In einer anderen Welt von ahkullerkeks (TaixOC, Koumi, Takari) ================================================================================ Kapitel 6: Rausch ----------------- Okay, das hier hat ein bisschen auf sich warten lassen. Allerding hoffe ich es für die, die es vielleicht noch lesen werden, auf eine gewisse Art und Weise wieder gut zu machen. In diesem Kapitel. Mit mehr Action. Hust. ~ Nachdem Tai mir freudig mitgeteilt hatte, er würde ein Haus durch sein winziges Fernglas sehen, hatte er dummerweise vergessen zu erwähnen, dass dieses Haus selbst durch die vergrößerte Ansicht nicht größer war als ein sanft angehauchter Punkt eines Bleistifts, der nur für den Bruchteil einer Sekunde aufs Papier gedrückt wurde. Das erfuhr ich auf die schmerzhafte Art, nachdem wir schon einige Stunden durch die merkwürdig angenehme Hitze der nicht allzu ausdürstenden Wüste gelaufen waren. Mein Magen grummelte schon in einem fünf-Sekunden-Takt und Terriermon hing wie ein nasser Sonnenhut auf meinen Schultern, die großen Ohren ab und zu schwingend, um uns beiden ein wenig Luft zuzufächeln. Tai selbst schien untypisch schlecht gelaunt geworden zu sein. Seine Augenbrauen entspannten sich nicht ein einziges Mal, seitdem sein Magen sich das erste Mal mit einem animalischen Knurren zur Erkenntnis gegeben hat. Schon eine ganze Weile sagte niemand von uns mehr etwas, denn es gab nicht allzu viel auszutauschen. Mir war bewusst, wir kannten uns eine wirklich erschreckend kurze Zeit, doch mit ihm hatte ich mehr geredet als mit meinen eigenen Eltern. Und das musste schon etwas bedeuten. Oder etwa nicht? Jedenfalls schien Agumon der einzige, der noch immer guter Dinge war, selbst wenn sein Bauch die lautesten Geräusche von sich ließ. Es kicherte dann immer über sich selbst und schaute mit niedlichen, rosanen Wangen zu mir hoch, als wäre ein grummelnder Magen etwas, weswegen er sich vor mir schämen müsste. Ich tippte darauf, dass seine Verlegenheit damit zu tun hatte, dass wir uns nicht wirklich kannten. Agumon hatte mit all den anderen diese Wahnsinns-Abenteuer durchlebt und dann kam ich daher mit meiner billigen Kleidung und meinen Hexenhaaren und es bliebt natürlich direkt bei mit stecken. Nun ja, wenigstens schien es sich gut mit Terriermon zu verstehen, das war schon mal ein Trost. Zwar ein relativ kleiner Trost, aber immerhin etwas. „Trügen mich meine Augen?“, sagte Tai plötzlich mit einem theatralischen, und überraschend energiegeladenen, Heben seines Arms. Er hielt sich die Hand über die Augen, als könnte er so besser erkennen was vor uns lag. „Oder erblicke ich dort vorne tatsächlich ein Gemäuer?“ Ich schmunzelte und folgte seinem Blick. Und tatsächlich! Es war mir nicht klar gewesen, wie überaus erleichtert ich sein konnte. Wie ein tonnenschweres Gewicht fiel die nagende Sorge von meinem Herzen, dass das Haus vielleicht wirklich nur eine Fata Morgana hätte gewesen sein können. Doch nun sah ich es mit eigenen Augen. Noch einige Meter von uns entfernt stand mitten in der Wüste ein so prunkvoll gestaltetes Haus, dass mir direkt auffiel, wie schmutzig und stinkig ich eigentlich war. „Ehm“, machte ich und strich mir unbewusst über die staubige Kleidung, „ich glaube, du hast vergessen zu erwähnen, dass es sich bei diesem Haus weniger um ein Haus handelt, als um eine Villa.“ Tai’s Blick huschte zu mir hinüber und ich konnte die unbändige Erleichterung auch in dem tiefen Braun seiner Augen erkennen. „Ist das etwa wichtig?“ „Schon irgendwie. Glaubst du jemand, der in so etwas wohnt, wird uns reinlassen? Wir sehen aus wie heruntergekommene Vagabunden!“ „Hey, sei doch nicht so hart“, sagte Tai und legte überraschend eine Hand an meine Wange. „Ich finde, ich sehe umwerfend aus.“ Er musste doch sicherlich spüren, wie das Blut in mein Gesicht gepumpt wurde? Das plötzliche Zurückziehen seiner Hand antwortete mir diese Frage und ich spürte, wie mir die Hitze zu Kopf zu steigen drohte. „Idiot“, murrte ich und wandte mich von ihm ab. Terriermon begann nun aufgeweckter mit den Ohren zu schlagen, beinahe als wollte es abheben und sofort zu der Villa hinüber fliegen. Ich konnte beinahe spüren, wie sein kleiner Körper auf meinen Schultern bebte und hob einen Arm, um beruhigend die Hand auf seinen Kopf zu legen. „Alles klar bei dir, Kumpel?“ Ich war mir ziemlich sicher eine Antwort bekommen zu haben, doch meine Aufmerksamkeit wurde ab dem Moment von Terriermon gelenkt, als Tai anfing, sich auszuziehen. Augenblicklich blieb ich wie erstarrt stehen, die Augen so weit aufgerissen, dass die trockene Luft sie zum tränen brachte, und doch konnte ich nicht wegsehen. Tai und Agumon waren einige Schritte vor Terriermon und mir und Tai hatte zuerst das Hemd ausgezogen, und dann schließlich das Sweatshirt. Ich konnte, Gott sei Dank, nur seinen Rücken sehen, doch das war schon zu viel für meinen schwachen Blutkreislauf. Mir war vorher nicht aufgefallen wie unglaublich braun Tai eigentlich war, nicht bevor ich nun seinen überraschend muskulösen Rücken gesehen hatte. Seine Haut glänzte ein wenig, was nicht weiter merkwürdig war, denn es war schon ziemlich warm und so dick wie er vorher angezogen gewesen war, wunderte es mich nicht, wenn er schwitzte. Die Haut straffte sich über seine Schulterblätter als er sich vorbeugte, um Agumon das Hemd zu geben, welches er theoretisch hätte sofort aufgeben hätte können. Mein Kopf war dem Platzen nahe als mir auffiel, wie glatt der Übergang seiner Schultern zu den Armen war, wie klar zu sehen die Linie seiner Wirbelsäule, die bis hinunter zum Hosenbund reichte und- Nein! Es reichte! Oh Gott, was war nur aus mir geworden? Bevor ich Tai getroffen hatte, hatte ich nicht einmal so viel wie Blickkontakt zu einem Jungen und nun stand ich hier und nahm mir das Recht einen Jungen der Wow-Sorte zu vergegenständlichen? Seinen Körper wie ein hechelndes Fangirl zu bewundern? Ich fühlte mich so…unglaublich…unglaublich… Tai wandte sich um und schaute mich an, was wirklich die schlimmste Idee war, die er hätte haben können, während er mit unbedecktem Oberkörper vor mir stand. Ich glaube, in dem Moment war mir sogar schwindelig von dem ganzen Blut in meinem Kopf. Auf einmal konnte ich die ganzen Frauen in alten Filmen und Serien verstehen, die beim Anblick ihrer Geliebten in Ohnmacht fielen. Doch ganz so tief wollte ich nicht sinken, weswegen ich mich eilig umwandte. Natürlich hatte ich nicht bedacht, wie seltsam das für Tai wirken könnte, doch wirklich, hatte ich nicht andere Sorgen? „Moe?“, hörte ich ihn fragen und selbst seine Stimme hatte einen beinahe lächerlichen Effekt auf mich. „Moe, alles in Ordnung? Ist es die Hitze? Ist dir schwindelig?“ Terriermon wandte sich auf meinem Kopf ihm zu. „Komm nicht näher“, sagte es in einem warnenden Ton. „Was denkst du dir denn dabei, doch einfach auszuziehen? Willst du etwa da halbnackt vor der Tür stehen und anklopfen?“ „Es ist einfach zu heiß“, erwiderte Tai abwehrend. „Du hast es natürlich gut, du hast deine Flügel und bist prinzipiell nackt, während ich hier mit zehntausend verschiedenen Schichten herumlaufen muss.“ „Ich kann dein Hemd auch trocknen, Tai“, schlug Agumon vor. In dem Moment hätte ich den kleinen Dino am liebsten in eine knochenbrechende Umarmung gezogen. „Dann ist es wenigstens nicht so unangenehm, dich wieder anzuziehen.“ Und somit war ich gerettet. Zwar wagte ich es sogar, mich wieder zu Tai zu drehen, während Agumon noch sein Sweatshirt unter einer kleinen Flamme zu trocknen versuchte ohne es in Flammen zu setzen, doch mein Gesicht verlor unter keinen Umständen seine fieberartige Hitze. Besonders nicht, weil Tai nicht gerade behilflich dabei war, während er sich den Schweiß mit dem anderen Hemd vom Oberkörper zu wischen versuchte. Terriermon kicherte und ich hegte den starken Verdacht, es fand krankhafte Freude an meinem Leiden. Dann endlich, endlich, war Tai wieder vollständig bekleidet, völlig unwissend, was für einen Effekt er auf mich gehabt hatte. Immer noch hatte. Doch er grinste mich nur an, mit diesem müden Leuchten in seinen Augen, und hielt mir eine Hand hin, um mir aufzuhelfen, da ich physisch nicht in der Lage gewesen war, mit während seiner halben Nacktheit auf den Füßen zu halten. Und mir war dabei ziemlich klar, wie schwach ich eigentlich war. Wir setzten unseren Weg also fort, Tais Hand ließ meine dabei nicht los, sondern zog mich eher vorwärts, während das pompöse Gebäude bald in all seiner Pracht vor uns aus einem wahllosen Ort in der Wüste herausragte. Meine Finger fingen merkwürdig zu kribbeln an, als ich über den mit goldverzierten Türrahmen blickte. Würde jemand, der in so einem Palast lebte, wirklich zwei Jugendliche und ihre Digimon bei sich übernachten lassen? Sei es nur für diese eine Nacht, damit wir uns waschen, essen und schlafen konnten ohne am Morgen mit einem schmerzenden Nacken zu erwachen. Merkwürdigerweise gab es allerdings keine Klingel, weswegen Tai die Hand hob, um Anzuklopfen. Doch bevor seine Haut Kontakt mit dem Holz der Tür machen konnte, schwang sie schon nach innen auf und gab es den Weg frei ins Gebäude. Ein Schauer ran meinen Rücken hinab und ich trat automatisch näher an Tai. In der erschreckend leeren Eingangshalle war niemand. Niemand, der uns hätte die Tür öffnen können. Tai schien davon nicht so sehr verstört zu sein wie ich, doch er runzelte die Stirn und trat über die Schwelle. Ich war mir nicht sicher; irgendetwas konnte hier nicht stimmen. Noch hatte ich den Verstand nicht komplett verloren. Ich war mir ziemlich sicher, dass Türen sich normalerweise nicht von selbst öffneten. „Was ist los, Moe?“, holte mich Terriermons Stimme aus meiner Trance. Es war von meinen Schultern gehüpft und stand nun bereits in der Eingangshalle des Geisterhauses. „Geht es dir noch immer nicht gut?“ Bei dem sorgenvollen Ton in seiner Stimme zuckte mein Mundwinkel in die Höhe. Lächelnd schüttelte ich den Kopf. „Nein, alles in Ordnung. Tut mir leid.“ Mit nur einem minimal verdorbenen Gefühl in der Magengrube trat ich ins Haus. Beinahe augenblicklich nachdem ich über die Schwelle getreten war, schlug die Tür hinter mir mit einem Knallen ins Schloss. Ich zuckte erschrocken zusammen und auch Tai, Agumon und Terriermon wandten sich überrascht zu mir um, um zu sehen, was passiert war. Eilig durchquerte ich den Raum, um zu den drei anderen zu gelangen und griff, nur mit mittelmäßig erwärmten Wangen, Tais Hand. Ein verwunderter Ausdruck huschte dabei über sein Gesicht, doch ich schaute ihn nicht lang genug an, um zu sehen, was dann in seinen Augen vorging. Es war mir ein wenig unangenehm meine Schwäche zuzugeben. Denn dieses Gebäude machte mir wirklich Angst. Auf eine Horrorfilmmäßige ein-Mörder-kommt-gleich-mit-einer-Axt-um-die-Ecke Art. Zu viele solche Filme hatte ich mir alleine in der dunklen Wohnung angesehen, um nicht zu wissen, was sonst immer bei solchen Szenarien passierte. Terriermon hüpfte wieder auf meinen Rücken, die Ohren dieses Mal um meine Schultern gewickelt, als versuchte es, mich so zu beschützen, was ein Gefühl der Wärme in mir wachsen lassen würde, wäre das Zittern jeglicher meiner Glieder nicht so allesumfassend in meinen Gedanken. Rechts und links von uns befand sich jeweils ein Türrahmen in den kalkweißen Wänden, deren Helligkeit mir durch das Licht der pompösen Kronleuchter in den Augen brannte. Mir wurde bewusst, dass diese Türrahmen mal wirkliche Türen gehabt haben mussten, denn es waren Angeln dort angebracht, die sinnlos ins Holz genagelt waren. Agumon spähte in den Raum rechts von uns und winkte uns heran. Seine Augen leuchteten und sein Mund war in freudiger Erwartung geöffnet. Tai zog mich hinter sich her, versuchte jedoch offensichtlich mich nicht überholen zu lassen, sodass ich immer im Schutz seines Rückens bleiben würde. Niemals könnte ich in Worte fassen, wie froh und irritiert ich über diese Geste war. „Was zum-“, hauchte Tai als er über Agumon hinweg ins Zimmer schaute und ich merkte sofort, wie die Spannung aus seinen Schultern wich. Wir betraten den Raum und mir fiel als allererstes das riesige, gar königliche Doppelbett in der Mitte des Raumes auf. Es war so breit, dass wahrscheinlich sogar alle von Tais Freunden hinein gepasst hätten, samt ihren Digimon, wenn man diese auf ihre Partner gestapelt hätte. Na gut, vielleicht war dies eine etwas übertriebene Beschreibung, doch es kam mir allerdings so vor. Neben dem Bett befand sich in einer Ecke des Raumes eine Badewonne, bereits gefüllt mit dampfendem blubberndem Wasser, von dem die himmlischsten Gerüche zu uns hinüberströmten. Ich war zwischen einem entspannten Seufzen und schockierten Zischen hin und her gerissen, da dieses Bad wirklich unglaublich anziehend roch, mir jedoch ganz anders wurde bei dem Gedanken, dass es bereits vorbereitet war. Als hätte jemand darauf gewartet, dass wir hierher kommen. In der gegenüberliegenden Ecke zu dem Bad stand ein Wandschrank mit speerangelweit geöffneten Türen. Darin befanden sich unzählige Kleider und andere Dinge zum Anziehen, doch Tüll und Seide und irgendein anderes bauschiges Zeug verdeckte jegliche Kleidung, die vielleicht wirklich tragbar gewesen wäre. Mir wurde flau im Magen. „Habt ihr euch vielleicht vorher zu einem Besuch hier angemeldet?“, fragte ich und verfluchte mich innerlich dafür, dass meine Stimme inmitten des Satzes kurz brach. „Eigentlich nicht“, erwiderte Tai. „Aber wenn schon jemand so nett war, so einen Aufwand für uns zu machen…“ Er ließ den Satz unvollendet, doch ich entzog ihm so urplötzlich meine Hand, dass er mir einen Blick schenkte. Mein Gesicht muss Bände gesprochen haben, denn er lachte plötzlich, so wie er es getan hatte, als wir uns kennenlernten, und kam einen Schritt auf mich zu. Mir blieb beinahe das Herz stehen als er mein Gesicht zwischen seine Hände nahm und mir fest in die Augen sah. „Du brauchst keine Angst zu haben“, sagte er, seine Stimme klang merkwürdig verändert. Doch nicht negativ verändert, sondern eher so, dass wieder Blut meinen Hals hinauf kroch. Doch selbst als die Wärme zu seinen Fingern durchdringen musste, ließ er nicht von mir ab. Ein Ausdruck trat in seine Augen, den ich nirgendwo zuordnen konnte, der meine Fingerspitzen jedoch in merkwürdiger Erwartung prickeln ließ. „Ich bin hier, okay? Niemand wird dir etwas tun können.“ „T-Tai“, versuchte ich zu wiedersprechen, doch meine Stimme klang so erbärmlich, dass ich den Versuch gleich wieder aufgab. Er musste doch wissen, was er für einen Effekt auf mich hatte, oder nicht? War es nicht mehr als offensichtlich wie überaus lächerlich ich mich in seiner Gegenwart benahm? Wie überaus untypisch meines eigenen Charakters? Seine Finger strichen sanft über meine Wangenknochen, so leicht wie ein Windhauch. Er lächelte leicht. „Terriermon wird bestimmt auf dich aufpassen, während du dieses Bad da nutzt. Ich bin mir sicher, dir wird nichts passieren.“ „Es geht nicht nur um mich, Dummkopf“, murmelte ich und entwand mich eher widerwillig aus seinem Griff. Mein Gesicht brannte. Würde ich mich irgendwann daran gewöhnen? „Und was wirst du währenddessen machen? In diesem Haus rumrennen und nach dem Geist suchen, das offensichtlich vorhat uns alle umzubringen?“ Tai lachte. „Ich wette, hier ist kein Geist, das uns umbringen will.“ „Woher willst du das so genau wissen?“ „Ich weiß es einfach, Moe. Mach dir keinen Kopf. Agumon und ich schauen, ob’s hier irgendwo noch etwas Essbares gibt, mehr auch nicht. Das hier ist die Digiwelt, hier läuft vieles anders als in deiner Welt.“ Ich runzelte die Stirn. „Ist es nicht auch deine Welt?“, fragte ich leise. Für den Bruchteil einer Sekunde schien er überrascht, doch dann trat wieder ein Lächeln auf seine Lippen. Nur dieses Mal wusste ich, dass es nicht ganz ehrlich war. Er strich mir mit dem Daumen kurz übers Kinn, bevor er auch schon Agumon ein Handzeichen gab, ihm zu folgen. Terriermon und ich blieben allein in dem unheimlich großen, dafür aber auch unheimlich leeren, Zimmer zurück. Eigentlich hatte ich nicht nachgeben wollen. Doch die Düfte des Bads schienen intensiver zu werden und ich konnte buchstäblich spüren, wie die Schmutzschicht die Bewegungsfähigkeit meiner Haut behinderte. Seufzend wechselte ich einen kurzen Blick mit Terriermon. Es hob die Ohren an, was wohl einem Schulterzucken gleichkommen konnte und ich kicherte. Wirklich, war ich so müde, dass ich über etwas Derartiges kicherte? Terriermon schien jedenfalls so zu denken, denn es seufzte viel zu schwer, als dass es zu seinem kleinen Körper passen könnte, und schubste mich dann in Richtung der Badewanne. „Ich weiß nicht, Terriermon“, sagte ich, hin und hergerissen. „Es scheint nicht wirklich zulässig, oder? Dass wir in der Wüste landen und plötzlich ein Haus auftaucht, welches sich wie von Geisterhand so eingerichtet hat, wie wir es gerade benötigen?“ „Du sollst nicht alles hinterfragen“, erwiderte es. Ich konnte das unterdrückte Schmunzeln aus seinem Ton heraushören. „Wie Tai gesagt hat, das hier ist die Digiwelt. Es wäre sehr viel merkwürdiger gewesen, wenn jemand die Tür für uns aufgemacht und uns dann auch noch reingelassen hätte.“ „Aber die anderen-“ „Den anderen“, unterbrach es mich, während es mir beinahe die Weste von den Schultern riss, „wirst du müde und hungrig nicht sehr viel nutzen.“ Widerwillig schlüpfte ich schließlich komplett aus meinen Klamotten, doch ein flaues Gefühl im Magen hatte ich doch noch, welches nicht nur vom Hunger herrührte. Die Tatsache, dass Tai jeden Moment durch den türlosen Rahmen kommen konnte, während ich vollkommen entblößt hier stand, machte es mir nicht einfacher, mich auf eine einzige Sache zu konzentrieren. „Nicht, dass ich den anderen in sonst irgendeiner Lage von großem Nutzen sein könnte“, murrte ich, während ich in das erschreckend perfekt geheizte Wasser stieg. Unwillkürlich entfloh ein wohliges Seufzen meiner Kehle. Augenblick verwandelte mein Körper sich in eine Art Pudding, die nur durch meine Haut zusammengehalten wurde. Ich streckte die Arme nach Terriermon aus, das noch immer auf dem Boden stand, den Blick mit einem sehnsuchtsvollen Blick zu mir gerichtet. „Komm her. Du hast auch ein Bad dringend nötig.“ Ohne weiteres Zureden sprang Terriermon zu mir ins Wasser, was eine kleine Welle auslöste, wobei Schaum und einige Tropfen über den Rand der Wanne schwappten und klatschend auf dem gefliesten Boden aufkamen. Das unterschied Terriermon von mir, fiel mir in dem Moment auf. Es machte sich nicht viele Gedanken. Es dachte nicht an Gefahren, sondern lebte im Augenblick und das war es auch, was ich an ihm beneidete. An meinem schönen Digimon. Lachend und plantschend schwamm Terriermon die kurze Strecke von meinen Füßen, bis zu meinem Oberkörper. Es wirkte ein wenig wie ein Hund nun, das kurze Fell stach wie Zacken aus dem Gesicht und von den langen Ohren ab, die an der Wasseroberfläche schwammen und somit den Schaum schneller verschwinden ließen. Im Endeffekt hätte ich nicht sagen können, wie lange wir beide so im Wasser lagen, da es aus einem unheimlichen Grund, über den ich nicht wagte nachzudenken, einfach nicht abkühlte. Allerdings fühlte ich mich irgendwann schon wie eine getrocknete Pflaume und merkte in dem Moment auch endlich, dass ich eine Dummheit begangen hatte. Meine Klamotten waren verschwunden. Meine. Klamotten. Waren. Verschwunden! Ich war kurz davor zu hyperventilieren, doch Terriermon klopfte mir beruhigend auf den Kopf und sprang aus dem Wasser, stärker mit den Ohren flatternd, als es das normalerweise tat. Es war schwerer geworden durch das nasse Fell. Es würde schwerer für es werden zu entkommen, falls nun irgendetwas passieren würde. „Mach dir nicht ständig solche Gedanken“, sagte es mir und hatte dann noch den Nerv zu lachen. „Ich finde dir schon etwas zum Anziehen. Hier ist ein ganzer Schrank voller Kleidung.“ „Ja, aber das ist nichts, was ich jemals anziehen würde!“ Ich errötete nur schon bei der Vorstellung von mir in einem solchen bauschigen Kleid. „Vielleicht findest du aber irgendetwas anderes darin? Ich meine, da können schließlich nicht nur Sachen für Mädchen sein, richtig?“ „Ich schau mal nach“, meinte Terriermon lässig und hinterließ mit jedem tapsigen Schritt eine Wasserlache zu seinen Füßen. Und das endete damit, dass in einer dunklen Jungenjeans, die nur dank eines Gürtels nicht von meinen Hüften rutschte, und einem weiten, grauen T-Shirt auf dem Bett landete, welches, da es relativ groß war, sehr viel mehr Haut zeigte, als mir lieb war. Ich saß im Schneidersitz inmitten der himmlisch weichen Matratze und rubbelte grade Terriermon mit einer der vielen Überzüge trocken, als Tai und Agumon ins Zimmer kamen. In den Händen hielten sie Körbe, die gefüllt waren mit Obst und Sandwichen, was wieder die Alarmglocken in meinem Kopf läuten ließ. Tai schien für einen Moment verwundert, mich in diesem Aufzug zu sehen, weswegen ich auch mit warmem Gesicht abwinkte und sagte: „Meine Klamotten sind verschwunden.“ Hatte ich nun für eine schockierte Reaktion gehofft, so bekam ich sie leider nicht. Wir entschieden uns dafür, dass Tai und Agumon sich erst einmal noch wuschen, bevor wir gemeinsam essen und uns dann für einige Stunden aufs Ohr hauen würden. Natürlich wagte ich mich nicht zu rühren, während ich das Gesicht in die Kissen presste und dabei zuhören musste, wie Tai sich auszog und in die Badewanne stieg. Ich hatte vorgeschlagen, das Zimmer zu verlassen, doch er und Terriermon waren vehement dagegen gewesen. Was mich schon ein wenig stutzen ließ, wenn man bedachte, dass gerade diese beiden mir immer und immer wieder sagten, dass es schließlich nichts gäbe, worüber ich mir Sorgen machen musste. Agumon hatte nur geschmunzelt, was schon ein überaus interessanter Anblick war, wenn man bedachte, dass er das physische Auftreten eines Dinosauriers besaß. Nach schier endlosen zwanzig Minuten hockten wir nun alle in einem unförmigen Viereck auf dem großen Bett, die Körbe mit Nahrung in unserer Mitte. Tai trug exakt das gleiche wie ich, nur dass sein Shirt weiß war und die Jeans schwarz, ansonsten könnte man sagen, wir wären im Partner-Look. Ich war mir nicht sicher, was ich davon halten sollte. Agumon und Tai bedienten sich direkt an den Sandwiches und ließen das Obst links liegen, während ich noch immer unschlüssig war. Doch schließlich gewann mein grummelnder Bauch, wobei ich versuchte Tais selbstzufriedenes Grinsen zu ignorieren, was mir durch Terriermons und Agmons Schmunzeln unglaublich schwer fiel. Überraschenderweise schafften wir es den ganzen Sandwichkorb zu leeren. Im nächsten Moment landeten er und der gefüllt mit Obst, irgendwo neben dem Bett und Tai und ich fielen von einem unkontrollierten Lachanfall getroffen rücklings in die Kissen des Bettes. Von Agumon und Terriermon bekam ich nichts mehr mit, mein Kopf schien merkwürdig voll zu sein, als hätte jemand meine Schädeldecke abgeschraubt und mein Gehirn mit Watte vertauscht. Irgendwo tief, ganz tief, in mir war mir klar, dass irgendetwas nicht stimmte, dass meine Sicht nicht von selbst so verschwommen geworden war, dass es nicht nur die Müdigkeit war, die Tai und mich kichern ließ wie verliebte Schulmädchen. Der Raum sollte sich nicht so drehen, immerhin lag ich mit dem Rücken fest auf der Matratze. Und doch bewegte er sich, drehte er sich immer und immer wieder und es gab absolut nichts, was mich daran störte. Mir war klar, dass mit den Sandwiches etwas nicht richtig gewesen sein konnte. Doch in dem Moment war es mir egal. Es interessierte mich einfach nicht. Noch weniger sogar, als mein Blick zu Tai huschte und er mich mit diesen Augen, mit diesen wunderschönen, tiefen Augen ansah, die es mir noch schwerer machten nachzudenken. Es huschte mir nur durch den Kopf, dass ich noch nie einen hübscheren Jungen gesehen hatte, dass niemand, den ich kannte, je mit Tai mithalten konnte, nicht mit seinem Wesen, nicht mit seinen Haaren und erstrecht nicht mit diesen Augen und diesem Lachen, das selbst jetzt, in dieser merkwürdigsten aller Situationen, stets auf seinen Lippen lag. Hmm…seine Lippen wirkten wirklich unglaublich weich. Sollte ich…? Doch, da mein Gehirn nicht richtig funktionierte, war es nicht die Frage, ob ich es sollte. Wäre ich bei mir gewesen hätte ich nie das getan, was ich im nächsten Moment tat. Niemals hätte ich mich auf Tai gerollt, mein Körper flach auf seinem. Der verträumte Ausdruck auf seinem Gesicht hätte mich dann sofort erröten lassen und ich wäre wieder von ihm herunter gestiegen, doch nicht jetzt, nicht während ich unter dem Einfluss des wirklich seltsamsten Brot stand, dass ich je in meinem Leben konsumiert hatte. Ob es ihn störte? Ob er sich wünschte, ich wäre Sora? Denn genau das waren die Gedanken, die mir in dieser Situation durch den Kopf gingen. Bisher hatte ich nicht viele Gedanken an die Beziehung zwischen Tai und Sora verschwendet, da ich alles von ihm hatte hören wollen, da er der erste sein sollte, der mir jede einzelne Seite seiner Geschichte mit eigenen Worten erzählen sollte, ohne dass ich mir irgendetwas daraus ausmalte. Doch nun war ich hier, ich lag direkt auf ihm, konnte seine heißen Fingerspitzen an meinen Hüften spüren, wie sie durch den Stoff des Shirts brannten, als wäre es nichts weiter als eine zusätzliche Schicht meiner Haut. Ich konnte nicht aufhören, mir vorzustellen, dass er sich vielleicht in der gleichen Position schon mal mit Sora befunden hatte. Bevor sie sich für Matt entschieden hatte, bevor er jemals davon erfahren hatte, dass sie Gefühle für ihre beiden besten Freunde hegte. Was war passiert? Wie waren sie zu dem gekommen, wo sie sich gerade befanden? Konnte ich ihn Sora vergessen lassen? Ihn dazu bringen, nicht mehr hinter ihr her zu sein wie ein Hund hinter seinem Herrchen? „Mm…Moe?“, hauchte Tai, seine Stimme ein einziges lallen, welches mich in anderen Umständen vielleicht zum Lachen gebracht hätte. Doch nun endete es damit, dass meine Hände ohne mein Zutun durch seine Haare fuhren. Diese Haare, die ich schon seitdem ich ihn das erste Mal gesehen hatte berühren wollte. „Du bist…so…“ Doch ich sollte nicht erfahren, was ich war, denn in diesem Augenblick entschied Tais betäubtes Gehirn, dass es wohl witzig wäre, wenn die Rollen getauscht wären, wenn er derjenige wäre, der oben lag. Und als ich dann sein Gewicht auf meinem Körper ruhen spürte, seine Lippen irgendwo an meinem Schlüsselbein, besaß mein Gehirn sogar den Anstand mit einem erhöhten Herzschlag und einer bekannten Wärme im Gesicht zu reagieren. Wie genau es dann passierte, dass meine Arme sich um Tais Nacken legten, dass meine Hände sich erneut in seinen Haaren vergruben, während meine Beine sich gegen meinen Willen um seine Hüften schlangen, das konnte ich nicht genau sagen. Auch nicht, wie seine Lippen plötzlich meine fanden, oder wie unglaublich erschütternd mein Körper auf das kleine, sehnsüchtige Stöhnen reagierten, dass dabei seinen Mund verließ. Auch konnte ich nicht sagen, wie seine Hände ihren Weg unter mein Shirt gefunden hatten, als im nächsten Moment eine Welle eiskalten Wassers über unsere Köpfe geschüttet wurde und die Watte unwiderruflich aus meinem Gehirn vertrieben wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)