits gelernte Zeichen, wenn sie längere Zeit nicht vorgekommen waren. Zetsu konnte es ihr nachfühlen, genauso war es ihm ergangen, als er damit angefangen hatte. Aber das war schon um einiges länger her und er war um einiges jünger gewesen. Leana seufzte plötzlich. „Ich bekomme das nie in meinem Kopf.“ „Sag doch so etwas nicht“, erwiderte Zetsu sanft. „Es ist nicht leicht, ich weiß, aber du kriegst das schon hin. Sei nicht so negativ eingestellt.“ „Du hast leicht reden“, bemerkte sie mürrisch. Er lächelte unvermindert. „Was ist denn mit deiner Schwester? Kann die dir nicht helfen?“ „Die hat genug mit ihrer Arbeit zu tun, aber deine Hilfe war ja dein Vorschlag.“ Zetsu nickte verstehend. „Dann lass sie nicht vergebens gewesen sein.“ Widerwillig beugte sie sich diesen Worten und vertiefte sich wieder in ihre Bücher. Während sie lernte und anscheinend nichts um sich herum mitbekam, beobachtete er sie interessiert. Sie sah irgendwie süß aus. Beim Lesen bewegte sie lautlos ihre Lippen, um das Gelesene auch richtig aufzunehmen. Er schmunzelte leicht, als er den Gedanken von sich schob. Für so etwas war keine Zeit, auch wenn er ihr liebend gern noch näher gekommen wäre. Plötzlich räusperte Yuuto sich. „Akatsuki, musst du nicht langsam los? Du sagtest vorhin, dass du einen wichtigen Termin hättest.“ Zetsu warf einen Blick auf seine Uhr und erhob sich fluchend. „Das hätte ich beinahe vergessen! Danke für die Erinnerung. Leana, wir sehen uns dann morgen, wenn dir das nichts ausmacht.“ Sie schüttelte sofort den Kopf. „Nein, nein, ich hab ohnehin das Gefühl, dass mein Kopf gleich zu rauchen anfängt.“ Er lachte leise. „Der Tee geht heute auf mich. Bis morgen.“ Statt zu antworten, nickte sie ihm nur zu. Mit einem Lächeln verließ er die Bar. Seufzend begann sie, ihre Sachen wieder zusammenzupacken, während Yuuto sich bereits die leere Tasse von Zetsu nahm. „Ich dachte, du kannst ihn nicht leiden“, bemerkte er dabei am Rande. „Was geht dich das an?“ Er zuckte mit den Schultern. „Gar nichts. Ich meinte nur.“ Damit ging er wieder hinter den Tresen zurück. Leana knurrte leise. Idiot. Ohne sich zu verabschieden verließ sie die Bar. Am Abend saß Zetsu gelangweilt auf einer Bank im kleinen Park des Gebietes, auf das er aufpassen musste. Seit Nozomu die Stadt verlassen hatte, war nichts mehr geschehen, was seiner Langeweile nicht unbedingt gut tat. Nanashi saß neben ihm auf der Rückenlehne der Bank und sah sich um. Das Schweigen, das zwischen ihnen herrschte, ließ beiden Platz für ihre eigenen Gedanken. „Mhm, Meister, ich muss Euch da noch etwas erzählen.“ „Was denn?“, fragte er ohne sie anzusehen. „Als Ihr Fieber hattet und Leana sich um Euch gekümmert hat-“ Eine Explosion schnitt ihr das Wort ab. Euphorisch stand Zetsu auf. Endlich gab es etwas zu tun! „Lass uns gehen, Nanashi! Das riecht nach Arbeit!“ Seufzend schwebte das Shinjuu nach oben. „Okay, dann gehen wir.“ Es dauerte nicht lange, bis sie den Ursprung der Explosion gefunden hatte. Hastig verbarg Zetsu sich hinter einer Häuserwand und sah hinüber. Yuuto stand einem weißhaarigen Jungen gegenüber. Auch Zetsu hatte ihn schon öfter gesehen. Also IST Yuuto ein Shinken-Träger. Und ich hatte gehofft, der andere Kerl wäre schon tot... „Das ist Shun, ein Mitglied des Zerstörungskomitees!“ Nanashis Stimme wirkte gehetzt und angsterfüllt. Der Silberhaarige schmunzelte. „Du musst doch keine Angst vor ihm haben. Schon unsere letzte Begegnung vergessen?“ „Natürlich nicht...“ Wie könnte sie so etwas nur vergessen? „Und bislang sieht er uns ja nicht.“ Zetsu sah wieder zu den beiden Kontrahenten hinüber. Inzwischen standen sich auch ihre Shinjuu gegenüber. Aselias Gesicht war vollkommen neutral, während das von Uruca ein schadenfrohes Grinsen zierte. Die Luft war geradezu mit Spannung geladen. Shun hob den Arm. Uruca verschwand, Aselia hob ihre Klinge. Ein lautes Geräusch ertönte, Funken sprühten. Im nächsten Moment war der schwarze Spirit wieder zu sehen. Ihr Schwert war auf das von Aselia getroffen. Nanashi schluckte, als sie wieder an ihre erste Begegnung mit Shun und Uruca zurückdachte. Ein wenig ratlos blickte Zetsu auf das silbern glänzende Schwert hinunter. „Ich glaube, daran werde ich mich nie gewöhnen.“ Sein Shinjuu seufzte schwer. Wie konnte er nur so begriffsstutzig sein? Eigentlich hatte sie erwartet, mit Zetsu Akatsuki keine Probleme zu haben, sobald er erwacht war, aber offensichtlich war das reines Wunschdenken gewesen. Oder er stellte sich nur so dumm. „Meister...“ - wie sehr hasste sie es, ihn so nennen zu müssen - „verlasst Euch einfach auf 'Gyouten', es wird Euch sagen, wie es zu führen ist.“ „Ich wills hoffen.“ Idiot. Wie hatte ihr großartiger und starker Meister nur in so jemandem wiedergeboren werden können? „Dann komm jetzt.“ Ungeduldig schwebte sie voraus. Zetsu folgte ihr ein wenig langsamer. Er spürte, dass er ihren Unwillen auf sich gezogen hatte, aber er konnte ja nichts daran ändern. Nach wenigen Metern hielt Nanashi wieder inne. „Auch das noch.“ „Was ist?“, fragte er. „Da ist noch ein Shinken-Träger – scheint einer von der erfahrenen Sorte zu sein. Anders als Ihr.“ Sie warf ihm einen spöttischen Blick zu, den er mit einem verlegenen Lächeln beantwortete. Tatsächlich erklangen Schritte und im nächsten Moment stand ein weißhaariger Jugendlicher in seinem Alter vor Zetsu. Der Junge bleckte seine Zähne. „Na sowas. Wen haben wir denn da?“ Der Silberhaarige trat einen Schritt zurück. „Wer bist du?“ „Ich bin Shun Akitsuki, Meister des Shinken 'Chikai' – und du?“ Zetsu warf Nanashi einen verunsicherten Blick zu. Sie seufzte wieder. „Das hier ist Zetsu Akatsuki, Meister“ - sie hielt für einen Moment inne und machte ein gequältes Gesicht - „des Shinken 'Gyouten'.“ „Interessant“, bemerkte Shun. „Dann wollen wir doch mal sehen, wie gut du mit deinem Shinken umgehen kannst, mein Freund.“ Bevor Zetsu die Worte verarbeiten konnte, sah er seinen Gegenüber bereits angreifen. Reflexartig riss er sein Shinken hoch. Gerade noch rechtzeitig wehrte er damit Shuns Klinge ab. Der Weißhaarige griff immer weiter an und drängte seinen Feind damit zurück. Immer wieder wehrte Zetsu die Angriffe ab, auch wenn es ihm mit jedem Mal schwerer fiel. Was soll ich nur tun...? „Überlass das mir.“ Die Stimme in seinem Inneren erschreckte ihn. Sie klang so ähnlich wie seine, aber doch lauerte etwas darin, was ihm Angst machte. Er versuchte, sich zu wehren, doch wer immer dieser andere war, er war um einiges stärker. Im nächsten Moment hatte er seinen eigenen Körper nicht mehr unter Kontrolle. Dafür wehrte er die Angriffe nicht mehr nur ab, sondern erwiderte ebenfalls. Shun knurrte, während er nun seinerseits zurückgedrängt wurde. „Uruca!“ Sein ebenfalls weißhaariges Shinjuu erschien. Mit einem Grinsen zog der Spirit sein Katana und griff ebenfalls an. Zetsus Augen konnten gar nicht so schnell folgen wie die Angriffe kamen, doch diese Person in ihm reagierte schneller als er. Egal wie schnell die Attacken erfolgten, er wehrte jede einzelne erfolgreich ab. Mit einer heftigen Bewegung aus dem Handrücken, schlug er beiden schließlich ihre Waffen aus der Hand. „Na, wer ist jetzt im Vorteil?“ Shun fluchte leise. „Er ist einer von denen, auch das noch. Verschwinden wir, Uruca!“ Sie nickte zustimmend. Während sie einfach verschwand, fuhr Shun herum und lief davon. Zetsu sah ihm zufrieden lächelnd hinterher. Nanashi schwebte zu ihm hinüber. „Meister...“ Er sah sie an, sein selbstsicheres Lächeln versicherte ihr, dass er endgültig nicht mehr derselbe wie zuvor war. „Meister, ab sofort kann ich Euch mit Stolz so nennen.“ Sie strahlte geradezu, während sie diese Worte sagte. Zetsu lachte leise. „Das will ich doch hoffen. Lass uns gehen, wir sind für heute fertig.“ „Er wusste genau, dass ich mal ein Gott war. Er wird sich bestimmt nicht mit uns anlegen.“ „Wenn Ihr das sagt, Meister.“ Mit einem heftigen Schlag schleuderte Aselia Uruca gegen einen Baum. Der schwarze Spirit löste sich in Manafunken auf. Siegessicher wandte Yuuto sich an Shun. „Scheint als ob du verloren hättest.“ Der Weißhaarige erwiderte nichts, sondern trat die Flucht an. Genau wie ich es erwartet hatte. Unbemerkt entfernte Zetsu sich wieder von dem Kampfplatz. Langsam lief er den Weg entlang. „Also ist Takamine wirklich ein Shinken-Träger und er gehört zum Errettungskomitee. Wie ich es mir gedacht habe. Aber was will er dann von mir?“ In Gedanken versunken schwebte Nanashi neben ihm her. „Das ist eine gute Frage. Ich werde versuchen, das herauszufinden.“ „Aber vorher will ich wissen, was du mir vorhin erzählen wolltest“, erinnerte er sie wieder. Sie nickte heftig. „Oh ja, genau! Als Ihr verletzt wart, habt Ihr doch Fieber bekommen.“ Bei der Erinnerung daran verzog er sein Gesicht. „Nun... Leana kam doch, um Euch zu helfen, nicht? Könnt Ihr Euch nicht mehr daran erinnern, was sie da getan hat?“ Zetsu runzelte seine Stirn. „Sie hat meine Verbände gewechselt und mir Suppe gegeben?“ „Nein, davor.“ Diesmal schüttelte er den Kopf. Er konnte sich an nichts erinnern, was während seines Fieberdeliriums passiert war. „Sie hat...“ Nanashi zögerte für einen Moment, bevor sie fortfuhr: „Sie hat einen Zauber bewirkt, mit dem sie Euch geheilt hat.“ Zetsu blieb ruckartig stehen. „Was?“ Sie nickte, um ihre Worte zu unterstützen. Dennoch sah er sie ungläubig an. „Das würde ja bedeuten, dass sie auch eine Shinken-Trägerin ist.“ „Korrekt.“ Er legte eine Hand an sein Kinn, sein Blick ging ins Leere, während er nachdachte. Ob sie bereits erwacht ist? Und wenn ja, gehört sie einer Gruppe an? Vielleicht schließt sie sich ja uns an... aber wie soll ich sie darauf ansprechen? Nanashi wartete geduldig, bis Zetsu wieder aus seiner Starre erwachte. „Reden wir ein andermal darüber. Gehen wir lieber nach Hause, ich bin müde.“ „Ja, Meister!“, rief sie euphorisch. Sie setzte sich auf seine Schulter, die graue Kampfkleidung verschwand wieder. Er lächelte. „Dann gehen wir.“ Gemeinsam verließen sie den Park, froh, den Tag endlich hinter sich lassen zu können. Nicht weit von dem Ort entfernt, an dem Zetsu über Leana gegrübelt hatte, saß Shun auf einer Bank und wartete auf die Person, mit der er dort verabredet gewesen war. Dass Yuuto zwischendurch aufgetaucht war, war nicht geplant gewesen, aber so hatte Shun sich auch ein Bild über die Fortschritte dessen Shinjuu machen können. Aselia war deutlich besser geworden, was auch Uruca ihm bestätigen konnte. Aber das würde Shun nicht davon abhalten, seinen Rivalen eines Tages herauszufordern. Die Schritte der Person, wegen der er hier war, unterbrachen seine Gedanken. Er hob den Blick und sah Leana grinsend an. „Ah, da bist du ja.“ Sie seufzte. „Leider. Bist du für heute fertig?“ Shun nickte. „Du auch?“ „Natürlich. Zetsu hat den Kampf zwischen Uruca und Aselia beobachtet und sein Shinjuu hat ihm erzählt, dass ich auch ein Shinken habe.“ „Woher weiß das Shinjuu davon?“, fragte er mit gerunzelter Stirn. Sie verschwieg, dass sie Zetsu mit ihrer Magie geheilt hatte und zuckte dafür mit den Schultern. „Keine Ahnung. Sehe ich wie ein Hellseher aus?“ An seinem Blick konnte sie deutlich erkennen, dass er ihr nicht glaubte, aber er stellte auch keine weiteren Fragen. „Fein. Ach ja, ich soll dir außerdem sagen, dass unser Boss gerne mal wieder mit dir reden würde.“ „Er kann mit Isolde reden“, erwiderte sie. „Ich mache das bestimmt nicht.“ Entschieden schüttelte er mit dem Kopf. „Nein, nein, er hat ausdrücklich darauf bestanden, mit dir zu reden. Er erwartet dich morgen Abend.“ Ein plötzlicher Anfall von Ekel und Widerwillen überkam Leana, aber sie nickte. „In Ordnung.“ Ich finde schon einen Weg, da wieder rauszukommen. Shun grinste. „Gut, das war alles. Man sieht sich dann.“ Als er außer Sichtweite war, erschien Isolde, die mit den Augen rollte. „So ein Widerling.“ „Zum Glück muss ich nicht für immer mit ihm zu tun haben.“ Leana pustete Luft durch ihre geschlossenen Lippen. „Wir sollten dann auch mal gehen, ich muss morgen noch zum Kendo-Training.“ Isolde nickte zustimmend und ging gemeinsam mit Leana zurück nach Hause. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)