Schwarze Sonne von Ryoken_ ================================================================================ Prolog: -------- Schwarze Sonne Prolog Fasziniert beobachtete das kleine Mädchen die Gestalten auf dem Dorfplatz. Schlank, hochgewachsen, voller Anmut, die personifizierte Schönheit, so würde die Kleine, ihr Name war Layla, diese Frauen beschreiben, würde sie die richtigen Worte dafür finden. Gespannt sah Layla ihnen, den Schamaninnen, zu. Am meisten war sie von ihren Fähigkeiten begeistert, waren die Schamanen doch sowohl in Heilmagie als auch in Drachenmagie geübt. Doch sie waren nicht die einzigen Gestalten, die sich auf dem großen Platz tummelten. Da waren breitschultrige Krieger mit langen Schwertern und schweren Rüstungen, flinke Ninja mit Bögen und Dolchen ausgerüstet und einige dämonisch aussehende Sura. Eine ganze Armee hatte sich zusammengefunden um den Armeen des Jinno-Reiches entgegenzuwirken. Viele Schaulustige waren gekommen, um gemeinsam mit den Freunden und der Familie der Kämpfer diese zu verabschieden. Eine kleine Gruppe an Sura marschierte an Layla vorbei, weshalb sich das kleine Mädchen ängstlich an ihre Mutter drückte. Zitternd sah Layla zu einem großen Sura auf, welcher ihr im Vorbeigehen einen kurzen Blick zuwarf. Beruhigend sprach die Mutter ihrer Tochter zu, dass sie keine Angst zu haben brauche. Noch immer unsicher wich Layla nicht von der Seite ihrer geliebten Mutter, welche nun versuchte ihren Ehemann in der Menge ausfindig zu machen. Aufmerksam beobachtete das kleine Mädchen die Vorgänge am Dorfplatz, doch da war ein Geräusch, welches sie störte. Noch war es jedoch zu weit entfernt um es zuzuordnen zu können. Mit einem weiteren Blick zu ihrer Mutter, der es nicht aufzufallen schien, versuchte Layla weiterhin die Quelle des Geräusches ausfindig zu machen. Was sich allerdings nicht als leicht erwies, da das junge Mädchen sich an ihre Mutter klammerte und sich nicht vom Fleck bewegte. Es kam immer näher. Die Ninja wandten sich ab. Die Schamaninnen lauschten voller Konzentration. Die Krieger versuchten ihre bockenden Pferde zu beruhigen. Die Sura zogen voll dunkler Vorahnung ihre Schwerter. Näher und näher. Die plötzliche, angespannte Atmosphäre war niemandem der versammelten Menschen entgangen. Laylas Mutter drücke ihre Tochter an sich. Sie hoffte inständig, dass diese Reaktionen auf eine noch nicht bemerkbare Aktion nichts Schlimmes zu bedeuten hatte. Noch näher. Layla bemerkte die Unsicherheit ihrer Mutter. Was war nur los? In ihren Augen verhielten sich alle auf einmal so merkwürdig. Das Kind fragte sich, was würde kommen? Hatte es etwas mit diesem noch immer nicht einzuordnenden Geräusch zu tun? Sie war nicht sicher. Versuchte, sich zusammenzureißen, um ihrer Mutter keinen unnötigen Kummer zu bereiten. Das hatte sich Layla geschworen. Als sie vor einigen Wochen mitbekommen hatte, das ihr Vater in den Krieg gegen das Jinno-Reich beordert wurde. Mit einer schnellen Bewegung zogen die Ninja ihre Dolche oder spannten ihre Bögen. Die Schamaninnen bereiteten ihre Zauber vor, drachenartige Gebilde waren zu erkennen. Die Krieger zogen ihrerseits nun die Waffen, während die Sura vollkommen ruhig dastanden. Alles ging extrem schnell von statten, eine plötzliche Reaktion auf die nun beginnende Aktion. Lautes Hufgetrappel war von außerhalb des Dorfes zu hören. Wie ein wilder Sturm, zerstörerisch und nicht zu bremsen fegte eine Gruppe feindlicher Sura durch das Dorf im Bokjung-Gebiet des Chunjo-Reiches. Die Flaggen, die sie trugen zeigten das Symbol des Jinno-Reiches. Die einheimischen Krieger schlugen sofort zurück, doch gegen den aufziehenden Sturm des gegnerischen Reiches hatten sie kaum eine Chance. Übermächtig und in der Überzahl hatten ihre Gegner es geschafft, im besten Moment anzugreifen. Jetzt, so kurz vor der Abreise, wo alle noch beschäftigt waren, wo sich alle noch verabschieden wollten. Der Überraschungsmoment war geglückt. Eine Massenpanik brach los. Viele der kleinen Kinder wussten nicht was geschah, was passierte war etwas Unglaubliches. Einen Angriff von jener Heftigkeit hatte das Dorf seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt. „LAYLA!“ Der Schrei war nur ein Bruchteil der Laute ringsum. Schützend warf sich eine junge Frau vor ihre Tochter. Der letzte Schutz den sie dem Mädchen geben konnte, auch wenn es ihr Leben kostete. Blut benetzte Laylas Gesicht und das alte, braune Kleid welches sie trug. Blut, das spritze, als das lange Schwert des Suras den Leib ihrer Mutter durchbohrte. Waren es Sekunden? Oder Stunden? Nein. Für Layla unmessbar. Ein Moment, der ihr alles nahm. Den Vater, welche Minuten zuvor mitten auf dem Dorfplatz gefallen war. Die Mutter, die im letzten Moment noch alles gab um ihr Kind zu schützen. Die beiden einzigen Personen, die das knapp zehnjährige Mädchen noch gehabt hatte. Fortgenommen in so kurzer Zeit. Ein Moment voller Trauer und doch konnte Layla nicht ausharren. Der Schatten des Sura war kein Schatten. Eine mächtige Gestalt, welche ein blutiges Schwert erhob um nun auch Laylas Leben zu beenden. Wie das ihrer Mutter. War auch er es gewesen, der ihren Vater getötet hatte? Das Mädchen hatte keine Antwort auf diese Frage. Wie als würde der Himmel weinen ob diesem gnadenlosem Gemetzels, begann es zu regnen. Die Schamaninnen des Bokjung-Gebietes im Chunjo-Reich brachen kraftlos zusammen. Ihre Energie reichte kaum mehr aus um einen einfachen Heilzauber auszuführen. Ob es noch eine Chance gab, die letzten Überlebenden zu schützen? Bereit zum Tödlichen Hieb holte der Sura aus. Tränen flossen in Strömen aus Laylas Augen, wie der Regen vom Himmel fiel. Etwas, das dem großen Sura nichts bedeutete. Er war hier um zu töten, jeden einzelnen Bewohner dieses Dorfes auszulöschen und keinen einzigen zu verschonen. Die Klinge fiel, gekreuzt mit den Dolchen eines Chunjo-Ninjas. Es war wirklich die Rettung in letzter Sekunde, denn einen Moment später wäre das Mädchen tot gewesen. Mit der Kraft der Verzweiflung drängte die Ninja den Sura zurück, bekämpfte ihn nach allen ihr noch möglichen Mitteln. Verschreckt blickte das eben gerettete Mädchen zu dem sich ihr bietenden Szenario auf. Nur um im nächsten Moment aufzuschreien. Jemand hatte sie grob gepackt und auf ein Pferd gesetzt. Bereits Sekunden später saß jene Person hinter Layla auf und galoppierte von dannen, Laylas Rufe nach der toten Mutter ignorierend. Anfängliche Versuche des Mädchens sich zu wehren fanden bald ein Ende. Beruhigend waren die Worte der Person gewesen, wenngleich Layla noch immer Angst hatte. Sie sah auf und erkannte eine Schamanin, offenbar vom Chunjo-Reich denn sie wurden von Jinno-Kriegern verfolgt. Es war eine recht junge Schamanin, das lange, weissgefärbte Haar mit einem dunklen Band zusammengebunden. Ihr Blick war auf einen für das Mädchen unerschließlichen Punkt fixiert. Sie ritten im scharfen Galopp über die weite, kaum von Bäumen bewachsene Ebene, die Rüstung von Laylas Retterin blitzte silbern in der Abendsonne. Trotz des hohen Tempos kamen die Krieger des feindlichen Reiches immer näher, Sekunde um Sekunde. Als sie sich umdrehte, einen kurzen Blick zurück riskierte, bemerkte Layla, dass ein Sura des Jinno-Reiches im Begriff war, einen magischen Angriff zu starten. Einen Angriff, der beide ohne Probleme töten konnte. Umso mehr kam ihnen in diesem Moment der Hinterhalt zugute. Die Chunjo-Schamanin lächelte, ihr Plan war aufgegangen, die Feinde in die Falle getappt. Aus den Büschen stießen plötzlich Ninja, manche mit langen, manche mit kurzen Dolchen oder Schwertern bewaffnet, hervor. Die scharfen Waffen gaben ein metallisches Klingen von sich, als sie die Schwerter der Sura trafen. Wie aus dem nichts heraus standen Ninja mit Bögen auf den vereinzelten Bäumen und dem nahe liegenden Hang. Ihre Pfeile trafen, die Chunjo-Ninja waren geschickt und verstanden sich auf ihr Handwerk. Doch nicht alle ihrer Giftpfeile entfalteten ihre Wirkung, offenbar waren einige der feindlichen Sura immun dagegen. Nichtsdestotrotz hatte der plötzliche Angriff die erwartete Wirkung und die Angreifer des Jinno-Reiches wurden um eine beachtliche Zahl dezimiert. Der offensichtliche Erfolg dieser Aktion bewegte Laylas Retterin dazu, ihr Pferd zu zügeln um im Kampfgeschehen mitwirken zu können. „Bleib hier, beweg dich nicht von der Stelle!“, schärfte die Schamanin dem kleinen Mädchen ein. Gehorsam und auch ein wenig angsterfüllt nickte sie und sah der Frau nach, als diese losrannte um die Ninja zu unterstützen. Beeindruckende Feuerfontänen prasselten auf die Gegner hernieder als die Chunjo-Schamanin ihre Drachenmagie nutzte. Noch während die Magie niederging sprach die junge Frau einige Schutzzauber auf die Ninja, welche die Lage für einen kurz zuvor geplanten Hinterhalt ziemlich gut im Griff hatten. Mit nunmehr erschreckender Brutalität zeigten Chunjos Ninja dass der vorangegangene Überraschungsangriff nicht annähernd auch nur ein Bruchteil von dem war, was sie ihre Fähigkeiten nannten. Nicht, dass die Sura aus Jinno sich davon auch nur im Geringsten beeindrucken ließen. Zwar waren sie nun eindeutig in der Unterzahl, doch das hielt keinen von ihnen davon ab zu töten. So viele ihrer Gegner mit ihnen Tod zunehmen wie es nur möglich war. Chunjo musste vernichtet werden, um jeden Preis. Die Befehle ihres Kaisers waren unmissverständlich. Chunjo musste fallen, also würde Chunjo fallen. Niemand stellte sich Jinno in den Weg. Der von dämonischer Kraft durchzogene Arm eines Sura schmetterte einer Ninja das Schwert aus der Hand. Vielleicht eine knappe Sekunde darauf, wahrscheinlich auch viel weniger würde sie im wahrsten Sinne des Wortes ziemlich kopflos handeln, wäre sie noch am Leben. Doch dies war nicht die Zeit um zu trauern, nicht für die gefallenen Gefährten, nicht für die unschuldigen Frauen und Kinder die in diesem sinnlosen Gemetzel ihr Leben verloren hatten. Fast schon krankhaft steigerten sich die Sura immer weiter in den Kampf. Sie waren Kreaturen, vom Wahnsinn hinfort gerissen, lebten nur noch um zu töten. Aus ihrer sicheren Entfernung hatte Layla gute Sicht auf das Geschehen. Ninja und Sura fielen gleichermaßen, das Entsetzen Laylas war groß. Nie hatte sie etwas derartiges erlebt, ihr Leben war trotz der ärmlichen Verhältnisse immer gut behütet gewesen. Doch nun war dies alles vorbei. Vorbei war die Zeit in der sie mit ihrer Mutter der Gemischtwarenhändlerin geholfen hatte, wenn diese ihre Bestellungen nicht abholen konnte. Vorbei waren die Zeiten, in denen sie abends mit ihrem Vater herumgealbert hatte. Die Erinnerungen an das zuvor geschehene kamen wieder hoch und mit Tränen in den Augen wandte sich die Kleine ab, vergrub das Gesicht in der Mähne des Pferdes. Sie schluchzte, hatte Angst. Wahnsinnige Angst vor dem, was noch kommen sollte. Im Grunde genommen war sie jedem Feind, der im Dickicht lauerte, schutzlos ausgeliefert. Die Schamanin die Layla gerettet hatte, war mit Zaubern beschäftigt und die Ninja beachteten sie nicht. Layla fragte sich, wer ihre Retterin war. Sie kannte die junge Frau gar nicht, hatte sie noch nie in ihrem Leben gesehen. Das Mädchen drückte sich noch fester an das Pferd. Tränen lösten sich in schneller Abfolge von ihren Augen. „Jetzt ist nicht die Zeit, um zu trauern.“ Eine Ninja ihres Reiches stand neben ihr, hatte mit sanfter Stimme gesprochen. Sie wandte sich an die Schamanin. „Na los, reite weiter und bring die Kleine in Sicherheit! Wir schaffen das hier schon!“ rief sie ihr zu. Dann sah die Ninja Layla noch einmal an und lächelte ihr siegessicher zu. Schnell verschwand sie wieder, wurde plötzlich unsichtbar und stürzte sich hinterrücks auf einen Sura. Die Schamanin kam zurück und stieg auf. Erneut ritten sie in scharfem Galopp über die Felder und Wege. Das kleine Mädchen nahm all ihren Mut zusammen und fragte die Schamanin zögernd: „Wer … wer bist du? Wieso hilfst du mir? Warum geschieht das alles?“ Die Schamanin antwortete nicht, doch Layla war sich sicher, Tränen in ihren Augen glitzern zu sehen. Der Ritt ging weiter, schnell und ohne Pause. Langsam brach die Nacht heran und Layla fiel immer häufiger in einen leichten Schlaf, oft waren es nur wenige Minuten. Dennoch spürte sie, dass sie offenbar außer Gefahr waren. Die ihr unbekannte Reiterin verlangsamte das Tempo ein wenig, wollte aber kein Risiko eingehen nur um eine kurze Rast einzulegen. Nunmehr im Schritttempo ritten sie einen offenen Weg entlang. Noch immer machte die Schamanin keinerlei Anstalten, etwas zu sagen. In ihren Augen erkannte Layla große Trauer, offenbar hatte auch die Schamanin jemanden verloren, der ich wichtig gewesen war. Stumm ritten sie weiter, bis tief in die Nacht hinein. Längst war das kleine Mädchen in einen tiefen, unruhigen Schlaf gefallen. Die weisshaarige Schamanin zügelte ihr Pferd und stieg ab. Neben ihr lang eine kleine Höhle, ein wenig versteckt hinter großen Felsbrocken. Sie hob Layla vom Pferd und trug sie in die Höhle. Offenbar hatte sie schon anderen Flüchtlingen vor ihnen zum Schutz gedient, denn auf dem Boden lagen einige angeschwärzte Zweige. Aus dem wenigen, verbliebenen Holz, das sich etwas tiefer in der Höhle fand, und ihren magischen Fertigkeiten entzündete Laylas Retterin ein kleines, wärmendes Feuer. Noch immer schlief das Mädchen tief und fest und schon nach kurzer Zeit war die Schamanin ebenfalls ins Land der Träume entglitten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)