yaadein ya bhawishya...? von elfogadunk ================================================================================ Kapitel 6: ----------- Gerade als Radha die Wohnungstür aufschließen wollte, bemerkte sie, dass sie bereits offen war. Verwundert trat sie ein und in diesem Moment kam ihr auch schon Sunder entgegen. Sein Anblick verwirrte sie noch mehr. „Wo warst du denn nur so lange?”, wollte er wissen, während sie sich ihre Schuhe auszog. „Ich... Äh... Ich war bis jetzt in der Bibliothek. Vijay und ich haben die Zeit vergessen und...” Sie hatte kurz darüber nachgedacht, ihn anzulügen, doch was hätte das für einen Sinn gehabt? „Ich hoffe, du bist nicht sauer deswegen...”, meinte sie schuldbewusst und senkte ihren Blick, doch Sunder legte seine Hand unter ihr Kinn und brachte sie so dazu, ihm in die Augen zu sehen. „Was erzählst du denn da? Ich bin heilfroh, dass du jemanden hast, mit dem du dich treffen kannst, wenn ich nicht da bin. So weiß ich wenigstens, dass du dich nicht alleine zu Hause langweilst.”, meinte er fröhlich. Während er einen Arm um ihre Schulter legte und sie in Richtung Wohnzimmer führte, meinte er: „Komm mal mit, ich hab eine Überraschung für dich.” Seine plötzliche Nähe ließ ihr Herz schneller schlagen. Um über ihre Nervosität hinwegzutäuschen, meinte sie: „Wie... Wie kommt es eigentlich, dass du schon zu Hause bist? Ich meine, sonst...” „Ich konnte heute ein paar meine Überstunden abbummeln und hatte gedacht, dass wir zwei heute etwas unternehmen könnten, aber da war Vijay heute wohl wichtiger, hai na?”, meinte er und zwinkerte ihr zu. Radha schämte sich in Grund und Boden, doch Sunder meinte, als er ihren Blick sah: „Hey, koi bat nahin! Du konntest ja nicht wissen, dass ich eher komme. Also mach dir keine Gedanken.” Sie lächelte ihn etwas gequält an, denn ihr schlechtes Gewissen fraß sie beinahe auf. Er schien so großes Vertrauen in sie zu haben und sie dachte nur an sich. In ihre Gedanken versunken, ließ Sunder sie auf der Couch Platz nehmen und hielt ihr sogleich zwei Flugtickets unter die Nase. „.... Wofür...?”, stammelte sie etwas verwirrt. „Das sind zwei Flugtickets nach Griechenland.”, entgegnete er nüchtern und fügte hinzu, als Radha ihn noch immer fragend anschaute: „Ich habe nächste Woche frei bekommen, damit wir unsere Flitterwochen noch nachholen können. Leider wird es wohl nur eine Flitterwoche, aber...” Als er ihren geschockten Blick sah, meinte er hastig: „Keine Angst! Du sollst dich nicht bedrängt fühlen. Sieh das einfach als eine Art Urlaub an.” Radha nickte, doch der Gedanke, dass sie eine Woche alleine mit Sunder in einem fremden Land verbringen würde, ließ ihr Herz schneller schlagen. Sie wusste, dass er nichts gegen ihren Willen tun würde, doch die Aussicht auf diese Zweisamkeit ließ sie unglaublich nervös werden, sodass sie anfing, an ihrem Dupatta herumzunesteln. Sunder beobachtete ihre Reaktion mit einem Grinsen. Er konnte kaum glauben, wie unschuldig sie aussah. Sein Vater hatte wirklich Recht gehabt, als er sagte, dass sie etwas Besonderes sei. Sunder hätte nie geglaubt, dass es solche wohlerzogenen Mädchen wie sie noch gab und war froh, nun eine von ihnen als Frau zu haben. „Der Flug geht ja schon diesen Samstag.”, stellte Radha erstaunt fest, als sie sich die Tickets genauer ansah. „Und der Rückflug geht nächsten Samstag. Ich war noch nie in Griechenland und wenn ich schon mal da bin, will ich möglichst viel Zeit dort verbringen.” Sie lächelte zustimmend und konnte nicht leugnen, dass sie sich auf die Reise freute. Sie war noch nie außerhalb Indiens gewesen und die griechische Geschichte mit ihren Göttern und der Architektur hatte sie schon immer interessiert. Nachdem sie Abendbrot gegessen und noch eine Weile im Wohnzimmer zusammengesessen hatten, er Fernseh schauend und sie Buch lesend, gingen sie schließlich ins Bett. Während Sunder sofort eingeschlafen war, lag Radha noch eine ganze Weile wach. Sie haderte mit sich, ob sie ihm nun die Wahrheit über ihre Gefühle zu Vijay sagen sollte oder nicht. Er hätte die Wahrheit verdient, doch wollte sie ihn nicht verletzen, da sie merkte, wie viel er in ihre Ehe investierte, damit sie funktionierte. Sie beschloss, dass sie ihm etwas dafür zurückgeben und aufhören musste, so selbstsüchtig zu sein. Als Radha am nächsten Tag Vijay in der Bibliothek besuchte, hatte er zu ihrem Bedauern nicht so viel Zeit für sie wie am Vortag. Er war an der Ausleihtheke eingeteilt und so hatte er nur selten etwas Luft, um sich mit ihr zu unterhalten. In dieser Zeit lief sie durch die vielen Regalreihen und schaute sich nach interessanten Büchern um. Sie hatte Bücher schon immer geliebt und dass Vijay nun in einer Bibliothek arbeitete, sah sie als ein kleines Zeichen an. Als Vijay kurz Pause machte, fragte er Radha, ob sie denn nicht nächste Woche Lust hatte, ihn besuchen zu kommen. „Da kann ich leider nicht. Ich fliege nächste Woche mit Sunder nach Griechenland, um unsere...... Flitterwochen nachzuholen, also...“, meinte sie entschuldigend, woraufhin er ein etwas enttäuscht anmutendes „Oh...“ verlauten ließ. „Und wie wäre es dann mit übernächster Woche?“, schlug er schließlich vor. Radha lächelte und stimmte sofort zu. Als sie sich schließlich gegen Mittag von ihm verabschiedete, versprach sie, dass sie am Donnerstag wiederkommen würde. Sunder war den ganzen Tag über etwas unkonzentriert bei der Arbeit. In Gedanken war er bereits mit Radha in Griechenland und genoss die Sonne. Er war froh gewesen, dass sie sich über seine Überraschung gefreut hatte, denn er hatte befürchtet, dass sie ihm böse Absichten unterstellen würde. Dabei sah es ganz anders aus. Er hoffte, dass sie diese Reise näher zusammen bringen und eine gewisse Vertrauensbasis schaffen würde. Ihm war aufgefallen, dass Radha in letzter Zeit etwas aufgetaut war und das sah er als großen Fortschritt an. Er wollte ihr zeigen, dass sie bei ihm gut aufgehoben war, auch wenn er an der Freiwilligkeit, mit der sie ihre Ehe eingegangen war, zweifelte. Irgendwann wollte er sie fragen, wieso sie zugestimmt hatte, doch dazu musste noch einige Zeit vergehen. Während Radha auf dem Weg nach Hause war, kam sie an einem kleinen Park vorbei und da die Sonne schien und es angenehm warm war, entschloss sie, sich noch eine Weile auf eine der Parkbänke zu setzen und das schöne Wetter zu genießen. Ihr friedlicher Anblick, den sie bot, als sie dort mit geschlossenen Augen saß und die Sonne genoss, täuschte über ihr aufgewühltes Inneres hinweg. Sie war hin und her gerissen zwischen dem Pflichtgefühl, was sie Sunder gegenüber hatte und den Gefühlen für Vijay. In diesem Moment stellte sich ihr zum allerersten Mal diese Frage: Was empfand Vijay eigentlich für sie? Darüber hatte sie nie nachgedacht. Dass er sich gefreut hatte, sie wiederzusehen, war nicht abzustreiten, doch empfand er für sie Freundschaft oder erwiderte er ihre Liebe? Sie konnte sich diese Frage nicht beantworten. Sie wusste auch nicht, ob er sie damals geliebt hatte. Zu diesem Zeitpunkt waren sie schließlich noch Kinder gewesen und diese Frage hatte sich ihr nie gestellt. Ihr selbst waren ihre Gefühle auch erst viel später klar geworden. Und selbst falls er ihre Gefühle erwiderte, was würde er tun? Sie war schließlich mit seinem besten Freund verheiratet. Kein anständiger Kerl würde in dieser Situation Annäherungsversuche machen. Radha öffnete die Augen und seufzte. Alles war so kompliziert und im Moment sah sie keine Möglichkeit aus diesem Wirrwarr zu entkommen. Noch verwirrte als zuvor stand sie auf und machte sich auf den Weg zu ihrer Wohnung. Hosted by Animexx e.V. 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